SI GRUEN | #2 | 2019

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GRUEN

#2 3. Mai 2019 www.si-gruen.ch CHF 7.–

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«Einstein»Moderatorin

KATHRIN HÖNEGGER «Ich bin nachhaltig stur» Erland Brügger Der Rivella-CEO über Plastik, Zucker und sprudelnde Ideen

+

6 Seiten Kurztrip nach München Das Gute liegt so nah


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N E N O L E M

R E S S A & W N L S E P D I N R I T W D N E K E E W T BI L A CH H

IE I W , TIG

SEI L E I SO V

Naturaplan-Fenchelfeld während der Ernte

Natürlich.

Richtig.

Gut.

Weil es natürlich ist, der Umwelt und ihren Ressourcen Sorge zu tragen. Hier und überall auf der Welt.

Weil es richtig ist, respektvoll und achtsam mit der Natur und ihren Produkten umzugehen und nachhaltig zu handeln.

Weil es gut ist, sich selbst etwas Gutes zu tun und das Beste der Natur mit gutem Gewissen zu geniessen.

N.


GRUEN Lisa Merz und Barbara Halter, ­Redaktionsleiterinnen SI GRUEN.

«Kathrin Höneggers Bedingung für unser Titel-Shooting: ‹Ich brauche eine Pause zum Stillen.›»

Fotos: Paul Seewer, Walter Pfeiffer, Susanne Märki

EDITORIAL NEULAND UND KLASSIKER Kathrin Hönegger liebt Experimente. Als Moderatorin bei «Einstein» ist sie für fast alles zu haben. Neuland ganz anderer Art betritt sie zurzeit privat. Vor sechs Monaten ist die 35-Jährige zum ersten Mal Mutter geworden. Ihre Bedingung für unser TitelShooting: «Ich brauche eine Pause, um meinen Sohn stillen zu können.» Und so brachten die Grosseltern den Kleinen um die Mittagszeit einfach ins Zürcher Strandbad Mythen­ quai. Trotz permanentem Schlafmangel schwärmt Hönegger von ihrer neuen Rolle. «Es gibt nichts Spannenderes, als meinen Sohn zu entdecken.» Übrigens: Kathrin Hönegger hat sich bereits als Kind geschworen, nie mehr Fleisch zu essen, und war fast schon militant unterwegs. Das Interview ab Seite 12 Zugegeben, etwas nervös waren wir schon, als wir unsere Fotostrecke zum Thema Stillleben in die Hände von zehn Studierenden der Zürcher Kunstschule F+F gaben. Ihr müsst Vertrauen haben, fand der 73-jährige Walter Pfeiffer. «Wenn ich zu ängstlich gewesen wäre, dann hätte ich

es kaum dahin gebracht, wo ich jetzt bin.» Während des Projekts stand der interna­tional gefragte Künstler Pfeiffer den angehenden Fotografen als Dozent zur Seite. Er achtete darauf, dass sie die Objekte – von der Holzkuh bis zum Designschuh – nicht nur ins beste Licht rückten, sondern sich auch künstlerisch aus­ lebten. Wir finden: Der Mut hat sich gelohnt – doch sehen Sie selbst! Unsere Design­Geschichte ab Seite 50 Auch bei Rivella in Rothrist hat die nächste Generation Einzug gehalten. Chef Erland Brügger, 52, räumte im letzten Jahr sein grosses Büro und zog um. Er machte Platz für ein Start-up, das herausfinden soll, was wir in Zukunft trinken wollen. Das erste Resultat: Urs, ein alkoholfreies Apérogetränk mit fermentierten Limetten und Wermut. Man bekommt es in Lokalen, die Erland Brügger nicht kennt, seine drei Kinder aber schon. Für ihn der Beweis, dass in ­seinem alten Büro gut gear­bei­tet wird. Noch ist Urs ein Winzling, Umsatz macht das Fami­lien­ unter­nehmen mit seinem Klassiker in Rot, Blau und Grün.

Kann sich eigentlich noch jemand an die grossen braunen Glasflaschen von Rivella erinnern? PET ist heute völlig üblich, aber in Zeiten von plas­tik­ vermüllten Meeren fragt man sich schon, ob es nicht auch anders geht. Das sagt Erland Brügger dazu, ab Seite 24 Falsch sind Klassiker ja nie. Vor allem vermitteln sie so ein schönes Gefühl von ­Heimat – wie zum Beispiel Brezen für eine Bayerin. Für unsere München-Reise­ geschichte waren wir mit Fotografin Stephanie Füssenich unterwegs. Sie lebt seit sechs Jahren in Paris, war davor aber lange in München zu Hause. Für Füssenich gibt es unterwegs keine bessere Zwischenmahlzeit als eine Breze. Wir haben die Stadt zu Fuss und mit dem Rad erkundet und die besten Tipps für einen grünen, frühlingshaften Kurztrip gesammelt. Ab Seite 44 Aufgefrischt zeigt sich auch unsere Redaktion. Neu gehört Lisa Merz zur SI GRUEN-­ Leitung. Willkommen!

BACKSTAGE

Sie fotografierten unsere Design-Geschichte. Das Porträt der Studierenden der F+F Schule für Kunst und Design Zürich hat Künstler Walter Pfeiffer geschossen. Unten: Frühmorgens am Zürichsee. Das Bootshaus des Grasshopper Ruderclubs war Ausgangspunkt für die Covergeschichte mit Kathrin Hönegger.

Viel Freude mit SI GRUEN! Barbara Halter

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Foto: Mirjam Kluka Styling: Caroline Ziegler, Style Council Hair & Make-up: Tilia Novotny, Style Council Assistenz: Anina Lehmann Outfit: Jumpsuit von Kowtow, bei Kari Kari, Ohrringe und Armreif von The Boyscouts, bei Making Things

Starter 6 Anina Mutter: Die Bloggerin bringt einen Guide für nachhaltigen Genuss heraus 8 Fabienne Erni: Sie singt in einer FolkMetal-Band, mag aber auch die Ruhe

Storys

Pflanzenschutzmittel vorsichtig verwenden. Vor Verwendung stets Etikette und Produktinformationen lesen. Warnhinweise und -symbole in der Gebrauchsanleitung beachten.

12 Kathrin Hönegger: Seit die «Einstein»Moderatorin Mutter geworden ist, lebt sie noch konsequenter 20 Die Gärten der Stars: Die grünen ­Paradiese von Julianne Moore, Jeremy Irons und Hugh Fearnley-Whittingstall 24 Erland Brügger: Der Rivella-Chef über PET-Recyling und neue Getränke

20 30 Siedlung der Zukunft: In der Sentmatt kommen Sonnenkollektoren und ­Erdsonden zum Einsatz 36 Energie vom Bauern: Peter Fischer hat auf seinem Hof ein Holzgas-Blockheizkraftwerk installiert 38 Susanne Schmid: Die ehemalige Changemaker-Geschäftsführerin hat nun ihre eigenes Fair-Trade-Label Scout 44 München: So nah, so gut! Eine Genuss-Tour durch Bayerns Hauptstadt 50 Design, das gewaltig knallt: Künstler Walter Pfeiffer inszeniert mit FotografieStudenten nachhaltige Objekte 60 Ein Wochenende rund um Locarno: Wildkräuter sammeln, Grotti entdecken und im Bio-Hotel übernachten 66 Restaurant Stiva Veglia: Schmausen in Schnaus

Money 74 Eins hinter die Löffel: Patrizia Keller schnitzt aus heimischem Holz Besteck 76 Burger für Flexitarier: Der Trend aus den USA landet auf unseren Tellern 80 Ich fahre GRUEN: Leichtathlet Kariem Hussein testet den BMW i8 Roadster

Nachhaltig

schneckenfrei Neudorff ist mit dem Green Brand Gütesiegel ausgezeichnet und leistet einen maßgeblichen Beitrag für Umwelt und Natur.

neudorff.ch

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IDYLLISCH Dieser Traumgarten gehört Schauspieler Jeremy Irons.

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Fotos: Hugo Rittson Thomas / «Grüne Oasen» / Gerstenberg Verlag 2018, Roland Tännler, Skanda Gautam, Stephanie Füssenich, Mirjam Kluka (2), Véronique Hoegger, Tim Brunner

GRUEN 2/19

COVER

WEITBLICK Erland Brügger geht mit Rivella neue Wege.

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HANDWERK Das Schweizer Label Scout verbindet Schönes mit Gutem.

GEERDET Moderatorin Kathrin ­ önegger ist auch Yoga-Lehrerin. H

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DEFTIG Weisswurst und Brezel – ­ ünchen kann aber auch vegan. M

SEESICHT Ein Wochenende zwischen Locarno und Ascona.

EKLEKTISCH Die Vase ist der Star. Studenten fotografieren Design.

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GRUEN

Anina Mutter hat auf Instagram knapp 15 000 Follower.

FREITAG GEHT FREMD Nach über 25 Jahren mit LKW-Planen liessen sich die Brüder Freitag auf eine neue Liaison ein. Die Auserwählte: eine leer getrunkene PET-Flasche. Sie bildet die Grundlage für einen 100 Prozent recycelten und PFC-freien Stoff. Das neue Material ist besonders ökologisch in der Herstellung und ergänzt sich perfekt mit den altbewährten Planen – so sieht eine geglückte Ménageà-trois bei den Zürcher Taschenproduzenten aus. www.freitag.ch

al neutr a m i l ch/k post.

ANINA MUTTER

Mit der Bloggerin auf City-Trip

OMMM Es muss nicht immer Ibiza sein. Eingebettet in die Engadiner Bergwelt, versteckt sich in Scuol das EncourageYoga-Retreat. Geschlafen wird in kom­ fortablen Wohnzelten, die mit natürlichen und fair hergestellten Materialien ein­ gerichtet wurden. Dank täglichen YogaLektionen, Meditation und Massage ist man schnell so entspannt, dass man fast alles vergisst. Ibi… was? www.encourage-retreats.com

PAKETE KLIMANEUTRAL VERSENDEN MIT ZUSÄTZLICH 5 RAPPEN Die Post ist da. Für alle. Auch für die Umwelt.

Im komfortablen Zelt fühlt sich jeder Yogi sofort wie zu Hause.

«Kinder ökologisch zu bilden, ist eines der wichtigsten Dinge. Es geht um ihre Zukunft. Klima und Innovation sollten Schulfach sein.» Maja Lunde, Autorin des Bestsellers «Die Geschichte der Bienen»

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Fotos: Dominik Meier, 100 pro imago life, zvg (2)

SCHATZKARTE Sie wagt den Sprung von der digitalen in die analoge Welt: Bloggerin Anina Mutter bringt das Taschenbuch «Ekko» heraus. Darin verrät sie ihre 64 Lieblingsorte in der Deutschschweiz – alle fair, ökologisch, trendy. «Eine solche Sammlung hätte ich mir schon lange gewünscht – jetzt habe ich sie mir einfach selber geschenkt», sagt die 30-Jährige. Alle vorgestellten Restaurants, Shops, Produzenten und Fitnessstudios seien besonders innovativ und bewegten sich abseits des Mainstreams. «Richtige Perlen halt.» Der digitalen Welt bleibt Anina Mutter natürlich weiterhin erhalten. Dort hat sie sich ihr eigenes Ekkoist-Universum erschaffen. www.ekkoist.com

WARUM IN DIE FERNE SCHWEIFEN …


GRUEN

Unschlagbar unabhängig. Mit eigenem Kraftwerk für zuhause.

In der Schweiz ­kennen vor allem eingefleischte Folk-Metal-Fans ­Fabienne Erni und ihre Band Eluveitie. Das neue Album heisst «Ategnatos».

sammeln

Zwischen den Welten Mit der Folk-Metal-Band ­Eluveitie füllt sie auf der ganzen Welt Konzerthallen. Privat liebt Fabienne Erni die Stille und macht sich für Tiere stark.

VEGAN ROCKS Laut, stark, düster: Wenn Fabienne Erni mit ihrer Band Eluveitie auf der Bühne steht, dröhnt sie ihre Fans mit einem Mix von melodiösem Folk und

deftigem Metal zu. Die neunköpfige Truppe hat schon über 1500 Konzerte in 75 Ländern gespielt, so viel wie kaum eine andere Schweizer Band. Frontfrau Fabienne Erni kann aber auch anders: Sie spielt Harfe, macht Yoga, liebt die Natur. Ihr neustes Projekt, das sie im Rahmen ihrer Pop-Gesangsausbildung an der ­Zürcher Hochschule der Künste realisiert, thematisiert die Balance zwischen der Umwelt, den Menschen und den Tieren. «Ich möchte eine musikalische Fantasiewelt kreieren, welche die Leute zum Nach­

«In Sachen Klimaschutz will sich niemand die Finger ­verbrennen, weil Änderungen zwingend wehtun. Aber wenn nicht jetzt, wann dann?» Marco Kunz, Mundartmusiker

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sparen

steuern

speichern + nutzen Fotos: Manuel Vargas Lépiz, Ramon Erni, zvg (2)

FABIENNE ERNI

denken animiert», sagt die 26-Jährige. ­Selber ernährt sich Fabienne Erni seit zwei Jahren vegan, davor lange vegetarisch. «Die Massentierhaltung ist mit so viel Leid verbunden, das möchte ich auf keinen Fall unterstützen», sagt sie. Am liebsten kocht die Sängerin mit biologischem Gemüse. Ist sie mit Eluveitie auf Tournee, muss sie essen, was ihnen backstage serviert wird. «Bis jetzt war das aber noch nie ein Pro­blem. Wir sind drei Veganer in der Band und bekommen immer sehr feine Menüs. Manch­mal sind die anderen sogar etwas neidisch», sagt sie und lacht. Beim Znacht werde dann auch oft über Themen wie Umweltschutz und artgerechte Tierhaltung diskutiert. Trotz ihrer Bekanntheit möchte Fabienne Erni nicht mit ihrem Lebensstil missionieren. «Das finde ich ganz heikel. Jeder soll so leben, wie er möchte», sagt sie. Obwohl, eines der schönsten Komplimente war, als ein Fans ihr schrieb, dass er dank ihr zum Veganer wurde. Tourdaten: www.eluveitie.com

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GRUEN FOOTPRINT

4 WIE STEHEN SIE ZU SECONDHANDGERÄTEN? O Das kommt für mich nicht infrage. O Ich kaufe nichts secondhand, gebe aber Geräte weiter. O Ich setze regelmässig auf Secondhandgeräte.

IM NETZ

Von wegen Digital Natives: Das Handy ist bei allen Gene­ rationen omni­präsent. Zufrieden macht das ständige OnlineSein aber nicht.

7 WIE ERLEDIGEN SIE DEN TÄGLICHEN EINKAUF? O Shopping ist für mich zugleich Fitness. Ich erledige den Grossteil meiner Einkäufe zu Fuss oder mit dem Velo. O Ich fahre mit dem Auto mehrmals pro Woche in den Supermarkt oder in ein Fachgeschäft. O Ich schaue, dass ich meine Wocheneinkäufe mit einer einzigen Autofahrt erledigen kann. O Ich erledige all meine Wocheneinkäufe online. Geliefert wird per Post oder Kurier.

DER GRUEN-FOOTPRINT

Schöne neue Welt Handys, Computer, Strom und Online-Shopping: Wie umweltfreundlich bewegen Sie sich in der digitalen Welt? Machen Sie den Test!

2 Stand der Technik 3 Stromherkunft 4 Secondhandgeräte 5 Private Bildschirmzeit 6 Flugreisen für die Arbeit 7 Tägliche Einkäufe 8 Shopping

TOTAL PUNKTE

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2 WIE OFT ERSETZEN SIE DIESE GERÄTE? O Jedes Jahr, ich bin stets auf dem neusten Stand. O Alle drei bis vier Jahre. O Alle fünf Jahre oder seltener. O Etwa alle zwei Jahre. 3 WAS FÜR STROM BEZIEHEN SIE ZU HAUSE? O Ganz normalen Strom aus der Steckdose. O Strom vom eigenen oder gemeinschaftlich finanzierten Solardach oder Windrad. O Ökostrom des Labels naturemade star. O Für mein Handy habe ich eine Solarvignette, sonst den konventionellen Strommix aus der Steckdose.

6 2 0 3

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So funktioniert die Solarvignette www.solarvignette.solafrica.ch Reparieren statt wegwerfen www.repair-cafe.ch www.reparaturfuehrer.ch

O 41 bis 100 Punkte

O Mehr als 100 Punkte

pro Tag nutzen Deutschschweizer im Schnitt den TV.

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AUSWERTUNG O 0 bis 40 Punkte

MINUTEN

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8 WIE KAUFEN SIE MÖBEL, KLEIDER ODER ANDERES? O Ich klappere mit dem Auto diverse Geschäfte ab. Online-Shopping ist mir ein Gräuel. 6 O Ich fahre mit dem Auto von Geschäft zu Geschäft oder kaufe online ein. Ich will die Ware so schnell wie möglich haben. 30 O Ich erkundige mich zuerst nach einem Produkt online, im Warenkatalog oder per Telefon. Dann hole ich es mit dem ÖV oder Auto ab oder lasse es mir per Kurier liefern. Für exklusive Dinge kann ich gut ein paar Wochen warten und verzichte dafür auf Flugtransporte. 1 Foto: Martin Parr / Keystone / Magnum Photos, lllustration: Pirmin Beeler

1 Benutzte Geräte

1 WIE VIELE KOMMUNIKATIONSGERÄTE (TABLET, TELEFON, SMARTPHONE, LAPTOP, COMPUTER, TV) VERWENDEN SIE MINDESTENS EINMAL PRO WOCHE FÜR PRIVATE ZWECKE? O Keine. 0 O Eines oder zwei. 1 O Drei oder vier. 3 O Mehr als vier. 6

DIE ZAHL

5 WIE VIEL ZEIT VERBRINGEN SIE PRIVAT TÄGLICH VOR EINEM BILDSCHIRM, DER GRÖSSER IST ALS EIN LABTOP? O Im Schnitt verbringe ich weniger als 15 Minuten vor einem Fernseher oder PC. 0 O Etwa eine Stunde täglich. 2 O Ich schaue täglich zwei bis drei Stunden TV. 5 O Mein TV läuft, sobald ich zu Hause bin – täglich mehr als vier Stunden. 12 6 ARBEIT: HABEN SIE DANK VIDEOTELEFONIE SCHON EINMAL BEWUSST AUF EINE FLUGREISE VERZICHTET? O Alle meine wichtigen Kontakte sind in ÖV-Distanz. O Nein, Flugreisen sind ein wichtiges Merkmal meines Lifestyles. O Ja. Internationale Kontakte sind mir wichtig, klimaschonendes Verhalten auch. O Kommt vor. Grundsätzlich treffe ich meine Auslandkontakte jedoch gerne im realen Leben.

IHR PERSÖNLICHER GRUEN-FOOTPRINT

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Top! Sie gehören zu den Umwelt­ freundlichsten. Gut! Sie haben erkannt: Im digitalen Zeitalter lassen sich menschliche Bedürfnisse ohne Flugreisen und län­ gere Autofahrten decken. Unbefriedigend! Flugreisen und lan­ge Autofahrten belasten das Klima stark. Entdecken Sie die ökologischen Chancen der Digitalisierung!

BESSER LEBEN Erschrecken Sie auch jeweils ob der Bildschirmzeit auf Ihrem Smartphone? Internet und Handy sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken: Wir treffen unsere Freunde online und kaufen in virtuellen Läden ein. Mit dem Handy lösen wir Zugtickets und organisieren unsere Termine. Wenn wir nicht im Internet surfen, schreiben wir

Nachrichten oder telefonieren. Kein Wunder, dass nicht erreichbar zu sein, wieder als Luxusgut gilt. Digital Detox nennt man den bewussten Verzicht. Wie das geht? Das Handy aus dem Schlafzimmer verbannen (Einen Wecker ­kaufen!). Tragen Sie eine Uhr, und lesen Sie im Zug wieder mal ein Buch.

WEITERE TIPPS O Digitale Auszeit: Gehen Sie raus, unternehmen Sie etwas mit Freunden, und vergessen Sie das Handy bewusst zu Hause. O Entsorgen Sie nicht reparierbare Geräte fachgerecht. Sie enthalten aufwendig gewonnene Materialien (Seltene Erden) und sollten deshalb nie in den Abfallsack. O Mit einer Solarvignette unterstützt man Schweizer Solarstrom. Für das Handy kostet die Vignette zehn Franken im Jahr.

Der WWF unterstützt Menschen dabei, ihren ökologischen Fussabdruck zu verringern. Für eine Standortbestimmung bietet der WWF den Footprint-Rechner im Internet und in der WWF Rat­ geber-App an. Konkrete Tipps und Tricks ebenfalls. Swisscom unterstützt als Partnerin den WWF Footprint-Rechner und die WWF Ratgeber-App. www.wwf.ch/footprint

Effiziente Geräte finden www.topten.ch Offline gehen in der Natur www.schweizmobil.ch

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GRUEN COVER

Eine, die sich wagt KATHRIN HÖNEGGER Im SRF-Wissensmagazin «Einstein» testet Kathrin Hönegger gerne ihre Grenzen. Die Moderatorin führt ein Leben zwischen Action und Achtsamkeit. Interview: Lisa Merz, Fotos: Mirjam Kluka, Assistenz: Anina Lehmann, Styling: Caroline Ziegler / Style Council, Hair & Make-up: Tilia Novotny / Style Council

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Die 35-jährige Moderatorin lebt in Zürich und kennt in der Stadt jede Badi. Hier im Strandbad Mythenquai schwimmt sie im Sommer gerne im See.

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Wir danken dem Ruderclub GC für die freundliche Unterstützung, Produktion: Susanne Märki.

GRUEN COVER Kathrin Hönegger ist in Schmerikon SG aufgewachsen. Ihre Kindheit war für sie «ein einziger langer Sommer».

