bodo März 2016

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2.50 Euro | 1,25 Euro für den Verkäufer

bodo

März 2016

GA DAS STRASSENMA

Z IN

RUGBY UNTER WASSER CHARLY HÜBNER AUF ZECHE FANTASTISCHE 4 IN HÖRDE 1


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INHALT | EDITORIAL

04

Charly Hübner Ein Nordlicht, glücklich in der Wahlheimat Hamburg. Mit Ehefrau Lina Beckmann

hat er aber auch eingeheiratet ins Ruhrgebiet: Charly Hübner spielt in Adolf Winkelmanns „Junges Licht“ einen Bergmann Anfang der 1960er Jahre. Von Benjamin Laufer

12

Unterwasser-Rugby 1964 wollten die DLRG Mülheim/Ruhr und der DUC Duisburg ein Match

im Unterwasser-Volleyball austragen. Einer der Spieler schlug vor, nach RugbyRegeln zu spielen – Startschuss für eine verrückte Sportart in drei Dimensionen. Von Alexandra Gehrhardt

18

Straßenprostitution 127 Frauen im Bereich Straßenprostitution, davon 96 „Beschaffungsprostitu-

ierte“ zählte die Dortmunder Mitternachtsmission im vergangenen Jahr rund um den Dortmunder Nordmarkt. Ein Rundgang mit Streetworkerin. Von Didi Stahlschmidt

32

Wohnen, Arbeit, Konsum Die Zukunft der Schrebergärten und Hobbykeller – der Do-It-Yourself-Kultur im

Ruhrgebiet – könnte der 3D-Drucker sein, sagt Jürgen Bertling von der „Dezentrale“, einem Gemeinschaftslabor für Zukunftsfragen, ansässig im Dortmunder Unionviertel. Von Wolfgang Kienast

07 Straßenleben | Bochum nimmt sich Zeit 07 Impressum 08 Neues von bodo 16 News 16 Kommentar | Es entlastet so schön

Liebe Leserinnen und Leser,

17 Recht | Sperre beim Arbeitslosengeld

manchmal ist es ein ganz schönes Auf und Ab hier. So schön es

17 Die Zahl | Das Foto

ist, Erfolge zu sehen – geglückte Verhandlungen mit Vermie-

22 Soziales | Sind Flüchtlinge kriminell?

tern oder Versorgern, ein Heft im Druck, eine gelungene Veran-

23 Wilde Kräuter | Scharbockskraut

staltung –, so sehr nehmen die Geschichten, die wir erleben, uns

24 Veranstaltungskalender | Verlosungen

auch manchmal mit.

30 bodo geht aus | Eden

Martin (Name geändert), bodo-Verkäufer, ist ein netter Kerl, obdachlos, noch in

36 Kultur | Fantastische 4 in Hörde

Bochum gemeldet. In der Dortmunder Übernachtungsstelle darf er deswegen

38 Interview | Familien im Brennpunkt

nicht bleiben. Er ist ja kein Dortmunder. (Ja, die offizielle Darstellung der Stadt

40 Netzwelt | www.hoaxmap.org

Dortmund ist: „Niemand muss draußen schlafen“.) Bei Dauerregen findet er

40 Kinotipp | Der Wert des Menschen

zwei junge Männer, die ihm einen Übernachtungsplatz im Dortmunder Westen

41 Bücher 42 Reportage | NSU: Versagen als Teil des Systems 45 Verkäuferporträt | Frank

anbieten. Am vermeintlichen Ziel, einer eher besseren Wohngegend, greifen sie ihn mit Pfefferspray, Schlägen und Tritten an und rauben ihn aus. Die Polizei Dortmund zählt inzwischen obdachlose Opfer gesondert. 281 Straf-

46 Leserseite | Comic

taten in 2014 hat sie erfasst. Die meisten Fälle, die wir kennen, gehen nicht in die

47 bodo Shop

Statistik ein, auch Martin hat die Tat nicht angezeigt. Entscheidender für uns:

bodo SCHA FFT CHAN CEN

Martin geht es gut, und wie bei den anderen „auf der Straße“ arbeiten wir daran, auch seine Obdachlosigkeit zu beenden. Denn es gibt Dinge, die passieren einem einfach nicht, wenn man ein Dach über dem Kopf hat. Die Straße ist kein Zuhause. Danke, dass Sie uns bei dieser Arbeit unterstützen. Und – versprochen: Zu jedem „Ab“ in diesem Heft gibt es auch ein „Auf“. Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de 3


MENSCHEN

Charly Hübner:

„Ich bin ein total guter Freihaber“

„Ich will nicht, dass Familie nur zwischen Feierabend und Schlafengehen stattfindet.“

4


Wuchtig, kantig, nordisch: So kennt man Charly Hübner in seiner Rolle als Kommissar Bukow im Rostocker Polizeiruf. Aber der Schauspieler kann auch leise: ein Gespräch über Hübners Kindheit in Mecklenburg-Vorpommern, Ärger über Pegida und seinen Ruhepol – die Elbe. Von Benjamin Laufer | Fotos: Daniel Cramer und Willi Weber

Gerade so passt er durch die Tür. Fast müss-

bald geht er mit „Schiff der Träume“ auf die

Ganz schnell kommt Charly Hübner ins

te er sich bücken, dieser große, kräftige

Bühne. Neben Auftritten und Dreharbeiten

Schwärmen über die „wildesten Wälder“

Mann in seinen besten Jahren. Dann steht

bedeutet das viel planen, proben und dann

und die „glasklaren Seen“ der Feldberger

er da und vereinnahmt auf einen Schlag

präsentieren. Der Grund, warum wir so

Seenlandschaft. Dort, mitten im Nirgendwo,

den ganzen Raum. „Hallo, ich bin Charly“,

lange für ein Treffen mit Hübner anstehen

erlebt er fast beiläufig das zähe Ende der

sagt lapidar einer der begehrtesten deut-

mussten, ist aber ein anderer: die Familie.

DDR. Wirkliche Rebellion ist dem jungen

schen Schauspieler dieser Tage und reicht

Charly damals noch fremd, die Unzufrie-

zur Begrüßung die Hand: Charly Hübner.

Denn zwischen Drehs und Bühnenproben

denheit mit der Staatsführung begreift er

Den Schnauzbart trägt er für die Kinover-

macht seine Familie häufig wochenlang

erst spät. Einen Moment des Aufbegehrens

filmung von Timm Thaler, den schweren

nichts anderes, als Familie zu sein. Keine

gab es aber doch: Einmal trugen er und eine

Mantel über dem legeren T-Shirt, weil es

Termine, keine Interviews. „Das würde die

Handvoll anderer zur Einschulung weiße

jetzt kalt ist in Hamburg. Die Stimmung

Ruhe stören“, sagt Hübner. „Ich bin ein total

T-Shirts statt der vorgeschriebenen blauen

beim Gespräch ist das glatte Gegenteil von

guter Freihaber.“ Zusammen mit Kollegin

FDJ-Hemden. Doch wogegen sich ihr Protest

frostig, Hübner gibt sich freundlich und of-

und Ehefrau Lina Beckmann und deren Sohn

richtete, weiß Hübner heute nicht mehr.

fen. Schnell ist klar: Charly Hübner ist einer,

lebt er inzwischen hochzufrieden in den

der gerne erzählt.

Elbvororten. Ganz bewusst nehmen die drei

Aber der junge Hübner entdeckt für sich auf

sich so viel Zeit für sich, wie die Jobs von

geschmuggelten Kassetten erst Punkmu-

Und trotzdem hat es fast ein Jahr gedauert,

Charly und Lina es erlauben. Auch weil die

sik, dann Heavy Metal und später Klassik.

bis dieses Gespräch zustande kam. Denn

Jobs es erlauben.

Subkultur im besten Sinne: „Ace of Spades“,

der 42-Jährige ist viel beschäftigt: Allein

das Kult-Album der Metal-Band Motörhead,

2014 hat er sechs Filme gedreht, die alle im

So wie seine Eltern will er es nicht machen,

hört er zum ersten Mal in der Schule, als ein

letzten Jahr Premiere feierten. Am Hambur-

bei denen Familie oft nur zwischen Feier-

Mitschüler es über die Lautsprecheranlage

ger Schauspielhaus war er im vergangenen

abend und Schlafengehen stattfand. „Das

laufen lässt. Auch ein bisschen Rebellion.

Frühjahr in Tschechows „Onkel Wanja“ und

fand ich als Kind schon doof“, sagt Hübner.

Eine, die ihn bis heute prägt.

Dostojewskis „Schuld und Sühne“ zu sehen,

Nicht vorwurfsvoll, eher ein wenig enttäuscht. „Man verpasst so viel dadurch.“ Und

Aus der Ferne beobachtet Charly Hübner,

schon driftet das Gespräch ab in Richtung

wie der Unmut in der Bevölkerung wächst.

Osten, hin zu seiner Kindheit draußen in der

Wie sich zum Beispiel aus Dresden Tausende

Natur an den Mecklenburgischen Seen.

aufmachen in Richtung BRD. „Gerade Dresden!“, sagt Hübner und hebt dabei zum ersten Mal die Stimme. „Das waren Flüchtlinge, die wollten in den Westen flüchten!“, sagt er und ärgert sich darüber, dass die Stadt elbaufwärts seit einem Jahr durch Pegida

geboren: 4. Dezember 1972 in Neustrelitz

für Stimmung gegen Flüchtlinge steht. „Ich

Verheiratet mit: Schauspielerin Lina Beckmann

kann mir nicht vorstellen, dass alle Dresdner

Gerade zu sehen in: „Warten auf das Meer“,

Pegida-Anhänger und -Sympathisanten

Musikvideo der Mecklenburger Punks von

sind. Ich vermisse eine medial präsente

Feine Sahne Fischfilet

Gegenhaltung zu Pegida. Sollte es aber so

5


MENSCHEN

„Ich vermisse eine medial präsente Gegenhaltung zu Pegida.“

sein, dass ganz Dresden die Sorgen und Gewaltbereitschaft – man denke nur an die reservierten Galgen für Frau Merkel und Herrn Gabriel – der Pegida teilt, dann ist eine Größenordnung an Fremdenhass und Abschottungsfantasien erreicht, über die man besorgt sein muss.“ Und er ergänzt: „Bitte, Dresden, zeige dich!“ Auch Freunde von Charly Hübner versuchen 1989 das Land zu verlassen. Aber er bleibt bis 1992. „Ich habe für mich keinen Weg da raus gesehen“, sagt er. Sein Leben spielt ganz bei seinen Eltern an den Feldberger Seen. Er beschreibt es als unspektakulär: „Sozialistisch, kleinbürgerlich und

Junges Licht Charly Hübners neuester Film „Junges Licht“ spielt im Sommer 1961 und schildert das Leben einer Bergarbeiterfamilie. Gedreht wurde vor Ort in Bottrop, Marl, Dortmund und Bochum. In der Literaturverfilmung unter der Regie von Adolf Winkelmann (Foto rechts) spielen u.a. Nina Petri, Peter Lohmeyer, Caroline Peters, Stephan Kampwirth und Ludger Pistor. Hübners Frau Lina Beckmann spielt auch im Film die Gattin seiner Figur Walter Collien. Linas Brüder Till und Nils haben nach Ralf Rothmanns Romanvorlage das Drehbuch verfasst. Die Filmmusik stammt von Tommy Finke, dem musikalischem Leiter am Schauspiel Dortmund. Kinostart ist am 12. Mai. 6

gesund.“ Unaufgeregt, aber eben: mitten in der Natur! Sie hat es ihm angetan. „Eine paradiesische Welt“, sagt Hübner über seine frühere Heimat, auf die er immer wieder zu sprechen kommt. „Drei Häuser, sieben Wälder.“ Seine Beschreibungen untermalt er mit ausladenden Gesten, und man fragt sich, warum er eigentlich nicht dort geblieben ist, so, wie ihn das alles noch fasziniert. Aber er kommt ja oft zurück. Bis heute reist Charly Hübner immer wieder an seine Seen, um dort Ruhe zu tanken. Und auch in seiner neuen Heimat Hamburg entflieht er täglich einmal der Hektik der Großstadt. Auf dem Weg zur Arbeit macht er stets halt am großen Fluss. „Wie steht das Wasser? Ist es blau, ist es grau, ist es rau, ist es weich?“ Jeden Tag muss Charly Hübner das überprüfen. „Die Elbe ist mein Ruhepuls“, sagt er.


STRASSENLEBEN

IMPRESSUM

Sanktionsfrei Im Schnitt verhängen die Jobcenter viermal so viele Sanktionen wie sie Arbeitsplätze vermitteln. Statistisch wird jedem vierten Leistungsempfänger einmal im Jahr das Existenzminimum gekürzt. Eine Initiative um die ehemalige JobcenterMitarbeiterin und Aktivistin Inge Hannemann hält dies für verfassungswidrig. Mit einer Art Sanktionsfonds will die Initiative das System „hacken“. Von Bastian Pütter | Foto: Chris Grodotzki

Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign 0231 – 106 38 31, info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Alexandra Gehrhardt, Peter Hesse, Felix Huesmann, Wolfgang Kienast, Max Florian Kühlem, Benjamin Laufer, Bastian Pütter, Petra von Randow, Rosi, Sebastian Sellhorst, Didi Stahlschmidt Titelfoto: Joe Kramer Fotos: Bianka Boyke (17), Daniel Cramer (3, 4, 5), Chris Grodotzki (7), Simon Howar (27), Felix Huesmann (12, 15, 16), Monika König (8), Joe Kramer (3, 13, 14), Mette Kramer Kristensen (47), Reuters/Kevin Freyer (17), Reuters/Axel Schmidt (16), Daniel Sadrowski (3, 30, 32, 34, 35, 38, 43), Sashberg (27), Sebastian Sellhorst (3, 8, 9, 11, 16, 18, 22, 45), Claudia Siekarski (9, 11), Thaisen Stärke (36, 37), Stefan Tuschy, Bande – für Gestaltung (23), Fred van Diem (29), Willi Weber (6) Cartoon: Volker Dornemann Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare (BO, DO und Umgebung) Redaktions- und Anzeigenschluss: für die April-Ausgabe 10.03. 2016 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 01.2015 Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kostenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert eingesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehalten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Die Disziplinierungen im System des „För-

onsfrei“ ist ein Solidarfonds, finanziert als

derns und Forderns“ sind rigide: Wer einen

Crowdfunding-Projekt – eine Spendenakti-

Termin im Jobcenter ohne wichtigen Grund

on. Innerhalb von zwei Wochen waren bis

versäumt, dem werden vom Existenzmini-

Ende Februar bereits 30.000 Euro zusam-

mum 10 Prozent gekürzt. Wer eine Arbeit

mengekommen, mindestens 75.000 Euro

oder eine Weiterbildung (so sinnlos sie sein

werden vorerst benötigt.

Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund, 0231 – 950 978 0 www.bodoev.de, facebook.com/bodoev

holungsfall 60 Prozent des Regelsatzes

Auf einer Pressekonferenz zum Projektstart

gekürzt. Beim dritten Mal werden Leistun-

erklärten die InitiatorInnen Inge Hanne-

Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de

gen vollständig gestrichen. Mit einer auf-

mann, der Grundeinkommen-Aktivist Mi-

fallend hohen „Fehlerquote“: 43 Prozent

chael Bohmeyer und der Anwalt Dirk Feiertag

aller Klagen gegen Sanktionsbescheide

den geplanten Dreischritt: „Sanktionsver-

sind erfolgreich.

meidung, Sanktionsabwehr und finanzielle

mag) ablehnt, dem werden 30, im Wieder-

Hilfen“. Es gehe um ein Informationsportal Die Sozialgerichte stöhnen unter der Last

und kompetente Begleitung, die Sanktionen

der Klagen, die Kosten der – immerhin ja

im Vorfeld verhindern sollen. An zweiter Stel-

fast zur Hälfte unrechtmäßigen – Strafen

le stehe die Unterstützung bei Klagen durch

sind immens. Inge Hannemann macht eine

Anwälte – und mithin das Auslösen einer Kla-

einfache Rechnung auf: „Wenn statt fünf

genflut. Wer trotzdem Sanktionen erfahre,

zehn Prozent der Betroffenen sich wehren

soll aus dem durch Spenden gefüllten Soli-

würden, würde einer internen Berechnung

dartopf Unterstützung erhalten.

zufolge jede weitere Sanktion die Jobcenter Geld kosten.“ Das Rezept von „Sankti-

Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Bastian Pütter, 0231 – 950 978 12 , redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00 BIC: BFSWDE33XXX

7


NEUES VON BODO

Gedenken

Kultur bei bodo

Gegen die Kälte

Am 4. April jährt sich die Ermordung des

An jedem zweiten Freitag im Monat öffnet

Thomas Beckmann gilt als einer der re-

Dortmunders Mehmet Kubas¸ık durch

unser gemeinnütziger Buchladen am Dort-

nommiertesten Cellisten dieser Welt. „Il

die Terroristen des NSU zum zehnten

munder Schwanenwall auch am Abend seine

Mendicante“ lautet die Inschrift im Innern

Mal (s.S.42). Unter dem Titel „3. Tag der

Türen. In der Benefizkulturreihe „2. Freitag“

seines Cellos, „Der Bettler“. Mitte des 18.

Solidarität – Gedenken an die Opfer des

gibt es alle vier Wochen Theater, Literatur,

Jahrhunderts in Mailand gebaut, gehörte

NSU-Terrors“ finden am 4. April eine De-

Musik. Am 11. März swingt es bei uns.

es später einem Straßenmusiker in Paris,

monstration, eine Kundgebung und eine Podiumsdiskussion statt.

Swing, Bossa Nova, Blues. Klassiker von Nat King Cole bis Tom Jobim, garniert mit selbst-

der es auch dann nicht hergeben wollte, als er betteln gehen musste, zu sehr hing er an dem unvergleichlich warmen Ton.

Vom Gedenkstein am Tatort, der Mallinck-

geschriebenen Songs in deutscher Sprache

rodtstraße 190, zieht ab 18 Uhr ein Demons-

und dem ein oder anderen verjazzten Hit

Sehr viel später, im Winter 1993, als in

trationszug zum Mahnmal für die Opfer

– das sind „Chained to the Cooker“. Dagmar

Düsseldorf zwei Obdachlose mitten in der

des „Nationalsozialistischen Untergrunds“

Breuers außergewöhnliche Stimme wird

Stadt erfroren, beschloss Beckmann, mit „Il

an der Steinstraße vor der Auslandsgesell-

von der swingenden Gitarre ihres Mannes

Mendicante“ gegen die Kälte anzuspielen:

schaft. Organisiert vom Bezent e.V. und

Thomas begleitet. Ein Familienprojekt mit

Hunderte Benefizkonzerte hat er seitdem

weiteren Organisationen beginnt um 19.30

Augenzwinkern: Wer mit drei Kindern in

gegeben. Bereits im Februar spielte er in

Uhr in den Räumen der Auslandsgesell-

der Provinz lebt, ist vielleicht nicht wirklich

der Dortmunder Reinoldikirche Vivaldi,

schaft eine Podiumsdiskussion, moderiert

an den Herd gefesselt – „Chained to the

Debussy und Tschaikowski, nun kommt er

von Bastian Pütter (bodo e.V.). Gedenken

Cooker“, die Gelegenheit zum „freiswingen“

nach Bochum.

und Diskussion sind Teil einer Veranstal-

nutzt das Paar trotzdem gern.

tungsreihe, u.a. zeigt Bezent gemeinsam mit Planerladen e.V., Auslandsgesellschaft und Alevitischer Gemeinde den Film „Der Kuaför aus der Keupstraße“ über das Kölner

Die Erlöse des Konzerts in der Bochumer

Beim nächsten „2. Freitag“ bitten die

Christuskirche kommen der Wohnungslosen-

„DADAinen“ zur letzten Lockerung – ein

hilfe der Diakonie Ruhr zugute. Der Ticket-

Theaterabend zu 100 Jahren Dada.

preis liegt bei knapp über 20 Euro, Karten gibt es an den bekannten Vorverkaufsstellen.

Nagelbombenattentat mit anschließendem

Fr. 11.3., 19.30 Uhr, bodo Buchladen

Filmgespräch: sweetSixteen Kino im Depot,

Schwanenwall 36 – 38, Dortmund

Fr. 11.3., 19 Uhr, Christuskirche Bochum

Mittwoch, 30. März, 18.45 Uhr.

Eintritt frei, Spenden willkommen

Platz des europäischen Versprechens

Filmgespräch Das sweetSixteen-Kino im Depot zeigt in

ierte, drogenabhängige oder missbrauchte

Kooperation mit der Dortmunder Mitter-

Frauen eine Rolle. Dass es darüber hinaus

nachtsmission am Montag, dem 7. März, die

auch andere gibt, die freiwillig und selbst-

Dokumentation „SEXarbeiterin“ mit an-

ständig der Sexarbeit nachgehen, zeigt der

schließender Diskussion. Lena Morgenroth,

Film SEXarbeiterin von Sobo Swobodnik.

die Protagonistin, und Sobo Swobodnik, der Regisseur, werden den Film präsentieren.

