bodo März 2012

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1.80 Euro März 2012 | 90 Cent für den Verkäufer

bodo Das Straßenmagazin

Am Sa. 3.3. 10.3. 17.3. 24.3. Buchverkauf auf der Baustelle Schwanenwall 36 – 38 Dortmund von 10 bis 14 Uhr 04 | Cartoonist Ari Plikat | Einhaare mit Elefantenbeinen 08 | »Containern« | Aus der Tonne auf den Tisch 28 | Toastmasters Bochum | Die Sprachförderer im Pott 21 | 23 Verlosungen | z.B. Randy Newman, Jahrhunderthalle Bochum

1


02 EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser, es ist, als wollten wir uns auf den letzten Metern

Räume besichtigen, uns beim Renovieren zuse-

noch einmal selbst beweisen, wie nötig der Umzug

hen, einen Kaffee mit uns trinken und wirkliche

in neue Räume ist. In unseren letzten Wochen am

Bücherschnäppchen machen: An den ersten vier

Dortmunder Hafen erreichte die „Praktikantendich-

Märzsamstagen gibt es Bücher geschnitten oder am

te“ bei bodo ungekannte Ausmaße.

Stück zum Preis von 1,99 Euro pro Kilo. Eine original Metzgerwaage haben wir schon organisiert.

Als wären unsere Büros nicht längst sardinendosengleich belegt, kamen teilweise zeitgleich drei

Natürlich soll auch der Sonderverkauf helfen, noch

mutige Unterstützer aus Schule oder Uni dazu,

ein paar Finanzlöcher zu stopfen, die Renovierung

die sich ab jetzt unter dem Arbeitsleben Compu-

und Umzug weiterhin reißen. Insgesamt sind wir

terstehplätze oder erzwungene Heimarbeit wegen

jedoch – und das müssen wir auch einmal sagen

Platzmangels vorstellen.

– sprachlos über Ihre große Spendenbereitschaft,

Bei euch möchten wir uns entschuldigen und euch – wie alle unsere Leserinnen und Leser – einladen, uns in den neuen Räumen am Schwanenwall zu

über das Entgegenkommen von Firmen, die uns z.B. Wandfarbe, gute gebrauchte Möbel und teilweise Netzwerktechnik zur Verfügung gestellt haben, und über die Hilfsbereitschaft, der wir täglich begegnen.

besuchen. Für unsere PraktikantInnen ein kleiner, für uns ein großer Trost: Alles wird anders.

Wir freuen uns riesig auf den Neustart, auf die

Eine Entschädigung haben wir: Für Texte von

kurzen Wege und die größere Nähe zu Ihnen und

Johanna, Alexander und Julius haben wir Platz im

zu unseren VerkäuferInnen. Wir freuen uns auf aus-

Heft geschaffen, insofern ist dies hier auch eine

reichend Platz und Räume zum Wohlfühlen – denn

„PraktikantInnen-bodo“. Weitere Texte finden Sie

darin arbeitet es sich natürlich besser.

auf unserer Internetseite.

Am Samstag, den 31. März eröffnen wir ab 10 Uhr

Schon jetzt merken wir, dass es auch mit dem

unseren neuen Vereinssitz. Besuchen Sie uns,

Straßenmagazin weiter aufwärts geht. Zum ersten

schauen Sie sich den fertiggestellten Buchladen an,

Mal sind wir schon eine Woche vor Monatsende

sehen Sie, wie wir mit Ihrer Hilfe unsere Verwal-

praktisch ausverkauft gewesen – und das im kurzen

tungs- und Redaktionsräume eingerichtet haben,

Februar. Es kommen immer mehr Menschen zu

wo unsere Verkäuferversammlungen stattfinden und

uns, die unser Angebot nutzen, die Beratung und

probieren Sie, wie unser Kaffee schmeckt.

Soforthilfen in Anspruch nehmen. Gerade neue Ver-

Wir freuen uns auf Sie.

käuferInnen sind dabei noch ungeübt im Einhalten unserer Regeln. Wenn Sie unzufrieden sind und uns

Viele Grüße von bodo,

die Verkäufernummer nennen, können wir mit dem

Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de

Verkäufer oder der Verkäuferin sprechen. Gerne können Sie auch direkt vorbeikommen. Bereits am 3. März öffnen wir zum ersten Mal den Schwanenwall 36 – 38: Sie können unsere

IMPRESSUM

2

BODO E.V. – SO ERREICHEN SIE UNS

Herausgeber und Verleger:

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bodo e.V.

René Boyke (rb), Julius Goetsch, Alexander

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 7

Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Greif (ag), Murat Kayi, Wolfgang Kienast (wk),

gültig ab 01.03.2009

Post: Postfach 10 05 43 | 44005 Dortmund

Postanschrift:

Maike, Bastian Pütter (bp), Benedikt von

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Randow (bvr), Rosi, Dr. Birgit Rumpel (biru),

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Bastian Pütter | redaktion@bodoev.de

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Fotos: Claudia Siekarski (S.2,3,4,5,6,7,14,15,

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16,17,28,29,31,32,33,34,38,39), Alexander

Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kos-

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Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Greif (S.11), Frank Kurczyk (S.12), Mauricio

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bodos Bücher online:

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für die April-Ausgabe 10.03.2012

Gordon Smith | 0231 – 88 22 833

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bodos Bücher | Modernes Antiquariat: Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund Mo. – Fr. 11 – 18 Uhr Second-Hand-Laden Dortmund: Brunhilde Dörscheln | troedel@bodoev.de 0231 – 98 22 97 96 Mallinckrodtstraße 274 | 44147 Dortmund Di. – Do. 10 – 17 Uhr Verkäufercafé Dortmund: Mallinckrodtstraße 274 | 44147 Dortmund Mo. u. Fr. 10 – 13 Uhr | Di. – Do. 11 – 18 Uhr Anlaufstelle Bochum: Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum Mo., Mi. und Fr. von 14 – 17 Uhr Di. und Do. von 10 – 13 Uhr Spendenkonten: Stadtsparkasse Dortmund BLZ: 440 501 99, Kto. 104 83 76 Sparkasse Bochum BLZ: 430 500 01, Kto. 10 406 254


03

INHALT

02 Editorial | Impressum 04 Menschen Ari

Plikat von Wolfgang Kienast

Ari Plikat ist Cartoonist. Ein Illustrator, dem der gezeichnete Witz näher

Unser Titelbild der März-Ausgabe:

liegt als die Karikatur. Seine komischen Figuren, die sich auf den Seiten

Susanne, Olli und die Bücherwaage.

von taz und Freitag über Zitty bis zur Titanic tummeln, bieten tolle

Foto: Claudia Siekarski

Projektionsflächen für individuelle Schräglagen, für ins Absurde gekippte Alltagssituationen. 06 Neues von bodo 07 Maikes Verkäufertagebuch

18 Der Kommentar Immerhin

08 Straßenleben Aus

18 News | Skotts Seitenhieb

der Tonne auf den Tisch von Hanning Voigts

Kersten R. holt sein Essen beim Supermarkt. Aber nicht aus dem Regal, sondern nach Ladenschluss aus dem Abfallcontainer. Dass er dabei Geld spart, ist ihm nicht so wichtig – er will vor allem ein Zeichen gegen Lebensmittelverschwendung setzen.

20 Lesebühne Biografien

die Tierseite von Bastian Pütter

untergewichtiger Männer von Murat Kayi

Fast gleichzeitig mit uns zieht die Lesebühne SchreibGut vom Hafen zum Schwanenwall. Ihr Mitbegründer, der Slammer, Kabarettist und Musiker Murat Kayi schreibt für uns.

11 Umwelt Wege aus der Wegwerfgesellschaft von Alexander Greif Von der Wegwerfgesellschaft hin zu einer nachhaltigeren und ökolo-

20 Kinotipp

Out of the Darkness im endstation.kino

gischeren Nutzung von Ressourcen – Die Auftaktveranstaltung einer

21 Veranstaltungskalender | Verlosungen | CD-Tipps von Benedikt von Randow

Vortragsreihe in Dortmund.

28 Kultur Die Sprachförderer im Pott von Sebastian Sellhorst

12 Recht Persönliche

Daten von René Boyke

Der Bochumer Verein „Toastmasters“ hat sich der Förderung der Kunst

Wie man mit einer einfachen Anfrage erfährt, welche Daten über

des öffentlichen Redens verschrieben. bodo hat ein Treffen der

einen gespeichert werden.

Redekünstler besucht.

12 Kultur Die

31 Soziale Initiativen Zoff in der Nordstadt? von Johanna Schumann

Spielkinder von Wolfgang Kienast

Lina, Maja, Nils und Till Beckmann, vier Geschwister, die für Texte und

Stress mit den Eltern oder in der Schule, Selbstzweifel, Gefühlschaos. Bei

Theater im Ruhrgebiet leben und arbeiten. Ein Künstlerkollektiv.

Jugendlichen herrscht im Kopf oft „Baustelle“. Da ist es wichtig, eine Anlaufstelle zu haben.

13 Wilde Kräuter Hasel von Wolfgang Kienast Vom Kinderfilm des Jahrhunderts und einem Chutney-Rezept. 14 Neues von bodo Was

bringt die Zukunft? von Bastian Pütter

Viele Veränderungen stehen an für die gut 30 MitarbeiterInnen und rund 100 VerkäuferInnen bei bodo. Wir haben gefragt: Woran hängt euer Herz, worauf freut ihr euch, was bringt die Zukunft? 16 Soziales Ganz

schlechtes Timing von Bastian Pütter

Während Obdachlose erfroren, plante Bochum die Schließung der

heute der CAP-Markt als „Ihr freundlicher Frischemarkt“ vor. Ein Thema für bodo? Ja, denn dieser Supermarkt ist ein Integrationsbetrieb für Menschen mit Behinderung. 36 Literatur Rand am Rand | Splitter im Kopf gelesen von Bastian Pütter und Sebastian Sellhorst

38 bodo geht aus Café Treibsand von Alexander Greif

16 Neues von Rosi | von bodo-Verkäuferin Rosi

für Lili von Johanna Schumann

Seit Mitte Januar gab es einen kleinen Pflegehund in der bodo-Redaktion. Lili stammt aus Spanien und wurde dort von der deutschen Organisation Denia Dogs e.V. aus einem Tiermessi-Haushalt gerettet. Hier in Deutschland sollte sie nun in liebevolle Hände gegeben werden.

28

Dort, wo früher ein EDEKA-Markt die Nahversorgung sicherte, stellt sich

37 Rätsel | von Volker Dornemann

Wattenscheider Übernachtungsstelle.

17 Neues von bodo Happyend

32 Reportage CAP-Markt von Birgit Rumpel

04

Nach 31 Jahren ist die Bochumer Café-Institution Treibsand von der Castroper Straße in den Bunker am Springerplatz gezogen. Ehrensache für bodo, hierüber zu berichten: Schließlich ist das Treibsand dort so etwas wie unser Nachmieter. 39 Leserseite | Cartoon

32

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08

3


04 MENSCHEN | von Wolfgang Kienast | Fotos: Claudia Siekarski

Ari Plikat Einhaare mit Elefantenbeinen Ari Plikat ist Cartoonist. Ein Illustrator, dem der gezeichnete Witz näher liegt als die Karikatur. „Klar, ‘ne Merkel muss man einfach drauf haben”, sagt er. „Aber in meinem Stil ist ein Guttenberg schon schwierig.” Plikats Strich ist reduziert, Farbaufträge wirken oft wie beiläufig hingetuscht. Seine komischen Figuren, die sich auf den Seiten von taz und Freitag über Zitty bis zur Titanic tummeln, bieten tolle Projektionsflächen für individuelle Schräglagen, für ins Absurde gekippte Alltagssituationen. Dabei vertraut er der Kraft von Klischees und spielt virtuos mit dem kollektiven Bilderfundus. Inselwitze, der Mann mit dem roten Ballon und die Frau mit dem Nudelholz. Sie glauben, darüber nicht mehr lachen zu können? Dann kennen Sie Plikat nicht. Hier schlägt er seine schönsten Funken. Ari Plikat stammt aus Lüdenscheid, Jahrgang 1958. Er wuchs also in einer Zeit auf, in der Lehrer auf dem Schulhof noch Mickey-Mouse konfiszierten. Comics waren pfui. Ein Mitschüler, der mit einer umfangreichen Panzerknackerheftchensammlung eine Art rebellischer Avantgarde darstellte, zeigte ihm, dass gut gesetzte Striche eine große Wirkung haben können. Auf die Idee, auf diese Weise mal den Lebensunterhalt bestreiten zu können, wäre er damals zwar noch nicht gekommen, sagt er, aber früh hätte festgestanden, dass er später, in einem Beruf, etwas mit Zeichnen zu tun haben wollte. „Ich kann in einem bahnbrechenden Physikbuch blättern und lege es doch ungerührt wieder weg. An einem Cartoonband aber, egal wie gut oder schlecht er ist, kann ich nicht vorbeigehen. Da muss ich einfach reingucken.” Deswegen studierte er Visuelle Kommunikation in Dortmund und Leeds. Das Studium in Leeds empfand er als intensiver. Anders als an der FH in Dortmund wird am Polytechnikum Wert darauf gelegt, dass die Studenten eine persönliche Ausdrucksweise entwickeln. Plikat probierte und kopierte unterschiedliche Techniken, zeichnete tagelang im Stil eines Tomi Ungerer, dann wie Robert Crumb. Im Lauf der Zeit fand er sein eigenes Ding, als er merkte, dass die einfachen, kleinen Zeichnungen in seinen Skizzenheften meist viel lustiger waren als die danach entstandenen sorgfältigen Ausarbeitungen. 4


05

„Ohne Skizzenblock gehe ich nie aus dem Haus.

lier teilen sie sich, in naher Zukunft wollen sie es

Auf dem Arbeitstisch im Atelier liegt ein Proto-

Man hat eine Idee und kann sich noch so fest

mit dem Zusammenziehen versuchen.

typ mit dem Titel „Schatz, du bist mir ein Rätsel”,

vornehmen, sie nicht zu vergessen, die Idee ent-

ein Rätselbuch für Erwachsene. Der Wortwitz, das

wickelt sich weiter, verändert sich, eins baut auf

Urlaube verbringen sie gern in Dänemark. Da

merkt man bald, besitzt in Plikats Welt einen ho-

dem anderen auf, die Gedanken laufen über par-

entstehen dann Bilder mit Schiffen und Fischen,

hen Stellenwert. Manchmal funktioniert das, als

allele Wege, kreuzen sich, und irgendwann weiß

Strandkörben und Leuchttürmen. „Lotte kann vie-

Kalauer, sogar ganz ohne Zeichnung. „Die dunkle

man nur noch, dass man eine Idee hatte, die man

les viel besser als ich”, sagt Ari. „Wenn ich mir

Seite von Tony Marshall: Heute hau´n wir auf die

nicht vergessen wollte. Also notiere ich alles im-

ihre Arbeiten anschaue, weiß ich, dass ich das nie

Frauke!” (wk)

mer sofort.” In den Skizzenblöcken wimmelt es von

hinbekomme. Deswegen male ich einsame nackte

Gestalten mit Backsteingebissen, riesigen Brillen

Männer auf Klippen, denen die Badehosen weg-

und Fastglatzen – ein letztes Haar ziert jeden

fliegen. Darin bin ich dann der Meister.” Er lacht.

blanken Schädel. Die Figuren tragen Krokodilkos-

Für sein meisterliches Können wurde er inzwischen

tüme oder viel zu weite Hosen. „Mich faszinieren

mehrfach prämiert. Unter anderem erhielt er den

die Charaktere in Vaudeville-Komödien. Und Don

„Sondermann” für komische Kunst, belegte einen

Camillo. Diese großen Zähne. Je hässlicher jemand

zweiten Platz beim Deutschen Karikaturpreis in

sein darf, desto lieber ist es mir. Ich weiß auch

Dresden und Auszeichnungen für Werbeillustratio-

nicht, woran das liegt. Vielleicht daran, dass ich

nen vom Art Directors Club Deutschland sowie den

selber keine Schönheit bin und es mir von daher

Clio Award aus den USA.

erlauben kann.” Eine erste Veröffentlichung hatte er auf der LeserNach dem Studium wollte er Dortmund eigentlich

briefseite des längst vom Markt verschwundenen

verlassen, nach Hamburg ziehen oder nach Berlin.

Musikmagazins Sounds, und bald darauf erschie-

Dann ist er doch geblieben. „Ich liebe das Chaos

nen seine Zeichnungen regelmäßig, denn immer

und die Unberechenbarkeit. Aber ich brauche auf

wieder hatte er unverlangt Bilder an die Redakti-

der anderen Seite feste Eckpunkte und die Über-

onsadresse von Kowalski geschickt, einem ehema-

sicht. So wie hier. Berlin ist mir schnell zu viel.”

ligen Satireheft. Inzwischen zieren seine Arbeiten

Außerdem lernte er Lotte kennen. Seine Freundin

nicht nur diverse Zeitungen und Magazine, auch in

ist in Dortmund verwurzelt. Sie illustriert Kinder-

Buchform werden sie gedruckt. Und gemeinsame

bücher. Seit zehn Jahren sind sie ein Paar, ein Ate-

Lotte&Ari-Projekte sind im Entstehen. 5


06

NEUES VON BODO | www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

bodo ist für Sie da montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr

Thomas Beckmann: Gemeinsam gegen Kälte

bodo-Umzugsplanung: Der Countdown läuft

unter dieser zentralen Rufnummer: 0231 – 98 22 97 96 Mail: info@bodoev.de | Fax: 0231 – 88 22 527

Geschäftsleitung Tanja Walter verein@bodoev.de

Auch in diesem Jahr gibt der Cellist Thomas Beck-

bodos Umzug rückt näher. Die ersten drei März-

Verwaltung

mann zwei Monate lang Konzerte zugunsten ob-

wochen werden wir noch renovieren und dann in

Brigitte Cordes

dachloser und armer Menschen.

der letzten Märzwoche „mit Sack und Pack“ von

info@bodoev.de

Zwei Monate lang ist er für „Gemeinsam gegen Kälte e.V.“ unterwegs, seinen 1996 gegründeten

Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit Bastian Pütter redaktion@bodoev.de

Verein, der bereits über 300 Projekte in rund 100 Thomas Beckmann mit dem Bundesverdienstkreuz

samstags am Schwanenwall geöffnet! Für Sie heißt

ausgezeichnet.

das: An den ersten drei Märzsamstagen können Sie

nen, die christlichen Kirchen, örtliche Wohlfahrts-

vertrieb@bodoev.de

ßem Laden und Verwaltungsetage. Auch wenn wir längst nicht fertig sind: Ab sofort ist

hende Strukturen vor Ort: städtische Organisatio-

Oliver Philipp

38 ziehen, unserem neuen Vereinssitz mit gro-

Städten gefördert hat. Für sein Engagement wurde

„Gemeinsam gegen Kälte e.V.“ unterstützt beste-

Vertrieb

der Mallinckrodtstraße zum Schwanenwall 36 –

verbände sowie private Initiativen. Seine aktuelle Benefiztournee mit neuem Programm und Werken von Bach, Vivaldi, Chaplin führt ihn am 8. März nach Unna in die Katharinenkirche und am

uns von 10 – 14 Uhr auf der Baustelle besuchen. Es gibt einen Buchsonderverkauf (Kilopreise!), Kaffee und Führungen durch die neuen Räume. Am Samstag, 31. März eröffnen wir um 10 Uhr die neuen Räume – wir würden uns freuen, wenn Sie uns besuchen. Es gibt einen Imbiss, Getränke und die eine oder andere Überraschung.