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Wenn sich eine traut, dann Kathrin ­Hönegger. Steht bei der SRF-Wissens­ sendung «Einstein» ein Experiment an, setzt sie sich ihren grössten Ängsten aus. Die 35-jährige Moderatorin hat schon (fast) eine ganze Nacht im Spukschloss verbracht, liess tennisballgrosse Spinnen über ihre Hand krabbeln und testete, wann ihre Schmerzgrenze erreicht ist – alles vor laufender Kamera. Auch eine Sendung zum Thema Schweinefleisch mit Besuch in einem Mastbetrieb schreckte die Vegetarierin nicht ab. GRUEN: Kathrin Hönegger, warum tun Sie sich das an? Ich weiss einfach gerne Bescheid und bin nicht zimperlich. Spannend wird es für mich dort, wo es auch mal schwierig werden kann. Als Sie eine Nacht im Spukschloss ­verbracht haben, wurde es dann so schwierig, dass Sie es vor lauter Angst nicht mehr aushielten und das Experi­ ment abgebrochen haben. Die ganze Schweiz konnte Ihnen dabei zusehen. Macht Ihnen das nichts aus? Zum Glück sind nicht alle Experimente von uns so heftig. Aber ja, manchmal muss ich mich für eine Sendung über­ winden und es dann auch aus­halten, wenn es ausgestrahlt wird. Natürlich sprechen wir bei «Einstein» alles zusammen ab. Wir sind ein super Team. Aber schlussendlich stehe ich alleine vor der Kamera.

Trotzdem lieben Sie Ihren Job? Ja, es macht mir Mut, wenn ich merke, was ich alles aushalten kann. Durch ­«Einstein» bin ich noch weniger eitel geworden. Bei unseren Drehs habe ich keinen Stylisten, keinen, der mich schminkt. Im Gegenteil, ich halte mir sogar die Nachtsichtkamera ins Gesicht, und jeder weiss, wie schrecklich das ­aussieht (lacht). Aber ich habe mich entschieden, ich bin im Team «Authentisch». Wie stark können Sie bei der Themen­ wahl der Sendungen Einfluss nehmen? Dir Ideen sammeln wir im Team. Klar kommen da auch meine persönlichen Erfahrungen ins Spiel: Ich regte zum ­Beispiel eine Sendung zum Plastik­ verbrauch an, weil mich das persönlich sehr beschäftigt. Warum? Ich habe vor sechs Jahren das Surfen ­entdeckt, und an den schönsten Orten auf der Welt schwimmen neben mir Windeln und PET-Flaschen im Wasser. Es fährt

«Spannend wird es für mich dort, wo es auch mal schwierig werden kann.»

extrem ein, wenn die Zerstörung einen so offensichtlich umgibt. Was tun Sie dagegen? Ich versuche, so nachhaltig wie möglich zu leben. Sind Sie deswegen Vegetarierin? Das kann man so sagen. Obwohl … Ich weiss nicht, ob ich als Dreijährige das Wort nachhaltig überhaupt aus­ sprechen konnte. Das heisst, Sie essen seit dreissig Jahren kein Fleisch mehr? Ja, ich bin wohl nachhaltig stur. Ich bin auf dem Land in Schmerikon am oberen Zürichseeufer aufgewachsen, zwischen Wald und Wasser. Jeden Tag besuchte ich mein Lieblingssäuli beim Bauern und streichelte es. Als ich realisierte, dass die Tiere geschlachtet werden, damit wir sie essen können, habe ich geschworen, mein Leben lang Vegetarierin zu sein. Was haben Ihre Eltern dazu gesagt? Die haben es am Anfang für eine Phase gehalten und versucht, mir Fleisch

Um zur Ruhe zu kommen, prak­tiziert die Radio- und TV-Frau Yoga und meditiert.

Sendung «Einstein» auf SRF www.srf.ch Künstlerische Mitarbeit bei Atelieer www.atelieer.ch Yoga-Retreat www.thepracticebali.com

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GRUEN COVER

«Während der Schwangerschaft habe ich komplett auf Make-up verzichtet – ich fühlte mich so wunderbar wie noch nie.»

Hönegger ist ausgebildete Schauspielerin. Ihre künstlerische Seite lebt sie ­ heute beim Projekt Atelieer aus – einer Werkstatt für Storytelling.

schmackhaft zu machen. Aber ich merkte schnell, dass auch Fischstäbchen einmal richtige Tiere waren, und habe mich lautstark gewehrt. Es ging so weit, dass ich zu Hause und im ganzen Quartier ­Plakate aufhängte, auf denen stand: «Papi ist ein Hasenmörder!» Er schlachtete zusammen mit einem Nachbarn Kaninchen. Damals war es bitterer Ernst, heute lachen wir darüber. Auch Erwachsene, die ihren Abfall am Seeufer einfach liegen gelassen habe, ermahnte ich. Ich war als Kind fast ein Hobby-Aktivist, merke ich gerade. Und heute? Ich würde mich nicht als Aktivistin bezeichnen, habe aber eine konsequente Art zu leben und sage klar meine Meinung, wenn ich danach gefragt werde. Ihr Mann darf aber Fleisch essen? Klar. Ich verurteile niemanden und lasse jeden so leben, wie er will. Auch wenn ich auf Reisen Menschen oder auf Umstände treffe, wo mein Fleischkonsum ein Thema ist, versuche ich, dieser Situation gerecht

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zu werden und mit Respekt zu vermitteln, dass ich mich anders ernähre. Sie sind vor sechs Monaten Mutter geworden. Welche Werte möchten Sie Ihrem Sohn weitergeben? Er soll respektvoll mit sich und der Umwelt umgehen. Ich möchte, dass er selbstbestimmt und tolerant leben kann, und hoffe, dass er eine Zeit erleben wird, in dem Hautfarbe, sexuelle Aus­ richtung und Geschlechtsunterschiede etwa so relevant sind wie eine Bratwurst in meinem Leben: nämlich gar nicht. Und dass er sich im besten Fall für Nachhaltigkeit ein bisschen mehr ­interessiert als für verschwenderischen Konsum. Hat sich Ihr Konsumverhalten ver­ ändert, seit Sie für eine ganze Familie einkaufen? Ich bin noch konsequenter geworden und versuche, Verpackungen zu meiden. Das braucht zwar ein wenig Organisation, fühlt sich für mich aber einfach besser an. Deswegen kaufe ich Gemüse und

Früchte wann immer möglich in kleinen Quartierläden ein. Und ich mag den Groove dort. Man spricht miteinander und trifft auch mal den Käser, der einem alles zu seinem Produkt erzählt. Schauen Sie auf Labels? Frische Lebensmittel gibt es bei mir nur in Bio-Qualität, am liebsten so ­regional wie möglich. Alltägliches wie Putzmittel muss ökologisch abbaubar sein. Grundsätzlich versuche ich auch, nicht noch mehr Dinge zu kaufen. ­Sondern auch mal etwas zu reparieren. Da kann ich viel von meinem Mann, der ursprünglich aus Havanna kommt, ­lernen. Dort ist viel mehr Erfindertum gefragt als hier in der Schweiz. Was zeigt er Ihnen? Wie man Dinge, die wir entsorgen ­würden, wieder in Schuss bringt. Er kann alles flicken, sogar meine Schuhe. Ich finde das mega toll. Auch weil ich ­all­gemein versuche, meinen Besitz zu ­reduzieren. Mir ist momentan alles zu viel, und ich miste nach dem Prinzip

Secondhandladen The New New www.thenewnew.ch Hier kauft Kathrin Hönegger Naturkosmetik wie die Marken RMS Beauty, Und Gretel

von Marie Kondo aus. Kleider zum ­Beispiel tausche ich am liebsten mit Freundinnen und meinen zwei Schwestern oder bringe sie in einen Second­ handshop. Wenn ich etwas Neues poste, dann von nachhaltigen Labels. Wie sieht es bei Kosmetik aus? Seit mein Sohn auf der Welt ist, habe ich ganz auf Naturprodukte umgestellt. Ich möchte die Chemie so weit wie ­möglich von meinem Körper ver­bannen. Während der Schwangerschaft habe ich komplett auf Make-up verzichtet – ich fühlte mich so wunderbar wie noch nie. In dieser Zeit entdeckte ich auch Naturdeos. Während der Testphase nicht immer zur Freude meines Mannes, weil es etwas dauerte, bis ich das richtige ­Produkt gefunden habe (lacht). Um mich zu waschen, nehme ich Hartseife, die braucht keine Verpackung. Ich bin noch lange nicht dort, wo ich sein könnte, ­versuche aber, Schritt für Schritt so zu leben, dass ich die Umwelt möglichst wenig belaste.

oder den Deo von Agent Nateur ein www.prettyandpure.ch Quartierläden im Zürcher Kreis 3 www.bachsermaert.ch www.chornlade.ch

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GRUEN COVER

Kathrin Hönegger liebt Havanna, die Heimat ihres Mannes. «Die Menschen sind dort extrem herzlich.»

Für Ihren Job sind Sie viel unterwegs, oft unter Zeitdruck. Wie entspannen Sie sich? Vor ein paar Jahren brauchte ich einen Tapetenwechsel und habe auf Bali eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin gemacht – voll der Klassiker. Ich bin zwar gar nicht der Lehrertyp, habe während dieser Zeit dafür etwas vom Tollsten überhaupt in meinem Leben entdeckt: die Meditation. Diese Technik ist für mich eine richtige Tankstelle. Sie punkten damit sogar bei Ihrer Arbeit. Sie sprechen von der «Einstein»-Sendung zum Thema Stress. Ja, da wurde während eines Experiments wissenschaftlich bewiesen, dass ich rein durch Meditation die Ausschüttung des Stresshormons senken konnte. Verraten Sie uns, woran Sie bei diesem Experiment gedacht haben? Ich habe nicht gedacht, sondern geatmet und etwas visualisiert. Bei mir funk­ tioniert das gut, wenn ich mir vorstelle, dass ich im Meer schwimme oder surfe. Wasser ist mein Element. Ich liebe seine Bewegung, den Flow. Mir ist wichtig, dass ich im Fluss bin: bei der Arbeit, in der Liebe, im Umgang mit anderen Leuten. Fühlt sich etwas nicht gut an und stockt es, muss ich das Problem lösen. Danach habe ich wieder Energie für anderes.

DER GRUEN-FOOTPRINT

Wie grün bewegt sich Kathrin Hönegger in der digitalen Welt?

1 Benutzte Geräte 3 2 Stand der Technik 0 3 Stromherkunft

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4 Secondhandgeräte 1 5 Private Bildschirmzeit 2 6 Flugreisen für die Arbeit 9 7 Tägliche Einkäufe 0 8 Shopping

1

Total Punkte

21

21 Punkte = Ein Topresultat für die «Einstein»-Moderatorin. ­Kathrin Hönegger besass bis vor Kurzen nicht mal einen TV. Beruflich kann sie auf die neusten digitalen Helfer nicht verzichten, macht privat dafür alles richtig. Styling: Seite 12 und 13: Jumpsuit von Kowtow bei Kari Kari, Ohrringe und Armreif von The Boyscouts, bei Making Things, Schuhe privat. Seite 14: Trenchcoat von Armedangels, bei rrrevolve, T-Shirt von Globus Studio. Seite 15: Lange Bluse von Hope, bei Making Things, Hose von Seductive, bei Globus, Armreif von The Boyscouts, bei Making Things. Seite 16: Jumpsuit von Armedangels, bei rrrevolve, Armreif von The Boyscouts, bei Making Things, Tasche von Essentiel Antwerp. Seite 17: Kleid von Smarteez, bei Globus, Sonnenbrille von Monokel Eyewear, bei Making Things. Seite 18 und 19: Jupe von Globus Essentials, Top von Armedangels, bei rrrevolve.

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Ausmisten nach Marie Kondo www.konmari.com Nachhaltige Putzmittel www.sonett.eu www.ecover.com Shop für fair produzierte

Der GRUEN-Footprint wurde vom WWF Schweiz für SI GRUEN entwickelt. Der Test soll für den Alltag sensibilisieren und Spass bereiten. Berechnen Sie Ihren eigenen Footprint auf den Seiten 10 und 11.

Kindersachen www.yolyo-store.ch Liebster Onlineshop www.rrrevolve.ch Teatro artístico Lausa in Havanna www.facebook.com/lausaclub

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GRUEN GARTEN

1 1 + 2 Hollywood-Schauspielerin Julianne Moore hat sich mithilfe eines ­Innenarchitekten mitten in New York ein Stück Natur geschaffen. «Bevor wir den Garten umgestalteten, war er eine Katastrophe», sagt sie.

Fotos: Christopher Baker (2)

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KRAFTORTE

Gärtnern wie die Stars 20

Hinterhof, englischer Park oder Gemüsegarten: Julianne Moore und Co. öffnen die Türen zu ihren grünen Oasen. 21


GRUEN GARTEN Diese Bücher liefern Inspiration FÜR FANS Neben Jeremy Irons zeigen weitere Schauspieler, Künstler, Musiker und Autoren ihre privaten, meist sehr statt­ lichen Gärten und Park­ anlagen. Der Bildband «Grüne Oasen» zum Schmökern, Träumen – und etwas neidisch werden. Gerstenberg Verlag FÜR URBANE In der City wächst was! «Rein ins Grüne, raus in die Stadt» porträtiert Menschen, die in Städten Gartenprojekte lanciert haben, darunter Urban Agriculture Basel. Ein inspirierender und detaillierter Führer, um solche Orte selbst zu entdecken. Callwey Verlag FÜR BODENSTÄNDIGE Das Buch «Flachs Sugo Tandem» gibt Einblicke in Schweizer Schrebergärten und zeigt, dass dieser heile Flecken Erde nicht mehr als bünzlig gilt, sondern ein Erho­ lungsort für Menschen aus aller Welt ist. Tolle Fotos, schöne und überraschende Geschichten. Ab Mitte Mai erhältlich. Edition Clandestin FÜR KINDER Was ist Sinn und Zweck eines Kompost­ haufens? Wie trockne ich Kräuter? Welche Insekten leben im Garten? Diese und viele andere Fragen beantwortet das neue Buch «Kinder ­Garten» mit leichten Texten und hand­ gezeichneten Illustrationen. AT Verlag

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«In der hektischen Welt, in der wir leben, bildet der eigene Garten einen friedvollen Ruhepol.» Schauspieler Jeremy Irons 2

Text: Silvana Degonda Es war Liebe auf den ersten Blick. Bei einem Fotoshooting in einer New Yorker Wohnung hatte Hollywood-Star Julianne Moore, 58, nur Augen für den Garten. «Ich habe mich sofort in die Terrasse des Apartments verliebt. Und musste unbedingt wissen, wer sie gestaltet hat», erzählte die Schauspielerin («Hannibal», «Still Alice») dem amerikanischen Magazin «Architectural Digest». So kam Innenarchitekt Brian Sawyer in ihr Leben. Zusammen mit ihm gestaltete sie ihren Hin­ terhof im New Yorker Greenwich Village komplett neu. «Mein Garten war bis dahin einfach nur eine Katastrophe.» Sawyer suchte für die Schauspielerin pflegeleichte Arten und pflanzte sie im Mauerwerk des Gartens. «Ich wusste, Efeu ist genau das Richtige für Julianne Moore!», sagt Sawyer. Mit viel Boston-Efeu, Englischem Efeu, Hirschhornfarn und Buchsbaum schuf er für sie eine Oase mitten im Big Apple. «Anfangs dachte ich noch, dass ich mit dem ganzen Grünzeugs überfordert sein werde. Aber zum Glück leben ja zwei sportliche Männer im Haus», sagt Julianne Moore und meint damit Gatte Bart Freundlich und ihren 21-jährigen Sohn Caleb.

Definitiv einen grüneren Daumen hat ihr britischer Kollege, der Oscar-Preisträger Jeremy Irons, 70 («Die Affäre der Sunny von B.»). Der jobbte nämlich früher als Gärtner. Heute ist er wortwörtlich zu seinen Wurzeln zurückgekehrt. Sein Haus in Wat­lington, im mittleren Süden Englands, und der dazugehörende Garten sind typisch ­bri­tisch: Kletterrosen ranken über Mauern, es gibt ein Meer aus Waldhortensien und Rabatten voller blühenden Riesen-Glockenblumen. Zusammen mit seiner Frau, der Schauspielerin Sinéad Cusack, 71, ist er Gastgeber der örtlichen Blumenschau und verleiht auf seinem Anwesen Preise für das beste Gartengemüse. Dabei lässt er sich gern inspirieren: «Es interessiert mich zu sehen, wie andere Leute gärtnern. Was pflan­zen sie an? Und was könnte auch in meinem eigenen Garten gut aussehen?», verrät er im Bildband «Grüne Oasen» (siehe Büchertipps). Einen Preis für sein Gemüse würde auch der britische Gastrounternehmer, Koch­ buch­autor und Fernsehkoch Hugh Fearnley-Whittingstall, 54, bekommen. In seinem River Cottage in Axminster steht alles ­unter dem Motto Nachhaltigkeit. Er selbst wohnt mit seiner Familie auf einem nahe gelegenen kleinen Bauernhof, die Liebe zur Natur scheint er von seiner Mutter,

Fotos: Jamie Presland / «Grüne Oasen» / Gerstenberg Verlag 2018 (1), Hugo Rittson Thomas / «Grüne Oasen» / Gerstenberg Verlag 2018, Getty Images (1)

SELBER GÄRTNERN

«Architectural Digest» mit Julianne Moore www.architecturaldigest.com Das River Cottage von Hugh Fearnley-Whittingstall www.

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e­ iner Gartenarchitektin, geerbt zu haben. Auf den 36 Hektaren des River Cottage leben Schafe, Rinder und Hühner. Dazu gibt es einen Obstgarten mit Mostobst und Steinfrüchten sowie einem Bienenhaus.­ In vier grossen Beeten wachsen Hülsenfrüchte, Kohl, verschiedene Zwiebelsorten und Nutzpflanzen wie Kartoffeln oder

Wurzelgemüse. Auf dem Hof gibt es ein Restaurant und eine Kochschule. Die Besucher können die Gerichte probieren und die Zubereitung lernen. Hugh und sein Team betreiben den Bauernhof nach Grundsätzen der biologischen-organischen Landwirtschaft. «Schädling Nummer eins sind hier nur die Köche», witzelt er.

1 + 2 Der Garten des britischen Schauspielers J­ eremy Irons in England, Teich mit einer prächtigen Calla inklusive. 3 + 4 Auf dem Hof von Fernsehkoch Hugh FearnleyWhittingstall findet sich alles fürs perfekte Dinner.

rivercottage.net Die Verlage der Bücher www.gerstenberg-verlag.de www.callwey.de www.edition-clandestin.ch www.at-verlag.ch

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GRUEN INTERVIEW

ERLAND BRÜGGER

Die Flaschen der Nation

Am Hauptsitz in Rothrist AG: ­Neben der Pro­­duk­ tion s­ tapelt sich das Leergut aus der Gastro­no­mie in Harassen.

Rivella wird jünger – mit einem Getränk aus fermentierten Limetten. Auch die aktuelle Plastikdebatte beschäftigt die Firma. Chef Erland Brügger sagt, wie.

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Interview: Barbara Halter / Fotos: Roland Tännler

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GRUEN INTERVIEW

Rothrist nehmen viele meist nur durch die Windschutzscheibe wahr. Ein paar Sekunden … und tschüss. Auch der Schnellzug düst vorbei. Macht man halt, ist der Ort gar nicht so unfreundlich. Von der Terrasse des Rivella-Hauptgebäudes sieht man die Aare, grüne Felder und einen bewaldeten Hügel, den Aarburger Hausberg Born. Die Sportlichen der Firma rennen dort das «Tuusigerstägli» hoch zum Aussichtspunkt. Der Chef selbst fährt gern mit dem Bike auf den Born. Für das Interview treffen wir Rivella-CEO Erland Brügger in einem Sitzungszimmer. Sein jetziges Büro, wurde uns im Vorfeld gesagt, sei zu klein. Er sei im letzten Jahr umgezogen und hätte Platz gemacht für ein Start-up. GRUEN: Herr Brügger, was läuft in Ihrem alten Büro? Dort arbeiten crazy junge ­Menschen, die sich um die Bedürfnisse der Generation

ROT, BLAU UND GRÜN 1952 wurde Rivella von Robert Barth in Stäfa ZH gegründet. Das Unternehmen ist immer noch in Besitz der Familie Barth. Neunzig Prozent des Umsatzes macht die Rivella Gruppe, zu der Michel Fruchtsäfte gehört, in der Schweiz. Am Hauptsitz in Rothrist AG befindet sich auch die Produktion. Dieses Jahr feiert Rivella Blau seinen 60. Geburtstag. Es ist eines der ersten Light-Getränke überhaupt. Coco-Cola light kam erst 23 Jahre später. Erland Brügger, 52, ist seit Mai 2011 Chef der Gruppe. Der gebürtige Solothurner ist verheiratet und lebt in Muri bei Bern. Seine drei Kinder studieren ­Wirtschaft – wie einst der Vater.

