1.80 Euro Januar 2012 | 90 Cent für den Verkäufer
bodo Das Straßenmagazin
04 | Adolf Winkelmann | Heimat, Theater, fliegende Bilder 08 | »Eva‘s Fahrt ins Paradies« | Historischer Jahrmarkt in der Jahrhunderthalle 14 | »Die Meinungsfreiheit gilt draußen« | Ein Besuch in der Thier-Galerie 21 | 16 Verlosungen | z.B. Geierabend 2012 – »Durch das wilde Ruhrdistan«
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02 EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser, willkommen zum ersten Straßenmagazin 2012!
berichten von seiner „Reise ins U“ im Dortmunder Schauspielhaus. Und auch in unserem Interview mit
Während einerseits gerade ein ereignisreiches und für uns durchaus erfolgreiches Jahr zu Ende gegangen ist, beginnt nun schon der nächste Countdown.
den Geierabend-Machern Günter Rückert und Martin Kaysh geht es u.a. um den Turm.
In den nächsten Winterwochen gibt es eine Menge
Dass wir Schwierigkeiten mit dem ECE-Einkaufszen-
zu tun, denn zum Frühlingsanfang möchten wir
trum Thier Galerie in Dortmund, der Platzhirsch-
schon einen weiteren Neubeginn hinter uns haben.
mentalität seiner Betreiber und der Unterwürfigkeit
Wenn Sie es noch nicht wissen: bodo zieht um!
von Stadt und Lokalpresse haben, hat sich vielleicht
Mehr als 30 Arbeitsplätze wandern vom Dortmunder Hafen zum Schwanenwall. Nicht jedeR bekommt
schon herumgesprochen. Seit dem Nikolaustag haben wir einen weiteren Grund dafür. Mein Text über den „scheinöffentlichen Raum“ Thier Galerie
einen eigenen Schreibtisch, aber allein der Umzug
(S.14) erschien zuerst bei den Ruhrbaronen und stieß
von Verwaltung, Teamleitungen und Redaktion ist kein Pappenstiel. Kein Vergleich jedoch zum Umzug unseres Buchladens und der Online-Buchbestände.
deutschlandweit auf große Resonanz. Den Dialog über öffentliche Räume und die Freiheit von Kunst und Presse möchten wir in diesem Jahr weiterführen.
Auch wenn viel auf uns zukommt: Wir freuen uns riesig auf die neuen Räume, den zentralen Standort
Neu in diesem Jahr sind zwei Kolumnen. Auf dem
und Möglichkeiten, die er bietet.
Platz, auf dem Perik Hillenbach zuletzt die Metropole Ruhr „buchstabierte“, präsentieren wir nun unter
Unsere Spendenaktion „Ein Dach, unter dem Platz für alle ist“ hat nun ein konkretes Ziel: Ihre Spenden ermöglichen uns, Renovierung, Neueinrichtung und Umzug zu finanzieren, Kosten, die wir im laufenden Betrieb einfach nicht aufbringen könnten.
dem Titel „Lesebühne“ Texte der lebendigen PoetrySlam- und Lesebühnenszene der Region. Den Anfang macht bodo-Langzeitkolumnistin Nina Mühlmann, u.a. Mitglied der Lesebühne „Guten Tacheles“. In der zweiten Kolumne gibt Rechtsanwalt René Boyke
Herzlich bedanken möchten wir uns bei allen, die
Tipps für den Umgang mit juristischen Fragen.
mit ihrer kleinen oder größeren Geldspende schon zum Gelingen dieses Projekts beigetragen haben. Ein schöner, vierstelliger Betrag ist bereits eingegangen und lässt uns zuversichtlich nach vorn schauen.
Wir freuen uns über Ihre Fragen, Ihr Lob und Ihre Kritik. Schreiben Sie uns oder besuchen Sie uns in uns in Bochum oder Dortmund. Und empfehlen Sie uns weiter: Je mehr LeserInnen bodo findet, desto
Vielen Dank!
mehr Menschen in Not kann unser Projekt helfen.
In diesem Heft liegt ein Schwerpunkt ungewöhnlicherweise beim Thema Kultur, genauer beim Leuchtturm und Finanzierungs-GAU Dortmunder U. Wir porträtieren den Mann hinter den lebenden
Ich wünsche Ihnen ein gutes 2012. Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de
Bildern, den Filmemacher Adolf Winkelmann und
IMPRESSUM
2
BODO E.V. – SO ERREICHEN SIE UNS
Herausgeber und Verleger:
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Redaktions- und Anzeigenschluss:
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bodo e.V.
René Boyke (rb), Wolfgang Kienast (wk),
für die Februar-Ausgabe 10.11.2012
Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
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Maike, Nina Mühlmann (nm), Marcus Preis
Anzeigen:
Post: Postfach 10 05 43 | 44005 Dortmund
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(mp), Bastian Pütter (bp), Benedikt von
Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 7
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Randow (bvr), Rosi, Dr. Birgit Rumpel (biru),
gültig ab 01.03.2009
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Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.:
Sebastian Sellhorst (sese)
Vertriebe:
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Bastian Pütter | redaktion@bodoev.de
Fotos: Claudia Siekarski (S.2,3,4,5,7,10,11,
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17,20,29,32,33,34,38), Rudi Schleifer (S.9),
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Redaktionsanschrift:
Jahrhunderthalle Bochum (S.8), Schauspiel
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Dortmund (S.12), pixelio.de (S.18), Rita Ka-
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übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehal-
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03
INHALT
02 Editorial | Impressum 04 Menschen Adolf
Winkelmann von Dr. Birgit Rumpel
Der Dortmunder Filmregisseur Adolf Winkelmann ist einer der wenigen
Unser Titelbild der Januar-Ausgabe:
erfolgreichen Medienschaffenden, die dem Ruhrgebiet treu geblieben
Adolf Winkelmann (siehe S.4 und 12).
sind. Wir sprachen mit ihm über Heimatgefühle, Experimentierfreude und
Foto: Claudia Siekarski
fliegende Bilder. 06 Neues von bodo 07 Maikes Verkäufertagebuch 08 Straßenleben Historischer
Jahrmarkt von Marcus Preis
Bereits zum fünften Mal findet in Bochum der größte historische Jahrmarkt unter einem Dach in Europa statt. Die prachtvolle Jahrhunderthalle als Zeugnis vergangener Industriekultur liefert das perfekte Ambiente dieser
18 Der Kommentar Hilfe
für Neuzuwanderer von Bastian Pütter
Sie wurde bekämpft, kriminalisiert und für beendet erklärt, die Zuwanderung von EU-BürgerInnen aus Bulgarien und Rumänien. Nun nimmt sich Dortmund zaghaft der Neuzuwanderer an.
Sammlung alter Volksfestrelikte. Eines der Highlights ist eine Berg- und
18 News | Skotts Seitenhieb
Talbahn von 1939, die noch zu hundert Prozent aus Originalteilen besteht.
20 Lesebühne Schwarzfahren
10 Neues von Rosi | von bodo-Verkäuferin Rosi
in Herne von Nina Mühlmann
Vom Papier vor‘s Mikrofon auf‘s Papier. In unserer neuen Kolumne stellen wir Texte der lebendigen Poetry-Slam- und Lesebühnenszene der Region
11 Verkäufergeschichten Resi von Sebastian Sellhorst Die unterschiedlichsten Biografien führen zu bodo. Keine ist wie die andere, jede auf ihre Art und Weise außergewöhnlich. Unsere Wattenscheider Verkäuferin Resi hat sich die Zeit genommen, um uns ihre Geschichte zu erzählen.
vor. Den Anfang macht bodo-Langzeitkolumnistin Nina Mühlmann. 20 Kinotipp
Ich reise allein im endstation.kino
21 Veranstaltungskalender | Verlosungen | von Benedikt von Randow 28 Interview Die Kunst, das Ruhrgebiet und der Rest von Bastian Pütter
12 Recht Abmahnung von René Boyke Rechtsanwalt René Boyke gibt in dieser neuen Kolumne Rechtstipps. Erstes Thema: Was tun, wenn nach einem illegalen Download eine Abmahnung ins Haus flattert.
Günter Rückert ist bildender Künstler und Pionier der alternativen Theaterszene in Dortmund, Martin Kaysh ist Journalist, Autor und Kabarettist. – Und sie sind Regisseur und „Steiger“ beim Geierabend, der jährlich 17.000 Besucher nach Dortmund-Bövinghausen „auf Zeche“ lockt.
12 Kultur Winkelmanns
Reise ins U von Bastian Pütter
Mit 65 Jahren feiert der Regisseur sein Theaterdebüt, ein beeindruckendes, um es vorweg zu nehmen.
bodo ist zu Gast bei einer Steinstunde und lässt sich über die heilende Wirkung der unterschiedlichen Steinsorten aufklären. Allen Ernstes.
13 Wilde Kräuter Hagebutte_3 von Wolfgang Kienast Regionale Lebensmittel, die Untätigkeit der Verbraucherministerin, Milchprodukte von „Mark Brandenburg“ und ein Hagebuttengelee-Rezept. 14 Reportage Meinungsfreiheit von Bastian Pütter
36 Literatur Persilschein | Armut – Was ist das? gelesen von Bastian Pütter Ein großartiger historischer Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet und ein kontroverses Sachbuch zur Armut in Deutschland, faktenreich und polemisch.
Wie der Sprechchor des Schauspiels Dortmund in die Thier-Galerie ging und versuchte, einen Text aufzusagen. Ein nicht nur unerfreulicher Besuch in
37 Rätsel | von Volker Dornemann 38 bodo geht aus Hardys von Wolfgang Kienast
Dortmunds größtem scheinöffentlichen Raum. 17 Soziale Initiativen „Her mit dem Sozialticket!“ von Sebastian Sellhorst Mit einem roten Button, der signalisieren soll, dass man bereit ist, mit dem eigenen Ticket innerhalb der rechtlichen Möglichkeiten eine weitere Person mitzunehmen, wirbt die Initiative „Her mit dem Sozialticket!“ für
Mit einem neuen Betreiber erwacht das Hardys aus dem Dornröschenschlaf. Endlich wieder eine funktionierende Studentenkneipe auf dem Bochumer Uni-Campus – mit viel Kultur und einer breit aufgestellten Gastronomie. Wolfgang Kienast war für uns da. 39 Leserbriefe | Cartoon
ein Sozialticket zum Preis von 15 Euro.
14
32 Reportage Bergkristall, Amethyst, Rosenquarz von Wolfgang Kienast
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04 MENSCHEN | von Dr. Birgit Rumpel | Fotos: Claudia Siekarski
Adolf Winkelmann Vom Experimentalfilmer zum Eulenspiegel Der Dortmunder Filmregisseur Adolf Winkelmann ist einer der wenigen erfolgreichen Medienschaffenden, die dem Ruhrgebiet treu geblieben sind. Wir sprachen mit ihm über Heimatgefühle, Experimentierfreude und fliegende Bilder. Eine Woche vor der Premiere seines ersten Theaterstücks, die Pressetermine häufen sich. Wir treffen Adolf Winkelmann im Bistro des Schauspielhauses. Man merkt, dass er gerade aus der Theaterprobe kommt: Auch die Bühne für unser Interview wird wie nebenbei inszeniert: Hier der Sessel, den kleinen Beistelltisch bitte daneben, darauf den Kaffee – ohne Zucker, aber mit Milch. Dann kann es losgehen. „Ich habe mich schon immer danach gesehnt, Theater zu machen“, gibt er zu. Dass er damit im Rentenalter anfängt, passt zu ihm, der ständig Neues lernen will und die Abwechslung sucht. „Die Regiearbeit ist deutlich anders als beim Film. Da habe ich am Ende des Tages ein Ergebnis, das mir keiner mehr wegnehmen kann. Hier im Theater muss alles immer wieder neu entstehen, die Schauspieler müssen sich jeden Tag in die Rolle einfinden.“ Das erfordert Umdenken beim Inszenieren, denn man startet immer wieder bei Null. „Mit 13 Jahren habe ich zum ersten Mal den Auslöser einer Filmkamera gedrückt. Seitdem habe ich Filme gemacht“, fasst der 65jährige sein Filmschaffen zusammen. Doch dabei wird noch nicht deutlich, wie vielfältig seine Arbeiten sind. Die experimentellen Filme der Anfangsjahre waren nicht allein dem jugendlichen Revoluzzertum geschuldet. „Ich wollte einfach das Medium kennenlernen; lernen, wie es geht, vieles ausprobieren und besser machen als das, was es schon gab.“ Es folgten Dokumentarfilme, (Ruhrgebiets-)Komödien, Agententhriller und schließlich der TV-Zweiteiler Contergan, mit dem 2007 die Diskussion um die unzureichenden Entschädigungszahlungen an die Opfer des Pharmaskandals der 1960er Jahre neu belebt wurde. Nahezu jeder Winkelmann-Film wurde mit einem oder mehreren Preisen ausgezeichnet, darunter mehrere Deutsche Filmpreise und zweimal der Adolf-Grimme-Preis. Macht ihn das erfolgsverwöhnt? „Das ist keine einfache Sache. Wenn man erstmal den Grimme-Preis hat, ruft keiner mehr an. Man bekommt keine Aufträge, die Leu4
05
te trauen sich nicht mehr.“ Die Kehrseite der
Als er während des U-Turm-Umbaus gefragt wurde,
Mit weiteren Installationen im Inneren des Ge-
Medaille. Hinzu kommt das breite Spektrum sei-
ob ihm dazu etwas einfalle, dauerte es nicht lan-
bäudes hat Winkelmann seinen Beitrag zur künst-
ner Filme, die es schwer machen, ihn in eine
ge. Winkelmann, der im Schatten des ehemaligen
lerischen Gestaltung geleistet. „Das Ganze war in
Schublade zu stecken. „Mein Problem war im-
Brauerei-Kühlturms aufwuchs, reflektierte seine
etwa mit dem Aufwand für eine Filmproduktion
mer, dass ich mich schnell gelangweilt habe“,
jahrzehntelange Beschäftigung mit dem Medium
vergleichbar“, schätzt er. Dabei scheint ihn nicht
gibt er zu. Sobald ein Genre ausgekundschaftet
Film und dessen Entwicklung. „Heute springen ei-
nur die künstlerische Arbeit beschäftigt zu haben,
und abgearbeitet ist, muss etwas Neues her –
nem doch überall Bilder entgegen: auf der Straße,
sondern auch die Absurditäten, die eine kommuna-
immer mit der Maßgabe, der nächste Film muss
in der U-Bahn, selbst aus dem Handy“, beklagt er.
le Verwaltung und sogenannte Kulturmanager bei
besser werden als der letzte.
„Aber immer wollen die etwas von einem, man ist
einem solchen Mammutprojekt produziert. „Stoff
genervt und entwickelt Strategien, dem zu ent-
für einen Heimatfilm“ nannte Winkelmann seine Er-
Erstaunlich, dass er die ganze Zeit seiner Heimat
gehen.“ Mit seinen fliegenden Bildern will er den
lebnisse in einem früheren Interview. Gemeinsam
treu geblieben ist und nicht in eine der Medienme-
Spieß umdrehen: bewegte Bilder so in den öffent-
mit seinem Jugendfreund, dem Autor und Drama-
tropolen gezogen ist. „Eigentlich fragt man sich
lichen Raum setzen, dass die Menschen nicht weg-
turg Jost Krüger hat er sie zu einem Buch verarbei-
doch jeden Tag, warum man noch hier ist“, grü-
sondern hinschauen. „Es sollte groß und von vielen
tet, das er nun auch für das Theater umgesetzt hat:
belt er (und denkt dabei vielleicht an „Die Abfah-
Stellen aus sichtbar sein. Die Menschen sollen zum
„Winkelmanns Reise ins U“.
rer“). „Aber wenn man morgens aus der Haustür
Hinschauen angeregt werden, sich mit den Bildern
kommt, dann weiß man, warum man noch da ist:
auseinandersetzen, darüber reden. Sie sollen nach
Als Abrechnung mit den Verantwortlichen ist seine
Weil sich das wirkliche Leben hier abspielt.“ Ihm
der Realität hinter den Bildern suchen“, beschreibt
Mischung aus Fiktion und Erlebtem aber wohl nicht
geht es um die Menschen, die hier leben, in einer
er die Idee der fliegenden Bilder am U-Turm.
zu verstehen. „Ich mache ja eigentlich nichts, ich
Gegend mit einzigartiger Migrationsgeschichte.
halte nur den Spiegel hin. Das ist auch eine ernste
Es folgt ein Exkurs über die Industriegeschichte
Das Konzept scheint aufzugehen, wie man regelmä-
Sache“, beteuert er. Schließlich bekommt nicht nur
an der Ruhr, der erkennen lässt, dass Winkelmann
ßig an den zahlreichen Schaulustigen in der Umge-
die Stadt den Spiegel hingehalten, sondern auch
sich eher als Ruhrgebietsmensch fühlt denn als
bung der Dauerbaustelle sieht. Dass sich bereits ein
die Künstler und nicht zuletzt auch ein gewisser
Dortmunder. Heimatgefühle will er nicht so direkt
„Verein der Freunde der U-Turm-Bilderuhr“ gegründet
Winkelmann. (biru)
zugeben, „aber irgendwie hat es schon etwas mit
hat, amüsiert Winkelmann. „Ja, ich habe davon ge-
Liebe zu tun.“ Sonst wären Filme wie „Nordkurve“
hört, und ich bin mal gespannt, wie der Turm dar-
nicht möglich gewesen, das hätte keiner von au-
auf reagiert“, deutet er verschmitzt an. Denn er (der
ßerhalb machen können. „So wirklich die Wahrheit
Turm) führt mittlerweile ein Eigenleben, er bestimmt
darf man nur dem sagen, den man liebt.“
selbst, wann was zu sehen ist. Sagt Winkelmann. 5
06
NEUES VON BODO | www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Bücher in Bochum
Herne, Witten, Unna
Mit der Annahme, Sortierung, Bewertung und
Arme und wohnungslose Menschen sind in ihrer
dem Verkauf von Buchspenden schaffen wir Stel-
Mobilität besonders eingeschränkt. Der Regel-
len, qualifizieren und bilden aus. Neben dem
satz sieht maximal vier Fahrten in der Preisstufe
Verwaltung
Dortmunder Buchladen finden unsere Bücher auf
A hin und zurück vor. Das Überfahren von Stadt-
Brigitte Cordes
den großen Internetportalen und auf Buchmärk-
und Tarifgrenzen verursacht hingegen kaum auf-
info@bodoev.de
ten neue Besitzer.
zubringende Kosten.
Mitte Dezember probierten wir einen neuen Weg
Aus diesem Grund bemühen wir uns verstärkt um zu-
aus, LeserInnen und Bücher zueinander zu bringen.
sätzliche Ausgabestellen für das Straßenmagazin, die
In Kooperation mit dem Verein University meets
den Zugang zu unserem Angebot erleichtern. Wir freu-
Queerenburg (UmQ) eröffneten wir im Bochumer
en uns, dass wir nun auch Ausgabestellen in Herne und
Unicenter einen „temporären Buchladen“.
in Witten haben. In Witten kooperieren wir mit der Ta-
bodo ist für Sie da montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr unter dieser zentralen Rufnummer: 0231 – 98 22 97 96 Mail: info@bodoev.de | Fax: 0231 – 88 22 527
Geschäftsleitung Tanja Walter verein@bodoev.de
Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit Bastian Pütter redaktion@bodoev.de
Zwei Tage lang konnten die BesucherInnen in 5.000 erstklassigen gebrauchten Büchern stöbern. Und weil es Weihnachten war, bestimmten den Preis für ihre
fel. In der Herbeder Strasse 22 können bodo-Verkäuferinnen und -Verkäufern Zeitungen holen, Interessierte können sich informieren und Termine zum Ausstellen eines Verkaufsausweises machen, wenn der Weg nach
Vertrieb
Bücher unsere KundInnen selbst. Heraus kam eine er-
Oliver Philipp
freulich gut gefüllte (Spenden-)Kasse, viel Nachschub
vertrieb@bodoev.de
in Querenburger Bücherregalen und ein Modell für die
In Herne hat sich durch die Vermittlung unseres Eu-
Zukunft. Auch für 2012 können wir uns Kurzzeitnut-
ropaabgeordneten Jürgen Klute das Büro der Partei
zungen von Ladenlokalen vorstellen. Wir freuen uns
die Linke in der Hauptstraße 181 bereiterklärt, Zei-
auf Ihre Ideen – und bis dahin auf Ihren Besuch in
tungen an unsere Herner Verkäuferinnen und Ver-
unserem Buchladen und in unseren Online-Shops.
käufer auszugeben. Vielen Dank dafür!
Von montags bis freitags sind wir von 11 bis 18 Uhr
Mit der Tagesstätte für Wohnungslose der Caritas in
an der Mallinckrodtstraße für Sie da, Buch- und Sach-
der Hansastraße 6 in Unna haben wir darüber hinaus
spenden nehmen wir auch gerne in der Stühmeyer-
weiterhin eine Ausgabestelle östlich von Dortmund.
straße 33 in Bochum entgegen. Vielen Dank!
Wir freuen uns, wenn Sie Menschen auf der Straße
Projekt Buch Suzanne Präkelt buch@bodoev.de
auch von diesen Angeboten erzählen.
Buch Online Gordon Smith
Bochum oder Dortmund zu weit ist.
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basar@bodoev.de
Projekt Transport
bodo schafft Chancen
Michael Tipp transport@bodoev.de
Second Hand Brunhilde Dörscheln info@bodoev.de Oder Sie besuchen uns: Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund
Haushaltsauflösungen Transporte und Umzugshilfen
Mo. bis Fr. 11 – 18 Uhr Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum Mo., Mi. u. Fr. 14 – 17 Uhr
6 Di. u. Do. 10 – 13 Uhr
transport@bodoev.de | 0231 – 88 22 825
MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH
07
Das werden sie, unsere neuen Räume
Hallo liebe bodo Leser, wenn Ihr diese Ausgabe der bodo in den Händen haltet, ist es schon der Monat Januar und das Jahr 2012. Wie die Zeit vergeht. Manches wäre gestern, wo Jahre entlang eilen. Was soll‘s. Nun zum bodoTagebuch.