28. März in die Christuskirche nach Bochum. Beginn

Unser bisheriger Buchladen schließt am 16. März,

Projekt Buch

ist jeweils um 20 Uhr. Eintrittskarten kosten 17,

dann beginnen dort die Umzugsvorbereitungen.

Suzanne Präkelt

ermäßigt 8 Euro. Der Erlös des Bochumer Konzerts

Unsere Büros an der Mallinckrodtstraße bleiben bis

buch@bodoev.de

kommt u.a. bodo zu Gute. Für Wohnungslose, Sozi-

Ende März besetzt, Sie erreichen uns bis dahin per-

alhilfe- und ALG-II-Empfänger ist der Eintritt frei.

sönlich dort, per Telefon oder per Mail. Neuerungen,

Karten und weitere Informationen gibt es bei www.

Details und Hintergründe zu unserem Umzug finden

gemeinsam-gegen-kaelte.de.

Sie auf unserer Internetseite www.bodoev.de.

Buch Online Gordon Smith

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bodo schafft Chancen

Michael Tipp transport@bodoev.de

Second Hand Brunhilde Dörscheln info@bodoev.de Oder Sie besuchen uns: Mallinckrodtstraße 270 | 44147 Dortmund

Haushaltsauflösungen Transporte und Umzugshilfen

Mo. bis Fr. 11 – 18 Uhr Stühmeyerstraße 33 | 44787 Bochum Mo., Mi. u. Fr. 14 – 17 Uhr

6 Di. u. Do. 10 – 13 Uhr

transport@bodoev.de | 0231 – 88 22 825


MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH

Schals und Jacken gegen die Kälte

07

Creativa, Kunst und kalte Füße

Maikes Rückblick auf den Januar Hallo liebe Leute, dieses Jahr wird viel Neues auf uns einstürmen. Macht was draus!

1. Januar Eine überwältigende Spendenbereitschaft erleb-

Außer unserem Umzug gibt es im März noch eine

Ich versuche mein Bestes zu machen im Jahr

ten wir am Samstag, 4. Februar auf Dortmunds

Menge andere schöne Dinge für uns zu tun.

2012, mag kommen, was will. So langsam

klirrend kaltem Westenhellweg.

Vom 14. bis 18. März ist bodo auf der Creativa, Eu-

aber sicher beginnt das Ende unseres Bü-

Mit einem Infostand, Zeitungen und warmen Geträn-

ropas größter Messe für kreatives Gestalten in den

ken war bodo vor die Reinoldikirche gezogen, um

Dortmunder Westfalenhallen. In Halle 6 werden wir

den VerkäuferInnen des Straßenmagazins bei beina-

von 9 bis 18 Uhr in Halle 6 den Stand 6.E12 betrei-

he zweistelligen Minusgraden zur Seite zu stehen.

ben. Mindestens 35 Quadratmeter gute Bücher! Wir

Was dann passierte, überraschte uns alle. Das Dortmunder Lokalradio 91.2 hatte unseren Spendenaufruf gesendet: Über das Radio baten wir um Kleider- und Schlafsackspenden – und viele, viele Dortmunderinnen und Dortmunder kamen. Fast im Minutentakt trafen Mützen, Schals, Winterjacken, Decken und Schlafsäcke ein. Nicht nur die Menge, auch die Qualität der Spenden war außergewöhnlich.

freuen uns auf Ihren Besuch! Parallel machen wir in Kunst: „Steine mit Vollausstattung“ heißt eine Skulptur, die am 16. März in

31. März 2012 sind wir dann an neuer Stelle, Innenstadt, nähe Reinoldikirche, Schwanenwall zu finden. Nach kräftiger Renovierung und dem Umzug. Auf alle Fälle ist der jetzige, alte Vereinssitz ein richtiger „Waisenknabe“ gegen den neuen am Schwanenwall.

Dortmunds öffentlichem Raum aufgestellt wird.

8. Januar

Im Begleitprogramm zur Ausstellung des Dortmun-

Heute bin ich zum 51sten Geburtstag mei-

der Kunstvereins nehmen die Künstler Müller, Woll,

ner Nachbarin eingeladen und wir machen

Adlansvik und Pepper an einer Podiumsdiskussion

uns einen gemütlichen Tag. Auf alle Fälle

zum Thema Kunst im öffentlichen Raum teil. Mit

ist sie sehr in Ordnung.

auf dem Podium: Prof. Dr. Christoph Brockhaus, Uwe

Bereits am frühen Nachmittag mussten wir unsere

Lewitzky und bodo-Redaktionsleiter Bastian Pütter.

Zelte abbrechen – unser Transporter war voll!

Beginn der Veranstaltung ist 18.45 Uhr im Kunstver-

Mehrere Tage lang sortierten wir die Sachspenden

cherladens an alter Stelle, beim Hafen. Ab

ein in der Hansastraße 2 – 4.

18. Januar Seit einiger Zeit darf auf der A45 wegen der Bergbauschäden und der Unfallgefahr kein Verkehr mehr fahren. Wie lange die A45 ge-

und packten „Bestellungen“ unserer Kooperations-

Und auch wir werden öffentlichen Raum nutzen, so-

sperrt sein wird, weiß man nicht. Aber man

partner der Wohnungslosenhilfe, von der Diakonie

lange es ihn gibt: In Bochum und Dortmund setzen

arbeitet daran, die A45 in Ordnung zu bringen.

über die Übernachtungsstelle bis zum Gast-Haus.

wir unseren Infostandmarathon fort. Termine und

Wir alle bedanken uns herzlich für die große Unter-

besondere Aktionen finden Sie bei Facebook und auf

stützung!

www.bodoev.de.

22. Januar Mann, Mann, ich wollte was unternehmen, aber bei den kalten Temperaturen ist man froh, zu Hause zu bleiben und den Tag ruhig angehen zu lassen.

bodo zieht um

25. Januar Wollte heute gar nicht raus, musste aber, Fußpflegetermin. Und heute Nachmittag war Wäschetag.

29. Januar Und heute war Fensterputzen angesagt. Dann ging es mit Kater Bruno und den Katzen Minka und Gisela nicht nur schmusen,

Große Neueröffnung | Schwanenwall 36 – 38

sondern auch rumtoben.

31. Januar

am Samstag 31.3. um 10 Uhr

Wie, schon der Monat Januar rum? Wie die

Buchverkauf auf der Baustelle und Besichtigung

sibirische Kälte in Deutschland Einzug hal-

am 3.3. | 10.3. | 17.3. | 24.3. | 10 – 14 Uhr

Zeit vergeht! Laut Wetterbericht soll ja die ten. Ich lasse mich mal überraschen.

www.bodoev.de

Nun einen weiteren frohen Monat wünscht Euch, bodo-Verkäuferin Maike.

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08 STRASSENLEBEN | von Hanning Voigts | Fotos: Mauricio Bustamante

Aus der Tonne auf den Tisch

8


09

Kersten R. holt sein Essen beim Supermarkt.

Im Schein der kleinen Lampe, die R. an seinem

Aber nicht aus dem Regal, sondern nach La-

Fahrradhelm befestigt hat, sieht man in der voll-

denschluss aus dem Abfallcontainer. Dass er

gestopften Tonne 15 eingeschweißte Brokkolis

dabei Geld spart, ist ihm nicht so wichtig – er

liegen, sechs in Plastik gehüllte Salatgurken,

will vor allem ein Zeichen gegen Lebensmit-

abgepackten Chicorée.

telverschwendung setzen. Einwandfreie Lebensmittel. R. beginnt, sie in Es ist kurz vor 23 Uhr, als Kersten R. sich auf sein

Plastiktüten zu packen, die neben dem Helm

Rad schwingt, um für die nächsten Tage Lebens-

mit der Lampe, Gartenhandschuhen und einem

mittel zu holen. Ein eisiger Wind jagt Wolken-

Müllgreifer aus Metall zu seiner Ausrüstung ge-

fetzen über den Himmel, die Straßen irgendwo

hören. Im großen Metallcontainer daneben findet

im Hamburger Osten sind nass vom Regen. Kein

er Bananen, Paprika, Joghurts, Fleischwurst und

Mensch ist unterwegs, die Häuser sind dunkel.

in Plastik verpackte Kirschtomaten. „Davon sind

Aber Kersten R. braucht keinen geöffneten Laden,

dann maximal zwei oder drei zerquetscht“, erklärt

um an sein Essen zu kommen. Denn der 53jährige

R., während er die Packung im Schein seiner Lam-

geht nicht einkaufen, er geht „containern“. Er holt

pe fachmännisch begutachtet. „Der Rest ist völlig

weggeworfene, aber noch essbare Lebensmittel

in Ordnung. Da kann man mal sehen, was die hier

aus den Mülltonnen der großen Supermärkte.

wegwerfen. Wenn eine Banane braune Stellen hat – ab damit in den Müll.“ Sagt‘s und zieht ein

„Es hat jedes Mal ein bisschen was von Aben-

kleines Netz Perlzwiebeln aus der Tonne. „Das ist

teuer“, sagt er, während er seine Fahrradta-

gut“, sagt er. „Meine Zwiebeln sind gerade alle.“

schen befestigt und seinen Rucksack aufsetzt. „So Jäger und Sammler.“ 220 Millionen Tonnen

R. ist nicht der Einzige, der sich mit der Wegwerf-

Lebensmittel, so schätzt die Welternährungs-

mentalität und dem Ausmaß an Verschwendung

organisation FAO, werden Jahr für Jahr in den

nicht abfinden will. „Man glaubt‘s ja gar nicht,

Industriestaaten weggeworfen, allein 20 Milli-

wenn man es nicht selber gesehen hat.“ Es gibt

onen Tonnen in Deutschland. Eine unvorstell-

immer mehr Menschen wie ihn – oft junge Leute

bare Menge. Sie entspricht etwa 130 mal dem

und Studierende oder Leute mit wenig Geld – die

Gewicht des Kreuzfahrtschiffes Queen Mary II.

sich aus dem Müllcontainer ernähren. „Containern“ oder „Mülltauchen“ nennen sie diese Pra-

Und das meiste wird nicht einmal weggeworfen,

xis, aber auch „Dumpstern“, nach dem englischen

weil es verdorben ist, sondern weil die Super-

Wort für Mülltonnen. Über Internetseiten wie

märkte wie Designerläden aussehen wollen:

containern.de oder mülltauchen.de tauschen sie

Blitzende Äpfel, glänzende Auberginen. Außer-

Erfahrungen aus und diskutieren ethische und

dem kaufen die Märkte oft zu viel ein, um stets

rechtliche Aspekte des Containerns.

volle Regale bieten zu können – und es kommen nur Waren ins Regal, bei denen das Mindesthalt-

Denn juristisch bewegen sich Mülltaucher in ei-

barkeitsdatum noch nicht abgelaufen ist. Dabei

ner Grauzone: Der Müll gehört rechtlich dem Su-

sagt sogar das Bundesministerium für Verbrau-

permarkt oder der Entsorgungsfirma, Containern

cherschutz, dass dieses Datum nichts mit der

kann daher als Diebstahl gewertet werden. Falls

Essbarkeit zu tun hat.

man über einen Zaun klettert oder ein Schloss aufbricht, können Hausfriedensbruch und Sach-

Das Mindesthaltbarkeitsdatum gibt lediglich den

beschädigung dazukommen.

Zeitraum an, in dem der Hersteller garantiert, dass die Ware nichts an Form, Geschmack oder

Seit R. vor eineinhalb Jahren mit dem Containern

Konsistenz einbüßt. Trotzdem: Abgelaufenes Es-

begonnen hat, kauft er kaum noch Lebensmittel.

sen landet in der Regel im Abfall. „Hier geht‘s

„Wenn du zweimal die Woche losgehst, kannst du

schon los“, sagt Kersten R., der inzwischen beim

dich davon ernähren“, sagt er. Sein Brot backt er

ersten Supermarkt angekommen ist und eine

selbst. Außerdem nähme er aus dem Müll auch Din-

grüne Mülltonne geöffnet hat. Und tatsächlich:

ge mit, die er sich früher nie gekauft hätte. „Seit

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ich containern gehe, esse ich wesentlich mehr frisches Obst und Gemüse.“ Angefangen hat R. im Sommer 2010, weil er eine Aufgabe brauchte. Vor vier Jahren hatte er einen schweren Fahrradunfall, ein Autofahrer hatte ihn in einer Einfahrt umgefahren. Aufgrund von Nervenquetschungen hat R. chronische Schmerzen im linken Fuß, muss starke Schmerzmittel nehmen und ist arbeitsunfähig. Weil er gern kocht und auf das Thema Lebensmittelverschwendung aufmerksam geworden war, sprach er irgendwann den Leiter eines Supermarktes an, ob er nicht weggeworfene Lebensmittel kostenlos bekommen könnte. „Ich hatte Glück, an einen sehr sympathischen Mann zu geraten“, sagt er. „Den hat es selbst angekotzt, dass er so viel wegwerfen musste.“ Schon bald stellten zwei Supermärkte regelmäßig Essen für R. raus, nach und nach wagte er sich auch an die Container. „Das ist mir sehr, sehr schwer gefallen“, sagt R. „Weil‘s Müll ist, und weil‘s verboten ist.“ Heute ist R. vom Containern überzeugt. „Das kann nicht falsch sein“, sagt er. „Ich weiß, dass das letztlich Diebstahl ist. Aber mein Gewissen sagt mir: Das Gesetz, dass das zum Diebstahl erklärt, ist eben falsch.“ Zumal er nur an Mülltonnen geht, die frei zugänglich sind. Wenn er Leute vom Containern überzeugen will, macht er es so: „Da werden Tonnen von Bananen um den halben Globus verschifft, und hier werden sie nach vier Tagen zentnerweise weggeworfen. Überleg mal, was das allein an Brennstoffverbrauch und Umweltverschmutzung bedeutet. Das ist Irrsinn.“ Und R. weiß, dass er mit seiner Überzeugung nicht allein ist. Schon öfter habe er beim Containern Passanten und sogar Wachleute getroffen, sagt er. Die Reaktionen seien immer positiv. „Ich habe das Gefühl, dass auch die Märkte gar nicht dagegen sind“, sagt er. „Vor Weihnachten hat jemand viereinhalb Kilo zerbrochene Schokoladen-Weihnachtsmänner extra in einen Karton gepackt, fein säuberlich oben auf‘m Container. Da fehlte nur noch die Weihnachtskarte.“ Auch sonst kann man beim Mülltauchen verrückte Dinge erleben: Einmal fand R. eine ganze Palette Mehl – weggeworfen, weil einige Tüten

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UMWELT | von Alexander Greif | Foto: Alexander Greif

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Wege aus der Plunder- und Plündergesellschaft Unter diesem Motto veranstaltete der Dortmunder Ortsverband von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine öffentliche Diskussionsrunde mit Hans zerrissen waren. Einmal traf er Lieferanten, die

Christian Markert, MdL, Sprecher für Umwelt-, Verbraucherschutz- und

nachts mit dem LKW leere Paletten abholten.

Anti-Atompolitik der Grünen-Fraktion im Landtag NRW. Dieser machte

„Mit denen habe ich mich total nett unter-

hier den Auftakt zu einer Vortragsreihe, in der er Wege aus der im Über-

halten, während ich den Container durchsucht

fluss lebenden Wegwerfgesellschaft hin zu einer nachhaltigeren und öko-

habe.“ Und an einem Abend fand er auf einen

logischeren Nutzung von Ressourcen aufzeigen möchte.

Schlag 7,5 Kilo Delikatessschinken, der einen Tag später abgelaufen wäre. „Den habe ich eingefro-

Parteimitgliedern und Interes-

ren und davon wochenlang Soljanka gekocht.“

sierten Bürgern erläuterte Mar-

Weil R. all die guten Sachen unmöglich alleine

kert, dass eine Lösung dieser

essen kann, profitieren auch seine Nachbarn von

Problematik einer gesamtgesell-

seinen nächtlichen Beutezügen. „Alles Leute,

schaftlichen Debatte bedürfe, in

bei denen am Ende vom Geld noch Monat übrig

der sowohl die Produktionsstruk-

ist“, sagt R.

turen als auch das Verhalten der Konsumenten neu durchdacht

Weil er sonst nur zu Hause sitzen würde, macht

wird: „Wir müssen uns von un-

er Apfelmus aus weggeworfenen Bio-Äpfeln,

seren Warenbeziehungen lösen.

kocht für seine Nachbarn Container-Menüs und

Ziel ist ein Gesellschaftsmo-

hängt im Flur Bananen an die Türklinken. „Am

dell, in dem jeder die Chance

Anfang wollten einige das containerte Essen

auf soziokulturelle Beteiligung

nicht haben“, sagt R. und lacht. „Aber heute

erhält.“ Dieses Gesellschaftsmo-

wird da gar nicht mehr nach gefragt. Und wenn

dell beinhaltet den Umbau der

du siehst, wie die sich freuen, das tut richtig

Wirtschaftsstrukturen zu einer

gut.“ Inzwischen ist R. beim dritten Supermarkt

„Post-Wachstums-Ökonomie“,

angekommen, dem letzten auf seiner Tour.

in der nicht das ständige Wirtschaftswachstum, sondern die

Beim zweiten hat er einen Sack Äpfel, Zucker,

Nachhaltigkeit und ökologische

Trockenerbsen und eine Flasche Shampoo er-

Verantwortlichkeit in der Wirt-

beutet, bei der lediglich der Deckel fehlt. Doch

schaft sowie die Ausschüttung

jetzt muss sogar R. staunen. „Guck dir das an“,

erwirtschafteter Erträge zugunsten einer umfassenden Grundversorgung der

sagt er. Im Container liegen 80 Packungen ge-

Bevölkerung im Vordergrund steht. So müsse, seitens der Produzenten, nach-

räucherte Lachsforelle, die erst morgen ablaufen.

haltiges Wirtschaften den Raubbau an erschöpflichen Ressourcen verdrängen

„Gourmet-Premium-Qualität“, liest R. vor. Fisch

– dies mittels haltbarerer Geräte mit längeren Lebenszeiten, gefertigt aus

nehme er eigentlich nie mit, sagt er. „Aber wenn

recycelbaren Materialien bzw. durch Schaffung neuer, ökologisch verträgli-

die Farbe noch so kräftig rot ist, ist der Fisch völ-

cherer Werkstoffe.