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«In dem Moment, in dem ich eine Flasche ausgetrunken habe, ist sie Abfall – und dieser sollte möglichst klein sein.» von morgen kümmern. Sie wollen herausfinden, was diese in Zukunft trinken werden. Das erste Resultat dieses Start-ups ist das Apérogetränk Urs. Es ist sozusagen der Hipster in der konservativen Rivella-Familie. Wie gut wird Urs verkauft? Wie geht es dem Hipster in der Familie … Das haben Sie jetzt schön beschrieben (lacht). Wir haben mit dem Wissen losgelegt, dass draussen niemand auf ein neues Getränk wartet. Urs ist ein zartes Pflänzchen. Der Umsatz ist im Rahmen unserer Erwartungen. Mit ihm alleine würden wir nicht überleben. Wir sind froh, haben wir noch Rivella. Urs wird aus fermentierten Limetten hergestellt, ein Trend aus der Food-Szene. Biedern Sie sich den Foodies an? Klar nehmen wir Trends auf, aber wir haben es nicht auf die Hipster-Szene abgesehen. Wir zielen auf die breite, tra­ ditionelle Masse. Sobald die Menge steigt, füllen wir Urs auch bei uns ab. Noch wird er extern produziert. Sie wechselten 2011 von Wander zu Rivella mit dem Auftrag, das Wachstum anzukurbeln. Sind Sie der Richtige, um frischen Wind in die Firma zu bringen? Ich bin ja nicht alleine. Und Trendscouts gibt es viele, da braucht es mich nicht. Als Chef muss man die Grösse haben, sich seiner Rolle bewusst zu sein. Ein Beispiel: Als mir die Entwickler von Urs die Liste

der Berner Lokale zeigten, in denen sie das Getränk verkaufen wollten, kannte ich keines. Dann zeigte ich die Liste meinen Kindern: Sie kannten alle. Wer trinkt heute Rivella? Es ist ein klassisches Getränk, das über die Generationen wächst. Die Kinder quengeln, sie wollen weder Mineral, noch selbst gemachten Tee. Da sind die Eltern doch happy, wenn sie kein Energydrink und kein Cola ausschenken müssen, sondern ein Rivella. Allerdings enthalten fünf Deziliter Rivella Rot über elf Würfelzucker. Geht das nicht anders? Doch, das können Sie sogar selber machen – indem Sie Rivella Rot mit Wasser verdünnen. Wir haben mit Rivella Refresh eine leichte Variante mit weniger Zucker lanciert. Viele Kunden wollen aber den Geschmack von Rivella Rot. Bezüglich Zucker haben wir eine liberale Haltung. Auf der Etikette erfährt jeder, was drin ist. Handeln Sie da nicht gegen das Bedürfnis nach gesunder Ernährung? Nein, denn wir bieten auch das Rivella Blau an. Man muss sich fragen, ob der Gesundheitsboom wirklich dem Konsumentenverhalten entspricht – oder nicht einfach ein medialer Boom ist. Nehmen wir das Beispiel Joghurt: Sparen die Hersteller zu viel Zucker und Fett ein, wird es einfach nicht mehr gekauft.

Erland Brügger kam 2011 als Chef zur Rivella Gruppe. Davor war der Berner bei Wander und für Klassiker wie Ovomaltine oder Caotina zuständig.

Ihr Vorgänger lancierte das vegane Rivella Gelb mit Sojastatt Milchserum. Es war ein Flop. Sie haben es 2012 beerdigt. Jetzt wäre die Idee doch goldrichtig, oder? Ja. Das ärgert Sie. Klar. Sie haben absolut recht, vegane Ernährung ist heute viel relevanter. Ich fand es eine super Variante. Der Punkt war wohl, dass zu Beginn das Sojaserum zu hoch dosiert war. In einer zweiten Version fand ich den Geschmack viel besser – aber die Konsumenten hatten ihre Meinung gemacht. Ein Schweizerkreuz findet man auf der Rivella-Flasche nirgends. Wieso? Das stimmt nicht. Ganz klein, hier. (Er zeigt auf die Rückseite einer Flasche.) Das sieht man ja fast nicht! Das hat Frau Sommaruga auch gesagt. Ich habe entgegnet, dass die rot-weisse Etikette eine moderne Interpretation des Schweizerkreuzes ist. Zurzeit wird viel über Plastik diskutiert. Entwickeln Sie Alternativen zu PET? Historisch gesehen sind wir eine Firma, die alles in Glas abfüllte. Der Umstieg zur ­Plastikflasche führte fast zum Untergang von Rivella, weil er 1995 sehr spät erfolgte. Heute diskutieren wir, wie man PET ökologisch gestaltet. Wie geht das? Indem man eine möglichst leichte Flasche produziert. Die Verpackung muss stabil in der Hand liegen, aber in dem

Das Unternehmen www.rivella.ch Das Start-up hinter Urs www.cin-cin.ch Gehört zur Rivella Gruppe www.michel.swiss/de/

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GRUEN INTERVIEW

Sportlich: Erland Brügger kommt manchmal mit dem Rad zur Arbeit. Von seinem Wohnort Muri bei Bern sind das zwei Stunden.

«Wir haben zu Hause zwei Vegetarier. Da ich am Wochenende koche, färbt sich das auch auf den Vater ab.» Moment, in dem ich eine Flasche ausgetrunken habe, ist sie Abfall – und dieser soll möglichst klein sein. Da konnten wir signifikant reduzieren. Die 1,5-Liter-Flasche wiegt heute weniger als die Hälfte von einst. Hinzu kommt das Recycling: Wir waren in den 90er-Jahren Gründungsmitglied bei PETRecycling Schweiz. Unsere Flaschen enthalten heute dreissig Prozent Recycling-PET. Sie bleiben also beim PET? Im Moment haben wir leider bloss die Wahl zwischen Glas, PET oder Alu. Untersuchungen haben gezeigt, dass Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen nicht unbedingt nachhaltiger sind. Wir tun gut daran, neue Techno­logien zu

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nutzen und das Recycling zu verbessern. Innovativ wären RivellaTankstellen zum Beispiel an Bahnhöfen, wo man seine Flasche auffüllen könnte. Die Frage ist, wer so was betreibt. Wir stellen Getränke her, um den Verkauf kümmert sich jemand anders. Eine solche Idee bedingt zudem, dass jeder einen Behälter dabeihat. Bei jungen Leuten ist eine Flasche in der Tasche üblich. Das stimmt. Und es ist wichtig, dass wir uns der Themen dieser Generation annehmen, wenn wir morgen noch im Markt sein wollen. Meine drei Kinder, die zwischen 20 und 26 sind, gehen anders durch die Welt als meine Generation.

Wieso gibt es eigentlich noch kein Bio-Rivella? Das ist eine gute Frage. Wir könnten ein biologisches Rivella machen, müssten es aber unter dem Bio-Label von Coop beziehungsweise Migros verkaufen. Das wollen wir nicht. Wenn wir ein neues Produkt entwickeln, dann wollen wir dieses dem ganzen Handel anbieten können. Wie ökologisch ist Ihre ­Produktion punkto Energie­ verbrauch? Wo wir energetisch viel Aufwand haben, etwa beim Pasteurisieren, decken wir einen Teil des Temperaturbedarfs durch Wärmerückgewinnung. Und wir prüfen die Montage von Sonnenkollektoren auf unserem Produktionsdach. Sie sollen manchmal mit dem Velo zur Arbeit kommen. Immer noch? Ja. Im Juni nehmen wir wieder bei der Aktion Bike to work

teil. Dann möchte ich 25 Prozent meiner Fahrten – ein Weg dauert rund zwei Stunden – mit dem Velo machen. Mehr geht nicht, ich muss auch noch Energie für die Arbeit haben. In Ihrer Kantine ist heute Vegi-Tag. Aus UmweltschutzGründen? Die Betreiberin unseres Per­ sonalrestaurants hat dieses Konzept eingeführt, und ich finde es gut. Der Montag ist auch nicht komplett fleischlos. Wir sind eine traditionelle Firma, einige Mitarbeiter ­würden es nicht verstehen, wenn es gar kein Fleisch gäbe. Ich selbst bin auch kein Vegetarier. Wir haben aber zu Hause unter unseren Kindern zwei Vegetarier. Da ich am Wochenende koche, färbt sich das auch auf den Vater ab. Es scheint, als würden heute Kinder ihre Eltern ökologisch umerziehen. Beim vegetarischen Essen ist das bei uns so. Wenns aber darum geht, wann Erdbeeren oder Spargeln Saison haben, lernen meine Kinder von mir. Ich weiss noch, wie ein Gemüsegarten aussieht, das habe ich von meinen Eltern gelernt.

DER GRUEN-FOOTPRINT Wie grün bewegt sich Erland Brügger in der digitalen Welt?

1 Benutzte Geräte 3 2 Stand der Technik 2 3 Stromherkunft

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4 Secondhandgeräte 2 5 Private Bildschirmzeit 2 6 Flugreisen für die Arbeit 46 7 Tägliche Einkäufe 6 8 Shopping

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Total Punkte

67

67 Punkte = Nicht schlecht! Frage sechs vermiest Erland ­Brügger etwas das Resultat. Darum: in Zukunft noch mehr im Büro skypen statt für Besprechungen ins ­Ausland fliegen. Der GRUEN-Footprint wurde vom WWF Schweiz für SI GRUEN entwickelt. Der Test soll für den Alltag sensibilisieren und Spass bereiten. Berechnen Sie Ihren eigenen Footprint auf den Seiten 10 und 11.

PET-Recycling Schweiz www.petrecycling.ch Aktion Bike to work www.biketowork.ch Die Rivella-Kantine www.sv-group.ch


‹ START-UP ›

Mit «SNUKR» die Welt neu entdecken Teilen ist in: Mit der App «SNUKR» kann die Community Ausflüge in Stadt und Land mit Spezialtipps versehen und so andere motivieren oder selber inspiriert werden.

Seine Lieblingswanderung teilen, die schicksten Bars mit ihren Spezialdrinks öffentlich machen oder den bevorzugten Joggingpfad im Wald verraten – und das weltweit. Das alles geht mit der App «SNUKR». «Wir wollen allen die Möglichkeit bieten, ihre liebsten Routen oder Geheimtipps mit anderen zu teilen», erklärt die Erfin­derin der App, Chloé Saas. Sie ist CEO der Digital­agentur Kinitic in Delémont JU. Es braucht nur ein Log-in, dann kann man loslegen. Neben der genauen Route sind auch persönliche Tipps und Fotos möglich: Hier gibts den besten Apfelkuchen, da die schönste Aussicht auf die Stadt, dort ist der Bach gut zugänglich, um die Füsse zu kühlen. «Es ist doch schön, wenn man seine Begeisterung mit anderen teilen kann.»

Foto: Monika Flückiger

Ideen für Ausflüge werden über «SNUKR» zu personalisierten Geheimtipps Aber nicht nur eine Route eingeben macht Spass, sondern auch, sich von den Vorschlägen der Community inspirieren zu ­lassen. «So entdeckt man neue Orte oder Erlebnisse», sagt Saas. Auch die Erlebniswelt Mont-Soleil macht bei «SNUKR» mit. Moussia de Watteville hat den Energie­ parcours Sentier des Monts eingegeben. Auf 7,9 Kilometern verbindet der Weg das Sonnenkraftwerk und das Windkraftwerk Mont-Soleil mit dem Mont-Crosin und ­bietet einen atemberaubenden Panoramablick auf die Alpen und den Jura. Er verläuft durch die typischen Weiden der Region

und lädt zur Entdeckung der dortigen Fauna und Flora ein. Aber nicht nur das: «An verschiedenen Standorten gibt es Informationen zu erneuerbaren Energien. Diese Punkte konnte ich detailliert ein­ geben. Zudem besteht die Möglichkeit, Zusatzinformationen einzufügen, die dann auf der Wanderung per App abgerufen werden können», erklärt Moussia de ­Watteville. Beispielsweise wird erklärt, wie Kinder mit zwei Stöckchen die Höhe einer Windturbine messen können. Oder man kann raten, wie weit die Sonne von der Erde entfernt ist, und danach im hinter­legten Dokument alle Informationen nachschlagen. «Damit können wir Leute ansprechen, die wir sonst vielleicht nicht erreichen. Auch können sich die Besucherinnen und Besucher besser vorbereiten», begründet Michel Hausmann, Geschäftsführer der Société Mont-Soleil, die Präsenz auf «SNUKR». Die App wird am 11. und 12. Mai an den Tagen der offenen Tür im Besucherzentrum der BKW auf dem Mont-Soleil vorgestellt.

STARTUP@BKW Mit ihrer Start-up-Initiative «Level-up» setzt die BKW auf die Zusammenarbeit mit innovativen und umsetzungsstarken Start-ups, um Energielösungen für morgen zu entwickeln. www.bkw.ch/startup

Chloé Saas von Kinitic will mit der App «SNUKR» die Community zum Teilen von Wanderungen, Ausflügen und Geheimtipps ermuntern.

«Entdecken von Lieblings­ orten weit ab von dem, was man in offiziellen ­Führern ­findet.» Chloé Saas

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GRUEN EMISSIONSFREI

SENTMATT

Die Sonne gleich doppelt nutzen und emissionsfrei wohnen: Dieses Konzept wurde in der Überbauung Sentmatt in Obfelden ZH realisiert.

Text: Monique Ryser Fotos: Nelly Rodriguez

André Hug (r.) bespricht mit Hauswart Christoph Kunde­graber die Funktion des ­Kubischen Speichers für das Warm­wasser. Die Über­bauung Sentmatt in Obfelden ZH ist emissionsfrei.

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Sonne – gespeichert

Überbauung Sentmatt www.sentmatt.ch Bauherrin Halter AG www.halter.ch Gebäudetechnik balzer-ingenieure.ch www.pfiffner.ch

Gemeinde Obfelden www.obfelden.ch Energiestrategie 2050 www.bfe.admin.ch

Drei Neubauten mit 119 Woh­ nun­gen und weitere 22 Wohnun­ gen in einem renovierten Altbau bilden die Siedlung Sentmatt. Von aussen unterscheidet die Gebäude nichts von anderen Über­bau­ungen: verputzte Aus­ sen­wän­de, Balkone, Zweiein­ halb- bis Fünfeinhalb-ZimmerWohnungen mit Sicht ins Grüne, Solaranlage auf dem Flachdach. Doch die 2017 bezogenen Gebäude in Obfelden haben ­ ­einen entscheidenden Vorteil: Wer hier lebt, wohnt emis­sions­ frei. «Wir wollten zukunfts­ gerichtet bauen, nicht einfach einem Label genügen, sondern eine Lösung finden, die für die Bewohnerinnen und Bewohner angenehm und für die Umwelt schonend ist», erklärt Roger Ricklin, Vertreter der Bauherrin Halter AG in Zürich. Das Prinzip dahinter heisst: energieeffiziente Gebäude, Son­ nenkollektoren, die nicht nur Strom, sondern auch Wärme ­liefern, und Erdsonden, die so­ wohl Wärme, aber im Sommer auch Kühle ins Haus bringen. «Die Verbindung verschiedener bestehender Syste­ me erlaubt uns, die Siedlung emissionsfrei zu betreiben», freut sich Ricklin. Für die Planung der Anlagen ­zuständig war André Hug, Mit­ glied der Geschäftsleitung

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GRUEN EMISSIONSFREI

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«Wir haben nichts Neues erfunden, sondern aus bereits bekannten Möglichkeiten das Maximum herausgeholt.»

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1 + 2 Drei Neubauten und ein bestehender Bau bilden die Überbauung Sentmatt mit insgesamt 141 Wohnungen.

der Balzer Ingenieure in Chur, eines Unternehmens von BKW En­gi­neering. «Wir haben nichts Neues erfunden, sondern aus bereits bekannten Möglichkei­ ­ ten das Maximum rausgeholt und vor ­allem die verschiedenen Systeme miteinander in Ein­ klang ­ gebracht.» Hug betont, dass dies in enger Zusammen­ arbeit mit der Firma Pfiffner AG geschah. Klar, es gebe ab und an noch Kinderkrankheiten, aber «aus Angst, dass etwas nach­ jus­ tiert werden muss, auf Öl oder Gas zu setzen, ist nun mal nicht zukunftstauglich».

Hybridkollektoren ­erzeugen Strom und ­erwärmen das Wasser Auf dem Dach erklärt Hug, dass nicht nur unverglaste Solar­ kollektoren zur Gewinnung von thermischer Energie, sondern auch Hybridkollektoren instal­ liert sind: Diese produzieren wie Fotovoltaikanlagen elektrischen Strom, lassen unter dem Panel aber Wasser in Röhrchen durch­ laufen, das durch die Sonnen­ einstrahlung erwärmt wird und für die Wärmeerzeugung ge­ nutzt werden kann. Der Strom der Kollektoren alimentiert nicht nur den täglichen Strom­ bedarf der Bewohnerinnen und

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Bewohner, sondern auch die Wärmepumpen, die ihrerseits mit Erdsonden verbunden sind. 27 u-förmige Sonden bilden in einer Tiefe von 280 Metern ein ganzes Feld, das dem Boden Wärme entzieht und sie zur Wärmepumpe leitet. Gleich ­ zwei von diesen Wärmepumpen stehen in der Sentmatt, beide mit natürlichen, umweltschonenden Kältemitteln: Die eine heizt das Warmwasser auf 60 Grad auf (CO2-Anlage), die andere ist für die Heizung ­zuständig (Ammo­ niak-Anlage). Rund 30 Grad sind nötig, damit die in den Be­ tondecken ­verlegten Heizschlan­ gen die Wohnungen im Winter auf eine Raumtemperatur von 22 bis 23 Grad erwärmen. «Nach SIA-Normen wäre eine Raum­ temperatur von 21 Grad er­ laubt», so André Hug. Aus Kom­ fortgründen wurde aber auch in der Sentmatt eine höhere Raum­tempe­ratur gewählt, was aber mit der guten Energieeffi­ zienz mit geringem Energie­ aufwand erreicht werden kann. Mit der Klimaerwärmung und den steigenden Hitzetagen im Som­ mer werde die Kühlung aber immer wichtiger, ist Hug überzeugt. Im letztjährigen Hit­ ze­sommer hat sich das System der Sentmatt auch dafür bewährt. «Unser System beruht auf

einem Kreislauf: Im Winter ist das Erdreich wärmer als die Umgebungs­temperatur, im Sommer ist es genau umgekehrt: Indem wir den Kreislauf im Sommer umgekehrt laufen lassen, kön­ nen wir die Wohnungen ‹entwär­ men›. Auch an den grössten ­Hitzetagen stieg die Temperatur so nicht über 26 Grad.»

Der Sommer wird ­genutzt, dem Erdreich Wärme zurückzugeben Die Erdsonden werden auch ­sogenannt regeneriert: Wenn dem Boden permanent und über Jahrzehnte Wärme entzogen wird, führt dies unweigerlich zu einer Auskühlung des Erd­ reiches. Zudem werden in der Schweiz immer mehr Erdsonden verlegt, und mehrere Felder kommen nebeneinander zu lie­ gen. «So benutzen wir die im Sommer im Übermass anfal­ lende Sonnenenergie primär da­ für, die abgezogene Wärme wie­ der ins Erdreich zu leiten, damit dort die Temperatur konstant bleibt», erklärt André Hug. Der Boden ist also auch Speicher. Der Rest der überschüssigen Sonnenenergie wird in Form von Strom ans Netz abgegeben, im Winter wird dann Strom vom Netz bezogen. Die Überbau-

3 Rund die Hälfte des Flachdachs ist mit unver­ glasten Solar- und mit Hybrid­kollektoren belegt. Die ­Solaranlage erzeugt übers Jahr genügend Strom für die Überbauung. 4–6 Kreislauf: Ein Auf und ­ Ab von Leitungen verbin­det ­Erdsonden, das vorgewärmte Wasser der Hybridkollektoren, Wärmepumpen Thermoaktive Bauteilsysteme (Tabs) zum Heizen des ­Gebäudes und die Wasser­anschlüsse in den Wohnungen. 7 André Hug von Balzer ­Ingenieure.

ung ist nicht autark, kann also nicht vollständig netzunab­hän­ gig sein, aber sie verbraucht nicht mehr Energie, als sie sel­ ber produziert. Balzer ist auch Mitglied der ­Allianz 2SOL. Diese bezweckt, die lokal auf ein Gebäude ein­ wirkenden erneuerbaren Ener­ gien wie Sonne, aber beispiels­ weise auch Wind, auszunutzen und saisonal zu speichern. Der nicht gewinnorientierte Verein besteht aus Mitgliedern ver­ schiedener Fachbereiche, die gemeinsam das nachhaltige Ge­ bäudeenergiesystem 2SOL ent­ wickelt haben. Die Sentmatt ist ein Vorzeigebeispiel dafür. «Wichtig ist der Allianz 2SOL, dass energieeffiziente Systeme auch bei Altbauten realisiert werden können», erklärt Marion

Sonnenenergie www.solaragentur.ch Thermoaktive Bauteilsysteme zum Heizen de.wikipedia.org/wiki/Thermische_Bauteilaktivierung

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WIE FUNKTIONIERT EIGENTLICH … … eine Erdsonde? Wenn ein Haus mit einer Erdwärme­ sonde geheizt wird, entzieht die Sonde dem Erdboden Wärme. Ab einer bestimmten Tiefe hat das Erdreich eine Grundtemperatur von etwa zehn Grad. Im Gegensatz zur Umgebungsluft ist die Tem­ peratur sehr konstant. Das bedeutet, dass die Wärme­ pumpe auch dann effizient läuft, wenn es am kältesten ist, da sie nicht von der Um­ gebungsluft abhängig ist. … das Regenerieren von Erdsonden? Simulations­ rechnungen zeigen, dass die Bodentemperatur bei dichter Bebauung oder erhöhtem Wärmeentzug nach einigen Jahrzehnten so tief sinken kann, dass eine Erdsonden­ anlage nicht mehr wirtschaft­

lich ist, da die Effizienz r­ espektive der eingesetzte Strom markant steigt. Dieses Problem kann einfach beho­ ben werden, indem man im Sommer, simpel gesagt, dem Erdreich die Wärme zurück­ gibt, die man ihm entzogen hat – beispielsweise durch die im Übermass anfallende Energie aus Sonnenkollek­ toren. Auch die Kühlfunktion trägt zur Regeneration des Bodens bei. Im Sommer wird überschüssige Wärme aus dem Gebäude wieder an den Boden abgeführt. Bei ­solchen Anlagen kann das Erdreich auch als saisonaler Speicher betrachtet werden. … eine Wärmepumpe? Das Prinzip der Wärmepumpe funktioniert wie ein umge­ kehrter Kühlschrank und ist

unabhängig von den ver­ schiedenen Varianten immer gleich: Im Verdampfer be­ findet sich ein flüssiges Kälte­ mittel, welches bereits bei ­relativ niedrigen Tempera­ turen verdampft. Das gas­ förmige Kältemittel wird im Kompressor verdichtet. Dies erhöht den Druck und damit die Temperatur des Kälte­ mittels. Im Kondensator ­(Verflüssiger) gibt es seine Wärme an das Heizsystem für das Gebäude ab und wird wieder flüssig. Das noch unter Druck stehende Kälte­ mittel gelangt durch das ­sogenannte Expansions- oder Entspannungsventil wieder auf das ursprüngliche nied­ rige Druckniveau und dann weiter zum Verdampfer, wo der Prozess neu beginnt.