8

Er begleitete die studierte Informatikerin und Berliner Sexarbeiterin Lena Morgenroth

Prostitution, Sexarbeit, horizontales Gewer-

über mehrere Monate hinweg durch ihr Le-

be sind wie keine andere Berufsbranche von

ben, bei ihrer Arbeit und im „ganz norma-

Klischees, Stereotypen und Ressentiments

len“ Alltag. Dabei entstand ein vielseitiges

geprägt. Im Diskurs um Sexarbeit spielen

menschliches Porträt, im Kontext von Fami-

in der Regel ausschließlich Zwangsprostitu-

lie, Freunden und Partnerschaft, als Teil der


www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

Durch die Stadt Einen spannenden Perspektivwechsel versprechen unsere Stadtführungen in Bochum und Dortmund. Mit einem unserer bodo-Verkäufer lernen Sie Orte kennen, die garantiert so nicht in einem Reiseführer stehen. Er zeigt Ihnen „seine“ Stadt, zeigt,

Theorie und Praxis

wie wohnungslose Menschen leben.

Im Rahmen des Forschungskolloquiums am

machten und erinnerte an die Unterbrin-

Institut für Raumplanung der TU Dortmund

gungspflicht der Kommunen.

sprachen im Februar Geografin Sandra

Auf dieser Städtetour erfahren Sie, wie Menschen ohne festen Wohnsitz ihren Tag verbringen, wo sie sich aufhalten kön-

Bastian Pütter sprach in seinem Vortrag

nen und wie das Hilfenetz funktioniert.

„Über das Unsichtbarmachen“ zuerst über

Ungefähr zwei Stunden geht es quer durch

Vertreibung und das „Regieren“ des öffent-

die Innenstädte, immer mit dem Blick auf

lichen Raums am Beispiel Dortmund. An-

„Nebenschauplätze“, um ein Bewusstsein zu

Sandra Schindlauer forscht zu den Facetten

schließend zeigte er das Dilemma der Woh-

wecken für Menschen, die am Rande unserer

sozialer Ungleichheit und besonders zu

nungslosenhilfe auf, dass erst passgenaue

Gesellschaft leben. An jedem 2. Samstag im

wohnungs- und obdachlosen Personen im

Hilfsangebote Obdachlosigkeit überhaupt

Monat in Dortmund, jeden 3. Samstag in

öffentlichen Raum deutscher Großstädte.

sichtbar machten. Hohe Zugangsschwellen

Bochum bieten wir diesen ungewöhnlichen

Ihr Vortrag „Über die Freiwilligkeit, draußen

und statistische Ausschlüsse z.B. von zuge-

Stadtrundgang an. Anmeldungen unter Tel.

zu schlafen“ betonte den massiven Anstieg

wanderten oder geflüchteten Obdachlosen

0231 – 950 978 0

der Wohnungslosenzahlen, der bereits allein

seien leider der günstigste Weg, Wohnungs-

das Stereotyp widerlege, niemand müsse

losenzahlen zu „senken“. Die anschließende

obdachlos sein. Sie analysierte die Strategien

engagierte Diskussion erweiterte das Feld

der Schuldzuschreibungen, die Wohnungs-

um Fragen des sozialen Wohnungsbaus und

lose zu allein Verantwortlichen für ihre Lage

der Flüchtlingsunterbringung.

Schindlauer, Doktorandin an der BauhausUniversität Weimar, und Bastian Pütter von bodo e.V. zum Thema Obdachlosigkeit.

Kosten: 5 Euro pro Person Dortmund, Sa. 12.3., 11 Uhr bodo Buchladen, Schwanenwall 36 – 38 Bochum, Sa. 19.3., 11 Uhr bodo Anlaufstelle Stühmeyerstraße 33

Rosi, bodo-Verkäuferin in Dortmund Liebe Leserinnen und Leser, das Wetter ist zurzeit ungemütlich. Dieser erstarkenden politischen Bewegung der selbstbestimmten Sexarbeiterinnen. Im Anschluss an den Film wird es eine Podiumsdiskussion mit Heike Tasillo (Ordnungsamt Dortmund), Dirk Becker (Kripo Dortmund), Andrea Hitzke (Mitternachts-

Sturm und Regen geht so auf das Gemüt. Wir brauchen Sonne, um uns aufzutanken. Aber nun kommt ja bald der Frühling, und schon ist es auch beim Zeitungsverkauf nicht mehr so kalt. Oft erlebt man beim Verkauf schöne, manchmal auch seltsame Sachen. Eine Kundin kam und sagte, sie würde gern ein Magazin kaufen, aber es wäre ja in Türkisch geschrieben. Ich sagte ihr: Das ist es nicht, es ist in Deutsch. Ich wollte ihr eins geben, sie lehnte ab. Habe ich etwas falsch gemacht, fragte ich mich. Ich kann es mir nicht vorstellen.

mission) und Gisela Zohren (ehemalige

Ja, auch so etwas passiert. Es war vielleicht die Unsicherheit.

Mitarbeiterin Mitternachtsmission) geben.

Haben Sie das mit dem Zugunglück in Bayern gehört? Das muss man sich mal vorstellen, mit 100

Moderieren wird Bastian Pütter (bodo e.V.).

Sachen so zusammenzuknallen. Schrecklich. Ich hatte Gänsehaut, auch weil wir vor drei Jahren

7. 3., 19 Uhr, sweetSixteen-Kino im Depot Immermannstraße 29, 44147 Dortmund

die gleiche Strecke zu meinem Onkel gefahren sind. So, das war es mal wieder. Ich möchte mich bei Ihnen herzlich für Ihr Vertrauen bedanken und sage wie immer: Tschüss, Ihre Rosi. 9


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NEUES VON BODO

Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an: n n n n n n n

Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung

Miteinander Das Netzwerk der sozialen Straßenzeitungen lebt vom Austausch, von gegenseitiger

Kontakt über

Unterstützung und von Synergien. Am

Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Friedensplatz 7 | 44135 Dortmund | Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org

dritten Märzwochenende treffen sich die deutschsprachigen Straßenmagazine bei unseren FreundInnen vom „Straßenkreuzer“ in Nürnberg. Im Juni organisiert die auf dem Höhepunkt der griechischen Krise gegründete Straßenzeitung „Shedia“ in Athen die jährliche Weltkonferenz mit TeilnehmerInnen von Argentinien bis Japan. Was uns Straßenzeitungen von Kiel bis Basel bzw. von Oslo bis Kapstadt verbindet, ist, dass wir Dinge zusammenbringen, die

Busenbergstraße 8 a 44269 Dortmund

anderswo getrennt sind. Wir verbinden Journalismus und soziale Arbeit, setzen auf

T +49 (0)231 49 48 228 F +49 (0)231 49 48 226

Gemeinnutz und trotzdem auf die Unabhängigkeit von staatlicher Regelfinanzierung. Die Öffentlichkeitsarbeit der sozialen

info@dr-schaake.de www.dr-schaake.de

Straßenzeitungen machen ihre VerkäuferInnen, die anderswo „KlientInnen“ hießen. Wer so arbeitet, muss Vertrauen in die Dent(ist) mobil

MitarbeiterInnen auf der Straße und in die Transparenz der eigenen Arbeit haben. Das haben wir. Mit ihnen und mit unseren FreundInnen weltweit arbeiten wir daran, unsere Hilfsangebote und unsere Magazine

bodo DA S ST RA

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Mit Ihnen Wenn Sie Fragen haben, die Ihre Verkäuferin oder Ihr Verkäufer nicht beantworten kann, schreiben Sie uns oder rufen Sie uns an. Wir freuen uns mit all unseren VerkäuferInnen, die von Ihren Rückmeldungen zu unseren Heften berichten. Gerne können Sie Ihr Lob, Ihre Kritik und Ihre Vorschläge

Zeigen Sie, wofür Sie stehen!gazin 20146 Werben im Straßenma

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Anzeigenberatung: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de Tel. 0231 – 950 978 0

auch direkt an uns richten. Wir diskutieren sie gerne nicht nur in der Redaktion, sondern auch in unseren Verkäuferversammlungen.


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wir machen was draus!

f

Algier – Dortmund

Mithelfen

Vor zwei Monaten kam Boualem aus Algeri-

Die Unterstützung, die wir bei unserer

en nach Deutschland. Nach seinem Studium

Arbeit erfahren, ist vielfältig. Ohne unser

im Bereich Marketing und Finanzwesen

Team von Ehrenamtlichen z.B. wären

machte er an der Hochschule in Algier sei-

viele unserer Ziele nicht zu erreichen. Die

nen Masterabschluss.

Mithilfe bei der Ausgabe des Straßenma-

foto ©:www.schmitz-fotografie.de

gazins, bei unseren Verkäufercafés und bei

als sicheres Herkunftsland einstufen will, sah sich Boualem durch seine Arbeit in der

www.druckwerk.info info@druckwerk.info

Veranstaltungen und Stadtführungen ist nicht mehr wegzudenken.

Finanzabteilung eines Konzerns Drohungen

Zurzeit entwickelt das Team ein eigenes

und Bespitzelungen ausgesetzt, so dass der

regelmäßiges Angebot, bei dem VerkäuferIn-

31-Jährige schließlich mit einem Auslands-

nen des Straßenmagazins und NutzerInnen

visum das Land verließ und inzwischen in

unserer Verkäufercafés bei der Erstellung

einer Unterkunft für Geflüchtete in Dort-

von Bewerbungsunterlagen unterstützt

mund-Brackel lebt. Zurzeit wartet er auf

werden. Denn zu unseren wichtigsten Zielen

Klärung seines Aufenthaltsstatus und auf

gehört nach der Beendigung bzw. der Ver-

die Anerkennung seiner Studienabschlüsse.

meidung von Wohnungslosigkeit vor allem

Eine Arbeitserlaubnis hat er noch nicht.

das Eröffnen neuer Perspektiven.

In Dortmund nimmt er als Gast-Student an

Mit dem Kauf eines Straßenmagazins, mit

Vorlesungen in der TU teil. Neben der Uni

Einkäufen in unserem Buchladen und unse-

und seinem Deutschkurs arbeitet Boualem

ren Onlineshops und natürlich mit Sach- und

in unserem Buchladen mit. „Ich hoffe, dass

Geldspenden, auf die unsere gemeinnützige

ich in Deutschland bleiben kann. Ich versu-

Arbeit weiterhin angewiesen ist, helfen Sie

che hier, irgendwie Fuß zu fassen“, sagt er.

uns, dem immer größeren Bedarf nach Hilfe

„Ich sehe es als Neustart für mich.“

gerecht zu werden. Vielen Dank.

en lassen.“ „Nicht ärgern. Berat © by Photocase.de

Während die Bundesregierung Algerien

schwanenstraße 30 44135 dortmund t: 02 31/5 86 09 15 f: 02 31/5 86 09 21

Mieter schützen · Mietern nützen!

Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.

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Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.

Brückstraße 58 44787 Bochum Tel.: 0234 / 96 11 40 mieterverein-bochum.de

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Öffnungszeiten Mo - Do 9:00 - 18:00 Fr 9:00 - 12:00

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Mitglieder im Deutschen Mieterbund

bodo ist für Sie da montags bis freitags

von 9 bis 16 Uhr unter dieser

zentralen Rufnummer: 0231 – 950 978 0 Mail: info@bodoev.de

Geschäftsleitung Tanja Walter verein@bodoev.de

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REPORTAGE

1823 in der englischen Stadt Rugby: Während eines Fußballspiels, das seine Mannschaft zu verlieren droht, greift der Schüler William Webb Ellis sich kurzerhand den Ball und trägt ihn an allen vorbei ins gegnerische Tor. Diese Geschichte gilt als Gründungslegende für den Rugbysport – ob sie stimmt, ist umstritten. Eine erneute eigenwillige Regeländerung verlegte Rugby in den 60er-Jahren unter Wasser, und dort spielen ihn Dortmunder SportlerInnen auch heute. Anpfiff zu einem Match in drei Dimensionen. Von Alexandra Gehrhardt | Fotos: Joe Kramer und Felix Huesmann

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„Klar, denkst du oft, dir geht die Luft aus…“ Beim Unterwasser-Rugby „Du musst in die Taucherbrille reinspucken“, sagt der Mann neben mir. „Und danach

ausspülen, dann beschlägt sie nicht so schnell.“ Wir sitzen am Beckenrand im Dort-

munder Südbad, haben Schwimmflossen an den Füßen und eine Kappe auf dem Kopf, deren Ohrenschützer uns ein bisschen wie Comic-Mäuse aussehen lassen. Ich spüle die

Taucherbrille, reinspucken will ich nicht, es ist nicht meine. Der Mann neben mir setzt seine auf, klemmt das Mundstück des Schnorchels zwischen seine Zähne und gleitet ins Wasser. Er macht sich auf in den Teil des Schwimmbeckens, in dem das Wasser viereinhalb Meter tief ist und wo die anderen sich schon einschwimmen. Zweimal pro

Woche trainieren die Sea Lions, die Spielgemeinschaft des SV Westfalen und des SV Derne, in Dortmund Unterwasserrugby. Ich bleibe heute erstmal in einem anderen Teil des Beckens, wo die Neuen sich ausprobieren.

Eine Ruhrgebiets-Erfindung Bei der WM im Sommer in Kolumbien waren die deutschen Teams ganz vorn mit dabei, die Frauen holten Gold, die Männer Silber. „Überall auf

der Welt sprießen gerade Teams und Vereine aus dem Boden, während wir es gerade gar nicht leicht haben, Nachwuchs zu finden“, sagt Jan

Weckelmann, Spieler und Medienreferent der Sea Lions. Vor mehr als 50 Jahren wurde Unterwasserrugby erfunden, und zwar im Ruhrge-

biet: 1964, so ist beim Online-Nachschlagewerk Wikipedia zu lesen, wollten die DLRG Mülheim/Ruhr und der DUC Duisburg ein Match

im Unterwasser-Volleyball austragen. Einer der Spieler schlug vor,

nach Rugby-Regeln zu spielen – und kreierte so Unterwasserrugby.

Die erste offizielle Meisterschaft wurde 1971 ausgetragen, 1980 folg-

te in Mülheim die erste WM.

Wie bei der Version an Land, ist es auch unter Wasser das Ziel, den Ball

im gegnerischen Bereich – hier: im Korb – zu platzieren. Auf dem Rasen

geht es da schon mal ein bisschen ruppig zu, im Schwimmbecken ist das

anders. Nur, wer den Ball hat, darf körperlich angegriffen werden oder

angreifen. Attacken auf die Ausrüstung und Gewalt sind tabu. Jedes Team

hat zwölf SpielerInnen, von denen immer sechs im Wasser sind. Die anderen

werden fliegend, also ohne Spielunterbrechung, eingewechselt.

Gummiball mit Salzwasserfüllung Die beiden Tore, die aussehen wie metallene Papierkörbe, stehen auf dem Grund des Beckens. Ein Freund hat sie angefertigt, erzählt Jan, und überhaupt ist vieles selbstgemacht oder selbst optimiert. Die Riemen der Taucherbrillen wurden durch feste Gurte

ersetzt, damit sie bei einem Gerangel bleiben, wohin sie gehören; die Armbänder, die markieren, wer zu welchem Team gehört, sind aus Motorradschläuchen gemacht.

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REPORTAGE

Info und Kontakt:

www.uwr.svwestfalen.de

E-Mail: uwr@svwestfalen.de Training und Probetraining:

Die Sea Lions trainieren dienstags von

20.30 Uhr bis 21.45 Uhr im S端dbad und

freitags von 20 Uhr bis 21.30 Uhr im Nordbad in Dortmund.

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„Wir passen uns jetzt gegenseitig den Ball zu. Versucht mal, ihn mit einer Hand zu

fangen!“, erklärt Spieler Kai, der mit mir und einem anderen Neuling üben wird. Der Gummiball ist mit Salzwasser gefüllt, so hat er eine höhere Dichte und ist auch unter Wasser spielbar. Mal sind wir drei auf einer Höhe, mal spielen wir uns den Ball nach

oben, mal nach unten zu. „Es ist der einzige Sport, der dreidimensional gespielt wird,

das braucht natürlich ein bisschen Übung“, sagt Jan Weckelmann. Für mich, die heute zum ersten Mal mitmacht und im Tauchen nicht geübt ist, ist das vor allem eins: an-

strengend. Ich muss die Lage unter Wasser checken, den Ball, mein eigenes und das gegnerische Team im Auge behalten, schnell und wendig sein – und dabei die ganze

Zeit mit meiner Atemluft haushalten. Viel zu früh muss ich auftauchen und neu Luft holen. Bei den anderen sieht das irgendwie leichter aus. „Das Anstrengende ist, dass man sich während des Spiels ständig auf und ab bewegt“, weiß Kai. „Das trainieren

wir aber auch gezielt, und das bringt unter Umständen mehr, als sich minutenlang auf den Boden des Schwimmbeckens zu legen und die Luft anzuhalten.“

„Aber du hast immer Luft!“ Der Spielbetrieb in Deutschland ist dreigeteilt: Jede Region (Süd, West und Nord) hat je zwei Bundesligen, der Süden und Westen haben zudem eine Landesliga. Das Ruhr-

gebiet ist in den westlichen Ligen bis heute stark vertreten: Dortmund, Duisburg, Bottrop, Mülheim, Lünen und Hamm schicken regelmäßig eigene Teams ins Rennen.

Die Sea Lions, gut zwei Dutzend SpielerInnen zwischen 16 und 69 Jahren, sind in der ersten Bundes- und in der Landesliga vertreten. Olympisch ist Unterwasserrugby

nicht, ein Versuch, in die einschlägige Liste aufgenommen zu werden, ist im Herbst gescheitert.

Den Sea Lions fehlen gerade zwei Dinge: Nachwuchs und weibliche Teammitglieder. Laut Reglement dürfen die Teams gemischt antreten, doch bei den Dortmundern spie-

len nach einigen Abgängen derzeit nur zwei Frauen. „Vielleicht haben manche Angst, weil sie denken, es könnte zu ruppig werden“, sagt Jan. Doch Angriffstaktiken wie ein

„Scrum“, das Gedränge aller SpielerInnen, oder das Tackling, bei dem die Person in

Ballbesitz umklammert und zu Fall gebracht wird, gibt es im Wasser nicht. „Und das Wasser“, sagt Jan, „bremst ja auch viele Bewegungen.“

Mir reicht es für heute, den Rest des Trainings schaue ich mir von oben an. Wenn man vom Fünfmeterturm aus auf das Spiel schaut, sieht es für Ungeübte schon wesentlich

koordinierter aus. Das mit dem Atmen muss ich noch üben. „Klar, denkst du oft, dir geht die Luft aus“, habe ich noch im Ohr. „Aber du hast immer Luft!“

Wer neugierig geworden ist und sicher schwimmen kann, darf gerne – möglichst mit Taucherbrille, Flossen und Schnorchel – zum Training vorbeikommen.

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NEWS

DER KOMMENTAR

Verschärfung 1: Asylrecht Das sogenannte Asylpaket II der Bundesregierung sah sich in der Beratungsphase massivem Widerspruch von Opposition, Wohlfahrtsverbänden und Flüchtlingsorganisationen ausgesetzt. Pro Asyl kritisiert, die Verschärfung gehe an den „Kern der humanitären Werte unseres Asylrechts“. Das Asylpaket II sei Teil eines „flüchtlingsfeindlichen Überbietungswettbewerbs während des Wahlkampfes“. Es sieht Schnellverfahren für bestimmte Flüchtlingsgruppen und Einschränkungen beim Familiennachzug für Zuwanderer mit geringerem Schutzstatus vor. Der Flüchtlingsrat Bayern stuft das Gesetz als verfassungswidrig ein, durch das Asylpaket II werde das rechtsstaatliche Verfahren auf Asyl nach dem Grundgesetz „faktisch ausgehebelt“. Die fehlende neutrale Rechtsberatung stuft auch der Deutsche Anwaltsverein als „rechtsstaatlich höchstbedenklich“ ein. Der Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, sprach von „Abschiebungspopulismus“.

