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bodo
April 2017
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Ulrike Heppner
Der TrĂślf
Entspannungseinheiten fĂźr Kinder von 4-8 Jahren
Der TrĂślf ist eine freundliche Mischung aus einem haarigen Troll und einem Waldelf, der seinen Wald pflegt. Eine Gestalt im Verborgenen. Nur ein Missgeschick macht ihn unleidlich, laut und aggressiv. Seine Umwelt und die Tiere des Waldes mĂźssen leiden. Dem Mut und der Neugier eines umherwandernden Fuchses ist es zu verdanken, dass der TrĂślf aus seiner misslichen Lage gerettet wird und das Gleichgewicht im Wald wieder hergestellt werden kann. Die Fantasiewelt des TrĂślfs und die reale Welt des Waldes werden miteinander verknĂźpft. Die spannende Geschichte dient als Mitnehmer des Lesers und Nutzers des Buches in die sich anschlieĂ&#x;enden Entspannungseinheiten. Im Praxisteil befinden sich dann ausgearbeitete, fantasievolle, in sich abgeschlossene Entspannungseinheiten in den Bereichen Progressive Muskelrelaxation, Autogenes Training, Kinderyoga und Fantasiereisen. Alle Einheiten bilden ein organisches Ganzes, so dass die Kinder die Entspannungstechniken Ăźber weitere Geschichten kennenlernen. TIPP: Auch als tolles Ostergeschenk geeignet! vml
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3 FARBIGE !BB &ORMAT DIN A4, Ringbindung )3". "ESTELL .R
INHALT | EDITORIAL
04
Inge und Sarah Meyer-Dietrich Ein Besuch bei zwei preisgekrönten Schriftstellerinnen zu Kaffee und Ap-
felkuchen. Das Besondere: Inge und Sarah Meyer-Dietrich sind Mutter und Tochter. Ein Gespräch über Beruf und Berufung, Kindheitserfahrungen und Heimat. Von Max Florian Kühlem
12
Wohnungsschwarzmarkt Für Geflüchtete ist die Suche nach einer Wohnung kostspielig – weil
falsche Makler mit ihnen Kasse machen. Rund um die Neuangekommenen haben sich Netzwerke von Ausbeutung und Betrug gebildet, die System haben.
32
Von Ahmad Kamalmaz
Mond und Sterne über Herne Montags lädt die Herner Volkssternwarte zum Sternegucken. „Es gibt
unglaublich schöne Dinge da oben“, sagt Ralf Schellenberg von der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft Wanne-Eickel/Herne. Das wollten wir genauer wissen. Von Wolfgang Kienast
38
Das schwarze Gold „Vinyl ist ja eigentlich ein Anti-Produkt, das aus der Zeit gefallen ist“, sagt
der Dortmunder Plattenhändler Valentin. Zum „Record Store Day“ lassen wir uns in BO und DO die neue alte Liebe zur Schallplatte erklären. Von Peter Hesse
07 Straßenleben | Matthias „Brücken-Mike“ 07 Impressum 08 Neues von bodo 16 News Liebe Leserinnen und Leser,
16 Kommentar | Überfällige Schritte 17 Recht | Versehentlich gezahltes ALG II
Wie geht es eigentlich Walter?, haben uns in den letzten Wochen
17 Die Zahl | Das Foto
einige LeserInnen gefragt. Walter ist bodo-Urgestein und verkauft
18 Interview | Verbietet das Bauen! 22 Kultur | Internationales Frauenfilmfestival 23 Wilde Kräuter | Buche und Kornelkirsche
das Straßenmagazin auf der Kaiserstraße in Dortmund. Viele, die dort wohnen oder arbeiten, kennen ihn, und wenn er an seinem Verkaufsplatz steht, kommt er aus dem Grüßen oft gar nicht heraus. In der letzten
24 Veranstaltungskalender | Verlosungen
Zeit war Walter nicht mehr so häufig an seinem Verkaufsplatz, und schon gingen
30 bodo geht aus | Milchhäuschen
besorgte Nachfragen bei uns ein.
36 Netzwelt | urbaneoasen.de 36 Kinotipp | Neben den Gleisen
Das zeigt uns, dass bodo funktioniert: Wir möchten Menschen in schwierigen
37 Bücher
Lebenssituationen ermöglichen, sich etwas dazuzuverdienen, selbstbestimmt und
42 Reportage | Vernichtungslager Trostenez
durch eigenes Zutun. Dahinter steckt aber viel mehr: Jedes verkaufte Straßenmaga-
46 Leserseite | Comic
zin schafft ein Erfolgserlebnis und stärkt das Vertrauen in sich selbst. Der persön-
47 bodo Shop
liche Kontakt mit Kundschaft kann auffangen und Mut machen. Wenn Menschen uns nach dem Befinden von Verkäufern fragen, weil sie fehlen, bekommen wir ein Gefühl dafür, wie sehr sie offenbar zum Alltag vieler Menschen gehören. Walter geht es übrigens gut – was er jetzt vorhat, lesen Sie auf Seite 9.
bodo SCHA FFT CHAN CEN
Wir hoffen, Ihnen gefällt unser Aprilheft, und wünschen Ihnen ein fröhliches Osterfest. Das verbringen wir übrigens im Frühlingsgras, darum bleiben unsere Anlaufstellen und unser Buchladen über die Ostertage und damit auch am Karsamstag geschlossen. Ab Dienstag, dem 18. April, sind wir wieder wie gewohnt zu erreichen. Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de 3
MENSCHEN
Inge und Sarah Meyer-Dietrich
„Fast identische Formulierungen“
„Ich habe in ähnlichen Altern ähnliche Sachen geschrieben, teilweise tauchen fast identische Formulierungen auf.“
4
Der Drang zum Schreiben scheint vererbbar zu sein: Über 20 Jahre nachdem Inge Meyer-Dietrich mit dem Förderpreis Ruhrgebiet ausgezeichnet wurde, hat ihre Tochter Sarah ihn 2014 ebenfalls erhalten. Nach großen Erfolgen mit vielfach ausgezeichneten Kinderbüchern widmet sich Inge Meyer-Dietrich heute ihrer Ruhrgebiets-Familiengeschichte – und wenn Sarah Meyer-Dietrich nicht gerade Bochumer Jugendlichen das Schreiben beibringt, arbeitet sie an ihrem zweiten Roman. Von Max Florian Kühlem | Fotos: Daniel Sadrowski
Inge Meyer-Dietrich hat zum Treffen bei ih-
endlich zu veröffentlichen. „Bei uns Zuhau-
erst rund zwei Jahrzehnte später den Mut,
rer Tochter Sarah Apfelkuchen aus Gelsen-
se wurden immer Geschichten erzählt“, sagt
ihre Texte in die Öffentlichkeit zu schicken.
kirchen mitgebracht. Bei der Konditorei Al-
Inge Meyer-Dietrich. „Meine Mutter erzähl-
1984, da war sie fast 40 Jahre alt, gewann sie
bring-Rüdel schmeckt er wie selbst gemacht
te tolle Märchen, und mein Vater erfand die
mit der Erzählung „Karfunkel“ den ersten
– und sieht auch so aus: leicht zerknautscht,
Figur Nümmes. Sie hat immer verrückte Sa-
Preis beim Wettbewerb Kinderliteratur in
als hätte man ihn zu früh zum Kühlen raus
chen gemacht, ist mit dem Flohzirkus durch
NRW. Es folgten viele weitere Auszeichnun-
auf die Fensterbank gestellt. In Inge Meyer-
die Lande gezogen.“ Mit acht Jahren erfuhr
gen, unter anderem der Hans-im-Glück-Preis
Dietrichs Kindheit hätte man so etwas nicht
dieses Leben jedoch eine jähe Zäsur: Ihre
und der Gustav-Heinemann-Friedenspreis
machen können: Dann wäre der Kuchen nicht
Mutter erkrankte an Krebs, starb früh, und
für „Plascha oder: Von kleinen Leuten und
nur zerknautscht, sondern auch verrußt ge-
die kleine Inge lebte fortan meistens bei ihrer
großen Träumen“, einer Geschichte aus dem
wesen. Mutter und Tochter sind echte Ruhr-
Tante. „Die fand Geschichtenerzählen über-
Bergarbeitermilieu, erzählt aus der Sicht
gebietskinder – was sich unverkennbar auch
flüssig. Sie mochte eher Stricken – deshalb
eines zehnjährigen Mädchens. Inge Meyer-
in ihrer Literatur niederschlägt.
hab ich wohl nie richtig Stricken gelernt.“
Dietrich war fortan gut gebuchte Kinder-
Inge Meyer-Dietrich lebt in Gelsenkirchen,
Aus Heimweh fing sie dann an, zu schreiben.
Sarah Meyer-Dietrich in Bochum-Hamme.
„Vieles davon habe ich vernichtet, fand es zu
Wer so etwas tut, muss das Ruhrgebiet wirk-
melodramatisch.“ Tochter Sarah freut sich im-
„Ich habe anfangs nur für Kinder geschrie-
lich lieben. „Ich möchte hier nie wieder weg“,
mer, wenn sie alte Texte ihrer Mutter findet:
ben“, sagt die Autorin. „Wegen meiner
sagt Inge Meyer-Dietrich, die in Bochum auf-
„Ich habe in ähnlichen Altern ähnliche Sachen
schwierigen Kindheit und weil ich selber
wuchs und die es zu Ausbildung und Studium
geschrieben“, sagt sie, „teilweise tauchen fast
Kinder hatte, denen ich Geschichten erzählt
unter anderem nach Bonn, München, Tübin-
identische Formulierungen auf. Es geht um
habe, konnte ich mich gut reinfühlen. Ich
gen und Göttingen verschlagen hat. Es gab
Identitätssuche, Einsamkeit, die Phase, in der
glaube, die meisten Kinderbuchautoren hat-
eine Situation in ihrem Leben, da fragte sie
man denkt, niemand versteht einen.“
ten eine schwierige Kindheit. Da, wo alles nur
buchautorin beim renommierten Verlag
sich, ob sie eine Stelle in Lausanne annehmen
Ravensburger.
glatt läuft, ist es langweilig.“
oder zu einer Freundin nach San Francisco
Doch wie wird aus dem Mädchen, das in
ziehen soll. „Die Liebe hat mich dann nach
der Schule „Schiller“ genannt wird, weil es
Bei Sarah Meyer-Dietrich ist von außen be-
Essen gebracht“, erzählt sie.
so außergewöhnlich viel liest und schreibt,
trachtet alles ziemlich glatt gelaufen: Ihre
eine echte Schriftstellerin? „Es kam mir nie in
Mutter hat ihr eine glückliche Kindheit er-
Es hatte etwas Gutes: Hier, in der Heimat, er-
den Sinn, das ernsthaft auszuprobieren“, er-
möglicht. Sie machte Abitur, schloss ein Stu-
innerte sie sich ihrer Wurzeln und traute sich
innert sich Inge Meyer-Dietrich, „es gab auch
dium an der Ruhr-Universität als Diplom-
niemanden, der mich dazu ermutigt hätte.“
Ökonomin ab, promovierte am Lehrstuhl
Also wurde sie Krankenschwester. Und fand
für Marketing und fand einen guten Job als Geschäftsführerin des Friedrich-BödeckerKreises NRW. Aber den Drang zum Schreiben hat ihr die Mutter trotzdem vererbt. Und wenn man ihn einmal gefühlt hat, wird man
Inge: geboren 1944 in Dahle (jetzt Altena),
ihn nicht so leicht wieder los.
aufgewachsen in Bochum Sarah: geboren 1980 in Villingen-Schwenningen,
„Ich habe viel vorgelesen bekommen und spä-
aufgewachsen in Essen und Gelsenkirchen
ter unheimlich viel selbst gelesen“, erinnert
Musik: „Wir lieben beide traurige Musik, zum
sich Sarah Meyer-Dietrich. Darunter auch
Beispiel von Element of Crime. Wir haben beide
klischeehafte Bücher wie die Hanni-und-
geweint, als Leonard Cohen gestorben ist.“
Nanni-Reihe, für die sie sich heute schämt.
Buchtipps: „Auerhaus“ von Bov Bjerg,
„Aber ich sage immer: Lasst die Kinder lesen,
„Die hellen Tage“ von Zsuzsa Bánk 5
MENSCHEN
„Ich glaube, die meisten Kinderbuchautoren hatten eine schwierige Kindheit. Da, wo alles nur glatt läuft, ist es langweilig.“
was sie wollen, solange es nicht pornografisch oder extrem gewaltverherrlichend ist“, sagt Inge Meyer-Dietrich, „sie entwickeln selbst ein gutes Gespür dafür, was gut ist.“ Um sich das Leben als freie Schriftstellerin finanzieren zu können, ist Sarah Meyer-Dietrich auch „Carls-Schreiberin“, also Hausautorin der Essener Zeche Carl und gibt Schreib-Workshops für Jugendliche. In „H2O-Hamme im Fluss“ erarbeitet sie im Auftrag der Literarischen Gesellschaft Bochum mit Jugendlichen Geschichten über die Zukunft ihres Stadtteils. „Das Tolle ist: Gerade die, die selbst kaum lesen, sind nachher total stolz, ihre gedruckte Geschichte in der Hand zu halten.“ Obwohl Mutter wie Tochter meist als solche wahrgenommen werden, mögen sie den Begriff „Ruhrgebietsautorin“ eigentlich nicht. Weil man, wenn man in bestimmten Verlagen veröffentlicht, in Buchläden meist in der Heimat-Ecke einsortiert wird – und das sieht dann oft aus, als gehöre man nicht zur „echten“ Literatur. Trotzdem kommen beide auch im Schreiben vom Ruhrgebiet nicht los. Inge Meyer-Dietrich arbeitet gerade am zweiten Teil von „Leben und Träume der Mimi H.“, einer fiktiven Figur, die um 1900 im Ruhrgebiet lebt – und deren Geschichte an die ihrer eigenen Familie angelehnt ist. Sarah Meyer-Dietrich sitzt nach ihrem Erstling, der Ruhrgebiets-Odyssee „Immer muss man mit Stellwerksbränden, Streiks und Tagebrüchen rechnen“, am Projekt „Ruhrpott-Girl“ – und muss selbst lachen, wenn sie den Arbeitstitel ausspricht. „Eigentlich ärgert mich, dass ein Roman, der im Ruhrgebiet spielt, immer als Ruhrgebietsroman bezeichnet wird“, sagt sie. „Wieso kann das nicht einfach nur ein selbstverständliches Setting sein?“ Doch sie hat sich entschieden, diesen Ärger zu umarmen: In „Ruhrpott-Girl“ erzählt die 37-Jährige von einer fiktiven Figur, die zur selben Zeit aufwächst wie sie selbst. Warum sie nicht gleich von sich selbst erzählt? „Weil meine eigene Biographie zu banal ist. Ich hatte eine glückliche Kindheit.“
6
STRASSENLEBEN
IMPRESSUM
„Brücken-Mike“ Anfang März verstarb in Bochum Matthias, den wohl die meisten Bochumer nur unter seinem Spitznamen „Brücken-Mike“ kannten. Am Ende des Bermudadreiecks saß Matthias an der Straße und wartete auf Passanten, die ihm etwas in seinen Becher warfen. Wir haben uns in Einrichtungen der Bochumer Obdachlosen- und Drogenhilfe umgesehen und dort mit Wegbegleitern und Freunden von „Brücken-Mike“ gesprochen.
Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign 0231 – 106 38 31, info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20
Text und Foto: Sebastian Sellhorst
Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Alexandra Gehrhardt, Peter Hesse, Ahmad Kamalmaz, Wolfgang Kienast, Max Florian Kühlem, Dirk Planert, Bastian Pütter, Petra von Randow, Sebastian Sellhorst, Walter Titelfoto: Shutterstock Fotos: Bianka Boyke (17), cc-awaya-legends (16), Eva Borner (17), Martin Bross (24, 28), IFFF (22), Jakob and Hannah (24, 26), Tim Kramer (29), Dirk Planert (42, 43, 44, 45), Reuters / Axel Schmidt (8), Sabrina Richmann (18, 20), Daniel Sadrowski (3, 4, 5, 6, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 46), Oliver Schaper (25), Sebastian Sellhorst (3, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16), Claudia Siekarski (11), Thaisen Stärke (3, 38, 39, 40, 41), Stefan Tuschy, Bande – für Gestaltung (23) Cartoon: Volker Dornemann Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung Redaktions- und Anzeigenschluss: für die Mai-Ausgabe 10.04. 2017 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 01.2015
Bereits beim Frühstück in der bodo-
Auch in der Einrichtung der Bochumer
Anlaufstelle erinnert sich jeder an Mike.
Krisenhilfe, nur einige Meter von Mikes
„Den kenne ich schon ewig. Der ist hier in
Stammplatz entfernt, erinnert man sich.
Bochum, seit ich denken kann.“ – „Schon
Am Ende einer langen Liste der verstorbe-
irre, wie er da so lange durchgehalten hat.
nen Freunde und Gäste steht Mikes Name.
Bei Wind und Wetter hat er da gesessen.“ –
Daneben brennt eine Kerze. „Hier kam er
„Mike war eigentlich gar nicht sein richtiger
immer vorbei, wenn er Ärger mit Behörden
Name. Den hat er sich selbst gegeben.“ Fast
oder Ämtern hatte“, meint Ralf, einer der
jeder in bodos Wintercafé kannte ihn und
Gäste. „Dieses Jahr wären es genau zwanzig
hatte etwas zu erzählen.
Jahre gewesen, die er da an seinem Platz gesessen hat.“
Eine Tür weiter in den Räumlichkeiten der Bochumer Suppenküche treffen wir Rainer.
Nicht weit von der Krisenhilfe, an der
Gemeinsam mit Mike hat er eine Zeit lang
Viktoriastraße, ist dann auch Mikes Brücke.
im Bochumer Kolpinghaus gelebt. „Mike
Freunde haben ein Foto von ihm aufge-
kenn‘ ich schon ewig. 1997 haben wir uns
hängt und Blumen aufgestellt. Mehrere
kennengelernt. Wir waren schon zusam-
Kerzen brennen an seinem alten Platz.
men in der Männerübernachtungsstelle am
Immer wieder bleiben Passanten stehen.
Stadion und später auch im Kolpinghaus.
