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bodo
Mai 2017
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INHALT | EDITORIAL
04
Patrick Joswig „Mir war schon früh klar, dass ich niemals den Beau spielen werde, sondern
eher die etwas schrägeren Typen“, sagt Patrick Joswig. Und das tut er, ob Krimiserie oder großes Kino. Wir besuchen den Wattenscheider Schauspieler in Berlin. Von Jens Mayer
12
Parkour Was wie eine Mischung aus Akrobatik, Jogging und Kunstturnen
anmutet, sind die Aufwärmübungen der Dortmunder Gruppe „Symphony of Movements“. Gemeinsam gehen sie ihrem Hobby, dem Parkour nach.
18
Von Sebastian Sellhorst
Care Revolution Gabriele Winker ist Autorin des Buches „Care Revolution“. Am 1. Juni ist die
Sozialwissenschaftlerin zu Gast bei bodo, im Interview spricht sie über unbezahlte Arbeit, Solidarität und wie eine solche Revolution gelingen soll. Von Maren Wenzel
32
Peter Grund Seine Bauten prägten in den 1920er Jahren das Dortmunder Stadtbild.
Die Nicolaikirche aus Glas, Stahl und Sichtbeton war richtungsweisend. Gemeinsam erforschen nun FH und TU Dortmund Leben und Werk des Architekten. Von Wolfgang Kienast
07 Straßenleben | Die Straßenkinder-App 07 Impressum 08 Neues von bodo Liebe Leserinnen und Leser,
16 News 16 Kommentar | Gefährlich und verrufen 17 Recht | Fernsehempfang und Menschenwürde 17 Die Zahl | Das Foto
im März 2010 porträtierten wir in bodo einen Theaterintendanten in spe, dem wütende Ablehnung entgegenschlug, noch bevor er einen Fuß auf Dortmunder Stadtgebiet gesetzt hatte. Kay
22 Kultur | Der Kortländer-Kiez
Voges kündigte unverdrossen an: „Ich bin hierher gekommen, um
23 Wilde Kräuter | Brennnessel
großartiges Theater zu machen“ – und wohl selten wurde eine so vollmundige
24 Veranstaltungskalender | Verlosungen
Ankündigung dermaßen übererfüllt.
30 bodo geht aus | Grüner Salon 31 Politik | NSU-Untersuchungsausschuss
Im selben Heft fand sich nach langen Verhandlungen der erste gedruckte Text des
36 Netzwelt | www.bemyeyes.com
Duos Bastian Schlange und Patrick Joswig. Als „Die Wattenscheider Schule“ machten
36 Kinotipp | Denk ich an Deutschland…
die beiden literarische Undercover-Reportagen. Für den bei uns erschienenen Text
37 Bücher
hatten sich beide in die entwürdigenden Prozeduren eines Gerichtsshow-Castings
38 Interview | Fake News
begeben. Lange verhandelt werden musste übrigens über die Textlänge – die Watten-
42 Soziales | Notlösungen mit Fragezeichen
scheider Reportagen sprengen jedes Format.
45 Mein Verkaufsplatz | Ralf
Zurzeit ruht der Lehrbetrieb der „Wattenscheider Schule“, denn Journalist Bastian
46 Leserseite | Comic
Schlange dreht beim Recherchenetzwerk Correctiv am großen Rad des gemeinnüt-
47 bodo Shop
zigen Journalismus, und Schauspieler Patrick Joswig ist dabei, den Schlusssatz der bodo-Reportage wahr zu machen. Der lautete: „Man sieht sich in Hollywood.“ Sein
bodo SCHA FFT CHAN CEN
Porträt lesen Sie gleich auf der nächsten Seite. Sonst geht es bei uns um Parkour und die Stadt als Spielplatz, um Fake News und Sorgearbeit, um Dortmunder Architekturgeschichte und Bochumer Stadtentwicklung, um Notschlafstellen und Straßenkinder. Gute Unterhaltung und viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de 3
MENSCHEN
Patrick Joswig
Niemals der Beau
„Mir war klar, dass ich vor die Kamera will. Das ist mein Medium.“