lig in Ordnung.“ Stück für Stück holt er die Delikatesse aus der Mülltonne. „Da werde ich morgen

Auf Seiten der Konsumenten müsse gleichzeitig, so Markert, ein Umdenken

frisches Brot backen“, sagt er und strahlt bis über

hinsichtlich ihres Konsumverhaltens und ihrer Beziehung zu den erworbenen

beide Ohren. „Und dazu gibt‘s dann Lachsforelle

Produkten stattfinden: „Der Konsument muss sich fragen: Was brauche ich?“

mit Meerrettich. Da weiß ich jetzt schon, dass ich

An die Stelle von überflüssigen Einkäufen und dem Kauf von Statussymbolen,

vielen Leuten eine Freude mache.“

die meist als Ersatzbefriedigung für fehlende Teilhabe am sozialen Miteinander angeschafft würden, träten ein bedachtvoller und vorausschauender

Und dann macht er sich auf den Heimweg – mit

Konsum und eine größere Partizipation, eine größerer Anteil des Einzelnen

einem vollen Rucksack, zwei vollgepackten Fahr-

am sozialen Geschehen.

radtaschen und einer großen, schweren Tüte am Lenker. (Hanning Voigts)

Zum Schluss der angeregten Diskussionsrunde, die auf den Vortrag folgte, lenkte Markert die Aufmerksamkeit noch einmal auf die Verschwendung von Lebens-

INFO

mitteln in großen Einkaufsketten. Dass die Hälfte aller Lebensmittel aufgrund

www.bmelv.de

unsinniger Normierungen weggeschmissen wird, ärgert ihn ganz besonders.

www.vzhh.de

Seiner Meinung nach sollte „Containern“ legalisiert werden. (ag)

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RECHT | von Rechtsanwalt René Boyke

KULTUR | von Wolfgang Kienast | Foto: Frank Kurczyk

Label für Herzensangelegenheiten

Eine Europalette voll persönlicher Daten

Die Spielkinder: „Denn wir sind ein Teil vom Ruhrgebiet“ Kürzlich berichtete mir ein Anwaltskollege,

er

habe

einen bekannten Onlineshop darum gebeten,

Lina, Maja, Nils und Till Beckmann, vier Ge-

da sprang der Funke über. Ihre jeweiligen Wege auf

ihm mitzuteilen, welche Daten dieser von ihm

schwister, die für Texte und Theater im Ruhr-

die Bühnen aber unterschieden sich.

gespeichert hätte. Dazu muss man wissen, auch

gebiet leben und arbeiten. Ein Künstlerkollek-

der Kollege hat eine besondere Vorliebe für Da-

tiv. „Dann gibt es noch Malte, der wohnt aber

Lina begann beim Theater Total in Bochum und

tenschutzrecht – sonst wäre er wohl kaum auf die

in Berlin, der ist der eigentliche Künstler bei

ging danach auf die Schauspielschule. Majas Sta-

Idee gekommen. Prompt bekam er Antwort: „Wir

uns, ein Lebenskünstler”, sagt Maja und lacht

tionen waren der Jugendclub im Bochumer Schau-

haben Kontoverbindung xy, können sehen, wel-

dabei. Sie scheinen ihre Biografie gar nicht so

spielhaus und das Kinder- und Jugendtheater in

che Bücher sie in der letzten Zeit bestellt haben,

ungewöhnlich zu finden, sich als Brüder-und-

Witten, zwischenzeitlich lebte sie in Nürnberg

etc.“ Klang erst einmal recht übersichtlich. Doch

Schwestern-Quartett im Ruhrgebiet und dort

und Fürth. Nils und Till studierten zunächst an

mein Kollege wollte mehr. Er wollte ALLES wissen

auf Bühnen zu bewegen. „Wir grenzen uns

der RUB, Till kam als Schauspiellaie über die Klas-

– alles, was der Shop über ihn gespeichert hat.

schon voneinander ab”, sagt Maja.

senzimmerstücke von Frank Hörner ans Theater Kohlenpott in den Flottmann-Hallen. Nils wollte

Warum? Das werden Sie gleich sehen. Zunächst: Der Händler ist zu einer solchen Auskunft verpflichtet. Es folgte ein zähes Hin und Her, doch eines Morgens klingelte dann ein Speditionsunternehmen bei ihm und überbrachte die gewünschte Datenauskunft – auf einer Europalette. Tausende Seiten bedrucktes Papier listeten haarklein auf, was mein Kollege angeklickt hatte, welche Artikel er aufgerufen hatte u.s.w. Man fragt sich natürlich, warum ihm nicht einfach eine DVD geschickt wurde...

zunächst gar nicht auf die Bühne, fand dann al-

Wanne-Eickel. Ihr Elternhaus, eine Insel in rauer

lerdings das, was sein Bruder machte, doch sehr

Umgebung, eine Art Hippie-Domizil mit bunten

spannend. Mittlerweile leben alle in Bochum.

Fenstern und von Efeu überwuchert. Es gab kein

Geplant war das nicht, es hat sich einfach so er-

Fernsehgerät. Wenn die Kinder etwas erleben woll-

geben. „Wenn du merkst, dass du nicht woanders

ten, mussten sie es selber inszenieren. Ihre zweite

hinkommst, dann beschäftigst du dich irgendwann

Insel war die Waldorfschule. Sich auszuprobieren

automatisch mit dem, was dich umgibt. Und dann

gehörte auch dort zum Programm. „Diese Umstän-

siehst du auf einmal Dinge, die da richtig gut lau-

de waren bestimmt sehr förderlich”, sagt Till. „Uns

fen. Oder eben schlecht”, sagt Nils.

wurden keine Grenzen gesetzt, wir wurden zu nichts gezwungen. Unsere Eltern haben uns nicht dauernd

Die Spielkinder setzen sich intensiv mit dem Ruhr-

Doch viel wichtiger als das Medium ist doch,

zu Aufführungen geschleift oder in Konzerte.” Um

gebiet auseinander, wie alle Kreativen, die im

dass der Onlineshop das Verhalten meines Kol-

das in Waldorfschulen obligatorische Erlernen von

oder am Revier hängenbleiben. Till erzählt von

legen penibelst protokolliert hatte.

Instrumenten konnten sie allerdings keinen Bogen

einem Freund, der als Architekt und Stadtplaner

machen. Bei Waldhorn, Klarinette und Cello kamen

nach Hamburg gezogen ist und ihm jetzt bei je-

schnell berechtigte Zweifel auf, musikalisch etwas

dem Besuch detailgenau erklären kann, wie, wann

bewegen zu können. Anders beim Theaterspielen,

und warum im Pott alles zugrunde gehen wird –

Denn solche Daten ermöglichen Schlüsse auf die Bedürfnisse und die Gedankenwelt von Menschen. Und selbstverständlich setzt nicht nur dieser Shop solche Techniken ein. Man denke nur an die sozialen Netzwerke im Internet. Würde man all diese Daten zusammenführen, dann wären die Betroffenen – also Sie, Ihre Kinder, Ihre Freunde – durchschaubarer, berechenbarer und nackter als für irgendjemand anderen auf der Welt. Vor allem: nackter, als Sie es sein wollen. Nicht schlimm, denn Sie haben nichts zu verbergen? Das Bundesverfassungsgericht sagte 1983 einmal sehr weise und sehr richtig: „Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. […] Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl […].“ Ich jedenfalls habe nun auch wieder mal Datenauskunft eingefordert. Und was ist mit Ihnen? (rb) In der nächsten bodo: Inkasso www.kanzlei-boyke.de

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Aufgewachsen sind die Beckmann-Geschwister in

Die Spielkinder im Rahmen einer Veranstaltung des Literaturmagazins „Macondo – Die Lust am Hören“.


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WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast

und wie den das Heimweh plage. Und wie alle Kreativen sind die Spielkinder genervt vom Kirchturm-

wildkraeuter.bodo/15_hasel/

denken, egal ob in Politik und Verwaltung oder bei der Bevölkerung allgemein; dass beispielsweise die Produktionen des Theaters Kohlenpott außerhalb

Als ich sie das erste Mal sah, hing ich

ßen mild und markant. Erdige Aromen,

Hernes kaum wahrgenommen würden. Diese nicht

präpubertär tief in der Alle-Mädchen-

wie man sie von winterlichem Wurzel-

zu leugnende Geringschätzung ist ein Phänomen,

sind-doof-Phase. Dennoch hatte ich mich

gemüse kennt, gehen mit frischem Grün

das Till auch bei der (Nicht-) Wahrnehmung seiner

sofort verknallt. Den Prinzen konnte ich

eine seltene Verbindung ein.

soeben erschienenen Anthologie „Druckstellen”

also gut verstehen. Was aber, bitte, fand

(Klartext-Verlag) frustriert. Das Buch basiert auf ei-

das Aschenbrödel an diesem ausgemach-

nem Ruhrgebiets-Literaturwettbewerb, den er nach

ten Idioten? Seine Frisur! Seine unendlich

2010 zum zweiten Mal auf die Beine gestellt hat und

lächerlichen Strumpfhosen! Und dumm

versammelt 26 ausgewählte von insgesamt 165 ein-

dabei wie ein Stück Brot! Dass er es war,

gereichten Texten. Vielfältig, spannend und frei von

der die Sache ins Rollen brachte, war doch

gängigen literarischen Klischees. „Und dann emp-

purer Zufall. Er wollte nur den treuen Die-

fängt mich ein Pressesprecher der Ruhr-Uni, die als

ner Vinzek necken, als er das Vogelnest

Plakatsponsor fungiert, mit den Worten: ,Oh nein,

aus dem Baum schoss, in dem rein zufällig

nicht schon wieder was mit Ruhrgebiet. Was wir

die drei Zaubernüsse lagen.

brauchen, ist Hochkultur.´” Um dem Buch zur verdienten Aufmerksamkeit zu verhelfen, organisieren die Spielkinder eine Lesetour, die sie übers Jahr durch 53 Städte führt. Dabei holen sie sich, gut vernetzt wie sie sind, gezielt Gäste als Sprecher mit auf die Bühne. Angekündigt wird eine szenische, bebilderte Lesung, ein kurzweiliges Programm, ein Genuss für das hoffentlich zahlreich erscheinende Publikum. Maja ist optimistisch, nicht nur, was die Tour betrifft: „Wenn ich sehe, was sich hier im Kleinen tut, kommt mir das viel größer vor als das, was zum Bei-

Für ein delikates Chutney lassen Sie 250g Sellerie (gewürfelt), 250 g Zwiebeln (gehackt), 50 g Haselkätzchen (die einzelnen Blüten vom Trieb gelöst), 3 Äpfel (Boskop, gewürfelt), 1 Zitrone (unbehandelt; Saft und geriebene Schale), 3 EL roten Pfeffer (oder rosa Beeren) und 2 TL weißen Pfeffer (gemahlen) bei geschlossenem Deckel etwa 20 Minuten köcheln. Gelegentlich umrühren, bei Bedarf etwas

Jahr für Jahr, und das seit cirka vier Jahr-

Wasser zugießen. Anschließend geben

zehnten, reiten das Aschenbrödel und

Sie 375 g Rohrzucker, 250 ml trockenen

ihr Prinz am Ende über schneebedeckte

Weißwein sowie 125 ml weißen Balsami-

Wiesen ihrer gemeinsamen Zukunft ent-

co-Essig zu und lassen die Mischung wei-

gegen; sie in dem Outfit, das sie zuvor

tere 45 Minuten simmern. Hin und wieder

aus der letzten Nuss geschlagen hat. Die

umrühren und zum Schluss in sterilisier-

DEFA-Produktion „Drei Haselnüsse für

te Gläser füllen. Das süß-saure Chutney

Aschenbrödel“, 1973 gedreht und 1999

bereichert jede Käseplatte.

beim internationalen Filmfestival für Kinder und Jugendliche in Zlín (Tschechien) zum Märchenfilm des Jahrhunderts gewählt, gehört zu Weihnachten wie „Dinner for One“ zu Silvester.

Der Haselstrauch ist weit verbreitet. Als Ziergehölz wird er geschätzt, wild wächst er am Waldrand und in Hecken. Neben anderem Buschwerk bietet er einen wichtigen Lebensraum für diverse selten ge-

spiel in Berlin passiert. Da ist ja eh schon alles. Das

2011 trieben da bereits und ganz in echt

wordene Tierarten. Mittlerweile wurde die

hört man dann und denkt sich: Hey, wir stemmen

schon neue Haselkätzchen. Laut Pflan-

ökologische Bedeutung dieser Kleinbio-

das aber hier!” (wk)

zenführer kommt es in der Regel zwischen

tope in höheren EU-Kreisen erkannt. Ag-

Februar und April zur Blüte, in ausgespro-

rarkommisar Dacian Ciolos beispielsweise

chen milden Wintern und an geschützten

sähe es gern, wenn Landwirte sieben Pro-

Orten allerdings auch deutlich zeitiger.

zent ihrer Fläche subventioniert für Bra-

Die bis zu zehn Zentimeter langen, wei-

chen, Hecken und Wälder zur Verfügung

chen (männlichen, die weiblichen Blüten

stellen würden. Agrar- und Verbraucher-

sind viel kleiner und trotz ihrer roten

schutzministerin Ilse Aigner (CSU) kann

Staubfäden nur bei genauem Hinsehen

sich dem leider nicht anschließen. Sie

zu finden) Kätzchen gehören damit zu

sieht die Zukunft weiterhin in einer nach

den ganz frühen Frühlingsboten. Bei wei-

industriellen Prinzipien geführten Land-

tem nicht so auffällig wie Märzenbecher

wirtschaft, Massentierhaltung und groß-

und Buschwindröschen, dafür anderer-

flächige Monokulturen inklusive.

seits nicht giftig. Der Geschmack ist

Guten Appetit. (wk)

gleicherma-

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NEUES VON BODO | von Bastian Pütter | Fotos: Claudia Siekarski

Bei bodo steht alles im Zeichen des bevorstehenden Umzugs. Den März über wird renoviert am Schwanenwall, an den Samstagen ist bereits von 10 – 14 Uhr geöffnet zum „BaustellenShopping“. Neueröffnung ist am 31. März um 10 Uhr. Ab 16. März bleibt der Buchladen in der Mallinckrodtstraße geschlossen, Vereinssitz, Redaktion und Verwaltung ziehen in der letzten Märzwoche in die Innenstadt. Viele Veränderungen stehen an für die gut 30 MitarbeiterInnen und rund 100 VerkäuferInnen. Woran hängt euer Herz, worauf freut ihr euch, was bringt die Zukunft?

Yetkin | Verkäufer Dass wir jetzt mittendrin sind in der City, ist der Hammer. Der Westenhellweg ist um die Ecke, von der Reinoldikirche kommt man überall hin, aber auch zur Diakonie ist es nur die Straße runter, die Drobs ist nebenan. Am besten finde ich den barrierefreien Eingang zur bodo-Ausgabe und den Aufzug in den ersten Stock. Bin gespannt, wie ihr das einrichten werdet. So eng wie der Flur in der Mallinckrodtstraße wird es wohl nicht, hoffe ich. Jetzt fahr ich mal rüber und guck mir das Haus genauer an.

Tanja | Chefin Zum ersten Mal seit elf Jahren werde ich ein Büro mit Tür haben. Das heißt: Zum ersten Mal werde ich Dinge zu Ende bringen können, ohne von drei Seiten angesprochen zu werden, ein Telefon in die Hand gedrückt zu bekommen, in den Laden gerufen zu werden, usw. Wahrscheinlich werde ich zwischendurch auch einmal vermissen, mitten im Trubel zu sitzen, aber jetzt ist die Vorfreude riesig. Im Moment stehen uns zwar die Haare zu Berge, weil so viel zu entscheiden ist, weil das Geld natürlich viel zu knapp ist und das tägliche Geschäft trotz der Umzugsvorbereitungen weiterläuft. Aber am 31. März werden wir durchatmen und anstoßen auf einen neuen Abschnitt.

Nicole | Vorstandsmitglied Aufgrund der Lage werden wir näher an unseren Verkäufern und Kunden sein. Leute, die uns und unsere Projekte nicht kannten, werden auf uns aufmerksam und werden hoffentlich auch den Weg zu uns finden. Ich erhoffe mir bessere Arbeitsbedingungen, einen direkten Zugang zu meinem Arbeitsplatz, ohne erst einmal Bücherkisten zur Seite räumen zu müssen, mehr Ruhe und weniger „Durchgangsverkehr“. Auch wenn es manchmal nervte, werde ich wahrscheinlich das Chaos vermissen. Denn das gehörte für mich immer zu bodo. (Anm. d. Red.: Was das Chaos angeht, sind wir nicht so pessimistisch. Das werden wir schon zu bewahren wissen.)

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bod

o


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Was bringt die Zukunft? bodo zieht zum Schwanenwall 36 – 38. Wir haben mal die KollegInnen nach ihren Erwartungen gefragt. Ein paar Antworten.

Olli | Vertrieb Die neue Präsenz am Schwanenwall ist ein wichtiger Schritt auch für das Straßenmagazin und wird sich sicherlich positiv auswirken. Für die Verkäufer ist die zentrale Lage ein Gewinn, und für uns ist es einfacher, mit der steigenden Zahl an Verkäufern in Kontakt zu bleiben, Probleme zu lösen und Angebote zu machen. Susanne | Projekt Buch Der Laden ist zwar im Moment sehr eng, aber auf eine gewisse Art und Weise macht es das auch sehr gemütlich. Ich freue mich aber, wenn wir für den Versand endlich etwas mehr Platz haben. Im Moment machen wir das ja alles auf der kleinen Theke. Das ist manchmal sehr schwierig.

Steffi | Auszubildende Ich freue mich am meisten darauf, dass ich vielleicht endlich meinen eigenen Arbeitsplatz bekomme. Das wird vieles erleichtern, wenn ich auch mal eine angefangene Arbeit über Nacht liegen lassen kann. Aber das Beste ist die Lage: Wir gehen ja alle gegenüber ins Karl-Schiller-Berufskolleg. Das ist schon klasse, wenn zwischen Arbeit und Schule nur eine Straße liegt. Sandra | Auszubildende „Ich glaube, es werden viel mehr Kunden sein, die wir beraten können, weil der Laden viel schöner wird und viel besser liegt. Vermissen werde ich den Trödelbasar. Wir nehmen ja weiter Sachspenden an und wir verkaufen auch weiter auf Märkten Gebrauchtes, aber einen Second-Hand-Laden werden wir ja erst einmal nicht eröffnen.

Klaus | Projekt Buch Ich freue mich auf die Einweihungsparty, auf der wir hoffentlich viele neue und nette Leute kennenlernen. Und ich hoffe, alles wird ein bisschen größer und übersichtlicher. Das würde mich schon wahnsinnig motivieren. Klar, dass man sich nicht mehr so oft sieht, weil wir dann auf zwei Ebenen sind, ist ein bisschen schade. Aber ich glaube, uns wird ein bisschen mehr Platz sehr gut tun. Wir glauben ja auch, dass sich mehr Leute für unser Projekt interessieren, wenn wir in der Stadt sind. Und das heißt wahrscheinlich auch: mehr Bücher.