5. November Bin eben nach Hause gekommen und such-
bodo ab März am Schwanenwall 36 – 38
te Haus- und Wohnungsschlüssel raus. Auf
Im Dezember hatten wir mit der Aktion „Ein Dach, unter dem Platz für alle ist“ zu Spenden aufgerufen,
erst es käme vom Feld, stattdessen kam es
einmal: „Schnatter, Schnatter.“ Dachte
die helfen sollen, einen Umzug unseres Vereinssitzes zu finanzieren – im Sinne unserer Zeitungsverkäu-
aus der Luft, gut 500m lang in mehreren
fer, unserer Mitarbeiter und im Sinne des nachhaltigen Erfolges unserer Beschäftigungsprojekte. Wir
Bögen. Ein Vogelschwarm von Reihern, die
danken allen, die uns bisher und zukünftig unterstützen und können Ihnen nun zeigen, wohin es gehen
gen Süden flogen.
wird: bodo zieht zum Schwanenwall 36 – 38, nur wenige Fußminuten von der Reinoldikirche entfernt.
12. November Auch heute war wieder ein Vogelschwarm zu
Am Ende ging es ganz schnell. Die Entscheidung,
Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer werden den
unser altes Domizil an der Mallinckrodtstraße ge-
beschwerlichen Fußmarsch zum Hafen nicht mehr
gen eine zentralere Lage einzutauschen, hatte der
auf sich nehmen müssen. Große Freude löst die
13. November
Verein schon vor einiger Zeit getroffen – wir pass-
neue Adresse aber auch bei unserem Buch-Team
War heute den ganzen Tag nebelig. Gott
ten einfach nicht mehr hinein, in die vor zehn Jah-
und vor allem unseren Auszubildenden aus. Der
sei Dank ist heute mein Erholungstag und
ren angemieteten Räume.
neue Buchladen wird hoffentlich auf der Route so
brauchte nicht raus.
manchen Citybummels liegen. Dutzende ParkplätAußer auf mehr Platz hofften wir auf eine bessere
ze erleichtern das Anliefern von Buchspenden. Wir
Erreichbarkeit, Parkplätze vor der Tür, Barrierefrei-
glauben, dass allein diese Umstände das Projekt
heit und trotz allem eine vertretbare Miete. Meh-
auf finanziell sicherere Füße stellen.
rere Immobilien vor allem im Brückstraßenviertel
beobachten. War und sah sehr schön aus.
15. November Heute war mein Augenarzttermin. Den musste ich sausen lassen, weil ich auf einmal in den Mittagsstunden gebrochen habe. Da hieß es sofort ab nach Hause.
haben wir uns angesehen, bei der Adresse Schwa-
Dazu kommt, dass wir uns freuen, einfach näher
nenwall 36 – 38 passte (fast) alles: In das große
dran zu sein, näher am Geschehen in der City, bei
17. November
Ladenlokal gegenüber des Fritz-Henßler-Hauses
Politik, Verwaltung, Hilfseinrichtungen und Part-
Schon wieder die Zeit zwischen zwei Ter-
auf der inneren Wallseite wird unser Buchladen
nern und trotzdem nur eine Straßenüberquerung
minen vorbei. Wie die Zeit vergeht. Wie?
einziehen. Ebenfalls im Erdgeschoss: das gesamte
von der Nordstadt entfernt, an der wir hängen und
Was? Ach ja. Heute ist Fußpflegetermin.
Buch-Projekt mit Sortierplätzen, antiquarischen
mit der und für die wir uns weiter engagieren.
Büchern, dem Onlinebereich und natürlich die Zei-
27. November Bin heute zum Ersten Advent in der Kirche
tungsausgabe. Über eine Wendeltreppe im Laden
Bis dahin ist jedoch noch viel zu tun. Der Umzug
und über das Treppenhaus mit Aufzug erreicht man
von 15.000 katalogisierten Büchern und einer gan-
die Büroetage mit Verwaltung, unserer Redaktion,
zen Verwaltungsetage ist ein logistischer Kraftakt
der jeweiligen Projektkoordination und dem Auf-
– und ein teurer Spaß. Wir werden renovieren, eine
30. November
enthaltsraum für Verkäufer und unser Transport-
neue Ladeneinrichtung benötigen und eine ganze
Wieder ein Monat vorbei und Weihnach-
Team. Alles unter einem Dach. Auf unserer Inter-
Büroetage einrichten müssen. Unser Transport-
ten steht vor der Tür. Und heute ist Ver-
netseite finden Sie einen kleinen Film.
Team wird über einen ganzen Zeitraum keine exter-
käuferversammlung. Nun werden wir ja
nen Aufträge annehmen können und der Buchbe-
sehen, was es alles so an Themen zu dis-
reich eine Umstellungspause brauchen.
kutieren gibt.
Endlich werden wir Platz für genügend Schreibtische haben, und sogar Bürotüren, die wir hinter uns schließen können – bisher herrscht bei uns ein
Doch mit Ihrer Hilfe haben wir bald „Ein Dach, un-
einziger Durchgangsverkehr und meist finden wir
ter dem Platz für alle ist“. Vielen Dank!
nur sehr früh morgens oder abends konzentrationsfördernde Ruhe.
Sparkasse Dortmund
gewesen. Mit Adventsfeier und gemütlichem Beisammensein.
Nun wünsche ich euch allen ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest sowie ein frohes neues Jahr 2012. Eure bodo-Verkäuferin Maike
BLZ 440 501 99 | Konto-Nr. 104 83 76 7
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STRASSENLEBEN | von Marcus Preis | Fotos: Jahrhunderthalle Bochum · Rudi Schleifer
»Eva´s Fahrt ins Paradies«
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Ein Karussell erwacht aus dem Dornröschenschlaf Bereits zum fünften Mal findet in Bochum der größte historische Jahrmarkt unter einem Dach in Europa statt. Die prachtvolle Jahrhunderthalle als Zeugnis vergangener Industriekultur liefert das perfekte Ambiente dieser Sammlung alter Volksfestrelikte. Eines der Highlights ist eine Berg- und Talbahn von 1939, die noch zu hundert Prozent aus Originalteilen besteht.
Höher, schneller, weiter. Während die großen Frei-
Einst war Neustadt an der Orla in Thüringen be-
zeitparks um immer gigantischere Achterbahnen
kannt für seine Karussellindustrie. Bei den Re-
wetteifern, versuchen auch die Schausteller, die
cherchen für ein Buch darüber stieß die Autorin
Kirmesbesucher mit immer atemberaubenderen
Susanne Fredebeul auf eine Berg- und Talbahn
Fahrgeschäften auf die Festplätze zu locken. Bei
aus dem Jahr 1939, die seit fünf Jahrzehnten in
stetig steigenden Energie- und Benzinkosten be-
einem Schuppen eingemottet war. Schausteller
dient sich die Karussellbauindustrie modernster
Rudi Schleifer erfuhr durch Zufall davon: „Bei
Technik, um spektakuläre Fahrgeschäfte in kom-
einem Besuch bei Susanne sah ich die Fotos der
pakter Bauweise mit möglichst wenig Transport-
Bahn, die mich sofort faszinierten.“ Schleifer
anhängern bauen zu können. Bei den erzielten
nahm umgehend den Kontakt zum Besitzer auf,
Fahrabläufen werden die Gäste mit dem Mehrfachen ihres eigenen Körpergewichtes belastet. Optimal für echte Adrenalinjunkies, aber nichts für schwache Nerven. Dem gegenüber steht die steigende Zahl an mittelalterlichen Festen und Bauernmärkten. In unserer von Neonreklame und LED-Lichttechnik übersättigten Welt sehnen sich die Menschen zurück nach den Ursprüngen der Volksfeste. Die Schausteller haben den Nostalgietrend erkannt. Mit vollem Engagement kümmert sich die von ihnen gegründete „Historische Gesellschaft“ um die Rettung und den Erhalt alter Karussellanlagen und Holzbuden, um sie auf historischen Jahrmärkten wieder zu präsentieren. Die Renaissance von „Eva´s Fahrt ins Paradies“ bildet die spektakulärste Wiederinbetriebnahme eines Fahrge-
dessen Vater das Karussell Anfang der 50er Jah-
schäftes der letzten Jahre. Der Schaustellerfami-
re fein säuberlich eingelagert hatte. Damals zog
lie Schleifer ist es gelungen, ein über 50 Jahre
er es vor, anstelle der Berg- und Talbahn lieber
eingelagertes Karussell aus dem Dornröschen-
mit einem neu erworbenen Autoskooter und ei-
schlaf zu erwecken. Familie Schleifer verfügt über
nem Kettenkarussell zu reisen. Jüngst hatte der
jahrzehntelange Erfahrung mit historischen Fahr-
Besitzer das Karussell bereits der Stadt Neu-
geschäften. In ihrem Besitz befinden sich zwei
stadt angeboten, um es dem dortigen Heimat-
sogenannte Bodenmühlen, alte Pferdekarussells,
museum zukommen zu lassen. Doch dort zeigte
beide weit über 100 Jahre alt. Bei einer Boden-
man sich nicht interessiert.
mühle ist das Karussell auf einem Mittelmast aufgelegt, früher wurden sie entweder mit Pferdekraft oder mit Dampfmaschinen angetrieben.
9
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NEUES VON ROSI | von bodo-Verkäuferin Rosi
„Mir war sofort klar, dass die ,Fahrt ins Para-
Nach einer Restaurierungszeit von sieben Jah-
dies‘ unbedingt erhalten werden musste, da sich
ren konnte Familie Schleifer im Sommer 2010
alles in einem hervorragenden Originalzustand
auf der Anna-Kirmes in Düren die Wiedergeburt
befand und ich überzeugt war, dass kein ver-
feiern und der Öffentlichkeit ihr Schmuckstück
gleichbares Karussell die Zeit überdauert hat“,
präsentieren. Schaustellerkollegen und Besucher
berichtet Schleifer. In der Not der beiden Welt-
waren begeistert. Man bekam sogar eine Zusage
kriege dienten zahlreiche Karussells als Brenn-
für das Oktoberfest in München, was normaler-
holzreservoirs und wurden von den Schaustel-
weise überwiegend einheimischen Schaustellern
lern verbrannt, um die Winter zu durchstehen.
vorbehalten ist.
Auch die gesamte Konstruktion von „Eva´s Fahrt
Liebe Leserinnen und Leser, jetzt sind alle Fenster geschmückt. Überall funkelt es in allen Farben in den Fenstern. Es ist so romantisch, wenn man abends spazieren geht, wie die Häuser geschmückt sind. Sie sehen
ins Paradies“ besteht aus Holz, sowohl die Fahr-
Im Sommer letzten Jahres wurde Familie Schlei-
bahn als auch der Antrieb. Alle Teile wurden aus
fer mit dem FKF-Award ausgezeichnet, ein Preis
dem Schuppen geborgen und in die Firmenhalle
europäischer Kirmesfans. „Eine Fahrt in ,Eva´s
Waren Sie schon zum Winterleuchten
nach Zülpich bei Düren gebracht. Dabei konnte
Fahrt ins Paradies‘ entspricht einer Zeitreise
im Westfalenpark? Es ist wieder mal
zur Freude festgestellt werden, dass alle Teile
zurück in die Anfänge der Karussellfahrt“, so
ein tolles Erlebnis. Wir sind mit der
vorhanden waren. Vor Beginn der umfangrei-
hieß es in der Laudatio. Zum Karussell erwarb
Kleinbahn gefahren. Man kommt sich
chen Restaurierungsarbeiten holte sich Fami-
Schleifer noch eine umfangreiche Sammlung al-
vor wie im Märchen.
lie Schleifer zunächst den fachlichen Rat des
ter Schellackplatten sowie einen ganzen Schuh-
TÜV Rheinland hinzu. „Der zuständige Ingeni-
karton voller alter Fahrkarten. Im Kleidungsstil
eur staunte und beteuerte, noch nie in seinem
der 30er Jahre betreiben die Schleifers nun ihr
Leben ein vergleichbares Karussell gesehen zu
Geschäft. Über ein altes Bakelit-Mikrofon schallt
haben.“ Er bescheinigte, dass der Restaurierung
es: „Eine humoristische Tempofahrt.“ Einst wie
mit der späteren Wiederinbetriebnahme nichts
heute. Und Achtung, Achtung: Abends mit Be-
im Wege stehen würde.
leuchtung!
Unter Anleitung eines professionellen Restaura-
INFO
das Christkind vor der Tür. Dann ist
tors wurden in mühevoller Kleinarbeit alle Bautei-
5. Historischer Jahrmarkt
Weihnachten vorbei und es geht das
le von alten Lackschichten gereinigt, schadhaftes
in der Jahrhunderthalle Bochum
Jahr dem Ende zu und Silvester eilt
Holz wurde ersetzt, alles neu verleimt und la-
28. + 29.1. und 4. + 5.2. 2012
herbei. Dann haben wir das Jahr 2012.
ckiert. Besonders auffallend an dem Geschäft sind
Einlass jeweils ab 11 Uhr
Wir wird das neue Jahr beginnen und
aus wie im Märchen.
Die Einkäufe habe ich nun auch hinter mir. Für jeden eine Kleinigkeit. Wichtig ist doch, dass die Familie zusammenhält und alle gesund sind. So sehe ich das. Am Sonntag ist schon der zweite Advent, dann drei, dann vier, dann steht
die schmuckvollen Figuren und Malereien, die an den Jugendstil erinnern. Mit viel Liebe zum Detail wurden sie aufwendig gereinigt und ausgebessert. Sämtliche Kabel wurden erneuert und die Elektrik nach heutigen Bestimmungen neu installiert.
ANZEIGEN
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was wird sich verändern? bodo verlost 3 x 2 Eintrittskarten (s.S.21)
Wir wünschen uns ein friedliches und gesundes neues Jahr. Ihre Rosi
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VERKÄUFERPORTRÄT | von Sebastian Sellhorst | Foto: Claudia Siekarski
Mit Resi und Lizzy in Bochum-Wattenscheid
»Ich lass‘ mich nicht unterkriegen.« Die unterschiedlichsten Biografien führen zu
vorgestellt habe. Wahrscheinlich suchten die meisten
Nach zwölf Jahren als Jockey zwingen sie gesund-
bodo. Keine ist wie die andere, jede auf ihre
Tierärzte damals jemanden, der etwas kräftiger ist, und
heitliche Probleme dazu, beruflich kürzer zu treten.
Art und Weise außergewöhnlich. Unsere Watten-
mit meinen 1,51 bin ich ja eher schmächtig“, erzählt
„Mein Arzt sagte mir, ich müsse meinen Beruf an
scheider Verkäuferin Resi hat sich die Zeit ge-
die 58jährige. Da sie sich aber nicht von ihrem Vor-
den Nagel hängen. Und einen normalen Beruf, ganz
nommen, um uns ihre Geschichte zu erzählen.
haben, mit Tieren zu arbeiten, abbringen lassen will,
ohne Tiere, konnte ich mir damals gar nicht vorstel-
schlägt sie einen recht ungewöhnlichen Berufsweg ein.
len. So habe ich 1985 dann doch noch eine Umschu-
Wir treffen Resi an ihrem Verkaufsplatz vor einem
„Als das mit den Tierärzten nicht klappte, habe ich eine
lung zur Tierarzthelferin begonnen“, erinnert sich
Supermarkt in Wattenscheids Innenstadt. Doch sie
Ausbildung zum Jockey begonnen. Da war meine Größe
Resi. Es folgt eine Zeit mit unterschiedlichen Jobs.
kommt nicht allein. Nicht von ihrer Seite weicht
dann kein Hindernis mehr, sondern Voraussetzung“, er-
In einer Wäscherei, im Getränkemarkt, in der Fabrik.
Mischlingshündin Lizzy. Gemeinsam verkaufen sie
zählt sie mit einem Lächeln auf den Lippen.
Sie habe so einiges gemacht in der Zeit.
magazin. In einem nahegelegenen Café fängt Resi,
In den kommenden Jahren arbeitet und lebt sie als
Durch ihre gesundheitlichen Probleme wird sie 1994
die eigentlich Theresia heißt, an zu erzählen.
Trainingsjockey. Sie trainiert, betreut und pflegt
arbeitslos. „Einige Zeit später wurde ich alkoholkrank.
Rennpferde. „Das war kein einfacher Beruf. Meist ist
2007 habe ich dann eine zehnmonatige Therapie ge-
„Ich bin gebürtige Dortmunderin. Nach der Schule
man den ganzen Tag im Einsatz, oft auch an den Wo-
macht. Seitdem bin ich trocken. Das war eine furcht-
wollte ich eigentlich Tierpflegerin werden, aber das
chenenden. Aber mir hat es immer Spaß gemacht“,
bare Zeit. Aber, seit ich hier bin, habe ich ein neues
hat damals leider nicht so geklappt, wie ich mir das
berichtet sie wehmütig.
Leben angefangen und packe den Stoff nicht mehr an.“
hier fast täglich für ein paar Stunden das Straßen-
Zu bodo stößt sie 2008. Ihr damaliger Freund habe sie auf das Angebot aufmerksam gemacht. Am Anfang sei es noch etwas schwierig gewesen. „Viele Leute haben einen totalen Tunnelblick und bemerken einen gar nicht“, klagt sie. Aber es gäbe auch viele nette Stammkunden. „Mit dem bodo-Geld kann ich mir auch ab und zu mal was leisten. Letztes Jahr habe ich mir eine Nähmaschine gekauft. Damit mache ich ein bisschen Änderungsschneiderei für mich und meine Freunde und für den Hund habe ich mal eine Decke genäht, mit bodo-Schriftzug natürlich.“ Ihre Hündin Lizzy spielt eine wichtige Rolle und ist immer mit dabei, wenn Rosi an ihrem Verkaufsplatz auf Kunden wartet. „Oft wird mir vorgeworfen, ich hätte den Hund nur, um Mitleid zu erregen, aber das ist Quatsch. Ich fühl‘ mich einfach nur viel wohler, wenn die Lizzy mit dabei ist.“ Auf die Frage, was sie sich für die Zukunft wünsche, antwortet sie nüchtern: „Gesundheit. Und dass ich vielleicht mal wieder einen netten Partner finde, mit dem ich zusammen das Leben genießen kann. Aber das klappt schon. Ich lass‘ mich nicht unterkriegen.“ (sese)
Resi, Bochum-Wattenscheid Seit 16 Jahren gehören das Straßenmagazin und seine Verkäufer zum Straßenbild in Bochum, Dortmund und Umgebung. Viele haben feste Verkaufsplätze und einen eigenen Kundenstamm. Manche sind schon seit Jahren bei uns, andere nur auf der Durchreise. Für alle jedoch ist der Verkauf des Straßenmagazins eine Arbeit, die Halt gibt und Selbstbewusstsein schafft. bodo stellt regelmäßig einen Verkäufer vor.
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RECHT | von Rechtsanwalt René Boyke
KULTUR | von Bastian Pütter | Fotos: Schauspiel Dortmund
Spott und Aura
Täglich grüßt die Abmahnung In der ersten Ausgabe 2012 geht es in unserer neuen Kolumne um das Thema Abmah-
Adolf Winkelmanns Reise ins Dortmunder Schauspielhaus
nung nach einem illegalen Download. Mein Mandant kam mit einem Abmahnschreiben zu mir. Er sollte Lieder eines Künstlers aus dem Internet geladen haben. Die Schuldige war schnell gefunden: seine Tochter. Weil er ihr immer gesagt hatte, dass dies nicht erlaubt sei, sollte sie den Schaden nun auch tragen, immerhin verdiene sie ja gar nicht schlecht und aus Fehlern lerne man schließlich. Zähneknirschend zahlte sie die geforderten 850 Euro und versprach, kein Lied mehr runterzuladen. Ein paar Wochen später flatterte wieder ein
2046. Das Dortmunder U ragt aus einer Sanddü-
ansieht. Pia Maria Mackerts großartiges Bühnen-
ne, die Dortmund verschlungen hat. Lange schon
bild hält Schauspieler und Bühnentechnik in Be-
war es für das Publikum geschlossen und umge-
wegung, Videoprojektionen – natürlich – integrie-
wandelt in das „Amt für Angelegenheiten des
ren sich in das Spiel oder schaffen überwältigende
Dortmunder U“. Viele hundert Meter tiefer, in
Bilder, deren Perfektion auf den akribischen Film-
der U-Stadt, kopieren Angestellte für den Nach-
arbeiter Winkelmann verweist. Mehr als einmal
ruhm der Kommune. Auch wenn alles verschwin-
geht ein Raunen durchs Premierenpublikum.
det, die Akten der Stadtverwaltung bleiben der Nachwelt erhalten. Dortmund wird überleben.