4
Den Schauspieler, Hörspiel-Sprecher und Guerilla-Journalisten Patrick Joswig hat es zwar schon vor einigen Jahren von Bochum nach Berlin gezogen, doch beruflich kehrt er immer wieder gerne ins Ruhrgebiet zurück, sei es für Filme mit Regisseur Adolf Winkelmann, Internet-Späße mit „Kassierer“-Sänger Wolfgang Wendland oder zu Lesungen der selbsternannten „Wattenscheider Schule“ im Gespann mit dem Journalisten Bastian Schlange. Von Jens Mayer | Fotos: Sabrina Richmann
Das Café ist überfüllt. Die warme Frühlings-
mit dem bulgarischen Theaterregisseur Di-
glaube, vier Prozent der Schauspieler können
sonne an diesem Dienstagnachmittag Ende
miter Gotscheff zusammenarbeiten zu kön-
gut von ihrem Beruf leben“, lässt er die er-
März ist schuld. Deswegen schlägt Patrick
nen, „der größte Regisseur, den ich persönlich
nüchternden Fakten sprechen. „Du kannst es
Joswig spontan vor, den ursprünglich ge-
kennenlernen durfte“, so Joswig. Doch schon
vor allem nicht steuern, weißt nie, was mor-
planten Treffpunkt für das Gespräch einfach
während der Ausbildung erhält er eine Rolle
gen ist. Mit dieser Existenzangst musst du le-
zu verlegen und sich entspannt mit einem
in Hans-Christian Schmids gefeiertem Ha-
ben. Das ist zum Teil echt hart. Man schlägt
Kaffee an den Kanal zu setzen, der direkt vor
cker-Thriller „23 – Nichts ist so wie es scheint“.
viel Zeit tot, bis der nächste Dreh kommt. Und
seiner Wohnung langfließt. Er ist gerade erst
„Damals war mir völlig klar, dass ich vor die
es kann auch sein, dass der nächste Dreh dein
wieder aus NRW zurückgekehrt, war eine Wo-
Kamera will. Das ist mein Medium. Ich habe
letzter ist.“
che lang in Köln, um dort zu arbeiten, und
auch selbst ein paar Kurzfilme gemacht. Das
hat natürlich auch einen Abstecher nach Bo-
hat mich eigentlich immer mehr interessiert
Weil Joswig aber wohl nicht der Typ Mensch
chum gemacht. Seit sechs Jahren lebt der in
als Theater“, gibt Joswig zu. „Ich habe vor der
ist, der gerne herumsitzt und nur auf die
Wattenscheid aufgewachsene Schauspieler
Schauspielschule ‚Verbotene Liebe‘ gedreht,
Angebote anderer wartet, schreibt er auch
bereits in Berlin-Neukölln. Wenn man ihn
das durfte ich aber niemandem dort erzäh-
selbst. Im Ruhrgebiet und in Berlin hat er
fragt, was er dort vermisst, wird es natürlich
len, weil das so verpönt war.“
sich zusammen mit seinem alten Freund, dem Journalisten Bastian Schlange, als „Wat-
kulinarisch: „Die klassische Gyros-Bude. Die findet man hier ganz selten, auch wenn es
So ganz hinter sich lassen kann er die Bühne
tenscheider Schule“ einen Namen gemacht,
natürlich viele griechische Restaurants gibt.
aber anscheinend nicht, wie der 41-Jährige
unter dem die beiden seit 2009 „Guerilla-
Aber einen Taxi-Teller bekommt man halt
selbst festgestellt hat: „Ich habe in den letz-
journalismus“ betreiben und im wilden
nicht so einfach.“
ten Jahren vermehrt gemerkt, dass mir wie-
„Gonzo“-Stil die Ränder der Gesellschaft
der die Füße brennen.“
erkunden. Gleich der erste Text über einen Besuch bei den Zeugen Jehovas sprengte den
„Die Füße brennen“
Auch wenn Joswig bereits die Möglichkeit
„Ruhrbarone“-Blog, auf dem er veröffentlicht
Sein Schauspielstudium absolvierte der 1975
hatte, mit den bekanntesten deutschen
wurde, mit bislang über 3.200 Kommentaren.