Matthias | Verkäufer + Projekt Buch Für die Verkäufer ändert sich nicht so viel. Aber man kann mal eben bei bodo vorbeigehen und neue Zeitungen holen und muss nicht runter zum Hafen fahren. Dann kommt noch dazu, dass der Laden jetzt samstags geöffnet ist. Am Wochenende gibt’s aber auch weiterhin Zeitungen beim Brückentreff der Diakonie. (Anm. d. Red.: Und im Tagesaufenthalt in der Stühmeyerstraße in Bochum). Bei den Büchern gibt es einen Vorteil: Ich hab´s nicht mehr so weit zur Post, wenn ich die zu versendenden Bücher aufgebe. Ansonsten denke ich, das meiste wird so weiter laufen wie immer.

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SOZIALES | von Bastian Pütter | Foto: Claudia Siekarski

NEUES VON ROSI | von bodo-Verkäuferin Rosi

Ganz schlechtes Timing Während Obdachlose erfroren, plante Bochum die Schließung der Wattenscheider Übernachtungsstelle. Der Zeitpunkt hätte nicht schlechter gewählt

alticket, das seinen Namen verdient, gibt es

Liebe Leserinnen und Leser,

sein können. Es war gerade richtig kalt gewor-

nicht – auf einen zehn Kilometer langen Fuß-

den. Während wie jedes Jahr ganz Deutsch-

marsch zur Übernachtungsstelle am Stadion

was sagen Sie zu der eisigen Kälte?

land für einige Tage das Thema Obdachlose

geschickt werden.

Für die Obdachlosen, ganz besonders für die Menschen, die es nicht

entdeckt, nimmt die klamme Stadt Bochum einen von vielen „Haushaltskonsolidierungs-

Der Sparvorschlag wurde der meistkommentierte

vorschlägen“ ins Programm:

auf den Seiten des Bürgerforums. Die BochumerInnen solidarisierten sich. Und zu Recht: Das

gewohnt sind, draußen zu schlafen, ist diese Zeit jetzt sehr schwer. In den Nachrichten brachten sie, dass die Leute vor den Geschäften (dort,

„Es ist geplant, die Übernachtungsstelle ,Swid-

Engagement der Wohlfahrtsverbände und der

bertstraße‘ in Bochum-Wattenscheid zu schließen

freien Träger, integrierte Hilfen der Kommune

und gleichzeitig die Übernachtungsmöglichkeiten

und ihrer Partner und – als „äußerer“ Faktor

in der Übernachtungsstelle ,Am Stadion 5 a‘ zu er-

– ein entspannter Wohnungsmarkt, haben in

weitern. Hierdurch werden Investitions- und Miet-

Bochum und auch in Dortmund eine Situation

kosten eingespart.“

geschaffen, die sich deutlich unterscheidet von

Heute habe ich sogar eher Feierabend

den z.T. katastrophalen Zuständen Mitte der

gemacht, weil mir einfach zu kalt war.

Der Vorschlag reihte sich ein in die lange Liste

90er Jahre oder denen in Städten wie Düsseldorf

Zuhause musste ich erst einmal einen

von Verwaltungsideen, über die auch auf der In-

oder Hamburg. In Bochum schläft nicht mehr auf

heißen Tee trinken, um wieder warm

ternetseite des Bochumer Bürgerforums disku-

jedem Lüftungsschacht ein Obdachloser, wir ha-

zu werden. Sie werden natürlich sa-

ben keine Kältebusse, die nachts Menschen vor

gen, dass man bei so einem Wetter

dem Erfrieren retten müssen. Es gibt Hilfen, die

gar nicht rausgehen sollte. Eigent-

greifen – nebenbei häufig bezahlt mit Spenden

lich haben Sie ja Recht, aber die Leu-

und freiwilliger Arbeit.

te freuen sich immer, wenn sie noch

wo in der Nacht warme Luft aus den Schächten dringt) schlafen dürften. Auch die Ärzte würden sich um sie kümmern. Das finde ich gut.

schnell eine Zeitung kaufen können. Zu diesen Hilfen gehört die Wattenscheider

Also stand ich wenigstens noch eine

Einrichtung. Sie verknüpft Übernachtung, Ta-

Stunde draußen.

gesaufenthalt,

Ich freue mich schon auf unseren

medizinisches

Angebot

und

Beratungsstelle zu einem modernen, stadtteilorientierten Angebot unter einem Dach. Dieses Konzept erlaubt es, auf die unterschiedlichen Problemlagen vor Ort einzugehen und direkte Hilfen aus einer Hand anzubieten. Die Übernachtungsstelle ist integraler Teil dieses Konzepts. Diplom-Sozialarbeiter Arno Mücke leitet die Einrichtung in der Swidbertstraße.

Ihre Auslastung von 55 Prozent im Jahresmittel zeigt den weiterhin bestehenden Bedarf. Also worüber reden wir?

Räumlichkeiten. Auch für die Spenden möchten wir uns ganz herzlich bedanken. Wie Sie in der Zeitung sicher schon gesehen haben, brauchen wir noch sehr viel und da ist jeder Cent nötig. Mir geht es im Moment ganz gut. Ich bin nur etwas aufgeregt, we-

tiert werden durfte. Die BochumerInnen waren zusätzlich aufgefordert, eigene Vorschläge zu

Mit soviel Gegenwind tagte am 22. Februar der

gen meiner Operation am Auge. Es

machen. Bürger Reinhard G. etwa schlug die Sen-

Sozialausschuss: Ein neuer Antrag von Rotgrün

wird schon alles gut gehen. Meine

kung der Innentemperatur des Schauspielhauses

sieht die Weiterführung der Arbeit mit der Hälf-

Heizung läuft perfekt und ich bin

um zwei Grad vor, um Kultur endlich rentabel zu

te der Mittel vor. Wie das auch angesichts der

glücklich darüber, endlich eine war-

machen. Auch das ist Bürgerbeteiligung.

maroden Räume an der Swidbertstraße gehen

me Wohnung zu haben.

soll, bleibt vorerst offen. Die Stadt erhält den

Ja, liebe Leserinnen und Leser, das

Im Vergleich zum Gesamtdefizit läppische

Prüfauftrag, bis zum Sommer mit der Einrich-

131.000 Euro bei der Versorgung Obdachloser

tung zu klären, wie es weitergehen kann.

abzuzweigen, erschien dagegen als sichere Einsparung. Wer sollte da aufbegehren? Dum-

Sommer. Fällt Ihnen etwas auf? Haben Sie schon

merweise war es Februar und in ganz Europa

einmal im Sommer in Ihrer Tageszeitung etwas

erfroren Menschen. Die Übernachtungsstelle

über Obdachlose gelesen, das über eine Randno-

der Diakonie in Wattenscheid war vor zehn

tiz hinausging? Hoffentlich wird hier nicht nur

Jahren auf Anregung der Stadt eingerichtet

am Timing gearbeitet. (bp)

worden, auch um das zu verhindern. Nun sollte der Obdachlose aus Wattenscheid – ein Sozi-

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Umzug bei der bodo. Endlich größere

war es wieder. Das nächste Mal gibt es mehr von mir, wenn ich alles hinter mir habe. Wie immer sage ich Tschüss, Ihre Rosi


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NEUES VON BODO | von Johanna Schumann | Foto: Claudia Siekarski

Happyend für Lili bodos spanischer Pflegehund hat endlich ein neues Zuhause Seit Mitte Januar gab es einen kleinen Pflege-

schnell stubenrein war, meldeten sich Mitte Februar

ebenso können Sie weitere Fragen über den Hund

hund in der bodo-Redaktion. Lili stammt aus

doch Interessenten. Um es kurz zu machen: Der klei-

stellen. Nach diesem Gespräch können Sie den Hund

Spanien und wurde dort von der deutschen Or-

ne schwarze Bürohund hat ein Zuhause im Dortmun-

kennenlernen. Gleichzeitig wird eine Vorkontrolle

ganisation Denia Dogs e.V. aus einem Tiermessi-

der Süden gefunden. Ein Happyend für Lili!

durchgeführt. Ist auch dieser Schritt erledigt, wird

Haushalt gerettet. Hier in Deutschland sollte sie nun in liebevolle Hände gegeben werden.

entschieden, ob Sie den Hund gegen eine SchutzDoch gibt es noch viel mehr Hunde, die auf ein neu-

gebühr abholen dürfen. Vor den Kontrollen müssen

es Zuhause warten. Diese Hunde kommen aus Spa-

Sie nicht zurückschrecken. Wichtig ist nur, dass Sie

Ein kleiner, fünfjähriger Mischling, der sehr zutrau-

nien und haben meist schlimme Erfahrungen hinter

dem Hund ein liebevolles Zuhause, viel Auslauf und

lich und anhänglich ist? Sollte für die Vermittlung

sich. In spanischen Tierheimen werden sie getötet,

ausreichende Verpflegung bieten können.

kein Problem sein. Doch Lili wurde vermittelt über

wenn sie nach einer bestimmten Zeit nicht vermit-

eine Organisation, die viele Hunde in gute Hände

telt werden. Deshalb landen sie bei Organisationen

Und wer weiß, vielleicht wird bodo bald wieder Pfle-

abgeben will. Da geht man als einzelner Hund schon

wie Denia Dogs, damit sie auch nach Ablauf der Ver-

gestelle für einen kleinen Hund, der auf Vermittlung

einmal unter, vor allem, wenn man kaum erzogen ist

mittlungszeit noch weiterleben dürfen.

wartet. (Johanna Schumann, Schülerpraktikantin)

und nichts anderes kennt als das Haus in dem man Haben Sie Interesse an solch einem Hund, können

INFO

Sie sich per Telefon an Denia Dogs e.V. wenden.

zum Vermittlungsablauf, zu weiteren Hunden

Da sich Lili jedoch als sehr lernfähig erwies, bald

Dort wird nach Ihrer Wohnsituation und der be-

und zur Organisation:

einfache Regeln sowie das Autofahren kannte und

reits vorhandenen Erfahrung mit Hunden gefragt,

Denia Dogs e.V. | www.denia-dogs.de

gelebt hat.

Johanna Schumann war im Februar Schülerpraktikantin bei bodo. Ihren Erfahrungsbericht lesen Sie auf www.bodoev.de.

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DER KOMMENTAR | von Bastian Pütter

Immerhin die Tierseite

NEWS | von Alexander Greif

Hunger durch Börsenspekulation

Wie geschaffen für den Müll

Zu wenig Bio aus Deutschland

seit einiger Zeit eine Tierseite. Mal mit Pin-

Nach Schätzungen der Welter-

„Geplante Obsoleszenz“ nennt

Der Absatz von Bioprodukten in

guinen, mal mit Hundewelpen. Heute gab

nährungsorganisation FAO in Rom

man die Strategie der Wirt-

Deutschland steigt. Auf 6,6 Milli-

es einen Papagei. Pythagoras heißt das

leiden derzeit ca. eine Milliarde

schaft, durch kalkulierten Ver-

arden Euro stieg der Umsatz mit

Tier und bespaßt im seniorengrauen Feder-

Menschen an Hunger. Durch Nah-

schleiß von Elektronik, Auto-

Bio-Lebensmitteln im Jahr 2011.

kleid die Insassen eines Altenheims. Stoff

rungsmittelspekulationen an den

mobilen, Kleidung und beinahe

Über Preiserhöhungen sehen die

für eine dreiviertel Zeitungsseite.

Börsen verschlimmert sich die Si-

allen Konsumgütern den Verkauf

Verbraucher angesichts regelmä-

tuation, da Wetten auf die Preis-

und gleichzeitig die Gewinn-

ßiger Skandale um verunreinigte

entwicklung von Rohstoffen wie

spanne konstant hoch zu hal-

Lebensmittel dabei hinweg. Je-

Mais oder Weizen zu Kursschwan-

ten. Wirtschaftswissenschaftler

doch muss oft auf ausländische

kungen und in der Folge zu Preis-

beobachten, dass dieser Trend

Ware

anstiegen führen, die für Familien

bereits seit den 20er Jahren des

um die steigende Nachfrage zu

und Kleinbauern in Armutsländern

letzten Jahrhunderts zu beob-

decken: Einer Verdreifachung der

finanziell nicht zu stemmen sind.

achten ist und sehen ihn als ei-

Nachfrage in der letzten Dekade,

Während in Europa durchschnitt-

nen Standardmechanismus einer

folgte nur eine Verdoppelung der

Das hat ja auch erst einmal nichts mit dem

lich ca. 15% des Einkommens

kapitalistischen

Gesellschaft.

Bio- Anbauflächen in Deutschland.

Vogel und der Tierseite zu tun. Im Gegen-

für Nahrungsmittel ausgegeben

Durch ständige Werbung wird

Mangelnde Fördermittel von den

teil. Das ist nichts Schönes. Das ist eine

werden, sind es in weiten Teilen

zudem der Wunsch nach Konsum

Bundesländern, fehlende Anbau-

widerliche, schreckliche und unfassbar

Asiens oder Afrikas bis zu 90%.

und Neuem weiter angeregt – mit

flächen und die starke Konkurrenz

peinliche Geschichte.

Nachdem die Lebensmittelpreise

fatalen Konsequenzen für jeden

aus anderen Nationen erschweren

in den letzten vier Jahren bereits

Einzelnen: Auf die Zurschaustel-

ihnen die Umstellung ihrer Anbau-

zweimal drastisch angestiegen

lung des eigenen Status bedacht

methoden. Da der streng ökologi-

sind, fordern FAO und Organisati-

und vom vermeintlichen Fort-

sche Anbau vom Nischenprodukt

onen nun von der UN, die Spekula-

schritt geblendet, kaufen sie

inzwischen zur weltweiten Indus-

tion auf Nahrungsmittelpreise zu

immer neue und größere Geräte,

trie aufgestiegen ist, können Flä-

regulieren und Institutionen wie

die sie meist mit Krediten ab-

chen- und Agrarstaaten wie China,

Banken davon auszuschließen.

bezahlen. Das Ergebnis: Die be-

Indien oder auch Australien hier

Ferner soll die Lebensmittelver-

reits knappen Ressourcen werden

große Mengen an Lebensmitteln

schwendung der Industrienatio-

immer knapper und die Umwelt

produzieren und sie günstig auf

nen eingedämmt und der Zugang

durch die kaputten Altgeräte und

dem Weltmarkt anbieten, wo sie

zu Saatgut und Futtermitteln in

die in ihnen enthaltenen Schad-

von Industrienationen dann mas-

Hungerregionen erleichtert werden.

stoffe immer stärker belastet.

senweise abgenommen werden.

Die Dortmunder Ruhr Nachrichten haben

Aber das Foto ist seltsam. Rechts der Vogel hinter Gittern, im Hintergrund die zu erwartenden Senioren, aber links eine Frau mit schwarzen Haaren und dunkler Haut, viel zu jung, keine 30. Sie posiert müde, blickt ins Leere. Die Bildunterschrift verrät einen Namen, wer sie ist, unterschlägt der Text.

Die junge Frau ist eine Romni. Sie ist bulgarische Staatsbürgerin und stammt aus Stolipinovo, einem Roma-Ghetto im Osten der 300.000-Einwohner-Stadt Plovdiv, 150 Kilometer südöstlich von Sofia. Hier in Dortmund war sie Prostituierte. Seit der Schutz des legalen Straßenstrichs weggefallen war, arbeitete sie versteckt in Nordstadthäusern, ohne Hilfe im Notfall, ohne Zugang zu den Versorgungs- und Beratungsangeboten. Am 17. August, drei Monate nach der Schließung des Straßenstrichs, stach der 25jährige Freier Christopher P. in einer Wohnung in der Nordstraße erst auf sie ein und warf sie dann kopfüber aus dem Fenster. Notoperationen retteten ihr Leben, doch wird sie lebenslang ein Pflegefall bleiben und muss künstlich ernährt werden. Da es keinen Kostenträger gibt, wurde eine günstige Übergangslösung gefunden: Das Altenheim in der Nordstadt. Ihr Aufenthaltsstatus ist ungeklärt, eine Abschiebung würde sie nicht überleben. Wenn ihre Mutter wie geplant abgeschoben wird, ist sie erst einmal allein. Ihr Foto hat es in die Ruhr Nachrichten geschafft. Ihre Geschichte nicht. Es geht schließlich um den Papagei. Doch hinter dem Foto: Eine widerliche, schreckliche und unfassbar peinliche Geschichte. (bp)

18

SKOTTS SEITENHIEB

zurückgegriffen

werden,


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19


LESEBUEHNE

20 LESEBÜHNE | von Murat Kayi

KINOTIPP | von endstation.kino

Vom Papier vors Mikrofon aufs Papier. In unserer Kolumne präsentieren wir Texte der lebendigen Poetry-Slam- und Lesebühnenszene der Region. In dieser Ausgabe: Murat Kayi, Mitglied der Lesebühnen „SchreibGut“ und „Guten Tacheles“, unterwegs mit bodo-Autorin Fräulein Nina und dem Programm Migrantenpop, solo und als Musiker.

Auszug aus den „Borkumer Biografien untergewichtiger Männer: Ludwig Meisenburg“

endstation.kino & bodo präsentieren: Out of the Darkness – Der Weg ins Licht Mit einer kompletten Krankenhaus-Ausrüstung auf dem Rücken seiner einheimischen Helfer wandern der nepalesische Chirurg Dr. Sanduk Ruit und sein amerikanischer Kollege Dr. Geoff Tabin durch das Hochland des Himalayas. Nach dem mehrtägigen Fußmarsch baut das Team in einem abgelegenen Berg-

„Ein Mann wie eine Wunderkerze – filigran, rauh und glitzernd“, so heißt es schon bei Albert Einsteins leider verschollenen „Briefen an die Nachwelt“. Meisenburg war eines jener Universalgenies wie es sie seit Leibniz immer weniger und heute überhaupt nicht mehr gibt. Er hatte von 1250 bis 1380 den Lehrstuhl für Mediavistik in Unna inne, den er jedoch später auf Grund eines Zerwürfnisses mit dem Lordkanzler gegen eine Professur für Provinzographie in Peine eintauschte. auf. Viele Hunderte von erblindeten Men-

die ihn zunächst fast auf den Scheiterhaufen brachten, im späteren Verlauf

schen warten geduldig, um sich operieren zu

aber ein kirchliches Hochamt der „Brüder unserer heiligen Frau Jürgen zu Itze-

lassen. Sie leiden am „Grauen Star“.

hoe“, das er zwar zunächst aus Gewissensgründen ablehnte, später aber doch annahm, und zwar „der erquicklichen Kutte wegen“. Kern der „Peiner Postulate“, mithin unvergessen und in ihren Auswirkungen auf die moderne Physik nur sehr schwer zu unterschätzen ist die Meisenburg‘sche Unschärferelation, derzufolge in einer Wohnung mit einem Kleinkind immer nur entweder Wohnzimmer oder Küche aufgeräumt sein können, niemals jedoch beide zugleich. Meisenburg blieb auch nach seiner Emeritierung bis ins hohe Alter aktiv und widmete sein Leben dem Kampf gegen die Karettschildkröte. Aus seinen letzten Aufzeichnungen ist noch der Vers erhalten: „So kämpft‘ ich gegen diese Kröte Wenn sich mir nur ihr Anblick böte.“

Dr. Ruit und Dr. Tabin haben eine moderne Operationstechnik entwickelt, mit der sie den „Grauen Star“ schnell und kostengünstig in abgelegenen Regionen heilen können. Die Operation ist nicht nur ein Segen für die Betroffenen selbst, sondern hat großen Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung ganzer Gemeinschaften in den Bergen des Himalaya. Mit atemberaubenden Bildern in der Kulisse des Himalayas gefilmt, begleitet „Out of the Darkness – Der Weg ins Licht“ ein einzigartiges medizinisches Projekt, welches den Bewohnern der Region den Weg in ein selbstbestimmtes Leben ebnet. Der Dokumentarfilm sorgte auf zahlreichen

Man kann sich nur den Worten seines wandernden Biografs Gisbert von Hohen-

internationalen Festivals für Aufsehen und

neuköln anschließen: „…er war ein dünner Mann!“

wurde mehrfach ausgezeichnet.

