LABORWELT Nr. 5 / 2015 – 16. Jahrgang
Smarte Diagnostik
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Die Handgeräte kommen
Abb.: Scienion AG
Wenn die auf Microarray-Anwendungen spezialisierte Firma Scienion zum Workshop Diagnostics 5.0 einlädt, dann überrascht es kaum, dass die Mitte September in Berlin vorgestellten Technologien fast durchweg auf eben solchen Microarrays basieren. Nicht zuletzt die über die Jahre stetig wachsende Besucher- und Ausstellerzahl der Veranstaltung zeigt aber, dass Scienion offenbar einen Wachstumsmarkt bedient. Bei allgegenwärtigen Themen wie HIV, Ebola, Krebs oder multiresistente Keime ist das allerdings auch kein großes Geheimnis. Derzeit sorgt Scienions Partner Quantumdx aus Newcastle für Furore in Großbritannien. Die Nordengländer stellen ein batteriebetriebenes Handgerät für die Point-of-care(POC)-Diagnostik her. Das Gerät enthält die Reagenzien für eine sequentielle Fluss-PCR in lyophylisierter Form. Sogenannte Nanowires detektieren die Amplifikate. Quantumdx beschickt die Nanodrähte mit den Hybridisierungsproben dabei mit Scienions Dispensiergeräten. Da die Entwicklung der Firma gerade Fahrt aufnimmt, haben sich Quantumdx und Scienion im Sommer darauf verständigt, die Entwicklungspartnerschaft zu erweitern. Um in die Massenproduktion zu gehen, werden künftig ein paar mehr Berliner Geräte in Newcastle benötigt. In naher Zukunft will Quantumdx laut CEO Elaine Warburton an die Börse gehen. Als Vorbild führt sie eine „belgische Diagnostikfirma“ an, bei der es sich wohl um Biocartis handeln dürfte. Ihr gelang im April ein IPO, der 100 Mio. Euro einbrachte. Biocartis ist an der Euronext Brüssel gelistet. Dort will übrigens auch die Curetis AG in Holzgerlingen hin. Mitte Oktober gab die Firma die Pläne zum Börsengang bekannt. Branchenexperten schätzen, dass die schwäbischen Molekulardiagnostiker, deren Unyvero-System bei der Detektion übrigens auch auf einer MicroarrayLösung basiert, zwischen 37,5 Mio. Euro und 60 Mio. Euro einnehmen könnten. Die drei Firmen liegen damit im Trend der automatisierten Prozessabarbeitung im molekularbiologischen Labor. Zu den Vorteilen zählen eine standardisierte Qualität, die Befreiung des Personals von repetitiven Arbeiten und niedrigere Kosten pro Test. Neben den kleinen Firmen tummeln sich auch verdiente Recken wie Abbott, Qiagen, Roche oder Siemens auf dem Markt. Allein für den Bereich Nukleinsäuretestung kam die Fachzeitschrift Trillium DiagnosTik im Frühjahr 2015 auf die Rekordzahl von insgesamt 20 Komplett-
systemen, die momentan erhältlich sind. Die Vielfalt ist enorm: PCR-basierte oder isothermale Amplifikation, Einzel- oder Multiplexlösungen, qualitative oder quantitative Ergebnisausgabe, modulares oder integriertes System, Reagenzoffener oder -geschlossener Aufbau etc. Die Liste enthält derzeit nur Tisch- und Standgeräte. Die vielerorts aufkommenden Handgeräte – wie das von Quantumdx – dürften den Markt noch einmal kräftig durcheinanderwirbeln.
Schnelle Diagnose bei Herzinfarkt Ein anderes Handgerät, über das auf dem Workshop in Berlin gesprochen wurde, stammt von Philips Handheld Diagnostics. Im Vergleich zu Quantumdx‘ Q-POC kommt Philips Minicare ohne Amplifikationsschritt und Microarray aus. Bei der zugrundeliegenden MagnotechTechnologie binden die Zielmoleküle sowohl an Magnetpartikel als auch an eine aktivierte Oberfläche. Die per Magnet zu jener Oberfläche gezogenen Zielmoleküle werden dort optisch nachgewiesen. Das Ganze soll laut Philips von der Entnahme eines Tropfen Bluts bis zum Ergebnis 10 Minuten dauern. Der Point-of-care bei diesem Produkt ist die Notaufnahme im Krankenhaus. Philips zufolge könnten hier eintreffende Patienten bei Herzinfarktverdacht künftig sofort auf ihren Troponin I-Spiegel getestet werden. Ohne den Umweg über das Labor werde mindestens eine Stunde bis zur Diagnosesicherheit eingespart. Der Markteintritt in der Benelux-Region soll kommendes Frühjahr erfolgen. Deutschland könnte Mitte 2016 folgen. Dass Philips mit seiner Plattform noch viel vorhat, zeigt eine im Frühling beschlossene Kooperation mit Janssen. Die beiden niederländischen Firmen wollen den Minicare-Test auch für neuropsychiatrische Leiden nutzbar machen.
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Diagnostik Expertenpanel
Manfred Wuhrer, Leids Universitair Medisch Centrum, Leiden; Richard D. Cummings, Harvard Medical School, Boston; Christian Huber, Universität Salzburg Säugetierzellen sind von einer dicken Schicht von Glykanen überzogen, welche die Eigenschaften und Aktivitäten von Proteinen und Lipiden maßgeblich beeinflussen. Damit sind Glykane für die Interaktion mit der Umgebung extrem wichtig. Falsche oder fehlende Zuckerreste führen zu einer Vielzahl von Erkrankungen. Doch wie bestimmt man Glykolisierungsmuster am besten?
Prof. Manfred Wuhrer
Leiter Center for Proteomics and Metabolomics, Leids Universitair Medisch Centrum, Leiden, Niederlande LABORWELT Um Unterschiede im Glykanmuster zwischen gesunden Menschen und zum Beispiel Krebspatienten zu finden, sind Hochdurchsatzmethoden zur Bestimmung dieser Muster gefragt. Das EU-geförderte Projekt Highglycan widmet sich dieser Aufgabe. Wie ist der aktuelle Stand? Wuhrer Es ist bekannt, dass bei Krebspatienten eine Veränderung der proteingebundenen Glykane auftritt, wodurch die Analyse solcher Glykanmuster großes Potential in der Früherkennung von Krebs hat. Die im Highglycan-Projekt (www. highglycan.eu) entwickelten Methoden werden bereits in der klinischen Krebsforschung eingesetzt. Dank der verbuchten Fortschritte kann die Probenvorbereitung mittlerweile automatisiert durchgeführt werden. Auch die Messungen sind weitgehend automatisiert. Dabei nimmt die Massenspektrometrie neben der UHPLC (Ultra High Performance Liquid Chromatography) mit Fluoreszenzdetektion und Kapillar-Gelelektrophorese mit Laser-induzierter Fluoreszenzdetektion eine wichtige Rolle ein. Die entwickelten Methoden zeichnen sich nicht nur durch hohen Probendurchsatz, sondern auch durch die Zuverlässigkeit der gelieferten Daten aus. So wurde im Rahmen von Highglycan speziell zugeschnittene Software entwickelt, die anhand der gewonnenen Daten schnell und zuverlässig die Glykosylierungsmuster bestimmt. Die Highglycan-Partner sind nun damit beschäftigt, die entwickelte Technologie in unterschiedlichen Bereichen einzusetzen, wie erwähnt auch in der klinischen Forschung. Erste Ergebnisse sind vielversprechend und weisen darauf hin, dass die IV | 16. Jahrgang | Nr. 5/2015
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Glykosylierungsmuster von Blutproben künftig durchaus in der Erkennung und Behandlung von Krebs eingesetzt werden können.