Neben seinem Foto ein selbst gemaltes
Zwischenzeitlich hat er auch immer mal
Schild: „Brücken-Mike † 07.03. 2017“
wieder draußen mit einer Isomatte geschlafen“, erinnert sich Rainer. „Zuletzt hatte er sogar aufgehört zu trinken und ein eigenes Zimmer an der Wittener Straße.“
Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kostenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert eingesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehalten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund, 0231 – 950 978 0 www.bodoev.de, facebook.com/bodoev Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Bastian Pütter, 0231 – 950 978 12 , redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00 BIC: BFSWDE33XXX
7
NEUES VON BODO
Blackbox x2
Stadtführungen
Fluchtgeschichten
Die Veranstaltungsreihe „Blackbox“ lädt in
Rund 400 obdachlose Menschen leben
„Flucht und Vertreibung: Ankommen im
den folgenden Wochen gleich zweimal ins
nach Schätzungen von Stadt und Organisa-
Ruhrgebiet“ – unter diesem Titel lädt bodo
Schauspiel Dortmund.
tionen in Dortmund, etwa 330 in Bochum.
gemeinsam mit dem Internationalen Frau-
Viel mehr Menschen haben irgendein Dach
enfilmfestival am 5. April in den Buchladen
über dem Kopf, das aber mit einer Woh-
am Schwanenwall in Dortmund.
Am 11. April diskutieren Hayko Bagdat von Özgürüz und David Schraven vom gemeinnützigen Recherche-Büro Correctiv über die
nung nur wenig zu tun hat.
Historische Filmaufnahmen aus der Region
Situation der Presse und das anstehende
Viele Menschen mit wenig Geld verbringen
und Zeitzeugenberichte bilden die Folie für
Referendum in der Türkei. Özgürüz (Wir
den Tag unterwegs, um bei karitativen
ein Gespräch mit der Historikerin Dr. Dagmar
sind frei!) ist eine von Correctiv gegründete
Anlaufstellen zu frühstücken, ÄrztInnen zu
Kift. Beginn ist um 20 Uhr, der Eintritt ist frei.
deutsch-türkische Web-Präsenz, die geleitet
konsultieren oder Kleidung zu wechseln.
wird vom ehemaligen Cumhuriyet-Chefre-
Bei bodos sozialer Stadtführung werfen Sie
dakteur Can Dündar.
immer am zweiten Samstag im Monat in
Am 3. Mai diskutieren David Schraven und Peter Bandermann (RN) über die Krise des Journalismus in Zeiten von „Fake News“. Peter Bandermann hatte in der Silvesternacht aus der Dortmunder Innenstadt berichtet, das rechte Medienportal „Breitbart“ erzielte glo-
Dortmund und am dritten Samstag im Monat in Bochum gemeinsam mit einem bodoVerkäufer einen Blick in solche Einrichtungen, sprechen mit MitarbeiterInnen und erfahren von Verkäufern, die zum Teil selbst „auf Platte“ waren, was es heißt, obdachlos zu sein.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm NRW mehr als 2,3 Millionen Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten und der sowjetischen Besatzungszone auf. Im Kontext der gegenwärtigen Fluchtbewegungen fragt die Veranstaltung danach, wie das Ankommen im fremden Westen zwischen Konflikt und Solidarität verlief. Wie gelang die Unter-
bale Reichweite mit der Verwendung des Ma-
Die nächsten Termine:
bringung, wie vollzog sich Integration in
terials unter der Überschrift „1.000-Mann-
DO: Sa., 8.4. und Sa., 13.5., 11 Uhr,
der neuen Heimat? Dagmar Kift arbeitet im
Mob zündet Deutschlands älteste Kirche an.“
bodo Buchladen, Schwanenwall 36 – 38
LWL-Industriemuseum und forscht zur Kul-
Eine Veranstaltung in Kooperation mit bodo,
BO: Sa., 20.5., 11 Uhr, bodo Anlaufstelle,
tur- und Sozialgeschichte des Ruhrgebiets
Moderation Alexander Kerlin.
Stühmeyerstraße 33
und zu Frauen- und Migrationsthemen.
11.4. / 3.5. Schauspiel Dortmund, Megastore
Kostenbeitrag: 5 Euro/2,50 Euro ermäßigt,
Mi, 5.4., 20 Uhr, bodo Buchladen
Beginn jeweils 19.30 Uhr, Eintritt frei
Anmeldung telefonisch: 0231 – 950 97 80
Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund
1. Mai im Westfalenpark Auch in diesem Jahr sammelt und packt unser
schönem Wetter – zum gemütlichen Sonn-
Buchteam schon seit Wochen für den größten
tagsplausch. Wir haben kistenweise Roma-
bodo-Buchstand des Jahres beim DGB-Famili-
ne und Krimis und zahlreiche Gesellschafts-
enfest im Dortmunder Westfalenpark.
spiele zu wirklich günstigen Preisen dabei.
Wir laden Sie ein, den „Tag des Bekenntnisses zu Freiheit und Frieden, sozialer Gerechtigkeit, Völkerversöhnung und Menschenwürde“ gemeinsam mit uns unter dem Florian zu verbringen: beim Stöbern durch
8
Sollten Sie bei Büchern und Spielen nicht fündig werden, bietet die druckfrische MaiAusgabe der bodo, die unsere Verkäufer im Park anbieten, spannende Lektüre. Sonst natürlich auch.
eine große Auswahl an guter Literatur und
Einen Blick auf unser Buchsortiment kön-
Spielen aus der bodo-Buchhandlung oder
nen Sie montags bis samstags in unserem
bei einem leckeren Kaffee – und hoffentlich
Buchladen am Dortmunder Schwanenwall
www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Aus der Kleiderkammer Wir waren überwältigt von der großen Zahl an Schlafsäcken, die Sie uns in den kalten Monaten gespendet haben. Mehr als 200 sind zusammengekommen und inzwischen verteilt.
Podiumsdiskussion
Der Bedarf hat nun jahreszeitbedingt abgenommen, doch trotzdem freuen wir uns das
Unter dem Titel „Her mit den bezahlbaren
sich die Wohnungskrise. Es wird Zeit für neue,
Wohnungen – ein wohnungspolitischer
nachhaltige Antworten.“
Abend zur Landtagswahl“ laden das Mieterforum Ruhr, die Arbeitsgemeinschaft der Mietervereine Bochum, Dortmund, Witten und die Mietergemeinschaft Essen am Donnerstag, 27. April um 18.30 Uhr ins Bochumer Haus der Begegnung (Alsenstraße 19a).
unserer KollegInnen vom Gast-Haus e.V. und der Kana Suppenküche möchten wir uns
e.V., die Medizinische Flüchtlingshilfe e.V., der
herzlich bei Ihnen bedanken.
Planerladen e.V. oder die Bochumer Initiative „Stadt für alle“ ihre wohnungspolitischen Forderungen vorstellen. Zudem werden im Rahmen des Abends die Probleme und Lösungsansätze zusammen mit Parteienver-
gen sind seit einigen Jahren bekannt: Woh-
treterInnen diskutiert. Eingeladen sind Arndt
nungsknappheit und steigende Mieten auch
Klocke (Grüne), Kalle Gerigk (Linke), Sarah
in Städten des Ruhrgebiets, teure Modernisie-
Phillip (SPD), Wilhelm Hausmann (CDU), An-
rungen auf der einen und Instandhaltungs-
dreas Terhaag (FDP) und Oliver Bayer (Piraten).
große Rolle von börsennotierten Immobiliengesellschaften und Finanzinvestoren als Wohnungsanbieter. Die Antworten der Politik
benötigten Schlafsäcke. Auch im Namen
An diesem Abend werden Akteure wie bodo
Die Veranstalter schreiben: „Die Problemla-
stau auf der anderen Seite. Hinzu kommt die
ganze Jahr hindurch über Ihre nicht mehr
Dafür hat sich ein anderer Engpass aufgetan: Zurzeit haben wir fast gar keine Herrenkleidung in durchschnittlichen Größen mehr. Wenn Sie gut erhaltene Herrenschuhe, -hosen, -shirts oder -jacken abzugeben haben, freuen wir uns. Mit Frauenkleidung sind unsere Kleiderkammern weiterhin gut versorgt. (Der Anteil der Frauen, der das Straßenmagazin verkauft oder in unsere
Do, 27.4., 18.30 – 20.45 Uhr
Beratungen kommt, liegt zwischen einem
Haus der Begegnung
Viertel und einem Drittel.)
Alsenstraße 19a, 44789 Bochum
Wenn Sie Fragen haben, rufen Sie uns gerne an: 0231 – 950 978 0.
reichen bisher nicht, mancherorts verschärft
Walter, bodo-Verkäufer in Dortmund Liebe Leserinnen und Leser, ich möchte die Gelegenheit nutzen, um mich von Ihnen zu verabschieden und mich für all die Jahre zu bedanwerfen. Hier finden sie 10.000 gut erhaltene, oft sogar neuwertige Romane,
ken, die Sie mir die Treue gehalten haben. Viele Tausend nette Gespräche werde ich wohl beim bodo-Verkauf auf der Kaiserstraße geführt
Sach-, Koch- oder Kinderbücher. Dazu
haben, doch langsam ist es Zeit für mich, etwas kürzer zu treten. Ich bin
kommen große Sonderflächen mit beson-
ja nun auch nicht mehr der Jüngste, und mein Rücken macht mir doch sehr zu
ders günstigen Taschenbuch-Bestsellern. An jedem Samstag von 10 bis 13 Uhr gibt es die sogar zum Kilopreis: Das angefangene Kilo Bücher aus diesem Segment nur 1,99 Euro. Und dann sehen wir uns im West-
schaffen, daher ist es für mich an der Zeit, den Verkauf langsam ruhen zu lassen. Die vielen Nachfragen, die es bereits bei bodo gegeben hat, seit ich nicht mehr regelmäßig an meinem Platz stehe, haben mich sehr gerührt. Es ist schön zu sehen, wie viele Leute sich um einen Gedanken machen. Natürlich möchte ich mich auch bei all den netten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Edeka-Marktes an der Kaiserstraße bedanken, die mich all die Jahre un-
falenpark.
terstützt haben. Die aktuelle bodo bekommen Sie natürlich weiterhin bei meinen vielen netten
So. 1.5., 11 – 18 Uhr, Westfalenpark
Kolleginnen und Kollegen in der ganzen Stadt.
An der Buschmühle 3, 44139 Dortmund
Ich wünsche Ihnen alles Gute, Ihr Walter 9
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NEUES VON BODO
Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an: n n n n n n n
Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung
In der Forschung Wir freuen uns, auch in diesem Jahr wieder
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Wohnungslosigkeit.
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Auch der (ordnungsrechtliche) Umgang mit Randgruppen im öffentlichen Raum und die Struktur von Hilfenetzwerken der Wohnungslosenhilfe sind Themen. Zusätzlich freuen wir uns auch über ein wieder steigendes Interesse am Konzept der sozialen
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Straßenmagazine im Rahmen der Diskussion um einen gemeinnützigen Journalismus.
In der Politik Inzwischen erzeugen wachsende Wohnungslosenzahlen und das verdrängte Problem der Obdachlosigkeit unter Neuzuwanderern, denen Leistungen – auch der Wohnungslosenhilfe – verwehrt bleiben, einen Handlungsdruck zumindest in der Dortmunder Politik. Gemeinsam mit Diakonie, Gast-Haus e.V.
24. 03. – 02.07. 2017 Ausstellung | Eins aus Zwei | Diptychen aus der Stiftungssammlung Dr. Carl Dörken Galerie der Werner Richard - Dr. Carl Dörken Stiftung | Infos & Öffnungszeiten: siehe Website
07.05. Helfen - warum wir für andere da sind | 12.30 h: Autorenlesung Tillmann Bendikowski | Eintritt frei
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und VSE haben wir für den Sozialausschuss einen Bericht über Struktur und Lücken des Hilfesystems erarbeitet und konkreten Reform- und Ausbaubedarf benannt.
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Herzlichen Dank
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Am Aschermittwoch alles vorbei? Vielleicht,
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so richtig gut kennen wir uns nicht aus in
spendete Buch den richtigen Weg zu einem
Karnevalsdingen. Was wir sagen können:
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Wir sind sehr dankbar für die Unterstüt-
immer häufiger über das Internet.
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Dank einer eigenen Plattform und Onlineshops bei allen großen Buchportalen finden Kunden aus aller Welt zu uns – in 26 Länder wurden im vergangenen Jahr
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kamen 638 Euro zusammen – vielen Dank!
Dass die KollegInnen dabei eine gute Arbeit machen, sehen wir schwarz auf weiß: In
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Mitglieder im Deutschen Mieterbund
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REPORTAGE
Sie zahlen horrende Provisionen an Vermittler und unterschreiben Verträge, in denen plötzlich teure Zusatzklauseln erscheinen: Für Geflüchtete ist die Suche nach einer Wohnung kostspielig. Nicht, weil ihre Wünsche so besonders sind, sondern weil falsche Makler mit ihnen Kasse machen. Rund um die Neuangekommenen haben sich Netzwerke von Ausbeutung und Betrug gebildet, die System haben, nicht nur in Dortmund. Von Ahmad Kamalmaz | Fotos: Sebastian Sellhorst
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Dortmunds Wohnungsschwarzmarkt Auf den Wohnungsmärkten in Deutsch-
des Bundes haben mit Untersuchungen
Vier Monate lang suchten sie in Dortmund,
Für viele Menschen, die im Moment eine
auf eine Wohnung bewerben, gegenüber
der der beiden – ohne Erfolg. Bei den „Off
lands Großstädten wird es immer enger. Wohnung in Dortmund suchen, ist diese
Suche fast hoffnungslos. Bis Ende 2016 ist die Zahl der Einwohner auf über 600.000 gestiegen, der Wohnungsbedarf steigt.
Damit steigen auch die Mieten, und das macht es für viele Menschen zunehmend
belegt, dass Herkunftsdeutsche, die sich MigrantInnen stark bevorzugt werden
– und zwar fast doppelt so häufig. Menschen, deren Name nicht Deutsch klingt,
werden häufig nicht einmal zur Besichtigung eingeladen.
schwerer, eine Wohnung zu finden, die sie
Wohnungssuche unter Zeitdruck
obergrenzen des Jobcenters oder des So-
Zwei von ihnen sind Ahmad und Mo-
Suche bis zu einem Jahr.
der, die ihre richtigen Namen hier nicht lesen
sich leisten können oder die in die Miet-
zialamts fallen. Manchmal dauert die
Flüchtlinge haben es besonders schwer,
auf dem regulären Wohnungsmarkt Erfolg zu haben – weil sie schlechter Deutsch sprechen, sich noch nicht gut auskennen oder weil ihre Nachnamen anders klingen.
Sowohl der Planerladen e.V. aus Dortmund
als auch die Antidiskriminierungsstelle
hammad. Seit September 2015 sind die Brü-
möchten, in Deutschland. Sie lebten zuerst, wie das Gesetz es vorschreibt, in einer Sam-
melunterkunft in Magdeburg, und warteten dort auf ihre Aufenthaltsgenehmigung. Als die vor einem Jahr kam, hieß es: raus aus der
Unterkunft, rein in eine Wohnung. Auch das schreibt das Gesetz so vor. Nur dann gibt es für sie Leistungen vom Jobcenter.
denn hier lebt schon länger der große BruRoad Kids“, einer Anlaufstelle für Obdachlose Jugendliche und junge Erwachsene in Dortmund, bekamen sie zumindest eine
Postadresse, die das Jobcenter für den Leistungsbezug anerkannte. Wohnen konnten sie vorerst bei Freunden.
Seit September bestimmt das sogenannte Integrationsgesetz, dass Menschen, die
nach dem 1. Januar 2016 als Flüchtlinge
anerkannt wurden, mindestens drei Jahre lang in dem Bundesland wohnen müssen, dem sie bei ihrer Ankunft zugewiesen
wurden. Und das war für Mohammad und Ahmad eben Sachsen-Anhalt. Wenn sie
nach Dortmund umziehen wollten, mussten sie hier innerhalb von drei Monaten
eine Wohnung finden, damit das hiesige Jobcenter ihre Leistungen übernähme.
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REPORTAGE
„Dienstleistung“ mit System
Euro Zusatzkosten für Möbel gelistet waren.
sehen und den Vertrag unterschreiben, wur-
Bei einem Beratungscafé für Flüchtlinge
Provision zu zahlen. Aber die Möbel waren
sollte die Familie in einer kleinen Wohnung
einen Mann, der ihnen Hilfe anbot: „Er
und völlig kaputt.“ Heute verstehen sie das
dynummer einer Maklerin, mit der wir uns
„Die Maklerin hat uns betrogen.“
ko, spricht Arabisch und Deutsch, war sehr
Auch Familie Mosab, die eigentlich anders
Euro sollten Ahmad und Mohammad vorab
wie wir sie nennen, ihr Mann und ihre bei-
in der Dortmunder Innenstadt trafen sie
nicht Teil der Vereinbarung, außerdem alt
sprach uns direkt an und gab uns die Han-
System, das sie damals noch nicht kannten.
sofort getroffen haben. Sie ist aus Marok-
de uns gesagt”, erinnert sich Aysha. Bis dahin
wohnen, kostenlos. Es folgten Vertröstungen, den ganzen Sonntag, den ganzen Montag. Montagnacht dann ein Anruf: 50 Euro sollten sie zahlen, für die Übernachtung in
der Wohnung. „Die Maklerin hatte uns belogen”, sagt Aysha.
nett und versprach, uns zu helfen.“ 100
heißt, hatte mit der Maklerin zu tun. Aysha,
zahlen, für Fahrtkosten.
den Kinder zogen im November 2015 nach
Tarnnamen, spezielle Telefonnummern, Verkleidungen
Dann aber hörten sie zwei Monate lang
nen Dorf in Ostdeutschland gelebt, wo es
Die Brüder und die Familie beschreiben ein
wenn sie anriefen. Erst einen Monat bevor
kurs und nichts für sie zu tun. Vater Omar
Rund um die Menschen, von denen in den
ablief, antwortete sie und sagte, dass sie
schon einmal in Dortmund gewesen, dort
im Voraus bezahlen, sagt Mohammad: „Es
Tipp, die Maklerin zu kontaktieren. Von
Jobcenters lief ab, meine Frau wartete in
Kontakt her und machte sich, als die Zusage
Dortmund. Vorher hatten sie in einem klei-
nichts von ihr, wurden abgewimmelt,
keinen Kindergarten gab, keinen Deutsch-
die Frist der beiden zur Wohnungssuche
– auch er hat einen anderen Namen – war
eine Wohnung hätte. 700 Euro sollten sie
hatte es ihm gefallen. Auch er erhielt den
gab keine andere Möglichkeit. Die Frist des
Ostdeutschland aus stellte die Familie den
Istanbul auf den Familiennachzug, deswe-
kam, auf den Weg ins Ruhrgebiet.
unterschrieben sie. Nur wenige Tage nach
Doch die zugesagte Wohnung gab es nicht.
mit einem zusätzlichen Blatt, auf dem 500
„Gleich am Montag sollten wir die Wohnung
gen musste ich die Wohnung haben!“ Also
ihrem Einzug lag der Vertrag in der Post –
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„Ich hätte kein Problem damit gehabt, eine
Es war ein Samstag, die Familie gestrandet.