Es entlastet so schön Von Bastian Pütter | Foto: Axel Schmidt / Reuters

Hier, tief im Westen, schaut man auf die sächsischen Zustände, auf die Feiernden, Geifernden oder Randalierenden von Clausnitz, Bautzen, Freital, Heidenau, und mit wütender Ironie wünscht man Mauerbau oder NATO-

Verschärfung 2: Hartz IV Erwerbsloseninitiativen laufen Sturm gegen die geplante „Rechtsvereinfachung“

Truppen herbei. Mit dem gleichen Impuls befinden Politiker- und JournalistInnen nach jedem Kleinpogrom, dass es sich bei denen, die da „Wir sind das Volk“ brüllen, eben nicht um das Volk handele. Und wenn doch?

bei Hartz IV. Es drohten gravierende Ver-

Nun gilt für entschleunigte Räume und die strukturschwache Provinz ganz

schlechterungen, ferner vertage die Regierung die Umsetzung der

allgemein, dass, wenn fast alle gehen, nicht die Neugierigen und Weltoffe-

Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts von 2014, die Regelsätze

nen bleiben. (Man mag sich das postindustrielle Ruhrgebiet ohne Zuwande-

deutlich zu erhöhen. Das Bündnis „AufRecht bestehen“ ruft zu ei-

rung gar nicht vorstellen.)

nem bundesweiten, dezentralen Aktionstag am 10. März 2016 auf. Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband zeigt sich enttäuscht von den Plänen der Koalition: „Den Menschen bringt dieses Gesetz so gut wie nichts, ganz im Gegenteil: Bei den Wohnkosten sind weitere Verschlechterungen absehbar. Entgegen der ursprünglichen Intention, Sanktionen zu entschärfen, sollen nun sogar zusätzliche Möglichkeiten der Verhaltenskontrolle und Sanktionierung eingeführt werden“, so Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen. „Unter dem Strich ist es hochfraglich, ob dieses Gesetz überhaupt zu weniger Verwaltung führt.“

Das Besondere an Sachsen – im Vergleich zu anderen gesamtdeutschen Prärien – ist jedoch ein ultrakonservativer Mainstream, einfach noch einen Tick radikaler, ungebrochener. Seit 25 Jahren lässt eine (übrigens von Westimporten durchsetzte) Sachsen-CDU keinen Zweifel daran, wo der Feind steht bzw. wo nicht: Polizeien, Staatsanwaltschaften und Verwaltungen lernen seit einem Vierteljahrhundert, organisierte Nazi-Gewalt genauso wegzulächeln wie das „zivilgesellschaftliche“ Engagement von RassistInnen und Rechtsextremen zu integrieren. Ein Autoimmun-Problem. Kleinigkeit am Rande: Der Polizeipräsident, der nach den Vorfällen von Clausnitz ankündigte, gegen die vom Mob bedroh-

Verschärfung 3: Sexarbeit

beitete als Polizeichef von Chemnitz jahrelang quasi in der Nachbarschaft

Die große Koalition aus CDU/CSU und

des untergetauchten NSU-Trios. Vor dem NSU-Untersuchungsausschuss

SPD hat sich auf ein neues Prostitutions-

sagte Uwe Reißmann, die Namen der Terroristen seien ihm nie unterge-

gesetz geeinigt. Mit ihm soll ab Juli 2017

kommen. Er blieb dabei, als der Ausschuss ihm ein Fax zeigte, das direkt

die heftig umstrittene Anmeldepflicht für Prostituierte kommen.

an seine Dienststelle gegangen war – mit dem expliziten Hinweis auf den

FachwissenschaftlerInnen und Vertretungen von Sexarbeiterin-

möglichen Aufenthaltsort Chemnitz. Details.

nen und -arbeitern halten die Anmeldepflicht für hochgefährlich, weil sie SexarbeiterInnen sichtbar und möglicherweise erpressbar mache. Wie die ebenfalls beschlossene erzwungene Gesundheitsberatung bekämpft die Prostituiertenbewegung auch die Anmeldepflicht seit Jahrzehnten. Sie erzeuge Abhängigkeiten, treibe Opfer von Menschenhandel weiter in die Illegalität und erschwere den Ausstieg. Beide Vorschriften werden – wieder – eingeführt, zudem in den engen Intervallen, die die SPD verhindern wollte. Weil Länder und Kommunen sich zum Aufbau eigener Bürokratien für die neue Reglementierung gezwungen sehen, gelten dabei teils Übergangsfristen bis Anfang 2018. 16

ten und von Polizisten drangsalierten Flüchtlinge im Bus zu ermitteln, ar-

Und trotzdem, so richtig weit weg ist das alles nicht. Wer sich die Unfassbarkeiten anschaut, die andere NSU-Untersuchungsausschüsse ans Licht bringen, sieht: Sachsen-Bashing ist auch keine Lösung. Oder anders: Hessen ist Sachsen plus Zuwanderung, Bayern ist Sachsen minus Selbstmitleid. Selbst im politisch apathischen NRW kommt die eigentlich nur noch offen rassistisch auftretende AfD in Prognosen auf 10 Prozent. Die Selbstradikalisierung der Deutschen mitten im Frieden geschieht in der Fläche. Ihre Taktgeber sind die Seehofers und Klöckners und Palmers und gerne mal Gabriels, übrigens alle Wessis. In Sachsen – und das ist vielleicht der Unterschied – ist inzwischen sichtbar die Exekutive infiziert. Es spricht wenig dafür, dass alle anderen sich zurücklehnen können.


RECHT

Sperre beim Arbeitslosengeld Von Rechtsanwalt René Boyke Bekanntlich wird

Anschluss an das Ende der Befristung her-

fristete. Das Interesse des Klägers an einem

derjenige von der

beigeführt. Der Mann wehrte sich gerichtlich

Wechsel des Arbeitsverhältnisses habe daher

gegen die Leistungssperre – mit Erfolg.

das Interesse der Versichertengemeinschaft

Arge bestraft, der seine Arbeitsstelle frei-

an einer Fortführung des unbefristeten Ar-

willig aufgibt. Die Strafe besteht darin, dass

Das Sozialgericht Speyer urteilte am 17.2. 2016,

beitsverhältnisses überwogen. Damit war

das Arbeitslosengeld zwölf Wochen vorent-

Az. S 1 AL 63/15 (noch nicht rechtskräftig), dass

die angeordnete Sperrzeit rechtswidrig.

halten wird. Endet allerdings ein befristeter

die Arge die Leistungen dem Kläger zu Un-

Vertrag, dann kann von einer solchen Ar-

recht vorenthalten habe, da er immerhin ein

beitsaufgabe grundsätzlich erstmal nicht

berechtigtes Interesse an der Beendigung der

gesprochen werden. Die Probleme beginnen

unbefristeten Beschäftigung gehabt habe. So

jedoch, wenn vor der Arbeitslosigkeit von ei-

war die unbefristete Stelle etwa über 50 km

nem unbefristeten in ein befristetes Arbeits-

von seinem Wohnort entfernt. Das Gericht

verhältnis gewechselt wird.

erinnerte daran, dass eine Sperrzeit im Anschluss an eine befristete Beschäftigung nur

Erwartungsgemäß hat daher die zuständi-

eintritt, wenn dem unter Abwägung seiner

ge Arge einem gelernten Maurer, der wegen

Interessen mit den Interessen der Versicher-

Auslaufen seines Vertrags arbeitslos wurde,

tengemeinschaft ein anderes Verhalten zuge-

das Arbeitslosengeld verweigert. Begrün-

mutet werden könne.

dung: Er stand vorher in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, habe freiwillig in eine

Hier war die befristete Stelle aufgrund der

befristete Beschäftigung gewechselt und

geringeren Entfernung und des höheren

dadurch bewusst seine Arbeitslosigkeit im

Gehalts wesentlich attraktiver als die unbe-

DIE ZAHL

23,5 Millionen Exemplare von insgesamt 115 Straßenzeitungen unseres Netzwerks wurden 2015 gekauft. 27.000 Menschen in Armut und Obdachlosigkeit konnten mit ihrer Hilfe ihre Lebenssituation verbessern.

DAS FOTO

Die „World Press Photo“-Jury hat die besten Pressefotos 2015 gewählt. Der erste Preis in der Kategorie „Alltag“ geht an den Fotografen Kevin Frayer. Sein Foto zeigt Männer in der Nähe eines Kohlekraftwerks in der chinesischen Provinz Shanxi. Chinas Abhängigkeit von Kohle zur Energiegewinnung verursacht etwa ein Drittel des gesamten Kohlendioxid-Ausstoßes weltweit. Foto: Reuters / Kevin Frayer – China‘s Coal Addiction 17


REPORTAGE

„Das Glück steht nicht mit auf der Straße.“ Straßenprostitution am Dortmunder Nordmarkt

18


127 Frauen im Bereich Straßenprostitution, davon 96 „Beschaffungsprostituierte“, so viele zählte die Dortmunder Mitternachtsmission im vergangenen Jahr rund um den Dortmunder Nordmarkt. Zwar ist hier wie im gesamten Stadtgebiet seit 2011 das „Anschaffen“ auf der Straße verboten, die Not der Frauen ist jedoch größer als die Angst vor Strafe. Wir begleiten Streetworkerin Meike Serger von der Mitternachtsmission bei einem ihrer Rundgänge durchs Quartier. Von Didi Stahlschmidt | Foto: Sebastian Sellhorst

A

uch bei leichtem Schneefall und

nierende Fachbegriff – erkundigt sich mit-

einem schneidenden Wind ist

fühlend nach einer kranken Freundin der

der Dortmunder Nordmarkt

Streetworkerin, auch wenn die abgemagert

belebt. Als Wagen des Ord-

wirkende Frau genügend eigene Probleme

nungsamtes und der Polizei im

zu haben scheint.

Schritttempo über den Platz fahren, wird es kurz hektisch. „Keine gute Voraussetzung für einen

Einige Meter weiter sitzt Monika, 64 Jahre alt,

Rundgang“, lächelt Meike Serger. Trotzdem geht

auf ein Kopfkissen gelehnt am Fenster einer

es los, vorbei an Bier trinkenden Männern und

weiteren Erdgeschosswohnung. Sie trägt eine

Frauen, Müttern mit Kinderwagen, Hundebesit-

Brille, ein nicht ganz sauberes T-Shirt und eine

zern, Rauchergruppen an Ecken. Alles freundlich

Veloursjacke. Nach dem Smalltalk über gesunde

und entspannt, wie meistens hier. Aber keine

Ernährung beharrt die Streetworkerin darauf,

Prostituierten. Es bleibt Zeit für ein Pläusch-

dass sich Monika mehr bewegen müsse und we-

chen, und ich erfahre von den festen Laufwegen

gen der Rückenschmerzen zum Arzt gehen sol-

der Frauen, die in Bewegung bleiben müssen,

le. Es scheinen die kleinen, alltäglichen Themen

nicht erwischt werden dürfen und die sich den

zu sein, die Normalität in diese alles andere als

Fahrrouten der Freier anpassen.

normale Arbeitswelt bringen.

„Auffällig ist, dass besonders tagsüber viele Fahrzeuge mit Firmenaufschriften gesehen werden. Viele der Männer, die den Straßenstrich regelmäßig aufsuchen, sind Voyeure, die die Anwesenheit der Prostituierten lediglich benutzen, um ein sexuelles Span-

nungsgefühl bei sich zu erzeugen. Sie befahren den Straßenstrich in manchen Fällen

mehrere Stunden, ohne dass es zu sexuellen Kontakten kommt. Ihr Verhalten führt zu verstärkten Belästigungen der Anwohner/Passanten und ist eine Ursache dafür, dass der allgemeine Straßenverkehr gestört wird.“ (Quelle: MNM)

Wie erkennt man Frauen, die neu dazu kom-

„Monika, erzähl doch mal etwas aus deinem be-

men? Meike Serger schmunzelt: „Man hat

wegten Leben in dem Job. Es gab ja auch bessere

ein Auge dafür und spricht sie einfach an.

Zeiten bei dir.“ Die ältere Dame zieht die Stirn

Mal wird einem Nichtwissen vorgespielt,

hoch, denkt nach und stellt fest: „Beste Zeiten

mal wirst du direkt nach Kondomen ge-

gab es in meinem Leben nie...“ Sie lacht und

fragt.“ Unser Rundgang führt uns über die

ergänzt: „Die Perversen vergessen dich nicht.“

Mallinckrodt- Richtung Missundestraße.

Meike Serger hakt nach und Monika erwidert

Rosi, um die 50 und grau meliert, öffnet ein

schulterzuckend: „C‘est la vie... aber ärgere dich

Erdgeschossfenster und ruft: „Schön, dich

nie“. Damit meint sie, dass sie bereits jetzt, zur

wieder zu sehen! Geht es dir gut, Meike?“

Monatsmitte, blank ist und heute Essen aus

Die Sexarbeiterin – so der weniger diskrimi-

dem Wichernhaus mitgebracht bekommen hat. 19


REPORTAGE

Es geht weiter, und auf dem Weg erzählt Meike Serger, dass Monika früher eine echt hübsche Frau gewesen sei, die erst in der Linienstraße und später an der Ravensberger – dem damals offiziellen Straßenstrich – gearbeitet hat. Heute gehört sie wie einige andere in der Branche zu den Gelegenheitsprostituierten, die von früheren Stammgästen, heutigen Billig-Freiern oder besagten „Perversen“ leben. Wir setzen den Rundgang fort. Es ist ein Areal von nur rund 500 Metern Durchmesser, das Meike Serger mehrmals abgeht, denn auch die meisten ihrer Klientinnen sind dauerhaft in Bewegung. „Unsere sogenannte Fitnessrunde“, lacht sie. Auf dem Weg zu Kaufland sitzt auf einer

„Da die Prostituierten innerhalb des Sperrbezirks wegen der

Polizeikontrollen möglichst unauffällig bleiben wollen, halten

sich die Frauen nur noch sehr selten und für kurze Zeit zu zweit

oder mehreren auf der Straße auf. So können sie sich hier nicht gegenseitig unterstützen, indem sie z.B. die Autokennzeichen

der Kunden und den Zeitpunkt der Kontaktaufnahme notieren,

wodurch potentielle Gewalttäter abgeschreckt und Täter schneller ermittelt werden könnten.“ (Quelle: MNM)

Treppe ein Pärchen, das Meike freundlich winkend grüßt. Sie fixen gerade, konsumieren Heroin. „Die Frau kenne ich, den Typen nicht“, stellt sie fest und öffnet die Tür des Schnellrestaurants an der Ecke. „Da wärmen sie sich gelegentlich auf oder kaufen für‘n Euro einen warmen Burger.“ Der Blick geht in Richtung Hornbach und zum früheren Straßenstrich dahinter. Gelegentlich stehen auf dem stillgelegten Areal noch Frauen oder sie schlafen in Zelten

oder in den alten Baracken auf der sich anschließenden Brache. Doch da geht der Blick schon auf die andere Straßenseite, wo die gerade noch fixende, blonde Frau nun in ihren Taschen etwas sucht. Wir gehen zu ihr und sofort fällt das Gespräch auf das hölzerne Vogelhäuschen, das sie für ihre Mutter gekauft hat. Vorschläge für die Farbgestaltung enden mit Tränen in den Augen und Ausführungen zu ihrem nicht vorhandenen Pass, den sie beim Bosnischen Konsulat in Frankfurt beantragen müsste, aber kein Geld für die Fahrt hat. Meike Serger kommt auf die fehlende Krankenversicherung zu sprechen und empfiehlt die kostenlosen Sprechstunden der „Aufsuchenden Medizinischen Hilfe“. Dabei reicht sie ihr einige Kondome sowie die Kontaktdaten der Mitternachtsmission, und aus den Tränen wird ein Lächeln und ein herzliches Dankeschön, bevor es weitergeht. „Viel Ordnungsamt und Polizei unterwegs?“, spricht Meike Serger unvermittelt eine junge Frau an. Sie wirkt unscheinbar in ihrem grauen Kapuzenpullover und dreht nur hektisch den Kopf: „Ja.“ Sie ist in der Gartenstadt groß geworden, und auf eine Gefängnisstrafe folgte der Straßenstrich in der Nordstadt.

„Auch zukünftig wird sich die Wohnsituation insbesondere

für bulgarische und rumänische Frauen nicht entschärfen, da

sie zum Großteil keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben.

Folglich ist es diesen Frauen nicht möglich, die Notschlafstellen der Stadt Dortmund aufzusuchen. Ein weiteres Problem ist der fehlende Krankenversicherungsschutz.“ (Quelle: MNM)

Im Weggehen fällt auf: Sie ist schwanger. Während das Bild der schwangeren Frau noch verarbeitet wird, grüßt Meike freundlich bekannte Gesichter, rauchende Cafébesucher vor den Türen und jeder wirft ihr ein Lächeln zu. So auch die kleine, dunkelhaarige Frau, die abgemagert mit Zahnlücken strahlend auf uns zukommt und Meike um einen Gesprächstermin bittet – und wir beenden die Runde dort, wo sie vor drei Stunden begann. Die Dortmunder Mitternachtsmission ist ein gemeinnütziger Verein und arbeitet in Dortmund im Bereich der Straßenprostitution mit Beschaffungsprostituierten, ausländischen Prostituierten, Transidenten, Transvestiten und Strichern, Kindern und Jugendlichen und Opfern von Menschenhandel – www.mitternachtsmission.de Am Montag, dem 7. März, um 19 Uhr zeigen das sweetSixteen-Kino im Depot und die Mitternachtsmission den Film „SEXarbeiterin“ mit anschließender Podiumsdiskussion. Moderieren wird bodo-Redaktionsleiter Bastian Pütter. 20


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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.

Populisten sind derzeit populär. Neulich noch waren sie indiskutabel. Schon ruft einer: „Selber!“ Zwar bin ich Bühnenmensch und Rampensau. Motto: „Lieber einen Freund verlieren,als alseinen einen Witz.“ Klar, will ich einen tobenden Saal. Es muss ja nicht der Sportpalast sein. Aber ich bin kein Politiker. Die sollen keine Späße machen, sondern E ernst. Ihr Treiben sollte dem entsprechen, was man von Menschen jenseits der Krabbelgruppe so erwartet. Für Mode-Populisten wird es da oft eng. Dem Vorzeige-Grobian im US-Wahlkampf, -dampf und -dumpf, Donald Trump, bescheinigen Beobachter den Wortschatz eines Viertklässlers. Mancher vermutet hinter der Trump-Nummer ein kalkuliertes Spiel der Republikaner, das man aus der Gastronomie kennt. Dort setzt man ein irre teures Gericht auf die Speisekarte, das niemand bestellt, vorgekauten Winterspargel für 78 Euro etwa. Schon erscheint das olle Jägerschnitzel für 29 Euro dahinter lecker und preiswert. Hinter Trump wirkt alles wählbar. Nur folgt hinter ihm ein klerikaler Hardliner. Deutschland, hast Du es besser? Ja. Wir vergessen nicht: Nazis waren so lange populistisch, bis sie an der Macht waren. Dann wurden sie zu Staatsgangstern. Absatz. Damit niemand sagt, ich vergliche. In der CDU irrlichtern Energiesparleuchten wie Julia Klöckner, Musterschülerin der Roland-Koch-Schule für Agitation und Propaganda. Sie zündelt gern, solange der Feuerlöscher griffbereit ist. Sie ist dabei, beim Super-Sonntag, am 13. 13.März. März. Drei Landtagswahlen, und wir im Revier dürfen zum Glück zuschauen. Überall schwirren sie rum, die Hansdumpfs in allen Gassen, diese Popolisten der AFD, nicht nur das Lockmittel Rassismus im Angebot. Dahinter folgt für jeden was. Ein Punkt in einem AFD-Programm trifft mich. Fürs Bühnenvolk ruft man die Pflicht aus, einen „positiven Bezug zur eigenen Heimat“ herzustellen. Mir kommt gerade der Winterspargel hoch.

Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

Je mehr Mitglieder die AWO hat, desto mehr kann sie in der Gesellschaft bewirken. Desto eher kann sie Menschen helfen, die Hilfe brauchen.

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Unterbezirk Ruhr-Mitte

Unterbezirk Unna

Klosterstraße 8-10 44135 Dortmund 0231 - 99 340

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info@awo-ww.de

www.awo-ww.de 21


SOZIALES

André Schulz (l.), Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, und Prof. Thomas Feltes, Kriminologe an der RUB.