Prof. Richard D. Cummings
Director National Center for Functional Glycomics, Harvard Medical School, Boston, USA
LABORWELT Mit dem Aufkommen der von Ihnen mitentwickelten „shotgun glycomics“ 2010 wurde die Identifizierung von Glykanen als Liganden für Proteine, Krankheitserreger und Antikörper deutlich einfacher. Bisher wird die Methode hauptsächlich in der Grundlagenforschung verwendet. Was sind die wichtigsten Hürden, die überwunden werden müssen, damit die Glykom-Diagnostik in der Klinik Einzug hält? Cummings Shotgun glycomics ist eine äußerst verlässliche Strategie, um Glykomanalysen durchzuführen. Hierbei werden alle Glykane eines biologischen Materials isoliert, anschließend durch Chromatographie getrennt, auf Mikroarrays immobilisiert, mit Hilfe von anti-Glykan-Reagenzien gefiltert und schließlich mit biophysikalischen Methoden wie zum Beispiel Massenspektrometrie und Protonen-Kernspinresonanzspektroskopie strukturell charakterisiert. Obwohl sich die Methode noch in einem frühen Stadium befindet, zeigen aktuelle Studien, dass shotgun glycomics wertvolle Erkenntnisse zu einer veränderten Glykosylierung und Glykan-Erkennung, wie sie bei vielen Krankheiten beobachtet wird, liefern kann. Ein Beispiel sind Virusinfektionen: Hier wurden unter anderem Effekte von Influenza-Viren auf das Glykom der Lunge und bei Säuglingen von Rotaviren auf die Glykan-Zusammensetzung der Muttermilch entdeckt. Nicht zuletzt wissen wir mittlerweile, dass
Veränderungen im Tumorglykom als Biomarker für Diagnose und Prognose dienen können. Die dabei noch zu überwindenden Hürden sind: (1) die zu ungenaue quantitative Bestimmung der aus biologischen Proben freigesetzten Glykane, (2) die fehlende Mikroskalierbarkeit chromatographischer Methoden zur Analyse und Trennung von Glykanen, (3) der Mangel an empfindlichen und quantitativen MS-Verfahren und (4) die Abwesenheit von Standardglykanen für die Assay-Entwicklung.
Prof. Christian Huber
Leiter ChristianDoppler-Labor für Werkzeuge zur Biosimilar-Charakterisierung, Universität Salzburg, Österreich LABORWELT Gerade bei der Biopharmazeutika-Herstellung kommt der Bestimmung posttranslationaler Modifikationen eine immer bedeutendere Rolle zu. Welche Werkzeuge kommen an Ihrem Institut zum Einsatz – und warum? Huber Glykosylierungen stellen eine der komplexesten posttranslationalen Modifikationen dar, da viele, strukturell sehr unterschiedliche Glykane an mehreren Glykosylierungsstellen des Proteins angedockt sein können. Um diese Komplexität offenzulegen, kooperieren wir mit den Industriepartnern Sandoz Biopharmaceuticals und Thermo Fisher Scientific. Die Bestimmung der Glykosylierungsmuster erfolgt durch Elektronenspray-Ionisations-Massenspektrometrie (MS) der intakten Proteine entweder unter denaturierenden oder nativen Bedingungen. Aufgrund der hohen Zahl verschiedener Glykane ist die Analyse mit hochauflösender MS unter Einbindung einer Orbitrap-Ionenfalle unerlässlich, um der Signalfülle gerecht zu werden und ausreichend genaue Massen für die einzelnen Glykoproteine zu erhalten. Durch Koppeln der hochauflösenden MS mit der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie können wir die Glykosylierung von Proben bestimmen, die frisch aus dem Fermenter gezogen wurden. Eine solche Analyse liefert quantitative Daten über die verschiedenen Glykoformen und bietet die Option, den Glykosylierungsstatus schon bei der Herstellung der rekombinanten Proteine zu steuern. Der Einfluss der Glykosylierung auf Faltung und biologische Aktivität der Proteine wird anhand Konformations-sensitiver Methoden wie Hochleistungskapillarelektrophorese oder bestimmte Funktionsassays untersucht.
Abb.: Universitair Medisch Centrum (links); Harvard Medical School (Mitte); Christian Leopold / Universität Salzburg (rechts)
Glykom-Diagnostik
LABORWELT
21.10.2015 16:36:41 Uhr
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Waters: Vom Hydrometer zum Clever-Messer Dr. Martin Laqua, Redaktion Laborwelt
Waters Corp. (2014) Umsatz: 1,99 Mrd. US-$ Gewinn (EBIT): 490.000 US-$ Umsatzrendite (nach Steuern): 21,7% Börsenwert: 9,92 Mrd. US-$ (12.10.2015) Mitarbeiter: 6.200 Vorstandsvorsitzender: Christopher J. O‘Connell Umsatzanteile nach Regionen Asien 32,2%; Europa 30,5%; USA 30%; andere 7%
Milliardenschwere Übernahmen sind gang und gäbe im Labormarkt. Grund genug, in dieser LABORWELT-Serie einen Blick auf die wichtigsten Akteure, ihre Strategien und Deals zu werfen. Mit einem Jahresumsatz von 2 Mrd. US-Dollar gehört die US-Firma Waters zu den Mittelgewichten. Nach einer missglückten Liaison mit Millipore kletterte der Aktienwert der Firma seit 1995 um das 35-Fache. Verantwortlich dafür: CEO Douglas A. Berthiaume. Ob sich mit dessen Rückzug und der Neuverpflichtung des ehemaligen Medtronic-Managers Christopher O‘Connell Mitte 2015 die Firmenstrategie grundlegend ändert, darf bezweifelt werden. Dank organischen Wachstums und gezielten Zukäufen kleinerer Firmen steht Waters gut da. Mit der Fokussierung auf das Massenspektrometrie-Geschäft wurde auf das richtige Pferd gesetzt. Dass hier das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist, machte Berthiaume mit dem Anschieben einer „Health Science Initiative“ klar: Waters‘ Geräte sollen künftig nicht nur im Labor, sondern auch im OP-Saal stehen. Wer nach den Ursprüngen der Firma fahndet, der wird weder in einer Garage noch in einem Tech-Transfer-Brutkasten fündig. Stattdessen werkelte Jim Waters mit seinen ersten fünf Angestellten im Keller einer Polizeistation in Framingham, Massachusetts. Der Namensgeber gründete „Waters Associates“ 1958 mit dem Verkaufserlös einer anderen von ihm gegründeten Firma. Photometer, Ballonhydrometer, Brechungsmesser, Giftgasdetektor – die Ingenieure entwickelten auf Kundenwunsch die verschiedensten Gerätschaften. Als einschneidend darf die Begegnung Waters mit dem Chemiker John Moore bezeichnet werden. Dieser hatte für seinen Arbeitgeber Dow Chemical eine Methode entwickelt, um Polymere mittels einer Gel-gefüllten Säule zu analysieren. Waters sicherte sich die Exklusivlizenz dieses Patents für 10.000 US-Dollar und versprach Dow 10% der Verkaufserlöse. Der Schachzug glückte: Der 1963
vorgestellte Größenausschluss-Chromatograph GPC 100 wurde ein Verkaufsschlager.