Phänomen, das System zu haben scheint. vergangenen drei Jahren so viele nach
Deutschland kamen, haben sich Netzwer-
ke gebildet, die, für die einheimische Be-
völkerung unsichtbar, aus deren Not Profit schlagen. Sie nutzen aus, dass Geflüchtete
in ein fremdes Land kommen, dessen Sprache, dessen Gesetze und Regeln sie nicht
kennen. Wohnungsmangel und Konkur-
renz zwischen den Neuen und allen anderen mit wenig Geld verschärfen den Druck.
So gibt es oft keine Möglichkeit mehr, den
offiziellen, „hellen“ Markt zu nutzen – Betrügern spielt das in die Hände.
Die Makler wissen selbst, dass sie sich mit dem, was sie tun, nicht mehr auf dem Bo-
den des Gesetzes bewegen. Tarnnamen, spezielle Telefonnummern, sogar Verklei-
dungen gehören zu ihren Werkzeugen, um nicht erkannt zu werden. Betroffene
deren Makler. Der Mann aus dem Libanon
spielen. Die Zahl der öffentlich geförderten,
die ihnen endlich half, bei der Wohnungssu-
mund seit Jahren rückläufig.
vermittelte sie an eine Dortmunder Familie,
che und bei dem Versuch, die Maklerin bei
preisgebundenen Wohnungen ist in Dort-
der Polizei anzuzeigen. Für die Vermittlung
Familie Mosab hat mittlerweile eine Woh-
ist, 200 Euro. Das Verfahren wurde mittler-
Heimat Dortmund anzukommen. Auch die
an die Familie wollte der Makler, der keiner weile eingestellt.
nung gefunden und angefangen, in ihrer beiden Brüder Ahmad und Mohammad wohnen nun in einer kleinen Wohnung in der
berichten, dass die Makler Leute seien, die
Stadt fühlt sich nicht zuständig
Nordstadt. Die Maklerin ruft mittlerweile
Deutschland gekommen seien, beide Spra-
Im Polizeipräsidium Dortmund sind diese
dere Flüchtlinge weiterempfehlen.
sich mit diesem Spezialwissen gezielt in die
liegen allerdings nicht vor – denn juristisch
selbst vor langer Zeit als Migranten nach
chen, beide Systeme beherrschen – und
Flüchtlingshilfe begeben, um dort Kundschaft zu finden. Wenn man fragt, wie Flüchtlinge die hohen Provisionen zahlen
sollen, haben die Makler einfach erscheinende Antworten: mit der Einrichtungspauschale vom Jobcenter zum Beispiel, mit einem Handy, das auf Raten gekauft und
auf der Straße weiterverkauft wird. Es gibt immer eine Lösung.
Aysha und Omar, die kein Deutsch sprachen,
wandten sich in ihrer Not an die einzige Per-
son in Dortmund, die sie kannten: einen an-
Methoden nicht unbekannt. Genaue Zahlen
wieder an. Sie will, dass die beiden sie an an-
betrachtet sind solche Mauscheleien Betrugsdelikte, von denen es jeden Monat Hun-
derte gibt, heißt es aus der Pressestelle der Polizei Dortmund. „Wir können nur raten, Verträge im Zweifel Fachleuten zu zeigen.“
Die Stadt fühlt sich nicht zuständig. Man wisse von solchen Fällen, doch „wir haben
da keine Karten im Spiel“, so die Pressestelle der Stadtverwaltung. Dass sich ein schwarzer
Wohnungsmarkt besonders gut entwickeln
kann, wenn es für Betroffene keine regulären Wege gibt, scheint dabei keine große Rolle zu
Unten: Sprachbarrieren und Diskriminierung sind für Geflüchtete häufige Hindernisse bei der Wohnungssuche. Nicht alle Wohnungsangebote sind seriös, nicht alle Makler ehrlich.
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NEWS
DER KOMMENTAR
Wahlrecht für Obdachlose Vor der Landtagswahl in NRW fordert die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W) von Kommunen, Wohnungslose bei der Ausübung ihres Wahlrechtes zu unterstützen. Denn auch Menschen ohne festen Wohnsitz haben ein Wahlrecht, wenn sie deutsche Staatsbürger sind und sich mindestens drei Monate lang in NRW aufgehalten haben. Dann können sie sich bei ihrem Einwohnermeldeamt oder Bürgerbüro ins Wählerverzeichnis ihrer Stadt eintragen lassen. „Die Kommunen sollten den wohnungslosen Bürgerinnen und Bürgern den Eintrag in das Wählerverzeichnis komplikationslos ermöglichen und an den Treffpunkten und Anlaufstellen der Wohnungslosen entsprechend informieren“, sagte Thomas Specht von der BAG Wohnungslosenhilfe in einer Pressemitteilung. Bis zum 21.
Überfällige Schritte Von Alexandra Gehrhardt | Foto: Sebastian Sellhorst
April muss die Eintragung ins Wahlregister zur Landtagswahl in NRW (14. Mai) erfolgen, die Frist für die Bundestagswahl (24. Sep-
Die Stadt Dortmund will die Unterbringung obdachloser Menschen neu
tember) endet am 1. September.
ausrichten. Die kommunalen Einrichtungen sollen erweitert, renoviert oder verlegt werden. Die Maßnahmen sind wichtige und überfällige
Keine Energie für Schuldner Die Zahl der Energiesperren ist im Jahr 2015 leicht zurückgegangen. 6,3 Millionen Mal hatten Energieversorger Haushalten angedroht, den Strom abzudrehen, 331.000 Mal (Strom) bzw. 43.600 Mal (Gas) ist es tatsächlich dazu gekommen, wenn Zahlungen ausstanden – durchschnittlich ging es dabei um Rückstände von 119 Euro Strom- und 123 Euro Gaskosten. Das geht aus der Antwort des Umweltministeriums auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Forscher der Universität Siegen haben wenig überraschend herausgefunden, dass besonders Haushalte mit
Schritte. Das grundsätzliche Problem lösen sie aber nicht. Mit ihrem Ende März veröffentlichten Bericht leistet die Stadtverwaltung eine Analyse, wie es um die Unterbringung obdachloser Menschen in Dortmund bestellt ist. Der Bedarf kann nur geschätzt werden: Eine Obdachlosenstatistik existiert nicht, Akteure der Wohnungslosenhilfe gehen von 400 Personen aus. In den städtischen Einrichtungen können, Notplätze inklusive, 55 Männer und 24 Frauen untergebracht werden – bei Weitem nicht ausreichend. Die gerade in den letzten Monaten häufig überbelegte Frauenübernachtungsstelle soll von der östlichen Innenstadt nach Syburg umziehen. Der neue Standort, ein ehemaliges Hotel, in dem im vergangenen Jahr Geflüch-
niedrigen Einkommen von Energiearmut betroffen sind. Während die
tete unterkamen, ist alles andere als stadtnah und schwer zu erreichen.
Bundesregierung keinen Handlungsbedarf sieht, fordert Die Linke ein
Problematisch ist die Lage nach wie vor in der Männerübernachtungsstelle
gesetzliches Verbot von Netzsperren. Stromversorger können Versorgungssperren androhen, sobald Zahlungsrückstände die Marke von 100 Euro überschreiten. Die Bundesregierung sieht eine Definition des Begriffs der Energiearmut als „nicht notwendig.“
in der Unionstraße. Anders als konzipiert bleibt die Hälfte der Männer dort länger als ein halbes Jahr. Die 55 Plätze verteilen sich auf wenige Mehrbettzimmer, das Hab und Gut passt nicht immer in die kleinen Spinde. Das 1986 erbaute Haus ist muss renoviert werden, die geplanten 70 Plätze können aber nur durch einen Neubau entstehen. Losgehen wird der
Wenig Wohnraum für Arme Der Bevölkerungszuwachs wirkt sich auch in Bochum weiter auf den Wohnungsmarkt aus: Wohnen ist im vergangenen Jahr wieder teurer geworden. Sechs Euro Kaltmiete zahlten Bochumer 2015 im Schnitt für einen Quadratmeter Wohnraum, etwa 20 Cent mehr als im Jahr zuvor, geht aus dem Wohnungsmarktbericht hervor, den die Stadt Ende Februar ver-
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wohl erst, wenn eine Zwischenlösung für die rund zweijährige Bauphase gefunden ist. Trotzdem: Dass auch hier endlich gehandelt wird, ist ein richtiges und wichtiges Signal. Das grundlegende Problem bleibt aber: die Abhängigkeit von einem Kostenträger beim Zugang zu den städtischen Einrichtungen. Der Satz, „Niemand, der in Dortmund einen Schlafplatz benötigt und sich nicht selber helfen kann, muss draußen übernachten“, stimmt weiter nur zum Teil – nämlich für die, deren Leistungsansprüche in Dortmund gelten.
öffentlicht hat. Mit den Menschen, die zusätzlich nach Bochum gezo-
Das System kehrt gleichzeitig die ordnungsbehördliche Definition der
gen sind, ist auch die Zahl derer, die von Transferleistungen abhängen,
unfreiwilligen Obdachlosigkeit zu Lasten der Betroffenen um. So löst
gestiegen, und zwar um fast 3.000. Für sie wird die Frage des Woh-
sich auch das „Dilemma“ mit EU-Zugewanderten, die über die Arbeit-
nens aber zu einer Frage von Konkurrenz auf einem knappen Markt.
nehmerfreizügigkeit zwar das Recht zum Aufenthalt haben, denen aber
„Das Angebot an angemessenen Wohnungen für Haushalte im SGB
der Zugang ins kommunale Hilfesystem praktisch verwehrt wird. Hier, so
II-Leistungsbezug ist im Vergleich zu Vorjahren gesunken – der Anteil
heißt es im städtischen Bericht, „leisten wir reine Nothilfe für eine Nacht
angemessener Wohnungsangebote für Ein-Personen-Haushalte liegt
mit dem Angebot auf Rückreise ins Heimatland“. Wer das nicht annimmt,
zuletzt bei knapp 16 Prozent“, heißt es im Wohnungsmarktbericht.
bleibt ab der zweiten Nacht draußen, nach Definition freiwillig.
RECHT
Versehentlich gezahltes ALG II Von Rechtsanwalt René Boyke Nachdem das Job-
vertrauen und sie deshalb behalten dür-
sei es naheliegend gewesen, dass das Job-
Familie zunächst ver-
der Begünstigte die Rechtswidrigkeit
Verfahrens eine Fortgewährung der Leis-
center Hagen einer
sehentlich 1.138 Euro zu
viel Arbeitslosengeld II (ALG II) auszahlte,
scheiterte es im Anschluss mit der Rückfor-
fen. Kein Vertrauen liege etwa vor, wenn kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
derung des Geldes. Zuvor war das Jobcen-
Die Frage war daher insbesondere, ob den
befristet ALG II an die Leistungsbezieher
Zahlung des Jobcenters über 1.138 Euro ohne
versehentlich über den Termin hinaus. Es
Jobcenter diesen Betrag nur versehentlich
ter gerichtlich verurteilt worden, zeitlich
Klägern zum Zeitpunkt des Eingangs der
auszuzahlen – das Jobcenter zahlte aber
Weiteres habe auffallen müssen, dass das
forderte daher das Geld zurück. Die Leis-
überwiesen hatte. Dem war nicht so.
tungsbezieher wehrten sich dagegen, zogen vor das Sozialgericht Dortmund und bekamen Recht.
Das Gericht erklärte, dass unberechtigt empfangene Leistungen zwar grundsätzlich gemäß § 50 Abs. 2 SGB 10 zu erstatten
seien. Allerdings habe das Jobcenter zu
prüfen, ob gemäß § 45 Abs. 2 SGB 10 der Leistungsempfänger auf die Zahlung habe
Zum einen befanden sich die Kläger mit dem Jobcenter noch in einem laufenden Antragsverfahren und wiesen selbst noch
auf die zeitliche Befristung hin. Zudem
hatte sich an der Situation praktisch nichts
geändert. Und diese Situation war bereits zuvor Grundlage für die Verpflichtung des
Jobcenters, die vorausgegangenen Zah-
lungen leisten zu müssen. Darüber hinaus
center zur Vermeidung eines gerichtlichen tungen verfügt hätte.
Klar ist, dass unberechtigte Leistungen zwar grundsätzlich zurückgezahlt werden
müssen. Vorher ist aber zu prüfen, ob nicht
vielmehr schutzwürdiges Vertrauen des
Leistungsempfängers gegen eine solche Rückforderung spricht.
DIE ZAHL
3.533 Angriffe auf Flüchtlinge und Flüchtlingsunterkünfte zählt die Bundesregierung für das Jahr 2016. 560 Menschen wurden verletzt, darunter 43 Kinder.
DAS FOTO
15.000 Obdachlose leben allein in Athen. Zwischen 2013 und 2015, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, hat sich ihre Zahl vervierfacht. In der Arbeit „Border-Crossing“ zeigt die Schweizer Künstlerin Eva Borner ihre Schlafplätze. Foto: Eva Borner 17
INTERVIEW
„Neubau entleert
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die Städte“
Bauen in Deutschland boomt. Mehr als 375.000 Wohnungen haben Bauämter in deutschen Kommunen im vergangenen Jahr bewilligt, so viele wie seit 1999 nicht mehr. Nicht alle befürworten das: Der Autor Daniel Fuhrhop fürchtet die „Entleerung der Städte“ und fordert, stattdessen Leerstände und bestehende Immobilien besser zu nutzen. Seine Streitschrift appelliert: „Verbietet das Bauen!“ Von Alexandra Gehrhardt | Fotos: Sabrina Richmann
Der Frage nach fehlendem Wohnraum wird im Moment stark
werden weniger Menschen im gleichen Stadtviertel weniger
mit Neubau begegnet. Der Titel Ihrer Streitschrift klingt radikal
Kunden beim Bäcker oder im Supermarkt. In der Folge macht der
anders, Sie fordern, Neubau zu verbieten.
Supermarkt zu, macht die Kneipe zu, und so entleert Neubau die
Viel radikaler ist doch eigentlich, dass im Moment gebaut
Städte und macht das städtische Leben kaputt.
wird, als ob noch nichts stünde, und dass die letzten Freiflächen in den Städten verschwinden und gleichzeitig Wohnungen fehlen,
Wenn er außen entsteht. Ist es genauso, wenn er in der Mitte
weil Menschen auf immer mehr Quadratmetern leben. Rationaler
entsteht?
wäre es innezuhalten und zu überlegen, wie wir all die vorhandenen Häuser und Wohnungen besser nutzen können.
Im Ruhrgebiet kann man ja nicht sagen, wo eigentlich die Mitte ist. Wenn in einem ehemaligen Industriegebiet neu gebaut wird, sind die Menschen, die dorthin gezogen sind, wo-
Wie zum Beispiel?
anders weggezogen, also werden andere Stadtviertel tendenziell
Im ersten Moment denkt man bei dieser Forderung an
leerer. Ein anderes, sehr wichtiges Argument gegen die weitere
Umbau und Sanierung. Es geht aber auch darum, Leerstand zu
Verdichtung der Städte ist, dass wir auch Luft zum Atmen brau-
vermeiden und zu bekämpfen, und mit anderen Gesetzen das
chen, und dass wir durch den Klimawandel auch die Grünflächen,
Ungleichgewicht zwischen boomenden und schrumpfenden
Freiflächen, Gartenanlagen immer dringender brauchen.
Städten zu verändern und andere Formen des Wohnens zu fördern. Es gibt eine breite Palette an Werkzeugen, aber, so mein
Einige Vorschläge betreffen sehr individuelles Verhalten: Sie
Eindruck, mehr Programme zur Förderung von Neubau als von
plädieren zum Beispiel für Wohnprojekte oder Wohnpartner-
Sanierung und Altbau.
schaften. Wie stellen Sie sich das vor? Dass wir heute auf immer mehr Quadratmetern pro Per-
Leere Häuser zu sanieren oder ein Bürogebäude so umzuplanen,
son leben, hat damit zu tun, dass es nicht mehr die Großfamilien
dass darin Wohnungen entstehen, erfordert viel Aufwand und
gibt, wo drei Generationen unter einem Dach gelebt haben. Die
Zeit. Im Moment wird aber kurzfristig und schnell Wohnraum
Lösung muss aber nicht sein, dass in Großstädten 50 – 60 Prozent
gesucht. Wie kann das umgesetzt werden?
der Haushalte Singlehaushalte sind. Es gibt auch andere Modelle
Zweifellos gibt es Hürden, wenn man ehemalige Büros
des Zusammenlebens, zum Beispiel Mehrgenerationenwohnen,
als Wohnungen nutzen möchte, zum Beispiel beim Brandschutz.
Gemeinschaftswohnen, Wohnprojekte, bei denen man nur die
Neubau dauert aber in der Regel auch länger, als man vorher
Küche teilt oder nur ein Zimmer vermietet. Ich finde es sinnvoll,
meint. Wenn es um Entscheidungen geht, die für die nächsten
diesen Modellen auch seitens der Politik und der Verwaltung
Jahrzehnte das Gesicht unserer Städte prägen, dann sollte man
mehr Chancen zu geben.
außerdem darüber nachdenken, durch welche Entscheidungen die Städte lebendig werden.
Werden solche Ideen zu wenig gefördert?
Dass bei einer bis vor kurzem nicht wachsenden Bevölke-
Auf jeden Fall. Ein Beispiel ist „Wohnen für Hilfe“, das es
rung immer mehr gebaut wird, führt dazu, dass in den bestehen-
an 36 deutschen Hochschulen gibt. Studierende ziehen zu älteren
den Stadtvierteln immer weniger Menschen leben. Ein extremes
Menschen, die ein oder zwei Zimmer frei haben. Sie zahlen nicht
Beispiel: In manchen der Gründerzeitviertel wohnten um 1880,
die volle Miete und arbeiten im Gegenzug meist eine Stunde pro
als sie gebaut wurden, in den gleichen Häusern fünfmal mehr
Quadratmeter im Monat, helfen beim Einkaufen oder im Gar-
Menschen als heute. Ich wünsche mir nicht die Wohnzustände
ten. Es gibt 400 Hochschulen in Deutschland, warum gibt es das
von 1880 zurück, aber zumindest doppelt so viele Menschen könn-
nicht überall und nicht auch für Auszubildende? Die Menschen
ten in den Wohnungen heute problemlos leben. Entsprechend
zusammenzubringen ist im Detail Arbeit, aber es gibt ja einige
19
INTERVIEW
Dutzend Hochschulen, die wissen, was klappt und wo die Hürden sind. Und mit jedem gelungenen Projekt von „Wohnen für Hilfe“ hat man wieder einzelne Räume gewonnen, die sonst neu gebaut werden müssten. Trotzdem bleibt womöglich ein Mangel an günstigem Wohnraum. Nein, auch da hilft Neubau nicht, denn die günstigsten Wohnungen sind die im Altbau. Im Neubau schafft man es mit Mühe und Not auf zehn Euro pro Quadratmeter, wenn man ehr-
Von Daniel Fuhrhop
lich rechnet. Aber für fünf Euro oder weniger zu mieten, schafft
sind zwei Bücher zu
man niemals mit Neubau. Das Sozialste wäre, wenn die Städte
aktuellen wohnungs-
auch diese Altbauten in ihrem Bestand und ihren städtischen
politischen Themen
Wohnungsgesellschaften hielten.
erschienen: „Verbietet das Bauen!“ (2015) und „Die Willkommensstadt“
Sie plädieren also für einen kommunalen Wohnungsbau?