Allianz 2SOL für emissionsfreies Bauen www.2sol.ch BKW Engineering www.bkw.ch/engineering

Willim, Leiterin Kommunika­ tion. So sei es beispielsweise bei denkmalgeschützten Gebäuden nicht immer möglich oder wirt­ schaftlich, die von verschiede­ nen Labeln geforderte Däm­ mung zu erreichen. «Indem wir die Sonne doppelt nutzen wie in der Sentmatt, erreicht man eine hohe Effizienz und kann klima­ freundlich wohnen.» Zudem: «Uns geht es auch darum, die Wertschöpfung in der Schweiz zu behalten: Statt Millionen von Franken für fossile Energie­ träger auszugeben, die aus dem Ausland importiert werden, ist es doch besser, wenn unser Geld in die Schweizer Wirtschaft fliesst.» Dieser Beitrag entstand in Zusammen­arbeit mit BKW.

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«Mehr erneuerbare Energien heisst mehr Europa» Vergangenes Jahr haben wir unsere ­Produktion aus erneuerbaren Energien um zehn Prozent steigern können. Insbesondere der Ausbau der Windkraft nimmt an Fahrt auf, wozu vor allem neue Windparks in Frankreich und Norwegen beigetragen haben. Unsere internationale Ausrichtung zeigt Wirkung für das Unternehmen und die Umwelt. Auch im Stromhandel sind wir grenzüberschreitend ­unterwegs. Was hat das mit erneuerbarer Energie und dem Verhältnis der Schweiz zur EU zu tun? Viel, denn mit der Ausserbetriebnahme von Kern- und Kohlekraftwerken sowie der Zunahme von Wind- und Solaranlagen hat sich der Strommarkt massiv verändert. Da Sonne und Wind keine beständigen Energie­ lieferanten sind, müssen Schwankungen in der Produktion ausgeglichen werden, unter anderem durch steuerbare und flexible Kraftwerke (zum Beispiel Wasserkraftwerke). Der Preis für deren Leistung wird an internatio­ nalen Börsen ermittelt und durch die Nachfrage bestimmt. Unsere europäischen Nach­ barstaaten betreiben über solche Börsen einen effizienten Stromhandel: Frankreich, Deutschland, Italien und eine Reihe weiterer Länder haben ihre Strommärkte weit­

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gehend zusammengeschlossen, sodass Handel über die Grenze pro­blemlos möglich ist. Diesen Zusammenschluss nennt man Marktkopplung. Die Schweiz ist benachteiligt, da sie nur teilweise am System teilnehmen kann. Zwar ist das Schweizer Stromnetz physikalisch an das euro­ päische Netz angeschlossen, und wenn Strom von Deutschland nach Frankreich oder ­Italien fliesst, so passiert er zuweilen auch unser Land. Weil die Schweiz zunehmend vom europäischen Markt ausgeschlossen ist, können die

Elektrizitätsunternehmen in der Schweiz weniger effizient Handel betreiben als diejenigen in unseren Nachbarstaaten. Schweizer Wasserkraftwerke können dadurch ihre flexible Produktion nicht einfach auf die Preisschwankungen in den ausländischen Märkten ausrichten. Dies mindert den Wert des Schweizer Kraftwerkparks massiv. Zudem machen ungeplante Stromflüsse über das Schweizer Übertragungsnetz immer öfter stabilisierende Eingriffe notwendig – ohne dass diese den Nachbarländern in Rechnung gestellt werden

können. So verteuert sich der Betrieb der Schweizer Stromnetze – bezahlt werden muss das letztlich durch die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten. Der europäische Strommarkt steht vor grossen Umwälzungen. Mit der Energiewende und dem anhaltenden Ausbau erneuerbarer Energien erhält der kurzfristige grenzüberschreitende Stromhandel einen deutlich grösseren Stellenwert. Bisher war die Schweiz in den wichtigsten europäischen Stromgremien vertreten. Mit der europäischen Strommarktintegration könnte die Schweiz aber mit beschränktem Anschluss an den EU-Strommarkt bei Versorgungsengpässen das Nachsehen haben. Um sich voll an den europäischen Markt anzukoppeln, braucht die Schweiz ein Stromabkommen mit der EU. Die Bedingung dafür ist – nebst einer vollständigen Liberali­ sierung des Strommarkts im Inland – das Rahmenabkommen. Mehr erneuerbare Energien heisst also auch mehr Europa.

Suzanne Thoma ist CEO der BKW Gruppe, eines international ­tätigen Energie- und Infrastruktur­ unternehmens mit Sitz in Bern.

BKW Gruppe www.bkw.ch Beziehungen Schweiz–EU www.eda.admin.ch/europa Schweizer Stromnetz www.swissgrid.ch

Foto: zvg

GRUEN KOLUMNE

SUZANNE THOMA


PUBLIREPORTAGE

ENERGIEZUKUNFT

Zu Gast im Berner Jura Besichtigen Sie die Solarund Windkraft­anlagen, und entdecken Sie das Innere einer Wind­ turbine. Der Besucher­ pavillon lockt mit einem interaktiven 4-D-Hologrammtisch zum Thema «Der intel­li­gente Berg oder die Kunst, die Kräfte der Natur zu nutzen». Spielen Sie mit der ganzen Familie ein Spiel zum Der 4-D-Hologrammtisch zum Thema Energie auf dem Mont-Soleil. Thema Energie, und erhalten Sie Antworten Das Besucherzentrum der auf knifflige Fragen. Ultraleichte Drohnen BKW auf dem Mont-Soleil lädt können wie Drachen an einem Seil im Wind am 11. und 12. Mai 2019 zu fliegen und dabei auch noch Strom produzwei Tagen der offenen Tür ein. zieren. Wie das funktioniert? Informieren Energiezukunft in reiner Natur! Sie sich am Stand von ftero. Das Team von ftero forscht nach Alternativen zu konven­ tionellen Windturbinen. An beiden Tagen können Sie zudem viele weitere kostenlose Aktivitäten geniessen: Pferdekutschen- und Trottinettfahrten, Auf dem Mont-Soleil im Berner Jura auf Schminkatelier für die Kleinen, Konzerte, 1250 Metern Höhe steht das grösste Bauernhof-Tiere, kulinarische Spezialitäten Schweizer Forschungs- und Demons­tra­ der Region. tions­zentrum für Fotovoltaik. Das Besucher­ Wir freuen uns auf Ihren Besuch. zentrum öffnet am 11. und 12. Mai 2019 von 10 bis 17 Uhr wieder seine Türen. Der Anlass findet in Zusammenarbeit ­Spazieren Sie entlang des Erlebnispfads mit Espace découverte Energie, Sentier des Monts, und machen Sie halt Berner Jura Tourismus und BKW statt. an den informativen Themenposten. www.bkw.ch/besucher

Marché-Concours – gewinnen Sie Tickets Ein Muss für alle, die Pferde lieben. Eingebettet in die sattgrünen Wiesen des Jura, findet vom 9. bis 11. August 2019 zum 116. Mal der grösste Schweizer Pferdemarkt in Saignelégier statt. Jahr für Jahr locken zahlreiche Attraktionen über 50 000 Besucherinnen und Besucher an den Marché-Concours – ein Sommerfest zum Erleben. Ein absoluter Höhepunkt ist der farben­ frohe folkloristische Umzug am Sonntag. Züchter und Pferdenarren geben sich ein Stelldichein. Ganz klar, wer Pferde liebt, trifft sich im August im Jura zum Volksfest. Es warten tolle Attraktionen auf Sie und Ihre Familie. Auch dieses Jahr sind wir als Hauptsponsorin dabei, bereits zum 18. Mal in Folge. Schauen Sie in der BKW Lounge vorbei. Wir freuen uns auf Ihren Besuch. Gewinnen Sie 1× vier VIP-Tickets für zwei Erwachsene und zwei Kinder mit Tribünensitzplatz und Mittag­ essen am Sonntag, 11. August 2019. www.bkw.ch/si-verlosung

Neues Wasserkraftwerk Berschnerbach

Fotos: zvg

Das Wasser­ kraftwerk ­Berschnerbach in Walenstadt SG.

Besuchen Sie uns am Sams­tag, 25. Mai 2019, von 9 bis 10 Uhr. Seien Sie live dabei, wenn das neue Wasserkraftwerk am Berschnerbach in Walenstadt SG zum ersten Mal seine Türen öffnet, und erfahren Sie mehr über den imposanten Bau. Es erwartet Sie ein attraktives Rahmenprogramm für die ganze Familie.

Spektakuläre Pferderennen: der Marché-Concours in Saignelégier JU.

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GRUEN ENERGIE

1 Auf dem Hof von Peter ­Fischer wird mit Holz­ schnitzeln ein Blockheiz­ kraftwerk und eine Heizung betrieben. 2 Die Schweinezucht ist ein Standbein, daneben betreibt Fischer Ackerbau und pro­ duziert Strom und Wärme. 3 Eschen-Rundholz ergibt im Holzgas-Blockheizkraft­ werk die beste Leistung. Es kommt aus dem nahen Wald. 4 + 5 Das Blockheizkraftwerk kommt auf jährlich 8000 Betriebsstunden, die Leistung ist permanent abrufbar.

UNTERNEHMER

Bauer Fischer erntet Energie Der Landwirt als Energieproduzent. Peter Fischer stellt mit seinem Holzgas-Blockheizkraftwerk Strom und Wärme für sich, aber auch fürs benachbarte Altersheim her. Mit Holz aus den Wäldern der Region. Text: Monique Ryser Fotos: Gabi Vogt Er hätte vom Bauernverband ­einen Orden verdient: Der Land­ wirt Peter Fischer hat seinen Betrieb in Schleitheim SH auf vier Standbeine gestellt: Er ­betreibt Ackerbau, Schweine­ zucht, bietet Lohnarbeit mit dem Mähdrescher an und ist nun auch noch Energieprodu­ zent. «Nach dem Unglück in Fukushima war mir klar, dass sich in der Schweiz etwas ver­ ändern muss. Also habe ich rund einen Viertel der Dächer auf meinem Hof mit Solar­

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panels zur Stromproduktion ge­ deckt», erzählt Fischer den Weg, den er zurückgelegt hat. «Unser ­Betrieb liegt abgelegen, und wir haben nicht allzu viele Mög­ lichkeiten, uns wirtschaftlich weiterzuentwickeln. Also kam die Idee zur umweltfreundli­ chen Energieproduktion.» Mit dem Verkauf des Stroms hatte er einen ersten Baustein gelegt. Doch Fischer war über­ zeugt, dass da noch mehr mög­ lich ist. Ursprünglich wollte er einfach noch mehr Fotovoltaik

«Nach dem Unglück in Fukushima war mir klar, dass sich etwas verändern muss. Also produziere ich Energie aus Holz und Sonne.» 36

Das Altersheim www.altersheim-schleitheim.ch Haustechnik Lutz Bodenmüller www.solarlutz.ch Gemeinde Schleitheim www.schleitheim.ch

installieren. Doch dann kam die Anfrage des nahe gelegenen ­Altersheims: Die Ölheizung war durch eine Überschwemmung kaputt gegangen, «und wir such­ ten eine umweltfreundliche Lö­ sung», sagt Heimleiterin Andrea Kaysser. Nach Diskussionen mit Spezialisten, Berechnungen und Abwägen verschiedener Möglichkeiten entschied sich Peter Fischer für ein HolzgasBlockheizkraftwerk. Einer der Beteiligten, die in das Projekt involviert waren, ist Ro­ man Lutz von der Haus­technikFirma Lutz Boden­mül­ler AG, einem Unternehmen von BKW Building Solutions. Ihm liegt das Projekt speziell am Herzen: «Durch die Of­fen­heit und Zu­ sammenarbeit vieler Menschen konnten wir diese umweltfreund­ liche Lösung finden», freut er sich. Das sei der Weg, den die Schweiz gehen müsse, um die Energiewende zu schaffen, ist er überzeugt. Durchschnittlich produziert Fi­ schers Werk genügend Wärme für Hof und Altersheim. In Spit­ zenzeiten im Winter muss er aber mehr Heizleistung bereit­ stellen – weshalb er eine zu­ sätzliche Holzschnitzelanlage gebaut hat. «Erst die Zusammenarbeit mit dem Alters­heim erlaubt, die Anlage mit rund 8000 Betriebsstunden rentabel zu betreiben», weiss Roman Lutz. «Holzgas-Blockheizkraft­ werke sind nichts Neues, die Technologie gibt es seit Lan­ gem», so Lutz. Bei Fischer wur­ de allerdings ein österreichi­

sches Modell der Firma Glock als Erstes in der Schweiz instal­ liert. Die Investitionskosten bei Bauer Fischer seien gegenüber einer konventionellen Anlage etwa dreimal höher gewesen. Umso wichtiger sei es, dass man eine Lösung gefunden habe, mit der die Anlage ausgelastet wird. Peter Fischer ist dafür besorgt, das Maximum aus der Anlage herauszuholen. Er hat heraus­ gefunden, dass Holzschnitzel aus Eschen-Rundholz die beste Leistung ergibt. «Die Äste wer­ den dann als Schnitzel in der Holzschnitzelheizung verfeu­ ert.» Das Holz kommt aus den umliegenden Wäldern. Fischer: «Kein Weg ist länger als zehn Kilometer.» Dieser Beitrag entstand in Zusammen­arbeit mit BKW.

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LEBENSWERTE ZUKUNFT Lösungen für eine lebenswerte Zukunft: In Kurzspots der BKW werden Lösungen beleuchtet, die aus den fünf Kompetenz­ feldern BKW Building Solutions, BKW Engineering, BKW Infra Services, BKW Energy und BKW Power Grid stammen. Zentral für alle Bereiche ist der Grund­ satz: BKW machts möglich. Den Auftakt macht Peter Fischer. www.bkw.ch/loesungen

Heim AG installierte das Blockheizkraftwerk www.heim-ag.ch BKW Building Solutions www.bkw.ch/buildingsolutions

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GRUEN UNTERNEHMEN

Hoffnungsvoll: Diese bunte Wand steht beim Frauenhaus der Women’s Foundation Nepal in Kathmandu, der Hauptstadt des Landes. 2005 machte Susanne Schmid ein Praktikum bei der Organisation und vertreibt seitdem deren handgewobene Schals.

In einem nepalesischen Filzatelier: Mehrmals im Jahr besucht Susanne Schmid, 42, ihre Produzenten und entwickelt mit ihnen neue Artikel.

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Fotos: Skanda Gautam, Karin Heer

SUSANNE SCHMID

Spürnase fürs Schöne

Die ehemalige ChangemakerGeschäftsführerin vertreibt mit ihrem Label Scout faire Produkte aus der ganzen Welt. Neben Abenteuerlust brauchts dafür viel Geduld.

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GRUEN UNTERNEHMEN

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Text: Barbara Halter

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1 Mithilfe der Farbkarte entwirft Susanne Schmid mit ihren Partnern vor Ort die neue Schal-Kollektion. 2 In der Spinnerei der Women’s Foundation. 3 Diese Manufaktur produziert ­Filzsachen für Scout. Die Technik ist typisch in Nepal. 4 Kinderfinken: Vom Filzen der Wolle bis zum Annähen der Augen wird alles von Hand gemacht. 5 Dank der Women’s Foundation erhalten misshandelte Frauen ein sicheres Zuhause und Arbeit.

Susanne Schmid verlässt sich auf ihr Gefühl, Trends verfolgt sie nicht

«Die Leute sollen nicht aus Mitleid kaufen, sondern weil ihnen ein Produkt gefällt und sie die Qualität überzeugt.»

vieles anders. Die Leute sind zum Beispiel nicht so gut organisiert, und ihre Stärken sind weder Genauigkeit noch Pünktlichkeit.» Susanne Schmid erzählt mit sanfter, angenehmer Stimme. Wütend kann man sie sich schlecht vorstellen. Ihren Lieferanten gegenüber agiert sie geduldig, aber streng. «Das ist manchmal hart für die Pro­du­ zenten, aber längerfristig pro­ fitieren sie davon.» Mit ihren Ansprüchen garantiert sie, dass die Artikel Abnehmer finden. «Die Leute sollen nicht aus Mitleid kaufen, sondern weil ihnen ein Produkt gefällt und sie die Qualität überzeugt.» Viele der Handwerksprodukte für Scout findet Schmid in ­Asien. Zu Nepal verbindet sie eine langjährige Beziehung. 2005 reist sie zum ersten Mal nach Kathmandu, nachdem sie den Zuschlag für ein von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) finan-

2009 erhält sie die Möglichkeit, in der Schweiz eine Ladenkette für nachhaltigen Lifestyle aufzubauen, Changemaker. Bis sie sich 2017 selbstständig macht, ist Susanne Schmid dort Geschäftsleiterin und auch für den Einkauf verantwortlich. Die Schals der Women’s Foundation werden zum wichtigsten Standbein. Bei der Frage, was ihren Stil ausmacht, überlegt Susanne lange. «Persönlich mag ich das Unkonventionelle. Ich habe ein gutes Farbempfinden und weiss ziemlich genau, was bei den Kunden ankommt.» Wenn sie neue Farbkombinationen entwirft, verlässt sie sich auf ihr Gefühl. «Trends verfolge ich nicht.» Mehrmals jährlich reist Su­ sanne Schmid zu ihren Pro­ duzenten, darunter mindestens zweimal nach Nepal. Das Land gehört zu den ärmsten der Welt. Es ist politisch instabil, die Korruption hoch. In den letzten Jahren wuchs die

Susanne Schmid www.scouthandmade.ch Ihre Boutique www.einzelstueck.ch The Women’s Foundation www.womenepal.org

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Fotos: Skanda Gautam, Karin Heer (3), Susanne Schmid

Susanne Schmids Welt hat in einem unscheinbaren Kellerraum Platz. In einer Fensternische stehen Espressotassen aus Nepal, in Kisten befinden sich handgewobene Teppiche aus Bangladesch und Naturseifen aus Thailand. Neben dem Pult zu ihren Füssen liegt Seppi – Susannes 14-jähriger Dackel, der aus einem ungarischen Tier­ heim kommt. «Meine Schaltzentrale», nennt Schmid ihr Büro im Zürcher Seefeld. Seit 2017 entwickelt die gebürtige Baslerin unter dem Label Scout fair hergestellte Produkte und beliefert damit Geschäfte in der ganzen Schweiz. Eben ist eine Ladung Geschirrtücher aus Indien eingetroffen. Sechshundert Stück. Statt weich ist der Stoff dick und steif. Statt Weiss haben die Hersteller einen beigen Farbton verwendet. Wieso, darüber kann Schmid nur rätseln. Vereinbart war alles ganz anders. «Nachdem ich das Paket geöffnet hatte, machte ich erst mal Ommmm … Und fragte mich, ob ich wirklich die richtige Branche gewählt habe», sagt sie und lacht. Zur Verdeutlichung nimmt Schmid den Prototyp hervor. Von all ihren Produkten hat sie ein solches Muster. Der Her­stel­ler hat im Idealfall ebenfalls eins. Allerdings schliesst auch dies Fehler nicht aus. «Im Fair-Trade-Bereich läuft

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ziertes Praktikum erhalten hat. Bei einer Frauenrechtsorganisa­ tion soll sie helfen, den Absatz der selbst gewobenen Schals zu steigern. Susanne ist damals 28 Jahre alt und hat eben ihren Job als Textileinkäuferin bei einem grossen Detailhandels­ unternehmen gekündigt. «Ich befand mich in einer Sinnkrise und sehnte mich nach einer Arbeit, bei der ich Gutes bewirken kann.» In Nepal ist sie goldrichtig. Ihre Leidenschaft fürs Kunsthandwerk kann sie bei der Women’s Foundation ausleben. «Ich fand viel Potenzial vor. Das Atelier brauchte aber Unterstützung im Design, bei den Materialien und in der Farbgestaltung.» Schmid kehrt nach dem Praktikum in ihr altes Leben zurück. Doch die Zusammenarbeit mit der Women’s Foundation führt sie ehrenamtlich weiter.

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GRUEN UNTERNEHMEN

1 Aus der Lokta-Pflanze stellen die Frauen in Nepal handgeschöpftes ­Papier her und fertigen ­daraus Girlanden für Scout. 2 Garn, das zum Stricken bereitliegt. 3 Im Hof der Women’s Foundation hängen die Schals nach dem ­Färben zum Trocknen auf. 4 Renu, die Präsidentin von The Women’s Foundation (r.), vor einem Klassenzimmer. Ihre Organisation gründete die Schule und schrieb vor, dass die Kinder im Unterricht keine Gewalt erleben dürfen. Ein Novum in Nepal. 5 Die pinken Filzkugeln werden mit anderen Farben kombiniert und später zu Untersetzern zusammen­ genäht.

Hauptstadt Kathmandu unkon­ trolliert. «Der Verkehr erfordert Geduld, alles ist zeitintensiv. Banale Dinge dauern einen halben Tag.» Nebst einem Frauenhaus und Kinderhort betreibt die Women’s Foundation im ganzen Land Anlaufstellen für misshandelte Frauen. Im Zen­ trum in Kathmandu erhalten sie medizinische Versorgung und ein sicheres Zuhause für sich und ihre Kinder. Das Weben von Schals ist Beschäftigung und Therapie zugleich, aber auch eine wichtig Einnahmequelle für die Organisation.

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Fotos: Skanda Gautam (2), Karin Heer (3)

Weniger kaufen, dafür sinnvolle und langlebige Produkte

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Neben der Women’s Founda­ tion, wo Schmid jedes Mal wie ein Staatsgast empfangen wird, trifft sie weitere Lieferanten und besucht Werkstätten. Weben, Filzen, Töpfern sowie das Herstellen und Verarbeiten von Papier haben in Nepal Tradi­tion. Die meisten ScoutPro­ duzenten haben ein FairTrade-Zertifikat, aber nicht alle. «Beim Besuch spürt man schnell, unter welchen Bedingungen gearbeitet wird.» Wenn es um Preise geht, verhandelt Susanne Schmid nicht. «Die Lieferanten sagen mir, wie viel sie für ein Produkt brauchen.