INFO

Murat Kayi ist Autor, Musiker und evangelischer Türke. In seinem Soloprogramm verbindet er Musik und Vorlesen auf eine Art und

20

dorf im östlichen Nepal ein Operationscamp

Hier erarbeitete er auch sein einflussreichstes Werk, jene „Peiner Postulate“,

Do 29.03. bis Mi 04.04. um 19 Uhr Samstag 31.3. Gespräch mit Regissseur Stefano Levi, den Produzenten Werner Kubny und Per Schnell sowie (angefragt) Dr. Sanduk Ruit im Anschluss an die Vorstellung.

Weise, die bei den Zuhörern den Eindruck einer Ganzkörperlesung

Endstation Kino im Bahnhof Langendreer

aufkommen lässt. Die Lesebühne „SchreibGut“ macht es bodo

Wallbaumweg 108, 44894 Bochum

gleich und zieht vom Hafen zum Schwanenwall, ins Fritz-Henßler-

Telefon 0234 – 68 71 620

Haus gegenüber unserem Buchladen. Erster Termin: 22.3.2012

www.endstation-kino.de


VERANSTALTUNGEN MÄRZ 2012 | VERLOSUNGEN | CD-TIPPS | zusammengestellt von Benedikt von Randow

21

»Jahrhundertstimmen« präsentiert Randy Newman Sonntag, 18. März 2012 um 20 Uhr Jahrhunderthalle Bochum bodo verlost 3 x 2 Karten

Auch diesmal gibt es wieder Karten für tolle Veranstaltungen und Bücher zu gewinnen. Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an: redaktion@bodoev.de Oder schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an: bodo e.V., Postfach 100 543, 44005 Dortmund Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren. Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss für Veranstaltungen ist jeweils zwei Tage vor dem Termin. Einsendeschluss für terminunabhängige Verlosungen ist der 25.3.2012 13.03. | Hannes Wader | RuhrCongress, Bochum | 3 x 2 Karten 18.03. | Randy Newman | Jahrhunderthalle, Bochum | 3 x 2 Karten 20.03. | Aura Dione | Zeche, Bochum | 3 x 2 Karten 22.03. | Flo Mega | Zeche, Bochum | 2 x 2 Karten 25.03. | Papusha | Theater im Depot, Dortmund | 3 x 2 Karten 30.03. | Piet Klocke & Simone Sonnenschein | Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund | 3 x 2 Karten 29.03. – 04.04. | Out of the Darkness – Der Weg ins Licht | endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten Splitter im Auge | Norbert Host | 3 Exemplare Café Treibsand | Metzstraße 23, 44793 Bochum | Ein Frühstück für zwei mit Getränken 1 coole Borussia Dortmund Umhängetasche von Ruhrgepäck | Motiv: Signal Iduna Park bei Nacht | LKW Plane, Umhängegurt aus KFZ-Sicherheitsgurt, L 30 cm x H 23 cm

Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!

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22 VERANSTALTUNGEN MÄRZ 2012

FR 02 | 03 | 12 Kindertheater | Emil und die Detektive Emil Tischbein soll die Ferien bei Verwandten in Berlin verbringen, aber während der Zugfahrt wird ihm sein ganzes Geld gestohlen. Er verdächtigt den Mann mit dem steifen Hut, Herrn Grundeis, 04 | 03 | 12 Die kleine Hexe

06 | 03 | 12 Fräulein Nina

Kann Emil den Dieb fangen? Und was hat Gustav mit der

laut.de: „Mit intellektueller Musik jedenfalls punktet das

chen zur Eheschließung haben singen lassen, sind mitt-

Hupe mit allem zu tun? Ein buntes und temporeich ver-

Album genauso wenig, wie die Platte für Bewegungsleg-

lerweile wieder erfolgreich geschieden. Eine einzige von

spieltes Tanzstück nach dem Kinderbuchklassiker Emil

astheniker geeignet ist. Muss es ja auch nicht, schließlich

ihr besungen-besiegelte Ehe hat gehalten, das Paar lebt

und die Detektive von Erich Kästner.

geht es um den großen (Zitat-)Pop. Das kann auf dem

mittlerweile im entfernten Äthiopien. Somit stieg Fräu-

Theater im Depot, Dortmund, 11 & 17 Uhr

Tanzparkett berauschend wirken, in der Nüchternheit des

lein Nina in den vergangenen Jahren mehr und mehr zur

Alltags geht dieser Effekt jedoch verloren.“

Garantin frühzeitiger Gütertrennungen auf. In Angelkö-

FZW, Dortmund, 20 Uhr

der und Kleintierpension berichtet sie unter anderem von

der Dieb zu sein. Als der Mann aussteigt, beginnt eine aufregende Verfolgungsjagd quer durch das große fremde Berlin. Ist Herr Grundeis wirklich der Dieb?

SA 03 | 03 | 12 Kindertheater | Eine Woche voller Samstage

abstrusen Begegnungen mit Männern in Supermärkten Kindertheater | Die kleine Hexe

Herr Taschenbier ist ein ängstlicher Mensch. Er fürchtet

Die kleine Hexe ist mit 127 Jahren eigentlich noch zu

und von ihren kritischen Beobachtungen Heiratswilliger. Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr

sich vor seiner Vermieterin, vor seinem Chef und über-

jung für das größte Hexenfest des Jahres, die Walpurgis-

haupt allen Leuten, die schimpfen und befehlen. Bis ihm

nacht. Bevor sie trotzdem mitfeiern darf, muss sie eine

eines samstags ein Sams über den Weg läuft. Kurzerhand

Prüfung ablegen: Wenn sie beweist, dass sie eine gute

ist sein ganzes geordnetes Leben auf den Kopf gestellt.

Hexe geworden ist, darf sie mit zum Blocksberg. Ein Jahr

Das Sams ist furchtlos, ja beinahe respektlos und lässt

lang bereitet sie sich vor. Sie lernt das ganze Hexenbuch

Lyambiko, die Berlinerin, die sich nach ihrem Vater Ra-

sich von nichts und niemandem einschüchtern. Es macht

auswendig, hext nur Gutes und hilft vielen Menschen:

phael Appolinari Lyambiko nennt, sei „den Göttinnen

freche Bemerkungen und schimpft zurück, wenn jemand

den armen Holzweibern, dem Maronimann mit seinem

des Jazz ganz nahe“, hatte die Süddeutsche zuvor über

schimpft. Herr Taschenbier ist das anfänglich sehr pein-

Schnupfen, den Kindern mit dem Schneemann und vie-

sie geschrieben, und die FAZ hatte „ihre Intensität, ihre

lich, aber seltsam: Je länger er mit dem Sams zusammen

len mehr. Aber wie hätte die kleine Hexe wissen sollen,

Sinnlichkeit, ihre Kraft“ gepriesen. Was Lyambiko an Kri-

ist, desto selbstbewusster und mutiger wird er und umso

dass ihre guten Taten bei den erwachsenen Hexen gar

tiken sammelt, sind Dokumente der Wehrlosigkeit: „Quä-

lieber gewinnt er das Sams. Ein Figuren-Theaterstück für

nicht gut ankommen? Nun soll sie bestraft werden. Aber

lend schön. Rausch der Sinne. Absoluter Genuss. Emo-

Kinder ab 5 Jahren.

das lässt sich die kleine Hexe nicht bieten. Sind nicht

tionaler Tiefgang. Perfekte Intonation. Erotisch. Grazil.

HalloDu-Theater, BO, 16 Uhr (auch 5. und 6.3., 10 Uhr)

die anderen die schlechten Hexen? Die sollen in dieser

Grandios…“ Hier noch der Boston Globe aus dem Land,

Walpurgisnacht ihr blaues Wunder erleben.

in dem der Jazz zu Hause ist: „Sie besitzt die Dramatik

Schauspielhaus, BO, 16 Uhr (auch 5., 12., 27. & 29.3)

einer Billie Holiday, die Erotik einer Julie London und

SO 04 | 03 | 12 Musik | Glasperlenspiel Die Band Glasperlenspiel singt Lieder einer neuen Generation von Leuten, die aufgewachsen und geprägt sind

DO 08 | 03 | 12 Musik | Lyambiko …sings Gershwin

die Schärfe einer Nina Simone.“ Könnte es eine Sängerin

DI 06 | 03 | 12 Lesung | Fräulein Nina

geben und eine Stimme, die besser geeignet wäre, den Internationalen Frauentag zu feiern? Christuskirche, Bochum, 20 Uhr

von Krisen und Unsicherheit, von herausfordernden Le-

Fräulein Nina wandelt mit neuem Programm auf Solopfa-

bensperspektiven und einem Planeten im Umbruch. Da-

den. Eigentlich als Schlagersängerin mit 50er-Jahre-Re-

bei kommen Carolin Niemczyk und Daniel Grunenberg aus

pertoire im Ruhrgebiet bekannt geworden, widmete sich

dem beschaulichen Stockach am Bodensee. Beide wollen

die Dame mit einem Faible für kleine, intime Bühnensze-

aber den Beat des pulsierenden Lebens, gehen nach Ber-

nerien als mutierte Wahlhamburgerin mehr und mehr

Das Bochumer Publikum kennt Dietmar Bär nicht nur aus

lin und nehmen ihr Album „Beweg Dich Mit Mir“ auf. Dazu

dem Schreiben. Zu viele Paare, die sich von ihr ein Ständ-

seiner Rolle als Kölner Tatort-Kommissar. Der vielseitige

FR 09 | 03 | 12 Lesung | Dietmar Bär liest Ralf Rothmann

CD-TIPP

CLUB DES BELUGAS | forward (ChinChin Records / Audiopharm) Eine gute Stunde mit dem Club des Belugas ist ein wunderbares Erlebnis und spielt sich in Kurzform ungefähr so ab: Zum Auftakt Power-Swing, so dass alles bebt und schwingt, dann Afro-Beat-Explosionen und Funk-Feuerwerke, abgefedert durch schwelgerischen Jazz‘n‘Soul, und zum Abschluss wird man ganz weich eingepackt und kann die Seele baumeln lassen. Dies ist das sechste Album des Club des Belugas, der sich nun schon seit zehn Jahren verdient macht im Produzieren von zeitgemäßer, stylischer Lounge- und Clubmusik. Swing, Jazz, Funk, Latin, Afro und Soul aus aller Welt und von jeder Epoche werden hier nicht nur als Inspiration genutzt, sondern konsequent für unsere heutige Zeit weitergedacht. Und „forward“ geht da unbeirrt im wahrsten Sinne des Wortes weiter und groovt wie die Hölle. Swing von soft bis clubtauglich, cooler Acid-Jazz, treibender Motown-Funk, perkussive World-Beats, schwelgerische Jazz-Songs, Surf- und Dixie-Style, einige typische Club des Belugas Remixe (u.a. gibt es Anita O‘Days Klassiker „Peanut Vendor“ in einem locker-leichten LatinSwing-Mix mit ganz viel Chaka) und ganz viele virtuose Gesangsstimmen à la couleur – das sind die Zutaten zu dieser neuerlichen Zeit- und Weltreise des Clubs mit Homebase in Wuppertal. (BvR) 22


08 | 03 | 12 Lyambiko …sings Gershwin

10 | 03 | 12 Maucha Adnet

11 | 03 | 12 Tierra Negra

Schauspieler steht in der Familiensaga „Eisenstein“ auf

DI 13 | 03 | 12

gehende und erstaunlich altersgemischte Publikum von

der Bühne der Kammerspiele, ab Mai spielt er in Gerhart Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“. Anfang März ist

BODO VERLOSUNG | Hannes Wader

sieben bis siebzig.“ (Thüringer Allgemeine) RuhrCongress, Bochum, 20 Uhr

der gebürtige Dortmunder außerdem mit einer Lesung

Er ist heute hier und morgen dort. Seit über 40 Jahren

bodo verlost 3 x 2 Karten.

zu Gast. Im Gepäck hat er Ralf Rothmanns erfolgreichen

auf Tour, hat Hannes Wader auf hunderten deutscher

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

Ruhrgebietsroman „Milch und Kohle“ – die Geschichte

Konzertbühnen gestanden, um seine –

einer Bergarbeiterfamilie in den 1960er Jahren.

wie Hanns-Dieter Hüsch es einmal sag-

Kammerspiele, Bochum, 19.30 Uhr

te – mächtigen Lieder zu singen, mit denen er immer wieder seinem künst-

FR 16 | 03 | 12 Musik | The Cheeks

lerischen Engagement für eine gerech-

Das Dortmunder Quartett The Cheeks ist musikalisch

tere Welt Ausdruck gibt. Wer Hannes

bei seinem vierten Studioalbum angekommen, wo ihre

Wader singen hört, hat den Eindruck,

konsequente Weigerung, den Zeitgeist zu beschwören,

Gleich mit seiner ersten Comic-Erzählung gelangte Ralf

dass die Stimme des 69jährigen an

die Rock‘n‘Roll-Dandies evolutionär eh hinbringen soll-

König zu nationaler Bekanntheit – erst recht 1994, als

Umfang, Ausdruck und Gefühl immer noch zugenommen

te. Dort, wo alles und jeder nur ein weiteres Elemen-

die Verfilmung von „Der bewegte Mann“ 6,5 Millionen

hat. „Wader füllt immer noch ganz allein eine große Büh-

tarteilchen im Retro-Kosmos zu sein scheint, strahlt

Besucher ins Kino lockte. Regisseur Rosa von Praunheim

ne aus. Seine Stimme hat immer noch den vollen, ganz

auf „Feathered Tigers in a Magic Zoo“ die Experimen-

begleitet Ralf König auf einem leichtfüßigen filmischen

eigentümlichen Klang. Wader kann immer noch exzellent

tierfreudigkeit der Generation Beat mit dem Erobe-

Rundgang durch seine Vergangenheit: Schreinerlehre

Gitarre spielen – und seine Worte haben immer noch Wi-

rungswillen der Generation Punk in frischen Farben am

und Coming-Out im westfälischen Dorf, Travestiekünst-

derhaken. Mehrere Zugaben bekam das emotional mit-

Himmel ihrer psychedelischen Klangwelten. Vielleicht

SA 10 | 03 | 12 Film | König des Comics

ler in Dortmund, Kunststudium in Düsseldorf bis hin zum Erfolg in Köln. Die schwule Rhein-Ruhr-Filmreihe homo-

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chrom ist der ideale Rahmen, um die ZDF/ARTE-Produktion „König des Comics“ frisch nach der Berlinale in Erstaufführungen zu zeigen. Ralf König wird zur Vorführung am 09.03. im Düsseldorfer Metropol zu Gast sein. Schauburg, DO, 18.15 Uhr (auch 16.3. Metropolis, BO) Musik | Maucha Adnet Wer den Bossa-Nova-Giganten Antonio Carlos Jobim schätzt, kommt an Maucha Adnet nicht vorbei. Die grammygekrönte Sängerin war über zehn Jahre die führende Stimme in Jobims „Banda Nova". Aber nicht nur Jobim schätzte das feinherbe, leicht erotische Timbre, das Selbstbewusstsein und die souveräne Intonation der nun in New York lebenden Brasilianerin: Caetano Veloso, Charlie Byrd, Herbie Mann, Randy Brecker, Wynton Marsalis und Slide Hampton holten sie ebenfalls schon ins Line-up. domicil, Dortmund, 20 Uhr

SO 11 | 03 | 12 Musik | Tierra Negra Das Gitarrenduo Tierra Negra (Raughi Ebert & Leo Henrichs) wird zu den Protagonisten des „Flamenco Nuevo“ gezählt. Ohne den Faden zur Rumba-Flamenco-Tradition der südfranzösischen Camargue und Spaniens zu verlieren, schaffen sie in ihrer Musik eine Verbindung von Folklore-, Jazz- und Lounge-Elementen. Musikalisches Bindeglied in ihren Kompositionen ist immer der Flamenco. Da sie jedoch immer wieder diese klassischen Pfade verlassen, nennen sie ihren Musikstil „Mediterranean Guitar Lounge“. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

23


24 VERANSTALTUNGEN MÄRZ 2012

ein Soundtrack zum Film Noir der Zukunft, wenn digitale Effekte im Strudel der Banalität versunken sind und die Ur-Kraft melodramatischer Arrangements immer weiter ihre Schatten voraus werfen. subrosa, Dortmund, 20.30 Uhr

SA 17 | 03 | 12

18 | 03 | 12 Kristofer Aström

20 | 03 | 12 Che Saudaka

Kunst | Kunst im öffentlichen Raum Unter dem Schlagwort Urbanismus wird eine Reihe heterogener Konzepte der Urbanistik zusammengefasst,

BODO VERLOSUNG | Randy Newman

gen, wenn man sie denn lässt. Tommy Finke hingegen

die jeweils versuchen, dem Phänomen „Stadt“ als Gan-

Er ist „der erste und vielleicht der beste unter den

kommt aus dem Ruhrgebiet, aus Bochum. Da gibt es

zem Rechnung zu tragen. Auf dem Gebiet der zeitge-

Geschichtenerzählern des modernen Pop. Wahrschein-

keine opulenten Waldlandschaften und es gehen noch

nössischen Kulturproduktion spielt dieser Begriff in

lich sogar der größte zeitgenössische

immer Gerüchte um, dass Wäsche, die man zum Trock-

den letzten Jahren eine immer größer werdende Rolle.

Songwriter Amerikas.“ (Observer) Ran-

nen aufhängt, dreckiger von der Leine kommt, als sie

Die Urbanisten fördern die Gestaltung und Belebung

dy Newman schrieb Songs für Künstler

vor dem Waschen war. Ein Konzert dieser beiden unter-

vernachlässigter städtischer Bereiche und mischen sich

wie Ella Fitzgerald, Joe Cocker, Ry Coo-

schiedlichen Singer/Songwriter dürfte eine interessante

somit in die stadtplanerischen Konzepte ein. Darüber

der, Elvis Costello, Dusty Springfield,

und bereichernde Erfahrung werden. Der Eintritt ist frei.

will der Dortmunder Kunstverein sprechen, informieren

Peggy Lee oder die Blues Brothers.

Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr

und diskutieren und hat sich dafür Gäste eingeladen:

Zudem steuerte er die Musik zu beBODO VERLOSUNG | Aura Dione

Prof. Dr. Christoph Brockhaus und Uwe Lewitzky mit

kannten Kinoerfolgen wie „Toy Story“,

Impulsvorträgen zur „Kunst im öffentlichen Raum“ und

„Ein Schweinchen namens Babe“ oder „Maverick“ bei,

„Ich will das Unmögliche möglich machen – am besten

dann ein öffentliches Podium u.a. mit den Künstlern

ganz zu Schweigen vom Meilenstein: Milos Formans Film

noch vor dem Frühstück“, so das musikalische Ausnah-

Müller, Woll, Adlansvik, Pepper und bodo-Chefredak-

„Ragtime“. Zwei Filmmusik-Oscars (bei bislang 20 Nomi-

metalent

teur Bastian Pütter. Damit sich die eventuell erhitzen

nierungen) heimste er für seine Kompositionen schon

spanischen,

Gemüter wieder harmonisieren können, gib es im An-

ein. Nun kommt das musikalische Multitalent mit seinem

und faröischen Wurzeln. Mit

schluss zum Abschluss den „DJ unter den Arkaden“.

einzigen Konzert in NRW ins Ruhrgebiet. Und zwar im

einer Mixtur aus Folk, Elek-

Kunstverein, Dortmund, 18.45 Uhr

Rahmen der außergewöhnlichen Konzert-Reihe „Jahr-

tro,

hundertstimmen“, bei der schon u.a. Juliette Greco,

Strings und Pop durchbricht

Nina Hagen, Joan Armatrading, Al Jarreau und zuletzt

Aura Dione Konventionen und landet doch trotzdem

Mariza, „die Königin des Fado“, glänzen konnten.

(oder gerade deswegen?) in den Charts. Auf ihrem neuen

Jahrhunderthalle, Bochum, 20 Uhr

Album „Before the Dinosaurs“ spielt sie mit den Sinnen,

Man kennt Kristofer Aström vor allem wegen seines un-

bodo verlost 3 x 2 Karten.

fesselt als Geschichtenerzählerin und malt Bilder mit

überhörbaren Hangs zur Melancholie. Dass sein untrüg-

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

ihrer Stimme. Aura Dione mischt Elektronisches mit

SO 18 | 03 | 12 Musik | Kristofer Aström

liches Gespür für die schlecht beleuchteten Ecken der Seele dabei nicht zu kurz kommt, spricht für den Schweden. Die letzten zwei Jahre hat sich Kristofer verstärkt seinem Leben und den damit einhergehenden Beziehun-

mit

dänischen,

französischen

progressiven

Drums,

Country, Pop und Dub, akzentuiert mit ungewöhnlichen Instrumenten: Spielzeug-Klavier, Glockenspiel, Flöte.

DI 20 | 03 | 12

„Alles, was ich tue, wird mit einem Sinn für Humor ge-

Musik | Tommy Finke & Karin Åberg

tan“. Das hört man und ist durchaus erfrischend.

gen und der Arbeit an neuen Songs gewidmet. Die aus

Karin Åberg und Tommy Finke wurden vor Jahren mal

Zeche, Bochum, 20 Uhr

dieser Zeit entstandenen Werke werden auf seinem neu-

MySpace-Freunde. Während MySpace inzwischen wohl

bodo verlost 3 x 2 Karten.

en Album „From Eagle to Sparrow“ (tapete records) ver-

Geschichte sein dürfte, trägt die virtuelle Freund-

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

öffentlicht. Es ist ein Album der Einsamkeit, Hoffnungs-

schaft nun musikalische Früchte: die Schwedin Karin

losigkeit, neuen Anfängen und Liebe, so hoffnungsvoll,

Åberg kommt für eine Soloakustik-Tour mit Tommy nach

bittersüß und unerfüllt es zugleich sein kann.

Deutschland. Karin Åberg ist im nördlichsten Schweden

Das Jahr 2012 wird ein ganz besonderes für die Band Che

FZW, Dortmund, 20.30 Uhr

aufgewachsen, wo eindrucksvolle Waldlandschaften den

Sudaka aus Barcelona, denn es ist das zehnte Jahr seit

Menschen eine melancholische Poesie quasi aufzwin-

der offiziellen Bandgründung. Außerdem wird der Kon-

Musik | Che Sudaka

CD-TIPP

OLIVER KOLETZKI | Großstadtmärchen 2 (Universal / Vertigo) Oliver Koletzki stammt aus dem Umfeld der Berliner DJ-und Produzenten-Szene, die sich mit ihrem geschmeidig groovenden Minimal-House-Sound in den letzten Jahren einen besonderen Ruf geschaffen hat. 2009 schickte sich Koletzki dann an, seine „Großstadtmärchen“ zu veröffentlichen. Soft schwingende elektronische Musik mit unterschiedlichsten Gastsängern. Auch wenn Märchen ja in der Regel keine Fortsetzung erfahren, hat er es trotzdem gewagt. Clubmusik goes Pop, ein Konzept, für das u.a. 2raumwohnung schon länger stehen, wird hier also fortgesetzt. Natürlich sind die „Großstadtmärchen 2“ (VÖ 16.03.) auch wieder in sich stimmig und gelungen; wer Folge 1 mochte, wird bestimmt auch diese Platte mögen. Doch muss ich anmerken, dass mir einige Songs echt zu poppig, radio- bisweilen gar charttauglich sind. Ist ja im Prinzip nichts Verwerfliches, aber ich weiß jetzt schon, dass ich bei einigen meiner elektroaffinen Freunde damit gar nicht erst ankommen muss. Andererseits ist mir Koletzkis „märchenhafter“ Elektro-Pop immer noch lieber als 99% von dem Zeug, was sich in den Charts tummelt. Von daher warne ich Freunde cooler, treibender, eher instrumentaler Clubmusik vor dieser Scheibe, wünsche Koletztki aber trotzdem aus vollem Herzen ganz viel Erfolg mit seinen „Großstadtmärchen 2“. (BvR) 24


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26 VERANSTALTUNGEN MÄRZ 2012

zert-Zähler die Nummer 1.000 übersteigen. Den ohne Papiere in die mediterrane Hafenstadt eingereisten argentinischen und kolumbianischen Musikern ist es gelungen, Che Sudaka zu einer musikalischen Referenz auf internationaler Ebene zu erheben. Live erwartet uns auch 2012 wieder ein volles Brett aus rasenden Drums, fetter Gitarre, treibenden Basslines, Synthi-Samples und vielstimmigem Gesang.

21 | 03 | 12 No Rose

24 | 03 | 12 Jessica Gall & Band

DO 22 | 03 | 12

FR 23 | 03 | 12

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr Tanztheater | Schöne Aussichten Alter? Nein danke! Jugend? Um Gottes Willen! In unserer Gesellschaft wird Alter nicht mit Weisheit und

Theater | Mit brennender Geduld oder: Nerudas Postmann

BODO VERLOSUNG | Flo Mega

Erfahrung verbunden, sondern mit Schwäche, Gebrech-

Geboren und aufgewachsen in Bremen, trainiert Flo

Mit seinem Stück „Mit brennender Geduld oder: Nerudas

lichkeit, Hilfsbedürftigkeit und Einsamkeit. Jugendli-

Mega sein rhythmisches Talent bereits mit fünf Jah-

Postmann“ hat Antonio Skármeta dem Schwung und der

che gelten oft als grob, oberflächlich und unzugäng-

ren an einem Drumset aus

Stimmung des Jahres 1970 – kurz vor der Wahl Allendes

lich. Mit dem Tanz-Projekt „Schöne Aussichten“ sollen

Kochtöpfen und Teedosen.

zum Präsidenten Chiles – ein wunderbares Denkmal ge-

diese Ansichten überprüft und entweder bestätigt oder

Es folgen Blockflöten- und

setzt. „Es ist die schönste Liebesgeschichte der Welt“,

verworfen werden; eine Annäherung und mehr Ver-

Klavierunterricht, bis mit 13

urteilt die SZ über den gleichnamigen Roman des Autors.

ständnis zwischen den Generationen ist ein wichtiges

Jahren die Erlösung von der

Es ist „eine Hommage an den berühmtesten chilenischen

Ziel. Das Projekt befasst sich mit den Ansichten junger

anderen Seite des großen

Dichter, Pablo R. Neruda, und an das einfache Volk Chi-

Menschen über alte Menschen und anders herum. Mit

Teiches kommt: HipHop. Wo vorher die Beatles und AC/

les. Ein Stück über Freundschaft und Liebe, über Poesie

den Kunstformen Tanz, Theater, Video und Fotografie

DC das Jugendzimmer beschallten, laufen nun NWA und

und Leidenschaft, über Freiheit und Politik“.

werden Jugendliche die Lebensgeschichten älterer

Ice-T. Flo Mega ist mit seiner Band nicht erst seit dem

Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr (auch 24.03.)

Menschen recherchieren.

zweiten Platz bei Raabs Bundesvision-Songcontest in

Theater im Depot, Dortmund, 11 Uhr (auch 22.03.)

aller Munde. Flo Mega ist ein Soulman, einer, der zum Himmel schreit. Er liebt die Frauen. Er lebt den Blues. Mit

MI 21 | 03 | 12

viel James Brown im Tank erinnert er in einem Moment

SA 24 | 03 | 12 Musik | Jessica Gall & Band

an den jungen Joe Cocker, dann an Jan Delay, um im

„Die Grenzen zwischen Jazz und Pop scheinen zu ver-

nächsten Moment Helge Schneider die Butter vom Käse-

schwimmen, wenn man Jessica Gall hört. Eine aufregen-

Zugegeben, das Leben wird beschwerlich, wenn man

brot zu stehlen. Ein Entertainer vor dem Herrn, der sein

de Entdeckung", schreibt Die Welt. Mit sinnlicher Leich-

erst einmal ein Alter erreicht hat, in dem die simpels-

Publikum um den Finger wickelt.

tigkeit und wunderbarer Stimme wandert die Berliner

ten Verrichtungen Überwindung kosten. Aber ist das

Zeche, Bochum, 20 Uhr

Sängerin zwischen den Genres, präsentiert eigene Songs

ein Grund, Lebewohl zu sagen zur geliebten Topfpflanze

bodo verlost 2 x 2 Karten.

und Coverversionen von Ella Fitzgerald bis Coldplay.

und dem beschaulichen Ritual des Nachmittags-Tees im

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

Außer mit ihren eigenen Formationen sang die Jugend-

Figuren-Theater | No Rose

jazzt-Preisträgerin sowohl bei Peter Herbolzheimer im

Schaukelstuhl? Nicht, solange man sein Leben noch mit dem Staubwedel verteidigen kann. Und so widersetzt

Kleinkunst | Hennes Bender

Bundes-Jazz-Orchester als auch bei Sarah Connor, David

sich die alte Dame Rose mit viel Geschick den hinter-

Hennes Bender geht wieder den Weg des höchstmöglichen

Knopfler und Phil Collins in deren Bands.

hältigen Tricks des Sensenmannes, der so unerwartet

Widerstands und macht das, was er am besten kann: Er

domicil, Dortmund, 20 Uhr

in die Gemütlichkeit ihrer alltäglichen Routine eintritt,

ist „Erregt“ und zwar in jeder Beziehung; selbst in sei-

um sie ins Jenseits zu locken. Und fordert ihn zum fi-

ner eigenen. Dabei lässt er den Blick auf das große Ganze

nalen Showdown. Ein hinreißendes Duell mit einer in

nie aus den Augen und geht stellvertretend für alle trotz

Deutschland selten gespielten Handpuppe asiatischer

Nichtraucherschutzgesetz als HB-Männchen in die Luft.

Herkunft, die dem französischen Spieler extrem hohe

Ist es das Adrenalin? Oder das Testosteron? Oder einfach

Beruflich entscheidet Jack, ob ein namhafter Autoher-

Fingerfertigkeit abverlangt.

die ganze Welt, die ihn mal wieder auf die Palme bringt?

steller Rückrufaktionen durchführt. Du bist nicht das

Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr

Werkstadt, Witten, 20 Uhr

Auto, das du fährst. Zuhause entscheidet Jack, welches

SO 25 | 03 | 12 Theater | Fight Club

CD-TIPP

MICATONE | wish i was here (Sonar Kollektiv / AL!VE) Wow, wo bin ich denn hier gelandet? Gleich der erste Song „Handbrake“ führt mich in Weiten irgendwo im Nirgendwo zwischen Paris und Texas; und erinnert an den äußerst stimmungsvollen Soundtrack des gleichnamigen Films von Wim Wenders. Zum anderen fühle ich mich bei diesem Duett von Lisa Bassenge und Stuart A Staples von den Tindersticks erinnert an „When The Wild Roses Grow“ von Nick Cave und Kylie Minogue. Der Auftakt des ersten Micatone-Albums nach sieben Jahren klingt vielversprechend. In den 90ern gehörte das Quartett aus dem Jazzanova-Umfeld zu den Vertretern des Jazz-meets-Electro-Sounds, auch NuJazz genannt. Dieses Album nun klingt aber so richtig handmade, fast ohne elektronische Studiospielereien. Hier hört man surfende Gitarren umrahmt von 60ies-Beat, leicht angefunkte Drums und ein bluesiges Piano. Das schwingt locker und leicht und versetzt einen in ein Umfeld zwischen texanischer Wüste und New Yorker Motown-Club. Zuweilen gibt es auch Erinnerungsmomente mit Adele, Duffy & Co, nur eben etwas cooler. Über allem thront der Gesang von Lisa Bassenge. Und da liegt vielleicht auch der einzige Kritikpunkt an dieser Platte: Ihre Stimme ist so außergewöhnlich und herausstechend, dass man sie mit zunehmender Dauer des Albums ein wenig über bekommt. Aber insgesamt natürlich trotzdem ein wunderbares Album voller Soul im eigentlichen Sinne. (BvR)

26


25 | 03 | 12 Fight Club

26 | 03 | 12 Dick Brave & The Backbeats

Regal eines namhaften skandinavischen Möbelherstel-

innern wir uns: Auf dem Höhepunkt seines Erfolges war

lers seine Persönlichkeit definiert. Du bist nicht das

der Sänger, der aus dem Nichts kam, verschwunden. Lan-

Adressen | Bochum (0234)

Geld auf deinem Konto. Privat entscheidet Jack, welche

ge galt er als verschollen, bis ihn nach sechs Jahren ein

Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 687 16 10

Selbsthilfegruppen todkranker Menschen er besucht, um

manisch suchender Fan endlich in einer einsamen Block-

Christuskirche, An der Christuskirche 1, 338 74 62

sich besser zu fühlen. Du bist nicht deine Probleme. Al-

hütte entdeckte. Seine Erinnerung an die Zeit, als er mit

les ändert sich, als Jack die beiden rätselhaften Figuren

Schmalztolle, coolen Klamotten und noch coolerem Ge-

Marla und Tyler kennenlernt. Jack beginnt, wie die Haut

sang den Sound der frühen Beat-Jahre zelebrierte, schien

einer Zwiebel die vermeintlichen Merkmale seiner Iden-

völlig ausgelöscht. Nur langsam wich die Rock’n’Roll-Am-

Jahrhunderthalle, Gahlensche Str. 15, 369 31 00

tität abzuziehen. Doch was findet er im Kern? Nur wer al-

nesie. Bruchstückhaft tauchten Bilder und Songs aus der

Kulturhaus Oskar, Oskar-Hoffmann-Straße 25

les verloren hat, hat die Freiheit, alles zu tun. „Nicht nur

Vergangenheit auf. Teil der erfolgreichen therapeutischen

Kulturrat Bochum, Lothringer Straße 36, 862 012

die drei Hauptdarsteller überzeugen durch ein intensives

Behandlung sind die hautnahen Begegnungen mit den

Museum, Kortumstraße 147, 51 60 00

und authentisches Spiel. Auch die Dramaturgie und der

Fans. Jetzt ist Dick Brave (aka der Sasha aus Dortmund)

Einsatz von Musik, die Jacks düstere Innenwelt perfekt

definitiv wieder hier, um zu bleiben.

unterstreicht, glänzen an dem Abend.“ (RN)

FZW, Dortmund, 20 Uhr (auch 27.03.)

Rottstr 5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr BODO VERLOSUNG | Papusha – Die Gipsy Operette

30 | 03 | 12 KJ „Knacki“ Deuser

Endstation Kino, Wallbaumweg 108, 687 16 20 Eve Bar, Königsallee 15, 333 354 45 Freilichtbühne Wattenscheid, Parkstraße, 61 03-0 HalloDu-Theater, Lothringer Str. 36c, 87 65 6

Mus. Zentrum der RUB, Universitätsstr. 150, 322 28 36 Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Str. 50 – 60, 77 11 17 Riff, Konrad-Adenauer-Platz 3, 150 01 RuhrCongress, Stadionring 20, 610 30 Schauspielhaus, Königsallee 15, 333 30

FR 30 | 03 | 12

Stadthalle Wattenscheid, Saarlandstraße 40, 610 30 Thealozzi, Pestalozzistraße 21, 175 90 Varieté et Cetera, Herner Straße 299, 130 03

Eines Tages findet ein Jäger im Wald ein Kleinkind inmit-

BODO VERLOSUNG | Piet Klocke & Simone Sonnenschein

ten eines Wolfsrudels. Und weil er ein guter Jäger ist und

Professor Schmitt-Hindemith hat rote Haare, eine hagere

all die freundlichen Jäger

Gestalt, eine einfache Brille und er rudert fahrig mit den

aus Märchen schätzt, über-

Händen im luftleeren Raum

gibt er das Kind einem Heim.

herum. Doch bei aller Aktivi-

Keinem schönen Heim. Man

tät gelingt es ihm nicht, auch

Adressen | Dortmund (0231)

weiß ja nun, wie die so sind

nur einen Satz zu Ende zu

Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48, 838 00 00

– aus den Märchen. Eines

bringen – was vielleicht auch

Cabaret Queue, Hermannstraße 74, 41 31 46

Tages aber gelingt ihm die Flucht und es schließt sich

ganz gut ist, denn Piet Klo-

DASA, Friedrich-Henkel-Weg 1 – 25, 90 71 24 79

umherziehender Zigeuner an. Wegen ihrer großen Augen

cke lässt seine Paradefigur ein Maß an sprachlichen Absur-

und hellen Haut wird sie bald von den Zigeunern „Pa-

ditäten von sich geben, bei dem ein sinnvoller Abschluss

pusha“ genannt, was Puppe bedeutet. Papusha wächst

höchstens irritieren würde. Zuletzt wandte Schmitt-Hin-

bei dem Volk auf und lernt die Kunst der Musik, des Ge-

demith sich den erstaunlichen Phänomenen von Raum

schichtenerzählens und der Magie. In der Produktion des

und Zeit zu, die sich in Gestalt seines Buchs „Das geht

Galerie Torhaus, Haupteingang Rombergpark, 50 23 194

Charolija Theaters erweckt „Papusha“ Kindheitserinne-

alles von Ihrer Zeit ab“ artikulieren. Zusammen mit der

Konzerthaus, Brückstraße 21, 22 69 62 00

rungen zum Leben und führt auf eine Reise durch das

Saxophonistin Simone Sonnenschein tritt Piet Klocke mit

Museum f. Kunst u. Kulturgesch., Hansastr. 3, 502 55 22

Mysterium des Geschichtenerzählens und den Zauber der

dem neuen Programm „Das Leben ist schön gefälligst“

Piano Musiktheater, Lütgendortmunder Str. 43, 604 206

Zigeunermusik. „Papusha“ ist eine moderne Gipsy-Ope-

nun auch wieder live auf. Was das wird, kann niemand sa-

rette nach drolligen Geschichten von Heinrich Hoffmann

gen. Aber die Vergangenheit zeigt: Man sollte wohl dabei

und anderen „grausigen Erzählungen“ mit viel Humor,

gewesen sein. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung nannte

großer Lust an der Übertreibung und der großen Geste.

ihn einen „Metaphysiker der deutschen Spaßkultur“.