Sind Flüchtlinge krimineller als Deutsche? Bei einer Veranstaltung der Ruhr-Universität Bochum haben der KriminologieProfessor Thomas Feltes und der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter André Schulz über den Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Kriminalität berichtet – der tatsächlich kleiner ist, als viele annehmen. Text und Foto: Felix Huesmann

„Kriminalität ist keine Frage des Passes,

zungen. In den meisten Fällen würden diese von

sondern der Lebenslage“, betont Feltes. Auch

Flüchtlingen an anderen Flüchtlingen began-

wenn durch die Polizeiliche Kriminalstatistik

gen. Tötungsdelikte und Sexualstraftaten seien

des Bundeskriminalamts ein anderer Eindruck

jeweils im Bereich von unter einem Prozent. Die

entstehen könne: Obwohl der Ausländeranteil

Zahlen seien zwar nicht aus allen Bundeslän-

an der Bevölkerung lediglich zehn Prozent be-

dern vollständig, genügten aber für eine gute

trage, sei der Anteil ausländischer Tatverdäch-

Übersicht. Es gebe außerdem einen Zusammen-

tiger in der aktuellen Kriminalstatistik mit 23

hang zwischen diesen Straftaten und Massen-

Prozent mehr als doppelt so hoch. Aussage-

unterkünften für Flüchtlinge: „Aufgrund der

kräftig sei das aber nicht. Unter Flüchtlingen

Unterbringung schaffen wir den Nährboden

und anderen Zuwanderern sei auch der Anteil

für einen großen Teil der Straftaten.“ Dem ent-

junger Männer in schwierigen wirtschaft-

gegenwirken könne man vor allem durch eine

lichen Verhältnissen besonders hoch. Diese

schnelle Integration in die Gesellschaft.

demographische Gruppe würde generell am häufigsten straffällig. Deutsche, so Feltes, würden unter denselben Voraussetzungen ebenso häufig kriminell.

Flüchtlinge und Kriminalität fordern Feltes und Schulz weder das Schließen der Grenzen noch härtere Strafen. André Schulz verweist

André Schulz, Kriminalhauptkommissar und

auf die hochgerüstete Grenze zwischen Mexi-

Polizeigewerkschafter, betont außerdem, dass

ko und den USA: Dort gebe es viele eingesetzte

unter den straffällig gewordenen Zuwande-

Beamte, viele Grenztote, eine „Pegida-artige

rern nur wenige Menschen aus Kriegsgebieten

Miliz“ und trotzdem schafften es viele Migran-

seien. In vielen Fällen würden die Täter sich

ten in die USA.

lediglich als Flüchtlinge ausgeben und in Banden agieren. Teilweise würden sie sogar durch Mafia-Strukturen nach Deutschland kommen.

22

Anders als viele Stimmen in der Debatte um

Auch mehr Polizei sei nicht die Lösung, so Thomas Feltes. „Mit mehr Polizei habe ich nicht weniger Straftaten oder mehr Aufklärung.“

Schulz berichtet auch Zahlen des Bundeskrimi-

Alle „einfach wegzusperren“ sei ebenfalls

nalamts, die aufschlüsseln, welcher Straftaten

nicht die Lösung. Im Fall marokkanischer

Zuwanderer verdächtigt werden: 33 Prozent

Zuwanderer würde es vor allem an legalen

seien Vermögens- und Fälschungsdelikte – auch

Perspektiven mangeln, die ein Abrutschen in

Schwarzfahren fällt hierunter. Wieder 33 Pro-

die Kriminalität verhindern. Für Feltes steht

zent seien Diebstähle, meist Ladendiebstähle,

fest: „Prävention ist wichtiger als Repression.“

wie er betont. 18 Prozent entfallen laut Schulz

Das sei nicht nur effektiver, sondern auch

auf Roheitsdelikte wie Raub und Körperverlet-

günstiger für die Gesellschaft.


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WILDE KRÄUTER

bodo 10.000 GUTE BÜCHER BEI BODO AM SCHWANENWALL SCHA FFT CHAN CEN

SCHARBOCKSKRAUT von Wolfgang Kienast

Es ist schon einige Jahre her, da war es

Wildkräuter taugen bei solcher Sachla-

mir ein großes Anliegen, einen Klemp-

ge, zumal sich Wetter und Krankheiten

ner zu engagieren, weil, ich gestehe,

aus andrer Perspektive dann erneut

ich ein Warmduscher bin und die

verhandeln lassen. Es gibt kaum jeman-

Therme in meinem Bad offensichtlich

den, der zum „was wächst wann und

keinerlei Lust mehr verspürte, Wasser

wo und hilft wogegen“ nicht ein wenig

meinem Naturell entsprechend auf

beizusteuern wüsste. Und, hey!, man

Temperatur zu bringen. Die Wahl des

kann mit den Dingern sogar kochen.

Klempners ist, vergleichbar der von Au-

Bestenfalls kommt alles zusammen,

toschrauber oder Zahnarzt, unbedingt

wie hier in der Kolumne...

eine Vertrauensfrage.

...in der ich eigentlich über Kornel-

Dabei sein hat viele

Vorteile Mehr Schutz im Betrieb, mehr Sicherheit im Leben und dadurch mehr persönliche Freiheit. Wäre doch schade, Sie würden darauf verzichten, oder?

Schließlich fand ich einen Installateur,

kirschblüten schreiben wollte. Die

der mit den Badewanneherren Müller-

sind aber in diesem „Winter“ (Wetter/

Lüdenscheid und Doktor Kloebner

Klima) vorzeitig erschienen und ver-

für sich wirbt. Ich vertraue Loriot.

schwunden, weswegen es, wie bereits

Ich glaube, dass sich bezüglich jeder

im vergangenen März, um Schar-

gefühlt mittelschweren Katastrophe,

bockskraut geht (Scharbock = Skorbut;

die den Alltag schlimmer macht, im

diesbezüglich wie auch sonst wirksam

Gesamtwerk von Loriot ein Sketch, ein

wegen Vitamin C), das kornelkirsch-

Text oder ein Cartoon finden lässt, der

ähnliche Standortvorlieben hat und

Die IG Metall finden Sie 3 x in Ihrer Region:

einem die Malaise entdramatisiert. Und

jetzt, nach diesem „Winter“ (Klima/

am Ende erfüllte es sich, dass jemand,

Wetter), hoffentlich noch nicht in Blüte

44793 Bochum, Alleestraße 80 Tel. 0234 – 96 44 60

der mit Loriots Figuren auf Kundenfang

steht, denn dann wäre das gelegentlich

geht, tatsächlich helfen kann.

Feigwurz (vs. Hämorrhoiden) genannte

Ich kenne mich im Bülow´schen Œvre

Kraut leider ungenießbar.

nicht so gut aus, wie ich es manch-

Nicht nur genießbar, sondern ausge-

mal wünsche. Deswegen bringe ich

sprochen lecker ist folgende Sauce aus

nahezu jede treffliche Szene mit ihm

Scharbockskrautblättern, die bestens

in Verbindung – auch den Sketch mit

zu Thunfisch, Taube, Pute oder Flug-

den Gesprächsthemenkarten bei ins

ente passt.

Stocken geratener Kommunikation. Ich meine, er stammt aus seiner Feder,

REZEPT

hundertprozent sicher bin ich mir

125 ml Sahne, die gleiche Menge trocke-

gerade nicht. Aber ich bin mir sicher,

nen Weißwein und 50 ml Noilly Prat auf

Sie kennen die Situation, wenn Wetter

die Hälfte reduzieren. 3 Schalotten und

und Krankheiten weitgehend abgehan-

1 Knoblauchzehe, gehackt, in Öl und

delt sind und das mitunter peinigende

Butter glasig dünsten. 100 g fein ge-

Schweigen einsetzt, wenn die Unter-

hacktes Scharbockskraut zugeben, nach

haltung fortgesetzt werden soll, sich

2 Minuten die Reduktion beigießen, mit

jedoch kein Gegenstand anbietet, über

Salz und schwarzem Pfeffer abschme-

den weiter zwanglos zu parlieren wäre,

cken und noch 2 Minuten köcheln las-

wenn in Dortmund Fußball abgehakt

sen. Zum Schluss weitere 75 ml Sahne

ist und in Bochum die Herbertgröne-

zugeben und kurz aufwallen lassen.

meyerbiografie.

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VERANSTALTUNGEN 03 | 16 DI 01 | 03 | 16 Ausstellung | Klaus Burkhardt Buchstaben, Zahlen, Zeichen – Bilder Der Drucker Klaus Burkhardt kam Ende der 1950er Jahre vom Handwerk zur Kunst: Buchstaben, Texte und Satzzeichen wurden zu seinem bildnerischen Material. So druckte er Texte oder Wörter übereinander und schuf aus ihnen dynamische, informelle Bilder. Für seine „Coldtypestructures“ hingegen entwickelte er

BODO VERLOSUNGEN 17. – 23.03. | Der Wert des Menschen endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten 18.03. | Schlafout und gewinne Zeit Theater im Depot, Dortmund | 3 x 2 Karten 19. – 20.03. | Heldenmarkt & ExtraVurst Jahrhunderthalle, Bochum | 3 x 2 Tageskarten 21.03. – 01.04. | Willkommen@HotelGlobalOsterferienprogramm

aus ein, zwei Buchstaben oder Satzzeichen geo-

DASA, Dortmund | 3 Familienkarten

metrische Formen, die er nach streng linearen

22.03. | Amsterdam Klezmer Band

Rastern zu Papier brachte. Im Grafik-Kabinett des Museums Ostwall sind 16 seiner Arbeiten zu sehen. Bis 13.3.16 Museum Ostwall, Dortmund

Bahnhof Langendreer, Bochum | 2 x 2 Karten 27.03. | Haste Töne 2.0 Varieté et cetera, Bochum | 2 x 2 Karten Mitmachen und Karten gewinnen:

Mischmasch | Bierakademie – Daniel Thombansen Im November 2014 wurde die „Bierakademie“

worträtsel und Ihren Wunschgewinn mit Name,

in der Trinkhalle ins Leben gerufen, die mittler-

Telefon, Adresse und dem Betreff „Verlosung“ an

weile in ihr drittes „Semester“ startet. Einmal

redaktion@bodoev.de oder auf frankierter Postkarte

im Monat treffen sich Interessierte und Hobby-

an bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund.

brauer, um bei lockerer Vorlesung und ernsthafter Verkostung die Welt der Biere zu erforschen. Am 01.03. ist Daniel Thombansen aus Lippstadt zu Gast, der neben den eher traditionellen Bieren für die Brauereigaststätte auch sehr innovatives Craft Beer produziert. Eine Auswahl seiner Spezialbiere wird er am Abend vorstellen. Trinkhalle, Bochum, 19 Uhr

MI 02 | 03 | 16 Lesung | Move on up – Ich kam aus dem Elend und lernte zu leben Philip Oprong Spenner erzählt aus seinem Leben als Straßenkind in Nairobi, wo er ums nackte Überleben kämpfen musste, bis er schließlich von dem Hamburger Arzt Robert Spenner adoptiert wurde. Mittlerweile hat er seine Ausbildung zum Lehrer beendet und unterrichtet an einer Hamburger Schule. Mit seiner Lebensgeschichte will der Autor vor allem Jugendliche ermutigen und ihnen zeigen, dass es nie zu spät ist, aktiv zu werden. Darüber hinaus sensibilisiert sein Buch für die Themen Flucht und Migration. Treffpunkt Stollenpark, Dortmund, 19 Uhr Musik | Tatort Jazz: Street Beat Music „Street Beat Music“ ist groovige, New-Orleansbeeinflusste Musik im Stile von Dr. John, The Meters, Neville Brothers und Professor Longhair. 24

Schicken Sie das Lösungswort aus unserem Kreuz-


BODO-TIPP

ROMNI Caféplus

ROMNI richtet seinen Blick auf die

viewprojekt der Fotografinnen

Die Ausstellung wird am 4. März

Frauen der Roma. Mit ihrer traditi-

Tabea Hahn und Anna Merten

durch Roman Franz, den 1. Vorsitzen-

onellen Erscheinung und Kleidung

mit den Traditionen, Wünschen

den des Verbandes Deutscher Sinti

prägen sie das Bild der Dortmunder

und Hoffnungen der Frauen. Sie

und Roma e.V., Landesverband NRW,

Nordstadt. Sie tragen ihre Herkunft

begleiteten die Frauen zwei Jahre

eröffnet.

und Zugehörigkeit öffentlich zur

lang, maßgeblich unterstützt vom

Schau und riskieren, mit Vorurtei-

Planerladen e.V. So gibt ROMNI

Bis zum 30.3. sind die Bilder in den

len und Diskriminierung konfron-

nicht nur einen Einblick in den

Räumlichkeiten des Caféplus wäh-

tiert zu werden.

Alltag der Frauen, sondern zeigt

rend der Öffnungszeiten, dienstags

Gnadenort 3 – 5, Dortmund Zeitungs-Release & Vernissage Fr. 4. 3. | 19 Uhr

auf, welche Widersprüche und

bis samstags von 11 bis 17 Uhr, zu

Abseits von Stereotypen beschäf-

Zwiespälte sich durch das Leben

sehen. Die Zeitung ist für jeden

tigt sich das Foto- und Inter-

ihrer Kultur ergeben.

Besucher frei erhältlich.

Vorbild auch ist die „Second Line“-Straßenmusik,

Leander Hausmanns Film „Herr Lehmann“ zurück

die sowohl in Clubs als auch auf der Straße ge-

in das Jahr 1989: In den Berliner Bezirk Kreuzberg

spielt und gefeiert wird. Es spielt die Tatort Jazz

SO 36 – nahe der Mauer, Ewigkeiten vom Rest der

Hausband mit Martin Scholz, Alex Morsey, Uwe

Welt entfernt. Hier verbringt der Barmann Herr

Initiator Julian Gerhard präsentiert eine Ausga-

Kellerhoff und den Gastsolisten Ronald Lechten-

Lehmann die meiste Zeit hinter und seine Bekann-

be seines experimentellen Künstlerroulettes in

berg und Wim Wollner. Der Eintritt ist frei.

ten vor dem Tresen. Der Film wird ergänzend zur

der Eve Bar. Per Zufall bringt er dabei Bochumer

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

Ausstellung „Dortmunder Neu Gold“ gezeigt , die

Künstler und Künstlerinnen aus verschiedensten

bis zum 1.5. im Dortmunder U zu sehen ist.

Disziplinen zusammen. Nach einem kurzen, aber

Kino im U, Dortmund, 20 Uhr (auch 4.3.)

intensiven Arbeitsprozess präsentieren sie ihre

DO 03 | 03 | 16 Literatur | Die Leiden der jungen Wörter Sandra Da Vina und Tobi Katze brechen das Schweigen. Millionen trifft es, und nur die we-

SA 05 | 03 | 16 Kunst | Künstlerroulette

gemeinsame szenische Arbeit auf der Bühne. Im

FR 04 | 03 | 16 Performance | See translation

Anschluss gibt es Interviews mit den Beteiligten, und auch das Publikum kommt zu Wort. Eve Bar, Bochum, 20 Uhr

nigsten sind wirklich gut darin: Erwachsenwer-

Was passiert, wenn ich etwas übersetze, von

den und Erwachsensein. Über harte Schicksale

dem ich gar nicht weiß, was es bedeutet? Gerade

Musik | Soundtrips NRW

muss gesprochen werden, finden sie, über Ar-

die heutzutage so unterschätzte Form der Poe-

Xavier Charles, Axel Dörner

beit und anderen Kinderkram, über Familie und

sie, die Traumwelt der Gedichte, lässt – nicht zu-

Axel Dörner spielt traditionellen Bebop genauso

sonstige Formen der sozialen Isolation, über die

letzt durch ihre Kürze und Konzentration auf das

wie klassischen Free Jazz oder elektronische Mu-

schönsten Fehler des Lebens, prunkvoll gerahmt

Wesentliche – den Freiraum, der uns oft so weit

sik. Der französische Klarinettist Xavier Charles

in so ziemlich alle Worte, die der Duden hergibt.

entfernt erscheint. Was liegt zwischen Traum

bewegt sich im Grenzbereich von Noisy Rock,

Grund genug also, eine Lesebühne aufzumachen.

und Realität von Poesie, und was bedeutet sie

Jazz, improvisierter Musik und Elektroakustik.

Goldkante, Bochum, 20 Uhr

heute für uns? Eine multimediale Performance

Seine Arbeit setzt auf die Erneuerung der Kunst

von Julie Stearns und Miriam Michel basierend

des Hörens. Der Auftritt der beiden Künstler

auf der Poesie von Ye Mimi.

wird durch die NRW-Musiker Achim Zepezauer

Basierend auf dem gleichnamigen Romandebüt

Thealozzi, Bochum, 19.30 Uhr

und Martin Blume ergänzt.

von „Element of Crime“-Sänger Sven Regener führt

(auch 5., 6., 12. & 13.3.)

Kunstmuseum, Bochum, 20 Uhr

Film | Herr Lehmann

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25


VERANSTALTUNGEN MÄRZ 2016

Musik | Honigdieb

Doku präsentieren. Im Anschluss Podiumsdis-

die sie im November 2015 zum dritten Mal be-

„Ballo del‘ asino“ lautet übersetzt „Tanz den

kussion mit Heike Tasillo (Ordnungsamt Do.),

suchte. Anschließend hält der Referent Markus

Esel“ oder auch „Tanz Dein Leben“. Welche Ver-

Dirk Becker (EKHK,PP), Andrea Hitzke (Mitter-

Scharrer einen Vortrag über die japanische Ener-

sion für einen zutrifft, kann jeder ganz leicht

nachtsmission), Gisela Zohren (ehemalige Mit-

giepolitik nach der dreifachen Katastrophe. Er

selbst herausfinden: das neue Live-Doppel-Al-

arbeiterin Mitternachtsmission), Moderation

lebte lange in Japan und begleitete eine deutsche

bum von Honigdieb auflegen, die Ohren spitzen,

Bastian Pütter (bodo e.V.).

Expertendelegation zu mehreren sich im Rück-

die Tanzschuhe überstreifen und hemmungslos

sweetSixteen Kino, Dortmund, 19 Uhr

bau befindlichen Kernkraftanlagen, u.a. Fukushi-

zum Sound der Band das Leben grooven. Oder noch besser: sich die ganze Dröhnung aus Folk, Ska, Rock, Disco, Funk und Polka einfach direkt mal live im FZW geben. Denn zur großen Freude

ma Daiichi. Der Eintritt ist frei – um Spenden für

DI 08 | 03 | 16

das Projekt „Hilfe für Japan“ wird gebeten. Auslandsgesellschaft NRW, Dortmund, 19 Uhr

Musik | Kodo

gibt Honigdieb ein Zusatzkonzert, nachdem das

Über dreißig Jahre hat die Gruppe den Ruf der

letzte im Dezember restlos ausverkauft war.

Kodo-Trommler in die ganze Welt getragen. Wie

„Il Mendicante“ lautet die Inschrift im Innern

FZW, Dortmund, 20 Uhr

es ihr gelingt, das traditionelle japanische Trom-

seines Cellos, „Der Bettler“. Ein legendäres In-

melspiel mit neuen Impulsen zu einer Kunst der

strument, das einem Straßenmusiker in Paris

Musik | Wellness

Musik | Beckmann spielt Cello

heutigen Zeit zu machen, ist im Rahmen ihrer

gehörte, der es auch dann nicht hergeben woll-

Lässig, verrucht und intensiv zugleich zele-

Europatournee in Dortmund mit einem neuen

te, als er betteln gehen musste. Sehr viel später,

brieren Wellness den Soundtrack für einen

Programm zu erleben – eine Inszenierung aus

1993, erfroren in Düsseldorf zwei Obdachlose,

deutschsprachigen Tarantino-Film, der noch zu

Bewegung, Ästhetik und Kraft.

und der jetzige Besitzer beschloss, mit jenem

drehen wäre. Hier wird der Surfsound der frü-

Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr

unvergleichlich warmen Ton gegen die Kälte

hen Sechziger neu interpretiert, um Indie-Pop mit eingängigen Texten in Szene zu setzen. Die Dortmunder 2-Mann-Band Brookland liefert im Vorprogramm verträumten Noise-Sound.

anzuspielen: Thomas Beckmann. In Dutzenden

MI 09 | 03 | 16 Theater | Le Petit Prince

Im Anschluss darf zu Indierock, Britpop, Beat &

Ein Pilot muss in der afrikanischen Wüste not-

60’s bei der Native Party weitergetanzt werden.

landen. Während er sich bemüht, seine Maschi-

Sissikingkong, Dortmund, 20.30 Uhr

ne wieder in Gang zu setzen, begegnet er dem kleinen Prinzen, der ihm seine fantastische

MO 07 | 03 | 16 Film & Diskussion | Sexarbeiterin

Städten haben sich, nachdem Beckmann gespielt hatte, Projektgruppen gegründet, die sich gegen Obdachlosigkeit und Kältetod engagieren. Christuskirche, Bochum, 19 Uhr

SA 12 | 03 | 16

Geschichte erzählt. Die American Drama Group

Soziale Stadtführung | Neue Perspektiven –

präsentiert eine bilderreiche Inszenierung der

bodo-Verkäufer zeigen ihr Dortmund

berühmten Erzählung von Antoine de Saint-Exu-

Wie verbringen eigentlich Menschen auf der

Der Film begleitete die studierte Informatikerin

péry mit fünf Schauspielern und Live-Musik in

Straße ihren Tag? Wo halten sie sich auf, welche

und Berliner Sexarbeiterin Lena Morgenroth

französischer Sprache.