Fehlfusion und Kurskorrektur In den Folgejahren etablierte sich die Flüssigkeitschromatographie (LC) mit Waters als die treibenden „Liquid Chromatography People“ als Standardtechnologie in Forschungs-, Produktions- und Qualitätskontrolllaboren. 1973 gelang der Börsengang und die Firma zog von Framingham nach Milford, wo sie auch heute noch ihre Zentrale hat. Bei einem 40%-Anteil am LC-Markt, 1.100 Angestellten und mehr als 10.000 Kunden zog sich Jim Waters Ende der 70er Jahre aus seiner Firma zurück. Dann folgte, was man rückblickend getrost als eine ungünstige Entscheidung bezeichnen kann: 1980 fusionierte Waters mit der Millipore
Das 2014 eröffnete, 83 Mio. US-Dollar teure Massenspektrometriezentrum in Wilmslow (Großbritannien) beherbergt vier ehemals über Nordengland verstreute Waters-Teams. Mit mehr als 500 Mitarbeitern gilt es als der weltweit größte Einzelstandort, der sich exklusiv mit MS beschäftigt. VI | 16. Jahrgang | Nr. 5/2015
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Umsatzanteile nach Abteilungen Waters Division (Chromatographie, Massenspektrometrie) 88,7%, hierbei Instrumente 49%, Chemikalien 18%, Service 33%; TA Instruments Division (Wärmeanalyse) 11,3%, hierbei Instrumente 72%, Service 28%
Corp., die schon länger an Waters beteiligt war. Erhoffte Synergieeffekte blieben aus, Wettbewerber gruben dem Waters-Bereich technologisch das Wasser ab. 1993 wollte Millipore Waters wieder abstoßen. Mit der Hilfe einiger Investoren nahm das Waters-Management das Heft selbst in die Hand und kaufte den Bereich für 360 Mio. US-Dollar. Unter der Führung von Berthiaume sicherte sich Waters auch wieder die Technologieführerschaft, was vor allem an der Ausrichtung auf die Massenspektrometrie (MS) als der LC nachgeordneten Detektionstechnologie lag. Das weltweit erste LC-MS-Gerät, das auf eine Laborbank passte, stammt von Waters. 1995 folgte der (zweite) Börsengang und mit dem Kauf der Firma TA Instruments 1996 stellte sich Waters technologisch etwas breiter auf und bietet Kunden seitdem neben LC- und MS-Produkten (Waters Division) auch Wärmemessgeräte, Rheometer und Kaloriemeter (TA Division) an. Der deutlich wichtigere Zukauf im Jahre 1996 war aber Micromass Ltd. aus Manchester (Großbritannien), der damalige MS-Marktführer. Immer kleiner und immer preiswerter – Waters macht mit seiner „Health Science Initiative“ deutlich, dass MS-Geräte im klinischen Alltag ankommen werden. In diesem Licht sticht unter den vielen kleineren Zukäufen der vergangenen Jahre der Erwerb des ungarischen Start-ups Medimass 2014 für 23 Mio. US-Dollar heraus. Mit deren „Rapid Evaporative Ionization Mass Spectrometry (REIMS)“-System – kombiniert mit der Probenentnahme mittels „iKnife“ (intelligentes Skalpell) – entfällt die Probenvorbereitung und eine Echtzeitdiagnostik im OP-Saal wird möglich. Falls Waters bei der Frage „Tumorgewebe oder nicht?“ in Zukunft die Antwort parat hält, wäre das der beste Beweis dafür, dass die Technologie das Geschäftsfeld bestimmt und nicht anders herum. Nach dem Beginn in der Chemie macht Waters derzeit 70% seines Umsatzes mit Pharma- und Biotech-Unternehmen. Mit dem REIMS-System wäre die Firma dann in der Medizintechnik angekommen.
Abb.: Waters Corp.
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Serie Labormarkt im Umbruch (27)
LABORWELT
22.10.2015 14:57:02 Uhr
Hepatitis D Diagnostik
Virus-RNA: Standardisierte Quantifizierung Dr. Ute Hofmann, Produktmanager Diagnostik, Analytik Jena AG Hepatitis D tritt ausschließlich in Gegenwart einer existierenden Hepatitis-B-Infektion auf. Ko- oder Superinfektionen mit beiden Virentypen führen zu schwerwiegenden Erkrankungen der Leber und sind mit einer wesentlich schlechteren Prognose verbunden: Bis zu 80% der auf eine Superinfektion zurückzuführenden Fälle entwickeln eine chronische Hepatitis, von denen – verglichen mit einer Hepatitis-B-Monoinfektion – wiederum zirka 65 % der Patienten etwa 15 Jahre früher eine chronische Zirrhose entwickeln. Daher sollte eine mögliche Infektion mit Hepatitis D-Viren (HDV) in jedem Hepatitis-B-Virus(HBV)-positiv getesteten Patienten in Betracht gezogen werden.[1]
Standards unterschiedlichen Ursprungs, wie zum Beispiel in vitro transkribierter RNA oder Plasmid-DNA. Aufgrund ihrer Beschaffenheit werden diese Standards häufig ohne Berücksichtigung der Nukleinsäureextraktion amplifiziert. Dieser Umstand wurde 2013 durch die Etablierung des 1. WHO-Standards für HDV-RNA maßgeblich verbessert und stellte den ersten Meilenstein auf dem Weg der standardisierten Quantifizierung der HDV-Last dar.[2]
Hohe diagnostische Leistungsfähigkeit Ausgehend von diesem internationalen Fortschritt, repräsentiert Analytik Jenas RoboGene HDV-RNA-Quantification-Kit 2.0 das erste und weltweit einzige One-Step Real-Time-PCR-Kit
Abb.: Analytik Jena
Die Diagnose basiert auf der serologischen Detektion der Anti-HDV-Antikörper durch Radio- oder Enzymimmunoassays, jedoch gelten Nukleinsäure-Amplifikationstests (NAT), aufgrund ihrer hervorragenden Sensitivität von 5 bis 25 IU/ml, als besonders akkurat für die Bestätigung einer HDV-Replikation in Seren infizierter Patienten. Um den individualisierten therapeutischen Anforderungen der Patienten gerecht zu werden, ist außerdem die Quantifizierung der HDV-RNA für das kontinuierliche Monitoring der Viruslast essentiell. Die Mehrheit der verwendeten NAT fußen auf Real-Time-PCRbasierten In-House-Methoden. Dabei erfolgt die Quantifizierung der HDV-RNA an internen Diagnostische Evaluierung: Die lineare Regression der quantitativen Ergebnisse (n=50) – detektiert mittels RoboGene und einem In-house-Assay am LightCycler 480 – zeigt einen sehr hohen Korrelationsgrad.
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Diagnostik Hepatitis D/Verbände
Methoden gefunden werden (siehe Abb.). Hepatitis D stellt in bestimmten Regionen der Erde eine ernsthafte und lebensbedrohliche Erkrankung dar. Sowohl die Bestätigung einer Hepatitisinfektion, als auch ein standardisiertes Monitoring der Effektivität der antiviralen Behandlung könnte zukünftig zu einer Verbesserung des Patientenmanagements führen. Als einziger CE-IVD-zertifizierter One-Step Real-Time-PCR-Quantifizierungskit ermöglicht der RoboGene HDV-RNA-Quantification-Kit 2.0 eine detaillierte Beurteilung HDV-infizierter Patienten.
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Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM)
www.dghm.org
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Kontakt Dr. Ute Hofmann Analytik Jena AG Konrad-Zuse-Straße 1 07745 Jena
fektionsprävention sowie für die Sicherung des öffentlichen Gesundheitssystems. Wichtige Tagungsschwerpunkte waren die drängenden Fragen von Tier- und Lebensmittelassoziierten Infektionen, Ausbrüchen von lebensbedrohlichen Viruserkrankungen, der Ausbreitung von multiresistenten Bakterien sowie der Notwendigkeit neuer Strategien zur Behandlung und Prävention dadurch bedingter Infektionen. Bei der Vorstellung von Untersuchungen im Bereich des Immunsystems „TLR und Inflammasom“ ging es um den sogenannten Toll-like receptor, mit dem in Krankheitserregern vorkommende Strukturen erkannt werden können, die die entsprechenden Aktivierungen von Genen steuern. Neben hochrangigen Expertenvorträgen und Diskussionsrunden waren auch die praxisorientierten Workshops und Posterpräsentationen gut besucht. Die nächste DGHM-Tagung findet unter der Leitung von Prof. Dr. Steffen Stenger, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene des Universitätsklinikums Ulm, vom 11. bis 14. September 2016 in Ulm statt. Weitere Informationen unter www.dghm-kongress.de.