(2016, Rezension in bodo
Leider müssen wir sehen, dass nicht alle Kommunen der Verantwortung, die sich damit verbindet, gerecht geworden sind
03/17). Er bloggt unter
und Wohnungsgesellschaften in großer Zahl privatisiert worden
verbietet-das-bauen.de.
sind. Das sind genau die Wohnungen, die wir brauchen, und wo es auch soziales Wohnen auf Dauer geben könnte und sollte. Die Kommunen haben es durchaus in der Hand, wie viel sozialer Wohnungsbau entsteht, wenn sie es vorschreiben. In boo-
ein Unterschied gemacht zwischen den Neuen und den Alten. Auch von Ihnen?
menden Städten traut sich die eine oder andere Kommune das schon
Wir müssen über kurz oder lang dafür sorgen, dass
und legt Quoten von 20 oder 30 Prozent fest. Auch das ist leider nicht
Flüchtlinge genauso wohnen wie jeder andere Mensch auch.
die endgültige Lösung, weil im deutschen System des sozialen Woh-
Denn wer auf Dauer bleibt, hat die gleichen Sorgen und Bedürf-
nungsbaus meistens nur eine Sozialbindung von 15 Jahren angelegt
nisse wie jeder andere auch. Dann wäre es falsch, so wie es in
ist. Danach ist Schluss mit dem Sozialen. Sinnvoll wäre: Wenn nied-
manchen Orten geschieht, reine Neubausiedlungen für Flücht-
rige Mieten und soziales Bauen, dann bitte auf Dauer.
linge zu errichten. Die Geschichte hat gezeigt, dass es zu Problemen kommt, wenn es in einem Stadtviertel oder in einigen
Auf privater Ebene versuchen Initiativen wie das Mietshäu-
Häuserblöcken zu wenig Mischung von Menschen verschiedener
sersyndikat, Wohnimmobilien zu kaufen und so dauerhaft
Herkunft und mit verschieden großem Portemonnaie gibt. Wir
dem Markt zu entziehen.
sollten schauen, dass Flüchtlinge letzten Endes in ganz normalen
Das Mietshäusersyndikat vereint inzwischen 110 Wohn-
Wohnungen verteilt werden.
projekte mit 2.000 bis 3.000 BewohnerInnen und schützt die davor, dass ihre Mieten in der Zukunft explodieren und ihre Häuser
Dazu gehört für Sie auch eine Wohnortzuweisung
verkauft werden. Das ist in diesem Konstrukt nicht mehr möglich,
für Flüchtlinge.
weil der Verbund des Syndikats ein Vetorecht beim Verkauf hat.
Ja, wobei das, was ich bezwecke, nicht das ist, was das In-
Das allein schützt schon davor, dass ein Konzern wie Vonovia
tegrationsgesetz von 2016 will. Das Gesetz ändert die Verteilung
Eigentümer wird und danach eine amerikanische Heuschrecke,
auf Bundesländer und innerhalb der Bundesländer überhaupt
dass danach die Mieten steigen und die Wohnungen verfallen
nicht. Manchmal herrscht da das reinste Chaos bei der Umset-
oder beides auf einmal.
zung dieser neuen Gesetze. Wir sollten aber auch darauf schau-
In Hattingen gibt es ein ähnliches Projekt: die Stiftung Trias, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Boden aus der Spe-
en, wo bereits Wohnungen leer stehen, wo Platz ist, wo offene Arbeitsstellen sind, wo Auszubildende gesucht werden.
kulation herauszunehmen. Schon über 30 Wohnprojekte in ganz
Es geht dabei nicht darum, dass jemand, der Kinder und
Deutschland haben ihre Grundstücke an diese Stiftung übereig-
einen Ehepartner hat, mit diesem nicht zusammenleben soll.
net und dafür wiederum ein Erbbaurecht, in der Regel für 99 Jah-
Aber schon für die Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg
re, bekommen. Dieses einfache Konstrukt sichert, dass es nicht
und die Aussiedler und Spätaussiedler der 1990er Jahre gab es
ein ständiges Verkaufen gibt, die Gewinne und der Wertzuwachs
die Regel, dass für eine bestimmte Zeit der Wohnort vorgeschrie-
vor Ort und die Mieten angemessen bleiben.
ben werden konnte. Mir scheint, dass man heute sich manchmal davor scheut, solche Zumutungen an Menschen zu stellen. Man
20
Die letzten drei Jahre waren geprägt von Menschen, die neu
muss sich überlegen, an welchen Orten, in welchen Städten und
nach Deutschland kamen, von denen viele hier bleiben und
in welchen Häusern Integration am besten funktioniert. Und das
hier wohnen werden. Bei der Wohnungsfrage wird zuweilen
ist nun mal dort leichter, wo Platz ist.
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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt
Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.
Landtagswahl. Da wünsche ich mir fast eine tägliche bodo, um täglich zu kommentieren, was in Düsseldorf passiert. Doch dann passiert nichts. In der Ruhe liegt Kraft, man könnte das für eine SPD-Strategie halten, Motto: In der Ruhe siegt die Kraft. Die Opposition müsste zur Jagd blasen. Doch dort herrscht Tristesse, was man in einem Fall begrüßen kann. Die Umfragewerte der AfD schrumpfen bei steigenden Frühlingstemperaturen, ganz wie es Fußballphilosoph Rudi Assauer analysierte: „Wenn der Schnee schmilzt, sieht man, wo die Kacke liegt.“ Eine andere kleine, weitaus demokratischere Partei, die FDP, hat auf ihrer Landesliste eine Frauenquote, mit der würdest du in Saudi-Arabien als konservativ gelten. Dafür hat sie den doppelten Lindner. Der ist zeitgleich Spitzenkandidat bei der Landtags- und der Bundestagswahl. Sein Kalkül: Du musst ihn zwei Mal wählen, wenn du ihn ein Mal sicher loswerden willst. Vielleicht schult er kurz vor der Wahl noch auf Arbeiterführer um und lässt sich dazu Schwielen an die Hände transplantieren, pfiffig ist er ja. Armin Laschet (CDU) ist schon namentlich irgendwo zwischen „lasch“ und „lasset!“ angesiedelt. Nur Feinde dichten ihm noch Siegeswillen an. Bekanntlich kann nur verlieren, wer auch gekämpft hat. Neulich ließ der Kandidat in seine Seele schauen. Bei ihm sei die Panik nach der Nominierung von Martin Schulz nicht gewachsen, sagte er. Mit anderen Worten: Die CDU hat schon länger die Hosen voll. Dann hat die Partei ihre Landesliste für den Bundestag aufgestellt – in Bad Sassendorf. Wer in Bad Sassendorf tagt, hat den Willen zum Siegen aufgegeben. Da triffst du dich heimlich nachts zum Rollator-Rennen im Kurpark. Aber nicht öffentlich zur Landesvertreter-Versammlung. Autoimmunkrankheit besiegen. Jetzt muss die SPD noch ihre Auto-Immunkrankheit besiegen. Dabei murmelt der Erkrankte ständig und grundlos: „Das wird nie was!“
Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.
Je mehr Mitglieder die AWO hat, desto mehr kann sie in der Gesellschaft bewirken. Desto eher kann sie Menschen helfen, die Hilfe brauchen.
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www.awo-ww.de 21
KULTUR
IFFF feiert Geburtstag
Vom 4. bis zum 9. April findet das IFFF in Dortmund statt. Rund 8.000 Besucherinnen und Besucher werden erwartet. 120 Filme werden gezeigt, parallel ein vielfältiges Rahmenprogramm geboten. Hierzulande ist das IFFF das einzige Festival seiner Art. Es hat Krisen überstanden. Es ist gewachsen. Und es ist nötiger denn je. Von Wolfgang Kienast | Fotos: IFFF
Alles unter Kontrolle „Als das Festival vor dreißig Jahren gegründet
Seit jeher liefern Situationen (und wie sie au-
wurde“, sagt dessen Leiterin Silke Räbiger, „da
ßer Kontrolle geraten) dankbar den Stoff für
hatten wir noch gedacht, es wäre quasi von Ge-
eine künstlerische Auseinandersetzung – kraft
burt an ein Auslaufmodell. Wir hatten gedacht,
der bewegten Bilder das Metier für Filmschaf-
eine Veranstaltung wie diese wäre in ein paar
fende. Das Festivalprogramm bietet hier zahl-
Jahren obsolet. Die heutige Situation zeigt: Wir
reiche Lesarten, fiktive und dokumentarische,
haben uns leider geirrt. Abwertende und natio-
dramatische und vergnügliche, individuelle
nalistische Töne nehmen zu. Wir haben Trump
und allgemeine. Dabei wird auch in diesem Jahr
in den Vereinigten Staaten, müssen diffamie-
der mit 15.000 Euro dotierte Spielfilmwettbe-
rende Aussagen aus Polen und der Türkei zur
werb für Regisseurinnen bei der öffentlichen
Kenntnis nehmen und uns mit Positionen wie
Wahrnehmung eine große Rolle spielen. Doch
denen der AfD auseinandersetzen. Dabei geht
das Publikum sollte dem gesamten Programm
es nicht nur um die Rechte der Frauen. Angriffe
Beachtung schenken, das insgesamt zehn sorg-
auf Frauen sind immer rassistisch. Es sind im-
fältig kuratierte Reihen beinhaltet.
mer auch Angriffe auf die Demokratie.“ Heikle Zeiten für eine offene Gesellschaft. „IN CONTROL...of the situation“, der Fokus der diesjährigen Ausgabe des IFFF (oder auf Deutsch: „Alles unter Kontrolle“) kann vor genanntem Hintergrund wie ein ironischer Kommentar gelesen werden. Gewählt wurde der Titel bereits im vergangenen Jahr – wobei die Realität die anfangs gedachten Perspektiven und Posi-
Neben den etablierten Spielorten (Kino im U, Schauburg, sweetSixteen und Cinestar) ist heuer erstmals das Deutsche Fußballmuseum am Festival beteiligt. Gezeigt wird in „Die schönste Nebensache der Welt“, dass Frauenfußball noch in den 1950er Jahren vom DFB offiziell verboten war und wie 1989 ein Kaffeeservice als Prämie für den Gewinn der Europameisterschaft ausgelobt werden konnte.
tionen innerhalb weniger Monate überholen
Weitere Highlights sind mit Sicherheit das
sollte. Das gilt einerseits für die gesellschaftli-
Stummfilmprogramm, die lange Kurzfilmnacht
che, respektive politische Ebene. Permanente
oder die Filmfahrradtour durch Dortmund, bei
Überwachung, persönlicher Kontrollwahn,
der ein mobiler Beamer ausgewählte Fassaden
gnadenlose Selbstoptimierung und die Rolle,
zu Leinwänden macht.
die soziale Medien in diesem Zusammenhang
22
spielen, reichen allerdings weit hinein in den
Das gesamte Programm und weitere Informati-
persönlichen Alltag einer/s jeden.
onen unter www.frauenfilmfestival.eu
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WILDE KRÄUTER
BUCHE + KORNELKIRSCHE von Wolfgang Kienast
Bio-Genuss überzeugt!
Seit seine Vorfahren von den Bäumen
gard von Bingen ein langes Kapitel (wo-
gestiegen sind, sucht der Mensch, sich
bei es hier meist um die Früchte geht,
die Welt vor seinen Augen zu erklären.
seltener um Blätter oder Rinde, nie aber
„Dass ich erkenne, was die Welt im
um die im folgenden Rezept kulinarisch
Innersten zusammenhält“, lässt Goethe
genutzten Blüten). Noch häufiger stößt
seinen Faust sinnieren. Ein unermess-
man in der antiken Sagenwelt auf das
liches Feld, dessen jeweilige Grenzen
Hartriegelgewächs. Als Baumaterial für
· Hattinger Str. 188, 44795 Bochum · Hattinger Str. 264 (im Biohaus), 44795 Bochum · Kortumstraße 35 (im Veggihaus), 44787 Bochum
noch weit hinaus über Humboldt hier
sein Trojanisches Pferd soll Odysseus
www.hutzelbrot.de
und Humbug dort zu verorten sind.
das robuste Holz verwendet haben.
Wer sich nicht an fundamentalreligiö-
Oder Polydoros: Der jüngste Sohn des
ses Regelwerk hält, darf individuell die
Königs von Troja wurde mit einem
Perspektive wählen.
Speer aus solchem Stamm gemeuchelt.
Wenn es, wie es heißt, „drauf ankommt“,
Aber nicht immer trieft Blut aus griechi-
sind mir wissenschaftlich belegbare Fak-
schen Sagen, wenn man nach Kornel-
ten lieb. Andererseits: Mathematischen
kirschen sucht. In deren Zweigen war
Formeln, manch einem mögen sie als
auch die Baumnymphe Kraneia, Tochter
Inbegriff faszinierend reiner Klar- wie
des Waldgottes Oxylos, zu Hause. Was
Schönheit Quell der wahren Freude sein,
genau sie dort vollführt hat, ist nicht
konnte ich schon zu Schulzeiten schwer-
überliefert, doch verweisen Nymphen
lich etwas abgewinnen. Bereits damals
allgemein als Symbol auf Fruchtbarkeit
ließ ich mich vielmehr von Mythen, Sa-
und Sexualität, auf schöne Dinge, sehr
gen und Legenden unterhalten; ich habe
passend auch zur Jahreszeit.
ein Faible für schöne Geschichten.
Bedenkt man freilich, dass eine Baum-
Bezaubernden Mären begegnet, wer in
nymphe stirbt, sobald ihr Wohnsitz
den Gefilden von Volks- und Aberglau-
fällt, hat allein Odysseus ein weiteres
ben stöbert. Ich war entsprechend
Heer auf dem Gewissen. Aber Sie ha-
enttäuscht, dass sich dort kaum etwas
ben im März nur Blüten für den Sirup
zur Buche finden lässt, dem „Charak-
gesammelt, den Sie jetzt benötigen,
terbaum Mitteleuropas“, wie ihn der
und Kraneia dabei allenfalls gekitzelt.
„Kosmos-Baumführer“ nennt. Mal ein
Genießen Sie also unbeschwert den
kleiner Schutzzauber, gelegentlich ein
Frühlingssalat.
spärliches Orakel; die Buche ist ein mythologisch wenig beschriebenes Blatt, abgesehen vom seichten „Buchen suchen – Eichen weichen“, jenem Spruch, an welchem nichts ist außer seinem Reim. Wenn es „drauf ankommt“, im Gewitter, sollten Sie Bäume grundsätzlich meiden. Das wissen Sie natürlich.
Sie finden uns ganz in Ihrer Nähe:
REZEPT Ein Dressing aus etwas Olivenöl, sehr wenig Kräuteressig, abgeschmeckt mit Salz und gemahlenem buntem Pfeffer über zwei Handvoll junge Buchenblätter geben. Ein Stück milden Blauschimmelkäse auf dem Salat anrichten und mit Kornelkirschblütensirup übergießen.
Die vergleichsweise unscheinbare
Und weil das Auge mitisst, mit Gänse-
Kornelkirsche hat weitaus mehr zu
blümchenblüten dekorieren.
bieten. Im Volksmedizinischen widmet ihr nicht nur die unausweichliche Hilde23
VERANSTALTUNGEN 04 | 17 SA 01 | 04 | 17 Stummfilm | Geheimnisse einer Seele Martin Fellmann sucht geplagt von Ängsten einen Psychotherapeuten auf. Stück für Stück wird sein Unterbewusstsein aufgefächert, seine Qualen nehmen bildnerische Gestalt an. Der Film dringt in Fellmanns Kopf ein, skurrile Bilder projizieren seine innersten Ängste auf die Filmleinwand. Live-Musik: Druckkammer [2009] von IP Rottstr 5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr Kleinkunst | Inez Timmer: „Mademoiselle Chanel“ Coco Chanel: Die erste Unternehmerin, die mit
BODO VERLOSUNGEN 11.4. | Balbina | FZW, Dortmund | 2 x 2 Karten ab 13.4. | Neben den Gleisen sweetSixteen-Kino, Dortmund | 1 x 2 Karten 23.4. | Moby Dick Theater im Depot, Dortmund | 2 x 2 Karten 27.4. | Ben Redelings Riff, Bochum | 2 x 2 Karten 28.4. | Vonda Shepard Bahnhof Langendreer, Bochum | 2 x 2 Karten
Stil, aber auch skrupellos und mit eiserner Dis-
6.5. | fairgoods & Veggienale
ziplin ein Imperium schuf. Sie gab dem weib-
Zeche Zollverein, Essen | 3 x 2 Karten
lichen Körper die Freiheit zurück, verbannte Korsett und altmodische Zöpfe, kreierte ein
Mitmachen und Karten gewinnen:
berühmtes Parfum und kleidete Weltstars ein.
Schicken Sie das Lösungswort aus unserem Kreuzwort-
Inez Zimmer erzählt ihre Geschichte, gespickt
rätsel und Ihren Wunschgewinn mit Name, Telefon,
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BODO-TIPP
5. Tag der Solidarität Demonstration und Kundgebung Mallinckrodtstraße 190, Dortmund Di., 4.4., 17.30 Uhr
Am 4. April 2006 wurde Mehmet
völlig. Die Familien und Freunde von
ter- und Filmvorführungen zum NSU-
Kubas,ık in Dortmund erschossen. Erst
Mehmet Kubas,ık und Halit Yozgat,
Komplex und dem Thema Rassismus.
Jahre später wurde öffentlich, dass
der zwei Tage später in Kassel ermor-
Die zentrale Demonstration am 4. Ap-
der Mord Teil einer rassistischen Ter-
det wurde, hatten in beiden Städten
ril startet um 17.30 Uhr am Gedenk-
rorserie war. Obwohl Angehörige und
Schweigemärsche unter dem Titel
stein an der Mallinckrodtstraße 190.
Freunde jahrelang auf ein rechtes Mo-
„Kein 10. Opfer!“ organisiert.