Lauter wird es bei den klaren Bezügen zu Dortmunder Realitäten, das Publikum geht mit. „Das
Adolf Winkelmann ist einer der wenigen, die nicht
Rathaus braucht kein Mensch, und wenn doch,
weggegangen sind. Er weiß das und er sagt das.
mieten wir´s zurück!“ Den absurd-realen Kern sol-
Nach 30 Jahren Film macht er sich auf ins Theater,
cher Sätze verstehen auch Nicht-Dortmunder. Eine
um seinen Dortmundern die Geschichte zu erzäh-
David-Statue für das neue Museum im U überzeugt
len, wie er seiner Stadt und ihrem Wahrzeichen
erst, als gesagt wird sie sei 22 Prozent größer als
fliegende Bilder schenken wollte, und dabei fast
das Original. Wie vom Olymp dröhnt Ex-OB Lange-
Was war passiert? Die Tochter hatte schnell
in den Mühlen von Bürokratie und Provinzialismus
meyer mit verhallter Donnerstimme aus dem Off
und unbedacht den geforderten Betrag gezahlt
zerrieben worden wäre. Wie hätte er damit schei-
und noch der ein oder andere Hinweis auf Protago-
und nicht berücksichtigt, dass auf eine erste
tern können!
nisten der realen U-Posse ist zu finden.
vierte und fünfte folgt. Genau das zeigt sich
Stattdessen gelingt ihm ein wunderbarer Theater-
Doch beim augenzwinkernden Anspielungstheater
aber immer wieder. Zum Beispiel soll der Ab-
abend, der sich zwar abarbeitet an der Realsatire
bleibt es nicht. Stattdessen entspinnt sich auf
gemahnte erst 1.000 Euro für den Songtext be-
Dortmunder U, aber mit den – man möchte sagen:
der Bühne eine immer fantastischere Abenteuer-
zahlen, dann nochmal soviel für die angebliche
allen – Mitteln des Theaters viel mehr auf die Büh-
geschichte um einen Goldschatz, die magischen
Verletzung der Rechte des Komponisten. Die
ne bringt: Ein Märchen, eine Liebeserklärung, ein
Goldfolien von Dortmund, das Eigenleben des Ge-
damit verbundene Kostenexplosion sollte man
selbstironisches Spiel mit Identitäten und eine
bäudes – „Er ist Turm“ heißt es am Ende – und
bereits bei der ersten Abmahnung kennen und
Satire auf kommunale Unzulänglichkeiten.
der Pointe, die dem plakatierten „Dortmund wird
Brief ins Haus. Diesmal wurde mein Mandant zu einer Zahlung von 1.000 Euro aufgefordert. Wütend stellte er seine Tochter zur Rede. „Ich habe nichts mehr gemacht“, sagte sie, und das stimmte sogar.
Abmahnung nicht selten eine zweite, dritte,
überleben“ eine ganz neue Wendung gibt.
berücksichtigen. Mein Tipp: Wer eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung erhält – egal, ob er sie für gerechtfertigt hält oder nicht – sollte schnell zu seinem Anwalt gehen. Der kann die Kosten fast immer drücken, und so spart man trotz Honorar oft eine ganze Menge Geld – und vor allem Nerven. Die Fristen in den Abmahnungen sind fast immer extrem kurz – zehn Tage sind üblich. Reagiert man jedoch nicht, dann droht ein einstweiliges Verfügungsverfahren. Und dann wird es teuer und kompliziert. Denn in diesem Verfahren muss der Gegner nicht beweisen, dass der Abgemahnte den Download begangen hat. Er muss es nur glaubhaft behaupten. Für den Laien zu Recht vollkommen unverständlich: Das Gericht darf sogar in Abwesenheit des Abgemahnten entscheiden, muss diesen also gar nicht erst anhören. (rb) In der nächsten bodo: Die eBay-Falle. Verklagt wegen einer schlechten Bewertung. www.kanzlei-boyke.de
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Adolf Winkelmann macht, was Theater leisten kann. Er nutzt die gesamte Theatermaschinerie,
Spott und Mythologisierung, diese Ambivalenz
der man an diesem Abend die Altersschwäche nicht
trägt die „Reise ins U“. Im gleichen Maße wie es
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WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast
wildkraeuter.bodo/13_hagebutte_3/ die bürokratischen Peinlichkeiten rund um den Turm bloßstellt, arbeitet das Stück an dessen Aura.
Im Mai 2010, noch vor dem Sommer, den
hin aus NRW. Und der Schmu bezieht sich
„Ich bin eine gespaltene Persönlichkeit“, sagt Adolf
später nur der Deutsche Wetterdienst
keineswegs nur auf die Herkunft. Die ist
Winkelmann vor der Premiere. „Ein Leben lang Fan-
noch einen nennen wollte, gab die „Zeit”
eher Randnotiz. Dumm ist, dass man als
tasiearbeiter, ein Leben lang Bürokrat an der Hoch-
eine Beilage heraus, welche regionale
Verbraucher selbst dann, wenn man hin-
schule.“ Dem Stück ist diese beidseitige Beobach-
Lebensmittel zum Thema hatte. Die The-
schaut, nicht genau weiß, was man kauft.
tung der Sphären Kunst und Politik, Fantasie und
se, dass diese vor den Augen kritischer
In einem Ende Oktober 2010 von Eva
Bürokratie anzusehen. Sie schafft den Schwebezu-
Verbraucher Bioprodukte in der Beliebt-
Quadbeck (Berlin/RP) geführten Inter-
stand, von dem dieser Abend lebt.
heitsskala überrundet hatten, wurde sta-
view antwortete Aigner auf die Frage, ob
tistisch belegt.
sie als Verbraucherschutzministerin nicht
Am Ende verschwindet das U hinter einen riesigen Mauer, die Stein für Stein den Blick auf die Bühne und die fliegenden Bilder versperrt. Im wirklichen Leben sind es die sieben Stockwerke der BIG Krankenkasse („direkt gesund“), die kaum weniger drastisch das U verdecken. Zum langen Schlussapplaus zwängen sich Winkel-
Will man den veröffentlichten Studien Glauben schenken, achten 16% beim Lebensmittelkauf auf ausgewiesene Bioprodukte, 31% auf Qualitäts- sowie Gütesiegel, aber 56% auf eine regionale Herkunft. In der Folge wird gelegentlich oder sogar regelmäßig Regionales von 81% der Haushalte
den Eindruck habe, dem Erfindungsreichtum der Industrie stets hinterher zu regulieren: „Nichts gegen Erfindergeist, davon lebt die Wirtschaft. Aber manchmal wird die Grenze des guten Geschmacks überschritten.” Aus diesem Mund ein Satz, wie in Marmelade gemeißelt.
gekauft, Bioprodukte von 45%. Als Gründe
Die Gewürze, die Sie für folgenden Gelee
werden angeführt, dass sich die Verbrau-
benötigen, wachsen nicht um die Ecke.
cher frischere Ware versprechen, heimische
Der Wein aber muss nicht aus Kalifornien
Arbeitsplätze sichern wollen und hoffen,
stammen und regionaler als die Hagebut-
durch kurze Transportwege zur Reduzierung
ten aus dem Garten oder der Hecke am
von Treibhausgasen beizutragen.
Waldrand geht es kaum.
Solche Zahlen wecken Marktinstinkte,
Hagebutten sind super. Ich hatte sie An-
und es wundert nicht, dass Firmen, die
fang letzten Jahres schon gefeiert. Und
mit regionaler Herkunft für ihre Produkte
weil man sie bis lang hinein ins neue
werben, dabei auch mal mogeln. Verbrau-
Jahr noch draußen finden kann, hier ein
cherschutzministerin Ilse Aigner (CSU),
weiteres Rezept: 350 g Hagebutten mit
bekannt für den konsequent verfolgten
350 ml trockenem Rosé, 350 ml Wasser, 5
Adolf Winkelmann u. Jost Krüger
Kurs, die Interessen der Industrie vor
zerstoßenen Kardamonschoten und eini-
Winkelmanns Reise ins U
den Verbrauchern zu schützen, erklärte,
gen Safranfäden so lange kochen, bis die
Henselowsky + Boschmann 2011 | 320 S.
„den Anbietern ein Regionalsiegel als
Früchte weich sind. Das hängt von der
ISBN-13: 978-3-94209-417-7 | 18,90 Euro
freiwilliges Instrument zur Verfügung zu
Sorte ab und davon, ob sie schon Frost
stellen.” Freiwillig also.
bekommen haben oder nicht. Die Masse
mann (Axel Holst) und Adolf Winkelmann gemeinsam an der Mauer vorbei und verbeugen sich am Bühnenrand. – Dortmund wird überleben. (bp)
INFO Winkelmanns Reise ins U | Schauspiel Dortmund Weitere Termine: Sa, 31. Dezember 2011 | So, 08. Januar 2012 | Mi, 25. Januar 2012 | Do, 02. Februar 2012 | Sa, 11. Februar 2012 | Fr, 24. Februar 2012 | Sa, 03. März 2012 | Mi, 30. Mai 2012
Verbraucherzentralen reagierten mit gebotener Skepsis. Weil Aigner, deren Ministerium auch das Internetportal lebensmittelklarheit.de finanziert, selbst die dort auflaufenden Beschwerden in erster Linie als Vorwand für weiteres Nichtstun nutzt. „Verbraucherforschung” nennt sie das, und die
Molkereiprodukte
anschließend durch ein Sieb streichen und abkühlen lassen. Die gewonnene leicht sämige Flüssigkeit mit 1:1 Gelierzucker im Verhältnis 3 (Flüssigkeit im ml) zu 4 (Zucker in g) unter Rühren stark erhitzen, etwa 4 Minuten wallen lassen und in sterile Gläser füllen. Große Klasse, um beim Frühstück in der
„Mark Brandenburg”
Zeitung zu lesen, was
kommen weiter-
die Aigner wieder nicht macht. (wk)
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DIE REPORTAGE | von Bastian Pütter | Fotos: Rika Kaestner · Svenja Meyer
Der Chor beginnt. Passanten erschrecken, bleiben verwundert stehen, lauschen. Angestellte und Kunden kommen aus den Läden, amüsiert, interessiert.
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»Die Meinungsfreiheit gilt draußen« Wie der Sprechchor des Schauspiels Dortmund in die Thier-Galerie ging und versuchte, einen Text aufzusagen. Ein nicht nur unerfreulicher Besuch in Dortmunds größtem scheinöffentlichen Raum. Der Sprechchor des Dortmunder Schauspiels ist
tarnen, auf der Hut vor Security im Anzug und
aufgeregt. Mehr als 70 Bürgerinnen und Bür-
im Videoüberwachungsraum.
ger sind wie verabredet mit weißen Oberteilen erschienen, die sie auf dem Weg zur Probebühne noch unter dicken Jacken verbergen. Die älteste Teilnehmerin ist 80, die allermeisten Ü40. Alle
»Toll: wie ihr euch auf den Beinen haltet / Toll: wie wir uns auf den Beinen halten«
haben ihren Text gelernt, einstudiert unter der
Und kurz vor 18 Uhr trifft hier in kleinen Grup-
Anleitung von Dramaturg Alexander Kerlin und
pen der Dortmunder Bürgerchor ein. Ein etwas
Schauspieler Christoph Jöde.
aufgeregter Flashmob in spe der gesetzten Art, im Auftrag der Hochkultur sozusagen. Geplant
Vor genau einem Jahr wurde er bereits vor Dort-
sind „Versuche“, kleine harmlose Experimente mit
munds zweitem monumentalen Prachtbau, dem
ungewissem Ausgang.
„Dortmunder U“ zum Vortrag gebracht. Anlass war die nicht minder monumentale Abschluss-
Die Idee ist einfach: Tun wir so, als sei dieser Ort
feier des Kulturhauptstadtjahres, und der Chor
das, was er vorgibt zu sein. Nutzen wir ihn kurz,
sprach: „Wir bauen ein U / Eine: ,Zwingburg des
friedlich und grund-„bürgerlich“, als sei er öf-
Glanzes‘ / … / Für unsere weichen: Standortfak-
fentlicher Raum. Die Hausordnungen sind in der
toren“. Das hatte genau die feine Ironie, die dem
Thier-Galerie fast so unsichtbar wie die Kameras.
Kulturmetropolendings ein Jahr lang gefehlt hat-
Der Sicherheitsdienst wirkt wie Service-Personal.
te. Der WDR übertrug klaglos, und die geladenen
Sein Auftrag: Zu verhindern, dass es drin so wird
Gäste gingen leicht irritiert ins Warme.
wie draußen. Wer nicht passt, fliegt raus oder wird gleich am Eingang aufgehalten.
„Geschäfte! Geschäfte! Geschäfte!“
Bereits wenige Minuten nachdem OB Uli Sierau
Mit diesem Text will sich der Sprechchor nun
am Tag der Eröffnung das rote Band durchschnit-
aufmachen in die Nachbarschaft. „Ums Eck“ hat
ten hatte, begannen die Türsteher mit der Arbeit
der Shopping-Mall-Betreiber ECE schließlich ei-
und lehnten die ersten Besucher ab. Trotzdem
nen „lebendigen Marktplatz“ geschaffen, 33.000
sind die Marketing-Bemühungen erfolgreich. „Das
Quadratmeter Wohlfühlort zum Verweilen, die
ist doch öffentlicher Raum“, werden wir heute
Thier-Galerie.
mehrfach hören. Ist es nicht.
Die Dachkonstruktion stemmt sich gegen das Ge-
Es beginnt ganz still. Ein Bild kaum zu überbie-
wicht des herabhängenden Weihnachtsschmucks,
tender Harmlosigkeit. Menschen jeden Alters
überall blinkt es – und es klingt: Im Souterrain
lehnen sich über eine Brüstung und schauen
hat der Pianist Feierabend, jetzt tut eine einsame
gespannt ins Kellergeschoss. Dort zu sehen:
Sängerin Leonard Cohens „Hallelujah“ Gewalt an.
nichts. Passanten bleiben stehen, lehnen sich
Schauspieler Christoph Jöde hat nun Hausverbot.
auch nach vorn, warten. Nach endlosen Minuten Draußen Mistwetter, die Shopping Mall ist gut
steigen einige Luftballons auf, fliegen lautlos
besucht an diesem Dienstagabend im Advent.
vorbei an den Dutzenden Zuschauern und finden
Schwer bepackte Shopper, schwitzende Familien,
einen Platz unter der Hallendecke. Die Menge
Burger mampfende Halbwüchsige in der „Apolli-
zerstreut sich. Das Sicherheitspersonal, das sich
naris Food Lounge“ – und Flaschensammler, die
in einiger Entfernung an Schaufensterscheiben
sich mit sauberen Jacken und New-Yorker-Tüten
drückt, tuschelt.
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„Hören Sie mich?“ – „Hören Sie“
„Wir ringen um Durchblick / Wir verbergen die Welt“
„Nehmen wir uns, was uns gehört“
gehen die ersten Chormitglieder verloren. Die
Jetzt sind wir dran. Ein Kollege der Ruhr Nach-
verpassen wir Versuch 3: Der Chor fährt Rolltrep-
Unübersichtlichkeit der Thier-Galerie bleibt
richten und wir haben Fotos gemacht. Wachleute,
pe. Jugendliche schalten schnell – „´n Flash-
auch nach mehrmaligem Besuch verblüffend.
bereit, etwaige Fluchtversuche zu verhindern,
mob, oder?“ – und reihen sich ein, wer kann in
Ein Teilnehmer wartet tapfer vor dem Esprit-Bo-
rufen die Polizei und verbringen Zeit bis zu deren
weiß. Der wieder eingesickerte Jöde überredet
dywear-Shop (1. OG) statt vor dem Esprit-Main-
Eintreffen mit Drohungen und Beschimpfungen.
strahlendweiße Mietengel mitzufahren, ein fast
Versuch 2: Auf dem Weg zur zweiten Station
Mit der einigermaßen kühlen Cola in der Hand
Shop (EG). Die Etagenbezeichnungen des am
katholisches Bild. Es weihnachtet.
Hang gebauten Gebäudes helfen übrigens nicht.
Wir weisen auf mindestens fünfzehn Passanten hin, die fotografiert und gefilmt haben, es gab
Zum Abschluss gibt’s noch ein klassisches
Trotzdem finden sich wie zufällig mehr als 60
ja einiges zu sehen. Eine Sicherheitsfachkraft
Flashmob-Motiv. Alle Teilnehmer bleiben stehen
Menschen am verabredeten Ort an einer der
notiert alle Buchstaben und Zahlen meines
und verharren zehn Minuten bewegungslos. Eine
Ecken des Dreiecks ein, das den Gebäudekern
DJU-Presseausweises und kommentiert abfällig:
Frau, deren Job das Wechseln der Mülltüten in
bildet.
„ver.di, ja, die kenn ich.“
den Papierkörben ist, drückt hektisch auf ihrem Funkgerät herum. Nur ein Alarmknopf, gut, dass
Christoph Jöde zückt an einer gegenüberlie-
Uns werden immer noch ruinösere Klagen in Aus-
sie nicht das Problem beschreiben muss. Wir
genden Brüstung einen Dirigentenstock und
sicht gestellt, als die Polizei eintrifft. Die weigert
wischen Assoziationen zu „Dawn of the Dead“
der Chor beginnt: „Dortmund / 76 Meter über
sich zwar, die Anzeige des wütenden Wachmanns
aus dem Gedächtnis und beobachten noch etwas
normal Null“. Passanten erschrecken, bleiben
aufzunehmen, belehrt uns aber langatmig, wenn
die aufgeregte Security. In dieser Videozentrale
verwundert stehen, lauschen. Angestellte und
auch nicht unfreundlich über die Rechtslage.
muss einiges los sein, schade, dass Überwa-
Kunden kommen aus den Läden, amüsiert,
chungskameras keine Kästen mehr sind, die sich
interessiert.
Unsere Personalien werden aufgenommen, die
surrend bewegen.
Beamten bestehen eindringlich auf privaten „Der Himmel hier: / war stumpf und glanzlos
Handynummern, naja, Jäger und Sammler.
/ Aber alles muss etwas sein: / Nichts darf
Zurück auf der Probebühne des Schauspielhauses diskutieren die Chormitglieder. Die Stimmung ist
nichts sein“. An dieser Stelle stürzt ein Wach-
Immer wieder kommen Kundinnen und Kun-
gelöst. Lachen über den Dirigenten-Slapstick.
mann auf Christoph Jöde zu und versucht,
den hinzu und äußern ihr Unverständnis. Auch
Die Teilnehmer berichten von viel Zuspruch und
ihm den Taktstock zu entreißen, dann, seinen
mit besagter Fehlinformation: „Das ist doch
vielen Fragen. Ein älterer Herr sagt nachdenk-
Arm unten zu halten. Eine Slapstick-Nummer.
öffentlicher Raum.“ Nein, wie gesagt. Als jemand
lich in die Runde: „Einkaufen ist eine todernste
Jöde dirigiert noch hinter dem Kopf weiter,
einwendet, wir seien doch Journalisten, sagt
Sache.“ Am Ende der Versuch eines Fazits. Ob
als er abgeführt wird. Der Chor macht tapfer
der Wachmann mit meinem Presseausweis in der
es darum ging, etwas zu beweisen? Eher darum,
weiter: „Was ist hier: / Dort ist: wo?“ Die
Hand: „Die Meinungsfreiheit gilt draußen.“ Das
etwas anzustoßen. Alexander Kerlin: „Dadurch,
Security hat die Damen und Herren einge-
ist so schön gesagt, dass es uns fast zu Tränen
dass wir da waren, hat sich etwas gezeigt.“
kreist, aber es sind einfach zu viele. Und sie
rührt und wir uns freundlich mit Verbeugungen
ähneln einfach nicht den „Zielpersonen“ aus
Richtung Getränkestand verabschieden. Der
Der Chortext endet übrigens mit diesen Versen:
den Schulungen.
Dirigent erhält unmittelbar Hausverbot, die
„Hören Sie / Die Stadt gehört uns / Die Stadt ge-
Journalisten warten auf Post.
hört euch / Nehmen wir uns was uns gehört“ (bp)
Dortmund!
Für alle die hören wollen,
Der Himmel hier:
Der Traum.
76 Meter über normal Null
für alle die sehen sollen!
War stumpf und glanzlos
Ein Stück Land retten
Westfälische Bucht: Südwesten
·
Aber alles muss Etwas sein:
Erinnert Euch
Norddeutsche Tiefebene: Norden
Wir nisten in Nischen,
Nichts darf ein Nichts sein
„Die Zukunft war früher auch besser!“
Ardeygebirge! Emscher! Hellweg!
Geraten ins Getriebe,
·
Weiter weiter weiter weiter
·
drücken Strahlen aus Ritzen.
Wir bauen ein U
weiter weiter weiter!
Geklapper, Gerassel, Gedränge, Getuschel,
Vertonen die Jahre!
Eine: „Zwingburg des Glanzes“
Toll: wie ihr euch auf den Beinen haltet
Gekurve, Geklicke, Gewimmel, Gerempel,
·
Für unsere Stadt
Toll: wie wir uns auf den Beinen halten
Gewetze, Gekritzel, Geschwitze, Geschiebe,
Hören Sie!
Für euren Standort
Diese Straße hält uns aus
Gerede, Gescharre, Gemauschel
·
Für unsere weichen: Standortfaktoren
In unserer: Stadt ohne Geld
·
Wir ringen um Durchblick
·
·
Geschäfte!
Wir verbergen die Welt
Was ist hier:
Hören Sie
16
Geschäfte!
Wir heben Gedanken
Dort ist: wo?
Die Stadt gehört uns
Geschäfte!
Verheben uns an Träumen
Himmel! Donner! Wetter!
Die Stadt gehört euch
·
für Fetzen von Wahrheit:
Nie blau genug
Nehmen wir uns was uns gehört
Hören Sie mich?
Ein Lachen am Schluss und
·
·
·
das Feiern der Lüge.