Strobels, Strobelallee 50, 999 50 60

Theater im Theater im Depot, Dortmund, 19 Uhr

Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund, 20 Uhr

Subrosa, Gneisenaustraße 56, 82 08 07

(auch 24.03. um 20 Uhr)

bodo verlost 3 x 2 Karten.

SweetSixteen Kino im Depot, Immermannstr. 29, 910 66 23

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

Theater im Depot, Immermannstraße 29, 98 21 20

Kleinkunst | KJ „Knacki“ Deuser

Musik | Dick Brave & The Backbeats

Zeche, Prinz-Regent-Straße 50-60, 977 23 17 Zeche Lothringen, Lothringer Straße 36c, 876 56 Zwischenfall, Alte Bahnhofstraße 214, 28 76 50

Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50 – 58, 502 51 45 domicil, Hansastraße 7 – 11, 862 90 30 Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, 14 25 25 F.-Henßler-Haus, Geschw.-Scholl-Str. 33 – 37, 502 34 72 FZW, Ritterstraße 20, 17 78 20

Rasthaus Fink, Nordmarkt 8, 999 876 25 Reinoldikirche, Ostenhellweg 1, 52 37 33 Schauspielhaus, Hiltropwall, 502 55 47 Sissikingkong, Landwehrstraße 17, 728 25 78

U, Leonie–Reygers-Terrasse, 50 247 23

Teilnahmebedingungen auf Seite 21.

MO 26 | 03 | 12

Zauberkasten, Lothringer Straße 36c, 86 62 35

Klaus-Jürgen „Knacki“ Deuser kommt mit seinem zweiten Soloprogramm „Mist, mir geht‘s gut!“ und es wird

Westfallenhallen, Rheinlanddamm 200, 120 40 Westfalenpark, An der Buschmühle 3, 35 02 61 00 Zeche Zollern, Grubenweg 5, 696 12 11

so, wie sein erstes war: verblüffend. Wie der quirlige

Adressen | Herne (02323)

Die „Rock’n’Roll Therapy“ für Dick Brave & the Backbeats

„NightWash"-Moderator wieder einmal die Theater und

Flottmann-Hallen, Flottmannstr. 94, 16 29 52

erweist sich als Erfolg. Begeisternde Shows und die neue

Clubs für knappe zwei Stunden aufmischt, ist atemberau-

Mondpalast, Wilhelmstraße 26, 58 89 99

gleichnamige Platte mit knackigem Rock'n'Roll lieferten

bend und permanent für eine Überraschung gut.

die ideale Mischung für eine Rehabilitation nach Maß. Er-

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

Adressen | Witten (02302) Saalbau, Bergerstraße 25, 581 24 24 Werkstadt, Mannesmannstraße 2, 94 89 40

Der Druck dieser Seite wurde ermöglicht durch Spenden der Besucher des Geierabend 2011.

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28 KULTUR | von Sebastian Sellhorst | Fotos: Claudia Siekarski

»Egal wie es läuft, am Ende wird geklatscht.« Ein Besuch bei den Toastmasters

Als in der bodo-Redaktion das erste Mal der Begriff Toastmasters auftauchte, herrschte noch große Unklarheit, um was es sich handelt. Erste Vermutungen gingen von einer Hip-Hop-Formation aus und sollten damit gar nicht so weit daneben liegen. Denn um Sprache geht es bei den Toastmasters auch. Der Bochumer Verein hat sich der Förderung der Kunst des öffentlichen Redens verschreiben. bodo hat ein Treffen der Redekünstler besucht. Bei den Toastmasters International handelt es sich um eine 1932 in Kalifornien gegründete Organisation mit ca. 250.000 aktiven Mitgliedern, die sich weltweit in etwa 12.500 Clubs organisieren. Einer davon ist mit 23 Mitgliedern der Verein „Toastmasters Bochum – die Sprechförderer aus dem Pott“. Immer montags treffen sich die Rednerinnen und Redner in der „Oase“ in Bochum, einem Ort für Austausch, Studium und Entwicklung der Zentralen Studienberatung der Ruhr-Universität Bochum. Im Foyer der Oase, die neben den Toastmasters auch Tanzgruppen oder den Anonymen Messis Raum für ihre Treffen bietet, treffe ich auf die Präsidentin des Clubs Barbara Stauch. „Du musst der von der Presse sein“, begrüßt sie mich. „Schade, dass du zum englischen Abend kommst, bei den Deutschen ist immer etwas mehr los“. Die Toastmasters Bochum sind zweisprachig. Immer abwechselnd finden die Veranstaltungen in deutscher und englischer Sprache statt. Pünktlich um 19 Uhr öffnen sich die Türen. Ein Beamer, eine Leinwand und ca. 15 Stühle – mehr brauchen die Toastmasters nicht für ihre Treffen. Während langsam die restlichen Mitglieder eintreffen, mache ich es mir in einer der hinteren Reihen gemütlich. Doch meinen Beobachterposten muss ich schnell wieder aufgeben, als mich die Präsidentin fragt, ob ich nicht den „Tipp des Abends“ übernehmen möchte. Eine der vielen festen Rubriken, die während einer Toastmasters-Sitzung besetzt werden müssen. Während alles in mir sich sträubt, willige ich lächelnd ein.

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29

Nachdem die restlichen Toastmasters einge-

Den Anfang macht eine junge Studentin mit

Studium vorzubereiten, wird sie mir später in

troffen sind, eine bunte Mischung aus allen

ihrer „Icebreaker-Rede“. So wird die erste Rede

der Pause erzählen.

Altersklassen, eröffnet der „Toastmaster of the

eines angehenden Toastmasters genannt, bei

evening“ den Abend. Förmlichst werden alle An-

der die Rednerin anstatt über freie Themen über

Immer begleitet wird eine Rede von vielen

wesenden begrüßt. Ein Treffen folgt dem immer

sich selbst redet. Das soll es Einsteigern er-

unterschiedlichen Evaluations- und Kontroll-

gleichen strengen Protokoll, das von Seiten der

leichtern, ihre Hemmungen zu überwinden und

stufen. Der „Timer“ ist dafür zuständig, darauf

Mutterorganisation vorgegeben wird. Durch den

die Möglichkeit geben, sich auf die Präsentation

zu achten, dass die vorgesehene Redezeit nicht

Abend führt bei jeder Sitzung der „Toastmaster

ihrer Rede zu konzentrieren, ohne zu sehr über

überschritten wird. Dem Redner gibt er mit

of the evening“. Er ist für die Vorstellung der

den Inhalt nachdenken zu müssen. Begleitet

roten, gelben und grünen Kärtchen Auskunft

unterschiedlichen Redner zuständig, achtet da-

von einigen Power-Point-Folien erzählt sie von

darüber, wie gut er in der Zeit liegt. Am meisten

rauf, dass die vorgegebenen Zeiten eingehalten

ihren Hobbys, ihrer Familie und ihrem Studium.

gefürchtet ist der „Ähhh-Counter“. Ein Mitglied

werden und führt durch den Abend.

In erster Linie mache sie das, um sich auf ihr

ist jeden Abend ausschließlich dafür zustän-

29


ANZEIGEN

dig, unnötige Füllwörter zu zählen und den Redner mit einer Klingel darauf aufmerksam zu machen, wenn er diese verwendet. Die inhaltliche Bewertung der Reden erfolgt

bodo bei facebook aktuell · informativ unterhaltsam

anhand einer festen Bewertungsskala. Jeder Redner erhält, nachdem er unter Applaus, den es unabhängig von der Qualität einer Rede immer gibt, eine Bewertung. Diese erfolgt nach festen Regeln, die in einem der Standardwerke der Toastmaster International „Competent Communication – A practical guide to becoming a better speaker“ vorgegeben werden. Nach dem „Joke of the evening“ bin ich an der Reihe. Mit schweißnassen Händen trete ich vor die Toastmasters und versuche, in der Rubrik „Tipp of the evening“ die Arbeit von bodo vorzustellen. Was im Deutschen noch zu schaffen wäre, gestaltet sich im Englischen sehr viel schwieriger als erwartet. Stotternd suche ich nach Vokabeln. „Auflage“, „Selbsthilfe“ „Haushaltsauflösungen“ wollen mir einfach nicht ins Englische folgen. Nach einigen Minuten verlasse ich die Bühne in der Hoffnung, bodo nicht zu sehr blamiert zu haben. Applaudiert wird natürlich trotzdem. Als nächstes ist die Präsidentin selbst an der Reihe. Seit zwei Jahren dabei, ist sie eine der erfahreneren Rednerinnen und schon weit fortgeschritten im Prozess von 10 Reden, die jeder Toastmaster durchläuft. Sie erzählt von einem ihrer Lieblingsorte, dem Freizeitzentrum Kemnader See. Bei den Reden, die jeder Toastmaster hält, steht immer ein anderer Aspekt im Mittelpunkt. Mal ist es die Körpersprache, mal die Stimme und manchmal nur das Lächeln, auf das der Redner oder die Rednerin besonders achten soll. In der Pause erzählen mir die Toastmasters von ihrer Motivation. „Mir geht’s in erster Linie um die gegenseitige Unterstützung und den Austausch mit Nachbarclubs“, so Barabara Stauch. Andere Mitglieder nutzen die Treffen als kostengünstiges RhetorikCoaching. Die Mitgliedschaft kostet acht Euro im Monat. Damit ist man berechtigt, weltweit an allen Veranstaltungen teilzunehmen. „Es ist auch eine Weiterbildung, die einem beruflich etwas bringt“, erzähl mir Jens. Wiederum andere betrachten die

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SOZIALE INITIATIVEN | von Johanna Schumann | Foto: Claudia Siekarski

Toastmasters als reines Hobby oder als Vorbereitung für Science- oder Poetry-Slams. Eine der letzten Stationen des Treffens sind die „Table topics“. Jeder, der möchte, kann zu einem vorgegebenen Thema eine kurze Stegreifrede halten. An diesem Abend ist es

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Zoff in der Nordstadt? Die Jugendarbeit der Beratungsstelle Westhoffstraße Stress mit den Eltern oder in der Schule, Selbstzweifel, Gefühlschaos. Bei Jugendlichen herrscht im Kopf oft „Baustelle“. Da ist es wichtig, eine Anlaufstelle zu haben.

das Thema Urlaub, zu dem sich einige der

Für Jugendliche aus der Dortmunder Nordstadt gibt es die Abteilung „ZOFF?!“ der integrierten Be-

Toastmasters in kurzen Reden äußeren. Die-

ratungsstelle Westhoffstraße, die sich ausschließlich mit der Jugendarbeit beschäftigt. Die häufigs-

se Übung soll helfen, eloquenten Smalltalk

ten Probleme sind Streit zu Hause oder Gewalt. Oft wurden sie rausgeschmissen oder wollen nicht

zu halten.

mehr zu Hause wohnen.

Am Ende des Treffens gehen einige Toastmasters noch ins „Le Clochard“, eine kleine Kneipe gegenüber der „Oase“. Und auch dort steht das Redenhalten im Mittelpunkt. Man spricht über gute Themen für Science Slams oder Erfahrungen bei anderen Toastmaster-Clubs. Nur applaudiert wird

Aber auch Fragen zu Beziehungen, Sexualität oder Probleme in der Schule sind Anliegen, mit denen sie bei Jacqueline Lahr, Yevgeniya Yablonska und Michael Schank zur Beratung gehen. Die Jugendarbeit setzt sich aus mehreren Teilen zusammen, unter anderem aus Einzelberatungen, einer Zeitung und Musikprojekten sowie einer Schülersprechstunde in zwei weiterführenden Schulen und Projekten für Schulklassen zum Thema Liebe, HIV und Sexualität in Kooperation mit der Schwangerschaftsberatung. Ein weiterer, großer Teil ist die Beratung im Netz. „Bei der Onlineberatung ist es wichtig, dass sie über einen Anbieter läuft, bei dem alle Daten und Inhalte geschützt sind“, sagt Michael Schank.

hier nicht mehr. (sese)

INFO Die Toastmasters Bochum treffen sich jeden Montag in der Oase in Bochum am Buscheyplatz 3. Interessierte Besucher sind immer herzlich willkommen. Weitere Informationen finden Sie unter www.bochum-toastmasters.de

Yevgeniya Yablonska und Michael Schank in der Beratungsstelle „ZOFF?!“

Die Schweigepflicht ist ein wichtiger Punkt in der Beratungsstelle. Im letzten Jahr waren ca. 150 Jugendliche einmal oder regelmäßig dort, die die Gewissheit brauchen, dass niemand etwas über den Besuch oder das Gespräch erfährt. Viele Jugendliche werden von Lehrern oder anderen Beratungsstellen geschickt, die keine spezielle Anlaufstelle für sie haben. Das sorgt bei „ZOFF?!“ oft für Engpässe, denn den Bedarf an Beratungen in ganz Dortmund kann das dreiköpfige Team nicht decken. Ein Problem, das auch Michael Schank offen anspricht. Was in Dortmund fehle, sei eine spezielle Beratungsstelle für Probleme im Jugendalter, da dieser spezielle Teil mit Kindern und Erwachsenen in allen anderen Beratungsstellen zusammengelegt würde und somit den Problemen vieler Jugendlichen nicht gerecht werde. Denn die Baustelle im Kopf kennen nicht nur Jugendliche in der Nordstadt. (Johanna Schumann, Schülerpraktikantin)

INFO Beratungsstelle Westhoffstraße | www.westhoffstraße.de „ZOFF?!“ Jugendberatung | www.zoff-dortmund.de Tel. 0231 – 84 02 40 | Mo. – Do. 8 – 17 Uhr | Fr. 08 – 13 Uhr 31


32 DIE REPORTAGE | von Dr. Birgit Rumpel | Fotos: Claudia Siekarski

Der CAP-Markt in Bochum-Laer Nahversorgung mit ausgeprägtem Service-Faktor

Fast zwei Jahre stand das Ladenlokal am Lahariplatz leer, bevor im Mai 2011 endlich wieder Leben einzog: Dort, wo früher ein EDEKA-Markt die Nahversorgung sicherte, stellt sich heute der CAP-Markt als „Ihr freundlicher Frischemarkt“ vor. Ein Thema für bodo? Ja, denn dieser Supermarkt ist ein Integrationsbetrieb für Menschen mit Behinderung. Die sehr auffälligen CAP-Logos sind noch zu wenig bekannt, als dass man sie automatisch mit Lebensmitteln verbindet, ansonsten sieht alles so aus wie in anderen Supermärkten. Auch im CAP-Markt werden die bewährten Mittel der Kundenverführung eingesetzt: Direkt am Eingang durchquert man die Obstund Gemüsezone, die mit frischen, appetitlich präsentierten Waren zum Verweilen einlädt. Das ist das Reich von Karsten Bastian (41), der jeden Morgen die gelieferte Ware einsortiert und über den Tag Frisches nachlegt. Bastian hatte es bei verschiedenen Discountern bis zum Filialleiter gebracht, bevor er an Epilepsie erkrankte und seinen Job verlor. Nach fünfjähriger Arbeitslosigkeit und zahlreichen vergeblichen Bewerbungen bekam er hier im CAP-Markt eine Chance, die er gerne nutzt. „Die Zeit zu Hause war zwar auch schön, besonders als unser zweites Kind zur Welt kam. Aber dauerhaft wollte ich doch lieber wieder in meinem Beruf arbeiten und Geld verdienen.“ Als einer der wenigen mit Einzelhandelserfahrung kümmert er sich nicht nur um seinen Bereich, sondern hilft den Kollegen auch gern mit seiner Berufserfahrung weiter. Ω

Davon profitiert auch Michael Gottner, der sich

Der Laden läuft: Marktleiter Holger Latza (l.)

über seine Teilzeitstelle im Markt freut. Wegen

mit seinem Stellvertreter Christian Törner.

einer Lernbehinderung kann der 25jährige nur eingeschränkt lesen und schreiben, was ihn

¬ Mit dem Blick fürs Detail: Michael Gottner ist konzentriert bei der Sache.

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aber nicht daran hindert, in den verschiedenen Warenbereichen für Nachschub und Ordnung zu sorgen. „Gehen Sie mal durch den Markt


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33


34

und sagen Sie mir, wer behindert ist und wer

Prozent. Wir wollen sie so weit für die Arbeit

Aktion Mensch etc. stemmen“, erklärt der

nicht,“ fordert uns Marktleiter Holger Latza

im Einzelhandel qualifizieren, dass sie auf dem

erfahrene Marktleiter, „aber nach einem Jahr

auf. Tatsächlich ist das nicht einfach, und man

Arbeitsmarkt bestehen können.“ Der Markt ist

müssen wir schwarze Zahlen schreiben und

fühlt sich bei den eigenen Klischees ertappt.

also keine Auffangstelle, sondern eher Durch-

dauerhaft unabhängig wirtschaften können“.

Anfangs waren Vorbehalte mancher Kunden

gangsstation für Behinderte, die anschließend

Die Ergebnisse der ersten neun Monate sind

spürbar, unsicher fragten sie, ob „die das denn

dauerhaft in „normalen“ Betrieben arbeiten

vielversprechend, sie hängen als Balkendia-

können“. Mittlerweile erfährt der Markt eine

sollen. „So schaffen wir immer wieder Platz

gramm in seinem kleinen Büro hinter den

gute Resonanz, man bekommt sogar begeis-

für neue Aspiranten, sobald wir Leute vermit-

verspiegelten Scheiben.

terte Kunden-Mails. Und wenn es an einer

teln können,“ erklärt Latza.

