Neue Juristische Wochenschrift

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NJW-Editorial

Heft 13/2014

Tarifeinheit - Regelungseklektizismus ist vom Ubel Jahrzehntelang galt in deutschen Betrieben und Unternehmen der Grundsatz der Tarifeinheit. Diesen gab der 4. Senat des BAG 2010 zu Gunsten der Tarifpluralitât auf (NZA 2010, 1068). Die GroRe Koalition will diese nun durch Gesetz wieder abschaffen, obwohl sich die teilweise ins Dramatische verzerrten Angste gegen diese Neuorientierung der Rechtsprechung des 4. Senats des BAG bislang nicht bewahrheitet haben. Neue Argumente, die verfassungsrechtlich überzeugende legislative Reparaturen gebieten kónnten, sind nicht vorgebracht worden. Grundsâtzlich zeichnet sich das koUektive Arbeitsrecht nicht dadurch aus, dass es - so die an sich vom BVerfG unter Gesichtspunkten der Wesentlichkeit postulierte reine Lehre - vom Gesetzgeber durchgangig und systematisch normiert ware. Das Tarifrecht wird durch eines der kürzesten Gesetze überhaupt, das TVG, geregelt, wâhrend die Rechtswirklichkeit durch eine Unzahl von hochstrichterlichen Entscheidungen und voluminôsen Kommentaren gepragt wird. Das Arbeitskampfrecht ist vôllig der Rechtsprechung überlassen worden. Der Gesetzgeber hat sich quasi kampflos aus dem Dickicht der unterschiedlichen Interessen zurückgezogen. Auf den ersten Blick scheint es deshalb rechtssystematisch nicht falsch, wenn der Gesetzgeber sich Rechtssetzungsautonomie zurückerobert. Doch bei naherem Hinsehen erscheint der jetzt sichtbare gesetzgeberische Wille als hôchst bedenklich. Denn nur punktuell soll ein - wenn auch wesentliches - Element aus dem Gebâude des kollektiven Arbeitsrechts, das vorrangig durch die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte erbaut worden ist, auf Aufforderung der unmittelbar Begünstigten im Sinne eines Paradigmenwechsels ausgetauscht werden. Es ist ein systemtheoretischer Allgemeinplatz, dass 5ystemmischungen nicht unbedingt stabile Strukturen garantieren, sondern eher das Gegenteil. Wenn der Gesetzgeber sich standhaft weigert, das kollektive Arbeitsrecht umfassend und systematisch auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen und der Rechtsprechung die gesamte strukturelle Bauplanung überlâssr, dann ist er nicht gut beraten, nur dann einzugreifen, wenn ihm ein von der Rechtsprechung entwickeltes Bauteil der Gesamtstruktur nicht gefallt. 50 besteht nicht nur die Gefahr, dass die Arbeitsgerichte die Prügelknaben des Gesetzgebers werden. Problematischer ist, dass ein heterogener Flickenteppich von "case law" und Gesetzesrecht entsteht, auf dem die jeweiligen Verantwo~tlichkeiten hin und her geschoben werden kônnen, Ein tragfahiges Systern des kollektiven Arbeitsrechts ist ein wesentliches Element einer wettbewerbsfahigen Wirtschaftsordnung. Es ist zu wertvoll, als dass es durch einen Regelungswettlauf zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung zerrieben werden sollte. Entweder - oder, lautet hier die Parole: Entweder der Gesetzgeber bleibt bei seiner jahrzehntelangen Zurückhaltung auf dem Gebiet des kollektiven Arbeitsrechts, oder aber er ermannt sich zu einer systematischen Gesamtregelung. Regelungseklektizismus ist vom Übel. Rechtsanwalt

Ulrich Fischer, Frankfurt a. M.


NJW-Inhalt I Aufsatze Markus WischemeyerlPhilipp

881

Honisch

Gesellschafterhaftung in der Insolvenz von Anwaltssozietãten (ausgeschiedene) Scheingesellschafter?

- Erstreckung auf

Auch Anwâlte und ihre Sozietáten sind nicht vor Insolvenz gefeit. Welche Folgen die Insolvenz für die Nachhaftung ausgeschiedener Gesellschafter und insbesondere Scheingesellschafter hat, beleuchtet dieser Beitrag. 1m Fokus stehen dabei die anwaltstypischen Rechtsformen der GbR sowie der Partnerschaftsgesellschaft und der PartG mbB. Alexander Ro8nagellMaxi

Beweisfjjhrung

886

Nebel

mittels ersetzend gescannter Dokumente

Um alie Vorteile elektronischer Akten auszuschOpfen, werden zunehmend Originale nach dem Scannen vernichtet. Die Autoren beleuchten Vorteile, Risiken und Rechtsrahmen des ersetzenden Scannens. Ob sich Nachteile für die Beweisführung im Prozess ergeben, wurde in einer Simulationsstudie getestet, deren Ergebnisse die Autoren vorstellen.