geborene Joswig an der Westfälischen Schau-
und österreichischen Filmregisseuren wie
Auch wenn sie aus zeitlichen Gründen schon
spielschule Bochum, die mittlerweile der
eben Schmid, Hans Weingartner und Oskar
längere Zeit keine neuen Reportagen mehr
Essener Folkwang Universität angegliedert
Roehler zusammenzuarbeiten und in Fern-
schreiben konnten und derzeit nur noch
ist. In seinem Abschlussjahr 1999 hatte er
sehproduktionen wie Tatort oder Soko Köln
selten Lesungen machen, versichert Joswig:
das Glück, unter der Intendanz von Leander
aufzutreten, seien seine Erwartungen an die-
„Das Projekt geht weiter. Das ist niemals tot.“
Haußmann am Bochumer Schauspielhaus
sen Beruf immer realistisch gewesen: „Ganz schnell klar wird einem als Schauspieler, dass
Dafür hat er in den letzten Jahren mit einer
dein Ziel nur sein kann, zu überleben. Ich
anderen Persönlichkeit des Wattenscheider Kulturlebens zusammengearbeitet. Für die „Internet-Kochshow“ des Punksängers Wolfgang Wendland stand Joswig ebenfalls vor der Kamera. Mit Wendlands Band „Die Kassierer“ verbindet ihn eine lange gemeinsame Geschichte: „Als ich 16 war, war ich großer Fan von Wölfi. Vor ein paar Jahren
geboren: 1975
hat es sich ergeben, dass wir ein Hörspiel
aufgewachsen in: Wattenscheid
zusammen gemacht und uns auf diese Wei-
lebt in: Berlin-Neukölln
se kennengelernt haben. Es gibt ja wirklich
Traumrolle: „Haha, der jugendliche Liebhaber“
nicht so viele Kulturschaffende in Watten-
Nein, danke: Werbung für die Bundeswehr
scheid“, lacht Joswig. Auch mit einem an-
Lieblingsfilm: Lost in Translation 5
MENSCHEN
„Ich glaube, vier Prozent der Schauspieler können gut von ihrem Beruf leben. Du kannst es vor allem nicht steuern, weißt nie, was morgen ist. Mit dieser Existenzangst musst du leben.“
deren Kreativen aus dem Ruhrgebiet fühlt er sich verbunden, so spielte er 2016 bereits zu dritten Mal in einer Produktion des Filmemachers Adolf Winkelmann. „Jeder, der ruhrgebiets-affin ist, ist mit Winkelmann-Sachen großgeworden“, schwärmt er und freut sich darüber, dass zuletzt „Junges Licht“, Winkelmanns neuestes Werk, „ein unfassbar schöner Film“ geworden sei.
In der „Stadt der Heimatlosen“ Trotz aller Verbundenheit zum Ruhrgebiet fühlt sich Joswig wohl in der Hauptstadt, er passt hierhin. „Ein Freund von mir hat mal gesagt, Berlin sei die Stadt der Heimatlosen“, sinniert er. „Da ist einiges dran, man kann sich hier gut verlieren. Jetzt ist mit Abstand die schönste Zeit, ganz Berlin hat gute Laune. Aber die sibirische Kälte im Winter macht mich schon fertig.“ Auch beruflich ist es nicht immer einfach, sich hier durchzuschlagen. Auswählen könne er seine Rollen eher nicht oder sehr selten, es gebe aber auch immer wieder gute und ambitionierte Angebote: „Es ist ja auch der Job eines Schauspielers, die Rolle zu füllen. Ich mag Regisseure, die mir die Möglichkeit geben, etwas anzubieten.“ Joswig ist auf dem Boden geblieben und kann das Filmgeschäft gut einschätzen: „Man kommt von der Schauspielschule und hat sein Portfolio bereits gelernt. Man weiß, was man kann und was nicht. Mir war schon früh klar, dass ich niemals den Beau spielen werde, sondern eher die etwas schrägeren Typen. Und die bekommen selten die Hauptrollen.“ Letztes Jahr hat es trotzdem geklappt. Für ein Doku-Drama in der ARD wird er bald neben Natalia Wörner und Nora von Waldstätten in „Mata Hari“ und „Mademoiselle Docteur“ im Fernsehen zu sehen sein.
6
STRASSENLEBEN
IMPRESSUM
Mit dem Handy Hilfen finden Rund 2,8 Millionen Kinder leben in Deutschland an der Armutsgrenze. Ähnlich geht es rund 51.000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die zurzeit in Deutschland leben. Für diese Kinder und Jugendlichen ist das Risiko besonders hoch, durch das soziale Netz zu fallen und auf der Straße zu landen. An solche Straßenkinder und hilfesuchende Jugendliche richtet sich die neue MobileApp „Mokli“ des Berliner Vereins „Karuna e.V.“. Von Sebastian Sellhorst | Foto: Babette Brühl / Karuna e.V.
Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Alexandra Gehrhardt, Felix Huesmann, Wolfgang Kienast, Max Florian Kühlem, Jens Mayer, Moni, Bastian Pütter, Petra von Randow, Sebastian Sellhorst, Maren Wenzel Titelfoto: Shutterstock Fotos: Babette Brühl /Karuna e.V. (7), Bianka Boyke (17), Marta Cuerpo (24, 29), Felix Huesmann (30, 31), Lucas Kaufmann CC BY-SA 4.0 (16), Björn Kiezmann (18, 19), cc Martin Kraft (16), Georg Ohligmüller (8), Reuters/Jonathan Bachmann (25), Reuters/Stringer (17), Sabrina Richmann (3, 4, 5, 34, 35, 38, 39, 40), Daniel Sadrowski (22, 32, 33), Sebastian Sellhorst (8, 9, 10, 11, 16, 42, 43, 45, 46), Shutterstock (12, 13), Claudia Siekarski (11), Stadtarchiv Darmstadt (3, 33), Symphony of Movements (3, 14, 15), Stefan Tuschy, Bande – für Gestaltung (23), Andrejs Vasjukevics (29) Cartoon: Volker Dornemann Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung Redaktions- und Anzeigenschluss: für die Juni-Ausgabe 10.05. 2017 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 01.2015
Die App, die als Wegweiser in Notsitu-
Verbrauch den Jugendlichen sehr wichtig
ationen gedacht ist, versammelt die
ist“, so Jennifer Menges vom Verein Karuna,
Adress- und Kontaktdaten von über
der auch den internationalen Straßenkin-
3.000 Beratungs- und Anlaufstellen in
derkongress organisiert.
ganz Deutschland. Für viele Kinder und Jugendliche, die auf der Straße leben, ist
Finanziert wird das Projekt mit Hilfe des
das Smartphone oft der einzige Zugang zu
Preisgeldes der „Google Impact Challen-
Informationen. Auf der mobilen Plattform
ge“, bei der das Projekt den zweiten Platz
finden sie schnell und unkompliziert die
belegte. „Mit dem Preisgeld können wir im
Kontaktdaten von verschiedenen Einrich-
Moment zwei Mitarbeiter beschäftigen,
tungen in den Kategorien Essen, Schlafen,
die kontinuierlich dabei sind, das Angebot
Ärzte, Hygiene und Beratung in ihrer Nähe.
zu erweitern“, so Menges. Als zusätzliches
Mit einem Klick können sie sich auf einer
Angebot betreibt der Verein einen SOS-
digitalen Karte den Weg zur gesuchten
WhatsApp Dienst, über den Kinder und
Einrichtung anzeigen lassen.
Jugendliche per Kurznachricht eine erste Beratung in Notfällen bekommen können.
Die Idee für das Projekt stammt von den
„Oft haben Jugendliche, mit denen wir
Betroffenen selbst. „Wir waren während
arbeiten, Probleme, den ersten Schritt zu
der Entwicklung der Plattform mit den
wagen. Wir wollen es ihnen auf diese Art
Jugendlichen in Kontakt, um immer wieder
und Weise möglichst leicht machen, Hilfen
zu überprüfen, was genau ihre Anforderun-
zu finden und zu nutzen“, so Menges.
gen an so eine Plattform sind. So haben wir zum Beispiel auch erfahren, dass ein möglichst geringer Akku- und Datenvolumen-
Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kostenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert eingesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehalten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund, 0231 – 950 978 0 www.bodoev.de, facebook.com/bodoev Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Bastian Pütter, 0231 – 950 978 12 , redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00 BIC: BFSWDE33XXX
7
NEUES VON BODO
„bei bodo“
Kino am Kamin
„Vorleser“ für Martin Kaysh
Am 18. Mai holt der Bluesfolker Murat Kayi
Der Dokumentarfilm „Brüchige Biografi-
Wenn Sie die bodo aufschlagen, blickt
den „Sommer am U“ zu bodo. Mit einem
en“ begleitet fünf bodo-VerkäuferInnen
Ihnen von einer Seite regelmäßig ein Mann
Previewkonzert zur Veranstaltungsreihe
bei ihrer Arbeit und durch einen Teil ihres
mit Grubenhemd und Geierflügeln entge-
vor dem Dortmunder U in unserem Buch-
Alltags. Mit großer Offenheit sprechen sie
gen: Martin Kaysh.
laden am Schwanenwall kann die warme
über ihre Lebenswege, Rückschläge und
Jahreszeit beginnen.
darüber, wie sie bei bodo Unterstützung
Denn aus unserer Benefiz-Kulturreihe „2.
gefunden haben.