Angebote und Hilfen gibt es? Bei bodos sozialer

(sensexual.de) über mehrere Monate durch ihr

Kammerspiele, BO, 20 Uhr (auch 10.3., 9.30 Uhr)

Stadtführung zeigen Verkäufer des Straßenma-

Leben. Dabei entstand ein vielseitiges menschliches Porträt einer Sexarbeiterin, im Kontext von Familie, Freunden und Partnerschaft und als Teil der erstarkenden politischen Bewegung

gazins „ihr“ Dortmund. Auf einem zweistündi-

FR 11 | 03 | 16

gen Rundgang gibt es neue An- und Einsichten

Vortrag | 5 Jahre Fukushima

Menschen ohne Wohnung besuchen die Stadt-

zu gewinnen. Entlang des Tagesablaufs eines

der selbstbestimmten SexarbeiterInnen. Lena

Yoko Schlütermann berichtet über die aktuelle

führer Orte und Einrichtungen, beschreiben

Morgenroth und Sobo Swobodnik werden die

Lage in den Katastrophengebieten Fukushimas,

eigene Erfahrungen und liefern Informationen

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2. FREITAG

Chained To The Cooker

Melodietrunkener Swing, federnder

Das Familienprojekt „Chained to

bern. Klassiker von Nat King Cole

Bossa Nova und tieftrauriger Blues

the Cooker“ war geboren. Denn

bis Tom Jobim, garniert mit selbst-

– all das wurde bei Dagmar Breuer

auch wenn man in der tiefsten Pro-

geschriebenen Songs in deutscher

mehr und mehr zu einer unheilbaren

vinz lebt und mit drei Kindern an

Sprache und dem einen oder ande-

Passion. Ihr Mann Thomas wurde

den Herd gekettet ist – Swing geht

ren verjazzten Hit – das sind Chained

deshalb kurzerhand zwangsrekru-

immer. Nach ihrem Debüt auf dem

to the Cooker.

tiert, um den „ollen Kram“ auf der

selbstorganisierten Kulturtag-Festi-

Gitarre zu lernen. Sehr bald holte ihn

val trauen sich die beiden nun in ihre

Der Eintritt ist frei.

der Swing ein, und so wurden die al-

Lieblingsstadt Dortmund.

Spenden für bodos Beratungs-

bodo Buchladen

ten Rockscheiben auf den Flohmarkt

Schwanenwall 36 – 38, Dortmund

gekarrt und Ella, Louis und Konsor-

Lassen Sie sich von Dagmar Breuers

ten zogen stattdessen ein.

außergewöhnlicher Stimme verzau-

Fr. 11. 3. | 19.30 Uhr

angebote sind herzlich wilkommen.

zu den Hilfe- und Selbsthilfenetzen in der Stadt.

entwicklung hinterfragt. Es werden u.a. Grund-

Rettungsboot Sea-Watch gemeinsam mit seinen

Übernachtungsstellen, Anlaufstellen, Tagesein-

kenntnisse der Raumsoziologie vermittelt. In

Mitstreitern über 2.000 Flüchtenden vor der li-

richtungen liegen auf dem Weg. Um Anmeldung

zwei Folgeveranstaltungen wird die Bedeutung

byschen Küste das Leben gerettet. Er diskutiert

unter 0231 – 950 978 0 wird gebeten.

dieser Ansätze für die Jugend beleuchtet.

seine Erfahrungen mit David Schraven, Chef-

bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, DO, 11 Uhr

Clubraum/VHS, Bochum, 18.30 Uhr

redakteur des gemeinnützigen Recherchezentrums CORRECT!V. Der Eintritt ist frei.

Stummfilm | Das Cabinet des Dr. Caligari „Du musst Caligari werden!“ las man 1920 an den Litfaßsäulen Berlins, darunter sah man

DO 17 | 03 | 16 Musical | Next to Normal (Fast normal)

Institut/Schauspielhaus, Dortmund, 20 Uhr VERLOSUNG | Schlafout und gewinne Zeit

zwei sich verkrampfende Hände. Man musste

Die Goodmans sind eine scheinbar typisch ame-

Schauspiel, Tanz, Live-Musik und Videoprojekti-

ins Kino, um Näheres zu erfahren. Ein vermeint-

rikanische Familie: Vater, Mutter, zwei pubertie-

on – die interdisziplinäre Inszenierung „Schlaf-

lich Irrer erzählt von seiner Verlobten, vom Jahr-

rende Kinder, gut situiert mit Häuschen in der

out und gewinne Zeit“ erzählt

markt, von einem Schlafwandler, von Mord,

Vorstadt. Erst auf den zweiten Blick zeigt sich,

die Konsequenzen des Schlaf-

Entführung und Dr. Caligari, dem dämonischen

dass diese Familie keineswegs normal ist, dass sie

entzugs in ebenso ernster wie

Schausteller, Wissenschaftler, Arzt. Mit Live-

sich vielmehr verzweifelt um Normalität bemüht

grotesker Weise. Der Mensch

Musik von Interzone Perceptible.

und dabei droht, auseinanderzubrechen. Denn

im Jetzt. Immer erreichbar, fit

Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr

Mutter Diana ist psychisch krank. Sie leidet unter

und effizient. Da wird sogar der

einer bipolaren Störung – und ihre Familie mit ihr.

Schlaf zum Ballast. Welch ein

MO 14 | 03 | 16 Kurs | Schrumpfende Städte – Risiko oder Chance Im öffentlichen Bewusstsein symbolisiert das Wachstum der Städte stets Macht und Einfluss.

Opernhaus, Dortmund, 19.30 Uhr

Zeitgewinn wäre es, ohne Schlaf auszukommen! In sechs Nächten kämpfen sich Mensch (Schau-

FR 18 | 03 | 16 Diskussion | BLACKBOX – Mittelmeer

spiel) und Schlaf (Tanz) durch ihre dysfunktionale Liebesbeziehung. Das musikalische Gehirn (die erste Mundharmonikarockband des Univer-

Schrumpfung steht hingegen für Resignation.

Ruben Neugebauer ist Aktionskünstler der

sums) sendet live auf Hochtouren.

Anhand zahlreicher Beispiele wird das Konzept

Gruppe „Peng! Collective“ und Seenot-Aktivist

Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr

des demografischen Wandels für die Regional-

im Mittelmeer. Im Sommer 2015 hat er auf dem

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27


VERANSTALTUNGEN MÄRZ 2016

Comedy | Ingmar Stadelmann – „#humorphob“

Einfallsreiche Kostüme und ein intelligentes Büh-

MO 21 | 03 – FR 01 | 04 | 16

Sein neues Soloprogramm #humorphob nennt

nenbild umrahmen die Inszenierung von Helge

Ingmar Stadelmann in seiner typisch beschei-

Fedder um die Hits der Musiker Christoph Klop-

VERLOSUNG | Willkommen@HotelGlobal

denen Großkotzigkeit „revolutionär“. In seiner

penburg und Christian Becker.

Osterferienprogramm

bissigen Art löst Stadelmann die Grenzen zwi-

RuhrCongress, Bochum, 16 Uhr

schen Kabarett und Comedy auf. Mal wundert er sich über alltägliche Beobachtungen beim

Ganzjährig frische Erdbeeren, wöchentlich die neueste Mode, sekündlich digitale Nachrich-

VERLOSUNG | Heldenmarkt & ExtraVurst

ten: Die Globalisierung

Menschen, mal ist die aktuelle Politik sein Ziel.

Unter dem Motto „Egal war gestern!“ lädt der

hat viele Gesichter. Die

Natürlich darf ein scharfsinniger Blick auf die

Heldenmarkt bereits zum 4. Mal zu Deutschlands

Ausstellung, bei der man

Hauptstadt Berlin nicht fehlen.

führender Verbraucher-

in verschiedenen Hotel-

Fritz-Henßler-Haus, Dortmund, 20 Uhr

messe für nachhaltigen

zimmern spannende Per-

Konsum ein. Von Le-

sönlichkeiten mit ihren Geschichten entdeckt,

bensmitteln über Mode

gibt einige Denkanstöße für Kinder von 8 bis 14

bis hin zu Mobilität und

Jahren zu dem vielleicht folgenreichsten Phäno-

Soziale Stadtführung | Neue Perspektiven –

Geldanlagen – die Produktpalette bietet in fast

men auf unserer Erde. Im Osterferienprogramm

bodo-Verkäufer zeigen ihr Bochum

SA 19 | 03 | 16

allen Lebensbereichen Alternativen zum konven-

können die Kinder nach dem Besuch der Ausstel-

Wie verbringen eigentlich Menschen auf der

tionellen Angebot unserer Konsumgesellschaft.

lung aus Plakaten und brauchbarem Altpapier

Straße ihren Tag? Wo halten sie sich auf, welche

Erstmals findet ExtraVurst parallel zum Hel-

Faltschachteln für die Aufbewahrung kleiner

Angebote und Hilfen gibt es? Bei bodos sozialer

denmarkt statt: Deutschlands erste Messe, die

Schätze gestalten. Infos: dasa-dortmund.de

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leister präsentiert. Weiterhin erwartet Sie ein

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Menschen ohne Wohnung besuchen die Stadt-

(auch 20.3., 10 – 18 Uhr)

führer Orte und Einrichtungen, beschreiben

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DI 22 | 03 | 16 VERLOSUNG | Amsterdam Klezmer Band

Party | 125 Jahre La Boum

Aus der vor zwanzig Jahren gegründeten Stra-

Übernachtungsstellen, Suppenküchen, Tages-

Während Kometen am nächtlichen Himmel ver-

ßenmusiker-Gruppe, die traditionelle jiddische

einrichtungen liegen auf dem Weg. Um telefo-

glühen, hat sich La Boum längst als ewig junge

Partymusik spielte, ist

nische Anmeldung unter Tel. 0231 – 950 978 0

Konstante im zumeist kurzzeitigen Nachtleben

über zwei Jahrzehnte

wird gebeten.

etabliert. Beat und Soul, Swing und Rock‘n‘Roll

eine international be-

bodo e.V., Stühmeyerstr. 33, Bochum, 11 Uhr

sind die Grundfesten des immer wieder überra-

kannte Band entstanden,

schenden Sets, mit dem sich die DJs Timmi & Mar-

die wie keine andere den

tini in die Herzen ihrer Tanzgemeinde spielen.

klassischen Klang von Klezmer mit zeitgenössi-

Alle Kinder werden erwachsen, außer einem… Die

Und weil das alles so toll ist, weil aber niemand

schen Stilen und Techniken vermischt. Mit ihrer

immer aktuelle Geschichte von Peter Pan über die

mehr so genau weiß, wie und wann das alles an-

frischen und tanzbaren Musik begeistern sie ihre

Unschuld und Sorglosigkeit der Kindheit und die

gefangen hat, feiern Timmi & Martini im März 125

Fans auf der ganzen Welt. Auf ihrer Jubiläums-

Bedeutung von Familie wird von den Machern

Jahre La Boum– und freuen sich auf das nächste

Tour präsentieren sie ihr neues Album „oyoyoy“.

des Theater Liberi aus Bochum humorvoll und

Jahrhundert plus X. Der Eintritt ist frei.

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BODO-TIPP

Das Leben des Brian

Schon zum vierten Mal lehnt sich die

Die Initiative wurde für die Auffüh-

eine größere Location, um dem Be-

Initiative „Religionsfrei im Revier“

rung im Jahr 2014 von der Stadt Bo-

sucherandrang vom letzten Jahr ge-

gegen religiöse Bevormundung und

chum mit einem Bußgeld von 300

recht zu werden. Dort werden nach

bürokratischen Schwachsinn auf, in

Euro abgestraft, welches durch ein

„Das Leben des Brian“ (18 Uhr) auch

dem sie an Karfreitag die Jesusparo-

Widerspruchsverfahren auf 100 Euro

„Rififi am Karfreitag“ (20 Uhr) und

die „Das Leben des Brian“ öffentlich

reduziert wurde. Auch hiergegen hat

ein weiterer Film vom Index gezeigt

zeigt – obwohl das verboten ist. Das

die Initiative Berufung eingelegt, so

(22 Uhr). Der Eintritt zum Protest-

Feiertagsgesetz verbietet an den

dass der Ausgang auf dem Instanzen-

Rudelgucken ist frei.

„stillen Feiertagen“ alle unterhaltsa-

weg weiterhin offen ist.

riff – Die Bermudahalle

men Veranstaltungen. Über 700 Fil-

Konrad-Adenauer-Platz 3, Bochum

me stehen auf dem Index und dürfen

Unbeirrt lädt „Religionsfrei im Re-

nicht gezeigt werden.

vier“ zum diesjährigen Osterfest in

Karfreitag 25. 3. | 18 Uhr

MI 23 | 03 | 16 Theater | Offene Zweierbeziehung

SO 27 | 03 | 16

B.eerForShure im Clubraum ein buntes Set aus

VERLOSUNG | Haste Töne 2.0

pichtanzarena mischen, graben nebenan die

90s Hip Hop, Funk & Club Classics auf die Tep-

Dicke Luft in der Gruft: Die Beziehung von Her-

Aufgrund des großen Erfolges im Herbst 2013

Jungs vom Funk Fatal DJ-Team nicht nach Os-

bert und Anton, den beiden schwulen Vam-

gibt es nun das Wiedersehen mit einem Team

tereiern, sondern wie üblich nach dem schwar-

piren, ist in der Krise. Seit Anton den offenen

aus vielseitig begabten

zen Gold aus 60s Soul, Swing Beats & Alltime

Zweier entdeckt hat und nach neuer Freiheit

Künstlern um Modera-

Favourites. Bis 23 Uhr ist der Eintritt frei.

strebt, zieht Herbert sich in den Sarg zurück

tor Sammy Tavalis – Mu-

Großmarktschänke, Dortmund, 22 Uhr

und frönt seinen Depressionen. Doch dann

siker, Mime, Komiker und

klingelt auch bei ihm das Telefon, die neue Lie-

Kopf des Ensembles. Eine

be ist am Apparat. Anton ist verstört. Ganz so

Show, die neben artistischen Höchstleistungen

stürmisch und offen hatte er sich seine Bezie-

großen Wert auf den guten Ton legt. Es rockt,

hungsreform nicht vorgestellt.

bebt und verzaubert – Artistik, Comedy und

DJs stellen kuriose und ungewöhnliche Schall-

prinzregenttheater, Bochum, 19.30 Uhr

Musik verbunden zu einer nicht mehr zu tren-

plattenschätze aus ihrer Sammlung vor. Dabei

nenden Einheit. Ob mit der weltkleinsten One-

wird es schnell persönlich: Was war die erste

Man-Band oder waghalsiger Akrobatik – „Haste

Platte? Das beste Cover? Der schmerzvollste Plat-

Töne 2.0“ weiß zu überraschen. Mehr Informa-

tenverlust? An diesem Abend erwartet die Zuhö-

tionen zur Show, zu Zusatzveranstaltungen und

rer ein lockerer vinyl talk der besonderen Sorte.

Larry Carlton etablierte sich seit seiner ersten

weiteren Spielzeiten unter variete-et-cetera.de.

DJ At , DJ Dash, Der Wolf und Nachtfalke haben

Aufnahme „A Little Help From My Friends“ als

Varieté et cetera, Bochum, 19 Uhr

in Ihrer Plattenkiste gebuddelt und einige sehr

einer der all-time-greatest-Gitarristen. Bands

bodo verlost 2 x 2 Karten

hörenswerte Exemplare zusammengestellt.

DO 24 | 03 | 16 Musik | The Larry Carlton Quartett

Talk | Vinyl Talk – Plattengeschichten

domicil, Dortmund, 20 Uhr

und Musiker wie Michael Jackson, Sammy Davis Jr. und Quincy Jones haben ihn zu sich ins Studio

DO 31 | 03 | 16

Party | Cosmotopias Finest

geholt und mit den Crusaders und Fourplay ist

Am Ostersonntag werden die Regler bei „Cos-

Carlton weltweit live aufgetreten.

motopias Finest“ zum Monatsende noch ein-

Zeche, Bochum, 20 Uhr

mal kräftig aufgedreht. Während Der Wolf & Al

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29


BODO GEHT AUS

Eden | Bochum Mitmachen

Von Max Florian Kühlem | Fotos: Daniel Sadrowski

oder ganze Gruppen vorbei, die oft erstaunlich gut sind: „In Their Thousands“ aus Irland

Viele Läden schreiben sich auf die Fahnen,

zum Beispiel, die klingen wie „Mumford &

dass sie für jeden offen sind. Also wirklich

Sons“ – nur besser.

für jeden. Das Bochumer Café Eden kommt diesem Ideal ziemlich nahe. Wollte man seine Zielgruppe beschreiben, könnte man nur scheitern. Ein sympathisch bunt zusammengewürfelter Verein betreibt es – mit Mitgliedern von Anfang 20 bis über 50, von arbeitslos bis angestellt bei der Agentur für Arbeit. „Wir wollen, dass die Menschen sich begegnen und miteinander ins Gespräch kommen“, sagt Tobias Schautzki, der zur zweiten Generation des Eden-Vereins gehört, gerade an der Theke sitzt und sich erinnert: „Ich bin hier irgendwann besoffen reingetorkelt. Am nächsten Tag wollte ich mich entschuldigen und wurde gleich rekrutiert.“ Jetzt kümmert

30

Wie das Eden an solche Acts kommt, um die sich manch andere Location schlagen würde, und das stets bei freiem Eintritt? „Die meisten melden sich von selbst, und wir müssen nur noch auswählen“, sagt Tobias. Andere Mitglieder wie Melina Loschen, die den Vorsitz übernommen hat, oder Hannah Doths, die heute als „aktives Mitglied“ ehrenamtlich hinter der Theke steht, halten den Laden am Laufen. Sie geben nicht nur kalte Flaschen oder heiße Tassen raus, sondern organisieren Spieleabende, Leseabende, Jam-Sessions, Nähtreffen, Klamottentausch-Partys zugunsten von Flüchtlingsorganisationen oder gemeinsames Apfelmuskochen.

Kortland nennen. Als seine Betreiber Anfang 2013 ein Ladenlokal suchten, da standen die Räume, die früher einmal die legendäre Bar Goldkante beherbergten, leer. Kurz darauf eröffneten in direkter Nähe die Craft-Beer-Kneipe Trinkhalle und die coole Eisbar Kugelpudel. Immer schon da und neu aufgeblüht ist dazwischen Bochums ältester Irish-Pub, das Paddy‘s. Die ursprüngliche Idee des Vereins: Man wollte ein Trödel-Café eröffnen. Im Prinzip ist es dazu auch gekommen: Seit März 2014 ist das Eden eine Mischung aus Café und Kneipe, in dem man günstiges Flaschenbier, leckeren

er sich um das Musikprogramm im kleinen

Sicher nicht schädlich ist dabei, dass das Café

Gin Tonic mit Gurke oder (manchmal) veganen

Laden mit den großen Schaufenstern. Ziem-

Eden mitten in dem angesagten innerstädti-

Kuchen erwerben kann – und gemütlich

lich regelmäßig schauen hier Songwriter

schen Viertel liegt, das seine Anrainer selbst

zwischen alten Möbel-Schätzchen und


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liebenswerten Einrichtungsgegenständen wie historischen Nähmaschinen oder GlobusLampen sitzen. Namensgebend war ebenfalls ein Trödelstück, das im Schaufenster steht: Die Leuchtreklame des legendären Hotels Eden, das früher an der Rottstraße / Ecke Westring stand und irgendwann durch ein hässliches Bürogebäude mit Wettbude ersetzt wurde.

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Das Café Eden ist so ziemlich das genaue Gegenteil solcherart Ruhrgebiets-Tristesse: Seine Betreiber und Besucher werden manchmal als Hippies oder Idealisten belächelt. Aber es ist ein anerkennendes Lächeln: Hier ist niemand Gastro-Profi. Vom Getränkeeinkauf über handwerkliche Tätigkeiten bis zu Behördenangelegenheiten organisieren sich Menschen mit einer Liebe zu diesem offenen Ort einfach selbst. Mitstreiter willkommen. Café Eden Herner Straße 13, 44787 Bochum

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12.02.2016 09:22:00

31


REPORTAGE

32


Wohnen Arbeit Konsum Die funktionale Differenzierung der Stadt Jürgen Bertling ist Leiter der Ideenfabrik für zukünftige Produkte beim FraunhoferInstitut in Oberhausen. In sein Ressort fällt auch die Arbeit in der „Dezentrale“, einem Gemeinschaftslabor für Zukunftsfragen, ansässig im Dortmunder Unionviertel. Die „Dezentrale“ nennt er „unser Vehikel, Erkenntnisse aus der wissenschaftlich angewandten Forschung in die Stadtviertel und dort an die Bürger zu bringen“. Ihre Pionierarbeit könnte urbanes Leben nachhaltig verändern.