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www.dgpf.org
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Wedemeyer H, Manns (2010) Epidemiology, pathogenesis and management of hepatitis D: update and challenges ahead. Nat Rev Gastroenterol Hepatol 7(1): 31-40 Chudy M, Hanschmann KM, Bozdayi M, Kress J, Nübling CM (2013) Collaborative study to establish a World Health Organization international standard for hepatitis D virus RNA for nucleic acid amplifi cation technique (NAT)-based assays. WHO Expert Comitee on Biological Standard-ization. WHO/BS/2013.2227
950 Teilnehmer bei Kongress in Münster
VIII | 16. Jahrgang | Nr. 5/2015
Deutsche Gesellschaft für Proteomforschung
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Literatur
DGHM
Am 30. September 2015 ging in Münster die 67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) e. V. mit großem Erfolg zu Ende. Für rund 950 Teilnehmer präsentierten bei der deutschlandweit größten Fachkonferenz in diesem Bereich führende nationale und internationale Wissenschaftler vier Tage lang neueste Erkenntnisse aus der mikrobiologischen Forschung und Anwendung. Kongresspräsidenten waren Prof. Dr. Dr. h. c. Helge Karch, Universitätsklinikum Münster, und Prof. Dr. med. Georg Peters, Westfälische Wilhelms-Universität Münster. Renommierte Experten aus dem Bereich der Mikrobiologie und Hygiene diskutierten gemeinsam mit jungen Wissenschaftlern auf hohem Niveau aktuelle Forschungsergebnisse zur Erkennung, Verhütung und Therapie von Infektionserkrankungen. Vielfältige Tagungsschwerpunkte, etwa zum wichtigen Thema Krankenhaushygiene und „Public Health“, zeigten den hohen Stellenwert der medizinischen Mikrobiologie und Hygiene für die Infektionsmedizin, insbesondere in den Bereichen der Infektionsdiagnostik und der In-
www.dgkl.de
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Die diagnostische Evaluierung erfolgte anhand HDV-RNA-positiver Patientenproben (n=109). Die erhobenen quantitativen Ergebnisse wurden mit Daten verglichen, die in einem akkreditierten Labor mittels zertifizierter In-House-Methoden erzielt wurden. Zog man statistische Ungenauigkeiten und die Variabilität individueller Datensätze (DemingRegression), mit in Betracht, konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden
Dt. Ver. Gesell. f. Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. (DGKL)
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Einführung der standardisierten HDV-RNA-Quantifizierung
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zur Quantifizierung von HDV-RNA, CE-IVDzertifiziert am 1. WHO-Standard. Bei Isolierung der Virus-RNA aus humanen Plasma- und Serumproben mit dem INSTANT Virus-RNA/ DNA-Kit (Analytik Jena) anhand des RoboGene Extraktions- und Amplifikationskonzepts sowie hochwertigen quantitativen Standards, weist das Detektionskit eine außergewöhnliche analytische und diagnostische Spezifität auf. Weiterhin ist das Kit durch eine analytische Sensitivität von 6 IU/ml und einem linearen Detektionsbereich von mehr als acht Log-Stufen charakterisiert. Durch Anwendung hochspezifischer Primer und Sonden ist das Kit in der Lage, alle acht HDV-Genotypen mit gleicher Effizienz zu detektieren.
www.gfgenetik.de Gesellschaft für Signaltransduktion www.sigtrans.de Gesellschaft für Pharmakologie und Toxikologie
www.dgpt-online.de
Nationales Genomforschungsnetz www.ngfn.de Deutsche Gesellschaft für Neurogenetik www.hih-tuebingen.de/dgng/ Netzwerk Nutrigenomik www.nutrigenomik.de DiagnostikNet-BB www.diagnostiknet-bb.de Verband der Diagnostica-Industrie e.V. www.vdgh.de Österreichische Reinraumgesellschaft (ÖRRG) Österreichische Ges. f. Laboratoriumsmedizin & Klinische Chemie
www.oerrg.at
www.oeglmkc.at
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22.10.2015 14:58:58 Uhr
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protein digestion
suchungsinstrumenten, Hygieneartikeln sowie Händedesinfektionsmitteln aufgerufen. Auf Grund der positiven Resonanz wird die Aktion deutschlandweit fortgefĂźhrt, so dass nach wie vor Spenden entgegengenommen werden, um auch in anderen Städten zu helfen. BezĂźglich medizinischer Sachspenden kann mit der DGKL-Geschäftsstelle unter info@dgkl.de Kontakt aufgenommen werden. Geldspenden kĂśnnen solvent auf folgendes Konto Ăźberwiesen werden: gel ď&#x192;¨â&#x20AC;&#x2030; â&#x20AC;&#x2030; â&#x20AC;&#x2030; Aktion DGKL â&#x20AC;&#x201C; Die deutsche Labormedizin membrane hilft; Empfänger: DGKL e.V., Verwendungszweck: DGKL â&#x20AC;&#x201C; Die deutsche Labormedizin hilft, IBAN DE86 3708 0040 0235 9832 00, BIC: DRESDEFF370. Die DGKL stellt hierfĂźr Spendenbescheinigungen aus.
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probenvorbereitung Vacuum gel membrane
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Multi-dispense can be realised by t * 3 0 / 0 4 4 0 ( 5 8 # 3 ' # / & # - - 0 8 speeding-up of the overall proce ď&#x192;¨â&#x20AC;&#x2030; â&#x20AC;&#x2030; â&#x20AC;&#x2030; Welche Ansätze gibt es, die einen mediziniHerausforderungen fĂźr diagnostische Innoavoiding cross-contaminations schen Fortschritt gewährleisten, aber zugleich vationen im nachgewiesenen Nutzen undwhile der Transfer of liquids is achieved by a Konsequenz. Sehr bedeutsam auch einen Ăśkonomischen Effekt haben? Mit therapeutischen dieser Frage erĂśffnete Roggenbuck,0( sei auch die Frage, ob die Strategie fĂźr die 4:3+/)' 500- Prof. Dirk :3+/)'4 &+(('3'/5 Konsortialsprecher des BMBF-unterstĂźtzten MarkteinfĂźhrung des Diagnostikums frĂźhzeiZwanzig20-Forums â&#x20AC;&#x17E;Initiative personalisiertig und sorgfältig geplant wurde, so Schindler. volumes can fĂźrbe automatically te Diagnostik und Medizinâ&#x20AC;&#x153; (PARMENIDes) am Dieser Aspekt spielte neben wissenschaftlichexchanged process and AnsprĂźchen auch eine wich7. Oktober 2015 auf derduring Biotechnica inthe Hannover technologischen die vom PARMENIDes-Netzwerkmanagement tige Rolle bei der Auswahl der vier siegreichen are washed in a washingProjektskizzen station(von 39 Einreichungen) des Ideorganisierte Session, die mit mehr als 60 Teilnehmern vollbesetzt war. Das Thema: enwettbewerbs â&#x20AC;&#x17E;Diagnostische Innovationen 8+5* 03)#/+% 40-7'/5 #/& 8#5'3 â&#x20AC;&#x17E;InnovationsfĂźhrerschaft als strategische Option fĂźr die pharmazeutische Industrie: Perspektiven, Grenzen und die Rolle der Diagnostikâ&#x20AC;&#x153;. FĂźr Dr. Hubert Schindler vom Verband der Ersatzkassen e.V. liegen die wesentlichen
fĂźr die personalisierte Medizinâ&#x20AC;&#x153;. Die vier Teams diskutierten im Rahmen der PARMENIDesSession ihre interdisziplinären Vorhaben mit dem Auditorium. Sie starten demnächst eine BMBF-unterstĂźtzte Machbarkeitsstudie.