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SOZIALE INITIATIVEN | von Sebastian Sellhorst | Foto: Claudia Siekarski
Roter Punkt statt Sozialticket Jeder Mensch hat das Recht auf Mobilität. Diese Aussage steht im Mittelpunkt der Aktion Roter Punkt, mit der sich im ganzen VRR unterschiedliche Initiativen für ein 15-Euro-Sozialticket einsetzen. Nach den Ereignissen um die Einführung eines VRR-Sozialtickets ist dies eine weitere Aktion, um auf die Probleme aufmerksam zu machen, mit denen sich einkommensschwache Menschen konfrontiert sehen, wenn sie den öffentlichen Nahverkehr nutzen wollen. Bereits im Vorfeld der Ratsentscheidungen zum VRR-Sozialticket formierten sich in vielen Städten Initiativen, die sich für ein Sozialticket für 15 Euro einsetzten. Nachdem in Dortmund das vorgeschlagene 30-Euro-Sozialticket des VRR auf kommunaler Ebene abgelehnt wurde, besteht dort die preisgünstigste Chance auf Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs für Menschen mit geringem Einkommen im Kauf eines Tickets für 31,56 Euro,
erlaubt zum Beispiel das Ticket2000 des VRR an
Innen, die in Randgebieten verkaufen, müssen
das nur nach 9 Uhr genutzt werden darf. Der Preis
Werktagen nach 19 Uhr und an Wochenenden und
einen Großteil des Erlöses aus dem Zeitungs-
dieses Tickets als auch der des in Bochum erhält-
Feiertagen ganztägig einen Erwachsenen und drei
verkauf in Tickets investieren. Ein bezahlbares
lichen 30-Euro-VRR-Tickets steht in eklatantem
Kinder bis zu einem Alter von 15 Jahren mitzu-
Sozialticket würde auch hier eine erhebliche Er-
Gegensatz zu dem im Hartz-IV-Regelsatz vorgese-
nehmen.
leichterung darstellen. Gerade in vielen Vororten
henen Betrag für Mobilität bzw. den öffentlichen
und Randbezirken ist das Straßenmagazin oft nur
Nahverkehr, der abhängig davon, ob ein Fahrrad
Die Aktion lehnt sich an den Roten Punkt aus
unregelmäßig oder gar nicht zu bekommen, da
unterhalten werden soll oder einmal im Jahr eine
dem Jahr 1971 an, den Autofahrer in ihren PKW
viele Verkäufer die Fahrtkosten nicht aufbringen
Reise in ein anderes Tarifgebiet finanziert werden
klebten, um zu signalisieren, dass sie bereit sind,
können. (sese)
muss, noch 15 bis 20 Euro beträgt.
andere Menschen mitzunehmen. Wieder wird versucht, ein Selbsthilfenetz zu spannen und gleich-
Mit der Kampagne „Ich nehm dich mit“ bzw. „Ak-
zeitig auf die Probleme aufmerksam zu machen,
INFO
tion Freifahrt“ wird versucht, Fahrgemeinschaften
die Menschen entstehen, die auf Mobilität ange-
Den roten Button bekommen sie kostenlos im
zu organisieren, im Rahmen derer die Besitzer ei-
wiesen sind, um an einer Verbesserung ihrer per-
bodo-Bücherladen in der Mallinckrodtstraße 270
ner VRR-Monatskarte durch einen roten Button an
sönlichen Situation zu arbeiten.
in Dortmund und in der bodo-Anlaufstelle in der
ihrer Kleidung signalisieren, dass sie bereit sind,
Stühmeyerstraße 33 in Bochum.
den Tarifbedingungen entsprechend einen weite-
So ist auch für VerkäuferInnen des Straßenma-
ren Fahrgast auf ihrem Ticket mitzunehmen. So
gazins Mobilität ein wichtiges Thema. Verkäufer-
bodo
ANZEIGEN
schafft Chancen
das straßenmagazin die besten geschichten auf der straße ein euro achtzig – neunzig cent für den verkäufer www.bodoev.de 17
18
DER KOMMENTAR | von Bastian Pütter
Hilfe für Neuzuwanderer
NEWS | von Sebastian Sellhorst
Einkommensungleichheit nimmt weiter zu
Gutachten: Mindestlöhne schaden nicht
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit
aldezernentin Birgit Zoerner hat ein Hand-
Die Einkommensungleichheit zwi-
Ein vom Bundesarbeitsministerium
Am 12.12. stellte das Team um
lungskonzept „Zuwanderung aus Südost-
schen Arm und Reich nimmt laut
veröffentlichtes Gutachten zum
Prof. Dr. Heitmeyer ein vorläufiges
europa“ skizziert. Gleichzeitig finden sich
einer Studie der Organisation für
Mindestlohn, an dem das Institut
Fazit der Langzeitstudie Gruppen-
spät und unter Mühen Akteure, Träger und
wirtschaftliche Entwicklung und
für Arbeit und Qualifikation (IAQ)
bezogene Menschenfeindlichkeit
Einzelpersonen zusammen, um ein Netz-
Zusammenarbeit (OECD) weiter
der
Essen-Duisburg
vor, die seit 2002 das Ausmaß,
werk für die EU-BürgerInnen zu schaffen,
zu. Laut der Studie „Divided we
mitwirkte, zeigt, dass in acht be-
die Entwicklungen und Ursachen
die aus Verfolgung und Armut nach Dort-
stand – Why inequality keeps ri-
obachteten Branchen keine Stellen
von Vorurteilen gegenüber unter-
mund einwandern.
sing“ verdienten 2008 die zehn
aufgrund gestiegener Personal-
schiedlichen
Prozent der Deutschen mit dem
kosten abgebaut wurden. In den
untersucht. Neben Elementen wie
höchsten Einkommen ca. acht
vom IAQ beobachteten Branchen
Antisemitismus, Homophobie und
mal so viel wie die 10 Prozent
der Gebäudereiniger und Wäsche-
Islamfeindlichkeit
mit dem geringsten. In den 90er
reibetriebe seien im Vergleich zu
die Abwertung von Obdachlosen
Jahren lag dieses Verhältnis noch
Branchen ohne Mindestlohn wie
oder Sinti und Roma untersucht.
bei sechs zu eins. Der aktuelle
z.B. der Gastronomie keine nen-
So stimmten z.B. 2011 über ein
Durchschnittswert beträgt neun
nenswerten Unterschiede festzu-
Drittel der Befragten der Aussage
zu eins. Die sich immer weiter
stellen. „Die Betriebe berichteten
zu: „Bettelnde Obdachlose sollten
öffnende Kluft zwischen Arm und
überwiegend von positiven oder
aus den Fußgängerzonen entfernt
Reich gehe laut OECD vor allem
neutralen Wettbewerbswirkungen.
werden“ und befürworten damit
auf die Entwicklung der Löhne
Auch hat sich wohl das Image der
die Ungleichbehandlung und den
und Gehälter zurück. In den ver-
Branche verbessert, was ihnen die
Ausschluss obdachloser Menschen
gangenen 15 Jahren habe sich die
Personalrekrutierung erleichtert“,
aus dem öffentlichen Raum. Über
Schere zwischen den obersten und
so Dr. Claudia Weinkopf, stellver-
40 Prozent der Befragten stimm-
untersten 10 Prozent der Gehälter
tretende IAQ-Leiterin. Branchen-
ten der Aussage zu: „Ich hätte
um ein Fünftel gesteigert. „Zu-
bezogene
allein
Probleme damit, wenn sich Sinti
nehmende Ungleichheit schwächt
seien aber nicht ausreichend, um
und Roma in meiner Gegend auf-
Verschweigen, Diffamieren, Vertreiben, die-
die Wirtschaftskraft eines Landes,
Lohndumping
deutschlandweit
halten.“ Diese und viele weitere
ser bisherige Dortmunder Dreischritt soll
sie gefährdet den sozialen Zusam-
zu verhindern. Notwendig sei ein
Zahlen der Studie zeigen deutlich
nun durch eine Politik abgelöst werden, die
menhalt und schafft politische
gesetzlicher Mindestlohn für alle
eine Verschärfung des sozialen
die Zuwanderung als das betrachtet, was
Instabilität – aber sie ist nicht
Beschäftigten, so das IAQ. Diese
Klimas in Deutschland. Im vorläu-
sie ist: legal, allgemein, unvermeidlich und
unausweichlich“, sagt OECD-Gene-
dürften in keiner Branche unter-
figen Fazit ist von einem „Klassen-
verbunden mit Aufgaben an die Gemeinwe-
ralsekretär Angel Gurría.
schritten werden.
kampf von oben“ die Rede.
Langsam tut sich etwas in Dortmund. Sozi-
Während die Arbeitsmigration von Menschen aus Bulgarien und Rumänien in allen Großstädten ein Thema ist, erweckte die Stadt gezielt der Eindruck, sie sei zufällig durch eine direkte Busverbindung in den Fokus der MigrantInnen gerückt und müsse für sie nur unattraktiv genug werden, um das „Problem“ zu lösen. Mit der Weigerung, sich der Thematik anzunehmen, vor allem aber durch eine zum Teil offen rassistische Anti-Roma-Kampagne Anfang 2011 und die andauernde Repression am Rande der Legalität ist Dortmund sogar über die Grenzen hinaus in den Fokus einer kritischen Öffentlichkeit geraten. Auch hier Stadtmarketing à la Dortmund.
sen. Wir unterstützen diesen Wandel und beteiligen uns gerne mit allem, was in unseren Kräften steht. Gemeinsam mit Mieterverein und Planerladen haben wir an Frau Zoerner appelliert, noch einen wichtigen Bereich in ihr Konzept aufzunehmen: das Wohnen. Die Diffamierung begann mit der Wortschöpfung „Ekelhäuser“ und denunzierte vermeintlich kulturlose „Zigeuner“. Prekäres Wohnen ist jedoch unabhängig von Kultur: Die Diskriminierung bei der Wohnungssuche macht die Zuwanderer obdachlos oder zu Opfern von Spekulanten und Matratzenvermietungen. Die überbelegten Häuser sorgen für Konflikte. Wir fordern die Stadt auf, sich der Wohnungsfrage für Neuzuwanderer anzunehmen, Mietwucher zu verfolgen und angesichts der Wintermonate kurzfristig Übernachtungsangebote für obdachlose Neuzuwanderer zu schaffen. (bp)
18
SKOTTS SEITENHIEB
Universität
Mindestlöhne
Adressatengruppen
wurde
auch
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LESEBUEHNE
20 LESEBÜHNE | von Nina Mühlmann
KINOTIPP | von endstation.kino
Vom Papier vor´s Mikrofon auf´s Papier. In unserer neuen Kolumne präsentieren wir Texte der lebendigen Poetry-Slam- und Lesebühnenszene der Region. Den Anfang macht bodo-Langzeitkolumnistin Nina Mühlmann. Im nächsten Heft veröffentlicht an dieser Stelle die Dortmunder Lesebühne „SchreibGut“ einen gemeinschaftlich verfassten Teamtext.
Schwarzfahren in Herne
endstation.kino & bodo präsentieren: Ich reise allein Jarle, Student, liebt Literaturtheorie und Partys. Eines Morgens flattert ein Brief ins Haus, der ihn zum Vater einer Tochter erklärt
Ja, ich bin schwarzgefahren – ausgerechnet in Herne! Ich bin mit einem
– und das Leben, wie Jarle es kannte, ist vor-
Bahnticket inklusive Cityanschluss-Ticket für Herne in einer U-Bahn gefahren,
bei. Eine Woche und ihren 7. Geburtstag soll
deren Fahrtziel mit „Herne” angegeben war. Die Bahn fuhr aber für vier Stati-
Charlotte Isabel mit ihm verbringen, damit
onen durch Bochum und das ist ja nicht Herne. Die bogestra zeigt sich kulant
ihre Mutter, ein One-Night-Stand aus Teenie-
und erhebt „ausnahmsweise” nur die Hälfte der anfallenden Strafgebühr von 40 Euro. Noch zögere ich. Und immer noch ärgere ich mich, dass der Kontrolleur lächelnd zu mir sagte, ich hätte nun die Gelegenheit dazuzulernen, wie es bei der bogestra und mit den Fahrscheinen so funktioniert. Mit dem Lernen hat er erstmal Recht. Aber er koppelte es an die Zahlung eines Strafgelds und das entspricht als Pädagogin nicht meinem Lernkonzept. Lebhaft erinnere ich mich an ein Interview mit dem PR-Mann der bogestra,
Tagen, ausspannen kann. Beim Anblick ihres
das ich für die bodo führte. Ob ich ihm einen Brief schreibe und im Gegenzug
Papas und der verwüsteten Studentenbude
ein Beratungshonorar über 20 Euro in Rechnung stelle für meinen Vorschlag,
voller Bücher und Kippen ist 'Lotte' wenig
an eine Bahn der Bochumer-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG NICHT Herne
begeistert. Auch Jarle wehrt sich gegen sei-
dran zu schreiben? Ich habe mich lange gefragt, warum das Konzept der Kul-
nen Erziehungsauftrag: sein akademisches
turhauptstadt auf so wackligen Füßen zu stehen schien. Dabei waren es nicht
Ego reagiert allergisch auf Familienidyll.
die Füße, es waren Schienen! Ob ich einfach mal ein bisschen Zeit – zwei Arbeitstage – investieren sollte, für die bogestra meine im letzten Jahr gekauften VRR-Tickets, die ich größtenteils im Gebiet der bogestra verfahren habe, zu kopieren? Ganz im Sinne des Unternehmensslogans: „bogestra. Für Menschen mit Zielen.“ Ich meine, 300 bis 400 Euro hat die bogestra so über meine VRR-Tickets im letzten Jahr verdient. Andererseits machen da 20 Euro Strafe auch nicht mehr viel. Übrigens: Ich bin ein Ticket-Nerd, ich kenn mich aus! Ich achte auf alles und checke es dreifach nach! Ich kenne Abfahrtszeiten in verschiedensten Ruhrgebietsstädten von RE-Zügen, U-Bahnen und Bussen nicht nur auswendig, ich
der Biologie philosophieren, kocht Lotte Jarle weich. „Ich reise allein“ erzählt witzig und wahrhaftig – wie man es von einem guten skandinavischen Film erwartet. Kitsch und Klischees zum Thema „Kind erobert Herz und erzeugt Verantwortung“ werden dabei ausgespart. Leben ist bekanntlich das, was passiert, wenn man gerade was anderes plant. Mit Songs von: Pixies, Pulp, Mathias Rust Band, Bob Hund, Ognatun, The Sundays, Stereo 21.
kenne auch alle Tarife! Ich bin so ein Zugvogel, ich könnte Preise für meine
„Stian Kristiansen füttert das Szenario sei-
Kenntnisse über öffentlichen Nah- und Fernverkehr in und um und ab dem
nes unterhaltsamen Films mit einer Vielzahl
Ruhrgebiet in alle Richtungen gewinnen.
passender allegorischer und popkultureller Anspielungen und Referenzen. Die Musik der
Warum arbeite ich eigentlich nicht längst für die bogestra? Weil ich so ent-
90er Jahre bringt das Lebensgefühl jener Tage
täuscht bin. Ich bin nicht nur enttäuscht, ich bin richtig verletzt. Denn für
auf den Punkt. Die Gedankenwelten von Proust
den Nervenzusammenbruch, den ich, noch dazu IN HERNE, erlitt, kommt doch
sowie des russischen Philosophen Mikhail
auch keiner auf! Im Grunde genommen muss ich Schmerzensgeld einfordern.
Bachtin wiederum stehen als theoretisches
Schmerzensgeld für „Schwarzfahren in Herne“.
Gebilde dem wahren, nicht immer vorherseh-
INFO
20
Doch während seine Freunde über die Macht
baren Leben gegenüber.“ (Thomas Volkmann) Do 12. bis Mi 18.01. um 19.15 Uhr Do 19. bis Di 24.01. um 21.15 Uhr
Nina Mühlmann ist Autorin, Sängerin und Schauspielerin. Sie ist Mitglied
Endstation Kino im Bahnhof Langendreer
der Lesebühne „Guten Tacheles!“ und zur Zeit mit dem Kabarettisten
Wallbaumweg 108, 44894 Bochum
und Musiker Murat Kayi mit dem Programm „Migrantenpop“ unterwegs.
Telefon 0234 – 68 71 620
Sie kommt aus Dortmund, lebt in Hamburg und fährt Bahn in Bochum.
www.endstation-kino.de
VERANSTALTUNGEN JANUAR 2012 | VERLOSUNGEN | zusammengestellt von Benedikt von Randow
21
Geierabend 2012 – der Ruhrpott-Karneval »Durch das wilde Ruhrdistan« 05. Januar bis 21. Februar 2012* Showtime: 19.30 Uhr (sonntags: 18.30 Uhr) LWL Westfälisches Industriemuseum Zeche Zollern II/IV, Dortmund bodo verlost 3 x 2 Karten für den 19.01. 2012
Auch diesmal gibt es wieder Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen. Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an: redaktion@bodoev.de Oder schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an: bodo e.V., Postfach 100 543, 44005 Dortmund Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren. Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. 19.01. | Geierabend 2012 | Zeche Zollern, Dortmund | 3 x 2 Karten 25.01. | Sebastian Sturm & Exile Airline | Bahnhof Langendreer, Bochum | 3 x 2 Karten 28.01. | Schandmaul | RuhrCongress, Bochum | 3 x 2 Karten 29.01. | Nachtgestalten | Theater im Depot, Dortmund | 3 x 2 Karten 12. – 24.01. | Ich reise allein | endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten 28. + 29.01. und 04. + 05.02. | 5. Historischer Jahrmarkt | Jahrhunderthalle Bochum | 3 x 2 Karten
Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!
*Geierabend – Die Veranstaltungsdaten im Detail: Do. – So. 05. – 08. Januar 2012 | Do. – So. 12. – 15. Januar 2012 Mi. – So. 18. – 22. Januar 2012 | Mi. – So. 25. – 29. Januar 2012 Mi. – So. 01. – 05. Februar 2012 | Mi. – So. 08. – 12. Februar 2012 Di. – Di. 14. – 21. Februar 2012
21
22 VERANSTALTUNGEN JANUAR 2012
SO 01 | 12 | 11 – SO 08 | 01 | 12 Zirkus | Circus Flic Flac Für das Programm „Schrille Nacht, eilige Nacht“ reisen 60 Artisten aus China, Russland, aus den USA und Kanada, aus Kolumbien, aber auch aus Ungarn und Italien und sogar aus Köln und Düs01 | 01 | 12 Flic Flac
03 | 01 | 12 Rocky Horror Show
Freestyle Springer von „AirFours“ auf ihren Moto-
leiht der Geierabend den schwersten Karnevalsorden
on im Bereich Kinder-Zauber-Theater. Diesmal geht es
cross-Maschinen, aber auch der Schweizer Balance-
der Welt – gefertigt aus 28,5 Kilo Stahlschrott – an
aufs Land zu Katzen, Kühen, Eseln und Marienkäfern.
Schamane Rigolo, die ungarischen Breakdancer von
eine öffentliche Person oder Institution, die sich um
Robinson wäre ja viel lieber ans Meer gefahren, zu
der „Sick 7 Crew“ und das Trapezduo Rose (USA), das
das Ruhrgebiet besonders „verdient“ gemacht hat.
Sand, Strand und Cocktails. Aber in diesem Kinder-
schon viele internationale Zirkus- und Artistik-Preise
Zeche Zollern, Dortmund, 19.30 Uhr (So. 18.30 Uhr)
programm bleibt es beim Kartoffelsortieren und einer
einheimsen konnte. Schräg, schrill und schnell, aber
bodo verlost 3 x 2 Karten für den 19.01.
wundersamen Milchvermehrung. Angelika dagegen ist
auch festlich, frech und fröhlich – so soll es werden im
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
gerne aufs Land gefahren, kennt sie doch viele Bau-
seldorf an. Viele von ihnen sind so genannte Circus-VIPs; dazu zählen die kolumbianischen Motorradakrobaten im „Globe of Speed“, die todesmutigen
Nach-Weihnachtscircus für das Revier. Mehr Infos und Fotos gibt es unter www.flicflac-dortmund.de. An den Westfalenhallen, Dortmund 20 Uhr
ernregeln und sich mit Marienkäfern aus. Gemeinsam
DO 05 | 01 |12 Musik | Rhaatid
(Sa & So auch 16 Uhr)
„The Best of both worlds“ - so simpel kann man den
DI 03 | 01 – SO 08 | 01 | 12 Musical | Rocky Horror Show
den Hofhund von seinen Alpträumen zu befreien und zu klären, warum die Katze zickig ist. Zauberkasten, Bochum, 16 Uhr
Sound der deutsch-jamaikanischen Formation vielleicht auf den Punkt bringen. Mehr als 333.333 Pro-
Ausstellung | Nelly Sachs – Flucht und Verwandlung
filaufrufe und über 25.000 MySpace-Freunde weltweit
„Flucht und Verwandlung“ ist die erste große Ausstel-
Richard O‘Briens „Rocky Horror Show“ ist wohl eines
sind durchaus ein positives Zeichen. Zudem ist die
lung über die Nobelpreisträgerin für Literatur Nelly
der schillernden Werke des Rocktheaters - ein Vergnü-
Combo bisher erfolgreich auf jamaikanischen und
Sachs. Anhand einer Fülle von bisher unbekannten
gen für die Sinne, eine göttliche Party, ein höllischer
deutschen Festivals aufgetreten und konnte sowohl
Fotos, Texten und Zeugnissen werden die wachsende
Spaß im sittsamen Garten Eden. Mit der international
beim Rock- als auch beim Reggae Publikum mit ihrer
Radikalität und der kulturgeschichtliche Kontext ihrer
bejubelten Neuinszenierung begibt sie sich zurück
besonderen Mischung überzeugen. Im Rhaatid-Sound
Dichtung herausgearbeitet.
zu ihren Wurzeln: hinein in die Faszination und den
finden sich u.a. Anklänge von Rage against the Machi-
MKK, Dortmund, 15 Uhr (auch 22. & 29.01.)
schrillen Charme der B-Movies, der Burlesque und des
ne, Bob Marley oder Sean Paul. Die einzelnen Musiker
Glamrock. „Fetzig, rockig, mitreißend“, schwärmte die
arbeiten eng mit deutschen Größen wie Samy Deluxe,
FAZ, „ein rauschhaftes Rock’n’Roll-Spektakel: schnell,
Peter Fox, Curse, D-Flame, Jan Delay, Max Herre usw.
frech, geil“, jubelte die Berliner Zeitung, während
zusammen. „Roots Rock Reggae“, im wahrsten Sinne.
die Kronen Zeitung aus Wien befand, „eine Auffüh-
FZW, Dortmund, 20 Uhr
rung nach Fan-Geschmack: fetzig, rasant, voll Pepp, frech, anzüglich, bizarr, skurril, ,transsylvanisch-galaktisch‘!“ So let's do the Time Warp again. Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr
DO 05 | 01 – DI 21 | 02 | 12 BODO VERLOSUNG | Geierabend 2012
DI 10 | 01 | 12 Kleinkunst | Esther Münch Die wohltuende Esther Münch lebt im Ruhrgebiet und schloss ihr Studium in Germanistik, Geschichte und
SO 08 | 01 | 12 Theater | Naked Lenz
Pädagogik ab, bevor sie den Weg zur Bühne hauptberuflich einschlug. Sie hat eine Ausbildung in Flöte, Klavier, Gitarre, Gesang und Improvisationstheater.