Zur Rechtsprechung Alexander LeidiglJessica

892

J6bges

Sãmtliche sind ausnahmslos alie - Zur Zulãssigkeit des Urkundenprozesses (OLG Schleswig,

NJW 2014,945)

Bericht Ansgar StaudingerlChristina

895

Bauer

Die Entwicklung des Reiserechts im zweiten Halbjahr 2013 Boris ScholtkalAntje

BaumbachlMarike

Pietrowicz

898

Die Entwicklung des Energierechts im Jahr 2013

Kommentar 903

Rainer Hamm 1Christoph Krehl

Vier oder zehn Augen bei der strafprozessualen - Worum es wirklich geht

Revisionsverwerfung

durch Beschluss? ,~~~,

'\

~:..

Buchbesprechungen Ratzel/Lissel: Handbuch des Medizinschadensrechts (Sebastian Harder)

I

(Andreas Spickhoff);

906

Schmidt: Insolvenzordnung

NJW-aktuell

Editorial Tarifeinheit - Regelungseklektizismus ist vom Übel (u. Fischer) Gesetzgebung

6

Rechtsprechung Entscheidung

in Kürze

6

der Woche

10

Nachrichten

4

3

NJW-Inhalt 13/2014

10

Interview Abspaltung von der GroBkanzlei Über das Gelingen eines Spin-offs (S. Held/M. Jaguttis)

12

Forum Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie - Zweiter Versuch (M. Schreiner)

14

Aus der Anwaltschaft So viele Anwalte wie noch nie Wachstum entschleunigt (S. Gõcken';

16

18

Dokumentation Unterhaltsgrundsatze

OLG Frankfurt a. M.

Rubrikenmarkt

27

web.report

32

Stellenmarkt

33

Beck'sche Zeitschriften

40

Buchhinweise

42 44

Personalien Kommendes

Heftllmpressum

46


Heft 13/2014 I Rechtsprechung BVerfG

.14.01.14

- 2 BvR 272Bf13 ua Ankauf von Staatsanleihen durch EZB und EU-Recht - EuGH-Vorlage

Verjãhrungshemmung

durch vorlãufig bezifterte Schadensersatzklage

BGH

08.01.14

BGH

17.12.13 - XI ZR 66/13

Pauschale für .riacberstellte" Kontoauszüge

BGH

14.01.14 - XIZR355/12

Inhaltskontrolle einer Klausel zum Einbehalt von Vertriebsvergütungen

BGH

23.01.14

- VII ZR 168/13

Provisionsanspruch des Reisevermittlers bei Absage der Reise durch Veranstalter

930

BGH

22.01.14

- XIIZB185/12

Leistungsfãhigkeit bei Unterhaltspflicht gegenüber minderjãhrigem Kind (w. Bom)

932

BGH

15.01.14 - XIIZB443/13

Verwandtschaft bei Volfjâhriqenadoption

934

BGH

18.12.13 - XII ZB 460/13

Keine Bestellung ais Betreuer bei Tátiqkeitsverbot wegen Vorbefassung

935

BGH

15.01.14 - VIII ZR 100/13

Einspruchsfrist

937

BGH

23.01.14

Entschãdigungsklage

OLG Bremen

16.01.14 - 3U44/13

Verjàhrunq des Anspruchs auf Rückerstattung doppelt geleisteter Abschlagszahlung

944

OLG Schleswig

30.08.13

1 U 11/13

Statthaftigkeit des Urkundenprozesses bei Werklohnforderungen

945

OLG Düsseldort

17.12.13 -

11-1UF 180/13

Teilschichtige Tatigkeit der Mutter trotz Ganztagsbetreuung des Kindes

948

LG Mõnchengladb.

10.12.13 - 2T62/13

Raumungsverfügung gegen Dritte in der Wohnraummiete

950

BGH

22.10.13 - 3 StR 69/13

Feststellungen zu Hehlerei durch Absetzen - Absatzertolg

951

BVerwG

29.01.14

Ablehnung aller Richter des BVerwG wegen Besorgnis der Befangenheit

953

VGH München

09.01.14 - 9 C 13.2454

Vollstreckbarkeit eines gerichtlichen Vergleichs

955

BAG

10.12.13 - 9AZR51/13

Rechtsfolge nicht vorübergehender Arbeitnehmerüberlassung

I Mit

- XII ZR 12/13

907

-

-

IIIZR37/13

- 7C13/13

920 922 durch Bank 924

mit Wirkungen einer Mlnderjãhrlqenannahme

bei Zustellung an prozessunfãhige Partei - Mangelhafte Vertretung wegen überlangem andauerndem Ausgangsverfahren

Beilage: NJW-Spezial Heft 6/2014

(T. Hottmerm-Remyv

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Aus dem Inhalt:

939

1O.ABR.20 11+

• Miet- und Immobilienrecht: Der Erlass von Grundsteuer bei verminderten Mieteinnahmen

COTA

"í.() 2 - I) 1)2

• Erbrecht: Erbteilsverkauf und Besonderheiten des Vorkaufsrechts der Miterben

N?EX.

_

• Baurecht: Schutz bestehender Gewerbebetriebe vor heranrückender Wohnbebauung • Arbeitsrecht: Umgang mit rentennahen Jahrçãnqen

bei Restrukturierungen

956

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COMPRA

• Strafrecht: Erweiterung der Abgeordnetenbestechung • Anwalt und Kanzlei: Verfassungswidrige Mehrheitserfordernisse bei RA-GmbH • Familienrecht, Verkehrsrecht, Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht, Verfahrens- und Kostenrecht: Rechtsprechungsübersichten NJW-Inhalt 13/2014

5


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