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Abb.: DiagnostikNet-BB
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Podiumsdiskussion mit Lothar Guske (STADA Arzneimittel), Prof. Christian Dierks (DIERKS + BOHLE Rechtsanwälte), Dr. JÜrg-M. Hollidt (DiagnostikNet-BB), Prof. Christian GÜtting (MVZ Labor Limbach Nßrnberg), Dr. Lutz Hager (IKK Sßdwest) und Dr. Georg Kääb (BioM Cluster, Moderator) LABORWELT
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Mit uns stimmt die Chemie ... 21.10.2015 16:37:48 Uhr
Diagnostik Shotgun Lipidomics
Dr. Christian Klose und Dr. Oliver Uecke, Lipotype GmbH, Dresden Die Analyse von Fetten (Lipiden) in der klinischen Diagnostik beschränkt sich zur Zeit auf Cholesterin und Triglyzeride im Blutplasma oder -serum. Dabei wird jedoch die strukturelle Diversität der natürlicherweise im Körper vorkommenden Lipide völlig vernachlässigt. Die Lipotype GmbH aus Dresden hat ein neuartiges Verfahren entwickelt, das es erlaubt, in biologischen und klinischen Materialien hunderte verschiedene Lipidmoleküle im Hochdurchsatz sowohl quantitativ als auch strukturell zu erfassen. Lipide haben sowohl eine metabolische als auch eine strukturelle Funktion. So dienen Triglyzeride und Cholesterinester als Energievorrat des Organismus, während Glycerophospholipide, Sphingolipide und Cholesterin die Grundsubstanz zellulärer Membranen bilden. Sphingolipide und Cholesterin bilden auch dynamische Membrankompartimente (lipid rafts), in denen viele Membranfunktionen lokalisiert sind. Zelluläre Membranen sind dabei das Medium, in dem essentielle Signaltransduktionskaskaden – ausgelöst durch Rezeptortyrosinkinasen oder G-Protein-gekoppelte Rezeptoren – ihren Anfang nehmen. Die Lipidzusammensetzung der Membranen beeinflusst dabei entscheidend die Aktivität dieser Rezeptoren, die in verschiedenen Erkrankungen wie zum Beispiel Krebs eine wichtige Rolle spielen. Um ein vollständiges Bild über den Ablauf und die Zusammenhänge zellulärer Prozesse zu erhalten, dürfen daher detaillierte Informationen über die Lipidzusammensetzung von Zellen, Geweben oder Körperflüssigkeiten in einem systembiologischen Ansatz nicht fehlen.
Lipidomics schnell & unkompliziert
typeXplorer“ analysiert. Dies ermöglicht die Identifizierung der Lipide in den hochkomplexen Massenspektren basierend auf Signalen der intakten Lipide und der Lipidfragmente. Dadurch fließt auch strukturelle Information in die Identifizierung ein, so zum Beispiel die genaue Fettsäurezusammensetzung einzelner Lipidmoleküle. Man erhält also eine umfassende quantitative und strukturelle Analyse des Lipidoms.
Spezifikationen und Anwendungen Durch die direkte Infusion der Probenextrakte in das Massenspektrometer und daraus resultierende kurze Messzeiten (<5min für eine Blutplasma-Probe) können Proben im Hochdurchsatz gemessen werden (zirka 200 Proben pro Tag). Dabei können in 1µl Blutplasma mehrere Hundert Lipidmoleküle gleichzeitig mit hoher Sensitivität (abhängig von der Lipidklasse bis zu <1pmol/µl) quantitativ und strukturell erfasst werden. Der lineare Bereich der Quantifizierung erstreckt sich über mehrere Größenordnungen. Dabei weist die Shotgun-Lipidomics-Technologie eine Präzision von <10% (intra-day und interday) auf. Die Technologie ist so robust, dass sie in andere Labore übertragen werden kann und dabei eine inter-site Varianz von <15% zeigt.
Diese Ergebnisse wurden aktuell zusammen mit dem Nestlé Institute of Health Sciences veröffentlicht [1] (siehe auch |transkript S.18). Für die Shotgun-Lipidomics-Technologie gibt es vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Bei der detaillierten molekularen Charakterisierung von Geweben und Körperflüssigkeiten konnten hochspezifische Lipidmuster identifiziert werden, die es erlauben, Muskel-, Leber-, Nierengewebe, verschiedene Hirnregionen sowie Blutproben allein aufgrund ihrer Lipidkomposition eindeutig voneinander zu unterscheiden. Außerdem wird die Technologie zur Identifizierung und Validierung von Lipid-Biomarkern eingesetzt. Diese Beispiele verdeutlichen, dass Lipidomics ein unerlässliches Tool zur vollständigen Beschreibung und zum Verständnis biologischer Phänomene ist und ein hohes Anwendungspotential für die klinische Diagnostik hat.
Fazit Mit Lipotypes Shotgun-Lipidomics-Technologie ist es aufgrund automatisierter Lipidextraktion, direkter Infusion der Probe in das MS-Gerät (keine Flüssigkeitschromatographie!) und innovativer Softwarelösungen erstmalig möglich, Lipidomics-Analysen für eine große Probenanzahl schnell, kostengünstig und dabei mit hoher Präzision und Reproduzierbarkeit durchzuführen. Damit ist Lipidomics als komplementäre Standardmethode zu anderen Omics-Technologien etabliert. Durch die absolute Quantifizierung sind die Ergebnisse universell vergleichbar.
Literatur [1]
Surma, et al.: „An Automated Shotgun Lipidomics Platform for High Throughput, Comprehensive, and Quantitative Analysis of Blood Plasma Intact Lipids.” Eur. J. Lipid Sci. Technol. 2015, 117
Kontakt Dr. Oliver Uecke Lipotype GmbH Tatzberg 47, 01307 Dresden info@lipotype.com
Lipotype hat mit seiner Shotgun-LipidomicsTechnologie ein Verfahren entwickelt, mit dem die Lipidkomposition biologischer Proben schnell und unkompliziert erfasst werden The Lipotype ShotgunLipidomics workflow: kann. Um eine quantitative Analyse zu erreichen, werden der Probe vor der organischen Extraktion Standardlipide in definierten Mengen zugesetzt. Die Extraktion erfolgt automatisch im 96-Well-Format. Der Lipidextrakt wird direkt per Massenspektrometrie (MS) analysiert und nicht wie sonst üblich mit Hilfe von HPLC-Säulen voraufgetrennt. Die Sample Sample MS Lipid Massenspektren werden mit hochauflösender extraction infusion analysis identification Orbitrap-MS aufgenommen und anschließend mit der proprietären Softwarelösung „LipoArbeitsablauf mit der Shotgun-Lipidomics-Technologie von Lipotype X | 16. Jahrgang | Nr. 5/2015
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Data analysis
Abb.: Lipotype GmbH
Identifizierung von Lipid-Biomarkern
LABORWELT
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Proteomics Diagnostik
Automatisierte Probenvorbereitung im Labor Dr. Oliver Popp und Dr. Gunnar Dittmar, Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin Genetische Information fließt, entsprechend dem von Francis Crick vor 60 Jahren formulierten zentralen Dogma der Molekularbiologie, von DNA, über RNA zu Proteinen. Neben der qualitativen Beschreibung der drei Molekülklassen steigt heute das Interesse an deren Quantifizierung. Moderne Hochdurchsatzverfahren, sogenannte OMICS-Methoden, können die Gesamtheit aller Gene (Genomics), deren Aktivierung (Transcriptomics) und die davon abgeleiteten Proteine (Proteomics) abbilden. Insbesondere die Identifikation und Quantifizierung des Proteoms stellt eine Herausforderung dar, da nicht nur eine große Anzahl von Proteinen identifiziert, sondern auch ein großer dynamischer Bereich abgebildet werden muss und die Kopienzahl der Proteine sehr unterschiedlich sein kann.[1] Moderne Massenspektrometrie-basierte Proteomik ist dieser Herausforderung gewachsen. Sie beruht auf der Identifikation von Peptiden, die durch einen proteolytischen Schritt aus Proteinen hergestellt werden. Bei diesem sogenannten Bottom-up-Verfahren werden die Peptide auf einem Flüssigchromatographiesystem (LC) aufgetrennt und mittels ElektrosprayIonisierung aufgeladen, um sie dann mit einem hochauflösenden Massenspektrometer zu identifizieren. Die hier aufgezeichneten Massenspektren werden in einer computerbasierten Analyse-Pipeline analysiert.