In „Naked Lenz“ nimmt Regisseur Martin Laberenz die
Seit 1980 ist sie erfolgreich tätig als Kabarettistin,
Auseinandersetzung mit Georg Büchners Fragment
Moderatorin, Sängerin und Sprecherin und seit 1996
„Lenz“ und David Cronenbergs Filmadaption von Wil-
als Ein-Frau-Kabarett-„Kanone“ Waltraud Ehlert un-
liam S. Burroughs‘ „Naked Lunch“ zum Ausgangspunkt,
terwegs. 1999 erhielt sie den Landeshörfunkpreis NRW
Erstklassige Comedy, bissiges Kabarett und schräge
um über das Verhältnis von Wirklichkeit und Illusion
für besonders kreative Leistungen. Ihre bekannteste
Ruhrpott-Komik statt Büttenreden, Pappnasen und
im Theater nachzudenken. Daraus leitet er Fragen an
Figur, die Reinigungsfachkraft Waltraud Ehlert ist eine
Tanzmariechen, so feiert
unsere gegenwärtige Gesellschaft und ihre spezifischen
extrovertierte Persönlichkeit, verheiratet, ein Sohn
der Geierabend seit 20 Jah-
Wahnvorstellungen ab. In beiden Werken steht ein
und hat einen sabbernden Boxer. Durch ihre langjäh-
ren die fünfte Jahreszeit
Schriftsteller im Mittelpunkt, dessen Ich sich zwischen
rige Tätigkeit mit Klipperdiplom, Sicherheits-Check
auf seine ganz eigene Art
Wirklichkeit und Illusion aufzulösen beginnt: Büchners
und silberner Putznadel hat sie viele Erfahrungen ge-
und sorgt dabei für jedem
Lenz hört die Stimmen der Felsen, und in der Sonne
sammelt. Das hervorstechendste Charakteristikum ist
Menge Spaß. Die aktuelle
sieht er ein „blitzendes Schwert“, das durch die Land-
ihre schnoddrige Ruhrpottart, mit der sie ständig die
Session verspricht einen humorgeladenen Ritt „Durch
schaft schneidet – es ist, „als jage der Wahnsinn auf
verschiedensten Anlässe stört. Das aktuelle Programm
das wilde Ruhrdistan“. Bei dem neuen Drei-Stunden-
Rossen hinter ihm“. Und der Dichter William Lee aus
heißt: „Walli inne Pollitik – jau sie kann“.
Spektakel scheint vor den Geiern wieder einmal nichts
Naked Lunch wird in einer Serie von Rauschzuständen
Zauberkasten, Bochum, 18.30 Uhr
und niemand sicher: Bissig, schrill, äußerst trocken
in die Welten gesogen, die er selbst aufschreibt.
und mit vielen satirischen Seitenhieben blicken sie
Schauspielhaus, Dortmund, 18.30 Uhr
auf das aktuelle Zeitgeschehen in NRW und anderswo und zeigen wie der „Ruhri“ auf sich und auf die
22
versuchen die beiden, einen Lastenesel zu bepacken,
Zauberei | Robinson & Angelika auf dem Land
MI 11 | 01 | 12 Kleinkunst | Best Of Nachtschnittchen 2011
Welt schaut. Ein kleines Jubiläum feiert wiederum der
Nach dem „Küchenkrimi“ und der „Weltreise“ präsen-
Alle Jahre wieder im Januar präsentiert Initiator und
„Pannekopp des Jahres“. Bereits zum zehnten Mal ver-
tieren Robinson & Angelika nun ihre dritte Produkti-
Entertainer Helmut Sanftenschneider ein Potpourri
10 | 01 | 12 Esther Münch
14 | 01 | 12 Das hässliche Entlein
14 | 01 | 12 Mêm Nahadr
seiner persönlichen Favoriten aus den Shows des ver-
Die Rolle des pausierenden Arne Nobels (Tyler Durden)
Der Name Compania Bataclan erinnert an eine Gruppe
gangenen Jahres. Nominiert für das „Best of 2011“
übernimmt dabei Felix Lampert.
freiheitlicher Menschen im Umfeld einer Bar in Madrid
sind zwei Stand-up-Solisten, ein Varieté-Künstler und
Rottstr5-Theater, Bochum, 19.30 Uhr (auch 26.01.)
während der Diktatur von Primo de Rivera namens „Ba-
eine etwas durchgeknallte Instrumenten-Combo: Heino Trusheim, der Mann mit dem goldenen Mikro. John
taclan“. Mit dem Namen will die Band an diese mutigen Theaterworkshop | Mein Leben im Internet
Menschen erinnern, die in der aktuellen Geschichts-
Doyle, der StandUp-Comedian aus New Jersey, der
„Die Realität hat eine verdammt gute Grafikkarte. Kann
schreibung (fast) keinen Platz gefunden haben.
dem Publikum sein Leben in Deutschland näher brin-
ich mein Leben mal kurz speichern und was ausprobie-
Maschinchen Buntes, Witten, 20 Uhr
gen will mit all ihren alltäglichen Stolperfallen und
ren?“ Facebook hat nach eigenen Angaben über 500
Fettnäpfchen. Dann Matthias Rauch, ein Entertainer,
Millionen aktive Nutzer weltweit. Second Life ist eine
der mit frechem Wortwitz und verblüffenden Zauber-
virtuelle Online-3D-Welt, in der Menschen durch Avata-
Die Sängerin Mêm Nahadr aus New York fesselt durch
tricks das Publikum zu faszinieren weiß. Und für den
re interagieren, spielen und Handel betreiben können.
ihre Bühnenpräsenz und einer sechs Oktaven umfas-
musikalischen Part des Abends das Daltons Orckestrar,
Rund um die Uhr sind rund 60.000 Nutzer gleichzeitig
senden Stimme (vergleiche Yma Sumac oder Minnie
die vier verrückten Multi-Instrumentalisten.
in das System eingeloggt. Was macht die virtuelle Welt
Ripperton), dazu einem Mix aus Soul und Jazz, Elec-
Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr
so interessant? Vielleicht sogar interessanter als die
tronica und Weltmusik und poetischen Texten. Sie hat
Realität? Im Rahmen einer Stückentwicklung entsteht
mit Maxwell, Living Colour, Salif Keita, Liza Minelli,
DO 12 | 01 | 12
eine Szenencollage, in die choreografische Elemente
Aretha Franklin, Simply Red, Eric Benett und vielen
und assoziative Bilder mit einfließen. Auch anhand der
mehr gearbeitet und schrieb die Multimedia-Oper
Kleinkunst | Sebastian Krämer
Musik | Mêm Nahadr
ganz persönlichen Erfahrungen der Teilnehmer (junge
„Madwoman: a contemporary opera“ mit den Gram-
Sebastian Krämer gilt als „einer der pointiert bissig-
Menschen ab 14 Jahren) wird sich mit dem Thema „vir-
my-dekorierten Produzenten Claude E. Sloan Jr. Und
sten Liedermacher“ (Melodie & Rhythmus), außerdem
tuelle Welt“ auseinandergesetzt.
James P. Nichols.
ist er doppelter Deutscher Poetry-Slammeister und
Ki-&Ju-Theater, DO, 18 Uhr (auch 15., 20., 22.01.)
domicil, Dortmund, 20 Uhr
Gewinner mehrerer bundesweiter Chansonpreise. In einer Zeit, wo „Chanson“ nur ein anderes Wort ist für Popmusik unter schlechten Produktionsbedingungen und „Kabarett“ mehr und mehr zur Selbsthilfegruppe
SA 14 | 01 | 12 Theater | Drei Männer im Schnee
Kindertheater | Das hässliche junge Entlein Eine Entenmutter brütet ahnungslos ein Schwanenei mit aus. Das Küken wird wegen seines andersartigen
für anonyme SPD-Mitglieder wird, lässt einer beides
Wenn ein Millionär sich in den Kopf setzt, als „ar-
Federkleides vom Entenhof verstoßen. In einem Wald-
hinter sich und packt uns bei allem, was uns jetzt
mer Mann“ verkleidet die Menschen kennen zu lernen,
häuschen findet es Schutz, flüchtet jedoch bald die
noch bleibt: Unseren Sehnsüchten. An neuem verton-
wie sie wirklich sind, kann er einige Überraschungen
geistige Enge dieses Ortes, an dem ein eifersüchti-
tem Gedankengut fehlt es Krämer selten, und so gibt
erleben: Da wimmelt es plötzlich von falschen Iden-
ges, dummes Huhn herrscht. Ein freundlicher Bauer
es in seiner „Akademie der Sehnsucht“ neben verein-
titäten und Namen. Und die Missverständnisse über-
rettet es vor der eisigen Winterkälte. Eine missver-
zelten Passagen vollmundiger Prosa vor allem neue
kugeln sich geradezu. Erst nach vielen turbulenten
standene Ungeschicklichkeit des Mannes treibt das
Lieder zu hören. Lieder vom Sehnen und Vermissen.
Ereignissen finden alle Beteiligten sich und ihre Iden-
empfindsam gewordene Entlein zur erneuten Flucht.
Der neue Krämer ist noch musikalischer, dabei bizarr
tität wieder und haben allen Grund, Verschiedenes zu
Es überlebt den Winter. In den warmen Strahlen der
sentimental, unvermittelt garstig und schonungslos
feiern. Nur zwei Leute machen eine bitterböse Erfah-
Frühlingssonne, mit Hilfe einer fröhlichen Schwanen-
philosophisch.
rung: die arrogante und selbstsichere Hoteldirektor
frau und der Überzeugungskraft der Kinder, erkennt
Werkstadt, Witten, 20 Uhr
Kühne und sein Portier Polter, weil sie sich durch den
das „Entlein“ zu seiner großen Freude, dass es zu ei-
äußeren Schein trügen ließen. Nach dem Roman von
nem schönen, jungen Schwan herangereift ist. Eine
Erich Kästner.
heitere, wie anrührende Inszenierung frei nach Hans
Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr (auch 20. & 21.01.)
Christian Andersen die Platz lässt für Gefühle, Träume
FR 13 | 01 | 12 Theater | Fight Club „Packend und intensiv spielte sich ,Fight Club‘ in die
und Phantasie. Musik | Compania Bataclan
HalloDu-Theater, Bochum, 16 Uhr (auch 15.01. 11 Uhr)
Köpfe der Zuschauer. Regisseur Oliver Paolo Thomas
Die Compania Bataclan ist eine siebenköpfige Band aus
bewies bei seinem Debüt ein gutes Händchen: Schau-
dem Ruhrgebiet. Ihre musikalische Vielseitigkeit ver-
spieler, Dramaturgie und Musik hätten kaum besser
bindet sich mit politischem Anspruch. Texte aus eigener
sein können. (Ruhr Nachrichten) „Theater, das in den
Feder oder von Brecht/Weill werden mit unterschied-
Bauch tritt und eine Diagnose über die Gegenwart ins
lichsten Mixturen unterlegt. Heraus kommt ein span-
Ronja ist die Tochter des Räuberhauptmanns Mattis
Unterbewusstsein verlegt. So sehen wir am Ende in
nender Soundclash: ob Balkan-Klezmer, französische
und seiner Frau Lovis. Sie leben gemeinsam, mit den
die fasziniert in den Schrecken starrenden Gesichter,
Musette, Reggae oder Ska – die Compania tanzt auf
anderen Räubern der Mattis-Sippe, in der Mattisburg
wenn die Welt vor Terror erbebt. Frenetischer Applaus
vielen musikalischen Hochzeiten – frei nach dem Motto
im Mattiswald. Lange glaubt Ronja, das einzige Kind
für abgebrüht clevere Kunst.“ (WAZ) Wiederaufnahme
der amerikanischen Anarchistin Emma Goldman „Wenn
weit und breit zu sein. Doch als sie eines Tages aus-
der Inszenierung nach Chuck Palahniuk und Jim Uhls.
ich nicht tanzen kann, ist es nicht meine Revolution.“
zieht, um zu sehen, wie groß die Welt ist und lernen
SO 15 | 01 | 12 Kindertheater | Ronja Räubertochter
23
24 VERANSTALTUNGEN JANUAR 2012
möchte, sich nicht zu fürchten, lernt Ronja Birk kennen, der mit der Borka-Sippe in den Nordteil der Burg gezogen ist. Mattis wird darüber fuchsteufelswild und wünscht die gesamte Borkasippe mit einem Furz zum Donnerdrummel. Die beiden Kinder werden allerdings schon bald Freunde und beginnen, sich heimlich zu treffen. Dabei haben sie so manches Abenteuer zu bestehen. Ein
15 | 01 | 12 Talking Horns
17 | 01 | 12 Tommy Finke
bisschen „Romeo und Julia“ für Kinder: Es geht um Freundschaft, Liebe, Toleranz und das Sich-Vertragen. Ein Theaterspiel der „Truffaldinos“ nach Astrid Lind-
passen wollten. Live trat er regelmäßig bei Bochum
Telök, ist eine neue Runde der Mission orgiasti-
gren für Kinder ab vier Jahren.
Total auf und spielte Support-Gigs für Toni Kater, Tele,
sche Publikumsbeglückung. Martin Fromme und
Rottstr5-Theater, Bochum, 16 Uhr (auch 22. & 29.01.)
Lee Buddah und weitere Indie-Bands. Seine Platten
Dirk Sollonsch machen keine Stand-up Comedy,
„Repariert, was Euch kaputt macht!“ (2007) und „Poet
sondern szenische Komik, mal frei aus der Hand,
der Affen / Poet of the Apes“ (2010) machten ihn end-
mal garniert mit herrlich sonderbaren Kostümen
Der Name ist Programm. Denn die Talking Horns er-
gültig bekannt. Der Eintritt zu diesem Konzert ist frei.
und Requisiten. Sie tragen nicht vor, sondern agie-
zählen tatsächlich Geschichten. Und das tun sie so
Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr
ren mit ganzem Körpereinsatz, flüstern, fuchteln
Musik | Talking Horns
abwechslungsreich und so begeistert und begeisternd, dass es die reine Freude ist. Ob mongolische
und toben sich durch die Pointen. Blitzschnell und Musik | The Computers
mimisch exakt. Eine skurrile Mixtur irgendwo zwi-
Steppensounds, jamaikanischer Tuba-Reggae, der hei-
The Computers gehen zurück auf die Wurzeln des
schen Monty Python und Loriot, gepaart mit einer
mische Schweinestall, klassische Bach-Adaptionen,
Rock. Sie tun das ikonografisch gebrochen mit ihren
diebischen Freude am gehobenen Schwach- und
deutsches Liedgut, Melodien from outer space, ein
Tollen, mit ihren Anzügen, ihren Plattencovern, ihren
Nichtsinn, ohne sich dabei im bloßen Klamauk zu
Eichhörnchenballett, Arme-Leute-Funk oder Balkan-
Schriftzügen und ihren Videos, wobei das Entschei-
verlieren. Aber auch ohne die Freude am erdigen
Horas – dieses Bläserquartett nutzt eindrucksvoll sei-
dende ist, dass stets etwas Neues aufscheint im Alten.
Spaß zu verlieren.
ne kompositorischen und improvisatorischen Möglich-
Sie tun es in ihrer Besetzung mit zwei Gitarren, Bass
Werkstadt, Witten, 20 Uhr
keiten. Und all das ohne Fremdbegleitung. Blechernes
und Schlagzeug. Und sie tun das mit ihrer Musik. Kein
a capella also. Dabei schaffen die Talking Horns bis-
Song ihres Debüts „This is The Computers“ kommt an
weilen den Eindruck, als würde eine ganze Big Band
drei Minuten ran, die ganze Platte durchrauscht man
am Werk sein. Motto des Abends: „The show must blow
in 25 Minuten. Und diese kurze Zeit wird von The Com-
on“ oder auch „born to be horn“.
puters derartig laut, rotzig und geradeheraus gefüllt,
Zu allen Zeiten haben Menschen ihre Heimat ver-
Flottmann-Hallen, Herne, 19 Uhr
dass es keine Art hat. Die Basis ist das zwölftaktige
lassen, um in der Fremde ihr Glück zu suchen, um
Bluesschema. Darüber legt sich Rock’n’Roll. Darüber
zu erobern, Unentdecktes zu erforschen oder zu
kommt aus jedem folgenden Jahrzehnt eine Lage: Ga-
handeln, getrieben von Sehnsucht oder vertrieben
rage, Punk, Hardcore, Grunge, Post-Irgendwas. Und
durch Diktatoren oder die reine Not. Ob auf Reisen,
noch mal Hardcore und Rock’n’Roll und Hardcore. Der
auf der Flucht oder im Exil, nirgendwo wird einem
„Ich wollte mich nach zwanzig Jahren mit Pili Pili
Gutturalgesang tut ein Übriges, die spezielle Haltung
so bewusst, was Heimat bedeutet, wie in der Frem-
nicht wiederholen. Pili Pili ist ja ein Konzept mit afri-
der Engländer zu unterstreichen. Ihre Eigencharakte-
de – und immer wurde darüber gedichtet, gespielt
kanischer Musik und afrikanischen Musikern gewesen,
risierung besteht nur aus einem Satz: „Destroy eve-
und gesungen. In seinem neuen Programm begibt
bei dem das Afrikanische auch der Ausgangspunkt
rything.“ Am liebsten live, auf der Bühne.
sich Thomas Anzenhofer mit Maja Beckmann, Micha-
war. Das wollte ich jetzt einmal umdrehen. Ich wollte
FZW, Dortmund, 20 Uhr
el Schütz und fünf Musikern auf eine musikalische
DI 17 | 01 | 12 Musik | Jasper van‘t Hofs Pili Pili
mal von einem europäischen musikalischen Gedanken ausgehen. Ich habe jetzt als Europäer komponiert, und an der Umsetzung haben nun auch Afrikaner mitgewirkt, aber eben auch Streicher vom Balkan, ein
Musik | Heimat ist auch keine Lösung
Expedition. Unter seiner und Torsten Kindermanns
DO 19 | 01 | 12
Leitung entsteht ein Abend über Stillstand und Be-
Musik | Irène feat. Marc Ducret
in ihrer Musik die unstillbare Sehnsucht nach Hei-
wegung und eine Hommage an all die Menschen, die
niederländischer Kontrabassist und eine Saxofonistin
Das Quartett Irène hat auf dem letzten „Concours
mat und Fremde besingen.
aus Amsterdam.“ (Jasper van't Hof) Die Ethno-Jazzer
National de Jazz in La Défense Paris“ die Preise ab-
Kammerspiele, Bochum, 19.30 Uhr
kommen live mit ihrer neuen Platte „Ukuba Noma Un-
geräumt. Artikulierte Ostinatos und Tonführungen,
kungabi“ im Gepäck.
Kollektivklänge,
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
und satt ausgespielte Gitarrenlinien. Hohe Dynamik
„Rebellion in Zimmerlautstärke“ ist ein humorvol-
und präzises Vorgehen sind keine Gegensätze mehr.
ler Abend über das Erwachsenwerden, und wie man
Musik | Tommy Finke
gehämmerte
Schlagzeug-Grooves
Musikkabarett | Achim Knorr
Spezial-Gast im domicil ist der Gitarrist Marc Du-
versuchen kann, es zu verhindern. Achim Knorr ist
Erstmals gastiert Tommy Finke, Songwriter und Indie-
cret, der als einer der profilierten Gitarristen Europas
aufgewachsen im tiefsten Ostwestfalen. Die besten
Held aus Bochum auf dem legendären Teppich im Dort-
zwischen Avantgarde, Jazz und Rock gilt. Jazzmag
Freunde in seiner Kindheit waren die Bravo-Star-
munder Sissikingkong und er bringt seine Band gleich
schreibt: „Ein Cocktail aus modern-experimentellem
schnitte von T. Rex, Slade und den Beatles. Und ei-
mit. Von Oasis, The Beatles, Rio Reiser und Tocotronic
Jazz, in dem Indie-Rock, aktuelle und elektronische
gentlich war für ihn sonnenklar, dass er selbst auch
sei er beeinflusst worden, sagt Finke über sich selbst.