Um 19 Uhr folgt in der Auslandsge-
tiv hingewiesen hatten, fehlten diese Ermittlungen an allen Tatorten fast
sellschaft NRW eine Lesung und PoJedes Jahr erinnern Initiativen und
diumsdiskussion zur migrantischen
Organisationen in Dortmund an
Perspektive auf den „NSU“ und Ras-
Podiumsdiskussion
Opfer des „Nationalsozialistischen
sismus in Deutschland.
Auslandsges. NRW, Steinstraße 48
Untergrunds“. Vom 3. bis 6. April gibt
Di., 4.4., 19 Uhr
es Lesungen und Diskussionen, Thea-
tagdersolidaritaet.wordpress.com
SO 02 | 04 | 17
Spätfolgen starb. Der Knast krempelte den noto-
Kabarett | Mitteilungen für
trag von Jugendämtern Kurse zu Gewaltpräven-
Kindertheater | Die Werkstatt der Schmetterlinge
interessierte Dorfbewohner
rischen Gewalttäter um. Heute gibt er im Auf-
MI 05 | 04 | 17
tion in Schulen und Gefängnissen. Sascha Bisley
Der kleine Rodolfo ist Erfinder aus Leidenschaft.
Seit 21 Jahren macht Autor und Kabarettist Fritz
erzählt schonungslos aus seinem Leben und von
In seiner urigen Werkstatt bastelt und tüftelt er
Eckenga seine „Mitteilungen für interessierte
seinem Weg zurück in die Gesellschaft.
an Tieren und Pflanzen, die es noch nicht gibt.
Dorfbewohner“ und lädt dazu Komikerfreunde
Studio B, Stadt- und Landesbibliothek,
Eines Tages gelingt ihm etwas völlig Neues. Auch
und -kollegen ein. Am 2.4. ist Rainer Pause und
Dortmund, 19.30 Uhr
Freundin Fedora ist von dieser einzigartigen
am 30.4. Pit Knorr zu Gast. Kino im U, Dortmund, 12 Uhr Familienlesung | Hasen wie du und ich Zur Osterzeit dreht sich bei der Familienlesung
Erfindung entzückt. Das könnte ein Botschaf-
DI 04 – SO 09 | 04 | 17
ter für Glück und Harmonie für die ganze Welt werden, wenn da nicht die strenge „weise Alte“
Festival | 30 Jahre
wäre. Was wird sie zu dieser unglaublichen Er-
Internationales Frauenfilmfestival
findung sagen? Für Kinder ab 4 Jahren.
alles um Hasen. Hasen sind wie du und ich – sie
Seit 1987 findet in Dortmund das Internationa-
Fletch Bizzel, Dortmund, 10 Uhr
leben in Familien, gehen zur Schule, erleben
le Frauenfilmfestival (im jährlichen Wechsel mit
(auch 9. & 23.4., 11 Uhr)
Abenteuer und fahren um die ganze Welt. Die
Köln) statt. Vom 4. bis 9. April stehen unter dem
Lesungen für kleine und große Zuhörer finden
Titel „IN CONTROL…of the situation / Alles un-
immer am ersten Sonntag des Monats statt.
ter Kontrolle“ rund 120 aktuelle und historische
Bis zum 3.5. ist die Ausstellung „NRW wird leiser“
Zu wechselnden Themen werden ausgewählte
Filme, Performances und Diskussionen auf dem
des gleichnamigen Aktionsbündnisses des Landes
Märchen und Geschichten vorgelesen.
Programm. Zu den mehr als 50 unterschiedli-
NRW in der DASA zu Gast. In zehn Stationen er-
mondo mio! Kindermuseum, Dortmund, 15 Uhr
chen Veranstaltungen werden zahlreiche Gäste
klärt die Ausstellung, wie das Hören funktioniert,
aus der Filmbranche erwartet. Der Internationa-
wann Geräusche zu Lärm werden und wie dieser
le Spielfilmwettbewerb für Regisseurinnen, das
den Menschen beeinflusst. Sie macht Lärmquel-
Schulfilmprogramm und viele Specials komplet-
len im privaten und nachbarschaftlichen Umfeld
tieren das 6-tägige Programm.
erlebbar und gibt Tipps, um Lärm zu mindern
Mit 19 verletzte er im Gewalt- und Alkoholrausch
Infos: www.frauenfilmfestival.eu
oder zu vermeiden. www.dasa-dortmund.de
einen Obdachlosen so schwer, dass dieser an den
Versch. Orte, Dortmund
DASA, Dortmund
MO 03 | 04 | 17 Lesung | Sascha Bisley: „Zurück aus der Hölle“
Ausstellung | NRW wird leiser
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Fro�e Ostern! 25
VERANSTALTUNGEN APRIL 2017
Lesung | In Memoriam Imre Kertész
zuerst 1975 in Ungarn, wo er während der sozia-
schaft mit Billy Idol, seine Arbeit an Michael
Roman eines Schicksallosen
listischen Ära jedoch Außenseiter blieb und vor
Jacksons „Dirty Diana“ und den Gewinn eines
Imre Kertész, 1929 in Budapest geboren, wurde
allem von Übersetzungen lebte. Erst nach der
Grammys für den Titelsong des Blockbusters
1944 als 14-Jähriger nach Auschwitz und Buchen-
Wende gelangte er zu weltweitem Ruhm. 2002
„Top Gun“. Steve Stevens verbindet Elemente
wald deportiert. In seinem „Roman eines Schick-
erhielt er den Literaturnobelpreis. Einführung,
aus Rock, Jazz und Flamenco. Eines seiner Mar-
sallosen“ hat er diese Erfahrung auf außerge-
Lesung und Diskussion: Claus Dieter Clausnitzer
kenzeichen ist die Verwendung spezieller Effek-
wöhnliche Weise verarbeitet. Das Buch erschien
(Schauspieler). Eintritt frei.
te, besonders des Ray-Gun-Effekts, der u.a. in
Auslandsgesellschaft NRW, Dortmund, 19 Uhr
„Rebel Yell“ oder bei „Dirty Diana“ zu hören ist. Zeche, Bochum, 20 Uhr
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Kleinkunst | Nessie Tausendschön Gerade noch als Frontfrau bei der Lady-Come-
Musik | GoGo Penguin
dyshow Nachtschnitten, jetzt als Solokünstle-
GoGo Penguin zählen zu der raren Spezis von
rin erneut auf Flottmanns Bühne. Die preisge-
Instrumental-Bands, die in unterschiedlichsten
krönte Kabarettistin, Sängerin und Musikerin
musikalischen Lagern zu punkten wissen. Pia-
Nessi Tausendschön fährt die neuesten Songs
nist Chris Illingworth, Bassist Nick Blacka und
und einige ihrer besten Nummern der letzten
Drummer Rob Turner begeistern mit rasanten
Programme auf. Und das in vollkommen neu-
Break-Beats, ungemein einprägsamen Piano-
em Gewand. Mit dem kanadischen Gitarristen
melodien, kraftvollen Basslinien und hymni-
und Komiker William Mackenzie hat Nessi einen
schen Riffs. Zu ihren Einflüssen zählen die drei
ebenbürtigen Bühnenpartner gefunden.
jungen Briten u. a. Aphex Twin, Squarepusher,
Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr
Massive Attack, Brian Eno und John Cage, aber auch moderne klassische Komponisten wie
FR 07 | 04 | 17 Oper | Otello Verdi schuf auf Drängen seines Librettisten Boi-
Schostakowitsch und Debussy. domicil, Dortmund, 20 Uhr
DI 11 | 04 | 17
to in den letzten 15 Jahren seines Lebens noch
Foto: fotolia.de | Kopflos – Handstand im Feld ©grafikplusfoto
seine eindrucksvollen Alterswerke Otello und
Gutes Leben gesucht? fairgoods.info
VERLOSUNG | Balbina
Falstaff. Sie sind der Ausdruck seiner lebenslan-
Balbinas Welt liegt versteckt, gleich hinter der
gen Beschäftigung mit der Dramatik William
Realität. Doch wenn man etwas unscharf hin-
Shakespeares. Verdi findet bei Shakespeare
sieht, dann kann man sie er-
die gewaltigen, unaufhaltsam rasenden Lei-
ahnen. Balbinas Musik kommt
denschaften, die es seiner Musik erlauben, alle
aus dem Reich der Träume. Wie
Tiefen der menschlichen Gefühle auszuloten.
ein fernes Echo kreisen ihre
Otello ist das Drama des Misstrauens, das im-
Geschichten um die Magie des
mer beim mangelnden Vertrauen in sich selbst
Alltags. Daraus entsteht ein
beginnt und von dort aus eine tödliche Kraft
buntes Potpourri voller Refe-
entfaltet. www.theaterdo.de
renzen, das mit den Erwartungen bricht, dafür
Opernhaus, Dortmund, 19.30 Uhr
aber die Tür in eine andere Welt öffnet. Balbina aus einer Berliner Hochhaussiedlung lädt in
ESSEN Zeche Zollverein
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6. + 7. Mai 26
Magie | Die Unfassbaren: „Magie und Hypnose“
diese Welt ein. „Ich hüpf vom Lügengerüst ins
Die Regeln der Physik oder der Mathematik kön-
Märchenschloss und drück mich dort vor jedem
nen die BesucherInnen an diesem Abend kom-
Stück Wahrheit / Wie ein Kind vorm Vollkorn-
plett vergessen, denn die „Unfassbaren“ verän-
brot zum Frühstück – bitte nicht noch ein Stück.“
dern alle Realitäten. Hypnosekünstler Christo
FZW, Dortmund, 20 Uhr
und Magier Ben David präsentieren mal gemein-
bodo verlost 2 x 2 Karten
sam, mal im Solo Zauberkunst außergewöhnliche Erfahrungen und charmantes Entertainment. Fritz-Henßler-Haus, Dortmund, 20 Uhr
Musik | Giant Rooks Die Band Giant Rooks, deren Durchschnittsalter bei gerade mal 17,5 Jahren liegt, findet ihre Ins-
SO 09 | 04 | 17
piration in musikalischen Vorbildern wie Alt-J,
Musik | Steve Stevens & Band
ist bereits ihr eigener: Als „Art Pop“ bezeich-
Arcade Fire oder James Blake. Doch ihr Sound
Grammy-Gewinner, Gitarrist, Songwriter und
nen Giant Rooks ihre Musik und meinen damit
Komponist Steve Stevens ist vor allem bekannt
künstlerisches Experimentieren, verknüpft mit
durch seine 30-jährige musikalische Partner-
Pop-Elementen. Das macht ihre Songs zu einer
BODO-TIPP
Compania Bataclan, Esther Bejarano & Microphone Mafia
Gemeinsam mit der „Compania Ba-
hatte sich als Akkordeonspielerin ge-
volutionäre Lieder. Mit der Compa-
taclan“ sind Esther Bejarano und die
meldet, obwohl sie das Instrument
nia Bataclan wird sie neben deren ei-
Microphone Mafia am 21. April im
nicht beherrschte. So überlebte sie
genem Programm gemeinsam zwei
Bahnhof Langendreer. Die 92-jähri-
das Vernichtungslager. Im Mai 1945
Klezmer-Songs vortragen.
ge Esther Bejarano ist eine der letz-
erlebte sie die Befreiung durch die
ten Überlebenden des sogenannten
Rote Armee. Heute ist die Antifaschis-
Im Bahnhof Langendreer liest Esther
Mädchenorchesters in Auschwitz,
tin Musikerin und erzählt als Zeitzeu-
Bejarano auch aus ihrem Buch „Wir
gegründet von der SS.
gin die Geschichte ihres Lebens.
leben trotzdem.“
Fr. 21.4., 19 Uhr
Es spielte täglich am Lagertor, wenn
Mit der Microphone Mafia und Sohn
Eintritt: 15 Euro / 12 Euro VVK
Bahnhof Langendreer
die Gefangenen in Arbeitskolonnen
Joram Bejarano am Kontrabass singt
www.bahnhof-langendreer.de
Wallbaumweg 8, Bochum
das Lager verließen. Esther Bejarano
und rappt Bejarano jüdische und re-
packenden Mischung aus Indierock, Folk und
ziehung treten. Es entwickelt sich ein Dialog, der
tive auf Murnaus Film, spielt und kokettiert aber
Elektro, schwermütig und tanzbar zugleich.
oft mehr über abgebildete Personen und Objek-
auch mit den musikalischen Ausdrucksformen
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
te verrät, als eine einzelne Fotografie jemals zu
der Entstehungszeit dieses Klassikers.
sagen in der Lage wäre.
Konzerthaus, Dortmund, 19 Uhr
MI 12 | 04 | 17 Theater | Flüchtlingsgespräche „Der Paß ist der edelste Teil eines Menschen.
Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr Lesung | Christine Eisel: „Kurzer Prozess für die Liebe“
DO 20 | 04 | 17 Theater | Das Interview
Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zu-
Angela ist spätestens seit ihrer eigenen Tren-
Was ist Show, was ist Wahrheit? Pierre, erfolg-
stand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall
nung Expertin in Sachen Scheidung. Die streit-
reicher Journalist, soll das Soap-Sternchen Katja
zustandkommen, auf die leichtsinnigste Art und
lustige Anwältin vertritt ausschließlich Frauen
interviewen. Völlig unter seinem Niveau, oder?
ohne gescheiten Grund, aber ein Paß niemals. Da-
und kämpft mit allen juristischen Tricks. Als sie
Mehr als Verachtung scheint er für Katja nicht
für wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, wäh-
dem humorvollen, intelligenten Pit begegnet,
rend ein Mensch noch so gut sein kann und doch
ist Angela wie verzaubert. Plötzlich gibt es für
nicht anerkannt wird.“ Flüchtlingsgespräche von
sie wieder mehr im Leben als nur die Arbeit. Bis
Bert Brecht ist ein Dialog zwischen zwei aus der
sie im Gerichtssaal eine unliebsame Entdeckung
Heimat Vertriebenen. Weißert gibt den Physiker
macht… Eine Lesung mit musikalischem und
Ziffel, Mikol ist sein kongeniales Gegenüber Kalle.
zauberhaftem Beiprogramm.
Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr
Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr
DO 13 | 04 | 17 Theater | Offene Zweierbeziehung
SA 15 | 04 | 17 Party | Kalakuta Soul pres. Rasmus Schack
Als Sibylle Broll-Pape die „Offene Zweierbezie-
Rasmus Schack gehört zu den renommiertesten
hung“ 1997 inszenierte, war Dario Fos Bezie-
SammlerInnen seltener brasilianischer Schall-
hungsdrama eigentlich bereits eine ziemlich
platten. Auf einer seiner seltenen Europatourne-
verstaubte Angelegenheit. Durch den Dreh mit
en macht der gebürtige Däne Halt in der Prinz-
den Vampiren wurde daraus ein Kultstück, das
bar und spielt einzigartige brasilianische Musik
2017 sein 20-jähriges Bühnenjubiläum feiert. Zu
der vergangenen 50 Jahre. Support bekommt
diesem Anlass lädt das prinzregenttheater nach
Rasmus Schack von Guy Dermosessian und Zé
der Vorstellung zur Vampirparty ein. Gäste, die
Bebelo vom Bochumer Kalakuta Soul Kollektiv.
im Kostüm erscheinen, erhalten ein Freigetränk.
prinzregenttheater, Bochum, 22.30 Uhr
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RUHRFESTSPIELE RECKLINGHAUSEN A WORLD STAGE 1. Mai bis 18. Juni 2017
WANDA
onzert der Abschlussk iele 2017 Ruhrfestsp , 20.00 Uhr 17. Juni 2017 en Recklinghaus en art dtg Sta
prinzregenttheater, Bochum, 19.30 Uhr Performance | Dunix Lichtbilder Das Arbeitsmaterial der Bochumer Künstler-
MI 19 | 04 | 17 Film & Musik | Faust
gruppe Dunix Lichtbilder besteht aus schät-
Tragische Momente, aber auch schwarzer Hu-
zungsweise 50.000 Amateurdias, gesammelt
mor treffen sich in Friedrich Wilhelm Murnaus
auf Flohmärkten und beim Trödler um die Ecke.
Stummfilmklassiker „Faust“ von 1926. GMD Gabri-
Dunix Lichtbilder sortieren das gefundene
el Feltz wird dabei eine Neuvertonung von Bernd
Material, präsentieren die Dias simultan auf
Schultheis aus dem Jahr 1999 dirigieren. Dessen
mehreren Leinwänden und lassen sie so in Be-
Musik eröffnet einerseits eine heutige Perspek-
KARTEN Kartenstelle der Ruhrfestspiele Recklinghausen, Tel. (02361) 9218-0, E-Mail: kartenstelle@ruhrfestspiele.de www.ruhrfestspiele.de Hauptsponsor
27
VERANSTALTUNGEN APRIL 2017
übrig zu haben. Katja erwartet die üblichen Fra-
sie einen kongenialen Verbündeten. Die bei-
sie sich in die Erzählung
gen zu ihrem Äußeren, ihrem Privatleben, ihren
den schließen eine Wette ab: Schafft er es, der
und erzählen dadurch
Rollen – und ist wenig erfreut, als sie mitbe-
verheirateten, überaus tugendhaften Madame
etwas über das Erzählen.
kommt, mit wie viel Ignoranz Pierre ihr begeg-
de Tourvel die Ehre zu nehmen, soll eine Liebes-
Indem sie Moby Dick auf
net. Das Interview gerät zum messerscharfen
nacht mit der Marquise der Preis sein. Bald aber
der Bühne durchleben,
Duell zweier Medienprofis, die eine magneti-
werden die beiden selbst Opfer der Ereignisse.
reißen sie ihr Publikum mit – mitsamt deren
sche Anziehungskraft verbindet.
Schauspielhaus, Bochum, 19.30 Uhr (auch 28.4.)
Fragmenten der Geschichte und Erwartungen.
Megastore, Dortmund, 19.30 Uhr
Theater im Depot, Dortmund, 18 Uhr Musik | EMMA6
FR 21 | 04 | 17 Lesung & Musik | Shakespearereloaded
bodo verlost 2 x 2 Karten
EMMA6 ist ein deutsches Indierock-Trio aus Köln, bestehend aus Peter und Henrik Trevisan und Dominik Republik. Nach der Gründung 2005
DI 25 | 04 | 17 Musik | Max Raabe & Palast Orchester
Unter diesem Titel präsentieren die Dortmun-
spielte die Band zunächst zahlreiche regionale
der Künstler Hannes Sänger (Gitarre & Gesang)
Konzerte, ehe sie 2011 das Debütalbum „Sound-
Perfekt sitzt der Frack, es glänzt das Haar, ein ke-
und Oscar Borkowsky (Rezitation) eine ga-
track für dieses Jahr“ veröffentlichte. Es folgte
cker Blick: Max Raabe transportiert den Glamour
rantiert kurzweilige musikalisch-literarische
eine Tour als Support für „Wir sind Helden“ und
der zwanziger Jahre mit Charme in die Jetztzeit.