Kasse mal stockt, wird umgehend die zweite

„Im herkömmlichen Einzelhandel lässt sich ein

„schnelle“ Kasse aufgemacht, an der allerdings

Der fünfzigjährige Einzelhandelskaufmann ist

Markt unserer Fläche mit der Belegschafts-

ebenfalls ein Mitarbeiter mit Behinderung

ein alter Hase im Lebensmittelhandel, der die

größe nicht rechnen“, stellt Latza fest. „Die

sitzt, der nur schneller kassieren kann.

Höhen und Tiefen des Geschäfts kennt. Er en-

Einarbeitung braucht aber mehr Zeit, denn

gagierte sich in verschiedenen Projekten, die

oft erfordern Lernschwächen eine intensive

Was noch am ehesten auffällt, sind die freund-

Benachteiligte in den Arbeitsmarkt bringen

Betreuung.“ Dafür sind die Beschäftigten über

lichen und lachenden Gesichter der Beschäf-

sollen, bevor er sich als Leiter für den CAP-

die Maßen motiviert: „Jeder bringt hier 120%

tigten. „Wir achten darauf, dass neue Leute

Markt bewarb. Träger ist eine Tochtergesell-

Einsatz, denn sie wissen, dass es eine riesige

ins Team passen, wir wollen auch gemeinsam

schaft des Diakonischen Werks Dortmund und

Chance ist, um dauerhaft Arbeit zu finden.“

lachen können,“ sagt Latza. „Die Hälfte der

Lünen sowie der Diakonie Ruhr. „Den Anfang

18 Festangestellten sind Menschen mit einer

konnten wir nur mit finanzieller Unterstüt-

Dass manches im CAP-Markt nicht so schnell

anerkannten Behinderung von mindestens 50

zung von Diakonie, Landschaftsverband,

und hektisch vonstatten geht wie anderswo,

Karsten Bastian (l.) und Michael Gottner bringen Nachschub in die Regale und gute Stimmung in den Markt.

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ANZEIGEN

ist für manche Kunden ärgerlich, für andere dagegen sogar ein Grund, hier einzukaufen. Ein bisschen mehr Langsamkeit im Alltag gefällt besonders den Senioren, die sich auch gern beim Einkauf helfen lassen und den Fahr- und Lieferservice nutzen. Aus einem nahen Wohnheim werden regelmäßig Senioren hergefahren, um „mal raus zu kommen“ und in Ruhe selbstständig einzukaufen. Den Einkauf beschließen sie dann gern mit einem Kaffee im angeschlossenen „CAPpuccino Backshop“. Der CAP-Markt in Bochum ist der zehnte Markt dieser Art in NRW, der elfte ist schon in Vorbereitung. Christian Törner wird gerade in Bochum eingearbeitet und freut sich darauf, im Mai als Marktleiter den neuen Standort in Lünen zu eröffnen. (biru)

Kerstin Schraft – Ergotherapie am Bethanien Neurologie · Psychiatrie Orthopädie · Pädiatrie Für alle Kassen zugelassen Virchowstr. 1 · 44263 Dortmund Tel.: 0231 – 476 08 19 0178 – 232 17 34 ergotherapie.bethanien@web.de www.ergotherapie-bethanien.de Mo. – Fr. 8.00 bis 19.00 Uhr und nach Vereinbarung – Hausbesuche möglich Wir freuen uns auf Sie!

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36 LITERATUR | gelesen von Sebastian Sellhorst und Bastian Pütter

Norbert Horst

Robert Sommer

Wie es wirklich ist

Ausgrenzung mit System

Thomas Adam ist 52, „Zivilbulle“

Soziale Systeme funktionieren nur,

beim Dortmunder Einsatztrupp,

wenn sie permanent Menschen von

seine Kollegen nennen ihn Stei-

der Teilhabe am gesellschaftlichen

ger. „Splitter im Auge“ beginnt

Leben ausschließen. Dieser These

als er zufällig eine Zeugin ent-

nähert sich der Autor, Mitbegrün-

deckt, die nicht zu einem Mord-

der und Herausgeber der Wiener

prozess erschienen ist. Für den

Straßenzeitung „Augustin“ über

Mord an dem Straßenkind Caroline

eine Sammlung von Texten, die so-

ist ein Asylbewerber aus Burkina

wohl inhaltlich als auch sprachlich

Faso verurteilt worden, der Fall

in den unterschiedlichsten Milieus

ist längst abgeschlossen.

Wiens angesiedelt sind.

Doch Steiger beginnt zu ermitteln

Beschreibt der Autor auf den ers-

und es entspinnt sich Stück für

ten Seiten noch die Biografie der

Stück ein hochspannender Serien-

eigenen Politisierung, so landet er

killerplot, in dem es schließlich für den Ermittler selbst eng wird.

nach einem kurzen Exkurs in die Stadtsoziologie mit Anekdoten vom

Erzählt wird multiperspektivisch aber klar und präzise, unaufgeregt

Verlust des öffentlichen Raumes durch Delikte wie „unbegründetes Ste-

aber mit stetig steigender Spannungskurve. Eine zusätzliche Hand-

hen“ auch schon in der harten Realität der Obdachlosenszene um die

lungsebene ist Steigers Privatleben – auch keine romantische Komö-

Wiener Bahnhöfe, die der Autor treffend als „klimatisierte Shopping-

die: Sein Vater, der ehemalige Bergmann (und Grund für seinen Spitz-

center mit Gleisanschluss“ beschreibt. Ordnungspolitische Maßnahmen

namen) stirbt, das Testament offenbart Steiger einen unbekannten

gegen die dort lebenden Obdachlosen, erzählt anhand von Interviews

Halbbruder, dazu der Stress mit der jungen Kollegin und, auf andere

und Erlebnisberichten, die nur möglich sind, wenn man sich, wie der

Art, der mit den Vorgesetzten.

Autor, bereits viele Jahre in der Szene bewegt und ihr Vertrauen ge-

„Splitter im Auge“ ist ein harter, knochentrockener Polizeikrimi nach amerikanischen Vorbild, samt kaputtem Helden und schlechtem Wet-

mit denen sich Menschen am Rand tagtäglich konfrontiert sehen.

ter. Konventionell dabei nur insofern, dass er Genregrenzen kennt,

Weiter geht es mit Texten zur Ausgliederung aus der Gesellschaft durch

besonders und herausragend aber in Präzision, Realismus und in der

Strafvollzug, Stigmatisierung in der Psychiatrie, Entmündigung in der

Glaubwürdigkeit seiner Figuren. Kein Ton wirkt schief, nichts wirkt

Geriatrie und zur Schikanierung osteuropäischer Zuwanderer seitens

ausgedacht, hier beschreibt einer wie´s ist.

der Polizeibehörden. Immer wieder mischen sich Erlebnisberichte mit

Die Kollegen, das vernachlässigte Nachbarskind, die Dealer im Westpark, die Straßenkids, ihr armseliger Sugardaddy, der sie in seiner Wohnung an der Mallinckrodtstraße schlafen lässt – alle diese Figu-

persönlichen Einschätzungen, werden über lange Passagen andere Autoren zitiert und eigene Erkenntnisse in Relation zu bereits Geschriebenem gesetzt.

ren glaubt man zu erkennen und sie unterscheiden sich vom allzu oft

All das mag auf den ersten Blick wie eine lose Sammlung aus Anekdo-

holzschnittartigen, im wahrsten Sinne ausgedachten Krimipersonal.

ten und gesammelten Texten erscheinen, hinterlässt in der Summe aber

Norbert Horst weiß, was er tut. Im ersten Leben ist er selbst Polizist,

ein erschreckend schlüssiges Bild von Repression und Exklusion in den

kennt Dortmund aus der Perspektive des Streifenpolizisten und ist

unterschiedlichsten Bereichen des öffentlichen Lebens. Ein brillantes,

inzwischen Pressesprecher der Polizei in Bielefeld.

wenn auch in seiner Härte verstörendes Buch. (sese)

Mit „Splitter im Auge“ hat er einen harten Thriller der Oberklasse

Robert Sommer

abgeliefert, spannend bis zum Schluss, mit einem überraschenden

Wie bleibt der Rand am Rand

Showdown. (bp)

Reportagen vom Alltag der Repression und Exklusion.

Norbert Horst Splitter im Auge Goldmann | www.facebook.com/goldmannverlag 352 Seiten, 8,99 Euro ISBN 978-3-442-47546-9 bodo verlost 3 Exemplare (s.S. 21)

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wonnen hat, zeichnen ein erschreckendes Bild von den Repressionen,

Mandelbaum Verlag, Wien. 152 Seiten, 9,90 Euro ISBN: 978-3-85476-606-3


37 Fehlersuchbild – Lösung: 1) Auf dem Gemälde links fehlt der Figur ein Bein 2) und dem Bild selbst die Aufhängung, 3) der Schuh der linken Figur hat einen Absatz, 4) der Strich der Sprechblase ist länger, 5) am gelben Shirt fehlt unten der Schlitz 6) und es hat einen runden Ausschnitt, 7) die Dame rechts trägt einen kürzeren Rock 8) und hat eine andere Haarfarbe, 9) das "Kunstwerk" auf dem Sockel wird von 3 Fliegen umkreist und 10) auf dem Sockel fehlt beim Namen des Künstlers der letzte Buchstabe.

Finde die 10 Unterschiede im rechten Bild. Viel Erfolg! Rätsel-Lösung: GALOPP

RÄTSEL | von Volker Dornemann

37


38 BODO GEHT AUS | von Alexander Greif | Fotos: Claudia Siekarski

Nach 31 Jahren ist die Bochumer Café-Institution Treibsand von der Castroper Straße in den Bunker am Springerplatz gezogen. Ehrensache für bodo, hierüber zu berichten: Schließlich ist das Treibsand dort so etwas wie unser Nachmieter. Vor der Sanierung war hier unsere Ausgabestelle in Bochum und unser „Bunkerbasar”. Davor war die städtische Übernachtungsstelle für Wohnungslose hier beheimatet. Doch das ist lange her.

Café Treibsand | Bochum Alles neu am Springerplatz Das Café besitzt einen einmaligen Charakter, der

Fazit: Das Café Treibsand ist eine Anlaufstel-

den Umbruch des Viertels auf sehr charmante

le für diejenigen unter den Lesern, die von in-

Weise einfängt und auf den Punkt bringt: Obwohl

nerstädtischen Massenabfertigungsanlagen in

im Untergeschoss eines Bunkers gelegen, ist das

der Gastronomie die Nase voll haben. Inmitten

Café durch viele und große Fenster sehr licht.

schäbigschönem Ruhrpott-Flair, im lichten Par-

Die Bestuhlung ist teilweise selbst gebaut und

terre eines Betonbunkers, ist das Café Treibsand

bequem. Zur Wahl stehen lederbezogene Bänke,

ein wirkliches Unikat und wird so dem Anspruch

tiefliegende Sessel mit nicht aufgesetzt wirken-

Peter Schulzes, nicht „von der Stange“ zu sein,

der Retrooptik oder ausgediente, mit Polstern

absolut gerecht. In jedem Winkel des Cafés merkt

versehene Indusriekabelrollen.

man, dass es mit liebevoller und detailverliebter Hand eingerichtet und geführt wird. Entspann-

An den Wänden: Wenige, aber wirkungsvoll ver-

te Musik, entspanntes Ambiente leicht abseits

teilte Blickfänger zwischen Kunst auf Leinwand

des großen Trubels der Innenstadt und vor al-

und stilisierter Holzpalette. Die Wände selbst:

lem gute und bezahlbare Speisen und Getränke

ebenfalls spartanisch, z.T. untapeziert, an eini-

machen es zu einem Muss für alle Liebhaber der

gen Stellen mit Löchern im Putz, trotzdem hell

Cafékultur. (ag)

Nun wird der Bunker grundsaniert, umfunktioniert

und freundlich. Einen weiteren Hingucker bietet

zu einem Zentrum mondänen Stadtlebens mit „Kre-

die Bar, die, genau wie die Wände, einfachem

ativwirtschaft“, Eigentums-Lofts mit Panorama im

Beton nachempfunden, allerdings mit schickem,

Obergeschoss, in Laufweite sowohl zum Bermuda-

poliertem Mahagoni gedeckt ist.

dreieck, als auch zum neuen Szeneviertel Ehrenfeld

38

und somit Teil der Kulturachse Bochums – und alles

Auch hinter dieser Bar geht es mit den Neu-

Café Treibsand

inmitten trister Nachkriegsbauten mit typisch kah-

erungen weiter: Dank größerer Küche werden

Metzstraße 23 | 44793 Bochum

ler Ruhrgebietsoptik.

im Café Treibsand neben Frühstück und Snacks

Tel. 0234 – 59 34 10 | www.cafetreibsand.de

jetzt auch Salate, Suppen und weitere Mahl-

Täglich von 10 bis 22 Uhr

Die Weichen sind also auf Neubeginn gestellt,

zeiten wie Flammkuchen, Mozzarellaburger,

Mo. und Di. geschlossen.

nicht nur für das Viertel, auch für das Café Treib-

Feta mit Oliven und Fladenbrot etc. serviert.

sand und Besitzer Peter Schulze. Der nutzte die

Der italienische Espresso kommt aus einem

bodo verlost ein Frühstück für zwei mit

Gunst der Stunde, mit seinem Café einen zentrale-

Halbautomaten und wird mit handgeschäumter

Getränken (siehe Seite 21).

ren, größeren und günstigeren Standort zu bezie-

Milch zum Cappuccino oder Latte Macchiato. Es

hen, um seine Idee eines klassischen städtischen

gibt eine umfangreiche und gut sortierte Wein-

Cafés umso besser umsetzen zu können. Sein Kon-

karte, ein großes Sortiment an alkoholischen

zept: „Für ein breites Publikum“, „Nicht von der

und nicht-alkoholischen Erfrischungen und in-

Stange“ und „Urlaub vom Leben“. Die Umsetzung:

zwischen auch selbstgemachte Fruchtsäfte und

Eindeutig gelungen!

Eisshakes.


39

LESERSEITE

bodo dankt:

Sparkasse Bochum Elke Eitner, Dieter Brinker, Gerhard Beyersdorf, Martina und Hentrik Zülz, Hannelore und Alfred Dechene, Volker Westheider, Oliver Stiller, Björn Josten, Beate Wirbel, Rolf Kuhlemann, Andreas Brockhaus, Dr. Fritz rüdiger Volz, Susanne Hausdorf, Gerhard Geissler, Maria und Hermann Josef Weyermann, Sieglinde Benfer, Stefanie und Matthias Wawerla, Dr. Christofer Frey, Andreas Happel, Thomas Annies, Dr. Rinnert Siemssen, Angelika Knop, Kathrin Bohr, Ingo Bruntsch, Ayse Siebel Alp, Dipl.-Ing. Eberhard Garburg, Elisabeth Vossebrecher, Volker Schaika, Prof. Dr. Heinz Menge, Antje Recktenwald, H. Ostermann, Erika Przibylla, Maria Marseille, Helga Taayedi, Erika Maletz, Jutta Koppenberg, Andrea Jenders, Ulrich Penne, Udo Nagel, Elsemarie Bork, Peter Lasslop, Eva-Maria Knappe, Christina Kolivopoulos, Barbara Perchner, Jutta und Wido Wagner, Thomas dierks, Marianne Linnenbank, Klara Lehmann, Motorrad-Freizeitgruppe Dortmund/Girlsonly 2012, Sabine Raddatz, Monica Meyer, Petra Danielsen-Hardt, Silke Harborth, Marion Peters, Doris Buderus,Timo Zimmermann, Dolf Mehring, Hildegard Reinitz, Renate Schmidt, Ute Soth-Dykgers, Brigitte und Peter Eskowitz, Dorothee Pischke, Annette Düe, Dr. Josef Balzer, Alexander Barbian-Steinfort, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Otfried Ladwig, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg Schumacher, Brigitte Sonntag, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Christoph Roeper, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bonbardt, Das Grafikhaus/O. Schäfer, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Heike Pannitz, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek, Lieselotte Markgraf, Thorsten Matern, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Else Stockert, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Eberhard Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten klink, Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski, Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Annabell Preusler, Birgitt Kuhlmann, Dieter Zawodniak, Elisabeth Heymann-Roeder, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel

Schülerpraktikant Julius Goetsch aus Lünen schrieb uns in seiner Bewerbung, dass er „das bodo-Magazin sehr interessant finde und auch in regionalen Blogs wie den Ruhrbaronen ihr Verein nur in positiven Zusammenhängen genannt wird“. Da hatte er schon einen Stein im Brett.

Mein Praktikum in der bodo-Redaktion Als ich vor einigen Wochen das Internet auf der Suche

und Hilfsbedürftigen in Dortmund, Bochum und Um-

nach geeigneten paritätischen Einrichtungen in der

gebung. Ich durfte beim Versand der Zeitungen mitar-

Umgebung durchforstete und mich vor meinem inne-

beiten, konnte selbst eigene Recherchen machen und

ren Auge schon mit Waschlappen und Seife bewaffnet

lernte viel über die Besonderheiten, die die Arbeit an

im Altenheim sah, kam die Erleuchtung. Direkt neben

einem Straßenmagazin mit sich bringt.

meinem Rechner befand sich eine Ausgabe des bodoStraßenmagazins. Bereits auf der dritten Seite wurde ich fündig. „Wir nehmen ab jetzt auch Praktikanten.“

Ein Highlight meines Praktikums war eine Stadtführung der etwas anderen Art, bei der ich zum Beispiel einen Einblick in die Arbeit der Männerübernachtungs-

Nach einer kurzen Email und einem netten „Bewer-

stelle Unionstraße erhielt, die zur Zeit meines Prakti-

bungsgespräch“ hatte ich den Praktikumsplatz. Die

kums aufgrund der Witterungsbedingungen besonders

Zeit, bis das Praktikum begann, verging schleppend,

gefordert war. Ich half bei der Nachbereitung eines

Klausuren kamen und gingen. Als es dann endlich

Infostandes, bei dem bodo warme Winterkleidung für

losgehen sollte, veränderte sich das Wetter. Aus ge-

seine Verkäufer und andere Einrichtungen der Obdach-

mütlichen 10 Grad wurden -10 Grad und der Weg zur

losenhilfe sammelte.

Redaktion wurde mit dem Fahrrad schier unerträglich. Kaum vorzustellen bei diesem Wetter kein festes Dach über dem Kopf zu haben.

Auch heute, nach dem letzten Tag, bin ich mir sicher, dass ich genau den richtigen Ort für mein Praktikum gefunden habe, denn wer neue Sichtweisen auf Ge-

In meiner Zeit in der Redaktion erhielt ich interessan-

sellschaft und Nordstadt kennenlernen will und dazu

te Einblicke in die unterschiedlichen Arbeitsbereiche

Einblicke in die Arbeit von Redakteuren, die manchmal

von bodo. Die Entstehung einer Zeitung, die Arbeit

eben auch aus langweiliger Büroarbeit besteht, erlan-

von Redakteuren und die Situation von Obdachlosen

gen will, ist bei bodo genau richtig. Julius Goetsch

CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann

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