Musik aufs Beste verschmelzen.“
Rockstar werden würde. Oder Rebell. Oder irgendwas
Eigenständig ist er immer geblieben wissen die, die
domicil, Dortmund, 20 Uhr
anderes mit R. - Raucher vielleicht. In seinem neu-
ihn kennen und schätzen. Begonnen hat seine musikalische Karriere im Jahr 1998 bei der Spaß-Punk Band
24
SA 21 | 01 | 12
en Programm entführt der Prix Pantheon-Preisträger Comedy | Der Telök
den Zuschauer in seine wirre Welt aus Gedanken-
„Hummelgesicht“, gefolgt von „Stromgitarre“, weil
Das 15. Programm „From Wanne-Eickel with laugh“
sprüngen, verrückten Assoziationen und genialen
ein paar seiner Songs nicht so recht ins alte Konzept
der deutschen Antwort auf Monty Python, dem
Wortspielen. Zwischendurch greift er zur elektri-
17 | 01 | 12 The Computers
19 | 01 | 12 Irène feat. Marc Ducret
21 | 01 | 12 Club der toten Dichter
schen Gitarre, gibt musikalische Schnapsideen
von Post und Besuchen, trotz aller zermürbenden
präsentieren die Dias simultan auf mehreren Lein-
zum Besten und schüttelt eingängige Melodien
Schikanen, es zur Zeit der deutschen Terroristen-
wänden und lassen sie so in Beziehung treten.
aus dem Ärmel.
hatz aus dem Knast heraus geschafft hat, sich als
Es entwickelt sich ein Dialog, der oft mehr über
Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr
Dichter und Denker bei einem großen Publikum
eine abgebildeten Personen und Objekte verrät,
Gehör zu verschaffen.
als eine einzelne Fotografie jemals zu sagen in der
Theater im Depot, Dortmund, 19 Uhr
Lage wäre. Akustisch begleitet wird die Diashow
Musik | Club der toten Dichter: Rilke neu vertont Nach den beiden bejubelten und gelobten CDs und Live-Programmen folgt nun das dritte Pro-
von einem DJ, der mit dem passenden Soundtrack Theater | Shakespeare am Tisch
für teils erhellende, teils ironische Kommentare
gramm „Eines Wunders Melodie“ vom Club der to-
Letzten Winter feierte die Studiobühne große
sorgt. Dunix-Lichtbilder verstehen sich als Kultur-
ten Dichter. Wie kaum ein anderer Dichter vermag
Erfolge mit „TischTheater". An maximal 25 Ti-
archäologen auf den Spuren populärer Strömun-
Rilke seine Leser in eine Gefühlswelt zu entfüh-
schen mit jeweils fünf Zuschauern im Theater-
gen der deutschen Alltagskultur.
ren, die vertraut und gleichsam neu erscheint.
saal wurden gleichzeitig 25 Monologe gespielt.
Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr
Seine Worte sind im Leben verhaftet und doch
Diesen Winter will die Studentenbühne an dieses
Poesie. Dieses Gefühl steht im Mittelpunkt der
Spielmodell anknüpfen und verschiedene Mo-
Neuvertonungen des Club der toten Dichter. Es
nologe aus Shakespeares Feder darbieten. Die
geht nicht um eine rezitative Überhöhung, viel-
Spielsituation erinnert an Speed-Dating. Die
mehr fühlt sich die musikalische Umsetzung der
Zuschauer bleiben sitzen, während die Schau-
Mit seinem Debütalbum überraschte Sebastian
Melodie in den Gedichten verpflichtet. Die Texte
spieler von Tisch zu Tisch wechseln und ihre Ge-
Sturm 2006 neben dem Fachpublikum auch die
werden gesungen, schwingen sich frei und las-
schichte erzählen. Der Eintritt ist frei.
Liebhaber des klassischen Roots
sen dem Publikum Raum für die eigenen Gefühle.
MZ der Ruhr-Uni, Bochum, 19.30 Uhr
Rock Reggae. Die von dem ge-
Mit Katharina Franck, solistisch bekannt als rein
(auch 26. – 28.01.)
bürtigen Aachener mit deutsch-
malig seit Bestehen des CdtD eine Frau an Reinhardt Repkes Seite Platz und teilt sich mit ihm die
BODO VERLOSUNG | Sebastian Sturm & Exile Airline
indonesischen Wurzeln interpre-
englischsprachige Singer/Songwriterin sowie als Stimme und Kopf der Band Rainbirds, nimmt erst-
MI 25 | 01 | 12
MO 23 | 01 | 12 Theater | Kanalhelden
tierte Version des Off-Beats der 70er Jahre fand Anklang in ganz Europa. Konträr zum entspann-
Gesangs- und Gitarrenparts. Außerdem noch am
Für diesen Theaterkrimi über Familienfrust und
ten Tempo seines Rootssounds
Start: Tim Lorenz am Schlagzeug, Andreas „Spatz“
Geschwisterliebe, Heimat und Fremde, Schuld und
und der sich auf ihrem Höhepunkt befindenden
Sperling an den Tasteninstrumenten und Markus
Treue hat sich das Theater Kohlenpott Herne auf
Dancehall-Szene, entwickelt sich Sturm zum
Runzheimer am Bass.
die Spuren seines Publikums begeben. Wie leben
Senkrechtstarter in der Welt der karibischen
Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr
junge Menschen heute im Ruhrgebiet? Wovon
Klänge. Mit der neuen Band Exile Airline nahm er
träumen sie? Was ist ihnen wichtig? Wovor haben
nun sein drittes Album „Get Up & Get Going“ auf.
SO 22 | 01 | 12
sie Angst? In Workshops mit Schülern der Erich-
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
Fried-Gesamtschule und der Realschule Sodingen
bodo verlost 3 x 2 Karten.
Musik | The Wierschbande
wurde diesen Fragen nachgegangen. Der Stutt-
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
The Wierschbande, alias Jürgen und Rocco
garter Autor und Dramaturg Christian Schönfelder
Wiersch, betreiben mit laut- und leisestarkem
hat gemeinsam mit Regisseur Frank Hörner und
Einsatz von Stimme und Gitarre Autorwerbung für
dem Ensemble das Theaterstück „Kanalhelden“
„Der Papst des schlechten Geschmacks“ und „ein
den am 24. Januar 2011 gestorbenen, germaicani-
entwickelt – nach Geschichten, die sie von den
Kuhn-Konzert ist wie der letzte Kindergeburts-
schen Exil-Literaten und Knast-Lyriker Peter Paul
Herner Schülern erfahren haben.
tag“: Zwei Beschreibungen des schrillen Entertai-
Zahl, dessen Werke sang- und klanglos aus den
Flottmann-Hallen, Herne, 10 & 12 Uhr Uhr
ners Dieter Thomas Kuhn, der seit über 15 Jahren
Regalen der Buchhändler und Grossisten sowie
(auch 24.01.)
den Schlager in einer Form belebt hat wie er es
aus den Backlists der Verlage zu verschwinden drohen. Wiersche Anverwandlungen von Dichterstoffen sind poetische Zwiesprachen, Lebens-, Werks- und Rezeptionskollagen, und dabei immer
Musik | Dieter Thomas Kuhn & Band
sich nicht im Traum vorgestellt hat. „Die singende
DI 24 | 01 | 12 Dia-Performance | Dunix Lichtbilder
Discokugel“ wird er in Wien genannt. Immer wieder und noch ist Kuhns fetzige Interpretation von „Über den Wolken“ ein Tanzflächengarant auf den
Autorwerbungen: hemmungslos subjektiv, per-
Das Arbeitsmaterial der Bochumer Künstlergrup-
verschiedensten Partys. Warum macht die Zeit nur
formt als Kleinstkammerspiele der Poesien. Die
pe Dunix Lichtbilder besteht aus schätzungsweise
vor dem Teufel halt, aber nicht vor Dieter Thomas
Wierschs gehen also nicht auf Distanz – sie lei-
50.000 Amateurdias, gesammelt auf Flohmärkten,
Kuhn & Band? Warum leiden die Fans ab dem letz-
den, lieben, lachen und flippen aus mit Peter Paul
beim Trödler um die Ecke und in Haushaltsauflö-
ten Konzert einer abgeschlossenen Tournee unter
Zahl, der, als politischer Gefangener, trotz Einzel-
sungsgeschäften. Dunix Lichtbilder sortieren das
solchen Entzugserscheinungen und halten sich
haft, Isolation, Behinderung und Verhinderung
gefundene Material, gruppieren die Lichtbilder,
nur mit der Hoffnung auf die ersten Konzerte der
25
26 VERANSTALTUNGEN JANUAR 2012
nächsten Tournee über Wasser? - Nirgendwo sieht man buntere Outfits, knallbuntere Farben. KuhnKonzerte sind Happenings. Hier geht es um die schönsten Schlager (auch) für ein Publikum, das sonst nichts mit Schlager am Hut hat. FZW, Dortmund, 20 Uhr
DO 26 | 01 | 12
24 | 01 | 12 Dunix Lichtbilder
27 | 01 | 12 Georg Ringsgwandl
Musik | The Rival Bid Es mag die Tristesse des Alltags sein oder auch ganz
ein Valentin des Rock‘n‘Roll, ein bayerisches Genie.
einfach das nahende Ende des Jahres 2011, welches
Ein Mann wie ein Leuchtturm, Geheimtipp der Verirr-
„Die da!“ beklagt nicht, sondern „feiert das No-
den TheMakingOf-Sänger und Gitarristen Maurice
ten. Der Oberarzt als Punk, verhauter Rock‘n‘Roller
madentum, verspottet unser aller Ängste“, urteilt
Margraf dazu bewogen haben, eine Soloplatte („Back-
und intellektueller Robin Hood.“ (Die Zeit)
die WR und lobt den Abend als „erschreckend gut“.
lights“) aufzunehmen. Musik die zu solch einer Jah-
Schauspielhaus, Bochum, 20 Uhr
„Eindringlich und unsentimental“ sei diese Insze-
reszeit passt: Dunkel, trist und bittersüß setzen sich die Songs im Gehörgang fest und wecken Erinnerun-
nierung, lobte die Presse den Monolog einer obMusik | The Busters
dachlosen Frau, in dem Bettina Stöbe genau den
gen an vergangene Tage. Variabel und dynamisch im
Die Busters haben die Schwelle zum 21sten Jahr-
Ton findet, „der diesen Bericht so eindringlich
Klang lässt sich die Musik von The Rival Bid im Bereich
hundert erfolgreich hinter sich gelassen. Wer hätte
macht.“ (WAZ) Sie heißt einfach „Die da!“ und
im Indie-Pop & NewWave einordnen, ohne jedoch zu
sich das vor mehr als zwanzig Jahren vorstellen mö-
lebt auf der Straße. Zwischen Blütenträumen vom
stark in eine Richtung zu tendieren. Live erhält The
gen? Damals wurde den guten, alten Spektakeln wie
bürgerlichen Leben und der bitteren Realität der
Rival Bid aka Maurice Margraf, der übrigens im Ruhr-
Sonnenauf- und -untergang, dem Spiel der Gezeiten
Bahnhofsvorplätze erzählt sie von der ausweglosen
gebiet beheimatet ist, Unterstützung durch Tillmann
und Bayerns Meistertitel ein weiterer Fixpunkt auf
Odyssee zwischen Vollräuschen und Ernüchterung.
Knie an der E-Gitarre.
der Agenda des Universums hinzugefügt: Die all-
Sensibel, mit klarem Blick für das Schicksal dieser
Subrosa, Dortmund, 19 Uhr
jährliche Busters-Winter-Tour. Derzeit ist die Ska-
Abgerutschten, die nie wirklich zu einer Pennerin
Band fleißig im Studio zu Gange und köchelt am
wird, sowie mit Witz und absurder Komik hat Hans-
zukünftigen Album. Aber nun ist „das Perpetuum
Peter Krüger dieses Drama inszeniert.
Deutschland im Jahr 2012. Die Nachwirkungen der
Mobile des Ska“ erst einmal wieder live on Stage
Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr
Revolution versauen uns den Tunesien-Urlaub und
unter dem Motto: „Brutales 1-2-3“.
ernüchternd stellt nicht nur der Otto Normalver-
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
Comedy | Atze Schröder
braucher fest: Das Leben ist wie ein Ikea-Regal. Irgendwas fehlt immer. Und der Herdentrieb geht weiter. Vom alten Hartz-IV Adel bis zum prominenten Pleitegeier – Luxusautos fährt jeder. Designermode
Musik | Beatrevolver Wenn die Jungs von Beatrevolver loslegen, kracht’s
SA 28 | 01 | 12
gewaltig. Ihre wilde, raue Mischung aus US-Garage und UK-Beat der Sechziger geht ins Blut und lässt die
BODO VERLOSUNG | Schandmaul
Füße kaum mehr stillstehen. Seit knapp zehn Jahren
gibt's längst bei H&M auf dem Grabbeltisch und die
„Wir sind eine Band, die sich mehr oder weniger über
spielt das Kölner Quartett seinen energiegeladenen
Jugend fragt sich nur noch ängstlich: Wie kriege ich
ihre Liveauftritte definiert. Daher wollten wir das
Sound. In klassischer Besetzung mit Gitarre, Bass,
die Zeit bis zum ersten Burn-Out halbwegs anstän-
neue Album möglichst di-
Orgel und Drums spielen Beatrevolver hauptsächlich
dig ohne iPhone rum? Und was kommt danach? Nach
rekt und erdig aufnehmen“,
eigene Stücke, aber auch die ausgesuchten Cover-Ver-
über zehn Jahren auf dem Olymp der Comedy-Götter
meint Sänger Thomas. Und
sionen haben es in sich. Wilde Gitarrenriffs, melodiö-
schaltet Atze Schröder gnadenlos noch einen Gang
Birgit, die Frau mit den Du-
se Bassläufe, treibende Schlagzeugrhythmen, beatige
höher. Er knallt das Gaspedal auf der langen Geraden
delsäcken und den Flöten,
Hammondgrooves und einprägsame Gesangsmelodien
des zweiten Lebensabschnitts volle Lotte auf das Bo-
benutzt sogar das Wort
sind das Markenzeichen von Beatrevolver.
denblech. Warum? Weil er es kann. Atze Schröder ist
„rotzig“, wenn sie vom Klang der neuen Songs spricht.
„schmerzfrei“.
Dass dieses Attribut zutrifft, mag man nicht glau-
RuhrCongress, Bochum, 20 Uhr
ben, wenn man im Player den Titelsong der neuesten
(auch 11.02. in Dortmund)
Platte „Traumtänzer“ startet: Es knistert verdächtig
Der schwedische Pianist Martin Tingvall lernte sein
nach Vinyl und die Band, die dann einsetzt, hört sich
Handwerk von Bobo Stenson und nennt Miles Da-
eher an wie eine Irish-Folk-Truppe, die sich in einem
vis wie AC/DC als Vorbilder. Jürgen Spiegel saß als
verräucherten Pub ein paar Gläser Guinness verdient.
Rockdrummer bereits auf Festivalbühnen wie „Rock
Auf diese falsche Fährte wird der Hörer allerdings nur
am Ring“. Zusammen mit Bassist Omar Rodriguez
Dr. Georg Ringsgwandl, Jahrgang 1948, hängte mit 45
wenige Sekunden geführt, denn danach geht’s richtig
Calvo, der u.a. mit Ramon Valle und Roy Hargrove
Jahren seinen Beruf als kardiologischer Oberarzt an
los. Mit einer gehörigen Portion Energie werden Er-
musizierte, fabrizieren sie einen zeitgemäßen, me-
den Nagel und widmete sich ganz dem Musikkabarett.
innerungen an selige Punkzeiten geweckt. Die Flöte
lodischen, fast popmusikalisch leichten Trio-Sound
In seinem aktuellen Programm „Das Leben und Schlim-
tritt in einen Geschwindigkeitswettstreit mit dem
in einer schillernden Mischung: Skandinavischer
meres“ stellt er Anekdoten „aus dem Leben gegriffen“
Schlagzeug, Anna fliegt virtuos über die Saiten ihrer
Jazz mit kubanischen Anklängen und einer leichten
vor und präsentiert mit voller Würze seine Beobach-
Geige, die E-Gitarre fabriziert ein mitreißendes Solo
Rock‘n‘Roll Attitüde.
tungen aus der bayrischen Provinz. In seinen hilf-
und Thomas träumt in seinem Text vom Glück. Die
domicil, Dortmund, 20 Uhr
reichen Geschichten über Neurosen, Modetrends und
Münchner Special-Rock-Band Schandmaul ist zurück
andere Peinlichkeiten, verwandelt er – gespickt mit
und auf „Traumtänzer“-Tournee.
bayerisch-trockenem Humor – gesellschaftliche Är-
RuhrCongress, Bochum, 20 Uhr
Nuran David Calis ist Regisseur, Autor und Filmema-
gernisse in selbstironische, groteske Geschichten und
bodo verlost 3 x 2 Karten.
cher. Neben der Entwicklung von Stücken mit Ju-
Belehrungen über den Alltag. „Ein Punk-Qualtinger,
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
gendlichen, deren Geschichten im Zentrum stehen
FR 27 | 01 | 12 Musikkabarett | Georg Ringsgwandl
26
Theater | Die da!
Subrosa, Dortmund, 20 Uhr Musik | Tingvall Trio
Theater | Zoff in Chioggia
28 | 01 | 12 Die da!
28 | 01 | 12 Tingvall Trio
(„Homestories“, „Next Generation“), ist die Neube-
meinsamen Plausch am virtuellen Lagerfeuer. Das
arbeitung literarischer Stoffe ein Schwerpunkt seiner
Motto von Anka Zinks Beziehungskabarett: „Fum-
Adressen | Bochum (0234)
Regiearbeit. Nun bearbeitet er Carlo Goldonis „Zoff
meln war früher, heute ist twittern!“
Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 687 16 10
in Chioggia“. Goldoni schrieb seine Komödie über ein
Bahnhof Langendreer, Bochum, 19 Uhr
Christuskirche, An der Christuskirche 1, 338 74 62
italienisches Fischerdorf im Jahr 1761. Das Chioggia von Nuran David Calis liegt immer noch am Meer,
BODO VERLOSUNG | Nachtgestalten
29 | 01 | 12 Anka Zink
Endstation Kino, Wallbaumweg 108, 687 16 20 Eve Bar, Königsallee 15, 333 354 45 Freilichtbühne Wattenscheid, Parkstraße, 61 03-0
vielleicht aber auch mitten im Ruhrgebiet. Es spielen
Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da und Träume
Schauspieler des Bochumer Ensembles sowie Jugend-
sind Schäume. Sind Nachtmenschen
Jahrhunderthalle, Gahlensche Str. 15, 369 31 00
liche und Street-Art-Tänzer aus der Region.
eigentlich blasser oder auch einsa-
Kulturhaus Oskar, Oskar-Hoffmann-Straße 25
Schauspielhaus, Bochum, 19.30 Uhr
mer? 16 Akteure zeigen mit Tanz und
Kulturrat Bochum, Lothringer Straße 36, 862 012
Schauspiel, wer zu dunkler Stunde
Museum, Kortumstraße 147, 51 60 00
noch auf den Beinen ist. Wer wacht
Mus. Zentrum der RUB, Universitätsstr. 150, 322 28 36
28 – 29 | 01 + 04 – 05 | 02 | 12
über unsere nächtliche Ruhe oder BODO VERLOSUNG | 5. Historischer Jahrmarkt
zieht schlaflos um die Häuser? Party-
HalloDu-Theater, Lothringer Str. 36c, 87 65 6
Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Str. 50 – 60, 77 11 17 Riff, Konrad-Adenauer-Platz 3, 150 01 RuhrCongress, Stadionring 20, 610 30
Eine Achterbahn mit Dreifach-Looping und Turbo-
schwärmer, Nachtwächter, Putzfrau-
Beschleunigung sucht man hier vergebens. Keine
en, Prostituierte und Schlafwandler werden mit ihren
Stadthalle Wattenscheid, Saarlandstraße 40, 610 30
Teenie-Horden, die zu Dis-
nächtlichen Geschichten dargestellt und ihr Leben,
Thealozzi, Pestalozzistraße 21, 175 90
co-Gestampfe ihre Cool-
das sich neben dem Rhythmus der Gesellschaft be-
Varieté et Cetera, Herner Straße 299, 130 03
ness im Autoscooter und
wegt, wird mit Tanz und Schauspiel in Szenen gesetzt.
Zauberkasten, Lothringer Straße 36c, 86 62 35
vor allem lässig an deren
Mit einer Mischung aus Sinnlichkeit und Witz wird er-
Banden lehnend unter Be-
forscht, wo die Grenze zwischen Wollen und Müssen
weis stellen müssen. Beim
beim nächtlichen Wachsein liegt. In den Nischen der
Historischen Jahrmarkt ist Retro-Feeling angesagt.
Nacht suchen wir nach den verborgenen Sehnsüchten,
Adressen | Dortmund (0231)
Jahrhundertealte Karusselle, historische Kirmes-
die Menschen vom Schlafen abhalten.
Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48, 838 00 00
orgeln und schummrige Wahrsagerstübchen führen
Theater im Depot, DO, 19 Uhr (auch 28.01. 20 Uhr)
Cabaret Queue, Hermannstraße 74, 41 31 46
auch 2012 mal wieder in die Zeit, als man noch feste
bodo verlost 3 x 2 Karten.