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dung von neuen Disulfidbindungen während der Messung. Nun kann das Protein in Peptide zerschnitten werden. Da Trypsin in 8 M Harnstoff nicht aktiv ist, wird für diesen Schritt Endopeptidase LysC verwendet, die C-terminal von Lysinen schneidet. Nach erfolgtem ersten Verdau kann die Probe auf 2 M Harnstoff verdünnt werden, eine Harnstoffkonzentration, die Trypsin oder andere Proteasen tolerieren können. Der Verdau erfolgt über mehrere Stunden und wird mit einem Entsalzungsschritt nach Zugabe von Trifluoressigsäure (TFA) abgeschlossen. Die Proben können sodann auf einem LC-MS-Setup gemessen werden. Dieser Workflow kann grundsätzlich für den Verdau von Proteinen in Lösung oder in Abwandlung für die Präparation von Proteinen, die auf einer SDS-PAGE aufgetrennt wurden, angewendet werden.
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Knackpunkt Probenverdau Ein zuverlässiger und hocheffizienter Probenverdau ist eine Voraussetzung für die tiefe Proteom-Analyse und somit ein essentieller Teil der Probenvorbereitung. In einem typischen Workflow werden Proteine mit der Protease Trypsin verdaut (Abb.: A). Das Enzym spaltet spezifisch C-terminal nach den Aminosäuren Lysin und Arginin und produziert somit Peptide, die sich gut auf einem LC-gekoppelten Massenspektrometer analysieren lassen. Für einen vollständigen Verdau müssen die Proteine zunächst denaturiert und entfaltet werden, damit die verwendeten Proteasen an allen Teilen des Proteins schneiden können. Proteine aus einem Lysat (gewonnen aus unter anderem Zellen oder Gewebe) werden unter stark denaturierenden Bedingungen (8 M Harnstoff) entfaltet. Anschließend werden die noch vorhandenen Disulfidbrücken mit einem Reduktionsmittel (DTT, TCEP) reduziert und die dabei entstandenen freien Sulfhydrylgruppen mit Chloroacetamid oder Iodoacetamid alkyliert. Dies verhindert die BilLABORWELT
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Abb.: (A) Ablauf eines enzymatischen Proteinverdaus (B) Schematisches Roboter-Setup für den In-Lösung-Verdau: Die Reagenzien (TCEP, CAA, TFA) werden bei Raumtemperatur bereitgestellt. Waschlösungen zum Reinigen der Spritze nach jedem Transferschritt (Wasser und organisches Lösungsmittel) werden in einer Waschstation vorrätig gehalten. Die Enzyme Endopeptidase LysC und Trypsin befinden sich in einer 96-Well-Platte (8°C) bis sie vom Roboter in die Probenplatte transferiert werden. Die Inkubation erfolgt bei Raumtemperatur. (C) Schematisches RoboterSetup für den In-Gel-Verdau: Reagenzien und Enzyme werden wie in B beschrieben gelagert. Die Gelstücke liegen in einer 96-Well-Platte mit PTFE-Filtermembran. Die Platte steht auf einer Vakuumkammer, die das automatische Absaugen der Waschlösungen ermöglicht. Die PTFE-Membran hält die Lösungsmittel und Reagenzien zurück, bis ein Vakuum angelegt wird. Die Inkubation erfolgt bei Raumtemperatur. (D) Schema des zeitlichen Ablaufs der beiden automatisierten Probenverdaue. 16. Jahrgang | Nr. 5/2015 | XI
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Diagnostik Proteomics / Biotechnica
Die Aufbereitung von Proben im Proteomics labor ist einer der Engpässe. Um den dafür notwendigen Zeit und Arbeitsaufwand zu verkürzen, wurden verschiedene Workflows entwickelt, die diese Probenvorbereitungs schritte unter standardisierten Bedingungen vollautomatisiert ausführen können. Die au tomatisierten Arbeitsabläufe wurden auf PAL Robotern (CTC; Axel Semrau GmbH) entwickelt. Die Methoden umfassen sowohl den Verdau in Lösung (Abb.: B) [2, 3], als auch den Verdau von Proteinen in Gelbanden (Abb.: C). Die Zugabe der Enzyme, Reagenzien und Waschlösungen erfolgt durch sequentielles Pipettieren, bezie hungsweise Absaugen in der Vakuumkammer. Für die Lagerung der Enzyme bis zur Ver wendung stehen gekühlte, beziehungsweise beheizte Kammern für die Verdaureaktion zur Verfügung. Dies erlaubt die Bearbeitung von ei ner bis mehr als 100 Proben gleichzeitig, was die Anwendung sehr flexibel macht. Die Methode ist an den Durchsatz eines ProteomicsLabors angepasst, der durch die Messkapazität des LCMSSetups begrenzt ist.
Fazit In der MassenspektrometrieAbteilung des MaxDelbrückCentrums Berlin werden La borArbeitsabläufe automatisiert. Dies führt nebst Zeitersparnis zu hoher Reproduzierbar keit und mehr Identifikationen im Vergleich zur manuellen Präparation (Abb.: D).
Literatur [1] [2]
[3]
Aebersold, R. & Mann, M. Mass spectrometry-based proteomics. Nature 422, 198–207 (2003). Kanashova, T. et al. Differential proteomic analysis of mouse macrophages exposed to adsorbate-loaded heavy fuel oil derived combustion particles using an automated sample-preparation workflow. Anal Bioanal Chem (2015). Tuorto, F. et al. The tRNA methyltransferase Dnmt2 is required for accurate polypeptide synthesis during haematopoiesis. EMBO J. (2015).
