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Bitte regional füttern
Ein Dortmunder Unternehmen baut alte Kaugummiautomaten um und füllt sie mit bienenfreundlichen Pflanzensaaten.
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Florian Jauk
Bienenretter
Sebastian Everdings Onlineshop für Saatenmischungen bienenretter.com Eine Karte der Standorte der Bienenfutterautomaten findet man unter bienenautomat.de
Bienensterben
Laut der NGO Global 2000 ist die Hälfte der 700 in Österreich ansässigen Wildbienenarten bedroht. Hauptgründe sind die industrielle Landwirtschaft, Monokulturen und der Einsatz von Pestiziden. Laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Nabu) sind in Deutschland von den dort ansässigen rund 550 Wildbienenarten 31 vom Aussterben bedroht, 197 gefährdet und 42 Arten stehen auf der Vorwarnliste der nationalen Roten Liste. Pure Nostalgie lösen bei vielen die Kaugummiautomaten aus, die seit den 1970ern Hausfassaden im öffentlichen Raum zieren. Mittlerweile sind die Automaten großteils verschwunden, der Dortmunder Sebastian Everding haucht manchen der wenigen verbliebenen neues Leben ein. Füttert man die upgecycelten, nun alle gelben Automaten mit einer 50-Cent-Münze, rollt aus ihnen eine Kunststoffkapsel, die mit Samenmischungen gefüllt ist. Ausgesät und bewässert wachsen aus ihnen Blumen, auf die Wildbienen im wahrsten Sinne des Wortes fliegen. 2019 wurde der erste Automat in Dortmund aufgestellt, mittlerweile gibt es deutschlandweit über 250 Standorte, an denen die Mischungen für mehr Blütenvielfalt erworben werden können. In einen Automaten passen 400 Kapseln, eine Mischung reicht für bis zu zwei Quadratmeter Fläche. Seit Projektbeginn konnten so geschätzt 650.000 Quadratmeter neuer Blühflächen geschaffen werden, die Bestäuberinsekten ein reichhaltiges Blüten- und Pollenangebot bieten. Viele Gartenpflanzen locken zwar mit ihrem Duft und ihrer Blütenfarbe Bestäuber an, sind aber so gezüchtet, dass sie weder Nektar noch Pollen beinhalten und damit für Bienen keine Nahrungsquelle darstellen.
REGIONALE WILD- UND KULTURSAATEN
res hohen Pollen- und Nektargehalts »Bienenfreund« genannt wird. Der Inhalt der Bienenfutterkapseln variiert regional – um den regionalen Unterschieden von Flora und Fauna Rechnung zu tragen und diese auch zu bewahren. Die Automaten in Norddeutschland spucken also ganz andere Blühmischungen aus als die in Bayern.
Die Kunststoffkapseln, die vom Verein Bienenretter Manufaktur befüllt werden – Materialalternative erlaubt die alte Automatentechnik noch keine –, können über ein Mehrwegsystem wiederbefüllt werden. Das machen unter anderem Menschen mit Unterstützungsbedarf in Werkstätten in Dortmund und Bochum. Die Kosten für das Standardmodell, einen 2er-Bienenfutterautomaten, liegen bei 489 Euro, eine Automatenbefüllung mit einer Blühmischung gibt es um 100 Euro. Versendet wird derzeit nach Deutschland und Luxemburg, ein Versand nach Österreich sei noch nicht möglich, da es für Österreich noch keine passenden Samenmischungen gebe, erklärt Sebastian Everding. Die Samen können laut ihm in Gärten und an Brachflächen, aber auch in Balkonkästen und Töpfen auf Terrassen ausgebracht werden – eine Saatanleitung findet sich in den Kapseln und auch online. Ähnliche Projekte gibt es inzwischen auch von anderen Anbietern, auch in Österreich, seit Juni 2022 zum Beispiel im Wiener Neustädter Stadtpark.