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Symbole sind keine Argumente

Stadtbilder prägen. Aber wie viel Gesinnung steckt im Berliner Ampelmann? Und wirken schwul-lesbische Ampelpärchen Vorurteilen entgegen? Der Grafiker und Stadtzeichendeuter Markus Hanzer im Gespräch.

In terview Thomas Weber

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Markus Hanzer Geboren 1955, Grafiker und Illustrator (u. a. für ORF, Sat.1), Unternehmer und Buchautor, im Vorstand von Design Austria, umfangreiche Lehrtätigkeit (u. a. Universität für Angewandte Kunst Wien und Leiter des Fachbereichs Gestaltung an der FH Vorarlberg)

biorama: Seit 2015, als nach dem Erfolg von Conchita Wurst der Eurovision Song Contest in Österreich ausgetragen wurde, hängen in Wien mit Herzen versehene schwule, lesbische und hetero Ampelpärchen. Sie sind zu einem beliebten Fotomotiv geworden, vor allem für TouristInnen. Aber fallen sie den in Wien Lebenden überhaupt noch auf?

Markus Hanzer: Da kann ich nur Vermutungen anstellen. Viele haben sich wahrscheinlich daran gewöhnt und nehmen sie nicht mehr als Besonderheit wahr. Es mag durchaus Personen geben, denen das Thema aus unterschiedlichen Positionen heraus ein Anliegen ist und für die das Vorhandensein solcher Symbole deshalb von Bedeutung ist. Grundsätzliche Haltungen lassen sich meist nicht so einfach ändern. Relativ wandelbar sind hingegen vermeintliche Bekenntnisse. Wer merkt, dass er mit seinen Ansichten ständig Schwierigkeiten bekommt, wird eventuell versuchen, diese nicht ständig zu betonen.

berechtigung setzen. Wie ließe sich denn überprüfen, ob das ankam?

Es gab eine Reihe von Medienberichten, die nach dem Sieg von Conchita Wurst beim Song Contest an patriotische Gefühle appellierten – im Sinne von: »Wir haben schon wieder die anderen Nationen geschlagen!« Wer wollte sich da als Feind des Patriotismus positionieren? Aber es hat dennoch mit Bestimmtheit Kreise gegeben, die den Anlass benützt haben, um sich wie gewohnt fürchterlich aufzuregen.

Was bringt denn solch eine Politik der Symbole?

Damit etwas wirken kann, muss es wahrnehmbar gemacht werden. Wem die Macht über die Zeichen zukommt, der/die bestimmt auch die Handlungsoptionen und Handlungsspielräume der Menschen.

Führen Symbole der Offenheit bei denjenigen, die sich dadurch bedroht fühlen, zu mehr Offenheit?

Symbole sind ja keine Argumente. Sie repräsentieren lediglich eine bestimmte Position. Welche Haltung wir dazu einnehmen, wird

»Gestaltung war und ist im Kern eine Methode der Exklusion.

Von der Eheschließung (›Du gehörst zu mir und sonst niemand‹) bis zur Nationenfahne (›America First‹) dreht sich alles um Exklusion.«

— Markus Hanzer, Grafiker

durch ein Symbol selbst kaum verändert. Das massenhafte Auftreten eines Symbols legt jedoch den Verdacht nahe, dass hinter jenen, die in der Lage sind, diese Zeichen zu setzen, eine entsprechende Macht steht. Selbst wenn wir uns überlegen, ob wir uns einer mächtigen Bewegung fügen oder ihr widerstehen, bedeutet das noch nicht, dass wir unsere Haltung geändert hätten.

Das Berliner Ost-Ampelmännchen wurde zur Kultmarke und wird auf T-Shirts und Stickern, in Cafés und Shops vermarktet. Wieviel »Gesinnung« erkennen Sie im Ampelmännchen?

Die Gesinnung steckt nicht im Ampelmännchen. Im Akt der Wahrnehmung lösen Symbole bestimmte Assoziationen aus. Welche das sind, ist von Mensch zu Mensch durchaus verschieden. Es lässt sich ein bestimmtes Symbol sowohl als Bestätigung als auch als Widerspruch zu den eigenen Vorstellungen lesen. Symbole können allerdings von bestimmten Gruppen insofern in Besitz genommen werden, als sie versuchen, deren vorherrschende Lesart vorzugeben. Klassisches Bespiel ist etwa das Hakenkreuz, das – obwohl lange vor den Nationalsozialisten bereits im Gebrauch – heute in Europa nur noch eine Form der Bedeutung nahelegt.

Wo stößt inklusives Design, das niemanden außen vor lässt, an seine Grenzen?

Es ist doch umgekehrt. Gestaltung war und ist im Kern eine Methode der Exklusion, der Ausgrenzung, des Ausschließens, der Grenzsetzung. Ich sehe kaum Limitationen in den prinzipiellen Möglichkeiten der Inklusion. Aber wer möchte das? Alles Branding, Corporate Design etc. zielt auf eine Definition von Zugehörigkeit und Fremdem. Von der Eheschließung (»Du gehörst zu mir und sonst niemand«) bis zur Nationenfahne (»America First«) dreht sich alles um Exklusion.

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