Revue, und zwar mit diversen Spielszenen aus
die erste eigene Tour, auf die das zweite Album
Wer mag, kann sich Gedanken machen über die
Stücken des legendären Engländers nebst ver-
„Passen“ folgte. Nun sind sie mit ihrem dritten
Zeit des Tonfilms und der Schelllackplatte, oder
schiedenen Sonetten sowie Songs und Gedich-
Album im Gepäck wieder on the road.
gar über die großen politischen Umwälzungen
ten aus eigener Feder.
FZW, Dortmund, 20 Uhr
und die Parallelen zu heute. Konzerthaus, Dortmund, 20 Uhr (auch 26.4.)
„Blaues Zimmer“ Geigenbaumeister Volker Bley, Arneckestraße 33, Dortmund, 19.30 Uhr
SA 22 | 04 | 17 Theater | Gefährliche Liebschaften
SO 23 | 04 | 17 VERLOSUNG | Moby Dick
DO 27 | 04 | 17
Ein Meister-Roman, den jeder kennt?! Nicht
Begegnung | Voneinander lernen –
wirklich. Den Titel schon. Aber wie bei vielen
miteinander leben
Paris. Kurz vor der französischen Revolution. Die
Klassikern stellt sich heraus, dass der eigentliche
Das Dietrich-Keuning-Haus lädt in Kooperation
Marquise de Merteuil spielt ein riskantes Spiel
Roman unbekannt ist. Die Protagonisten haben
mit dem Migrantinnenverein Dortmund zum
mit der Liebe. Im Vicomte de Valmont findet
das gleiche Problem. Abenteuerlustig stürzen
internationalen Frauenfrühstück unter dem Motto „Voneinander lernen – miteinander le-
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ben“ ein. Beim internationalen Frauenfrühstück
!"#$%!& '(!)"*% +,-./0-++-
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können Frauen in ungezwungener Atmosphäre Kontakte knüpfen und sich über spezielle Themen informieren und austauschen. Dietrich-Keuning-Haus, Bochum, 9-13 Uhr Lesung & Musik | on the road Mit Lyrik, Prosa und Songs aus den 50er und 60er Jahren sind die Dortmunder Oscar Borkowsky und Hannes Sänger nach längerer Zeit mal wieder „on the road“. Zur Musik jener Epoche (z. B. Dylan, Cohen, Young) werden unter anderem Texte von Jack Kerouac, William S. Burroughs und Allen Ginsberg präsentiert. The Shakespeare, Hauptstr. 38, Herdecke, 20.30 Uhr
851 5-679&/%:5
78/,+
FR 28 | 04 – MO 01 | 05 | 17 Festival | Festival der Dortmunder Bierkultur 1516 legte das Deutsche Reinheitsgebot Gerste, Hopfen und Wasser als einzige Zutaten von Bier fest. 2016 feierte die berühmte Verordnung ih-
1234#!"#$%&#'()#))'*+,-'%"#'./#))'*+,
1112345"%!%&%!&#%!%5426%!"#$%#$!&'$(!)**!+!,-./01
ren 500. Geburtstag. Anlässlich des Jubiläums wurde dem goldenen Gerstensaft ein ganzes Festival in Dortmund, der Bierstadt mit Tradition, gewidmet. 11.500 Besucher und Besucherin-
28
BODO-TIPP
Den Herrn der Fußballweisheiten
In seinem aktuellen Buch „Als die
Nacht seines Lebens, der Rasenmäher
nennt ihn der Deutschlandfunk, und
Axt den Toaster warf“ hat Redelings
zeigt uns die Kneipen von Hamburg
mit seinen Fußball- und Fußballer-
eine Reise um die Welt gemacht und
bis Shanghai, der Löwe von Moskau
anekdoten gilt der Filmemacher und
die skurrilsten und schönsten Ge-
präsentiert eines der skurrilsten Ge-
Autor Ben Redelings als Erzählonkel
schichten gesammelt.
burtstagsgeschenke ever, und Ronal-
für alles Kuriose, was sich ums RunOb Diego Maradona, David Beckham,
warum sein Sohn ausgerechnet Ro-
Ronaldo oder Vinnie „die Axt“ Jones –
nald heißen musste“, heißt es in der
Er erzählt sie bei Spiegel Online, 11
sie alle haben im Lauf ihrer Karriere
Buchbeschreibung.
Do., 27.4., 19.30 Uhr
Freunde, Reviersport, n-tv, auf sei-
Kurioses erlebt, und Ben Redelings
Infos unter www.riff-bochum.de
Riff | Bochum
nem eigenen Blog „Scudetto“, und
erzählt von diesen Erlebnissen. „Ba-
in seinen Büchern.
by-Face berichtet von der schönsten
VERLOSUNG Ben Redelings
Konrad-Adenauer-Platz 3
de und das Eckige dreht.
do weiht uns in das Geheimnis ein,
nen fanden Gefallen an der Huldigung des flüssigen Goldes – eine diesjährige Neuauflage des Festivals mit Musik, Food und Bier in allen Vari-
SA 29 | 04 | 17
bodo verlost 2 x 2 Karten
SA 06 | 05 | 17
Musik | Milow
VERLOSUNG | fairgoods & Veggienale
ationen ist daher nur die logische Konsequenz.
Manchmal muss man im Leben loslassen, um
Wie kann ich im Alltag nachhaltig leben und
Infos: www.dortmunder-bierfestival.com
die Dinge wieder in den Griff zu bekommen. Das
mich vegan und gesund ernähren? Bei der fair-
Vorplatz Dortmunder U, Dortmund
galt auch für Milow. Der charismatische Singer/
goods und Veggienale dreht sich
Songwriter aus Belgien landete ab 2006 einen Hit
alles um diese und weitere Fra-
nach dem anderen, triumphierte in unzähligen
gen zur ökologischen und vega-
FR 28 | 04 | 17
Konzerten als Storyteller und Musiker. Rund um
nen Lebensweise. Rund 60 Aus-
Kleinkunst |
sein sechstes, im Mai erschienenes Album „Mo-
steller präsentieren am 6. und
Schwerter Kleinkunstwochen: Tricky Niki
dern Heart“, war es Zeit für eine Neuorientierung.
7. Mai 2017 zum zweiten Male
Tricky Niki zählt zu den weltbesten Bauchred-
Für zehn Konzerte kommt er nach Deutschland.
nern. Frech und charmant begeistert er mit sei-
FZW, Dortmund, 20 Uhr
ner einzigartigen Vielseitigkeit als Entertainer, kombiniert Bauchrednerkunst mit schlagferti-
in Essen auf Zeche Zollverein in Halle 12 Angebote aus den Bereichen regionale Bio-Vielfalt, Upcycling, ethische Finanzen, grüne
Party | Nice Up! Frühlingsspecial
Mode, alternative Mobilität, erneuerbare Ener-
ger Stand-Up-Comedy und perfekter Zauberei
Der Frühling ist da! Mit ihrem euphorisierenden
gien, gesunde Ernährung u.v.m. Daneben gibt es
auf höchstem Niveau. Willkommen in „Hypo-
Mix aus Reggae, Dancehall, Old School Hip Hop
spannende Vorträge, Workshops, Bühnenshows
chondria“, dem Land der Wahnvorstellungen,
und World Beats sorgen die Jungs vom Blockbus-
und Mitmachaktionen rund um die Themen
Zwänge und Lachattacken. Dort, wo man auch
ter Soundsystem, NasAIR und DJ Razzmatazz auf
Nachhaltigkeit und Veganismus.
ohne grünen Daumen traumhafte Neurosen
zwei Floors für jamaikanische Temperaturen
Zeche Zollverein, Essen, 10 – 18 Uhr (auch 7.5.)
züchtet, das stille Örtchen der beste Platz für
und Frühlingsgefühle.
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einen Shitstorm wäre – und auch ein Einweg-
Großmarktschänke, Dortmund, 22 Uhr
Handschuh keinen Ausweg darstellt.
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Rohrmeisterei, Schwerte, 19.30 Uhr VERLOSUNG | Vonda Shepard Vonda Shepard zählt zu den bekanntesten amerikanischen Singer-Songwriterinnen, die mit ihrer Rolle als Pianistin und Sängerin in der Lieblingsbar der Hauptfigur der Fernsehserie „Ally McBeal“
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05.05.17 HAMM 06.05.17 HAGEN 07.05.17 DUISBURG
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ihren Durchbruch feierte. Sie erhielt zwei Golden Globes, zwei Emmys, zwei Screen Actors Guild Awards und einen Billboard Award für die meisten verkauften TV-SoundtrackPlatten der Geschichte. Nach zahlreichen Albumveröffentlichungen, Tausenden von Konzerten in großen und kleinen Venues liebt sie es immer noch, ihre souligen Songs live zu präsentieren. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr bodo verlost 2 x 2 Karten
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BODO GEHT AUS
Milchhäuschen | Bochum Neuanfang im Stadtpark
trinken, um einer Staublunge vorzubeugen
Den Tipp mit dem Milchhäuschen haben
oder Tuberkulose-Erkrankungen entgegen-
sie dann von einem befreundeten Geträn-
Eigentlich kennt jeder Bochumer das Milch-
zuwirken. So entstand im Stadtpark, der
kelieferanten bekommen. Zuletzt hatte der
häuschen im Stadtpark. Zwischen Minigolf-
im Stil eines englischen Gartens angelegt
Minigolf-Club, der direkt nebenan seine
Anlage und dem großen Kinderspielplatz
ist, im Jahr 1884 das erste Milchhäuschen
Anlage betreibt, das Häuschen gepachtet,
mit Klettergerüsten ist es ein willkomme-
– damals lag es aber noch auf Höhe des
es im letzten Jahr aber aufgegeben. Nun
ner Ankerpunkt für einen schnellen Kaffee
Tierparks. Hier kamen dann die Bauern per
wagen Joanna Leimbach und Silvan Holk
oder einen kleinen Snack auf die Hand.
Kutsche hin, meist aus Herne oder Castrop-
einen Neuanfang.
Mit vielen Alleinstellungsmerkmalen und
Rauxel, und lieferten ihre Ware aus. Bis in
einem Schwung neuer Ideen wollen die
die 1970er Jahre war der Handel mit den
neuen Inhaber Joanna Leimbach und Silvan
Molkereiprodukten beliebt.
Von Peter Hesse | Fotos: Daniel Sadrowski
Holk dem Laden eine neue, spannende
Silvan Holk ist seit vielen Jahren als Koch in der Gastronomie tätig und führte zuletzt
„Im Jahr 2001 haben die Stadtwerke
ein Restaurant in der Nähe von Frankfurt.
Bochum das Häuschen nach einem Brand
Teile der Küche seines alten Ladens hat er
Der Bochumer Stadtpark ist nach dem
wieder aufgebaut“, so erzählt Joanna
mit nach Bochum gebracht und hier einge-
Essener Stadtgarten der älteste kommuna-
Leimbach die jüngere Geschichte des höl-
baut. „Leider ist uns am Tag der Eröffnung
le Landschaftsgarten im Ruhrgebiet. Mit
zernen Barackenbaus. Ihr gehörte zuletzt
die Spülmaschine kaputt gegangen“, sagt
mehr als 700 verschiedenen Baum- und
der „Allee Eins“-Laden auf der Hattinger
Joanna. Doch ihre beiden Töchter sprangen
Straucharten dient die Grünfläche mit
Straße, wo sie Secondhand-Kleidung und
ein und spülten am Eröffnungswochenende
zwei Teichen den Bochumer Bürgern als
Deko-Accessoires verkaufte. Nebenbei ar-
Anfang März alles von Hand. Das tat der
beliebter Treffpunkt – und das schon seit
beitet sie als Yoga-Lehrerin. „Ich wollte mit
Stimmung keinen Abbruch. Denn die ersten
dem Jahr 1869. Den Kumpeln unter Tage
Silvan zusammen etwas Gastronomisches
Tage waren hervorragend besucht und
wurde in den Bergwerken der damaligen
aufmachen, wir haben über ein Jahr lang
sogar Bochums Kult-Autor Frank Goosen
Zeit angeraten, täglich einen Liter Milch zu
nach einer geeigneten Location gesucht.“
kam vorbei.
Ausrichtung schenken.
30
Branchenneulinge sind die beiden nicht:
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Zeitgemäßes Soulfood und knackige Snacks möchten Joanna und Silvan anbieten. Im Fokus dabei Hot Dogs und Flammkuchen, auch in veganen und vegetarischen Varianten. „Wir planen für den Sommer noch einen Biergarten mit insgesamt 40 Plätzen“, erläutert Joanna die nächsten Schritte. Auch im Winter soll das Häuschen mit à-la-carteKüche bespielt werden, doch das ist noch Zu-
Wir verbinden Dortmunds
schönste Ecken
kunftsmusik. Erstmal freut man sich auf viel
Sicher und bequem durch unsere Stadt zahlreiche Verbindungen dichtes NachtExpress-Netz keine Parkplatzsuche
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31
REPORTAGE
Mond und Sterne über Herne Astronomie an einer Volkssternwarte Ralf Schellenberg ist sich sicher: Es gibt auch anderswo Leben im Universum, nicht nur auf dem Planeten Erde. Dass wir je mit einer extraterrestrischen Spezies in Kontakt treten werden, hält er für wenig wahrscheinlich. Es sind andere Gründe, warum er sich für den Kosmos begeistern kann. Und er ist nicht der Einzige. Grund genug, einmal Planetarium und Sternwarte der Astronomischen Arbeitsgemeinschaft in Wanne-Eickel/Herne zu besuchen. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski
A
m 6. März hängen dichte Wolken über dem Ruhrge-
Fotos vom Pferdekopfnebel
biet, als wir uns auf den Weg zur Volkssternwarte in
Herne machen. Das sind schlechte Voraussetzungen, aber
„Es gibt unglaublich schöne Dinge da oben“, schwärmt
das Datum unserer Exkursion können wir nicht ändern.
Ralf Schellenberg. „Allerdings sind die meisten schwer zu
Montags treffen sich Mitglieder der Astronomischen Ar-
observieren. Man sieht tolle Fotos in Fachzeitschriften,
beitsgemeinschaft an ihrem Vereinssitz, es ist der Termin
aber so etwas selbst zu Gesicht zu bekommen, mit unseren eigenen Mitteln, das ist faszinierend. Es gibt Objekte, da musst du unerhörtes Glück haben, die überhaupt zu sehen. Um so mehr freut man sich natürlich, selbst ein Bild davon gemacht zu haben. Und zu verstehen, wie das Universum funktioniert, wie eine Sonne funktioniert oder warum die Sterne flackern. Das bekommt man hier erklärt.“ Er spricht lebhaft, seine Begeisterung ist ansteckend. Auf dem Tisch in dem kleinen Raum – an den Wänden sind ein paar historische astronomische Geräte ausgestellt – liegen farbige Fotografien, aufgenommen hat sie ein Vereinsmitglied. Sie zeigen den Pferdekopfnebel, Teil einer sogenannten Dunkelwolke im Sternbild Orion. Das Objekt, etwa 1.500 Lichtjahre von der Erde entfernt, ähnelt in seinem Aussehen in
der regelmäßigen öffentlichen Beobachtungsabende.
der Tat dem Kopf eines Pferdes. Entdeckt wurde der Nebel
Gäste sind herzlich willkommen, auch wenn es nichts zu
anno 1887, aufgrund seiner geringen Helligkeit ist er ohne
beobachten gibt, wenn sich Mond und Sterne am Him-
ein spezielles Teleskop nicht zu erkennen. Wir können nur
mel verstecken. Dann wird diskutiert und informiert.
staunen. Die Bilder sind bestechend scharf, in der Qualität
Gesprächsstoff ist immer vorhanden, das Themenfeld
hochwertiger Publikationen. Der Fotograf ist Amateuras-
ist weit wie das Weltall selbst.
tronom mitten im Ruhrgebiet, wo hartnäckigen Klischees zufolge der Himmel nie zu sehen ist, wo es Briketts regnet
„Das fing bei mir schon in der Kindheit an“, sagt Ingo Mi-
und Ruß jeden Blick auf die Sterne versperrt.
hatsch, der zweite Vorsitzende im eingetragenen Verein.
32
„Ich war sechs, als ich mein erstes Fernglas bekam. Das
Die Geschichte der Arbeitsgemeinschaft geht sogar auf
Interesse hat nie nachgelassen.“
die Zeit zurück, als in und um Herne Zechen aktiv waren.
33
REPORTAGE
Sie beginnt in den 70er Jahren mit Volkshochschulkursen, 1981 wurde die AG gegründet, zehn Jahre später konnte die eigene Sternwarte eingeweiht werden. Doch längst ist es nicht mehr Luft-, es ist die Lichtverschmutzung, die den Astronomen im Ruhrgebiet Probleme bereitet. Die Städte werden nachts immer heller. Das erschwert das Beobachten der Gestirne, es hat negative Auswirkungen auf die Tierund Pflanzenwelt und macht nicht zuletzt die Menschen krank. Abhilfe wäre möglich. Auch darüber kann man sich an der Volkssternwarte informieren. Es ist kurz vor neunzehn Uhr, als in Herrn Schellenbergs Tasche sein Handy klingelt. „Mein Wecker“, sagt er und schlägt vor, ihm nach draußen zu folgen. „Vielleicht haben wir Glück und der Himmel reißt doch noch auf. Dann bekommen
wenigen Sekunden. „Das war Iridium-Flare
ter, Berge, Gräben – klar umrissene Schatten
wir gleich in der Nähe des Mondes einen Flare
62“, beginnt die Erklärung des Phänomens.
ergeben dreidimensionale Eindrücke, zum
zu sehen.“ Einen Flair? Nein, das hat nichts mit
„Man hat sie durchnummeriert. Verursacht
Greifen nah hinter der Linse.
persönlicher Note oder feinem Instinkt zu tun.
werden Flares von teflonbeschichteten An-
Herr Schellenberg muss den Begriff auf dem
tennen der Satelliten des Telekommunikati-
„Heutzutage können sich viele Menschen
Weg zur Tür buchstabieren. Flare, wie flackern,
onssystems Iridium. Die wirken wie ein Spie-
nicht einmal die Mondphasen erklären oder
Lichtsignal oder Leuchtkugel.
gel und reflektieren das Sonnenlicht. Solche
eine Sonnenfinsternis“, sagt Herr Schellen-
Erscheinungen kommen häufig vor. Man muss
berg. „Und ich rede hier von Erwachsenen,
„Flares“, Mondgebirge, Nebensonnen
natürlich wissen, wo man wann hinzuschauen
nicht von Kindern.“ „Oder eine Nebenson-
hat. Wir hatten das Glück, dass der Flare in der
ne“, ergänzt Herr Mihatsch. „Bei einer ganz
Vom Hof aus schauen wir nach oben, sieben
Nähe des Mondes zu beobachten war. Heute
bestimmten Wetterlage erscheinen Regen-
Augenpaare insgesamt. Der Erdtrabant tut
hätten wir ihn sonst wohl nicht gefunden.“
bogenfarben in einem bestimmtem Abstand von der Sonne. Es gibt Leute, die halten das
uns tatsächlich den Gefallen und lugt durch eine Wolkenlücke. Halbmond. Das ist hübsch,
Die Wolkendecke verhindert bei unserem
für Chemtrails und schimpfen auf die bösen
zunächst aber alles. „Es kann nicht mehr lan-
Termin leider das Erkennen von Sternbildern.