Die Revolution wird mit dem Turnschuh begin-

Beispiel ein Schuh fertig ist. Keine Spinnerei,

nen, meint Jürgen Bertling. Der Turnschuh ist

wie Bertling beteuert, sondern wichtiges Ele-

ein Produkt, bei dessen Nachfrage neben der

ment einer Reihe weiterer Erfindungen, die in

Funktionalität Faktoren wie Image und Indi-

der Summe unseren Alltag positiv verändern

vidualität eine beträchtliche Rolle spielen. Im

sollen. „Wir haben die berechtigte Hoffnung,

Vergleich zu anderen Konsumgütern ist der

zu erleben, dass eine technische Innovation

Preis als Verkaufsargument von eher nach-

auch eine soziale und ökologische Innovation

rangiger Bedeutung. Ein perfektes Industrie-

sein kann. Wenn wir ehrlich sind, war das bis-

erzeugnis, innovative, noch verhältnismäßig

lang relativ selten der Fall. Wir müssen leider

kostenintensive Verfahren am Markt zu tes-

zugeben, dass die Menschen trotz aller techni-

ten. Führende Sportartikelhersteller werden

schen Fortschritte nicht glücklicher geworden

im laufenden Jahr voraussichtlich nach indi-

sind. Aber ich glaube, wir haben eine große

viduellen Wünschen gefertigte Schuhe an-

Chance, aktuell vorhandene Ambivalenzen

bieten können, prognostiziert Bertling. Teuer,

zu überwinden, also dass auf der einen Seite

doch den persönlichen Sneaker wird niemand

vielleicht höhere Produktivität, Funktionalität

sonst auf dem Planeten tragen. Auflage eins

oder Hygiene versprochen werden, was ander-

– bei der anvisierten Zielgruppe ein entschei-

seits Probleme in Bereichen wie Klima, Daten-

dender Faktor.

schutz oder Entfremdung nach sich zieht.“

Am Kunststofffaden

Von Wolfgang Kienast

Vielleicht wird die Fertigung in einem lokalen

Die Distanz zwischen Produktion und Konsum

Fotos: Daniel Sadrowski

Shop erfolgen, auf jeden Fall aber an einem 3-D-

Um die Perspektiven für die Zukunft besser

Drucker, einem Gerät, über welches in letzter

einordnen zu können, bietet sich eine Rück-

Zeit häufiger berichtet wurde, für das sich al-

schau an. Wer in vorindustrieller Zeit einen

lerdings nur technikbegeisterte Nerds wirklich

neuen Schuh brauchte, ging zum Schuster um

zu interessieren scheinen. Noch, denn dessen

die Ecke. In der Nachbarschaft fand sich zudem

Relevanz für unser aller Dasein könnte sehr bald

jemand, der Körbe flocht, den Kessel flickte, das

wachsen.

Pferd beschlug. „Damals war alles handwerklich verwoben“, sagt Bertling. „Es gab Manu-

In einem 3D-Drucker wird Kunststoff erhitzt.

fakturen, die bestenfalls mit Kleinmaschinen

Basierend auf zuvor am Rechner generierten

ausgestattet waren. Die Arbeit gehörte zum

Dateien wird dieser anschließend als hauch-

Selbstverständnis und Selbstwert des Einzel-

dünner Faden peu à peu geschichtet, bis zum

nen, und jeder hatte in Bezug auf seine Tätig33


REPORTAGE

keit ein umfassendes Wissen. Das verlor sich in den GroĂ&#x;betrieben, wo es vor allem um Ar-

ZurĂźck in die Nachbarschaft

beitsteilung zur Effizienzsteigerung ging. Und

Jeder Innovationsschub fĂśrderte die Entkopp-

diese Unternehmen waren fĂźr den Hinterhof

lung. Auch dieser Fakt ist von ambivalentem

bald zu groĂ&#x;. Dazu kamen Dreck, Lärm und Ge-

Charakter. Von den positiven Effekten kann die

stank. Die Menschen fĂźhlten sich zunehmend

Mehrheit der BevÜlkerung profitieren: „Die De-

winzig und unbedeutend. Einer der ersten, der

mokratisierung des Konsums war erst durch

deswegen Ăźber eine funktionale Differenzie-

den technischen Fortschritt mĂśglich. Sonst

rung der Stadt nachdachte, war der Architekt

hätte man vermutlich noch immer die Situ-

und Raumplaner Le Corbusier. Er entwarf ein

ation, dass der Konsum einer kleinen Clique

Konzept, das den Stadtraum in unterschied-

vorbehalten ist. Der Rest bekommt etwas zu

liche Bereiche unterteilte, in einfache Wohn-

Essen und etwas zum Anziehen, und von allem

viertel, Produktions- und Industriebereiche

anderen ist er ausgeschlossen.“ Eine Kehrseite

und die Gartenstadt.“

der Medaille: „Es war, wie gesagt, irgendwann einfach nicht mehr mÜglich, Dinge fßr den ak-

Eine nächste Stufe der Entwicklung vollzog

tuellen Bedarf in den Stadtvierteln fĂźr die dort

sich in den 70er und 80er Jahren des vergange-

Wohnenden herzustellen.“

nen Jahrhunderts. Die in alten Wohngebieten verbliebenen Handwerksbetriebe und kleinen

Mit der Produktion verschwand meist der

Fabriken wurden an den Stadtrand umgesie-

Verkauf. Mittlerweile hält man es fßr selbst-

delt, in eigens ausgewiesene Gewerbegebie-

verständlich, seinen Wohnbereich zu ver-

te. Gewiss um die Anwohner vor Emissionen

lassen, um Besorgungen zu machen. Daraus

zu schĂźtzen, darĂźber hinaus, um die Firmen

resultiert freilich eine VerĂśdung der sozialen

stßckzahlunabhängig und ohne nennenswer-

besser an eine fĂźr sie immer wichtiger wer-

Geflechte innerhalb der Quartiere. Wer zum

te Emissionen. Mit einem 3D-Drucker kann ich

dende Infrastruktur anzubinden. Die Liefer-

Arbeiten und/oder Konsumieren nicht mehr

heute einen Schuh herstellen, morgen ein Er-

horizonte hatten sich verschoben. Kaum ein

nur die Wohnung, sondern gleich den Stadtteil

satzteil fĂźr die Kaffeemaschine und Ăźbermor-

Unternehmer konnte noch existieren, wenn er

verlassen muss, trifft sich nicht mehr mit den

gen einen LĂśffel.“

allein fßr die nähere Umgebung produzierte.

Nachbarn auf der StraĂ&#x;e.

Wollte er wirtschaftlich Ăźberleben, mussten

Stadtteilproduktionszentren

auch seine Maschinen effizienter werden. In

Die neuen Techniken kĂśnnten der Anonymisie-

der Folge von notwendiger Spezialisierung,

rung entgegenwirken. „Wir sind in der Lage,

JĂźrgen Bertling ist der Meinung, gerade Ruhr-

rationalisierten Prozessen und hĂśheren Fer-

Dinge ohne industrielle Werkzeuge und For-

gebietsbewohner wären prädestiniert, sich

tigungsraten wuchs die Distanz zwischen Pro-

men herzustellen. Die Basis sind Datensätze.

mit dieser Technologie anzufreunden. „Die

duktion und Konsum.

Eine kleinteilige Fertigung ist wieder mĂśglich,

Do-It-Yourself-Kultur ist hier traditionell ver-

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Dortmunder U

34


ankert und weit verbreitet. Wir haben in den

Bertling wählt Hausrat als Beispiel. Durch die

Oben: Jürgen Bertling: „Wir sind in

Fabriken früh die Arbeitsteilung gelernt, zu

Kombination von standardisierten Elemen-

der Lage, Dinge ohne industrielle

Hause allerdings, in den Schrebergärten und

ten und „gedruckten“ Spezialteilen lassen

Werkzeuge und Formen herzustel-

Hobbykellern, war Handarbeit angesagt. Das

sich sehr leicht individuelle Möbelstücke

len. Die Basis sind Datensätze. Eine

war zwar irgendwann uncool, der Focus lag

bauen – und egal ob Sessel, Tisch, Schrank

kleinteilige Fertigung ist wieder

plötzlich auf schnellem Konsum, aber Teile der

oder Regal, wenn sich der Wunsch nach einer

möglich, stückzahlunabhängig und

Bevölkerung wollen da wieder weg. Ich glau-

neuen Einrichtung regt, wird das Bestehende

ohne nennenswerte Emissionen. Mit

be, dass die fortschreitende Digitalisierung

einfach variiert. Und was absolut nicht mehr

einem 3D-Drucker kann ich heute

bei diesen Leuten den Wunsch nach materi-

benötigt wird, kann, im Gegensatz zum Gros

einen Schuh herstellen, morgen ein

eller Betätigung weckt. Der 3D-Drucker könn-

der industriellen Massenware, problemlos

Ersatzteil für die Kaffeemaschine und

te durchaus helfen, handwerkliches Arbeiten

recycelt werden.

übermorgen einen Löffel.“

wieder einzuführen. Natürlich ist das ein Prozess, der kulturell begleitet werden muss. Die

Freilich teilt selbst in seinem Ressort nicht

Frage ist: Wo wollen wir hin? Wäre uns eine

jeder den Optimismus hinsichtlich einer nun

dezentrale Fertigung so wichtig, dass wir da-

wieder möglichen dezentralen Produktion.

für punktuelle Nachteile, zum Beispiel beim

„Ich hatte mehrere Streitgespräche mit einem

Preis, in Kauf nehmen würden?“

Kollegen. Der sagt, irgendwann kauft jemand in China eine große Halle, stellt da fünfhun-

Auf der Haben-Seite steht dabei nicht nur

dert Drucker rein, und der potenzielle Konsu-

ein wünschenswerter Rückgang der Anony-

ment ordert per Internet. Ich stelle dem die

mität in vielen reinen Wohngebieten. Do-It-

Vision von Stadtteilproduktionszentren ent-

Yourself bedeutet, dass man das, was man

gegen. Handwerkerkollektive, die sich je nach

herstellt, sehr genau kennt. So steigt die

Sparte gemeinschaftlich einen 3D-Drucker

Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte Elemen-

anschaffen, Genossenschaften oder Vereine,

te nach Ablauf der eigentlichen Nutzungs-

die sich in den Stadtteilen gründen. Leerste-

dauer weiterverwendet werden. Vielleicht

hende ehemalige Gewerbeobjekte würden

kostet jetzt jedes Teil etwas mehr, dafür wird

sich als Standort anbieten. Für die Zukunft

weniger weggeworfen oder lagert bis zum

wünsche ich mir wieder ein Durchmischen

Die „Dezentrale“ bietet Workshops an,

Sankt-Nimmerleins-Tag im Keller. In diesem

von Wohnen und Arbeiten in den Quartie-

Diskussions- sowie Informationsveranstal-

Zusammenhang wird bisweilen von modu-

ren. Denn eine andere, ebenfalls denkbare

tungen und freut sich über Anregungen.

larer Bauweise mit Mono-Materiallösungen

Entwicklung wäre genauso fatal: Wenn jeder

Richardstraße 18, 44137 Dortmund

gesprochen. Hört sich theoretisch und kom-

seinen eigenen Drucker besitzt, bleibt es bei

facebook.com/dezentraledortmund

pliziert an, lässt sich jedoch einfach erklären.

der Anonymität.“ 35


KULTUR

Wir ernten, was wir säen Die Fantastischen Vier kommen nach Hörde

E

twa 100 (!) Pressevertreter sind an diesem kalten Februartag zum

feierlich, obwohl die Anwesenden

Richtfest der Halle gekommen. Frostige

nur im unfertigen Rohbau stehen. Eine

Temperaturen sorgen dafür, dass fast

Bierbude kredenzt kostenlos Getränke, die

alle einen dicken Pulli anhaben. Dazu

Gäste werden dazu am Imbisswagen mit

gesellen sich Kamerateams, Bauleiter,

Brat- und Currywurst versorgt. Smudo und

Architekten und eine Abordnung aus dem

Thomas D. springen wie Flummis durch

Dortmunder Rathaus. Oberbürgermeister

die Veranstaltung. Als Entertainer und In-

Ulrich Sierau freut sich sichtlich und steht

terviewpartner sind die beiden eine Klasse

den anwesenden Fotografen mit einem

für sich. Sie reden wortschnell und streuen

zufriedenen Lächeln bereit. „Das Gröbste

viele Anekdoten in das verbale Ping-Pong-

liegt jetzt hinter uns“, sagt Thomas D.

Spiel. Die beiden können ihre Zuhörer

von den Fantastischen Vier im Resümee.

gekonnt mitnehmen. Sie haben ein Jahr

Der Rapper mit Kinnbart und Brille lebt

gesucht, um diese Halle zu finden. Aus-

seit vielen Jahren in der Eifel auf einem

gerechnet im Ruhrgebiet sind sie fündig

selbstverwalteten Bauernhof mit dem

geworden – und nicht in einer klassischen

großen Namen „Mars“. Er sorgt bei der

Metropole wie Hamburg, Frankfurt, Berlin

Weihe für den schlüsselfertigen Rohbau

oder München. „Es ist ein bisschen Zufall.

für Stimmung – und weiß auch, wie das

Die meisten Städte sind ja fertig gebaut,

geht: „Wir legen Wert darauf, dass wir bei

und in den Innenstädten gibt es meist

der Vermarktung der Halle mit lokalen

keinen Platz für so eine Location. Aber hier

Dienstleistern zusammenarbeiten.“ In

in Hörde ist es wirklich eine Glückssache.

seiner Dankesrede setzt Smudo noch

Unten ist der Kreisverkehr, dann beginnt

einen besonderen Gag oben drauf. Der

die Hochofenstraße und paff – dann ist

Hobbypilot und Motorsportfan weiß, dass

man schon da.“

er am gleichen Tag Geburtstag hat wie der

A

Dortmunder Bürgermeister: am 6. März. Dieses Wissen setzt er pointiert ein: „Wir vom Sternzeichen Fische können schon

uf der kulturellen Ebene ist diese Ecke in Dortmund-Hörde eher eine

traditionelle Diaspora. In der Studen-

mal sehr ehrgeizig sein oder gar herrsch-

tenkneipe Erpel an der Gildenstrasse

süchtig“, sagt Smudo augenzwinkernd.

spielte Jürgen von der Lippe auf seiner

Sierau nimmt diesen Ball auf und kontert

ersten Tour zwar vor ausverkauftem

schlagfertig: „Zupackend sind wir aber

Haus, doch das waren vielleicht 80 Leute,

Bürgerlicher Name:

auch“, so der OB. Dann erzählt das Stad-

und damals hieß der Bürgermeister noch

Michael Bernd Schmidt

toberhaupt, wie er im Jahr 1976 für sein

Günter Samtlebe. „Am Heedbrink“ ist

Familienstand: verheiratet,

Raumplanungs-Studium nach Dortmund

nur eine Straße weiter. Hier organisierte

Vater von zwei Töchtern

gekommen ist: „Ich habe, um mein Leben

Phillip Boa ab 1986 sein Noise-Pop-Label

hier zu finanzieren, als Stagehand und

Constrictor. Dieses Unterfangen war nicht

Roadie in der Westfalenhalle gearbeitet.

kostendeckend und wurde 1991 beendet.

Ich verspreche euch hiermit, dass ich beim

Später wechselte Boa den Standort in

ersten Konzert hier ein paar Kisten mit

Richtung Malta. In der Schrebergarten-

auf die Bühne tragen werde.“

anlage „Im Justenkamp“, die ebenfalls

Smudo Geboren: am 6. März 1968 in Offenbach

36

D

ie Stimmung ist charmant und


Der Dortmunder Strukturwandel bekommt im Party- und Lifestyle-Bereich prominente Unterstützung. Die Fantastischen Vier, bekannt als bundesdeutsche Hip-Hop-Institution, werden Mitgesellschafter der Phoenix-Halle in Dortmund-Hörde. Die schwäbischen Swag-Optimisten planen hier mit ihren Partnern einen Komplex aus Disco und Live-EventHalle, die 3.600 Zuschauern Platz bietet. Von Peter Hesse | Fotos: Thaisen Stärke

nur 150 Meter Luftlinie von der PhoenixHalle entfernt liegt, spielten im Jahr 1987 mal die Heavy-Metal-Kaputtniks Napalm Death. Nachdem Fans hier Büsche aus den Vorgärten rissen, wurden weitere Konzerte untersagt. Das war es dann auch mit den Popkultur-Versuchen in diesem ehemaligen Arbeitervorort, wo mittlerweile 23.000 Dortmunder wohnen.

E

s sind schon ein paar Roots, die uns immer wieder in den Ruhrpott füh-

ren“, sagt Thomas D. höflich am Rande. Die Fantas waren im Spätsommer 1991 in der Hauptstadt des BVB zum ersten Mal als Live-Band zu Gast. Kurz nachdem das Quartett sein Debüt-Album „Jetzt geht’s ab“ veröffentlichte, steuerte es auf der darauffolgenden Tour noch das alte FZW am Neuen Graben an. Dass dort nur wenig mehr als eine Handvoll Zuschauer zu Gast war, können sie direkt entkräften: „Ich habe heute extra noch mal unseren Konzertagenten gefragt. Es waren ganze 50 zahlende Gäste“, sagt Thomas D. und feixt mit breitem Grinsen. Sein Bandkollege Smudo ergänzt: „In unserer Karriere hat es nur ein einziges Mal sechs Zuschauer gegeben, und das war im Wasserturm Spandau. Fünf davon waren sogar unsere Freunde. Doch der Tiefpunkt fand im Ostwerk in Augsburg statt. Da gab es nur einen einzigen Zuschauer, und der hatte das Ticket noch bei einem Quiz gewonnen. Das war die absolute Flaute. So gesehen sind 50 zahlende Zuschauer im alten FZW doch wirklich gut.“ Die Rapper haben schon immer einen guten Draht zum Ruhrgebiet gehabt, weil ihr Booker Alex Richter ursprünglich aus Herne kommt. „Der kennt sich hier einfach sehr gut aus“, sagt Smudo. Richter

ist neben dem Fanta-4-Manager Andreas Läsker und den beiden Rappern einer der vier Gesellschafter für diesen riesigen Entertainment-Komplex, der fast 5.000 Quadratmeter groß ist. Das Programm der Club-Disco, die im Keller gebaut wird, soll vom Berliner Tresor-Club-Eigner Dimitri Hegemann geleitet werden.

S

mudo holt dazu noch einmal aus: „Es ist ein bundesweites Problem, Hallen

zu finden, die diese Größe haben. Ich lebe seit vielen Jahren ja in Hamburg, und dort gibt es in dieser Größenordnung einfach gar nichts. Die Sporthalle ist ein bisschen größer, aber das ist ein alter Laden mit einer antiquierten Strahlkraft. Aus meiner Sicht soll ein moderner Laden auch ein gewisses Flair haben.“ Dann gibt Smudo noch einen detaillierten Einblick auf den hiesigen Entertainment-Markt: „Schaut man noch eine Etage höher, dann sind die ganz großen Hallen fast nicht mehr bezahlbar für das Publikum, weil die Tickets einfach zu teuer sind, und die ganz großen Bands touren ja auch einfach nicht so oft. Wir finden diese Halle hier wirklich toll, weil wir hier viele Schnittmengen und Interessensgruppen zusammenführen können. Es ist ganz geil, weil man gelegentlich mal eine größere Band einla-

Thomas D.

den kann. Auch Comedy-Acts könnte ich

Geboren: am 30. Dezember

mir hier sehr gut vorstellen.“ Wenn keine

1968 in Ditzingen

größeren Pannen passieren, wird die ehe-

Bürgerlicher Name:

malige Gebläsehalle des Hochofenwerks

Thomas Dürr

Phoenix West bis März 2017 fertiggestellt

Familienstand: verheiratet,

sein. Die Dortmunder dürfen sich freuen.