Entweder passt das für mich oder halt nicht.» Besondere Fundstücke von ihren Reisen landen im Geschäft Einzelstück in Zürich und Bern, das Schmid mit ihrem Lebens­partner Simon Wirth führt. «Es gibt kaum eine Reise, bei der wir nicht irgendwas verschiffen. Wir lieben Unikate und sind beide Spürhunde für Trouvaillen.» 2011 nahm Simon, der bis dahin im Finanzbereich arbeitete, seinen bevorstehenden 40. Geburtstag zum Anlass, sich mit einem ­eigenen Geschäft selbstständig zu machen. Bei Einzelstück führen sie «alles ausser Kleider» und auch das gesamte Scout-Sortiment. Verantwortungsbewusstsein, ob beim Konsum oder ganz generell im Leben, ist für Susanne Schmid wichtig. «Weniger ist mehr: Ich kaufe lieber wenige, dafür sinnvolle und langlebige Produkte.» Mit zwölf Jahren hat sie aufgehört Fleisch zu essen, heute ernährt sie sich fast vegan. In der Stadt trifft man sie oft im Tram an oder zu Fuss – mit dem trippelnden Seppi an der Leine. «Meine Ökobilanz leidet vor allem durch die Geschäftsflüge.» Ende Jahr kompensiert sie jeweils ihren CO2Ausstoss. «Wirklich schuldig fühle ich mich aber nicht dabei, da meine Reisen einem sinnvollen Zweck dienen und Arbeitsplätze schaffen.» Nächstens ist Schmid wieder am Scouten. Bei den Scouts, den Pfadfindern, war sie zwar nie, doch der Name passt: Statt in den Wald führen sie ihre Erkundungsreisen nach Asien. Zu Werkstätten, in denen Menschen statt Maschinen arbeiten und hochwertige Unikate entstehen. Das Unperfekte ist dabei Teil des Designs. Einem Schal darf, ja muss man ansehen, dass er handgewoben ist. Nur was gar nicht geht, sind Geschirrtücher, die wirken wie gut gemeinte Fair-Trade-Produkte aus dem «Jute statt Plas­ tik»-Zeitalter.

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«Es gibt kaum eine Reise, bei der mein Partner und ich nicht irgendwas verschiffen. Wir ­lieben Unikate und sind beide Spürhunde für Trouvaillen.»

DER GRUEN-FOOTPRINT Wie grün bewegt sich Susanne Schmid in der digitalen Welt?

1 Benutzte Geräte 3 2 Stand der Technik 0 3 Stromherkunft

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4 Secondhandgeräte 1 5 Private Bildschirmzeit 0 6 Flugreisen für die Arbeit 9 7 Tägliche Einkäufe 0 8 Shopping

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Total Punkte

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19 Punkte = Ein tolles Resultat! Von den Geschäftsreisen mal abgesehen, pflegt Susanne Schmid einen sehr nachhaltigen Lebensstil. Der GRUEN-Footprint wurde vom WWF Schweiz für SI GRUEN entwickelt. Der Test soll für den Alltag sensibilisieren und Spass bereiten. Berechnen Sie Ihren eigenen Footprint auf den Seiten 10 und 11.

Geschäfte mit Scout-Produkten www.nationalmuseum.ch www.lila-schoenedinge.ch www.senseforsmile.ch

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GRUEN REISE

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MÜNCHEN

Vom Bio-Laden in den Bier­gar­ ten zur edlen Bar: München bewahrt Traditionen und geht mit dem Zeitgeist. Funktioniert das denn? «Passt scho!», sagt der Bayer. Text: Barbara Halter Fotos: Stephanie Füssenich

1 + 2 In der Juliet Rose Bar wird am Wochenende gebruncht. Brot liefert die Hof­ pfisterei München. Die Bio-Bäckerei hat ­Filialen in der ­ganzen Stadt und ist bekannt für ihre «reschen» (knus­pri­ gen) Brezen. 1

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Hip und herzhaft

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GRUEN REISE

1 In München-Hadern wird seit einem Jahr Bio-Bier gebraut. Eine Novität in der Stadt! 2 Die Gaststube der «Goldmarie». 3 Mitarbeiter Severin Herold in der Küche von «Caspar Plautz». 4 Sandeh von Tucher (sitzend) gehört das Tushita Teehaus. 5 Velo fahren in der Stadt: Das Hotel Cortiina stellt seinen Gästen Räder gratis zur Verfügung. 6 + 7 Gebackene ­Kartoffel Shakshuka bei «Caspar Plautz». 8 Blick vom «Alten ­Peter» auf den ­Viktu­alienmarkt.

«Wir interpretieren die Ofenkartoffel so modern und cool wie möglich.» Theo Lindinger vom Imbiss Caspar Plautz

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Zusammenrücken bitte! Es ist Mittagszeit, und bei «Caspar Plautz» auf dem ­Viktualienmarkt wirds eng rund um die kleinen Bude. Es hat nur wenige Sitzplätze, die restlichen hungrigen Gäste scharen sich um Stehtischchen. Man schaut einander auf die weissen Emaille-Teller – und bestellt danach. Das Zusammenrücken hat in München Tradition, im Biergarten ist es üblich, dass man sich an den langen Tisch zu fremden Menschen dazusetzt. Vielleicht rührt die Enge bei «Caspar Plautz» auch einfach daher, dass ganz München die Ofenkartoffeln probieren will. Zubereitet werden sie von Theo Lindinger und Dominik Klier, den Youngstern auf dem traditionellen Viktualienmarkt. Die grünen Buden auf dem Platz vergibt die Stadt auf Lebenszeit und mit einer «Zuweisung». Bei den beiden Jungs – ­ursprünglich Goldschmied und Soziologe von Beruf – lautet diese: Ofenkartoffeln. Etwas anderes darf nicht angeboten werden. «Wir interpretieren das Gericht so modern und cool wie möglich», sagt Theo Lindinger. Das gelingt: Die vegane Vari­ ante Shakshuka mit Auberginen, Tomatensugo, Hummus und Salat hat nichts gemein mit einer öden Knolle. Sonst ist der Viktualienmarkt eine eher fleischige Angelegenheit und ein touris­ tischer Magnet. Doch, doch, wird einem versichert, an den Markt würden auch die Münchner gehen. Es sei halt einfach alles etwas teurer. Gern gekauft werden Wurstwaren und Fleisch. Zum Beispiel bei Herrmannsdorfer, Bio-Metzgerei und Bistro in einem. Und ein guter Ort, um Weisswürste mit Brezen und süssem Senf zu bestellen. Erst aber eine dringende Frage an die Che-

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fin. Stimmt es, dass man diese nur bis elf Uhr essen darf? «Ja! Ein richtiger Bayer isst keine Weisswurst nach dem Mittag», antwortet Sophie Schweisfurth entschieden. Sie ist im Schuss, ein Treffen mit ihren Schweinebauern steht gleich an. ­ Seit einem Jahr leitete die 31-Jährige den Betrieb, zu dem neben den Geschäften ein Bio-Bauernhof ausserhalb Münchens gehört, wo Schweine gemästet, Hühner gehalten und Ackerbau betrieben wird. ­Sophies Grossvater Karl Ludwig Schweisfurth gründete das Unternehmen in den Achtzigerjahren. Davor gehörte ihm die grösste industrielle Fleischproduktion ­Europas. «Der Metzger, der kein Fleisch mehr isst …» heisst sein Buch, welches im Geschäft aufliegt und seinen Werdegang zum bewussten Fleischesser erzählt.

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Gartenschere (der Topseller!) in der Tasche verlässt, obwohl er weder Terrasse noch Garten besitzt. Echte Münchner Manufakturen gibt es auch einige in der Stadt. Wie das Mode­ label A Kind of Guise, das es bereits seit zehn Jahren gibt und von Yasar Ceviker und seine Partnerin Susi Streich gegründet wurde. Zweimal im Jahr entwickeln sie eine Kollektion aus schlichten, hochwer­ tigen Stücken. Gefertigt wird in Deutschland. Ein anderes Münchner Paar, das

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Ehe man sichs versieht, hat man eine Gartenschere gekauft – obwohl man gar keinen Garten hat Der nächste Blick auf den Viktualienmarkt erfolgt aus Vogelperspektive. 306 Stufen sind es hoch zur Aussichtsplattform der Peterskirche, die von allen nur «Alter ­Peter» genannt wird. Einen Lift gibt es nicht, und bei Gegenverkehr muss man sich im engen Treppenhaus schmal machen. Die Einsicht von oben: München ist eigentlich ziemlich überschaubar. Durch die Altstadt geht es leicht zu Fuss. Bei Schlechtwetter vertrödelt man sich im Manufactum Warenhaus. Vom Kupfer­ becher für den trendigen Moscow Mule, gemixt an der Hausbar, bis zum Mottenschutz gibt es alles für ein (stil)bewusstes Daheim. Und alles ist so ansprechend präsentiert, dass sich niemand wundern muss, wenn er das Geschäft mit einer kleinen

Tourismusbüro München www.einfach-muenchen.de Führer für einen entspannten Aufenthalt www.slowdownguide.de

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GRUEN REISE

sich mit einem eigenen Label verwirklicht, ist Michael Mayr und seine Frau Esra. Er hat wie sein Vater und Grossvater Sattler gelernt. Während in seinem Familienbetrieb vor allem PVC verarbeitet wird, zum Beispiel für LKW-Planen, geht Michael mit Günstling neue Wege. Im kleinen Atelier, das gleichzeitig Showroom ist, entstehen Ledertaschen. «Ich möchte Klassiker gestalten, die auch noch in zehn Jahren gefallen», sagt Mayr. Jedes Stück wird auf Bestellung gefertigt, der Kunde kann Dinge wie Verschlüsse oder Riemenlänge mitbestimmen.

Kasnocken und Palatschinken: Essen in der «Goldmarie» ist märchenhaft-bodenständig Ständig umgenäht wird im Atelier von Noh Nee. «Ein Dirndl passt fast keiner Frau auf Anhieb», sagt Rahmée Wetterich. Sie gründete zusammen mit ihrer Schwester Marie das Modelabel. Die beiden sind in Kamerun aufgewachsen und kamen vor rund vierzig Jahren nach München. Die Schnitte ihrer Dirndl sind traditionell, gearbeitet wird aber mit afrikanischen ­ Waxprint-Stoffen. Nicht nur für die Wiesn suchen sich Frauen ein «Gwand», zurzeit wird in Bayern gern in Tracht geheiratet, und die Gäste müssen mitziehen. Zum ­Oktoberfest selbst hat Rahmée Wetterich ein zwiespältiges Verhältnis: «Ich liebe es, wenn sich während dieser Zeit die Frauen hübsch machen, dann weht so viel Weiblichkeit durch die Stadt. Aber ich bin immer froh, wenn alles wieder vorbei ist.» Im Glockenbachviertel befinden sich neben Noh Nee viele Kaffeebars und kleine Boutiquen wie Dear Goods oder A Better Story mit fairer, nachhaltiger Mode. Ein heimeliger Ort ist das Teehaus Tushita. Sandeh von Tucher und ihr Mann, ein Gartenbauer, haben das Lokal mit viel ­ Geschick und Geschmack eingerichtet. ­ Die Wände sind vollgestellt mit Teekannen und -zubehör, eine lange Sitzbank zieht sich die Wand entlang. Einmal Platz genommen, verweilt man. Wenn es warm draussen ist, werden die Fenster hoch­ geschoben, und alle Aufmerksamkeit ­richtet sich nach draussen. In der Vitrine locken selbst gebackene vegane Kuchen und Torten. «Biologisch sind sie auch, ­alles andere würde nicht passen», findet von Tucher. Schon fast ein Grund, um nach München zu ziehen, ist die «Goldmarie». Als Julia Schneider, Karin Stüwe und Petra Mirwald

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1 Ein typischer Münchner: der Dackel. 2 Dirndl aus afrikanischen Waxprint-Stoffen von Noh Nee. 3 Der klassische Beutel von Günstling in Cognac. 4 Gut geschnitten: Das Label A Kind of Guise macht vor allem Herrenmode, für Damen hat es nur eine kleine Auswahl.

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1 Auf der Aus­ sichts­plattform des «Alten Peter». 2 Das Restaurant Goldmarie ver­ mietet im oberen Stock zwei ein­ fache Zimmer. 3 Sophie Schweis­ furths Grossvater gründete die Herrmannsdorfer Landwerkstätten. Heute ist sie Ge­ schäftsführerin.

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das Restaurant eröffneten, wurden sie gewarnt. In diesem Lokal könne man keinen rechten Umsatz machen, hiess es. Seitdem sind zehn Jahre vergangen und die Tische abends ständig besetzt. Auf ihrer «Selbstverwirklichungskarte» stehen fix Süd­ tiroler Kasnocken, Schweinsbraten und Palatschinken. Dazu wechselt das Angebot nach Jahreszeit. Der «Goldmarie»-Stil lässt sich am einfachsten unter Alpenküche zusammenfassen. «Kompliziert ist unsere Küche nicht, wir gehen einfach achtsam und liebe­ voll mit den Speisen um», sagt Julia Schneider, die Köchin unter den dreien. Die Achtsamkeit spürt auch der Gast. Abends im von Kerzen beleuchteten Raum zu essen, fühlt sich märchenhaft gediegen an. Für einen Absacker gehts ins Quartier Haidhausen, in die Juliet Rose Bar. Hier zeigt sich München grossstädtisch. Die Einrichtung ist im Art-déco-Stil gehalten, gepaart mit New Yorker Chic. Am Wochenende legt ein DJ auf, im Lokal wird auch gebruncht. Hinter der Kulisse gibt sich «Juliet Rose» jedoch typisch bayrisch: Das Brot liefert die Hofpfisterei, ­gegründet 1331 und heute eine Bio-Bäckerei. Ihre Filialen muss man sich auch wegen den Brezen merken. Sie sind «resch», richtig knusprig gebacken, so, wie sie in München sein müssen.

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WEITERE TIPPS Essen und Trinken CASPAR PLAUTZ Mittagstisch von 11.30 bis 15.30 Uhr, Mo bis Sa, Viktualienmarkt. www.casparplautz.de GOLDMARIE Di–Sa 12–15, 18–23.45 Uhr. www.goldmarie-muenchen.de HADERNER BRÄU Erstes und einziges Münchner Bio-Bier. Kurse für Hobby-Bierbrauer. München-Hadern. www.haderner.de HERRMANNSDORFER Elf Filialen, zwei mit Bistro. Viktualienmarkt: Mo–Fr 9–18.30, Sa 9–16 Uhr. www.herrmannsdorfer.de HOFPFISTEREI Bio-Bäckerei mit langer Geschichte. www.hofpfisterei.de JULIET ROSE Bar und Restaurant, Haidhausen. www.julietrosebar.com TUSHITA TEEHAUS Tee, veganes Gebäck, Tagesmenü. Mo–Fr 9–20, Sa 10–20 Uhr, Glockenbachviertel. www.tushita.eu Handwerk GÜNSTLING Termin nach Vereinbarung, Untergiesing. www.guenstling-shop.com A KIND OF GUISE Mo–Fr 12–19, Sa 12–18, Maxvorstadt. www.akindofguise.com NOH NEE Dirndl à l’africaine, Do–Fr 11–18.30, Sa 11–16 Uhr, Glockenbachviertel. www.nohnee.com Biergärten Die Klassiker: Viktualienmarkt und Biergarten am Chinesischen Turm im Englischen Garten. Lauschig mit Kasta­nien­ bäumen: Hofbräukeller am Wiener Platz. Alternativ und ökozertifiziert: ­Biergarten an der Muffathalle. Übernachten HOTEL CORTIINA Design-Hotel in der Altstadt, Zimmer mit Natur­mate­ria­lien eingerichtet, kostenlose Velos. DZ ab 289 Euro. www.cortiina.com

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Das macht das Oktoberfest für den Umweltschutz www.oekowiesn.de Sommerfestivals in der Stadt www.tollwood.de www.kulturstrand.org

(ab 10. Mai bis 10. August) Hinkommen www.sbb.ch www.flixbus.ch Faire Mode www.deargoods.com www.abetterstory.de

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GRUEN DESIGN

STILLLEBEN

Es blüht uns was 1

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1 Ohrring aus Urethan mit Swarovski-Kristall, ­ VANESSA SCHINDLER. Foto: Pamela Castillo. 2 Transparente Ankle-Boots, STELLA MCCARTNEY bei Mytheresa. Foto: Isabel Rotzler.

Von eklektisch bis bodenständig: Zürcher FotografieStudenten haben unter der Leitung von Künstler Walter Pfeiffer nachhaltige Objekte in Szene gesetzt. 50

Objekte: Philipp Junker, Jennifer Tschugmell, Produktion: Walter Pfeiffer, Susanne Märki und F+F Schule für Kunst und Design Zürich

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GRUEN DESIGN

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1 Karaffe aus Kristallglas, SOEDER. Foto: Tim Brunner. 2 Sonnenbrille «Saskia Diez x Viu – OH», VIU. Foto: Joshua Geiger. 3 Naturblockseife, SOEDER. Foto: Leah Studinger. 4 Kuh aus Schweizer Lindenholz, SCHWEIZER HEIMATWERK. Foto: Tim Brunner. 5 Strandtuch «Hoop 1» (oben) und «Hoop 2» (unten), SCHOENSTAUB. Foto: Olivia Dunn.

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1 Vase «V1», LINCK ­ KERAMIK bei Edition Populaire. Foto: Seda Ucak. 2 Sonnenbrille, SOL SOL ITO. Foto: Isabel Rotzler. 3 Tasche und Clutch, HELVETAS X IKOU TSCHÜSS. Foto: Isabel Rotzler. 4 Würfelmosaik aus Ahornholz, SCHWEIZER HEIMATWERK. Foto: Isabel Rotzler. 5 Sonnenbrillen (von oben): SOL SOL ITO; The Fierce, VIU; und The Savage, VIU. Foto: Olivia Dunn.

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Dozierende, die am Projekt Stillleben der F+F beteiligt waren: Walter Pfeiffer, Remo Süsstrunk, Franco Bonaventura. Wir danken der Leitung des Studiengangs Fotografie HF Sarah Keller und Goran Galic für die Zusammenarbeit.

GRUEN DESIGN

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GRUEN DESIGN

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Ohrring aus Urethan mit SwarovskiKristall, VANESSA SCHINDLER. Foto: Samuel Trümpy.

HEIMATWERK www.heimatwerk.ch, HELVETAS X IKOU TSCHÜSS www.fairshop.helvetas.ch, LINCK KERAMIK bei Edition Populaire www.editionpopulaire.ch, SCHOENSTAUB www.schoenstaub.com, SOEDER www.soeder.ch, SOL SOL ITO de.solsolito.com, STELLA MCCARTNEY bei Mytheresa www.mytheresa.com, VIU www.shopviu.com/de_ch, VANESSA SCHINDLER www.vanessa-schindler.com

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Making-of: So entstanden unsere Designbilder Walter Pfeiffer fotografiert normalerweise für die «Vogue». Er ist aber auch Dozent und zeigte Studierenden, wie man ein Stillleben inszeniert. Text: Barbara Halter Fotos: Delia Frauenfelder

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Das nennt man wohl ein krea­ tives Chaos: Die zehn Studierenden des Lehrgangs Foto­ grafie haben sich alle in einem Raum eingerichtet. Jeder hat ein kleines Studio aufgebaut und inszeniert nachhaltig produzierte Designobjekte wie Sonnenbrillen oder Handtaschen, aber auch bodenstän­ diges Holzspielzeug. Auf den Tischen liegen Stoffe, Papierrollen, leere Kaffeetassen und Schokokekse. Die Enge ist gewollt, Platz hätte es genug in der F+F, der Schule für Kunst und Design in Zürich. Doch Künstler, Fo­ tograf und Dozent Walter Pfeiffer hat sich ausdrücklich gewünscht, dass alle in einem Schulzimmer arbeiten. Der 73-Jährige wandert mit einer Teetasse in der

1 Stylistin Jennifer Tschugmell im orangen Pulli bringt die ­Objekte an die F+F. 2 Leah Studinger richtet ihr ­Studio zum Arbeiten ein. 3 Walter Pfeiffer mit Foto­grafieStudentin Olivia Dunn.

Hand umher. Fast wirkt er etwas unbeteiligt, doch dies täuscht. Walti, wie ihn die Studenten nennen, nimmt aufmerksam wahr, was an jedem Platz passiert. Er zupft da eine Falte eines Stoffs zurecht, schaut dort auf ein Kamera­ display, das ihm eine Studentin hinhält. «Diesen Schatten musst du rausnehmen, sonst ist es ­super», lobt er. Und schimpft darauf an einem anderen Ort: «Halt! Am Platz wird nicht ­gegessen und getrunken, wie oft muss ich das wiederholen!» Walter Pfeiffer studierte in den Sechzigerjahren nach seiner Lehre als Dekorateur bei der EPA ebenfalls an der F+F. Da-

nach war er als Grafiker tätig und wurde um die Jahrtausendwende international bekannt mit seinen bunten, schrillen Modefotografien. Heute arbeitet Pfeiffer für Magazine wie «Vogue» oder macht Werbekampagnen. Das Projekt zum Thema Still­ leben wurde von den Studie­ renden angeregt. Sie kommen aus verschiedenen Semestern des dreijährigen Studiengangs. Einige kennen Walter Pfeiffer bereits. «Er ist sehr humorvoll und auf eine gute Art streng», findet Isabel Rotzler. Die Objekte haben zwei Stylisten ausgewählt und organisiert, wie bei einem richtigen Auf-

trag. Und wie in der Realität gehen den angehenden Foto­ ­ grafen einige Produkte leichter von der Hand als andere. Beliebt ist der Schmuck aus Ure­ than oder die Taschen. Mit den Holzkühen kämpfen viele. «Es genügt nicht, das Objekt in ein schönes Licht zu rücken, es muss etwas Künstlerisches passieren», beschreibt Walter Pfeiffer die Herausforderung beim Inszenieren und Foto­ grafieren eines Stilllebens. Als Dozent versucht er, nur leicht in die Arbeiten einzugreifen – sein Stil färbt sich trotzdem auf die Studenten ab. Und so sind die von SI GRUEN ausgewählten und abgedruckten Bilder immer auch Fotografien à la Walter Pfeiffer: knallig, bunt und sehr direkt.