Amerikaner, die wieder Chemikalien in die
ge dauern“, verspricht Herr Schellenberg – und
Dennoch holen die Vereinsmitglieder ein
Atmosphäre bringen. Vor hundert Jahren
mit einem Mal leuchtet ganz in der Nähe des
mobiles Teleskop aus dem Lager. Wegen des
wusste man das besser. Da hätte einem der
Mondes ein kleiner Punkt auf. Schwach zu-
schräg einfallenden Lichts ist der halbe Mond
dümmste Bauer sagen können, was eine Ne-
nächst. Er bewegt sich schnell, wird heller und
bestens geeignet, Oberflächenstrukturen auf
bensonne ist. Es kommt vor, dass Leute bei
heller, zieht am Mond vorbei und erlischt nach
dem Trabanten plastisch wahrzunehmen. Kra-
vollkommen bedecktem Himmel kommen
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Kranken- und Pflegeeinrichtungen 34
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und uns fragen, was es zu sehen gibt. Da muss
Susanne Hüttemeister über Dunkle Materie
astronomische Zeitreise ins Jahr 7 v. Chr.; die
man ganz von vorn anfangen.“
im All. Es ist nicht der erste Vortrag der Leite-
damals erfolgte Annäherung von Jupiter und
rin des Bochumer Zeiss-Planetariums an der
Saturn gilt als eine mögliche Erklärung für
Astronomische Zeitreisen
Volkssternwarte. Missgunst oder Dünkel zwi-
den Dreikönigsstern.
„Laut unserer Satzung haben wir astrono-
Sterneguckern vergeblich, und die „Großen“
Zudem verfügen die Herner über eine spezielle
misches Wissen zu vermitteln. Neugier ist
wissen die Arbeit der „Kleinen“ durchaus zu
Glaskugel, die sie über ihren Projektor stülpen
durchaus vorhanden, das merken wir, aber
schätzen. Dazu gehört in Herne das trigono-
können. Von innen angestrahlt erweist sie sich
der allgemeine Wissensstand nimmt ab. Un-
metrische Vermessen von Kometen und Klein-
als Leuchtglobus mit bewegten Bildern. Im
sere Vorfahren haben sich nach den Sternen
planeten, wissenschaftliche Basisarbeit, für
Zeitraffer verfolgen wir unter anderem Luft-
gerichtet, bei der Navigation oder in der Land-
die in Profikreisen kaum noch Zeit ist.
und Meeresströmungen, seismische Ereignisse
schen Amateuren und Profis sucht man unter
wirtschaft. Das könnte heute keiner mehr.“
und Flugbewegungen von Airlines. Ein fasziAuch das kleine Planetarium der Arbeits-
Die
Astronomische
nierender Blick auf unseren Planeten.
Arbeitsgemeinschaft
gemeinschaft ist anerkannt. Hier bekommt
nimmt ihren satzungsgemäßen Auftrag
man keine spektakuläre Show wie bei Zeiss
ernst, informiert im Rahmen der öffentlichen
in Bochum geboten, dafür aber individuel-
Beobachtungsabende oder bei Sonderveran-
le Fragen beantwortet, beispielsweise nach
staltungen nicht nur selbst, sondern lädt re-
dem Sternenhimmel beim eigenen Geburts-
gelmäßig externe Experten zu Fachvorträgen
tag. Wir würden gern den „Stern von Bethle-
Infos, Termine, Veranstaltungen:
ein. Am 10. Mai zum Beispiel referiert Prof. Dr.
hem“ sehen und unternehmen prompt eine
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35
NETZWELT
KINOTIPP
sweetSixteen-Kino im Depot & bodo präsentieren: Neben den Gleisen Dieter Schumann und Michael Kockot porträtieren im Mikrokosmos einer KioskStammkneipe den sogenannten „kleinen Mann“. In Boizenburg, einer Kleinstadt an der Elbe zwischen Hamburg und Schwerin, steht auf dem Bahnhofsvorplatz ein ziemlich in die Jahre gekommener Kiosk,
Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:
www.urbaneoasen.de
der eher eine Kneipe ist, mit Sitzecken, Spielautomaten, Fernseher und ziemlich vielen Fußballschals an den Wänden.
Der Frühling beginnt. Was liegt da näher, als im eigenen Garten die ersten Handgriffe zu tätigen? Wer keine Gartenfläche sein Eigen nennt, für den ist vielleicht ein Urban-Gardening-Projekt die richtige Anlaufstelle. Seit Mitte der 90er Jahre entstehen immer mehr gemeinschaftlich genutzte Gartenflächen, auf denen Nachbarn, Freunde, Bekannte oder auch völlig fremde Menschen miteinander im urbanen Raum kleine grüne Gartenprojekte realisieren. Brachflächen können so belebt werden, Menschen kommen in Kontakt und Stadtteile können aufgewertet werden. Einen guten Einstieg in das Themenfeld bietet das Portal „Urbane Oasen“ seinen Nutzerinnen und Nutzern. Seit 2013 sammelt die Webseite Informationen und vernetzt Gärten untereinander. Im Bereich „Projekte“ zeigt eine Kartenübersicht alle bestehenden Gartenprojekte in NRW. Auf einer Flächenübersicht werden mögliche Orte angezeigt, an denen urbane Gartenideen umgesetzt werden könnten. Eine Wissensdatenbank sammelt Informationen zu unterschiedlichen Gartenthemen von Biodiversität bis Imkerei, von Bodenanalysen bis Komposttoilette. Im angeschlossenen Forum und in eigenen Blogs können die Nutzer des Portals nach Anmeldung eigene Berichte verfassen und sich untereinander austauschen. Realisiert wird das Projekt von „Die Urbanisten e.V.“ mit Unterstützung der Stiftung „Anstiftung e.V.“ Namensgeber für das Portal war ein Gemeinschaftsgarten an der Rheinischen Straße in Dortmund. Ein Hauptaspekt der Webseite ist es, Wissen zu teilen, so Carlos Tobisch von den Urbanisten, der sich im Rahmen seiner Diplomarbeit mit dem Thema Urban Gardening beschäftigt hat und das Projekt seit seiner Gründung begleitet und betreut. „Wir liefern die Grundlagen, die die Leute nutzen können. Ab da wird es interaktiv und alle Nutzer können selber Inhalte erstellen und ihr Wissen und ihre Projekte teilen“, sagt Tobisch. In Zukunft plane das Portal, verstärkt Kommunen anzusprechen, um noch mehr potenziell zur Verfügung stehende Brachflächen innerhalb des Portals zu katalogisieren. „Ich würde mir wünschen, dass sich noch viel mehr Menschen über die Plattform Ca
vernetzen und so in Kontakt kommen, um vielleicht neue
rlo
sT
36
ob
is c h
gemeinsame Projekte ins Leben zu rufen.“ (sese)
Von morgens 5 Uhr bis abends um 22 Uhr dient er den Nachtschichtarbeitern, den Rentnern, Taxifahrern und arbeitslosen Jugendlichen als Stammkneipe. Hier werden Kümmerlinge getrunken und Bier angeschrieben, Fußball geguckt und Leberwurstbrötchen gegessen. Jeden Tag so ziemlich das gleiche Programm. Aber seit kurzem ist der beschauliche Alltag komplizierter: Denn in Boizenburg sind Hunderte Flüchtlinge angekommen – was in Mecklenburg-Vorpommern bisher noch ziemlich selten ist – und trotten nun vom Bahnhof aus am Kiosk vorbei in das Erstaufnahmelager. Schumann porträtiert die KioskStammgäste, lässt ihnen Raum für die vielen Geschichten über Krankheiten und Geldsorgen – und hält dabei auch fest, wie ihre Gespräche zunehmend angespannter werden und Ängste und Frust sich breit machen. Rechte Parolen bieten dabei noch immer die einfachsten Lösungen. Ab Donnerstag, 13.4. (Bundesstart). Alle Termine: www.sweetSixteen-Kino.de sweetSixteen-Kino im Depot Immermannstr. 29, 44147 Dortmund Telefon 0231 – 910 66 23 info@sweetsixteen-kino.de www.facebook.com/sweetSixteenKino
BÜCHER
Gelesen von Bastian Pütter
Politik als Pop Die Wahl des 45. Präsidenten der USA ist eine Zäsur. Doch was für eine? Statt
Unser Haus
Trumps Grenzüberschreitungen als indi-
DüBoDo
viduelle Pathologie oder als ärgerlichen
Barbara Sichtermann machte in Bochum
politischen Systemfehler abzutun, geht
eine Schauspielausbildung, bevor es sie
Das Ruhrgebiet als Rhizom, als Wurzelge-
für Georg Seeßlen der Riss tiefer: Sein
1968 ins Zentrum der Studentenbewe-
flecht, als Netzstadt. Die spannendsten
Essay handelt davon, „dass die Demokra-
gung nach Berlin zog, wo sie bis heute als
Romane von hier lassen diese Struktur
tie, so wie wir sie kannten (so sagt man
Publizistin lebt und arbeitet. Ihr Bruder Kai
der Nichtmetropole ohne Zentrum zur
wohl), mit allen ihren Schwächen und
Sichtermann war Bassist der wohl wichtigs-
Textstruktur werden: Wolfgang Welts „Der
Widersprüchen, nicht mehr der Normal-
ten politischen Band der Bundesrepublik
Tunnel am Ende des Lichts“ etwa oder Jür-
fall sein wird.“
„Ton Steine Scherben“.
gen Links Epos „Bangemachen gilt nicht.
Für Seeßlen verschmelzen mit Trump die
Ihr gemeinsames Buch „Das ist unser Haus“
zwei großen Erzählungen: der ökono-
ist ein Stück erlebte Geschichte aus Inter-
Auch Sarah Meyer-Dietrichs Roman mit
misch-politische Diskurs, der alles Irrati-
views mit und Texten von ZeitzeugInnen,
dem überlangen Titel webt ein Netz von
onale ausschließt, und das System Pop,
eine vielstimmige Erinnerung an die Haus-
Geschichten, als wollten sie sich auf das
die Alles-ist-möglich-Welt der Emotionen
besetzerbewegung. Es zeigt die Besetzun-
Bahnnetz der Region legen. Wie Staffelstä-
und Effekte. Der Lügner, Selfmademan,
gen als Selbsthilfe gegen Wohnraumman-
be werden Dinge und mit ihnen Erzähler-
Volksheld, Sugardaddy Trump ist in allen
gel, Ausdruck der Forderung nach einem
innenstimmen weitergegeben.
Facetten Hollywood – ein Held zwischen
Grundrecht auf Wohnraum, praktische
Faszination und Abscheu. Mit ihm im Oval
Kritik an Wohnraumspekulation und den
Office endet jede Verabredung des poli-
städtebaulichen Verwüstungen der 1970er
tischen Diskurses: „Darth Vader ist also
Jahre – all das. In vielleicht noch größerem
im Weißen Haus gelandet. Eine schwer
Maße waren sie beflügelt vom Wunsch
atmende Projektion. Der Wahnsinn von
nach Autonomie, der politischen Utopie
der dunklen Seite der Macht. Pop ist an die
des selbstverwalteten und selbstbestimm-
Stelle der Wirklichkeit getreten.“
ten Lebens.
Der Rassist und Trump-Berater Steve
Auch wenn Geschichten von hier – von
Erwachsen- und Verlassenwerden, McJobs
Bannon weiß: „Dick Cheney. Darth Vader.
Heidehof (DO) bis Heusnerviertel (BO) –
und Agentur-Burnouts und den Trost und
Satan. Das ist Macht.“ Politik, Pop und
fehlen (Die AutorInnen entschuldigen sich
die Last, die Familie bedeutet. Und tatsäch-
Religion – it´s a mess. Das Antirationale
für die Lückenhaftigkeit, allein im Jahr 1981
lich einer, in dem sich das Mittelglückliche
ist das Rezept der radikalen Rechten zur
habe es 595 Besetzungen in 153 Städten
und Nichtsoschöne der Region zwischen
„Heilung“ der angeschlagenen westlichen
gegeben), ist „Das ist unser Haus“ ein
Dortmund und Duisburg in so kluge wie
Demokratien. Wir sollten uns zügig um
spannendes Buch zwischen Historisierung,
berührende Literatur übersetzt.
ein Gegengift bemühen.
Nostalgie und Wiedervorlage.
Georg Seeßlen
Barbara Sichtermann, Kai Sichtermann
Immer muss man mit Stellwerksbränden,
Trump! POPulismus als Politik
Das ist unser Haus
Streiks und Tagebrüchen rechnen
ISBN: 978-3-86505-745-7
ISBN 978-3-351-03660-7
ISBN 978-3-942094-65-8
Bertz und Fischer | 7,90 EUR
Aufbau | 26,95 Euro
Henselowsky Boschmann | 9,90 Euro
Auf der Suche nach der Roten Ruhr-Armee“.
Sarah Meyer-Dietrich hat einen poetischen und spröden, einen präzise beobachteten und komplex komponierten und dabei einen echten Ruhrgebietsroman geschrieben. Keinen mit Kolorit und Dattundwatt und Zeche (oder schlimmer: Industriekultur). Stattdessen ist „Immer muss man...“ ein melancholischer Text über das
Sarah Meyer-Dietrich
37
REPORTAGE
Das schwarze Gold M
it elf Milliarden Euro Jahresumsatz und etwa 127.000 Beschäftigten ist die deutsche Musikindustrie ein nicht ganz unerheblicher Wirtschaftsfaktor – und mittlerweile fällt der Verkauf von Schallplatten in den Wirtschaftsberichten auch wieder positiv auf. Innerhalb
der ersten neun Monate des Jahres 2016 gingen so viele Schallplatten über den Ladentisch wie im ge-
samten Jahr 2015: ganze 2,1 Millionen Vinyl-Scheiben. Mit rund 50 Millionen verkauften Alben weltweit etablierte sich im Jahr 2015 eine fast phantastische Verkaufszahl mit weiterhin steigender Tendenz für die Zukunft. Auch der Markt für gebrauchtes Vinyl wächst. Das ist das Metier von Jens Bahlo, der vor rund einem Jahr im Bochumer Viertel Kortländer Kiez zwischen türkischen Gemüseläden, Frisörsalons und Eisdielen sein Plattengeschäft eröffnet hat. „Wenn in Bochum Konzerte sind, wird mein Laden gern mal von auswärtigen Kunden angesteuert“, sagt Jens. Denn als die britische Band Madness vor ein paar Wochen im Ruhrcongress spielte, kam kurz vorher ein Sammler aus Bremen in seinen Laden und nahm einen dicken Stapel gesuchter Ska-Platten mit nach Hause. Jens ist selbst auch Sammler und hat als Musikfreak in den letzten Jahren viel Zeit auf Plattenbörsen verbracht. Im Laden reicht sein Sortiment von Rock über Jazz bis Psychedelic, Hip Hop, Heavy Metal und Independent.
Unkaputtbare Rock-Klassiker Bahlo bietet ausschließlich Gebrauchtware an, und Inhaber Jens freut sich über den Zulauf seiner Kunden: „Ich bin sehr zufrieden, wie es läuft, ich hab ja eigentlich gar keine Werbung geschaltet. Aber in der Vinylszene hat sich das ganz gut herumgesprochen“, sagt der Musikliebhaber, der auch gern mal komplette Sammlungen aufkauft. In seinen Laden kommen auch Frauen, aber insgesamt betrachtet ist das Sammeln doch eher eine Leidenschaft für die männliche Klientel. „Ich glaube, das wird auch immer so bleiben, weil das Sammeln mit dem dazugehörigen Expertentum schon komische Statusaspekte hat. Frauen sind da nicht so, die ticken einfach anders.“ Wenn die Kundschaft kommt, wird eher selten nach Avantgardeprodukten mit Goldkante gesucht, Jens zählt auf: „Die Hauptbereiche gehen ganz klar in die Gitarrenmusik. Von Independent über Punksachen bis hin zum klassischen Rock. Es gibt Bands, die sind völlig unkaputtbar, zum Beispiel Led Zeppelin oder The Who.“ Aber es taucht auch immer wieder neue großartige Musik auf, die quasi kein Mensch kennt. „Ich komme überhaupt nicht mehr mit dem Reinhören hinterher“, sagt Jens und ergänzt: „Ich habe totale Kracher für mich gefunden in Bereichen, nach denen ich niemals aktiv gesucht hätte. Es gibt einfach unendlich viel Zeug, und zwischendurch habe ich auch immer wieder mal das Gefühl, das ich überhaupt nichts kenne.“
Vinyl als Gesamtprodukt Dieses Gefühl kennt Valentin Gube auch. Seinen Laden Black Plastic führt er seit etwa dreieinhalb Jahren an der Rheinischen Straße in Dortmund. Hier im Herzen des Union-Viertels macht man sich stark für die Kreativwirtschaft. Neben Galerien und inhabergeführten Agenturen finden sich auch
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Das Comeback der Vinyl-Schallplatte erlebt in der Nische eine kleine, aber feine Renaissance. Gegenüber dem Geschäft mit Live-Konzerten, dem Streaming oder den moderat rückläufigen CD-Verkäufen machen Schallplatten zwar immer noch einen sehr kleinen Teil des Musikgeschäfts aus – doch die runden Scheiben sind für viele Musikliebhaber das einzig wahre Medium. Wir haben uns in zwei Plattenläden umgehört: bei Bahlo Records in Bochum und Black Plastic in Dortmund. Von Peter Hesse | Fotos: Thaisen Stärke
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REPORTAGE
zwei Plattenläden, schräg gegenüber von Black Plastic befindet sich seit 30 Jahren der auf Punk und Heavy Metal spezialisierte Laden Idiots Records: „Wir befruchten uns ganz gut gegenseitig“, sagt Valentin und schickt auch gerne seine Kunden rüber in das Geschäft von Sir Hannes, dem Betreiber von Idiots Records. Seine Philosophie bringt er knackig auf den Punkt: „Musik ist für mich untrennbar mit Vinyl verbunden“, sagt er und ergänzt seine Gedanken: „Ich habe irgendwann mit 14 ein paar alte Platten von meinem Vater bekommen. Meine musikalische Sozialisation verlief komplett über Vinyl.“ Einen eigenen Plattenladen zu besitzen war für ihn auch schon als Jugendlicher eine Art Wunschtraum: „Das hat sich irgendwann so ergeben. Nicht Musik ist mein Leben, sondern Vinyl als Gesamtprodukt – weil es einfach das Schönste ist.“ Grenzen zieht er bei musikalischen Genres kaum, nur mit rechter Gesinnung will er nichts zu tun haben: „Alles, was rechte Tendenzen hat, kommt mir definitiv nicht in den Laden, egal, welches Genre es ist. Leichte Provokateure wie Rammstein sind noch mal was anderes, aber schon bei den Böhsen Onkelz hört es auf. Darauf habe ich einfach kein Bock.“ Genau so sieht das Jens Bahlo in Bochum auch, der Leute schon aus seinem Laden verwiesen hat, weil sie ihre rechten Scheiben zum Reinigen (dem sogenannten Plattenwaschen) bringen wollten.