Vater von einem Sohn und

Smudo sagt abschließend: „Wir sehen uns

einer Tochter

nicht als direkte Konkurrenz zu Läden wie dem FZW. Ich denke, wir werden uns sehr gut ergänzen. Wir nehmen denen nichts weg – und die uns nicht.“ 37


INTERVIEW

Wenn tagsüber im Privatfernsehen die Sorgen und Nöte einer vermeintlichen „Unterschicht“ mit Handkamera und Laiendarstellern vorgeführt werden, ist das eine Wirklichkeit mit Drehbuch. Das Programm dahinter erklärt die Soziologin Britta Steinwachs im Interview. Von Bastian Pütter | Foto: privat | Repros: Daniel Sadrowski

Hochpolitische Märchen Die Fernseh-Inszenierung der „Unterschicht“ bodo Weil ja niemand offiziell hinschaut:

Ehemalige Teilnehmer berichten, dass das

Was ist passiert bei einem Fernsehformat wie

Casting in kleinen Gruppen stattfindet und man

„Familien im Brennpunkt“?

aufgefordert wird, mit den eigenen Worten und

Britta Steinwachs Das sind Sendungen, die etwa 45 Minuten dauern, natürlich unterbrochen von Werbung. Da geht es dann um Geschichten, die ganz aus dem Alltag, dem prallen Leben erzählt scheinen. Es werden familiäre Schicksale von vermeintlich „normalen“ Menschen in Deutschland präsentiert – und das in einer Art und Weise, die einem das Gefühl gibt, es sei realistisch. bodo Offensichtlich erfolgreich. Bei einer Umfrage der Landesanstalt für Medien (LfM) glaubten das 78 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen. „Echt“ sind die Geschichten trotzdem nicht? B.S. Nein. Der Eindruck wird durch Techniken

„Wie sieht es aus, wenn Sie sich aufregen?“ – und werden dann den passenden Rollen zugeordnet: zum Beispiel als dauererwerbsloser Jugendlicher oder als Immobilienkauffrau. Erst später, wenn ein Drehbuch vorliegt, das eine entsprechende Rolle vorsieht, wendet sich die Produktionsfirma wieder an die Laien. Dann erst wird die Sendung wirklich gedreht und die Darsteller erhalten eine geringe Aufwandsentschädigung. bodo In Ihrem Buch analysieren Sie bis ins Detail, wie diese Darsteller vermeintliche Angehörige der „Unterschicht“ spielen. Mit sehr

und durch Darsteller, die Laien sind und keine

B.S. Ja, ich habe die Charaktere aus der darge-

es keine echten Geschichten sind. Es gibt ein

Für eine kleine Aufwandsent-

Drehbuch wie bei jeder Serie oder Soap, und

Mitte“ oder „Unterschicht“.

tionen spielen die Laien dort ihren Habitus vor –

eindeutigen Befunden.

Oben: Familien im Brennpunkt:

ler nach Drehbuch „bürgerliche

Rollenspielen darzustellen. In kleinen Improvisa-

erzielt, die dem Dokumentarfilm entspringen, professionellen Schauspieler. Wichtig ist, dass

schädigung spielen Laiendarstel-

eigener Körpersprache typische Emotionen in

gleichzeitig wird konstant der Eindruck erweckt, als würde Wirklichkeit direkt abgefilmt – „scripted reality“. Aber unabhängig davon, für wie authentisch die Inszenierungen gehalten werden, interessiert mich, welches Wissen über Moralvorstellungen und gesellschaftliche Wirklichkeit sie bereitstellen.

stellten „Unterschicht“ untersucht: Sie werden als ordinär und vulgär präsentiert, sie haben sprachliche Defizite, können ihre Affekte nicht kontrollieren, reden laut, verwenden eine Körpersprache, die bedrohlich ist. Darüber hinaus agieren sie egoistisch, genussorientiert und mit wenig Blick für das Gemeinwohl und das Wohl ihrer Kinder. Das ist durchgehend so. bodo Das Problematische besteht aber nicht allein im Vorführen erdachter Angehöriger der

bodo Bevor wir über die Zuschauer sprechen

„Unterschicht“, sagen Sie, sondern in dem, was

– es gibt diesen Satz: „Arbeitslose spielen

diesen Protagonisten widerfährt.

Arbeitslose, und Arbeitslose schauen ihnen zu“. Wie wird man Darsteller und wer spielt da mit?

38

B.S. Ja, in jeder Folge wird eine ganz bestimmte gesellschaftliche Frage gestellt,

B.S. Für das Casting kann sich jeder anmelden,

zum Beispiel die nach dem Aufstieg durch

der dann einen Auswahlprozess durchläuft.

Bildung. Zuerst wird der Ist-Zustand in dieser


Britta Steinwachs (geb. 1987) ist Soziologin und lebt in Berlin. Ebenfalls in der edition assemblage erschien „Faul. Frech. Dreist. Die Diskriminierung von Erwerbslosigkeit durch BILD-LeserInnen.“

Familie gezeigt, werden die ganzen Klischees

B.S. Wenn soziales Leid oder Armut per-

Vergleich fühlt sich jeder erfolgreicher, schlauer,

bedient: Das Geld der Familie wird für Ziga-

sönliches Verschulden sind, existiert kein

weniger naiv – also aufgewertet. Die Sendungen

retten, Pommes, Muskelbank usw. ausgege-

gesellschaftliches Problem, das man politisch

sind so konstruiert, dass sie dieses psychologi-

ben. Bildung spielt keine Rolle, generell sind

angehen müsste. Der Subtext dieser Erzäh-

sche Bedürfnis bedienen. Man mag sich in der

bürgerliche Werte eher verpönt. In einem

lungen ist, dass man selbst rauskommt aus

Gesellschaft nicht wertgeschätzt fühlen, spürt

Beispielfall wehrt der Jugendliche sich, will

seiner Lage. Das ist der Kern der neoliberalen

dann aber vor dem Fernseher in der Abgrenzung

raus aus diesem Milieu, will Abitur machen

Vorstellung, dass es in der freien Gesellschaft

nach unten ein subjektives Erfolgserlebnis.

und wird immer wieder von den Eltern zu-

keine Klassenbarrieren gibt, dass soziale Un-

rückgehalten. Das Ganze eskaliert, bis dann

gleichheit eben nicht strukturell festgeschrie-

staatliche Institutionen eingreifen und alles

ben ist. Die Verantwortung liegt bei Einzelnen,

zum Besseren wenden.

es bedarf nur der „Aktivierung“ – das ist eben auch der Kern der Hartz-Gesetze.

bodo Also eine positive Geschichte? B.S. Das Interessante an diesem Format – was auch die Produktionsfirma selbst betont – ist: Der Familie wird in ein besseres Leben geholfen. Diese Hilfe besteht durchgehend in staatlicher Intervention, das kann das Jugendamt, die Arge, die Schule oder ein Sozialarbeiter sein.

bodo Sie erinnern daran, dass diese Wertvorstellungen des „unternehmerischen Selbst“ aus Managerseminaren längst auf Jobcenter, Schulen, Pflegeeinrichtungen übergegangen sind. Und den zu Hause Bleibenden vermittelt sie das Fernsehen?

bodo Und wer sieht sich das nun eigentlich an? B.S. Das disziplinierende Moment geht weit über die sogenannte „Unterschicht“ hinaus. Diese moralischen Erzählungen funktionieren als Stigma, das einen selbst am Laufen hält: Wenn ich mich hängenlasse, nicht kämpfe, dann widerfährt mir diese Ächtung, die ich da jeden Tag im Fernsehen sehe. Ich glaube, es wirkt mindestens so intensiv auf Leute, die in der Erwerbsarbeit stecken. Die sehen diese Zerrbilder und spüren: Zu denen

B.S. Insofern sind diese Erzählungen hochpoli-

will ich nie gehören. Deshalb nehme ich auch

bodo Das Funktionieren staatlicher Institutio-

tische Märchen. Sie wiederholen die „Teller-

einen unterbezahlten Job an, deswegen lasse

nen klingt ja erst einmal nicht so schlecht.

wäscher zum Millionär“-Geschichte täglich

ich mich gegen meine Überzeugungen, gegen

mehrfach: Ihr könnt das schaffen, strengt euch

meine Würde in dieser Gesellschaft behandeln,

an. Ihr seht: Hier ist eine Familie mit wirklich

weil ich sehe, es gibt diese Gruppe von Men-

schlechten Voraussetzungen und die schafft

schen, zu der ich nicht gehören möchte.

B.S. Es sind Prozesse des Anpassens und Angepasstwerdens an vorherrschende Vorstellungen – Vorstellungen vom gesunden, aktiven Leben, von Leistungs- und Bildungsorientierung. Das Leben der Protagonisten erscheint bis dahin als Abweichung, die nicht strukturelle Gründe hat, sondern individuelle: Die Leute können – und sollen – sich aus ihrer Lage selbst befreien. Das wird jeweils vorgeführt als Auflösung des Konflikts. Es sind hochmoralische, pädagogische Geschichten mit klaren Schuldzuschreibungen. bodo Sie beschreiben diese Fernsehwirklich-

das. Und das jeden Tag, in stundenlanger Beschallung, führt dazu, dass die Vorstellung, dass ich selbst allein verantwortlich bin für meine Lage, zur generellen gesellschaftlichen Idee wird. Nur, dass es in der Realität nicht so aussieht wie in diesen Geschichten. bodo Das klingt wirklich eher nach einem Trainingsprogramm als nach Unterhaltung. Warum sind Formate wie „Familien im Brennpunkt“ so erfolgreich?

keit im Zusammenhang mit dem Umbau des

B.S. Ich glaube, die Figuren sind so überzeichnet,

Sozialstaats seit den 2.000er Jahren.

dass sie jedes reale Schicksal überbieten. Im

Britta Steinwachs Zwischen Pommesbude und Muskelbank. Die mediale Inszenierung der „Unterschicht“ ISBN 978-3-942885-91-1 edition assemblage | 16,80 Euro

39


NETZWELT

KINOTIPP

endstation.kino & bodo präsentieren: Der Wert des Menschen Thierry (Vincent Lindon), 51 Jahre alt, Familienvater und gelernter Maschinist, ist seit 20 Monaten arbeitslos und befindet sich auf der Suche nach einem neuen Arbeitsverhältnis. Dabei muss er sinnlose Fortbildungen absolvieren und aussichtslose Job-Interviews bestreiten. Immer wieder kommt er an den Punkt, an dem er sich fragen muss, ob er es sich noch erlauben kann, auf seinen

Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:

www.hoaxmap.org

Prinzipien zu bestehen. Als er schließlich eine Anstellung als Kaufhausdetektiv

Ein Hoax bezeichnet eine Falschmeldung, die von vielen Menschen für wahr gehalten wird

findet, gerät er aufs Neue in ein moralisches

und sich daher schnell im Internet und über Social-Media-Kanäle verbreitet. Dieses Phäno-

Dilemma, das ihn endgültig vor die Wahl

men trat in den letzten Wochen und Monaten vermehrt mn Zusammenhang mit angeblich

stellt, ob er dazu imstande ist, den Gesetzen

von Geflüchteten begangenen Straftaten auf. Abstruse Gerüchte machten im Internet die

des Marktes zu gehorchen oder nicht.

Runde. Teilweise reproduzierten sie jahrhundertealte rassistische Narrative vom mordenden und vergewaltigenden Fremden. Diesen Geschichten stellt sich ein Kartenprojekt entgegen, das die Meldungen, die sich als Falschmeldungen herausstellen, sammelt, die passenden Richtigstellungen heraussucht und diese auf einer Karte anzeigt.

Vincent Lindon im offiziellen Wettbewerb des Cannes-Filmfestivals 2015 mit dem Preis für die beste männliche Hauptrolle

In einer tabellarischen Übersicht werden auf der Plattform die einzelnen Fälle von Falsch-

ausgezeichnet und der Film erhielt zudem

meldungen und widerlegten Gerüchten nach einem festen Schema archiviert. Neben Ort

den Preis der ökumenischen Jury. In diesem

und Datum und einer kurzen Beschreibung des Gerüchtes finden sich auf der Webseite

im Cinéma-Vérité-Stil inszenierten Drama

die direkten Links zu den entsprechenden Richtigstellungen. Neben Erzählungen von

wird er von einem großartig agierenden

explodierenden Kriminalitätsraten, die sich als falsch herausstellten, finden sich auf der

Ensemble aus Laien begleitet.

Webseite auch Links zu abstrusen Gerüchten wie geschändeten Gräbern und gegessenen Schwänen. Auf einer Karte kann man die Fälle lokal verorten.

Der französische Regisseur Stéphane Brizé stellt in seinem Drama eine zentrale Frage:

Ins Leben gerufen wurde das Projekt Anfang Februar von Karolin Schwarz. „Ich hatte

Wie viel ist die Menschenwürde in der

bereits Mitte des letzten Jahres das Gefühl, dass es immer mehr Gerüchte um geflüch-

heutigen Zeit wert? Die Gesetzmäßigkeiten

tete Menschen gibt, die sich letzten Endes als Falschmeldungen herausstellten. Diese

des Marktes zeigen dabei ihr hässliches

Geschichten wollte ich sammeln“, so die Gründerin des Projektes. Mit ca. 130 Geschichten

Gesicht: Friss oder stirb, heißt die Devise.

ging die Webseite online. Mittlerweile sind es weit über 200 Fälle, durch die man sich klicken kann. „Fast täglich bekomme ich neue Einsendungen von Geschichten per Mail oder über Twitter. Natürlich bin ich durch die Seite auch das Ziel von Anfeindungen geworden, aber das bleibt wohl nicht aus bei so einem Projekt.“ Im Laufe der nächsten Wochen sollen kontinuierlich weitere Hoaxe dazukommen. Im Moment sei das Arbeitsaufkommen des Hobbyprojektes enorm, so Schwarz. „Ich hoffe, dass sich das in nächster Zeit wieder etwas normalisiert, auch wenn ich den Eindruck habe, dass wir im Moment gerade mal die Spitze des Ka

ro

40

Für seine darstellerische Leistung wurde

Eisberges abgebildet haben.“ (sese) lin

Sch

w ar z

Deutsche Fassung: Do. 17.3., 20 Uhr, Fr. 18.3., 17 Uhr, Sa. 19.3. – So., 20.3., 19.Uhr Französisches Original mit deutschen Untertiteln: Mo. 21.3. – Di. 22.3., 20 Uhr und Mi. 23.3., 17 Uhr Endstation Kino im Bahnhof Langendreer Wallbaumweg 108, 44894 Bochum Telefon 0234 – 687 16 20 www.endstation-kino.de


BÜCHER

Gelesen von Bastian Pütter

Von wegen grün Kathrin Hartmann ist wütend. Akribisch hat sie für ihr neues Buch recherchiert, u.a. dort, wo die Kollateralschäden unseres „grünen“ Nachhaltigkeits-Kapitalismus

Braunschweig hat Polizei

entstehen. In den gerodeten Regenwäldern Borneos, wo heute auf endlosen Plantagen Palmöl für europäischen Bio-Diesel oder deutsche Bio-Tütensuppen produziert wird. Oder in den zerstörten Mangrovenwäldern Bangladeschs, wo „Naturland“ zertifizierte Bio-Garnelen „anbaut“.

Denken lassen Eine geschmeidige Begriffsklärung zu Beginn: „Algorithmen sind Kunstwerke der Faulheit. (…) Ein Algorithmus ist ein Teil unseres Denkens, den wir so gut verstanden

Auf 400 Seiten und mit einem ganzen

haben, dass wir ihn auslagern können.“ Zum

Anmerkungsapparat zählt sie die Zerstö-

Planeten dieser seltsamen Wesen, ohne die

rungen, die Enteignungen und Menschen-

im digitalen Zeitalter nichts mehr geht (ob-

rechtsverletzungen auf der Nachtseite

wohl sie natürlich viel älter sind), hat der Ma-

der „Green Economy“ auf. Einer Ideologie,

thematiker Sebastian Stiller einen geradezu

die Wachstum mit „Ablass“ verbindet:

verblüffenden Reiseführer geschrieben.

Hunderte Ökosiegel sind Kaufargumente für ein gutes Gewissen, und wo die Zweifel zu laut werden, wie beim „zertifizierten“ Palmöl, helfen Gefälligkeitsgutachten und die Kumpanei mit Regierungen, Institutionen der UN und Umweltschutzverbänden wie dem WWF.

Wir Laien raunen von Algorithmen, wenn es um Suchmaschinen, Datensicherheit und Überwachung und letztlich meist, wenn es um (digitale) Komplexität geht. Der mahnende Untertitel „Versteht sie, bevor sie euch verstehen“ holt uns bei genau diesen diffusen Ängsten ab und ist doch ein

Der Braunschweiger Kripo-Chef Ulf Küch erklärt in „Soko Asyl“, wie seine Polizei 2015 angesichts der vielen Geflüchteten in der Stadt reagiert hat: Mit dem Erfassen und dem Bekämpfen von sowie dem Informieren über Kriminalität. Klingt banal? Ist es eigentlich auch. Genauso wie die Befunde: „Der Anteil von Kriminellen, die mit den Flüchtlingen nach Deutschland eingereist sind, ist prozentual nicht höher als der Anteil von Kriminellen in der deutschen Bevölkerung.“ Ganz klar ist mir nicht, warum Polizisten inzwischen aus Dienstinterna Bücher machen. In diesem Fall ist es jedenfalls deutlich besser auszuhalten als etwa der Bestseller „Deutschland im Blaulicht“ der Bochumer Streifenpolizistin Tania Kambouri (bodo 11/15).

Für Kathrin Hartmann ist klar: Den eige-

Etikettenschwindel. Stillers Buch ist eine

Das hat weniger mit Positionen zu tun

nen verschwenderischen Lebensstil mit

geradezu lustvolle Tour, mitreißend und

– auch Ulf Küch ist eher ein Hardliner –,

Nachhaltigkeits-Siegeln ethisch zu recht-

erstaunlich handfest geschrieben. Es geht

sondern mit einer Unaufgeregtheit, die sich

fertigen, misslingt. Der Rohstoffhunger

um die Frage, warum Autos nicht mehr als

meist nicht mit Ressentiments und gefühl-

des grünen Kapitalismus setzt immer neue

sieben Sitze haben sollten, um das Teilen

ten Wahrheiten aufhalten will. Küch sagt

Zerstörungen in Gang. Was bleibt, außer der

von Kuchen, um Fortpflanzung, Rubbellose

halt, wie‘s ist. Und so verweist „Soko Asyl“ in

Wut, sind die Vision einer Postwachstums-

oder um Leonardo da Vincis Überlegungen

erster Linie auf das flächendeckende Schei-

gesellschaft und die Beispiele globalen

zum Malen von Bäumen. Nach 250 Seiten,

tern von Politik und Verwaltungen, einfach

Widerstands: „Folgen wir ihnen doch.“

die bei aller Klarheit fast im Plauderton da-

vernünftig darüber zu sprechen, was sich

herkommen, fühlt man sich gleichermaßen

ändert und was nicht, wenn Neue kommen.

Kathrin Hartmann | Aus kontrolliertem Raubbau – Wie Politik und Wirtschaft das

unterhalten und eine ganze Ecke schlauer.

Ulf Küch | Soko Asyl. Eine Sonderkommission

Klima anheizen, Natur vernichten und

Sebastian Stiller | Planet der Algorithmen.

offenbart überraschende Wahrheiten über

Armut produzieren

Versteht sie, bevor sie euch verstehen.

Flüchtlingskriminalität

ISBN 978-3-89667-532-3

ISBN 978-3-8135-0693-8

ISBN 978-3-86883-862-6

Blessing | 18,99 Euro

Knaus | 14,99 Euro

Riva | 16,99 Euro

41


REPORTAGE

42


Vor zehn Jahren wurde Mehmet Kubas¸ık in der Dortmunder Nordstadt ermordet. Erst 2011 wurde klar, dass der selbsternannte „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) für diesen und neun weitere Morde sowie mindestens zwei Bombenattentate mit zahlreichen Verletzten verantwortlich ist. Der NSU-Komplex offenbarte Strukturen in deutschen Sicherheitsbehörden, die mindestens in diesem Fall von Ignoranz, Vertuschen und Versäumen geprägt waren. Und er offenbarte einmal mehr, dass es für Rassismus in einer Gesellschaft keine Nazis braucht. Von Alexandra Gehrhardt | Foto: Daniel Sadrowski

Versagen als Teil des Systems „Spekuliert wird, ob Mafia-Killer aus dem Drogenmilieu dahinter stecken, die Abtrünnige liquidieren; Auftragsmorde sind denkbar“, stand am 7. April 2006 in der Westfälischen Rundschau. Drei Tage vorher war der Kiosk-Betreiber Mehmet Kubas¸ık in der Mallinckrodtstraße in der Dortmunder Nordstadt ermordet worden. Schon bald war klar: Mit derselben Waffe waren schon andere türkei- oder griechenlandstämmige Geschäftsleute in Städten in ganz Deutschland erschossen worden. Der Leitende Staatsanwalt schloss, „dass es sich um einen Schlusspunkt unter einer Auseinandersetzung zwischen Gewerbetreibenden handelt.“

Gegen die Betroffenen Es waren keine Gewerbetreibenden, sondern Neonazis, die von 2000 bis 2007 neun Geschäftsleute und eine Polizistin ermordeten und mindestens zwei Bombenanschläge verübten. Erst 2011 wurde der rassistische Hintergrund der Serie bewiesen – nicht, weil die Ermittlungen erfolgreich waren, sondern weil der NSU sich selbst enttarnte. Seitdem wird viel über ein Versagen der Sicherheitsbehörden gesprochen, über Versäumnisse, schlechte Kommunikation und über

Pressestimmen:

die Unterstützung, die das Kerntrio aus der rechten Szene in Dort-

„Seit fast sechs Jahren hält eine bundeswei-

mund und den anderen Städten gehabt haben muss. Ein Punkt wird

te Mordserie an ausländischen Ladenbe-

aber noch immer zu wenig beleuchtet, sagt der Rechtsanwalt Cars-

sitzern die Polizei in Atem. Gab es mit dem

ten Ilius: dass dieses Versagen Teil des Systems ist. „In Dortmund,

39-jährigen Ladenbesitzer Mehmet K. […]

und unabhängig voneinander auch in allen anderen Städten, wurde

jetzt das achte Opfer? Fast jedes Mal traf es

in strukturell rassistischer Weise gegen die Betroffenen ermittelt.“

türkische Kleinhändler.“ Westfälische Rundschau, 7. April 2006

Ilius vertritt Elif Kubas¸ık, die Ehefrau des Getöteten, als Nebenklägerin im Münchener Prozess und ist überzeugt: „Das, was in Dortmund passierte, ist beispielhaft für die Problemlage.“ Denn bei der Suche nach den TäterInnen waren Drogenhandel, Mafiastrukturen oder PKK die ersten Ermittlungsansätze.