DASA, Friedrich-Henkel-Weg 1 – 25, 90 71 24 79
auf den Lukas hauen und für ein paar Pfennig Frauen
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50 – 58, 502 51 45
mit Damenbart angucken durfte. Auch wenn letzteres wohl nicht geboten wird, findet das Ganze doch in einem würdigen Rahmen, nämlich der ebenfalls geschichtsträchtigen Jahrhunderthalle statt. An den
DI 31 | 01 | 12
Schauspielhaus, Königsallee 15, 333 30
Zeche, Prinz-Regent-Straße 50-60, 977 23 17 Zeche Lothringen, Lothringer Straße 36c, 876 56 Zwischenfall, Alte Bahnhofstraße 214, 28 76 50
domicil, Hansastraße 7 – 11, 862 90 30 Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, 14 25 25 F.-Henßler-Haus, Geschw.-Scholl-Str. 33 – 37, 502 34 72 FZW, Ritterstraße 20, 17 78 20
Lesung | Griechenland – eine EUROpäische Tragödie
Galerie Torhaus, Haupteingang Rombergpark, 50 23 194
Wochenenden öffnet der Rummel familienfreundlich
Für Menschen, die Griechenland nur als Tourismus-
Konzerthaus, Brückstraße 21, 22 69 62 00
bereits um 11 Uhr.
ziel, aus dem Geschichtsunterricht oder durch „den
Museum f. Kunst u. Kulturgesch., Hansastr. 3, 502 55 22
Jahrhunderthalle, Bochum, 11 Uhr
Griechen um die Ecke“ kannten, kam der Eurokri-
Piano Musiktheater, Lütgendortmunder Str. 43, 604 206
bodo verlost 3 x 2 Karten.
senschock aus heiterem Himmel. Ausgewiesene
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Finanzexperten und erst recht Laien können nicht begreifen, warum alle Hilfsmaßnahmen für das Land
Rasthaus Fink, Nordmarkt 8, 999 876 25 Reinoldikirche, Ostenhellweg 1, 52 37 33 Schauspielhaus, Hiltropwall, 502 55 47 Sissikingkong, Landwehrstraße 17, 728 25 78
bisher zum Scheitern verurteilt scheinen. Das Land
Strobels, Strobelallee 50, 999 50 60
hat sich als erstes an einem finanzpolitischen Virus
Subrosa, Gneisenaustraße 56, 82 08 07
angesteckt, der die gesamte Weltwirtschaft bedro-
SweetSixteen Kino im Depot, Immermannstr. 29, 910 66 23
„Sexy ist was anderes“ ist ein unterhaltsamer
hen kann. Wassilis Aswestopoulos, Journalist u.a.
Theater im Depot, Immermannstraße 29, 98 21 20
Exkurs über Fluch und Segen der modernen Kom-
für den Focus und ausgewiesener Griechenlandken-
U, Leonie–Reygers-Terrasse, 50 247 23
munikationsgesellschaft.
Mitmenschlichkeit
ner mit langjähriger Korrespondenten-Erfahrung,
bleibt wenig Zeit, weil uns die elektronische Gerä-
analysiert die Hintergründe und Ursachen der Krise,
tewelt auf Trapp hält: Mit Highspeed geht’s durch
lässt Beteiligte und Betroffene zu Wort kommen. Er
die Kinderzimmer der Generation Spielkonsole. Es
nennt die Verursacher beim Namen und vermittelt
Adressen | Herne (02323)
gibt Freunde zum Downloaden und Partnerleasing.
erstmals eine komplette Analyse der oftmals un-
Flottmann-Hallen, Flottmannstr. 94, 16 29 52
Cyber-Petting mit Twitter-Wesen ist in. Das neue
durchsichtigen Fakten und Hintergründe der „grie-
Mondpalast, Wilhelmstraße 26, 58 89 99
Programm von Anka Zink lädt alle Bewohner der in-
chischen Tragödie“.
ternetten Hausgemeinschaft (lat. familia) zum ge-
Auslandsgesellschaft, Dortmund, 19 Uhr
SO 29 | 01 | 12 Kabarett | Anka Zink
Für
Westfallenhallen, Rheinlanddamm 200, 120 40 Westfalenpark, An der Buschmühle 3, 35 02 61 00 Zeche Zollern, Grubenweg 5, 696 12 11
Adressen | Witten (02302) Saalbau, Bergerstraße 25, 581 24 24 Werkstadt, Mannesmannstraße 2, 94 89 40
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28 DAS INTERVIEW | von Bastian Pütter | Fotos: Claudia Siekarski
Die Kunst, das Ruhrgebiet und der ganze Rest Günter Rückert ist bildender Künstler und Pionier der alternativen Theaterszene in Dortmund, Martin Kaysh ist Journalist, Autor und Kabarettist. – Und sie sind Regisseur und „Steiger“ beim Geierabend, der jährlich 17.000 Besucher nach Dortmund-Bövinghausen „auf Zeche“ lockt. Ein Gespräch.
bodo Bei Adolf Winkelmann (S.12) versinkt das
bodo Jochen Malmsheimer hat mal neidvoll
Dortmunder U in einer Sanddüne. Im Programm-
festgestellt, dass die Kombination Kabarett und
text eures neuen Programms „Durch das wilde
Malerei bei Günter Rückert „die allerhässlichste
Ruhrdistan“ heißt es: „Im Jahr zwei nach der
Frage des Universums“ beantworten hilft: „Was
,Kulturhauptstadt‘, die wie ein Sandsturm über
machen Sie tagsüber?“ Wie ist das Verhältnis
das Revier hinwegzog, herrscht endlich wieder
der beiden Professionen bei dir?
Goldgräberstimmung zwischen den Trümmern der Industriekultur.“ Das Ruhrgebiet eine Wüste?
GR Mein Leben ist in vielen Kurven über verschiedene Baustellen gelaufen. Ich male gerne,
MK Vor ein paar Jahren haben wir durchge-
ich zeichne gerne, ich schreibe gern Texte und
spielt, was passiert, wenn die Emschergenossen-
inszeniere gerne. Ich hab auch 25 Jahre auf der
schaft die Pumpen abstellt. Da haben wir das
Bühne gestanden. Irgendwann hatte ich mich
Ruhrgebiet versinken lassen. Gerettet wurden
ausschließlich für die Malerei entschieden und
die letzten Überlebenden dann von Kölnern – es
15 Jahre ausschließlich davon gelebt. Davor
war fürchterlich.
habe ich viele Theaterprojekte gemacht. Dann rief vor 13 oder 14 Jahren der Geier-
bodo Dann lieber versteppen. Ist das Ruhrge-
abend an, weil die einen Regisseur suchten.
biet kunstfeindlich?
Die fragten, ob ich das machen wollte, das wäre ja nur ein kleiner Job nebenbei für ein
GR Kunstfeindlich will ich nicht sagen, ignorant
paar Wochen.
auf jeden Fall. Es gibt eine total lebendige Künstlerszene in allen Bereichen: Musiker, Male-
MK War´s ja auch.
rei, moderne Medien. Allein in Dortmund gibt es – schätze ich – 400 bildende Künstler. Die leben
GR Beim ersten Mal war´s auch so. Um die Frage
nicht alle davon, das geht ja selten. Aber Kunst
zu beantworten: Im Moment kann ich froh sein,
ist das, was sie antreibt, was sie machen, auch
dass ich den Geierabend und andere Theaterpro-
wenn sie irgendwo kellnern müssen.
jekte wie das Soloprogramm von Fränzi (Mense-
Es gibt in Dortmund keine vernünftige städtische
Moritz) oder die Bullemänner habe. Kunst zu
Galerie, wie es sie in jedem Kaff gibt. Dafür gibt
verkaufen ist schwerer geworden.
es das Museum oben im U, das ein schrecklicher Irrgarten geworden ist, für den man sich als
bodo Malst Du während der Probenzeit?
Stadt eigentlich nur schämen muss.
GR In den drei Monaten Geierabend mache ich bodo Deutschland kennt dieses Museum, weil
nichts anderes. Ich hab‘ zwar immer ein Skiz-
hier ein Kunstwerk Martin Kippenbergers Opfer
zenbuch dabei, egal wo ich bin und wenn ich
eines Putzunfalls wurde. Unter der Häme der
einen Einfall habe, manchmal auch abends beim
Leserbriefschreiber.
Fernsehen oder so, aber richtig Produzieren, das mache ich, wenn das hier fertig ist.
MK Der Kippenberger hat sich auch schon zu Lebzeiten aus dem Staub gemacht. Von innen
MK So hab ich mir das bei Michelangelo auch
kennt das Museum ja kaum einer. Deswegen
immer vorgestellt: Abends vor dem Fernseher
machen wir im neuen Programm einen Vorschlag
auf der Couch den Pinsel schwingen.
zur Umnutzung...
bodo Martin, deine journalistische Laufbahn GR ...und die Pointe wirst du jetzt nicht verraten!
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begann mit zwölf Jahren?
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MK Ich habe für den Kinderfunk des WDR Re-
nicht, dass ich Autogramme schreiben möchte,
GR Ich glaube auch, dass die Leute total froh
portagen gemacht: Müssen Kinder im Bus auf-
sondern dass ich ein Anliegen habe. Und das
sind, dass sie bei uns nicht Karneval feiern
stehen, wenn ältere Leute auch sitzen wollen,
muss man zusammenführen.
müssen, aber trotzdem ihren Spaß haben. Was
das haben wir diskutiert. Mit dem Kassettenrekorder hab ich Umfragen gemacht und zum
es hier an Karneval gibt, ist ein Abklatsch des
bodo Wie funktioniert das?
WDR geschickt, die haben das ausgestrahlt:
rheinischen Karnevals. Beim Geierabend wissen die Leute: Das ist Ruhrpott, das ist unser Ding.
Das gab 25 Mark!
MK Der normale Kabarettist, der von dieser
Ich bin neugierig. Und ich war immer interes-
Kabarett-Vereinbarung ausgeht, er habe ein
MK Karneval bei uns steht für eine andere Art
siert daran, Kommunikation auch auszulösen,
informiertes linksliberales, einigermaßen
der Produktion und auch der Rezeption. Ich lege
Menschen ins Gespräch zu bringen, mit mir oder
informiertes Publikum und bestätige die in
da viel Wert drauf, dass die Leute eingreifen
unter sich. Das sind bei mir die beiden Wurzeln.
ihrer Meinung oder mache diese linke Selbstbe-
können, dazwischenrufen oder sich lauthals
Ich hab jahrelang den relativ engagierten Mitar-
schimpfung – der würde bei uns scheitern. Du
beschweren.
beiter bei einem Ableger der WAZ gegeben und
musst bei uns bei allen Sachen, die du erzählen
Fips (Hans-Peter Krüger) musste mal eine Fahne
hab auch für andere geschrieben...
willst, Bilder finden.
schwenken unter dem Motto „Das Ruhrgebiet
bodo …und hast einige Jahre für die Monitor-
GR Bei uns kommen Figuren auf die Bühne.
wächst zusammen“: S09, blau-gelb – und dann Redaktion des WDR gearbeitet.
konnte er eigentlich nicht mehr weiterspielen. Die Leute haben Gegenstände auf die Bühne ge-
MK Wir brauchen Spielsituationen. Wir spielen
schmissen. Das bringt einen Bühnenschauspieler
MK Ja, der WDR, dieser wunderbare öffentlich-
ein Publikum von 17.000 Zuschauern an, das
eher durcheinander. Aber das ist der Unter-
rechtliche Sender, was ich an dieser Stelle gerne
sind teilweise keine Kabarettbesucher, meist
schied bei uns: Die Leute feiern. Und anders als
mal sage: Ich bin ein großer Anhänger des
keine Theaterbesucher. Klugscheißerei hat
bei Kabarettveranstaltungen kommen sie oft in
öffentlich-rechtlichen Fernsehens – als Idee. So
keinen Sinn.
größeren Gruppen.
Namen hier zu nennen, achte, der, geschult in
GR So blöd einige Figuren sind auf der Bühne,
GR Wir hatten mal 100 Polizisten da.
der BBC, versucht hat, dieses System hier nach
so philosophisch sind sie auch: Die zwei von der
dem Krieg zu installieren. Tolle Idee: staats-
Südtribüne können auch so Sätze sagen wie:
MK Ich weiß auch nicht, was aus denen gewor-
fern, gesellschaftlich relevante Gruppen, nicht
„Das Müssen ist das, was das Wollen am Ende
den ist.
gewinnorientiert. Und ich hab nie mehr Frei-
können soll.“ Alle deutschen Modalwerben in ei-
heiten und mehr Möglichkeiten kennengelernt,
nem Satz. Das kriegen die fertig, und die Leute
bodo Der Geierabend kommt aber aus ganz an-
Dinge zu machen, Ideen zu verbreiten und gut
nehmen das mit.
deren Zusammenhängen als karnevalistischen...
wie ich Hugh Carleton Greene, um auch diesen
recherchierte, auch fiese Stücke umzusetzen als
MK Und dazu kommt: Die Bühnensituation al-
GR 1976 haben wir die erste Dortmunder Kaba-
lein ist mir zu wenig. Diese Grenze aufzuheben,
rettgruppe gegründet. Daraus ist Rocktheater
bodo Und was macht Martin Kaysh auf der Büh-
darum geht’s mir. Einerseits nach dem Programm
Nachtschicht entstanden, 1978 war das ziemlich
ne des Geierabend?
vorne bei den Leuten zu stehen und anderer-
originell. Wir konnten die Instrumente nicht
seits ‘rauszugehen, ob „Expedition Witten An-
richtig bedienen, aber das war egal. Nazis raus,
nen“ oder die Flutung des Phoenixsees vor zwei
gegen AKW, Schluss mit den Berufsverboten,
Jahren. Schon der Weg dahin war so absurd: Die
das waren die Themen. Daraus ist eine Menge
GR Was der Steiger macht, ist viel. Der macht
Stadtspitze war dafür und auf der Arbeitsebene
entstanden, bald gab es sogar ein Festival der
die Moderation, Überleitungen, aber er erzählt
hat man versucht, es zu verhindern. Großartig.
freien Theatergruppen mit zehn bis 15 Dortmun-
im WDR damals.
MK Conférence? Host?
auch viele eigene Geschichten, die vielleicht ein bisschen am Rand liegen.
der Gruppen. Davon übrig geblieben bis heute
bodo Und was hat das Ganze eigentlich mit
sind viele Einzelkünstler – Fritz Eckenga, Lioba
Karneval zu tun?
Albus usw. – und der Geierabend.
MK Roman (der Präsident) hat mal so ein Karne-
bodo Was ist eigentlich so lustig am Ruhrgebiet?
MK Meine Themen liegen in der Mitte! Was ihr macht, das ist am Rand!
valduo durch die Gegend gefahren, Jonas, unser
GR Ich meinte: am Rand des Bühnengeschehens.
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Regieassistent, war mal Kinderprinz in Ahlen,
MK Ich finde, das Ruhrgebiet hat die gleiche
und der Neue, Benedikt, der muss auch über den
Komik wie die SPD. Es ist dieses: Mit beschei-
MK Ach so. Der leider viel zu früh verstorbene
Kinderkarneval zum Schauspiel gekommen sein.
denen Mitteln versuchen, groß zu werden und
Matthias Beltz ist der einzige Kabarettist, von
Ich fand Karneval immer scheiße. Einerseits
dabei immer wieder auf die Schnauze fallen.
dem ich sagen würde, den habe ich verehrt.
fördert das Label Karneval – oder Alternativ-
Beltz hat im Tigerpalast moderiert, Varieté.
Karneval –, andererseits behindert es auch.
GR Das ist das eine. Das andere ist, dass es tat-
Und hat gesagt: Du sorgst dafür, dass es läuft
Ich glaube, dass 70 Prozent der Dortmunder
sächlich einen spezifischen Ruhrgebietshumor
und möchtest dann noch auf eigene Rechnung
im Leben nicht auf die Idee kämen, zu uns zu
gibt. Der hat Geschichte und unmittelbar mit
arbeiten. Und das muss sich die Waage halten.
kommen, weil dieses Etikett da ist. Das wäre mir
dem Bergbau zu tun. Ich bin selber in einer Ze-
Das seh‘ das auch so. Eigene Rechnung heißt
fast auch so gegangen.
chensiedlung groß geworden. Die Männer kamen
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aus ganz Europa und mussten unter Tage und man wusste nie, ob sie wieder ‘rauskamen. Das führte zu einer ganz knappen, lakonischen Form von Humor. Und die ist jetzt, wo es die Zechen nicht mehr gibt, der heimliche Exportschlager dieser Region.
MK Es wird aber zunehmend schwieriger. Thomas Gsella hat mal über bestimmte RuhrgebietsComedians geschrieben, ihr Erfolgsgeheimnis sei, dass sie in ihrem Programm immer zehn IQ-Punkte unter ihrem Publikum blieben. Das Publikum erlebt dabei dann so einen wohligen Schauer: So blöd sind wir ja gar nicht! Mir geht es darum, die Tatsache, dass das Ruhrgebiet mit der Schwerindustrie nur noch wenig zu tun hat, irgendwie auch rüberzubringen und dann die Frage zu stellen: Was bleibt denn Spezifisches? Ist es die Art, Geschichten zu
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erzählen? Ist es nur Haltung? Da habe ich keine Lösung bisher.
GR Eine Lösung ist, dass er „einfach mal macht“. Und das gibt dann auch mal Ärger. Er wollte einmal mit so einem Elektroroller von der Bühne aus auf diese Biertische fahren.
MK Wo sich jetzt Nonnen ausziehen dürfen! bodo Das ging aus ethischen oder aus technischen Gründen nicht?
MK Die haben mich das nicht mal ausprobieren lassen. Ich wollte auch mal mit einem Laubbläser, den ich von meinem privaten Geld gekauft hatte, Konfetti in die Luft ballern. Wir hatten richtige Berge, das sah großartig aus in der Probe. Aber das ging nicht.
bodo Teil deines Jobs ist es dann, Martin in diesen Stellen einzufangen?
MK Und Teil meines Jobs ist es, das dann zu ignorieren. Ich sitze auf der Bühne in einer Lore – korrekt: einem Hunt – und habe damit eine Insel des Bergrechts geschaffen. Da, wo die Lore ist, gilt das Bergrecht, und Bergrecht bricht Bundesrecht. Behaupte ich.
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32 DIE REPORTAGE | von Wolfgang Kienast | Fotos: Claudia Siekarski
Bergkristall, Amethyst und Rosenquarz Als Skeptiker in einer Steinestunde
Claudia Siekarski, unsere Fotografin, hatte das Thema vorgeschlagen. „Ich vermute, das funktioniert so ähnlich wie bei einer TupperParty”, meinte sie. „In privatem Rahmen, mit einer Gastgeberin und einer geladenen Expertin. Nur, dass es hier nicht um Dosen geht, sondern um Heilsteine.” Schweigen in der Runde. Vor gar nicht allzu langer Zeit hatte Astrologie die Redaktion entzweit, und klischeegerecht verlief die Verwerfungslinie passgenau zwischen den Geschlechtern. Doch manchmal schalten die Synapsen seltsam. Ich dachte spontan an Fußball, die magische Kraft der Rituale dabei, und dass ich seit 1995 an jedem Heimspieltag Dosenbier und Bonbons an einer ganz bestimmten Bude kaufe. Das wirkt nicht immer automatisch, während der letzten Saison allerdings hat es hervorragend geklappt. Meisterhaft geradezu. „Ich mache das mit den Steinen”, hörte ich mich also sagen. Ein Rückzieher wäre feige gewesen. Wir hatten bald darauf einen Termin und dann und wie besprochen dreißig Minuten vor der eigentlichen Stunde, klingelten Claudia und ich an verabredeter Adresse in Bochum-Langendreer. Daniela, Gastgeberin des Abends, herzlich lächelnd, ein leichter Anflug von kaum zu verbergendem Gastgeberinnenstress ließ sie nicht weniger sympathisch erscheinen, öffnete und bat uns in eine geschmackvoll eingerichtete Wohnung. Kerzenlicht, warme Farben, viele Decken, Tücher und Kissen sowie ein großer Tisch, beladen mit Schalen und Gläsern, welche ihrerseits unzählige bunte Steine bargen, rund geschliffen die meisten, zu Schmuck gearbeitet andere, schafften eine heimelige Atmosphäre. Anja Wenzig-Lascheck, die Heilsteinexpertin, legte letzte Hand an die Dekoration. „Mögt ihr etwas trinken?” fragte Daniela. „Ein Glas Heilsteinwasser vielleicht?” Sie deutete auf eine gläserne Karaffe. In klarer Flüssigkeit lagen walnussgroße Steine. „Das sind Bergkristall, Amethyst und Rosenquarz”, sagte Anja. „Die Mischung steht für ,Sanfte Harmonie‘. Probiert einfach mal.” Wir tranken. Tatsächlich schmeckte das Gereichte nicht wie normales Leitungs- oder Sprudelwasser. Weich, ein wenig erdig. Muffig, wenn man Negatives formulieren wollte.
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„Sonnige Erholung“ lasen wir auf dem Etikett einer
könnte aber auch daran liegen, dass ich das eine
Sommer 2010, an unser Themenheft „Kiosk“ und
zweiten Karaffe. „Und das schmeckt dann anders?”
Wasser direkt aus der Leitung genommen, das
daran, dass ich damals recherchiert hatte, wie im
fragte ich skeptisch. „Natürlich”, antwortete Anja
andere aber vorher noch gefiltert habe”, gab Da-
Revier die Seltersbude keine Schnitte gegen die
freundlich aber bestimmt, so, als hätte ich nach
niela zu bedenken. „Wir müssten also eigentlich
Trinkhalle bekommen hatte. Was ist hier schon
dem Unterschied zwischen Äpfeln und Birnen
noch mal beide Mischungen mit gleichem Was-
ein Wasser im Vergleich zu echtem Pils?
gefragt. „Die Steine übertragen ihre jeweilige
ser ansetzen.” Ich stimmte zu, vermutlich lie-
Energie ins Wasser. Jeder Stein hat seine eigene
ße sich das Phänomen auf diesem Weg erklären.
Währenddessen untersuchten die Frauen die
Botschaft, eine Information, mit der dein Körper
Doch bevor beide Kannen neu aufgesetzt werden
Mineralien auf dem Tisch, fühlten die Hand-
etwas anfangen kann. Oder gerade nicht. Bei mir
konnten, schellte mehrmals die Haustürglocke.
schmeichler, begutachteten Ketten und Gehän-
ist das manchmal ganz extrem. Wenn es zum Bei-
Pünktlich traf der Teilnehmerkreis der Steinstun-
ge. Erste Fragen. Erste Antworten. Tigereisen
spiel überhaupt nicht das Thema trifft, mit dem ich
de ein. Sechs Frauen Mitte dreißig, ein Mann.
hilft bei Müdigkeit, Chrysoberyll bei Mangel an
mich aktuell beschäftigen muss, kann es passie-
„Möchte jemand ein Bier?” fragte der.