Biotechnica 2015 – eine Messe im Umbruch Dr. Martin Laqua, Redaktion Laborwelt Die 21. Ausgabe der Branchen-Messe „Biotechnica“ wartete mit einigen Neuerungen auf. Doch trotz stärkerem Fokus auf Labortechnik blieb die erhoffte Trendwende aus: Die Besucherzahl lag wie schon vor zwei Jahren bei rund 10.000, die Zahl der Aussteller war spürbar geschrumpft, die Messehalle 9 äußerst luftig bespielt. Punkten konnten die Veranstalter von der Deutschen Messe AG diesmal mit einem verbesserten Partnering und der Sonderschau smartLAB: Das intelligente Labor der Zukunft entwickelte sich zum echten Publikumsmagneten. Das neue Kombi-Konzept der Messen Biotechnica und Labvolution soll künftig nun im Frühjahr stattfinden, erstmals im Mai 2017. Zum ersten Mal stellte die Deutsche Messe AG der traditionsreichen Messe Biotechnica eine LabortechnikSchau zur Seite. Das neu entwickelte Format Labvolution präsentierte vom 6. bis 8. Oktober 2015 dabei Labortechnik für Kunden aus der Chemie und Lebensmittel industrie. Die Biotechnica selbst, veranstaltet zum 21. Mal, konzentrierte sich wie gewohnt auf die gesamte Wertschöpfungskette der Biotechnologie – von der Grundlagenfor schung bis zum fertigen Produkt. Während die Labortechnik für die Life Sciences bereits in der Vergangenheit ein wichtiges Thema der Biotechnica war, wollten die Veranstalter mit der Labvolution nun auch ausdrücklich die Schwerpunktbranchen Chemie, Pharma, Ma terialentwicklung, Kosmetik, Medizintechnik, Umwelttechnik und Ernährung ins Boot holen. Zur Premiere beteiligten sich laut Deutsche Messe AG etwa 100 Firmen als Aussteller auf der Labvolution, gut 40 Prozent davon aus dem Ausland.
Insgesamt fanden an den drei Tagen nach Mes seangaben rund 10.000 Besucher den Weg nach Hannover. Damit wurde die interne Vor gabe von Projektleiter Bernd Heinold verfehlt. Immerhin: Der Anteil von Besuchern aus dem Ausland und von Managern der TopEbene erhöhte sich leicht, was die Veranstalter als ein Zeichen für gestiegene „Internationalität und Qualität der Besucher“ deuten. Anders als bei den Besuchern ist die Zahl der Aussteller ge genüber der Veranstaltung im Jahr 2013 – trotz „Messedoppel“ – spürbar zurückgegangen. Prominentes Beispiel für diesen Trend: Der niedersächsische Lokalmatador Sartorius ver zichtete diesmal komplett auf einen eigenen Stand. Bei den beiden Vorgängerausgaben der Biotechnica lag die Zahl der Aussteller bei knapp 600. In diesem Jahr wurden dazu von den Veranstaltern keine offiziellen Zahlen genannt. Beobachter schätzen, dass 2015 wohl ein Viertel weniger Aussteller in Hannover präsent waren. Auffällig war, dass die großen
Kontakt
www.laborwelt.de XII | 16. Jahrgang | Nr. 5/2015
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Abb.: Deutsche Messe AG
Dr. Gunnar Dittmar Technologieplattform Massenspektrometrie MaxDelbrückCentrum für Molekulare Medizin RobertRössleStr. 10 13092 BerlinBuch Tel.: +49(0) 30 9406 2642 gdittmar@mdcberlin.de
Präsentation auf der Biotechnica-Sonderschau smartLAB LABORWELT
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Biotechnica Diagnostik
Welche Zelle wächst hier nicht gern an? – 3D-gedruckter Zahn im Nebelreaktor Gemeinschaftsstände der Biotech-Cluster aus Hessen, Berlin oder Bayern fehlten. BioM-Pressesprecher Georg Kääb dazu: „Die Investition in einen Stand hätte sich nicht rentiert. Das Interesse der kleinen, förderungsbedürftigen Unternehmen war einfach zu gering.“
Abb.: Deutsche Messe AG
Publikumsmagnet smartLAB Mehr Vorträge, mehr Diskussionsforen und mehr Partnerings – auf dem Abendempfang am 6. Oktober mit 500 Gästen deutete Jochen Köckler, Vorstandsmitglied der Deutschen Messe AG, an, wohin die Entwicklung der Veranstaltung gehen soll. Positiv wurde von den Besuchern der von Heinold forcierte erfolgte Wechsel des Anbieters der PartneringSoftware aufgenommen. Mit Hilfe eines Tools der EBD Group konnten sich Aussteller und Besucher mit potentiellen Gesprächspartnern online verabreden. Als echtes Highlight erwies sich die Sonderschau smartLAB – das intelligente Labor der Zukunft auf der Labvolution. Das voll vernetzte Musterlabor zeigte in verschiedenen Anwendungsfällen, wie der Einsatz von Software, Automation, Robotik, Augmented Reality, Wearables oder Big Data den Laboralltag künftig verändern wird. „Mit dem innovativen Konzept smartLAB haben wir die Chancen und das Entwicklungspotential der Labvolution aufgezeigt“, so Köckler. „Die neue Messe werden wir auch weiterhin als internationale Plattform zur Diskussion der Zukunft im Labor profilieren.“ Zwölf Partner aus Industrieunternehmen sowie Wissenschaft und Forschung hatten sich für diese Sonderschau zusammengetan. Das Institut für Technische Chemie der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Hannover überraschte die Biotechnica-Besucher wiederum mit einem Nebelreaktor, der LABORWELT
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effektvoll mit buntem Licht in Szene gesetzt wurde. Anders als in üblichen Reaktoren mit flüssigen Nährmedien wird im Nebelreaktor das Medium verdampft. Der große Vorteil: Wachsende, aber noch nicht verankerte Zellen werden nicht mehr weggespült. Die Funktionsweise des Reaktors erklärten die Forscher am Beispiel eines Zahns. Hierbei wird zunächst das Grundgerüst – wiederum für jedes Gebiss individuell maßgeschneidert – mittels additiver Fertigung erzeugt. Nach der Besiedlung mit zahntypischen Zellen kommt das Gerüst in den Nebelreaktor, wo die Zellen anwachsen und sich differenzieren sollen. Wissenschaftler des Laser Zentrums Hannover (LZH) präsentierten winzige Implantate mit Gedächtnisfunktion. Für Ärzte sei es ein heikles Unterfangen, Implantate in die kleine Ohrschnecke – die Cochlea – einzusetzen. Es bestehe die Gefahr, noch verbliebene Sinneszellen zu zerstören und das Hören des Patienten weiter einzuschränken. Schon eine Weile üben Chirurgen daher an Mikrometer-kleinen Cochlea-Replikaten des LZH, die mit Hilfe der additiven Laser-Fertigung (LAM, Laser-3DDruck) von der Gruppe Photonische Systemtechnik hergestellt werden. Die LZH-Gruppe Oberflächentechnik hat darüber hinaus in Hannover ein Cochlea-Implantat hergestellt, das während der Operation durch den Temperaturwechsel von Raum- zu Körpertemperatur die Form ändert („Formgedächtnis“) und damit das Einsetzen wesentlich deutlich erleichtern soll. Perspektivisch könnten auf diesem Wege Implantate produziert werden, deren Form individuell auf jede Hörschnecke maßgeschneidert ist.
Von Bioökonomie bis Bio-IT Weitere Akzente setzte das im Vergleich zu 2013 stärker konzentrierte Marktplatz-Format „Biotechnica Plaza“. Hier ging es in Gemeinschaftsständen und Vortrags-Foren um die drei Schwerpunktthemen Bioökonomie, Bio-IT und personalisierte Medizin. Insbesondere das Vortragsprogramm lockte zahlreiche Besucher an. Der zum 11. Mal vergebene European Biotechnica Award 2015 ging an die Molecular Partners AG aus der Schweiz, die offenbar etliche „douze points“ von der Jury bekam. Laut Jurymitglied Karsten Henco (HS Life Sciences GmbH) erfolgte die Wahl in diesem Jahr nach der bewährten Methode des Eurovision Song Contest. Der Award honoriert wie immer eine sogenannte disruptive Technologie, also eine umwälzende Technologie, die nachweislich zum geschäftlichen Erfolg geführt hat. Auch wenn Molecular Partners noch kein Produkt am Markt hat: Die Entwicklung einer völlig neuen Klasse von Proteintherapeutika jenseits
von Antikörpern – den DARPins – elektrisiert die Anleger. Nach dem Börsengang vor knapp einem Jahr etablierte sich der Aktienpreis deutlich über dem IPO-Niveau. Der Schwerpunkt liegt aktuell auf der Augenheilkunde und der Onkologie. Zwei zulassungsrelevante Studien der Phase III laufen derzeit.