Schule www.ffzh.ch Film www.walter-pfeiffer-chasing-beauty.ch Weitere Fotos der Studenten www.schweizer-illustrierte.ch/style

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Tanzen hält jung, die richtige Pflege ebenfalls! Jennifer Beals, der Star aus dem 80er-Jahre-Kultmusical «Flashdance», schwört auf biologische und fair hergestellte Produkte. Redaktion: Kristina Köhler

Die Sensitiv Sonnen­ creme LSF 50 Kids von Lavera bietet einen reinen minera­ lischen Schutz. Sie ist wasserfest und für empfindliche Kinder­ haut geeignet. Dank Bio-Avocadoöl und Bio-Sonnenblumenöl ist die Formel auch pflegend. Im Fach­ handel, ca. CHF 16.–

HERZBLATT

Das natürliche Parfum Infinite Love von Lotus­ wei schenkt Sinnlichkeit und Lebensfreude. Dies dank Rose, Ma­gnolie und Mandarine. Auf die Pulspunkte, z. B. das innere Handgelenk, tupfen. www. biomazing.ch CHF 40.–

GRUEN BEAUTY

GRUEN FASHION

Forever young

SOFTER FILTER

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Die Tuchmaske von Orgaid wirkt wie ein sanftes Peeling. Vitamin C und Extrakte aus Orange sowie Granatapfel mil­ dern Pigment­ flecken und Fält­ chen. Über www. greenglam.de, Packung, 6 Stück, ca. CHF 55.–

WELTENBÜRGERIN

Geboren ist Liya Kebede in Äthiopien, heute lebt sie mit ihrer Familie in New York. Bei der Uno ist sie Sonder­ botschafterin für die Welt­ gesundheitsorganisation.

Liya Kebede hat als junge Frau ihre ­Heimat Äthiopien verlassen und zog nach Paris, um Model und Schauspielerin zu werden. Bekannt wurde sie etwa mit dem Film «Wüstenblume». Heute lebt die 41-Jährige in New York und fördert mit ihrem Label Lemlem afrikanisches Kunsthandwerk. Die Stoffe für die luftigen ­Sommerkleider lässt sie zum Beispiel in ihrer ehemaligen Heimat weben. Aus Madagaskar liefern Frauen Stickereien, in Kenia wird für Lemlem gehäkelt. Zusätzlich setzt sich Kebede mit ihrer Stiftung gegen die Müttersterblichkeit in Afrika ein.

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Lemlem bedeutet in der äthiopischen Sprache Amharisch erblühen. Alle ­Entwürfe von Liya Kebedes Label sind aus nachhaltig angebauter Baum­ wolle. Das luftige Kleid Kente Drape Maxi wurde in Kenia genäht. Bei www.lemlem.com, ca. CHF 435.–

Ayurvedisches Körperöl von Mauli aus Mo­ringa-, Argan-, Wassermelonen­ samen- und Kokosöl plus 13 Essenzen. Es wirkt nicht nur ver­jüngend, sondern auch ausgleichend und stabilisie­ rend. www. greenlane.ch CHF 90.–

HEUTE IST NOCH ALLES OFFEN

Umhängetasche Luna, mit Perlen und ­Magnetverschluss, aus Acryl in Holzoptik. Von Cult Gaia, bei Globus CHF 469.90

SHEABUTTER AUS GHANA

Die Naturkosmetikmarke Zoya Goes Pretty kreiert schmelzende Körperbalms, die auch gegen trockene Haarspitzen helfen. www.ecco-verde.ch, ca. CHF 9.–

SCHUTZSTEIN LEICHTFÜSSIG

Veganer Sommerschuh Lottie, in Wildleder­ optik, handgemacht in Spanien. Erhältlich über www.beyond-skin.com, ca. CHF 210.–

Ohrhänger des Basler Labels Aisso aus ver­ goldetem Silber mit einem Rauchquarz. CHF 169.–

Liya Kebedes Stiftung www.lemlem.com/pages/lemlem-foundation Labels www.aisso.ch www.globus.ch www.cultgaia.com

Fotos: Getty Images, zvg (5)

Model, Schauspielerin und ­Designerin Liya Kebede ver­ bindet geschickt afrikanisches Handwerk mit Boho-Chic. Ihr Label lässt Frauen in Afrika aufblühen. Text: Karin Anna Biedert

IN BALANCE

SOMMERNACHTSTRAUM

Fotos: Yelena Yemchuk / Trunkarchive, zvg (4)

EthnoFrühling

LADY DISZIPLIN

Das Anti-Aging-Rezept von «Flashdance»-Star Jennifer Beals: Sie benützt Sheabutter und Baby-Sonnencreme. Dazu schwimmt sie, macht Yoga, meditiert und ernährt sich meist vegan. Eben wurde die Fortsetzung der Serie «The L Word» angekündigt, in der die 55-Jährige mitspielt.

Naturkosmetik www.orgaid.com www.maulirituals.com www.zoyagoespretty.com www.lavera.de www.lotuswei.com

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GRUEN WEEKEND-TRIP

EIN WOCHENENDE RUND UM LOCARNO Die Sicht von Orselina auf die Wallfahrtskirche Madonna del Sasso und den Lago Maggiore.

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1 Die Piazza Grande in Locarno mit ihren ­Arkaden und einladenden Cafés. 2 Auf dem Landwirtschaftsbetrieb Terreni alla Maggia in Ascona werden Trauben, Reis, Mais und Quinoa angebaut. 3 Ein kleiner Blumenmarkt in Locarno. 4 Ideal für Familien und alle, die auch mal gerne selber kochen: das Apartment Borghese in der Altstadt von Locarno. 5 Hausgemachte Souvenirs: Susan Engelhard bietet in der Villa Novecento TraubenKonfitüre und eingemachte Curry-Zucchetti süss-sauer als Mitbringsel für Zuhause an. 6 Entlang der Seepromenade von Muralto treffen Jogger und Touristen aufeinander. 7 Antipasti in der Osteria dell’Enoteca:­­ ­Forellenroulade mit knusprigem Gemüse. 4

8 Die Standseilbahn Locarno–Madonna del Sasso verbindet die Stadt mit der Kirche.

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Nur das Meer fehlt

Morgens Wildkräuter sammeln, danach Kaffee trinken auf der Piazza oder Minigolf spielen unter Palmen. Rund um Locarno ist das möglich – inklusive Übernachten im Bio-Hotel. Text: Manuela Enggist / Fotos: Véronique Hoegger

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Locarno und Ascona www.ascona-locarno.com Wallfahrtskirche oberhalb von Locarno www.madonna-del-sasso.ch

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GRUEN WEEKEND-TRIP

1 + 2 Kein Fern­seher und kein ­Internet im ­Zimmer: Susan Engelhard setzt in der Villa Novecento in Muralto auf Ruhe und Entschleunigung. Dieses Jahr feiert ihr Bio-Hotel das zehnjährige Bestehen.

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Langsam ruckelt die schmucke blaue Stand­ seilbahn in Locarno los und ächzt hoch nach Orselina. Palmen säumen die Gleise. Die Fahrgäste zücken ihre Handys. Oben angekommen, offenbart sich ein wunder­ barer Blick auf die Wallfartskirche Ma­ donna del Sasso, den glitzernden Lago Mag­giore und die Berggipfel dahinter. Pul­ lis werden aus- und Sonnenhütte angezo­ gen. Auf den steinernen Tischen eines Grot­ tos stehen die ersten Aperol Spritz. Es ist das Tessin aus dem Bilderbuch und der per­ fekte Auftakt für unseren «Weekend-Trip» im Süden der Schweiz; im Locarnese mit seinen bekannten Ferienorten Locarno und Ascona sowie seinen vielfingrigen Tälern. Zurück nach Orselina: Bergliebhaber stei­ gen bei der Wallfahrtskirche in die Pano­ra­ mabahn – ein Entwurf des Tessiner Archi­ tekten Mario Botta – und fahren weiter bis Cardada, auf den Hausberg Locarnos. Die Gondeln sind auch am Boden verglast und offenbaren einen Blick in die Tiefe. Eine Aussichtsplattform bietet eine sagenhafte Fernsicht. Nach knapp dreissig Minuten erreicht man über Wiesen die Alpe Cardada und kehrt in der Bergbeiz Capanna Lo Stallone ein. Spezialität des Hauses: die in einem grossen Topf über dem Feuer gekochte Polenta. Wer die Gegend lieber auf Seehöhe erkun­ det, spaziert von Orselina auf einer breiten steinernen Treppe entspannt in dreissig

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Minuten nach Locarno zurück. Oder fährt wieder mit der Bahn. Gegenüber der Tal­ station versteckt sich die Vera Gelateria, die sich mit ihren ohne künstlichen Zusatz­ stoffen versehenen Glaces als idealen Zwi­ schenstopp eignet. Die Sorten variieren je nach Saison und reichen von Birnensorbet bis zu Zwetschgenglace mit Zimt. Die Altstadt von Locarno bietet neben der Piazza Grande – ein Espresso in einem der Cafés unter den Arkaden ist Pflicht – auch viele Spezialitätengeschäfte. Zum Beispiel die Pasticceria Marnin, bekannt für ihre Panettone und Amaretti. Ihr Ab­ leger an der Piazza San’Antonio ist der ideale Ausgangspunkt für einen Streifzug durch die Altstadt. Wer Freude an lokalen Produkten hat, fährt zum Landwirtschafts­

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1 Die Wallfahrtskirche Madonna del Sasso ermöglicht schöne Aussichten auf den Lago Maggiore und die Tessiner Bergwelt.

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«Nachhaltigkeit ist mir wichtig. Von Sonnenkollektoren über klimascho­ nendes Putzmittel bis zu möglichst lokalen Produkten.» Susan Engelhard

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betrieb Terreni alla Maggia nach Ascona. Mit 98 Metern über Meer ist das MaggiaDelta bei Ascona das am tiefsten gelegene Gebiet der Schweiz. Hier wird auf dem 150 Hektaren grossen Betrieb Reis ange­ baut. Der Hof gehört zu einem der nörd­ lichsten Orte der Welt, wo das sonst in den Tropen heimische Getreide wächst. Terreni alla Maggia produziert rund 450 Tonnen Rohreis im Jahr. Im Hofladen kann man diesen kaufen, nebst Mais, eigenem Wein und weiteren Tessiner Köstlich­keiten. Auf Anmeldung sind Betriebs­ führungen und Weindegustationen möglich. An lauen Abenden locken Grotti und Oste­ rias ins Freie. Zwei währschafte Empfeh­ lungen für Grotti: «America» in Ponte Brolla und «Baldoria» in Ascona. Eine etwas gehobenere Küche findet man in ­ der Osteria dell’Enoteca in Losone. Im Garten mit Kiesboden und Pergola, die im Sommer ein dickes Gewand Weinreben trägt, halten Heike und Giuseppe Greco die Gastfreundschaft hoch. «Tolle Restau­ rants gibt es hier viele. Wir wollen uns mit unserem Service abheben», erklärt Heike Greco. Die gebürtige Deutsche lernte ihren Mann während der Arbeit in Klosters ken­ nen. 2002 zogen sie ins Tessin. Giuseppe, ein Sizilianer, fühlte sich im heimischen Sprachraum sofort wohl. Und auch Heike lernte die Vorzüge des Südens schätzen. «Hier gibt es fast alles: Täler, Seen, Berge – nur kein Meer. Aber dafür haben wir ­Palmen.» Die Pasta in der Osteria –

Panettone kaufen in Locarno www.marnin.ch Botanischer Garten auf den Isole di Brissago www.isolebrissago.ch Grotto America

2 + 6 Die Osteria dell’Enoteca in Losone ­bietet mit ihrem romantischen Garten und der Pergola die perfekte Kulisse für ­einen lauen Sommerabend. Schon alleine das ­Olivenöl ist ein Gedicht. 3 Lange nicht mehr gemacht: eine Runde Minigolf spielen unter Palmen in Ascona. 4 Das Frühstück geniesst man im BioHotel Villa Novecento im Garten mit Blick auf Berggipfel und Obstbäume. 5 Ein Gelato gehört im Tessin einfach dazu. 7 Der Kamelienpark in Locarno wurde 2005 eröffnet. Heute blühen hier 900 verschiedene Sorten während gut neun Monaten.

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8 An warmen Sommertagen lockt das ­Maggiatal mit seinem erfrischenden Fluss.

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https://www.ticino.ch/de/restaurants/details/Grotto-America/76347.html Grotto Baldoria www.grottobaldoria.ch

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GRUEN WEEKEND-TRIP

1 + 2 Ernährungsberaterin Erica Bänziger führt Besucher durchs w ­ ilde Tessin zum Kräutersammeln oder macht mit ihnen Esel-Trekkings entlang der Melezza.

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«Dort, wo die Natur etwas puffig aus­ schaut, gibt es oft am meisten Wild­ kräuter zu finden.» Erica Bänziger

bei unserem Besuch mit Venusmuscheln oder Kalbsragout – produziert Küchenchef und Miteigentümer Pablo Ratti im Haus. Auch Vegetarier und Veganer werden fün­ dig. Ratti bereitet gerne spontan eine fleisch­ lose Variante wie Risotto mit Randen zu. Für die Übernachtung geht es nach Muralto bei Locarno. In der Villa Novecento hat Susan Engelhard ein Kleinod mit sechs schlichten Zimmern geschaffen. Bei ihr nächtigt man in einem über hundertjährigen Haus, das von einem wildromantischen Garten umgeben ist. Engelhard verbrachte einst selbst ihre Ferien hier. Als die damali­ gen Besitzer ans Aufhören dachten, zögerte die Zürcherin nicht lange und kaufte zu­ sammen mit ihrem Mann den ­Betrieb. In diesem Jahr feiern sie ihr Zehn-Jahr-Jubi­ läum und organisieren darum spezielle Veranstaltungen für Gäste und Freunde. Engelhard ist es wichtig, ihr H ­ otel weitest­ gehend nachhaltig zu führen. «Von den Sonnenkollektoren auf dem Dach über

ESSEN UND WANDERN

„ Aufgewachsen bin ich in Gambarogno am Lago Maggiore.

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Tessin-Tipps www.famiglianostrana.ch Grotto in Sonogno www.grottoefra.ch Wandern www.vialtavallemaggia.ch

Ich habe mich wegen meines Jobs viel mit ­Ernährung aus­einandergesetzt. Der Küche meiner Heimat blieb ich stets verbunden, daraus sind auch meine Bücher entstanden. Ich esse gern im Grotto Efra in Sonogno im Verzascatal. Den besten Kastanien-Panettone findet man in der Panet­ teria Verscio. Für Wanderungen empfehle ich die Via Alta Vallemaggia. Pepe Regazzi, 50, ist Nationaltrainer der Freestyle-Snowboarder und hat mit Fotografin Juliette ­Chrétien die Bücher «Ticino ti cucino» und «Famiglia nostrana» herausgegeben.

EIN WOCHENENDE RUND UM LOCARNO

Illustration: Anna Haas, Foto: Juliette Chrétien

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sorgfältige Abfalltrennung bis zum klima­ schonenden Putzmittel. Wir suchen überall nach Optimierungen.» Beim Frühstücks­ buffet kommen, soweit es geht, lokale Pro­ dukte auf den Tisch. Der Honig stammt aus dem Onsernonetal, der Geissenfrisch­ käse aus dem Maggiatal, und die Konfitüre stellt die Gastgeberin mit Früchten aus ih­ rem Bio-Garten selbst her. Der Entschleu­ nigung zuliebe gibt es weder Fernseher noch WLAN in den Zimmern. Um das wilde Tessin zu entdecken, bietet sich am Sonntag eine Kräuterexkursion mit Erica Bänziger an. Normalerweise starten die Touren in Cavigliano, das von Locarno aus in zwanzig Minuten mit der Centovalli-Bahn zu erreichen ist. Auf An­ frage sind aber auch andere Ausgangs­ punkte möglich. Die Ernährungsberaterin und Kochbuchautorin führt ihre Gäste auf der Suche nach essbaren Kräutern und an­ deren Pflanzen an Waldränder, Flussbette und über Wiesen. «Dort, wo die Natur ­etwas puffig ausschaut, gibt es oft am meisten zu finden», erklärt Bänziger. Eine Besonder­ heit im Tessin ist der Weinberg-Lauch, eine Art Zwiebel, die in der Nähe von Reben wächst. Erica Bänziger mag diesen am liebsten ganz kurz in Olivenöl angebraten. Am Ende jeder Exkursion gibt es ein Kräuter­picknick, bei dem die gesammel­ ten Kräuter in Salaten oder als Pesto pro­ biert werden. Dazu reicht Bänziger Alp­ käse, Brot und Wein und verrät den Gästen auf Wunsch weitere Tipps fürs Tessin – wie die Spaziergänge und Trekkings mit ihren Eseln. Einen entspannten Sonntag verbringt man auch im Kamelienpark in Locarno. Dank den verschiedenen Sorten blühen die Kame­ lien während neun Monaten. Oder wieso nicht wieder mal Minigolf spielen? Unter Schatten spendenden Palmen findet sich in Ascona eine der schönsten Anlagen der Schweiz. Mit einem Glas kühlen Chinotto in der Hand, lassen sich wunderbar einige Runden drehen. Freddy Graf, der den Be­ trieb seit dreissig Jahren führt, ist passio­ nierter Gärtner und erzählt stolz, dass man seine Anlage einst als Kulisse für ein Mode­ shooting gebucht hat. Und somit enden wir, wo wir begonnen haben. An einem Ort wie aus dem Bilderbuch.

GENIESSEN

EINKAUFEN

1 OSTERIA DELL’ENOTECA Lauschiger Garten, engagierte Gastgeber und eine her­vorragende Küche. Di–Sa 11.30–14.30 und 18.30–0.30 Uhr. Contrada Maggiore 24, Losone. www.osteriaenoteca.ch 2 VERA GELATERIA Hausgemachte und saisonale Glace-Kreationen ohne ­künstliche Zusatzstoffe. Mo–Do 8–21 Uhr, Fr/Sa 8–22 Uhr, So 11–21 Uhr. Via della Stazione 2, Muralto. www.veragelateria.ch 3 CAPANNA LO STALLONE Rustikale und gemütliche Bergbeiz mit lokalen ­Spe­zialitäten wie Polenta sowie eine Her­ berge mit Familien- und Gruppenzimmer. In 30 Minuten von der Bergstation Cardada gemütlich zu Fuss erreichbar. Ab Ostern bis 18. Oktober 2019 bei gutem Wetter von 9 bis 17 Uhr durch­gehend geöffnet. Alp Cardada. www.stallone.ch

4 TERRENI ALLA MAGGIA Auf dem Hof werden Reis, Mais und mehr angepflanzt. Ladenöffnungszeiten: Mo–Fr 8.30–12 und 13.30–18 Uhr, Sa 8.30–12.30 und 13.30–17 Uhr, So 10–14 Uhr. Wein­ degustationen und Besichtigungen auf Anfrage. Via Muraccio 105, Ascona. www.terreniallamaggia.ch

7 MINIGOLF ASCONA Minigolf spielen unter Palmen. April–Oktober, 10–20 Uhr. Juli/August bis 23 Uhr. Via Circonvallazione, Ascona. www.minigolfascona.ch 8 KAMELIENPARK LOCARNO Nahe am See gelegen, mit 900 verschiedenen Kameliensorten. 9 bis 18 Uhr. Via Gioacchino Respini 8, Locarno. www.camellia.ch

ÜBERNACHTEN

ERLEBEN

9 VILLA NOVECENTO Schlichte Zimmer, die meisten mit Balkon oder Loggia. Bio-Frühstücksbuffet. DZ zwischen 5 KRÄUTER-EXKURSIONEN Erica CHF 85.– und 105.– pro Person. Mindest­ ­Bänziger organisiert Kräuterwanderungen aufenthalt: zwei Nächte. Via A. Buetti 1, und Trekkings mit ihren Eseln. Cavigliano. ­Muralto. www.novecento.ch www.erica­bänziger.ch und APARTMENT BORGHESE Kleine 10 www.esel-info.ch Wohnung, gut für Familien. Eine Übernach­ 6 CARDADA Hausberg von Locarno. Sommersaison bis 20. Oktober. Infos zu Wan­ tung ab CHF 120.–. Via Fiorina 1, Locarno. www.borghese-apartment.ch derungen und Fahrplan: www.cardada.ch

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GRUEN GENUSS

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1 + 2 Hier hausen Herz­ lichkeit und Gastfreund­ schaft. Für den stilvollen ­Service und die hoch­ stehende K ­ üche garan­ tieren C ­ ornelia und Tino Zimmermann. Oft dabei: der einjährige Dean.

«STIVA VEGLIA»

Surselvas schönste Stube

Safran aus Sagogn, Saibling aus dem Val Lumnezia, Fleisch aus der Umgebung – Familie Zimmermann setzt in ihrem Gasthaus in Schnaus auf Einheimisches.

