Neuland von Ursula Schröder Heute ist Umzugstag. Mitten im Advent. Noch steht an der Klingel „Karin + Rico Köhler“. Das war über zwanzig Jahre so. Aber inzwischen hat mein Sohn eine eigene Wohnung, und ich ziehe nun auch um. Ich bin etwas nervös. Gerne hätte ich das Mittagessen selbst gemacht für meine hungrigen Umzugshelfer und mich, aber die Küche ist schon leer bis auf die Spüle und die Eckbank, die wir hierlassen. Deshalb ist Ricos Freundin Angela unterwegs zur nächsten Imbissbude, und nach dem Essen werden wir aufbrechen. Rico steckt den Kopf zur Tür herein. „Das Klappbett ist jetzt abgebaut, Mama. Oli und ich bringen es runter zum Sperrmüll. Das war dann der Rest.“ Ich nicke. „Angela müsste gleich zurück sein, dann können wir essen.“ „Okay.“ Er lacht und drückt mir ein Taschenbuch in die Hand. „Und dann kannst du mir dazu was erklären.“ Ich sehe mir das Buch an. „Neuland – ein Begleiter für Jungen in der Pubertät“ steht auf dem etwas staubigen Umschlag. O ja, ich kenne das Buch. Es ist mehr als zehn Jahre her, aber die Erinnerungen sind sofort wieder da. Es war nicht leicht für mich als alleinerziehende Mutter. Rico war kein einfaches Kind, temperamentvoll und oft unzufrieden. Vor allem als Teenager hat er mich ständig aus der Fassung gebracht. Er ließ sich nichts sagen. Oft reichte schon eine Bemerkung oder eine falsche Geste von mir, um ihn explodieren zu lassen. Dann verließ er türenknallend die WohBIBELLESEBUND
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