Strategischer Terminwechsel Die nächste Ausgabe der Biotechnica ist für den 16. bis 18. Mai 2017 terminiert. Dann wieder als Doppelpack mit der Labvolution. Dieser Termin passe besser in die Vertriebsplanungen der Unternehmen und kollidiere weniger mit den zahlreichen Wissenschaftlerkonferenzen im Herbst, so die Begründung der Deutschen Messe AG. Es gehe auch um eine Entzerrung der Wettbewerbssituation. Gemeint ist: Mit der Verlegung ins Frühjahr von ungeraden Jahren soll die Labvolution als eine Art nord-
Laser-additiv gefertigter Mikroaktor für Cochlea-Implantate mit Formgedächtnis deutsches Gegengewicht zur „Analytica“, die im Zweijahresturnus in geraden Jahren in München stattfindet, im Messekalender verankert werden. Ob das der richtige Weg ist? „Ich bin etwas skeptisch, was die aktuelle Entwicklung der Biotechnica angeht“, lässt Kääb wissen. „Falls aber das Interesse der Münchner Biotech-Szene bis dahin wieder erwacht ist, dann kommen auch wir wieder nach Hannover.“ Auch Heinold beschönigt die Lage im Gespräch mit |transkript nicht: „Mit der Entwicklung, die die Messe in den letzten Jahren genommen hat, sind wir nicht zufrieden.“ Er ist sich aber sicher, dass die Weichen nun richtig gestellt sind: „Im Frühjahr 2017 greifen unsere Änderungen vollständig und insbesondere durch die Labvolution werden wir wieder wachsen. Davon bin ich fest überzeugt.“ 16. Jahrgang | Nr. 5/2015 | XIII
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Ausblick
Vorschau Heft 1/2016
Analytik
Haarprobe kein Beweis für Hasch-Konsum nol (THC) oder zumindest seine Abbauprodukte nachweisbar sind, hat diese Person eindeutig Haschisch konsumiert. Freiburger Forscher zeigen in einer Anfang Oktober erschienenen Studie, dass dieser Schluss so nicht zulässig ist (scieNtific reports, doi: 10.1038/srep14906). So finde die Einlagerung des THC nicht über den Blutkreislauf statt, wie bislang vermutet. Abbauprodukte des Cannabis-Hauptwirkstoffs können stattdessen bei Körperkontakt über Schweiß und Hauttalg sowie über den Zigarettenrauch auf andere Personen übertragen werden. Falsch-positive Testergebnisse könnten sich daher leicht einschleichen. Für die Studie nahm das Team während eines einmonatigen Selbstversuchs übrigens regelmäßig selbst Dronabinol (halbsynthetisch hergestelltes THC) ein.
Evolutionsbiologie
Stammbaum aller Lebewesen online US-Forscher haben für den Online-Stammbaum „Open Tree of Life“ ein Werkzeug geschaffen, mit dem anderswo veröffentlichte Stammbäume effizient und automatisiert zusammengefasst werden können. Das Resultat: Im Open Tree of Life sind nahezu alle bekannten Lebensformen von der Urbakterie bis zum Menschen enthalten (insgesamt 2,3 Millionen Arten), was die Ressource einmalig in der Welt macht. Die verantwortliche Gruppe um Cody Hinchliff und Stephen Smith von der Universität Michigan berichtete Mitte September im Jour-
Aus der laborwelt.de-Galerie
Zahnersatz aus einem Guss In der Natur gibt es kaum zähere Strukturen als Zähne oder Muschelschalen. Forscher der ETH Zürich können das Vorbild aus der Natur nun imitieren: Sie nutzen dafür ein neuartiges Gussverfahren und Magnetfelder („magnetisch unterstützter Schlickerguss“). Die Oberfläche des Kunstzahns von André Studart und seinem Team ist hart und komplex strukturiert wie bei einem echten Zahn (Nature Materials, doi:10.1038/nmat4419). Das Falschfarbenbild einer elektronenmikroskopischen Aufnahme des Querschnitts des künstlichen Zahns offenbart: Wie im echten Zahn sind im Zahnschmelz die Keramikplättchen horizontal angeordnet (oben), im darunterlegenden Zahnbein (Dentin) hingegen schräg bis vertikal. XIV | 16. Jahrgang | Nr. 5/2015
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nal PNAS (doi: 10.1073/pnas.1423041112) über das Projekt, das sie als „ersten ernsthaften Versuch, alle Punkte zu verbinden und zu einem Ganzen zusammenzufügen“ bezeichnen. Die Arbeit basiert auf 7.500 Studien, die in den Jahren 2000 bis 2012 erschienen sind. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben. Viele wissenschaftliche Untersuchungen sind digital nicht greifbar und konnten so keine Beachtung finden. Smith hofft nun, dass andere Forscher ihre eigenen Ergebnisse hinzufügen. Der Stammbaum ist für jedermann zugänglich.
Thema
Laborautomation In den Laboren der Wirkstoffforscher und bei den klinischen Diagnostikern läuft schon lange nichts mehr ohne Robotik. Vorteile bei Geschwindigkeit, Effizienz und dem Management von Arbeitsabläufen sind nicht von der Hand zu weisen. Der Trend ist daher klar: Automationslösungen werden immer mehr Aufgabenfelder erobern. Das kommende LABORWELTSpezial stellt einige dieser Trends vor und fragt: Wie sieht das Labor der Zukunft aus? Erscheinungstermin für das erste Heft des Jahres ist der 25. Februar 2016 (Redaktionskontakt: m.laqua@biocom.de).
Termine Aufgepasst! Das Heft lebt neben den redaktionellen Beiträgen auch von spannenden Fachartikeln und Anzeigen. Werbeplätze können bis spätestens 8. Februar 2016 gebucht werden. Informationen liefern Oliver Schnell (Tel.: +49-30-264921-45, o.schnell@ biocom.de) und Christian Böhm (Tel.: +4930-264921-49, c.boehm@biocom.de).
Impressum LABORWELT (ISSN 1611-0854) erscheint 5-mal im Jahr im Verlag der BIOCOM AG Lützowstraße 33–36, 10785 Berlin, Germany Tel./Fax: 030/264921-0 / 030/264921-11 laborwelt@biocom.de, www.biocom.de Titelbild: hywards/Fotolia.com Redaktion Martin Laqua Tel.: 030/264921-68 Namentlich gekennzeichnete Beiträge stehen in der inhaltlichen Verantwortung der Autoren. Alle Beiträge sind urheberrechtlich geschützt und dürfen ohne schriftliche Genehmigung des BIOCOM Verlages nicht reproduziert oder verbreitet werden.
Abb.: Hortense Le Ferrand/ETH Zürich (unten), ststoev / fotolia.com (oben links), Dynamic Devices (oben rechts)
Der Konsum von Cannabis kann über eine Haaranalyse nicht zweifelsfrei belegt werden – das haben nun Freiburger Forscher um den Toxikologen Volker Auwärter herausgefunden. Bei einem Verdacht wird die betroffene Person meist zur Haarprobe gebeten. Dabei gilt bisher: Wenn der Hauptwirkstoff Tetrahydrocannabi-
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