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Reise: Ökologisch urlauben, aber ohne Verzicht

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GRÜNER REISEN

Wer im Urlaub auf Nachhaltigkeit achten will, muss nicht auf Spaß verzichten – auch nicht beim MALLORCA-URLAUB, sagt Sonja Karl vom neuen Reiseportal Faircations.de

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PHILIPP NOWOTNY

rau Karl, bei „nachhaltig reisen“ denken viele an Wanderurlaub in den Alpen. Bei Ihnen gibt’s auch Flüge nach Mallorca, warum? Für nachhaltigen Urlaub müssen Sie nicht ins vegane Yoga-Retreat. Es gibt nachhaltige Familienhotels, nachhaltige Adult-only-Hotels, nachhaltigen Strandurlaub. Wir sagen deshalb provokant: ÖkoUrlaub muss nicht scheiße sein.

Aber mal ganz ehrlich: Nachhaltig zu verreisen, geht das denn wirklich?

REISE-LEITERIN Sonja Karl, 42, verantwortete in einem Tourismuskonzern Luxusreisen, bevor sie Faircations gründete Es geht zumindest nachhaltiger. Wer ganz nachhaltig sein will, muss tatsächlich daheim bleiben – was ja keine Lösung ist.

Sie bemängeln, der Begriff „Nachhaltigkeit“ werde oft zu stark auf ökologische Aspekte wie Flugreisen und CO2-Emissionen reduziert, richtig? Ja, denn was dabei übersehen wird: Wenn wir alle daheimblieben,

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wäre auch jeder zehnte Arbeitsplatz weg. Viele Familien und ganze Volkswirtschaften werden vom Tourismus ernährt. Außerdem ermöglicht Reisen Völkerverständigung.

Kritiker meinen, Bahnfahren sei noch in Ordnung, Autofahren schon richtig schlecht, und Flugzeug gehe gar nicht. Das ist mir zu absolut. Statt kompletten Verzicht zu üben, wollen wir lieber an den vielen kleinen Stellschrauben drehen: länger vor Ort bleiben. Schauen, dass auch das Geld vor Ort und nicht in internationalen Konzernen hängen bleibt. CO2 kompensieren, und dabei nicht nur irgendwo einen Baum pflanzen, sondern in nach-

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haltige Technologie investieren. Ich vergleiche Reisen gerne mit Fleischessen: lieber ab und zu bewusst ein Bio-Fleisch kaufen. Und richtige Veganer müssen wir ja gar nicht überzeugen.

Ist nachhaltig zu reisen teurer? Nicht unbedingt. Nachhaltig zertifizierte Hotels gibt es in allen

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GENIESSEN STATT VERZICHTEN

Tipps aus dem neuen Buch „Green Mallorca“: 1 Fernab des Massentourismus wird in der Mallorca Preservation Foundation die Vegetation der Insel gepflegt. 2 Im Naturschutzgebiet Es Trenc wird ganz ursprünglich das berühmte Flor de Sal abgebaut. 3 & 4 Das „Cal Reiet Holistic Retreat“ verbindet Luxus und schonenden Ressourcenverbrauch. 5 Das „Pink Pepper Tree Home Hotel“ vereint auch kulinarisch Nachhaltigkeit und Genuss

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Preisklassen. Ein Punkt ist aber natürlich die CO2-Kompensation der Flüge. Bei Mallorca sind das allerdings hin und zurück lediglich rund 16 Euro pro Person, das entspricht zwei Getränken, sollte also kein Hinderungsgrund sein. Bei Fernreisen dagegen sind die Beträge deutlich höher. Von Frankfurt nach Bangkok ist man schon bei über 140 Euro.

Kompensation, Gütesiegel, globale Auswirkungen – was kann ich als Urlauber angesichts dieser Komplexität selbst tun? Wir von Faircations wollen ja, dass sich keiner damit beschäftigen muss. Wenn ich in den Urlaub fahre, will ich ein schönes Hotel haben und mich nicht durch Zertifikate wühlen müssen. Unter denen ist auch viel Schrott dabei, manchmal ist das einzige Grüne daran die Farbe des Logos. Diese Recherche-Arbeit nehmen wir ab. Wer es wirklich genau wissen will, kann sich in die Details auf unserer Website einlesen, muss das aber auch nicht. Unsere Hoffnung ist, dass in zehn Jahren alle Reiseportale so arbeiten.

Was macht Hotels nachhaltig? Das ist sehr vielfältig, angefangen beim berühmten und möglichst seltenen Handtuchwechsel über Bepflanzung, Wasserverbrauch bis zur Beleuchtung – das zählt alles zum Ressourcenverbrauch und ist noch am offensichtlichsten. Dann geht es aber auch darum, ob die Mitarbeiter fair bezahlt werden, es eine diverse Einstellungspolitik gibt und Einheimische auch in Führungspositionen mitarbeiten. Wird die lokale Gemeinde eingebunden? Es ist also ein breites Feld.

Ohne Verzicht scheint es aber nicht zu gehen: Delfin-Shows, Offroad-Touren und Heli-Skiing gibt’s bei Ihnen nicht. Wir verbieten das unseren Reisenden natürlich nicht, bieten es aber nicht selbst an. Die meisten wissen nicht, wie schädlich solche Aktivitäten sind. Das sind aber extreme Beispiele: Heli-Skiing finden viele irgendwie toll, wie viele würden das aber tatsächlich machen?

GRÜNER GUIDE Ausgewählte nachhaltige Reiseziele auf Mallorca – der Lieblingsinsel der Deutschen – versammelt der neue Fotoband „Green Mallorca (teNeues, 50 Euro)

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