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GRUEN GENUSS

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Text: Elsbeth Hobmeier Fotos: Fabian Häfeli Warmes Holz, Kerzenlicht, weiss aufgedeckte Tische, an den Wänden Fotos von Alberto Giacometti: Der Name von Tino und Cornelia Zimmermanns Restaurant ist gut gewählt. «Stiva Veglia» heisst auf Rätoromanisch so viel wie gemütliche alte Stube. Das Gasthaus liegt etwas versteckt in Schnaus, einem kleinen Dorf in der wunderschönen Bergwelt der Surselva, nur einige Autominuten weg von Ilanz und gar nicht so weit entfernt von Chur und den Bündner Feriengebieten Vals, Flims und Obersaxen. Das Holzhaus ist über 250 Jahre alt, hier logierte bereits der russische General Suworow bei seiner Alpenüberquerung. Im Jahr 1993 wurde es dann zur heutigen Form umgebaut. Alles ist stimmig und stimmt auf höchste kulinarische Freuden ein. Im Entrée steht eine Berkel-Aufschnittmaschine, die Tische zieren Blumendekora­ tio­ nen, welche Tino Zimmermanns Mutter in ihrem Blumen­ laden im zürcherischen Flaach extra für die Stiva kreiert. Eine Augenweide ist auch das alte Stubenbuffet. Sein Fuss diente einst als Stall für die Stuben­ küken, bis sie die richtige Grösse für die Pfanne erreichten. Tempi passati – ­heute kommen die Hühnchen, wie möglichst alle Lebensmittel im Restaurant, von regio­nalen Betrieben. «Das ist mir wichtig», erklärt Tino Zimmermann. «Wir wollen eine erd­verbundene, realistische Küche mit Produkten, die stimmen.» Und so findet sich auf der Karte der «Stiva Veglia» denn auch kein Hum-

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mer, keine Entenleber, keine Meeresfrüchte und kein Meerfisch, obwohl das R ­ estaurant in einer hohen Liga spielt und mit 15 GaultMillau-Punkten und dem einzigen Michelin-Stern in der Surselva ausgezeichnet ist.

1 Das Gasthaus wurde 1761 erbaut und 1993 ­sorgfältig renoviert. 2 Der Saibling stammt aus einer Zucht im Val ­Lumnezia mit umwelt­ freundlicher Aquakultur. 3 Die Safranfelder in Sagogn entdeckte Zimmermann bei einem Spaziergang. 4 Ein kleiner Schwatz vor dem Haus: Tino Zimmer­ mann (r.) mit Silvio Capeder von der Alpenfischzucht ­Lumare.

Statt Entenleber gibts Schnauser Ei, das 45 Minuten niedergegart wird Dafür sind Raritäten wie Saibling aus dem Lumnez, Berg­ kartoffeln aus dem Albulatal oder Wagyu-Rindfleisch aus Alva­neu in Zimmermanns Küche hochwillkommen. Er gerät richtig ins Schwärmen, wenn er von seiner Lieblingskartoffel Early Rose erzählt, die er, nur mit Butter und Salz gewürzt, direkt auf den Teller presst, dann Sauerrahm aus dem nahen Brigels daraufhäuft und mit Kaviar aus dem Tropenhaus Frutigen krönt. Oder vom Ziegenfrischkäse, den er in Cura­ glia entdeckt hat, «ein richtig schönes, weiches Käsli, das ich nur mit etwas Fleur de Sel und Olivenöl würze – super». Eine innige Beziehung pflegt Zimmermann auch zum Safran aus Sagogn. Die violett blühenden Felder entdeckte er einst während eines Spaziergangs mit seinem Hund, fragte nach, erhielt ein Gramm Safran, war begeistert und half mit seinem Team bei der Ernte. Heute geht die Hälfte des gesamten Ertrags in die «Stiva Veglia»-­ Küche, das heisst 100 Gramm. Daraus gibts Saucen, Risotti, Suppen, aber auch mal eine SafranCrème-brûlée. Zudem verkauft er den Safran als beliebtes Mitbringsel in hübschen Gläschen. Besonders angetan hat es dem Koch der Saibling. «Den habe ich immer auf der Karte», betont er, «mal als Vorspeise, mal als Hauptgang.»

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Tino Zimmermann bezieht ihn direkt und topfrisch aus einer Zucht im Val Lumnezia mit umweltfreundlicher Aquakultur. Eine Erfolgsgeschichte sind auch das Kalbstatar und das Schnauser Ei, das er 45 Minuten bei Niedertemperatur gart. Er rechne schon zum Voraus für jeden reservierten Platz mit einem Ei. «Das will einfach jeder!», sagt er und lacht.

Gasthaus www.stiva-veglia.ch (Tel. 081 925 41 21, offen Mi, Fr und Sa ab 18 Uhr, am Do auch über Mittag, So ab 11.30 Uhr)

«Wir wollen eine erdverbundene, realistische Küche mit Produkten, die stimmen.»

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Dies sind zugelassene Arzneimittel. Lesen Sie die Angaben auf den Packungen.

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GRUEN GENUSS

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SAIBLINGFILET AN VERJUSSAFRAN-SAUCE MIT SPARGELN Für 4 Personen Fisch

4 Saiblingfilets  Fleur de Sel  Pfeffer  Olivenöl

Sauce

10 g Zwiebeln, fein gehackt  10 g Butter  1 Prise Safran  ½ dl Verjus  ½ dl Geflügelfond  1,5 dl Saucenrahm  Salz, Pfeffer, Zucker

Spargeln

8 weisse Spargeln  8 grüne Spargeln

Die Fischfilets würzen, mit Olivenöl rundum bestreichen und kurz marinieren. Mit der Haut gegen unten in eine Form oder auf einen ­Teller ­legen und mit durchsichtiger Folie abdecken. Im auf 70 Grad vorgeheizten Ofen je nach ­Dicke 10 bis 12 Minuten garen und danach die Fischhaut abziehen. Für die Sauce die Zwiebeln in Butter kurz andünsten. ­Safran im Mörser zerreiben, mit Verjus auflösen und diese

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Mischung zu den Zwiebeln geben. Etwas reduzieren, dann den Ge­flügelfond und etwas später den Rahm dazugeben und 3 Minuten einkochen lassen. Mit Salz, Pfeffer und einer ­Prise Zucker würzen. Die ­Sauce ­absieben und mit dem Mixer schaumig schlagen. Pro Person zwei weisse ­Spargelstangen schälen, auf ein Stück Alufolie legen, mit Salz, Pfeffer und einer ­Prise Zucker würzen, ein ­Butterflöckchen, einen Spritzer Zitro­nensaft und einige Tropfen Wasser daraufgeben, ­danach die ­Folie rundum zu einem Päckchen verschliessen. Im Ofen bei 180 Grad während 15 bis 20 Minuten garen, bis die Spargeln weich und leicht braun sind. Die grünen Spargeln waschen, das hintere Drittel schälen, ­einige Minuten im heissen Salz­wasser blanchieren. Danach in Eiswasser ab­schre­cken. Die Stangen schräg in drei Stücke schneiden und kurz in heisser Butter schwenken. Zum Anrichten den Fisch mit Sauce beträufeln, die Spargeln ­daneben arrangieren und nach Belieben dekorieren.

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1 + 2 Tino Zimmermann setzt in der Küche auch gerne das Green Egg ein. Saibling an Spargeln mit e ­ iner Sauce aus Verjus und Safran.

Zimmermanns Küche hat den einzigen Michelin-Stern in der Surselva. Auch auf der Terrasse der «Stiva Veglia» lässt es sich geniessen, dort, wo einem die Trauben im Herbst von der Pergola und die Früchte von den eigenen Bäumen fast in den Mund wachsen. Ein Reichtum an Kirschen, Äpfeln, Zwetschgen, Aprikosen, Trauben und Quitten reift da in Griffnähe. Alles wird in der Küche zu Delika­ tessen verarbeitet, zu feinen Desserts, zu Gelee, zu Sorbets. Da kann Tino Zimmermann aus dem Vollen schöpfen – und Cornelia Zimmermann, die den Service leitet, den Gästen stets neue Kreationen anbieten. Zur Wahl stehen immer zwei mehrgängige Menüs plus ein Menu surprise. Die Gänge können beliebig ausgetauscht und kombiniert werden. «Wir sind

da total flexibel», betonen die Zimmermanns. Nette Geste: Wenn der eine Gast am Tisch mehr Gänge als sein Gegenüber bestellt hat, bekommt dieses ein «Nüteli», eine winzige Kleinigkeit, serviert, um nicht vor dem leeren Teller sitzen zu müssen.

Zwetschgen, Quitten und Aprikosen gibts aus dem eigenen Garten Auch der Weinkeller mit vielen Flaschen aus der Schweiz und aus Europa plus Trou­vail­ len in Magnumgrösse lässt sich sehen. Wer es lieber ohne Al­kohol mag, freut sich am aus­ ­gewählten Angebot an Natursäften und Vertschi, dem Durstlöscher aus Verjus.

Saibling aus dem Val Lumnezia www.lumare.ch Safran aus Sagogn www.safranerei.ch Apérogetränk Vertschi www.vertschi.ch


GRUEN SELBERMACHEN

Häng mich um!

Lieblingsstück: Aus Stoffresten und mit eigenem Stempelmotiv lässt sich dieser individuelle Shopper nähen.

Mit dieser Tasche über der Schulter schlendern wir bequem durch den Sommer – dank Kartoffelstempel mit Hinguckergarantie.

Da kommen Kindheitserinnerungen auf: Motiv auswählen, mit dem Messer sorgfäl­ tig in die halbierte Kartoffel ritzen, Textil­ farbe auftragen, und los gehts! Die auffälli­ gen Effekte auf diesem Stoffbeutel sind ganz einfach mit Kartoffelstempeln gezaubert. Das geht auf unifarbenem oder auch gemus­ tertem Stoff – im persönlichen Restenfundus lässt sich bestimmt etwas Passendes finden. Das Berliner Start-up Makerist bietet online K ­ urse, Anleitungen und Zubehör rund ums Nähen, Stricken und ­Häkeln. Bis zum 31. Mai 2019 erhalten Leser mit dem Gutscheincode SI30GRUEN dreissig Prozent auf ausgewählte Onlinekurse. www.makerist.de

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DAS WIRD BENÖTIGT

• 3 feste Stoffe wie Baumwolle oder Canvas für Aussen- und Innenseite • Taschen-Gurtband • Textilfarbe • Pinsel • Kartoffelstempel • Schere • Stecknadeln oder Stoffklammern • Nähgarn • Nähmaschine

Fotos: zvg

VORBEREITUNG

Schneiden Sie die Stoffteile wie folgt zu: 2 × Aussenstoff oben 40 × 35 cm 2 × Aussenstoff unten 40 × 20 cm 2 × Innenstoff 40 × 45 cm

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SCHRITT 1

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Die beiden unteren Aussenstoff-Stücke rechts auf rechts bündig an die Unterkante der oberen Aussenstoff-Stücke aufeinanderlegen und fixieren. Dann knappkantig an der unteren Kante ­absteppen. Enden der Naht verriegeln. Naht­ zugaben auf der linken Seite auseinanderbügeln, beide Teile der Aussentasche rechts auf rechts aufeinanderlegen und fixieren. Anschliessend zusammennähen, die Oberkante dabei auslassen. Für den Boden die geschlossenen Ecken unten auseinanderziehen und die Nähte im Dreieck aufeinanderlegen. Ecke bei etwa 2 cm mit einer Stecknadel fixieren und entlang der Markierung nähen. Ecke hinter der Naht abschneiden, Tasche rechts auf rechts drehen und Ecken ausarbeiten.

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Für die Innenseite die entsprechenden Stoff­ stücke rechts auf rechts aufeinandernähen und knappkantig absteppen, wobei Taschen- plus ca. 10 cm Wendeöffnung ausgelassen w ­ erden. Aussenseite (auf rechts gedreht) in die Innen­ tasche (auf links gedreht) legen. Darauf achten, dass alle Nahtzugaben bündig über­ei­nander­ liegen. Obere Kanten fixieren und absteppen. Wendeöffnung verschliessen. Träger in einem Rechteck auf den Aussenstoff in der gewünschten Länge festnähen.

SCHRITT 5

Tasche mit gewählter Textilfarbe und Kartoffelstempel bedrucken. Fertig!

Eine detailliertere Anleitung gibts auf www.makeri.st/ganz Bio-Stoffe online bestellen www.yingdesign.ch www.karlottapink.ch

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GRUEN GENUSS

Fritz Sahli in seinem Hofcafé. Vor zehn Jahren zerstörte ein Feuer den ganzen Betrieb.

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Diese Rüebli haben es in sich Text: Silvana Degonda Fotos: Stephan Rappo Fritz Sahli nimmt eine Handvoll Karot­ten aus einer Holzkiste. «Heutzutage schauen alle nur auf das Äussere. Dabei kommt es auf die inneren Werte an», sagt der Bauer. Mit einer sanften Bewegung streicht er die getrocknete Erde vom Gemüse. Im Sommer vor zehn Jahren brannte der Hof von Sahli in Uettligen BE nieder – die Flammen zerstörten sein 120-jähriges Bauernhaus. Sahli, seine Frau und die zwei Kinder blieben unverletzt, doch das Feuer hinterliess Spuren. «Es war ein harter Schlag», sagt Sahli. Doch aufgeben konnte er nicht. Sahli schöpfte Kraft und baute

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den Biohof neu auf. «Ich wusste, dieses Mal muss es ganz anders werden.» Es entstand ein mehrteiliger Komplex, der eher an ein Dorf erinnert als an einen tra­ ditionellen Bauernhof. In modernen Holz­ gebäuden findet man heute einen Hofsaal für Seminare und Kunstausstellungen, ein Café, eine Sauna und sogar eine Wohn­ gemeinschaft. Die Bauernfamilie Sahli wohnt in einem der Häuser. Fritz Sahli betreibt Viehwirtschaft, Ackerbau – auf einer Fläche von ungefähr fünfzig Fussballfeldern – und ver­kauft in seinem kleinen Hofladen auch viele eigene Produkte. Neben den Rüebli sind das Eier, Kartoffeln, Rind- und Schweinefleisch. Alles wird biodynamisch mit Demeter-­ Label angebaut. «Mensch- und Tierwohl

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sind mir wichtig. Darum fasziniert mich Demeter», sagt der Bauer. «Mein Hof ist ein geschlossener Kreislauf.» So landet die Gülle auf den eigenen Feldern, wo später das Futter für die Tiere angebaut wird. ­Dabei achtet Sahli auf die Konstellationen der Planeten. Es gebe Tage, die seien günstig zum Säen, andere für die Ernte. Fritz Sahli nimmt sich ein Rüebli, schneidet es in ganz dünne Scheiben und probiert davon. «Man merkt den Unterschied einfach am Geschmack.» 1 Eines der neuen Häuser auf Sahlis Biohof. Coop unterstützt den innovativen Bauern. 2 Ab Ende April werden die ersten DemeterRüebli gesät. Bis Ende Oktober werden sie geerntet und im Winter eingelagert. 3 «Die Erde ist wichtig, sie schützt das ­Gemüse vor dem Austrocknen.»

Der Biohof www.schuepfenried.ch Demeter Schweiz www.demeter.ch Bio Suisse www.bio-suisse.ch Coop www.coop.ch

Fotos: Fritz Sahli (2)

Fritz Sahli ist leidenschaftlicher Bauer. Sein Lebenswerk ist der Biohof Schüpfenried. Dass dieser heute so innovativ ist, verdankt der Berner auch einem Grossfeuer, das seinen Traum fast zerstört hätte.


Money GRUEN

DESIGN SHOPPING INNOVATION AUTO

Fotos: zvg (2)

HIER WOHNT DIE SICILIANITÀ DOLCE VITA Im Herzen des Val di Noto, im Südosten Siziliens, hat ein junges Mailänder Architektenpaar eine kleine Oase erschaffen – die Casa Talía. Die Zimmer des Boutique-Hotels verteilen sich auf verschie­ dene Häuschen und wurden mit natürlichen und ökologischen Materialien restauriert. Alle bieten Sicht auf die Barockstadt Modica, ein UnescoWeltkulturerbe, und haben Zugang zum Hotelgarten. Dort wird unter ­Olivenbäumen gefrühstückt oder einfach entspannt. www.casatalia.it

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GRUEN HANDWERK

Aus dem richtigen Holz geschnitzt Löffel gehören zum ältesten Besteck der Mensch­heit – Patrizia Keller interpretiert den Alltags­ gegenstand für ihr Label Foifedrissg neu und verleiht ihm puristische Eleganz. Dafür verwendet sie ausschliesslich heimische Holzresten.

1 Vom Holzstück zum ­Besteck: Die Aushöhlung ist einer der ersten ­Schritte und verlangt viel Fingerspitzengefühl. 2 Bei Patrizia Keller ­entsteht jeder Löffel in Handarbeit. 3 Die Designerin arbeitet immer an mehreren ­Löffeln gleichzeitig. 4 Patrizia Keller hat sich das Schnitzen selber ­beigebracht. Mittlerweile bietet sie auch Kurse an. 5 Jeder Löffel ist ein ­Unikat und aus heimischem Holz gefertigt. Nach dem Schleifen zeigt sich die ­individuelle Maserung.

Text: Lisa Merz / Fotos: Nico Schärer

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Manche Dinge sind so alltäglich, dass wir sie kaum mehr bemer­ ken. Löffel zum Beispiel. Am Morgen rühren wir damit un­ seren Kaffee um, am Mittag brauchts ihn für die Suppe, und am Abend salzen wir damit das Spaghettiwasser. Besucht man Patrizia Keller in ihrer Werkstatt in Volketswil ZH, rückt dieser ­Gebrauchsgegenstand plötzlich ins Rampenlicht. Löffel in unzäh­ ligen Formen, Farben und Grös­ sen liegen in Schachteln bereit oder warten auf den nächsten Schliff. Alle sind aus Holz gefer­ tigt. Bei der Verarbeitung kommt die Eigenart jedes Baumes zum

«Ich arbeite mit dem Abfall der Schreinereien, weil ich nicht einsehe, warum für mich extra ein Baum gefällt werden sollte.» 74

Vorschein: das helle Weissgelb der Linde, die dunkle, gleich­ mässige Maserung der Birne oder der warme Duft der Arve. «Ich arbeite nur mit heimischen Hölzern», sagt Patrizia Keller. So stapeln sich in ihrer Werkstatt auch Stücke von Nussbaum, Ulme, Birke, Esche oder Obst­ bäumen. Oft sind es nur kleine Abschnitte, Reste reichen ihr. «Ich arbeite sozusagen mit dem Abfall von Schreine­ reien. Das ist doch besser, als das schöne Holz einfach zu verbrennen. Zu­ dem sehe ich nicht ein, warum für mich extra ein Baum gefällt werden sollte.» Ihren ersten Löffel schnitzte Pa­ ­ trizia Keller vor vier Jahren. «Einfach so, weil mich das Mate­ rial faszinierte», sagt die 32-Jäh­ rige. Durch ihre Ausbildung als Produktdesignerin hat sie schon früher mit Holz gearbeitet. Nur sass sie dabei mehrheitlich vor dem Computer. «Obwohl ich gerne etwas mit meinen Händen erschaffe.» Einen Schnitz­ kurs hat sie nie besucht, dafür studierte sie Tutorials auf You­ tube und liess sich von Instagram inspi­rieren. Es dauerte ein Jahr, bis Patrizia Keller ein paar Löffel

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Kurse schreibt Patrizia Keller auf ihrer Website aus www.foifedrissg.ch Buch «Löffel» von Autor Barn the Spoon www.orellfüssli.ch

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her­gestellt hatte, die sie auf ei­ nem Weihnachtsmarkt verkau­ fen konnte. Seither vergingen et­ liche Übungsstunden, und noch immer ist Patrizia Keller vom Ge­ genstand fasziniert: «Ich finde ihn das Schönste der drei Ess­ bestecke, er hat etwas Ursprüng­ liches und Archetypisches.» Als Erstes zeichnet Patrizia Keller mit einem Bleistift die Konturen eines Löffels auf ein passendes Stück Holz. Dann spannt sie es zwischen einen Schraubstock und beginnt mit einem Aushöhl­ messer die Vertiefung zu schnit­ zen. Erst danach schneidet sie die Konturen mit der Bandsäge grob nach. Ab dann braucht es die Werkstatt nicht mehr unbe­ dingt, Messer und Schleifpapier reichen. «Wenn es schön ist, ­mache ich das gerne draussen. Dabei kann ich voll abschalten», sagt Patrizia Keller. In stunden­ langer Arbeit trägt sie Schicht für Schicht ab. Holzspäne fliegen auf den Boden, liegen in kleinen Haufen auf der Werk­ bank. Mit jedem Schritt wird die Form sichtbarer, das Holz glatter. Ist ein Löffel fertig geschnitzt, taucht sie ihn kurz in kochendes Wasser. So stehen die Holzfasern

nochmals auf, und der Löffel kann ein letztes Mal geschliffen werden. Zum Schluss wird alles mit einem kalt gepressten Leinöl eingerieben, Olivenöl eignet sich nicht, das riecht schnell ran­ zig. Auch Buttermesser, Schnei­ debretter und Teller entstehen im gleichen Verfahren. Ihr Wissen gibt Patrizia Keller in Kursen weiter. Dort lernen die Teilnehmenden, wie man von Grund auf einen Löffel schnitzt. Nach mehreren Stunden ho­ beln, sägen und schleifen (ein paar unschöne Blasen an den Fingern inklusive), bekommt ein einfacher Gegenstand eine an­ dere Bedeutung – er wird zum Unikat.

PATRIZIA KELLER MEIN SCHWEIZER DESIGN Tasche «Ich habe seit den Anfängen von Qwstion einen Tote-Rucksack als ständigen Begleiter dabei. Mobil, ­alltagstauglich, schlicht und schön gelöst. Dazu sind die Produkte hoch­ wertig verarbeitet.» Werkzeug «Als Löffelschnitzerin bin ich natürlich Fan der Tools der Schweizer Firma Pfeil.» Küchenhelfer «Ich liebe es zu kochen. Von teuren, übergrossen elektrischen Maschinen bin ich allerdings nicht so begeistert. Daher ist die Zyliss ein häufig und gern gebrauchtes Gerät in meiner Küche.»

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GRUEN INNOVATION

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Um Karnivoren glücklich zu machen, strebt die Lebensmittel­in­ dustrie einen Biss und eine Kon­ sistenz an, die der von Fleisch möglichst ähnelt. «Da Burger sowieso aus einer eher undefinierbaren Masse bestehen, funktioniert die Imitation dort gut», sagt Andrea Stau­dacher. Um die Kopie noch echter zu machen, hat der Hersteller des Impossible Burger, ebenfalls eine kalifornische Firma, aus pflanzlichem Hämoglobin einen Stoff entwickelt, der ihre Burger «bluten» lässt.

