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FREI & WILD
Gekocht wird, was neben dem Bürgersteig wächst. Oder neben dem Gehsteig.
Je mehr kleine Grüne Inseln zusätzlich zu den gepflegten Parkanlagen in die Städte zurückkehren, desto mehr Stellen gibt es auch, an denen Unkräuter wieder einen Platz an der Sonne finden. Und auch unser Blick auf den Löwenzahn vom Wegrand verändert sich. Übler Pfahlwurzler, der sich rasend schnell auch in einem Kopfsteinpflaster ausbreitet, in dem man es aufgeräumt und unkrautfrei haben will, einerseits – auf der Suche nach Abwechslung auf den Tellern andererseits aber schnell nachwachsender Vitaminlieferant mit saftig-bitteren Salatblättern und leuchtend gelben essbaren Blüten. Zwei aktuelle Bücher drehen sich gezielt um das, was in der Stadt wächst und auch darum, wo in der Stadt es wächst.
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Die Wildkräuterexpertin Anne SchmidtLuchmann und der Koch Paul Schmidt haben– begleitet von wunderbaren Fotos von Julia Schmidt – dem Unkraut der Stadt Berlin ein Buch gewidmet. Nicht zu kurz kommen dabei auch die Fragen, warum man sie überhaupt essen will: prinzipiell, wegen ihrer Nährstoffdichte und ihres Preises, und im Speziellen we- gen ihrer individuellen Inhaltsstoffe wie ihrem Geschmack.
Alexandra Maria Raths »Hommage ans süße Wien« – die Fortsetzung ihres erstens Buchs zur Wiener Wildpflanzenküche – liefert eine ungewöhnliche Kombination aus historischem und botanischem Hintegrundwissen zu den Wiener Bezirken, ihren Wild- und Kulturpflanzen und Anleitungen zu einem ordentlichen Küchenregime und ausgeklügelte Rezepte. Etwas schräg mutet in diesem Buch an, dass immer wieder einzelne Zutaten in Bioqualität empfohlen werden (etwa Schokolade), der Großteil der anderen aber nicht (etwa Eier oder Butter). Gestaltet ist das Buch nicht ganz so wild wie seine Protagonisten wachsen – und der Aufbau nach Pflanzen und je einem Bezirk samt historisch-architektisch relevantem Ort, an dem sie vorkommen, macht es auch zu einem sehr brauchbaren Reiseführer durchs Wien der Wildpflanzen.
Als Faustregel empfiehlt sich: Was nicht wild gesammelt wird, besser in Bioqualität beziehen.