Konzentration. „Gibt es eigentlich einen Stein
ren, dass ich ein bestimmtes Wasser nahezu ekelig
für Waschbrettbauch? Den würde ich gern mei-
finde. Ich kann das dann gar nicht trinken. Aber
Die Einsicht, bei einem Hellen vom gefassten
nem Mann mitbringen.” Kichern, Gelächter.
dazu werde ich gleich noch etwas sagen, wenn die
Vorsatz abzukommen, nüchtern in jeder Hinsicht
„Glaubt mir, wenn ich den gefunden hätte, mei-
übrigen Teilnehmer da sind.”
und möglichst analytisch dem Rätsel der different
ne Existenz wäre gesichert.”
schmeckenden Steinewässer nachzugehen, verzöWir probierten die „Sonnige Erholung“. Tatsäch-
gerte nur kurz. Dankbar nahm ich eine Flasche an.
Die eigentliche Steinstunde konnte beginnen.
lich: frischer, klarer. Das war verblüffend. „Es
Sicheres Terrain. Ruhrgebiet. Ich dachte an den
Anja stellte sich vor, sagte, dass sie als DiplomPädagogin im Bereich der Erwachsenenbildung gearbeitet und dann eine Ausbildung zur Edelsteintherapeutin gemacht habe. In den Steinen hätte sie eine Möglichkeit gefunden, individuell mit Menschen zu arbeiten. „Ich bin aber weder Ärztin noch Heilpraktikerin. Ich heile nicht, ich behandle nicht, ich stelle keine Diagnose. Aber ich berate euch gern mit meinem Wissen über Steine dahingehend, welcher Stein vielleicht helfen kann, Erfahrungen zu machen, damit es euch anschließend gesundheitlich und emotional besser geht. Steine sind gute Begleiter, da sie spezifische Botschaften in sich tragen, die sie als Schwingung permanent von sich geben. ,Ich bin mutig und entschlossen‘, sagt zum Beispiel der Rote Jaspis. ,Ich gehe meinen Weg in Liebe‘, sagt der Rosenquarz. Das Körpersystem geht bei dem richtigen Thema in Resonanz. Bei Themen, die gerade nicht anliegen, passiert nichts. Deswegen kann man mit Edelsteinen nichts falsch machen.” Eine lebhafte Diskussion setzte ein. Wie kann man oder muss man überhaupt seine Steine pflegen? Kann man gefahrlos Edelsteintherapie mit Homöopathie kombinieren? Wie und wo sollte man welchen Stein am besten tragen? Wie findet man überhaupt seinen persönlichen Stein? Lassen sich Entsprechungen im Bereich der Astrologie nachweisen? Und was sagt überhaupt mein Erzengel dazu? Zugegeben, spätestens bei dem Erzengel schweiften meine Gedanken ein wenig ab und ich musste an Mario Götze (sic!) denken und wie anbetungswürdig der den Ball behandeln kann und dabei wusste ich zu dem Zeitpunkt noch gar nicht, dass er die erlösende Bude gegen die Bayern machen würde. Aber sonst hörte ich aufmerksam zu. Anja wusste beeindruckend viel über ihre Steine. Allein, dass
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bodo
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sie alle unterscheiden konnte. Sogar die grünen, Malachit, Aventurin, Variscit oder Smaragd, die in meinen Augen alle gleich und auch gleich hübsch aussahen.
schafft Chancen
„Ihr findet den richtigen Stein eventuell rein intuitiv”, erfuhren wir. „Farbe und Form verraten viel. Bei therapeutischen Einsätzen hilft jedoch der Verstand. Da ist zum Beispiel interessant, wie der Stein entstanden ist. Vulkanisches Gestein hat andere Eigenschaften als solches, das durch Umwelteinflüsse oder chemische Umwandlung entstanden ist. Und es lohnt, einen Blick auf die molekulare Struktur zu werfen. Da finden wir streng quadratische Muster, dreieckige oder amorphe wie bei Bernstein und Opal. Es lassen sich Analogien zwischen Men-
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schentyp und Kristallstruktur finden, die man in der Therapie verstärkend oder ausgleichend nutzen kann.” Erkältungen wurden angesprochen, zur Jahreszeit ein dankbares Thema. Ein schöner Wintertag ist halb so toll mit Schnupfen. Anja riet zu Aquamarin, Aquamarin fördere allgemein die Kondition. Gezielt ließe sich ein Stein namens
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Chalcedon anwenden, der brächte nicht nur die Lymphe zum Fließen, sondern wirke insgesamt positiv auf die Schleimhäute im Hals-Nasen-Ohren-Bereich. Nur sollten wir nie vergessen, dass Steine an die Ursache und nicht an die Symptome gingen. Vor den Teilnehmerinnen wuchsen mittlerweile Mineralienhäufchen. Kristalle, polierte Steine mit und ohne Bohrung, Amulette, Armbänder und andere Kleinodien. Okay. „Mal abgesehen vom Waschbrettbauchstein”, begann ich, und dass der auch mir willkommen wäre, hätte ich noch eine ganz spezielle Frage. Weil ich nur vom Schreiben nämlich noch nicht leben könne und nebenbei auf Parties Geld verdienen würde, als DJ hinter dem Plattenteller. Lange Nächte, viel zu laut, miese Luft und Alkohol. Mein Heilstein ist der Aspirin. „Schlecht”, lachte Anja und brachte Magnesit zur Sprache, ein unauffälliges weißes Mineral mit aparter grauer Maserung. „Dein Stein.” Leider fehlt jetzt der Beweis. Ich habe wie zuvor beim Wassertest auch hier verrissen und nach der letzten Party wieder zur Chemie gegriffen. Weil da die Symptome kamen. „Schlecht”, hätte die Steinfrau vermutlich wiederholt gerügt. Aber eventuell hätte ja eine Massage geholfen, eine, wie sie Anja zum Ende ihrer Steinstunde gab. Das sah entspannend aus. Sehr erholsam. Neu belebend. (wk)
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36 LITERATUR | gelesen von Bastian Pütter
Gerhard Willke
Jan Zweyer
Geht arbeiten!
Braunes weißgewaschen Für jeden, der Spaß hat an Wider-
Es ist ein ambitioniertes Projekt,
sprüchen: dieses Buch ist voll da-
das der Wahl-Herner Jan Zweyer
von. Es mahnt eine Versachlichung
mit „Persilschein“, dem dritten
der Debatte um Armut an – und
Teil seiner Goldstein-Trilogie, ab-
ist eine einzige Polemik. Es lie-
schließt.
Drei
Kriminalromane
fert präzise die Empirie der Armut
begleiten
den
Polizeibeamten
– und ist zutiefst ideologisch. Es
Peter Goldstein durch drei Epo-
droht mit einer drögen Grundsatz-
chen deutscher Geschichte: In der
analyse – und ist hochspannend.
Weimarer Republik wird Goldstein von Berlin nach Herne versetzt
Gerhard Willke ist Professor für
(„Franzosenliebchen“), der zwei-
Wirtschaftspolitik in Nürtingen
te Band „Goldfasan“ spielt 1943
und eigentlich ein neoliberaler
im faschistischen Herne, in dem
Sozialfachmann, wenn es Neo-
aus Goldstein Golsten und ein SS-
liberale denn noch gäbe. Aber
Hauptsturmführer geworden ist.
während der gesamte deutsche Konservatismus wetterwendisch auf Kapitalismuskritik macht, nehmen Wirtschaftsliberale zur Zeit nur sehr zaghaft den Kopf aus der Deckung. Ohne sich zu outen keilt Prof. Willke erst einmal aus. Es gebe vier „Zünfte“ der Armuts-Definierer und -Profiteure: Das Wohlfahrtsgewerbe, allen voran „unser“ Paritätischer mit „Chef“ Wolfgang Schneider, der in Wirklichkeit Ulrich heißt. Zweitens die Armutsforscher (Wir denken an Christoph Butterwegge & Co), drittens die Verfasser der Armutsberichte und viertens das „Sozialamtsgewerbe“ der Wohlfahrtsbürokratie. Für die also Armut erst Existenzberechtigung ist. Wir atmen durch und lesen weiter. Dann kommen die Fakten, Definitionen, Konzepte. Die sind großartig aufbereitet und erklärt. Sein Fazit: Statistik hilft nicht. Dass die Vermögensverteilung eine schreiende Ungerechtigkeit sei und die Ungleichheiten zunähmen, wisse eh jeder. Stimmt.
an – spielt im Nachkriegsruhrgebiet, als aus Tätern durch die Aussagen von echten und vermeintlichen Naziopfern Bundesbürger mit weißer Weste wurden. Auch Peter Goldstein hat, wie die meisten seiner Kollegen, den erneuten Systemwechsel unversehrt überstanden. Der Roman führt die Deals und die Lügen vor, mit denen die alliierte Entnazifizierung umgangen wurde, und er zeigt die dunklen Seiten von Wiederaufbau und Wirtschaftswunder. In diesem Ruhrgebiet, das die „dunklen Jahre“ bald erfolgreich abgeschüttelt haben wird, ereignet sich ein Mord und eröffnet eine wirklich spannende, knallhart und stringent erzählte Krimihandlung. Der Roman vermeidet wie seine Vorgänger erfolgreich alle klassischen Genre-Fehler. Persilschein ist ein Lokalkrimi, in dem Herne der Handlungsort, nicht das Thema ist. Kein plattes Namedropping geläufiger
Dann kommt der Liberale: Armut sei kein Verteilungsproblem. Der Teu-
Orte, sondern eine stimmige Atmosphäre, ein gut getroffener Ton, au-
felskreis sei nur mit Zugang zur Arbeitsgesellschaft zu durchbrechen. Der
thentische Charaktere. Und: Persilschein ist ein historischer Kriminalro-
deutsche Sozialstaat halte Arbeitslose, Alleinerziehende und Zuwande-
man, der in seiner Zeit lebt und sie durchdringt.
rer im Leistungsbezug, statt sie effektiv auf den Arbeitsmarkt zu werfen. Willke will Aus-, Weiter- und Umbildung und Kinderbetreuung. Und ein Ende der sozialen Hängematte. Diese letzten Kapitel sind ebenfalls großartig, nur auf andere Weise: Sie formulieren mal originelle Einsichten, mal hart gefederten Marktradikalismus von der Stange – aber sie zwingen zum Mit-, Gegen- und Weiterdenken. Das macht Spaß. Ein schönes, böses Buch zum sich daran abarbeiten. (bp) Gerhard Willke | Armut – Was ist das? | Eine Grundsatzanalyse Murmann 2011 | 258 S., | 16 Euro ISBN: 978-3-86774-126-2
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„Persilschein“ – der Titel deutet es
Jan Zweyer, geboren 1953, hat lange recherchiert und präsentiert ein glaubwürdiges 1950, nicht einfach eine historische Kulisse. Das Ergebnis sind 319 Seiten spannende Unterhaltung und einige Beklemmung, wenn die knappe Nachbemerkung verrät, wie nah die Roman die Realität streift. Persilschein lässt sich ohne Kenntnis der beiden Vorgänger lesen. Doch wer es tut, wird deren Lektüre bald nachholen. (bp) Jan Zweyer | Persilschein grafit 2011 | 319 S., | 11 Euro ISBN 978-3-89425-615-9
37 Fehlersuchbild – Lösung: 1) Statt eines Rufzeichens steht ein Punkt in der Sprechblase, 2) der Bommel an Pauls Mütze ist kleiner, 3) seine Hose ist rot, 4) der Schneemann hat eine kürzere Nase 5) und einen "Knopf" mehr, 6) die Rauchfahne ist kürzer, 7) an einem Haus ist ein Fenster zu wenig 8) und an einem anderen eins zu viel, 9) an der Tragetasche ist der andere Henkel zu sehen und 10) ein Baguette in der Tasche ist länger.
Da hat Paul den Slogan „Brot statt Böller“ wohl gehörig missverstanden. Und wo Missverständnisse auftauchen, sind andere Fehler nicht weit. 10 davon sind im rechten Bild zu finden! Rätsel-Lösung: KASSIBER
RÄTSEL | von Volker Dornemann
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38 BODO GEHT AUS | von Wolfgang Kienast | Fotos: Claudia Siekarski
Bochum ist nicht Marburg, Dortmund nicht Tübingen. Gern und nicht ohne Grund wird bedauert, den Ruhrgebietsuniversitätsstädten fehle jedes studentische Flair. Aber was will man machen, wenn die Zweckneubauten abseits der Kommunen auf der grünen Wiese stehen, wenn es innerstädtisch keinen Keller gibt, in dem ein junger Goethe seinen Wein getrunken haben könnte. Das Vermisste spielt sich oft nur auf dem Campus selber ab. Wer es erleben will, muss dahin. Zum Beispiel ins wieder eröffnete Bochumer Hardys.
Hardys | Bochum Studentisch geprägt rumscafeteria. Doch muss das nicht unbedingt
(Bochumer Studenten- und Kulturoperative)
ein Nachteil sein. In dem schlicht gestalteten
regelmäßig Lesungen statt. Im Rahmen der
Raum, der rechte Winkel meidet, vor den gro-
[Lit:Lounge] stellen Dozenten im Hardys ihre
ßen Fenstern und den hellen Wänden sehen die
Lieblingstexte vor. Bald soll nicht mehr nur
Sitzelemente aus Leder und die Kugellampen
selbst gekickert, sondern öffentlich Bundesli-
sehr stylisch aus. Die aus welchem Grund auch
ga geguckt werden. In Planung ist neben einer
immer hier vorhandene Empore lässt sich gut
Bluessession auch eine Reihe größerer Livekon-
als Bühne nutzen.
zerte. Der Außenbereich ist bereits konzessioniert, im Sommer wird also niemand die gelieb-
Im freien hinteren Bereich lassen sich einfache
te Biergartenatmospähre vermissen.
Holztische und -stühle ungezwungen gruppieren. Hier kann man auch Kickern und Flippern. Gratis.
Wer die Campuskneipe besucht? Das Publikum im
Überhaupt sind alle Preise an schmalen studen-
Hardys ist jung, Anfang zwanzig bis Ende dreißig
tischen Geldbeuteln ausgerichtet. Zum Beispiel
und natürlich bilden die Studierenden der Ruhru-
gibt es diverse Sandwiches (je 2,50 Euro), Kar-
ni die Mehrheit. „Aber es wird an der Tür nie-
toffelecken mit Mango-Aioli (3 Euro) und Geba-
mand nach seinem Studentenausweis gefragt”,
„Das Hardys erwacht aus einem Dornröschen-
ckenen Schafkäse mit Brot und Salat (mit 4,50
verspricht Dieckmann. (wk)
schlaf”, ließ das Akademische Förderungswerk
Euro das teuerste Gericht auf der zwar kleinen
(AKAFÖ) der Ruhruni Bochum im Oktober 2011
aber abwechslungsreichen Karte). Die Portionen
verlautbaren. Zuvor hatte die einstmals beliebte
sind groß, das Essen lecker. Geradezu verwöhnt
gastronomische Einrichtung über ein Jahr brach-
werden Biertrinker. Regionalbiere wie Hövels
Hardys
gelegen, da ein bewirtschaftender Verein in erster
oder Schwelmer Bernstein und Spezialitäten wie
Laerheidestraße 26 | 44799 Bochum.
Linie in Querelen mit sich selbst gefangen war. Ir-
Pilsner Urquell oder Krusovicer Schwarzbier gibt
täglich von 18 Uhr bis mindestens 1 Uhr
gendwann wurde es dem AKAFÖ als Eigentümer zu
es für 2,90 Euro den halben Liter, im Sortiment
Montag Ruhetag
bunt, man suchte und fand in Christian Dieckmann
auch Szenebiere wie Astra und Tannenzäpfle. Wer
Dienstag Spezialpreise:
einen Kneipier aus der freien Wirtschaft. Dieck-
anderes will, findet Softdrinks, Heißgetränke,
Astra 1,00 Euro, Chilli con Carne 2,50 Euro
mann hatte bislang das „Trödler” im Dortmunder
Spirituosen, Cocktails und mehr.
Westend geführt und darf sich jetzt „Betriebsleiter Gastronomie Hardenberghaus” nennen.
„Wichtig ist, dass für jeden etwas dabei ist”, sagt Dieckmann. „Nur wer sich breit genug auf-
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Das Hardenberghaus ist ein am Campus gelegenes
stellt, kann allen etwas bieten. Das sollte nicht
Studentenwohnheim, das Hardys ein Seitentrakt
bei der Speise- und Getränkekarte enden, das
im Erdgeschoss, der Kneipe und Saal beherbergt.
muss auch für ein ansprechendes Freizeit- und
In 70er-Jahre-Multifunktionsbauweise errichtet,
Kulturprogramm gelten.” Schon jetzt finden in
erinnert es an eine zeittypische Kulturzent-
Kooperation mit dem AKAFÖ-Kulturbüro boSKop
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LESERSEITE
bodo dankt:
Sparkasse Bochum Dr. Josef Balzer, Alexander Barbian-Steinfort, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Otfried Ladwig, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg Schumacher, Brigitte Sonntag, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Christoph Roeper, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bonbardt, Das Grafikhaus/O. Schäfer, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Heike Pannitz, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek, Lieselotte Markgraf, Thorsten Matern, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Else Stockert, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Eberhard Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten klink, Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski, Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Annabell Preusler, Birgitt Kuhlmann, Dieter Zawodniak, Elisabeth Heymann-Roeder, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Gisela Piechotta, Christel Dreyer, Sabine Prass, M. und W. Münster, Doris Doberstein,Gerhard Mueller, Hans W. Wenkebach, Marie-Luise Minarek, Helga und Carl Johannes, Uesula und Hans Gollminski,Dr. Annette Schmitz-Stolbrink, Johannes Syre, BC-Systemtechnik gmbH & Co. KG, Gerta Lindner, Dr. Mathilde Jamin, Felix Steigmeier, Kath. Kirchengemeinde St. Clemens und Koerter, Oliver Stiller, Marion und Frank Matzdorff, Eberhard Garburg, Carsten Piel, Volker Schaika, Elfriede Daub, Erika Maletz, Elsemarie Bork, Peter Lasslop, Christina Kolivopoulos, Jutta und Wido Wagner, Marianne Linnenbank, Klara Lehmann, Elke Eitner, Christel Brockmann, N. Vach de Lima Pinheiro, Dr. Karl-Ulrich Winkler, Sabine Raddatz, Petra Danielsen-Hardt, Petra Schaeckermann, Annette Maletz, Silke Harborth, Timo Zimmermann, Hildegard Reinitz, Dolf Mehring, Ute Soth-Dykgers, Harald Gering, Dorothee Pischke, Annette Duee, Herbert Schwittay
Bei einem gemütlichen Brunch in Bochum (Foto) und einem in Dortmund ließen die bodo-Verkäuferinnen und -Verkäufer mit selbstgemachtem Rührei mit Speck das Jahr ausklingen. Wir bedanken uns bei Elfriede und Günter Mehrens für die Unterstützung und wünschen allen Leserinnen und Lesern ein gutes 2012!
LESERBRIEFE Liebe bodos, eigentlich kaufen mein Mann und ich schon seit ein paar
Von Herzen viel Glück mit Eurem Projekt „Ein Dach, unter
Jahren Euer Straßenmagazin – meist samstags morgens auf
dem Platz für alle ist“!
dem Weg zu irgendeinem Einkaufstempel. Bis vor ein paar
Wir wünschen Euch eine schöne Weihnachtszeit und einen
Monaten wanderten die Zeitungen aber mit dem Auspacken
guten Übergang ins neue Jahr, Claudia und Sven Sarter
des Einkaufs immer ungelesen im Altpapier. Man hatte das Gefühl, „etwas getan“ zu haben und damit gut.
Liebe Frau Cordes,
Im Frühjahr diesen Jahres hat es dann eine bodo bis in meine
wie versprochen, möchte ich Ihnen kurz über das Konzert
Handtasche geschafft. Die Wartezeit beim Arzt musste über-
von Joshua Redman & Brad Mehldau am vergangenen Freitag
brückt werden und so habe ich auf der Suche nach lesbarem
im Konzerthaus berichten.
in den Tiefen meiner Tasche Eure Zeitung wieder gefunden.
Dass ich mich über die Karten wirklich sehr gefreut habe,
Ich habe die Zeitung von der ersten bis zur letzten Seite
konnten sie am Telefon schon hören. Besonders schön war
gelesen und war echt überrascht! Im nachhinein weiß ich
es auch, dass ich mit der zweiten Freikarte einer jungen Be-
nicht mehr, was ich mir hinter der bodo vorgestellt habe,
kannten, die mir seit einem Unfall im Sommer viel geholfen
aber ich bin total begeistert über so viel Mut, Engagement
hat, eine besondere Freude bereiten konnte.
und Mitmenschlichkeit – einfach klasse!
Wir haben beide das Konzert sehr genossen. Die Musiker sind
Sobald wir heute eine bodo-Frau oder einen bodo-Mann sehen,
einfach großartig. Es war ein tolles Erlebnis. (…)
kaufen wir auf der Stelle ein Magazin, egal ob wir die Ausgabe
Nochmals herzlichen Dank! Viele Grüße, Doris Doberstein
schon haben oder nicht. Es gibt auch beim zweiten oder dritten Mal immer wieder Neues zu entdecken. Außerdem trauen wir
Schreiben Sie uns Ihre Meinung!
uns nun auch mal, dahinter zu schauen und vielleicht auch mal
bodo e.V. | Postfach 100543 | 44005 Dortmund
ein paar Worte mit den bodos zu wechseln.
oder eMail an: redaktion@bodoev.de
CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann
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