Zwischen Underground und Mainstream Einige Gebrauchtscheiben, die vor rund zehn Jahren noch auf dem Trödel für einen Euro verscherbelt wurden, haben ihren Wert vervielfacht. „Die Kisten, wo du früher noch Led Zeppelin, The Doors und die Chameleons gefunden hast, die gibt es einfach nicht mehr auf den hiesigen Flohmärkten.“ Im Gegenzug zu Bahlo Records setzt Black Plastic auch auf Neuerscheinungen: „Ob Joy Division, Ton Steine Scherben, Nirvana oder Sonic Youth – solche Bands kriegst du kaum noch in Second-Hand-Editionen. Aber die Nachfrage ist vor allem bei vielen jungen
Am 22. April findet der 10. „Record Store Day“ statt. 3.000 unabhängige Plattenläden nehmen an diesem „größten Musikevent der Welt“ – so die Initiatoren – teil. Das Besondere sind knapp 500 exklusive Neuerscheinungen, die 22. Apr il 2017
ausschließlich in den teilnehmenden Läden zu erwerben sind. Mehr unter: recordstoredaygermany.de
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Leuten groß, die schon nach anderen Sachen suchen als die klassischen Plattensammler. Da kann ich nicht immer sagen, dass ich das nicht habe. Aber trotz dieser Neuware probiere ich jetzt nicht, total in den Mainstream abzudriften, denn Justin Bieber und Helene Fischer lassen wir schon außen vor.“ Im Handel setzen große Unterhaltungselektronikmärkte auch wieder auf Regale mit Vinyl. In britischen Supermarktketten gibt es sogar auch wieder Schallplatten regulär zu kaufen, als wäre es so selbstverständlich wie Kaffee, Nudeln oder Joghurt. „Es ist schwer abzusehen, wo das Ganze noch hingehen wird“, sagt Valentin: „Was mich im letzten Jahr überrascht hat, war, dass zum ersten Mal seit den 1980er Jahren eine Fan-Hymnen-Maxi auf gelbem Vinyl im BVB-Fankatalog gelistet wurde. Da habe ich echt gestaunt.“ Denn letztendlich sind die schwarzen Scheiben ja nicht mit der konsumfreudigen Schnelllebigkeit vereinbar, die ständig nach Fortschritt und neuen Produktlebenszyklen schreit. Findet Valentin auch: „Vinyl ist ja eigentlich ein Anti-Produkt, das aus der Zeit gefallen ist.“
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REPORTAGE
„Ob die Menschheit das noch lernen kann?“
„Ich war noch dabei, als es anfing“, erinnert sich Kurt Marx. Mit 13 wurde er von seinen Eltern getrennt, mit 91 kam er nach Blagowschtschina vor den Toren von Minsk zurück – an den Ort, an dem sie ermordet wurden. 42
„Sehen Sie, wieder kein Schild, wenn man nicht weiß, wo es ist, dann fährt man daran vorbei. Wie damals. Die Juden interessieren hier nicht.“ Kurt Marx steigt aus dem Reisebus und geht zielstrebig auf einen Feldweg zu. Hinter ihm die Autobahn, vor ihm beginnt der Wald, links eine zugeschüttete Mülldeponie. Marx ist ein freundlicher alter Herr, in einer grünen Stofftasche hat er immer seinen Tablet-PC dabei, um Fotos zu machen. Den Kopf geneigt, sieht er die dunkelbraune, staubige Erde unter seinen Füßen, Schritt für Schritt. Über diesen Weg sind vor 75 Jahren seine Eltern an diesen Ort gebracht worden. Mit 13 wurde er von ihnen getrennt, mit 91 kam er an den Ort ihrer Ermordung zurück. Text und Fotos: Dirk Planert
N
ach ein paar Minuten gabelt sich der Weg.
„Das Kommen ändert nichts“, sagt Marx und
ber… Wenn die Grube voll war, dann wurde
In der Mitte ein Kiefernwald, an den Stäm-
blickt kurz in den Wald, als gäbe es da noch
alles angezündet.
men der Bäume im vorderen Bereich hängen
mehr als Bäume und gelbe Zettel. „Wenn
gelbe Zettel. Es sind die Namen der aus Wien
man so sieht, was hier geschehen ist, jedes
deportierten Juden, die hier ermordet wurden.
Mal wundert man sich, dass es überhaupt ge-
Eine österreichische Initiative hat sie aufge-
schah, oder wie das passierte – es ist nicht zu
Noch in diesem Jahr soll hier mit dem Bau einer
hängt. Von allen anderen Opfern keine Spur. Die
glauben.“ Augenzeugen haben später berich-
Gedenkstätte begonnen werden. „Hoffentlich
Nazis sollen hier 206.500 Menschen ermordet
tet, dass es 34 Gruben gab. Menschen mussten
kommen Menschen her und erinnern sich da-
haben. Zumindest sind das die Zahlen, die eine
hinuntergehen und wurden von oben erschos-
ran, vielleicht.“ Dann schüttelt der alte Mann
sowjetische Untersuchungskommission veröf-
sen. Dann wurden Holzbalken auf die Toten
ungläubig den Kopf. „Aber erinnern können sie
fentlicht hat. Neuere Untersuchungen sagen
gelegt, und die nächste Gruppe musste in die
sich ja gar nicht, sie waren nicht dabei. Ich war
60.000 bis 80.000. Genau weiß das niemand.
Grube, wurde erschossen, Holzbalken darü-
noch dabei, als es anfing.“
„Mache Deiner Umgebung Freude“
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REPORTAGE
Da mussten alle jüdischen Kinder ihre Schulen
ben. Er wischt über seinen Tablet und liest: „Ihr
Der Reisebus wartet, es geht weiter. Die Grup-
verlassen und auf die jüdische Jawne-Schule
Lieben! Vor der Abreise innigste Grüße. Bleibt
pe gehört zum Internationalen Bildungs- und
gehen. „Das war mein Glück, sonst wäre ich
gesund, gedenkt unser. Für Dich lieber Junge,
Begegnungswerk (IBB) in Dortmund, das die
schon vor 77 Jahren mit meinen Eltern hier-
herzlichste Geburtstagswünsche. Sei fleißig,
Gedenkstätte mit privaten Spenden und För-
hergekommen.“ Marx lebte damals in Köln.
mache Deiner Umgebung Freude. Vati, Mutti.“
dermitteln des Auswärtigen Amtes bauen will.
Nach der Pogromnacht 1938 habe der Direktor
Am Abend soll hier eine Ausstellung eröffnet
der Schule, Dr. Erich Klibansky, gesagt: „Juden
Als der mittlerweile 16-jährige Kurt Marx den
werden: „Vernichtungslager Trostenez“ im
können nicht mehr in Deutschland leben. Die
Brief bekommt, sind Sigmund und Irma Marx
„Museum des Großen Vaterländischen Krie-
Kinder müssen weg.“ Klibansky organisierte
bereits tot. Mit ihnen Schuldirektor Klibansky
ges“ in Minsk. Auschwitz kennt jeder, Trosten-
vier Kindertransporte nach London. Die jü-
samt Frau und Kindern, erschossen, hier in den
ez kaum jemand. Das IBB will das ändern und
dische Gemeinde dort musste mit 50 Pfund
Gruben im Kiefernwald bei Blagowtschina. De-
hat deshalb die Ausstellung initiiert und den
pro Kind bürgen. Dann wurde die Einreise ge-
portiert mit 1.200 anderen Kölner Juden. „Kei-
Zeitzeugen Kurt Marx eingeladen. Er ist aus
nehmigt. „50 Pfund waren damals ein halbes
ner kehrte zurück“, sagt Marx, „kein einziger“.
London angereist. Dort ist sein Zuhause. Mit
Jahreseinkommen eines Arbeiters.“ 130 Kinder
Ganz in der Nähe, in Trostenez, dem Vorort von
seiner Frau war er viele Jahre nach dem Krieg in
schaffte Klibansky bis Kriegsbeginn nach Eng-
Minsk, gab es ein großes KZ. Das haben viele
Köln. „Meine Frau war drei Jahre in Auschwitz.
land. Marx war 13 Jahre alt und beim ersten
der deutschen und weißrussischen Juden aber
Nach zwei Tagen in Köln sagte sie: ,Ich muss
Transport dabei. „Als London dann bombar-
nie gesehen. Die Deportationszüge hatten ein
hier wieder weg‘. Sie konnte die deutschen
diert wurde, kam ich zu einer einfachen Ar-
anderes Ziel: den Güterbahnhof von Trosten-
Stimmen nicht ertragen.“
beiterfamilie aufs Land, wunderbare Leute.“
ez, von dort ging es sofort in die Gruben im Kiefernwald. Nur einen Tag nach dem Rückzug
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„Woher kommen Sie?“ – „Dortmund.“
Etwa im Oktober 1942 kam ein Brief der Eltern.
der Nazis standen russische Soldaten an den
Er war am 19. Juli 1942 über das Rote Kreuz ver-
noch rauchenden Gruben und zogen verkohlte
Der erste Eindruck des Museums: protzig und
schickt worden. 25 Wörter durften sie schrei-
Überreste menschlicher Körper heraus.
kriegsverherrlichend. In der ersten Etage im
hinteren Bereich die Ausstellung Trostenez:
sich sich. „Da war ich im Arbeitslager. Von Ausch-
Kurt Marx beginnt seine Ansprache, ohne
das Gegenteil. Hier verschmelzen deutsche
witz haben sie mich und meine Mutter dahin ge-
Notizen: „Wenn Sie mir jetzt eine kaputte
und weißrussische Geschichten, Menschen be-
bracht. Ich musste bei Krupp arbeiten. 17 war ich
Geige geben würden, dann könnte ich sie re-
gegnen sich auf einer Ebene, auch emotional.
damals. Witten-Annen, Stockumer Straße, ken-
parieren. Reden kann ich nicht“, sagt er. Dann
Einige Bilder sind schockierend. Porträts und
nen sie doch, oder?“ Dort war ein Außenlager des
erzählt er seine Geschichte und fügt an: „Ich
Bildtexte erzählen die Geschichten Überleben-
KZ Buchenwald. Die Eröffnungsreden beginnen.
weiß nicht, ob die Menschheit das noch lernen
der. Einer davon ist Kurt Marx. Zur Eröffnung
Elvina Sernakova (90) und ich reichen uns kurz
kann. Ich habe große Angst, ich weiß nicht, ob
in einem etwa 400 Menschen fassenden Saal
und herzlich die Hände. Eine weißrussische Jüdin
es zu spät ist. Ich bin nicht überzeugt davon,
sind der deutsche Botschafter und Staatsmi-
und ein Deutscher. Die Eröffnung der Ausstel-
dass Leute sich ändern oder bessern werden.
nister Michael Roth anwesend. Eigentlich sollte
lung und der Bau einer Gedenkstätte sind nur
Hoffentlich werden die jungen Menschen da-
Außenminister Frank Walter Steinmeier kom-
das Sichtbare. Hier geht es um mehr, viel mehr.
von lernen.“
men. „Der ist ja nun in einem anderen Amt“, so die offizielle Begründung der Absage. In der ersten Reihe sitzen einige Überlebende, auch des Minsker Ghettos. Eine Handvoll russi-
Das Internationale Bil-
scher und weißrussischer Journalisten von TV,
dungs- und Begegnungs-
Print und Hörfunk macht ihre Arbeit. Eine alte
werk IBB in Dortmund
Dame aus der ersten Reihe spricht mich auf
will in Trostenez eine
Russisch an: „Sind Sie Deutscher oder Russe?“
Gedenkstätte errichten
– „Deutscher“, sage ich, und sie wechselt die
und hat eine Ausstellung
Sprache. „Woher kommen Sie?“ – „Dortmund.“
zum Vernichtungsort
Sie strahlt und lacht, es sieht aus, als freue sie
konzipiert. 45
LESERSEITE
Am 22. März lud das Internationale Frauenfilmfestival in unseren Buchladen. Eine intensive Veranstaltung: Über den Prozess gegen die wegen Totschlags verurteilte Hebamme Anna Rockel-Loenhoff diskutierten wir mit der Journalistin Dr. Eva Schindele und der Hebamme und Filmemacherin Katja Baumgarten. Mehr dazu im nächsten Heft. Foto: Daniel Sadrowski
LESERPOST Das Netzwerk „Stadt für alle Bochum“
muss, damit es etwas Gutes tut. Die gleiche Argu-
schreibt zur Bochumer Wohnungssituation:
mentation führt der städtische Planer Eckhart Kröck
Um die ganze Absurdität der Bochumer Wohnungs-
in derselben Ausgabe der WAZ fort. Die Stadt habe
politik aufzuzeigen, braucht es nur zwei WAZ-Artikel von Ende März: Der erste informierte über die hohen Kosten für Flüchtlingsunterkünfte. Weil keine Vorsorge getroffen wurde, Leerstände schnell bezugsfertig zu machen, war die Stadt gezwungen, teure und nicht wirklich menschenwürdige Container zu kaufen. Die stehen nun leer und kosten weiter Geld. Jede Wohnung wäre preiswerter gewesen. Ein paar Zeilen später erfährt man über eine Vereinbarung mit der VBW, dass diese ihre Wohnungen für Geflüchtete an die Stadt für 10 Prozent über dem Mietspiegel vermietet, weil das billiger als mobile Bauten ist. Man ahnt, wie teuer die mobilen Unterkünfte sind. Aber warum bezahlt die Stadt an die stadtei-
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kein eigenes kommunales Unternehmen und sei daher beim Bau von bezahlbaren Wohnungen auf private Anbieter angewiesen. Von einer Zweckentfremdungssatzung zur Aktivierung der 3,9 Prozent Leerstand will Herr Kröck nichts wissen. In Dortmund ist die Zweckentfremdungssatzung erfolgreich. Herr Kröck hingegen meint, solche Regelungen verscheuchten doch nur die Unternehmen, auf die die Stadt dringend angewiesen ist. Übersetzt in die wohnungspolitische Realität heißt das: Leere Wohnungen bleiben leer. Stattdessen sollen gewinnorientierte Unternehmen mit öffentlichem Geld massiv bezuschusst werden, damit diese in ein paar Jahren Wohnungen bauen, die heute schon
genen Unternehmen überhöhte Mieten?
gebraucht werden.
Die städtische Erklärung ist, die VBW sei gar nicht
Die Stadt Bochum braucht ein wirklich kommunales
stadteigen – nur mehrheitlich im Besitz der Kom-
Wohnungsunternehmen und andere gemeinnützige
mune –, sondern auch im Besitz von Vonovia und
Unternehmen, die Wohnungen nicht als reine Ware
Banken. Mit anderen Worten, ein gewinnorientier-
betrachten. Diesen sozial engagierten Unternehmen
tes Unternehmen, dem man Geld hinterherwerfen
müssten Angebote gemacht werden.
bodo dankt: Sparkasse Bochum Dr. Josef Balzer, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Grünbau gGmbH, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Kritzler, Jutta Meklenborg, Sandra Rettemeyer, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christian Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell BikowskiGauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, KlausM. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowy, Daniela Gerull, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda, Dorothea Staudinger, Tamara Vorwald-Piepke, Daniela Schmitz-Häbler, Gero Krause, Friederike Claassen, Sulamith Frerich, Nicole Hölter, Gerhard Heiart, Gisela Barwing, Thorsten Baulmann, Wolfgang Becker, Ute Bellen, Elisabeth und Michael Bock, Kathrin Bohr, Elsemarie Bork, Monika Bröggelwirth, Daniel Buning, Andreas Bürgel, Susanne Gisela Bzdzion, Christine Dahms, Petra Danielsen-Hardt, Ulrike Maria Doenecke, Christina Dolkemeyer, Annette Düe, Bärbel During, Edwin und Margarete Eickhoff, Elektro Brisch GmbH & Co. KG, Tobias Eule, Ev. Kirchenkreis Dortmund, Eberhardt Falk, Diana Fleige, Ina und Gabriel Fuhler, Christa Fuhrländer, Harald Gering, Kaffeezentrale DE GmbH, Marco Groger, Anne Hörner, Esther Hagemann, Andreas Happel, Silke Harborth, Claudia und Markus Holtkamp, Helga Harzheim-Möller und Horst Harzheim, Idiot Records, Olaf Heinz Jäkel, Dr. Georg Johnen, Petra Karmainski, Doris und Manfred Kater, Brigitta Klaholz, Christina Kolivopoulos, Birgit Kolz-Wohner, Annette und Reiner Kraft, Martina Krehl, Doris Krüger, Peter Lasslop, Erika Maletz, Mechthild Maschetzke, Verena Mayer, Dolf Mehring, Armgard Mellinghaus, Ingeborg Meyhoefer, Christian Jakob Muller, Christoph Neumann, Irmela Niebuhr, Christa Patt, Carsten Piel, Wiltraud Pohl, Jürgen Potthoff, Sigrid Quenter, Sabine Raddatz, Reiner Rath, Hildegard Reinitz, Elisabeth Reitemeyer, Dr. Johannes Rose, Ingo Rosner, Doris Schäfer, Matthias Schäfers, Volker Schaika, Kathrin Scherbauer, Elke und Peter Schmitt-Wittrock, Herbert Schnier, Peter Schübbe, Larissa Schulze, Ulrich Schwarz, Karin Seidel, Dr. Sabine Siebel, Ute Soth-Dykgers, Oliver Stiller, Jürgen Stuckemeier, Hannelore Thimm-Rasch, Erika Thon, Rita Timmerbeil, Christel und Gerhard Volpers, Dr. Fritz-Rüdiger Volz, Jutta und Wido Wagner, Margot Wegmann, Siegmar Welski, Erika Weyland, Ursula Wiedemann, Dagmar und Thomas Ziethoff, Timo Zimmermann.
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