Das ignorierte rechte Motiv

„Von zwei Verdächtigen, die in Nürnberg am Tatort gesehen worden waren, existieren Phantombilder. Kurzzeitig wurden sie in Verbindung zum Nagelbomben-Attentat im Juni 2004 in Köln gebracht.“ Westfälische Rundschau, 7. April 2006 „Wir müssen davon ausgehen, dass es sich

Zwei Jahre lang wurde das komplette Umfeld der Familie ausgeleuch-

um eine Organisation handelt. Wir wissen

tet und Angehörige immer wieder befragt. Ob Kubas¸ık eine Geliebte

nur noch nicht, um welche.“

hatte oder Kontakte zur PKK. In einem Interview schilderte die Ehefrau

Ruhr Nachrichten, 8. April 2006 43


REPORTAGE

2014, sie sei befragt worden, ob es sich um eine

Die ganz normale Mitte

Struktureller Rassismus

die Familie ja aus der Osttürkei. Dass ihr Mann

Nach einer aktuellen Studie der Friedrich-Ebert-

Wie diese Aufarbeitung funktionieren kann?

ermordet wurde, weil er selbst in kriminelle Ma-

Stiftung zur Verbreitung rechter Einstellungen

1997 befasste sich eine Untersuchungskom-

chenschaften verwickelt gewesen war, war für

fühlen sich 18 Prozent – fast ein Fünftel – der

mission in England mit den Ermittlungen

die ErmittlerInnen der einzig mögliche Schluss.

deutschen Bevölkerung „durch die vielen Aus-

zum Tod von Stephen Lawrence, der 1993 in

Blutfehde handeln könne, schließlich komme

länder in einem gefährlichen Maß überfrem-

London erstochen worden war, und unter-

Und das passierte nicht nur in Dortmund. Die

det.“ Weitere 19 Prozent stimmen dieser Aussage

suchte, ob rassistische Strukturen innerhalb

Betroffenen des Nagelbombenattentats in der

zumindest teilweise zu. Mehr als 1.000 Angriffe

der Polizei die Ermittlungen behinderten. Im

Kölner Keupstraße wurden 2004 genauso zu

auf Geflüchtetenunterkünfte hat das Bundes-

Bericht dieser Kommission, der als Macpher-

Unrecht verdächtigt wie der Nürnberger Blu-

kriminalamt 2015 gezählt. In Escheburg wurde

son-Bericht bekannt wurde, stand am Ende,

menhändler Enver S¸ims¸ek, dem zunächst Kon-

im Februar 2015 Feuer in einer solchen gelegt, in

dass der Mord „eindeutig durch Rassismus

takte zu Drogenhändlern und einer „Schnitt-

Altena drang im Oktober ein Mann in ein Wohn-

motiviert“ und die Polizeiarbeit durch „In-

blumenmafia“ unterstellt wurden.

haus ein, in dem sieben Geflüchtete wohnten,

kompetenz und Rassismus“ geprägt war.

legte auf dem Dachboden Feuer und schnitt die Ein rechtes Motiv allerdings wurde – auch in

Leitung zum Brandmelder durch. Die Täter: Ein

Nach der Selbstenttarnung des NSU im No-

Dortmund – ignoriert, trotz der Hinweise, die

Finanzbeamter und ein Feuerwehrmann, nicht

vember 2011 habe er sich gefragt, ob er auf

es gab: trotz der Zeugin, die zum Tatzeitpunkt

als rechtsradikal bekannt. Die ganz normale Mit-

das rassistische Motiv hätte kommen können,

zwei Männer mit einem Fahrrad gesehen hatte,

te. Um diese Mitte geht es aber, sagt Ilius, denn

sagte Staatsanwalt Artkämper im Januar vor

die sie als „Junkies oder Nazis“ beschrieb. Trotz

sie konstituiert staatliche und gesellschaftliche

dem Untersuchungsausschuss in Düsseldorf.

der „Operativen Fallanalyse“, einer Art Psycho-

Institutionen, Polizei, Behörden, Bildungsein-

Doch er habe keinen Fehler in den Ermittlun-

gramm, die die TäterInnen als „unorganisiert/

richtungen, Medien. Sie prägt die Regeln – und

gen feststellen können, auch nicht mit dem

fremden- bzw. türkenfeindlich“ charakteri-

wird von ihnen geprägt –, die MigrantInnen als

Wissen von heute. Im Februar wurde bekannt,

sierten. Daraus folgte nichts. Weil es nur eine

fremd, nicht gleich, kriminell konstruieren.

dass die Polizei nach der Entführung eines Kleinkindes aus dem Berliner LaGeSo mehre-

Arbeitshypothese gewesen sei, aber keine konkreten Ansätze gab, sagte der Leitende Staats-

Als der Bundestags-Untersuchungsausschuss

re Tage lang in die falsche Richtung ermittelt

anwalt Dr. Heiko Artkämper im Januar vor dem

zum NSU 2013 seinen Abschlussbericht vorleg-

hatte. Sie hatte zuerst die Familie verdächtigt,

NRW-Untersuchungsausschuss. Und weil sich

te, diagnostizierten NebenklagevertreterIn-

die Entführung nur vorzutäuschen, um nicht

die Dortmunder Neonaziszene ja vor allem auf

nen, dass institutioneller Rassismus bei der

abgeschoben zu werden.

den Stadtteil Dorstfeld beschränke.

Aufarbeitung zu wenig thematisiert wurde.

Pressestimmen: „Selbst die Hypothese, dass ein psychopatischer Serientäter durch Deutschland reist und wahllos versucht, türkisch-stämmige Gewerbetreibende zu ermorden, wäre eine

Auch das Deutsche Institut für Menschen-

Mit einer Demonstration und einer Podiums-

rechte kam im Staatenbericht des UN-Anti-

diskussion begehen verschiedene Organi-

rassismus-Ausschusses zu dem Schluss: „Ob

sationen und Gruppen am 4. April den „Tag

Formen institutionellen Rassismus in Ermitt-

der Solidarität“ zum Gedenken an Mehmet

lungsbehörden eine wirksame Aufklärung

Kubas¸ık. Die Demonstration beginnt um 18

dieser Taten behinderten, wird bislang in der

Uhr am ehemaligen Kiosk der Familie Kubas¸ık

Aufarbeitung unzureichend thematisiert.“

an der Mallinckrodtstraße 190.

,denkbare Variante‘, sagt Artkämper.“ Ruhr Nachrichten, 8. April 2006 „Das BKA sieht das genauso: ,Auf Grund der Tatausführung steht fest, dass der oder

Die Amadeu-Antonio-Stiftung definiert institutionellen Rassismus als Phänomen, in

die Täter in allen neun Fällen mit absolu-

dem „Institutionen rassistische Zuordnungen

ter Tötungsabsicht und sehr professionell

übernehmen und daraus für die so markier-

gehandelt haben.‘ Tödliche Streitigkeiten im Familien- oder Bekanntenkreis schließt das

ten Menschen systematische Benachteiligungen folgen“, sagt ein Bericht zu institutio-

BKA aus. Und so bleibt doch die Vermutung,

nellem Rassismus im Fall NSU. „Das bedeutet

dass es sich um Erpressung handelt.“

nicht, dass notwendigerweise alle Personen,

Ruhr Nachrichten, 12. April 2006 „,Döner-Morde‘ Taten von Nazis.“ Westfälische Rundschau, 12. November 2011 „Döner-Morde: Heiße Spur.“ Ruhr Nachrichten, 12. November 2011 44

Info:

die in entsprechenden Institutionen arbeiten, persönlich rassistische Absichten verfolgen. Der Rassismus ist stattdessen oft in Routinen und Regelungen eingewoben, welche diese Diskriminierung erzeugen, ohne dass es den Beteiligten auffallen muss.“


VERKÄUFERPORTRÄT

„Hier kennt mich eigentlich jeder.“

Frank aus Wattenscheid

„Seit zehn Jahren verkaufe ich jetzt hier in Wattenscheid. Zuletzt musste ich ein bisschen kürzer treten, weil ich künstliche Arterien in einem Oberschenkel bekommen habe. Aber es geht mir schon wieder besser, und dreimal in der Woche bin ich jetzt schon wieder an der Oststraße. Morgens fahre ich aus Gelsenkirchen hierher.

Frank verkauft in Wattenscheid das Straßenmagazin. In der Fußgängerzone gehört er mittlerweile fest zum Stadtbild. Als wir ihn an seinem Verkaufsplatz besuchten, war er bereits mit Kunden ins Gespräch vertieft. Nach einer Weile hatte er dann aber doch Zeit, um mit uns über sich, seinen Verkaufsplatz und das Ruhrgebiet zu plaudern. Protokolliert von Sebastian Sellhorst | Foto: Sebastian Sellhorst

Bei einem Unfall vor vielen Jahren habe ich meine Unterschenkel verloren, daher habe ich einen Behindertenausweis. Mit

die Leute, die dort einkaufen gehen, sind

markt in ein paar Jahren noch gibt. Als ich

dem kann ich umsonst mit Bus und Bahn

meist in Eile und wollen nur schnell das

mich letztes Jahr mit den Betreibern der

fahren. Nach Wattenscheid dauert es 25

Wichtigste besorgen. Das macht es nicht

Stände unterhielt, wussten viele nicht, wie

Minuten mit der S-Bahn. Müsste ich für die

unbedingt leichter, die bodo anzubieten.

lange sie noch weitermachen können. Ich

Fahrt den regulären Preis zahlen, würde

versuche das auf meine Art zu kompensie-

das wohl nicht funktionieren, aber so ist

Es konzentriert sich alles immer mehr auf

ren. In den Wintermonaten dekoriere ich

das kein Problem.

die großen Städte im Ruhrgebiet. Die meis-

meinen Verkaufsplatz mit Lichterketten

ten Leute fahren eher nach Bochum oder

und Weihnachtsmännern. Das tut der

Nach Wattenscheid hat es mich verschla-

Dortmund zum Einkaufen. Die kleineren

Fußgängerzone und natürlich auch dem

gen, weil ich früher immer meine Tante

Orte haben es da zunehmend schwer. Seit

Verkauf ganz gut.

hier besucht habe. Zu der Zeit hat eine Be-

Wattenscheid eingemeindet wurde, hat

kannte von mir das Straßenmagazin ver-

Bochum das meiste abgegriffen, so mein

Manchmal gibt es schon Tage, an denen

kauft. Irgendwann habe ich mir gedacht,

Eindruck. Die Leute, die ich treffe, gehen

einen die Trostlosigkeit hier in der Fußgän-

ich könnte in ihre Fußstapfen treten.

ganz bewusst hier einkaufen. Viele leben

gerzone etwas deprimiert. Gerade an den

Seitdem stehe ich direkt in der Fußgänger-

schon ihr ganzes Leben hier in Watten-

Nachmittagen kann es schon ganz schön

zone. Hier in Wattenscheid ist zwar in den

scheid. Da kennt man sich.

einsam werden. Trotzdem möchte ich nicht

letzten Jahren immer weniger los, aber ich

im Ruhr Park oder irgendwo anders verkau-

stehe trotzdem gerne hier. Seit das Kauf-

Ich habe aber auch nicht den Eindruck,

fen. Hier in Wattenscheid kennt mich jeder.

land weiter unten an der Fußgängerzone

dass die Stadt viel unternimmt, um die

Das macht vieles leichter.“

aufgemacht hat, haben viele kleine Läden

Innenstadt zu beleben. Was hier z.B. als

weiter oben an der Fußgängerzone zuge-

Weihnachtsmarkt gilt, ist manchmal schon

macht. Es macht zwar ab und an noch mal

richtig traurig. Nur noch eine Handvoll

ein Handyladen auf. Aber die halten sich

Buden gibt es hier jedes Jahr. Und auch

meist nicht lange. Natürlich könnte ich

die jährliche Kirmes wird von Jahr zu Jahr

auch unten am Kaufpark verkaufen. Aber

kleiner. Wer weiß, ob es den Weihnachts45


LESERSEITE

Soziale Stadtführungen von Straßenzeitungsverkäufern gibt es inzwischen in vielen Großstädten. „Hus Forbi“-Verkäufer Henrik – Spitzname: Popeye – bietet in Kopenhagen sogar Touren mit dem Rad an. Foto: Mette Kramer Kristensen

LESERPOST Liebe bodos, vielen Dank für die vielen interessanten

rin. Ich kenne deswegen Euer Buchprojekt und habe

Artikel über Flüchtlinge, Obdachlose und die Prob-

auch schon meine „Sommerkrimis“ in der Stühmey-

leme unserer Zeit. Natürlich gefallen mir auch die

erstraße abgegeben.

kulturellen Tipps und die Vorschläge zum Upcycling.

Nun, im Schmuddelwetter-Februar ergab es sich,

Macht weiter so und viele Grüße, B.G.

dass ich in der Dortmunder Innenstadt war und vor-

Guten Tag und vielen Dank für den Artikel über Karsten Riedel. Ein wunderbarer Musiker, mit dem ich – als Produzent von Natty U – einige Jahre zusammen arbeiten durfte. Aber: So leid es mir für Essen tut, Natty U war ein Dortmunder. Und so leid es mir ebenso für UB 40 tut, Natty U hat nie in deren Vorprogramm gespielt. Allerdings war er der erste deutsche Reggae-Musiker, der (im August 1991) in Kingston aufgetreten ist. Zusammen mit Karsten Riedel, und auch ich hatte das Vergnügen, dabei gewesen zu sein. Viele Grüße und Respekt für Euer Magazin! Helmut Philipps

46

her daran gedacht hatte, nachzuschauen, wo genau Euer Buchladen ist – wirklich nur „ums Eck“ von der Einkaufsstraße! Also schaute ich vorbei und war wirklich begeistert. So viele Taschen hätte ich gar nicht hinausschleppen können. Toll! Wäre so ein Laden nicht auch etwas für Bochum? Ich wäre vom ersten Tag an eine gute Kundin. :-) Grüße aus Altenbochum, G.S. Anmerkung der Redaktion Vielen herzlichen Dank für das Lob, und: Hach, wenn wir nur alles umsetzen könnten, was wir uns wünschen… Wir fürchten, dass es so schnell nichts wird mit einem Bochumer Laden. Wer es nicht zum Dort-

Liebes bodo-Bücherteam,

munder Schwanenwall schafft, muss leider vorerst

ich wohne in Bochum und kaufe seit langem jeden

mit unserem Onlineshop vorlieb nehmen: bodoev.de

Monat die bodo – immer bei der gleichen Verkäufe-

Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter

bodo dankt: Sparkasse Bochum Foerster & Thelen GmbH, Thomas Annies, Heinrich Austermann, Heike Bansemer, Thorsten Baulmann, Katja Behler, Jürgen Berger, Gertrud Bicker, Ole Eric Bogena, Kathrin Bohr, Ingo Bolland, Elsemarie Bork, Walter Brunster, Kirsten Bubenzer, Doris Buderus, Benedikt Buller, Daniel Büning, Andreas Bürgel, Wilhelm Cordes, Wolfgang Alex Cornel, Christine Dahms, Petra Danielsen-Hardt, Maria Demandt, Thomas Diekhaus, Ursula Dierschke, Annette Düe, Matthias und Corinna Ense, Tobias Eule, Evangelischer Kirchenkreis Dortmund, Susanne Fitzner, Sulamith Frerich, Gunhild und Christofer Frey, Christa Fuhrländer, Ursula Göttker, Esther Hagemann, Ilona und Georg Hamel, Hans und Marie Hanke, Silke Harborth, Bärbel Heinz, Marc Homfeldt, Andreas Hupka, Uta Jansen, Wilhelm Joemann, Ute Joswig, Petra Karmainski, Manfred Kater, Jürgen Kazuba, Ingrid Keese, Franziska und Alfons Kienast, Lieselotte Koch, Christina Kolivopoulos, Maria Kolodziej, Frank Koslowski, Moritz Kremer, Stefanie Kuhlenkamp, Angela Kuntz, Gisela Lange, Peter Lasslop, Gabriele Latza, Heinz Laumann, Detlef und Brigitte Lehmann, Gertrud und Udo Lehmann, Ellen und Helmut Lindner, Thomas Lohkämper, Mejas James Malayil, Erika Maletz, Maria-Elisabeth Markard, Christine Mathias, Verena Mayer, Dolf Mehring, Monica Meyer, Claus Meyer-Wulf, Renate Moser, mpool consulting GmbH, Annelie Nagel, Christoph Neumann, Petra Neumann, Irmela Niebuhr, Anna Niedernhofer, Ingrid Olier, Wiltraud Pohl, Sabine Raddatz, Thomas und Jutta Reckert, Georg Reimann, Hildegard Reinitz, Ingo Rosner, Ingo Rosner, Dirk Ruhlig, Volker Schaika, Hans Schillinger, Renate Schmidt, Hans Fritz Schmidt, Renate und HansJürgen Schmidt, Christine Schnellen, Herbert Schnier, Gisela und Jürgen Schöneberg, Bernd Schulte-Eversum, Larissa Schulze, Waltraud und Manfred Schumacher, Rosemarie Schwarz, U. Schwarz, Inge Christa Liselotte Seidemann, Sabine Siebel, Rinnert Siemssen, Ute Soth-Dykgers, Barbara und Michael Steinkamp, Oliver Stiller, Brigitte Stüwe, Karl-Heinz Taubenberger, Hannelore Thimm-Rasch, tOnbande e.V., Wolf Töpser, Sibylle Uhl-Dabelow, Ingrid Untersberger, Detlef van der Wei, Christel und Gerhard Volpers, Verena Vössing, Jutta und Wido Wagner, Christel Wahle, Siegmar Welski, Lena Wessler, Rainer Weu, Erika Weyland, Ursula Wiedemann, Timo Zimmermann, Anja Zöller, Dr. Josef Balzer, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Grünbau gGmbH, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Kritzler, Ursula Machatschek, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christian Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowy, Daniela Gerull, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dieter Zawodniak, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda, Dorothea Staudinger, Tamara Vorwald-Piepke, Daniela Schmitz-Häbler, Gero Krause


DER BODO-SHOP

1|2

Schöne Dinge, die Sie bei uns auch kaufen können: für sich, für Freunde, für unsere Verkäufer. Erhältlich in unserem Dortmunder Buchladen und in unserer Bochumer Anlaufstelle oder auf Wunsch per Post. Bestellen Sie per Postkarte, per Mail oder kommen Sie vorbei – wir freuen uns auf Sie.

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3

3 | Zubehör mit Schlüsselqualifikation! Ein bodo-Schlüsselanhänger oder ein RuhrGepäck-Schlüsselband. Erhältlich in unserem Buchladen. So lange der Vorrat reicht. 3 Euro | 5 Euro 4 | Verschenken Sie ein halbes Jahr bodo! Ein Gutscheinheft für sechs Ausgaben des Straßenmagazins. Das faire Abo: zum Einlösen direkt bei unseren Verkäufern auf der Straße. 15 Euro 5 | Schenken Sie Lesefreude! Ein Geschenkgutschein für unseren Buchladen. Auswahl aus 10.000 Romanen, Krimis, Koch-, Sach- und Kinderbüchern, frei wählbar. ab 10 Euro 6 | bodo zum Umhängen! Tasche aus LKW-Plane, Modell „Leisure“ Schultergurt aus Autosicherheitsgurt, Maße 29 x 19,5 x 8 cm. 29,90 Euro (zzgl. 4,90 Euro Versandkosten)

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Samstag 10 – 19 Uhr | Sonntag 10 – 18 Uhr Jahrhunderthalle Bochum | An der Jahrhunderthalle 1 | 44793 Bochum Tageskasse ab 6 EUR | Online-VVK ab 5 EUR | Kinder bis 14 Jahre frei

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