Die Schweiz holt auf: An der ETH wird Pflanzen-Poulet hergestellt

1 Soll wie Fleisch schmecken: der Beyond Burger. 2 Andrea ­Staud­acher von Future Food Lab beschäf­tigt sich mit Protein­ alternativen.

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Nach Angaben von Beyond Burger soll dieser neunzig Prozent weniger Treibhausgase verur­ sachen als ein Burger aus Rindfleisch. Allerdings ist da der Transport von Kalifornien in die Schweiz nicht eingerechnet. Nach­ haltiger wäre es, solche Produkte hier zu produzieren. Das finden auch die Gründer von Planted. «Das Fachwissen, um aus Pflanzen Fleisch herzustellen, haben wir», sagt Lebensmittelwissenschaftler Lukas Böni, der das Start-up mit Pascal Bieri und Eric Stirnemann an der ETH Zürich gegründet hat. Seit zwei Jahren sind sie am Entwickeln.

Täuschend echt? FakeFleisch ist im Kommen Text: Barbara Halter

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Das Restaurant Helvti Diner hat zum Testessen geladen: Serviert wird ein Burger, der wie ein Burger aussieht und schmeckt, aber ohne Fleisch auskommt. Seit Kurzem importiert das Zürcher Gastrounternehmen den pflanzlichen Beyond Burger aus den USA. Neu ist Fleischersatz nicht, TofuWürstchen haben Vegetarier schon in den Achtzigerjahren gegessen. Grosse Burgerketten führen längst eine vegetarische Alternative im Angebot. Doch der Beyond Burger gehört zu einer neuen Gattung. «Seine ­ Zielgruppe sind Menschen, die Fleisch mögen und gern essen, sich deswegen aber in einem moralischen Dilemma befin-

den», sagt Andrea Staudacher von Future Food Lab, die beim Tasting dabei ist. Die Bernerin ist bekannt als Insektenköchin und beschäftigt sich als Designerin auf genussvolle Weise mit dem Thema Proteinalternativen. In Kalifornien, wo der Beyond Burger herkommt, ist er nur einer unter vielen. Für die Lebens­ mittelindustrie tut sich mit den Flexitariern, wie die Teilzeit­ vegetarier genannt werden, ein neuer, riesiger Markt auf. In die Firma Beyond Meat, die neben dem gleichnamigen Burger auch «Hackfleisch» oder «Würstchen» produziert, investieren Grössen wie MicrosoftGründer Bill Gates oder Schauspieler L­ eonardo DiCaprio.

Helvti Diner www.helvti-diner.ch Beyond Burger www.beyondmeat.com Poulet aus Pflanzen www.planted.ch

g n i k s a T M ul t i Fotos: zvg, Peter Klaunzer / Keystone

Burger aus Pflanzen, das ist an sich nichts Neues. Neu hingegen ist, dass Fleischersatzprodukte auch wie das tierische Original schmecken und aussehen sollen – inklusive Blut.

«Die Zielgruppe sind Menschen, die Fleisch mögen, sich deswegen aber in einem moralischen Dilemma befinden.»

Erst arbeiteten sie an e ­inem ­Burger, schwenkten dann aber um auf «Poulet». «In diesem Bereich gibt es noch nicht so viele Produkte.» Ihr Pflanzen-Poulet, ­ das vom Proteingehalt dem tierischen Original ebenbürtig ist, basiert auf Gelberbsen. Es enthält weder Soja noch Weizen. Hergestellt wird es in einem Prozess, welcher der industriellen Pastaherstellung ähnlich ist. Protein und Fasern der Gelb­erbse werden mit Wasser gemischt und unter verschiedenen Druckund Temperaturstufen zu einer faserigen Struktur geknetet. «Bezüglich Konsistenz und Textur kommen wir einem Poulet sehr nah», sagt Böni. Zurzeit gehen er und seine Kollegen die Vermarktung an. Als Erstes peilen sie die Gastronomie an. «Fleischersatzprodukte haben leider nicht so einen guten Ruf. Falsch zubereitet, schmecken sie oft nicht. Wenn aber unser Poulet im Restaurant als Gericht überzeugt, werden die Leute hoffentlich Lust bekommen, es auch im Geschäft zu kaufen.» Seit Ende April ist der Beyond Burger in den Coop-Filialen erhältlich. Er ist nicht bei den Vegiwürstchen und Tofuschnitzeln zu finden, sondern im Tiefkühlregal neben den Fleischprodukten.

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GRUEN SHOPPING

Zeit für Barfusswetter

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Spätestens jetzt ist das Velo wieder startklar. Die Frühlingsluft belebt und macht Bärenhunger auf Grünzeugs. Mutige wagen einen ersten Sprung ins Wasser. Willkommen im Mai!

FRÜHLINGSMÜDIGKEIT

In der Bettwäsche Seebach schläft es sich gut. Sie ist nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip hergestellt. Von Atelier Pfister, ab CHF 14.95

Redaktion: Barbara Halter

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MULTITALENT FÜR DEN KÖRPER

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Pflanztopf von Skagerak aus Terrakotta, fürs Wohnzimmer oder auf den Balkon. Nicht ­winterhart. Bei Globus, Ø 18 cm CHF 49.90

Bio-Pesto von Naturaplan mit Hanfsamen aus Österreich und Basilikum. Im Coop ­Supermarkt, 160 g CHF 5.50

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Handgeflochtenes Tischset aus Bananen­ fasern, aus fairer Produktion in Indien. www.arthacollections.com CHF 19.–

Die Hautcreme Skin Food stellt Weleda seit 90 Jahren her, neu gibt es zusätzlich eine Light-Version. Im Fachhandel CHF 12.–

Fair-Fashion-Bademode der Schweizerin Sara Zbinden, z. B. Zweiteiler Nilu. www.puraclothing.com, Top und Slip je CHF 75.–

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ZARTBITTER

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Mit Kokosschokolade überzogene Pistazien und Mandeln, verfeinert mit Kakaostaub. www.mymuesli.com, 120 g CHF 8.90

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SALZIG UND SÜSS

Modell Madrid ist ein Birkenstock-Klassiker. Es gibt ihn auch in einer veganen Ausführung. www.birkenstock.com/ch CHF 70.–

Chli stinke muess es: Bio-Kichererbsenpaste mit Sesam und Bärlauch. Von Coop Naturaplan, 175 Gramm CHF 4.95

Vorgestellte Labels www.clipper-teas.com www.weleda.ch www.bambusliebe.de www.skagerak.dk www.pfister.ch www.gesal.ch

Bio-Popcorn, aus Mais und Sonnenblumenöl hergestellt und verfeinert mit Rübenzucker und Meersalz. Bei Alnatura CHF 1.70

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Fotos: Paul Seewer (1), zvg

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POWER FÜRS GRÜNZEUGS

Oecoplan Gesal Obst- und Gemüsedünger. Eignet sich gut für die Tomaten auf dem ­Balkon. Bei Coop, 1 Liter CHF 9.95

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SUMM, SUMM, SUMM

Wildbienen-Nisthilfe zum Aufstellen oder ­Aufhängen im Garten und auf dem Balkon. Bei Do it + Garden Migros CHF 69.90

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SCHUTZ FÜR DIE KLEINEN

Einmal am Tag eincremen reicht: Sonnenschutz Skinnies Kids mit Lichtschutzfaktor 50. Ab drei Monaten. www.skinnies.ch CHF 44.–

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Die Tasche Bag-in-Bag hilft und verschwindet nach Gebrauch wieder klein gefaltet in der Handtasche. www.shop.wwf.ch CHF 15.90

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Bio-Kräutertee Purify Me mit Fenchel, ­Holunderblüten und Rosmarin. Gesehen bei Migros. 20 Teebeutel CHF 5.90

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ZERO WASTE

Für diese Bouillon im Glas wird Gemüse ­verwendet, das nicht mehr verkauft werden kann. www.foodoo.world, 6 × 220 g CHF 39.–

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DAS BADEZIMMER AUFWERTEN

Badeteppich Ufer, aus hundert Prozent recycelter Baumwolle, handgewoben in Portugal. www.kollektivvier.ch, 50 × 70 cm CHF 119.–

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AUSFLÜGE INS GRÜNE Ein Bahnhof ohne Schienen, die schönste Toilette der Schweiz oder ein Bergrestaurant von Herzog & de Meuron? Das findet man alles rund um den Säntis! Aufgespürt und mit Gusto beschrieben haben die «111 Orte» die Journalistinnen Nina Kobelt und Silvia Schaub, beide verbandelt mit dem Toggenburg. Wir raten: das Buch einpacken, hinfahren und mit Biberli und Bloder­ chäs wieder nach Hause kommen. www.emons-verlag.com, ca. CHF 24.–

Öko-Zertifizierungen www.epeaswitzerland.com/cradle-to-cradle www.bio-suisse.ch www.natrue.org

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GRUEN AUTO

nichts mit Esoterik zu tun, aber ich denke da ganzheitlich. Ganzheitlich auch in Sachen Natur? Natürlich, denn Naturnähe ist für mich ganz selbstverständlich. Ich bin ja ein Seekind: So cool es in Zürich ist, so schön ist es, ­wieder zurück in den grünen Thurgau zu gehen. Apropos grün: Wie ökologisch sind Sie? Da müsste man erst einmal definieren, was das heisst. Aber mein Naturbewusstsein ist ausgeprägt. Am Ende bin ich natürlich inkonsequent: Muss ich ins Trainings­ lager nach Südafrika, fliege ich eben nach Südafrika – auch wenn Vielfliegerei ver­ werflich ist. Aber kann ich zum Beispiel Plastiktüten vermeiden, vermeide ich sie auch. Und kann ich per Bahn an einen Event, nehme ich den Zug statt das Auto. Wäre ein Plug-in-Hybrid- oder Elektroauto eine Alternative zu Ihrem BMW X4? Absolut, ich kann mir das sehr gut vor­ stellen! Ich bin kein Experte, und sicher muss man die Ökobilanz kritisch hinter­ fragen. Aber rational weiss ich: Die Wende ist im Gange, irgendwann fährt alles elek­ trisch. Ich selbst mache 25 000 Kilometer im Jahr, weshalb das Laden des Akkus für terschaft oder WM. Im ersten Moment ist mich heute noch unpraktisch ist. auch die Goldmedaille einfach ein gewonWas ist Ihnen an einem Auto neben der nenes Rennen. Was sie wirklich bedeutet, Energieeffizienz noch wichtig? realisiert man erst später durch die Reak­ Ästhetik, aber sie ist nicht entscheidend, tionen und Anerkennung der Leistung. sondern Komfort und das Fahrgefühl. Wie kommt man, wie Sie, vom Fussball Denn ich fahre wirklich sehr gerne. beim FC Tägerwilen zu den 400 Meter Fahren Sie sportlich flott, schweizerisch Hürden? korrekt oder ägyptisch chaotisch? Ich hatte immer den Traum, Profisportler zu Ägyptisch wie in Kairo – also zehn Autos werden und Medizin zu studieren. Mit Fussnebeneinander – geht bei uns ja nicht. ball wärs nicht gegangen. Also wollte ich Ich fahre sportlich, aber korrekt. Ich halte erst Zehnkämpfer werden, habe Disziplinen immer Abstand, und dann drücken sich getestet – und bei den 400 Meter Hürden alle in die Lücke rein. Aber ich rege mich war klar: Damit kann ich mich identifizieren. nicht auf, das bringt nichts. Letztes Jahr wollten Sie parallel zum Wie schaltet ein Profisportler mal ab? Staatsexamen an der EM antreten. Mit Familie und Freunden und wie im Wieso tut man sich diese Belastung an? Weils Spass macht! Ich ­Training lieber qualitativ als quantitativ: Ich braumüsste nicht – aber ich che keine drei Wochen will! Ich gebe aus LeidenFerien. Lieber drei Tage schaft alles für meine zwei intensiv abschalten. Da Passionen: Ich trainiere lege ich auch konsequent zwar fünf bis sechs Tage das Handy weg. die Woche je vier bis fünf GAS GEBEN SPART SPRIT Nicht abschalten werden Es klingt widersinnig, ist Stunden, aber jeder Tag Sie sportlich. Was sind hat volle 24 Stunden. aber wahr: Beschleunigen Ihre Ziele für 2019? Sie hatten dann Verletsollte man nicht mit Voll-, Das Ziel jedes Sportlers ist zungspech, die Medizin wohl aber viel Gas. Dann natürlich die WM. Aber kam an ihre Grenzen. verwertet der Motor den Treibstoff effizienter, als davon sprechen wir jetzt Beeinflusst das Ihr Vermal noch nicht: Ich will hältnis zum Arztberuf? wenn man sich langsam der zur Weltspitze aufschliesAbsolut. Es gibt einfach gewünschten Geschwindigauch Energieflüsse jenseits keit nähert. Wichtig bleibt, sen und endlich wieder Rennen gewinnen! der Schulmedizin. Das hat dabei früh hochzuschalten.

«Im ersten Moment ist auch die Goldmedaille einfach ein gewonnenes Rennen. Was sie wirklich bedeutet, realisiert man erst später.»

KARIEM HUSSEIN

«Mein Naturbewusstsein ist ausgeprägt» Im Sport zählt, schnell zu sein und dabei mit den Ressourcen zu haushalten. Der Leichtathlet Kariem Hussein meistert das so wie der neue BMW i8 Roadster.

Interview: Timothy Pfannkuchen Fotos: Andreas Graber «Sieht aus wie im Hollywood-Studio», sagt Kariem Hussein, 30, zur Begrüssung. In der Tat: Das AZA in Andelfingen ZH, Übungsort für Feuerwehren, Militär und Zivilschutz, wirkt wie aus einem Science-Fiction-Film. Der futuristische Plug-in-Hybrid BMW i8,

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neu als Roadster zu haben, sowieso – und auch der EM-Goldmedaillen-Gewinner über 400 Meter Hürden hat einen Hollywood-reifen Auftritt: athletische Figur, harmonische Gesichtszüge, coole Klamotten. Wir staunen übers Marilyn-MonroeSujet im Innenfutter von Husseins Blazer. «Von Fashion & Image, der Firma eines Kollegen», sagt Hussein schmunzelnd: «Ich kaufe zwar ab Stange, muss aber trotzdem dauernd damit zum Schneider mit meiner ­speziellen Figur.» Auch Husseins Karriere ist speziell. Der 1,91 Meter grosse Athlet aus Tägerwilen TG ist zugleich Arzt. Und als Sport-Star angenehm nahbar: Als sich AZA-Mitarbeiter ein Erinnerungsbild mit Hussein wünschen, ist er sofort mit dabei.

FACTS & FIGURES BMW i8 ROADSTER

Antrieb Plug-in-Hybrid (1,5-LiterR3-Turbobenziner hinten und E-Motor vorne), 374 PS, 570 Nm, Sechsgangautomat, Allradantrieb   Fahrleistungen 0–100 km/h 4,6 s, Spitze 250 km/h, E-Reichweite 53 km   Verbrauch 2,0 l + 14,5 kWh/100 km, 46 g/km CO2-Ausstoss, Energie C   Masse L/B/H 4,69/1,94/1,29 m, 1670 kg, Laderaum 88 + 100 Liter   Preis ab CHF 177 900.–

Kariem Hussein www.kariem.ch BMW www.bmw.ch Schweizerischer Leichtathletikverband www.swiss-athletics.ch Fotografiert wurde

GRUEN: Kariem Hussein, sind Sie in erster Linie Athlet oder Mediziner? Beides! Da gibts kein Entweder-oder. Ich werde auch oft gefragt, ob ich Schweizer oder Ägypter sei. Ich bin einfach beides und ebenso Schweizer wie Ägypter. Sie haben letztes Jahr Ihr Staatsexamen absolviert. Arbeiten Sie schon als Arzt? Noch nicht. Ich assistiere und sammle Erfahrung. Auch meine Fachrichtung ist noch offen, möglicherweise Sportmedizin. Sie sind fünffacher Schweizer Meister, haben EM-Gold und EM-Bronze geholt und den Sieg bei Weltklasse Zürich. Wie fühlt es sich an, Gold zu gewinnen? Man freut sich einfach, denn gewinnen will man ja jedes Rennen, ob Thurgauer Meis-

GRUEN FAHRTIPP

Kariem Hussein im Ausbildungszentrum Andelfingen (AZA) des Amtes für Militär und Zivilschutz des Kantons Zürich amz.zh.ch

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GRUEN

Impressum Leitung Publikumszeitschriften Stefan Regez Leitung GRUEN Nina Siegrist Redaktionsleitung Barbara Halter, Lisa Merz Mitarbeit Karin Anna Biedert, Silvana Degonda, Manuela Enggist, Elsbeth ­Hobmeier, Kristina Köhler, Anita Lehmeier, Timothy Pfannkuchen, Monique Ryser

ANITA LEHMEIER

DIE GRUEN-KOLUMNE

Alles Greta oder was?

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Grafik / Produktion Martina Mayer Müller (Leitung / Layout), Jonas Messmer; Pirmin Beeler, Anna Haas (Illustration)

­ lasenentzündung.» Dass das vor vierzig B Jahren in Gösgen war, liess sie unerwähnt. Aber sie fände all die marschierenden Youngster «irgendwie süss. Dieses jugend­ liche Ungestüm!» Es tue sich ja auch ­Konkretes, wusste ein anderer und nannte ein Beispiel: Wegen Greta und dem Klima nähmen heuer alle Maturanden im Kanton den Zug statt den Flieger. Und der Sitznachbar klärte die Oma auf, dass viele Schüler ihre verklima­streikten Freitags-Schulstunden mit Waldputzen und Sozialdienst nach-«sitzen» würden. Das Gespräch kreiste weiter um die Klima­ jugend. Immerhin das ist Greta gel­ungen:

Satztechnik Dominic Koch Design Beling Thoenen Design Bildbearbeitung Ringier RedaktionsServices Korrektorat Irène Müller, Susan Winkler Verlag Ringier Axel Springer Schweiz AG, Flurstrasse 55, Postfach, 8021 Zürich, Tel. 058 269 20 00, gruen@schweizer-illustrierte.ch Leiter Content- & Marketing-Partnerschaften Thomas Passen Sales Publikumszeitschriften Tanja Schwarz Vermarktung Admeira SA, Flurstrasse 55, Postfach, 8021 Zürich, Tel. +41 58 909 99 62, salesservices@admeira.ch Anzeigenpreise und AGB www.admeira.ch Chief Executive Officer Bertrand Jungo CCO & Managing Director Print & Digital Frank Zelger Business Unit ­Director RASCH Beniamino Esposito Media Service Print Esther Staub

«Besser, sie marschieren, als dass sie ­Drogen nehmen oder Häuser besetzen.» Es wird über sie geredet. Chapeau! Leider weniger über ihr Anliegen als über ihr ­Vorgehen. Meine Greta-Runde voller Eltern und Älteren gibt da nur den allgemeinen Tenor wieder zum Thema Klimajugend. Zwischen «nett, aber naiv» und «hysterisch», mit wenigen Gegenstimmen. Ab fünfzig nimmt offenbar das Interesse an der Zukunft sprunghaft ab, weil man ein­fach weniger davon hat. Rein rechnerisch geht das schon auf, moralisch gesehen nicht. Die Ängste der Jungen um unseren Plane­ ten zu ignorieren, halte ich für hochgradig unanständig, zumal die Fakten und ­Prognosen fürs Sorgenmachen sprechen. Tja, liebe Klima­jugend, das bedeutet für Euch wohl oder übel: Weitermachen!

Aktivismus www.klima-allianz.ch Gletscher-Initiative www.klimaschutz-schweiz.ch

Druck Swissprinters AG, 4800 Zofingen, Tel. 058 787 30 00 Papier Inhalt: Furioso matt, FSC®zertifiziert, 80 g/m2; Umschlag: WFC, matt gestrichen, FSC-Mix, 200 g/m2

Foto: Christian Hug

Da geriet ich neulich in so ein Vornamen-Gespräch rein. Die ­Diskussion entfachte sich an, ja, raten Sie mal: Greta. Greta ist ja grad in aller Munde. Seit dem WEF in Davos kennt nun jeder und jede Greta Thunberg. Und hat eine Meinung zu ihr und den ­jungen Klima­streikern. Nicht immer eine fakten­basierte, aber eine dezidierte schon. Das werdende Elternpaar bestätigte jedenfalls, mit der Namenswahl durchaus der Teenage-Klima­aktivistin zu ­huldigen. «Ist doch toll, was das mutige Mädchen erreicht hat. Eine Heldin. Ihr gebührt der Nobelpreis», so ihre Begrün­ dung. «Doch nicht die kleine Schwedin, die ­weltweit Kinder zum Schulschwänzen ­verführt?», fragte die werdende Oma mit hochgezogener Augenbraue. «Sei froh», meinte ihr Gatte, «besser so, als einen Kinderstar aus Funk und Fernsehen als Namensgeber zu haben. Denk an all die armen Kevins und Hannahs.» Zurück zu Greta. «Also ich würde mein Kind niemals nach einem traurigen Mäd­ chen benennen, das wie eine moderne Heilige gehypt wird», dies eine weitere Meinung zur Wahl. «Der Rummel um sie wird sich legen. Der ums Klima gleich mit», meinte ein anderer, «spätestens, wenn die Kids dann mal ihr erstes Auto haben. Wenn die Realität die Romantik ­verdrängt.» ­Süffisant erinnerte der Ü50er an das Waldsterben: «Daraus ist ja auch nix geworden.» Ein paar Pro-Greta-Stimmen gabs dann auch noch. Zum Beispiel die: «Besser, sie marschieren und lärmen ein wenig, als dass sie Drogen nehmen und Häuser besetzen.» Oder die: «Also ich war auch mal Umweltaktivistin. Beim Sitzstreik gegen AKW holte ich mir eine böse

Bildredaktion Susanne Märki (Leitung), Regula Revellado

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neutral Drucksache No. 01-19-175976 – www.myclimate.org © myclimate – The Climate Protection Partnership


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