Martin Kaysh ist Moderator, Kabarettist und vor allem als „Steiger“ beim legendären „Geierabend“ bekannt. Er veröffentlicht seit
Freitag“ ist das Format „bei bodo“ gewor-
Mehrere Schulen haben uns eingeladen,
vielen Jahren seine Kolumne für die Arbeiter-
den. Gemeinsam mit Kooperationspartnern
den Film im Mai in Klassen zu zeigen und
wohlfahrt in unserem Magazin, greift dort
„verlegen“ wir Veranstaltungen in unseren
mit uns zu diskutieren. Öffentlich läuft
aktuelle lokal-oder landespolitische Themen
Buchladen am Dortmunder Schwanenwall.
„Brüchige Biografien“ am 4. Mai um 20
auf, erzählt von Kuriositäten und Haar-
Im März und April organisierten wir ge-
Uhr in der Reihe „Ekamina – Abende am
sträubendem – und wird dafür von vielen
meinsam mit dem Frauenfilmfestival einen
elektronischen Kamin“ im Sissikingkong
LeserInnen gelobt.
„Hörkino“- und einen Diskussionsabend mit
(Landwehrstraße 17).
historischen Filmaufnahmen bei uns.
Nun ist er dafür ausgezeichnet worden: Der
Die Kamera begleitet Moni, Markus, Lacra-
Regionalverband Dortmund der Gewerk-
Am 1. Juni lädt bodo gemeinsam mit der FH
miora, Gökkan und Chris zu ihren Verkaufs-
schaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG)
Dortmund zu einem Vortrag der Hamburger
plätzen, lässt Kundinnen und Passanten zu
hat Martin Kaysh am 8. April den „Vorleser“
Professorin Gabriele Winker, die in „Care
Wort kommen und zeigt, wie wichtig es ist,
verliehen. Der Preis, zugleich Symbol der
Revolution“ den Weg in eine solidarische
wahrgenommen zu werden, Respekt und
zweitältesten Gewerkschaft Deutschlands,
Gesellschaft entwirft. Und in diesem Monat
Wertschätzung zu erfahren für das, was man
würdigt „kritische und engagierte Beiträge
wird es musikalisch mit dem Moderator der
tut. Der Eintritt ist frei, wir freuen uns über
in Zeitungen, Funk, Fernsehen und Internet“.
Liederlounge auf WDR5 und Initiator des
Spenden. Das Sonderheft zum Film mit beilie-
„Straßenstaub“-Festivals, Murat Kayi.
gender DVD können Sie auch kaufen.
18. Mai, 19.30 Uhr, bodo Buchladen, Schwa-
Ab sofort ist es für 2,50 Euro in unserem Shop
in der Actien-Brauerei. Wir auch. Herzlichen
nenwall 36 – 38, Dortmund, Eintritt frei.
auf der letzten Seite dieses Hefts erhältlich.
Glückwunsch und Glück auf, lieber Martin!
„Darauf bin ich stolz wie Bolle“, freute sich Martin Kaysh anlässlich der Preisverleihung
Wer bodo verkauft Es sind rund 120 Verkäuferinnen und Ver-
verpflichten. Alle unsere Verkäufer haben
käufer, die das Straßenmagazin verkaufen.
einen wetterfesten Ausweis in Form einer
Einige von ihnen machen sich zurzeit Sorgen.
Plastikkarte, auf dem Sie unser Logo und das
Der Grund: Kunden beschweren sich bei ih-
Foto, den Namen und die jeweilige Verkäu-
nen über einzelne Bettler, die mit einer bodo
fernummer des Verkaufenden finden. Dar-
in der Hand vor Supermärkten Passanten
über hinaus haben alle rote Kapuzenpullo-
bedrängen.
ver und Regenjacken erhalten, die natürlich
Das Ärgerliche: Es sind keine bodo-Verkäufer,
8
nicht durchgehend getragen werden.
sie nutzen unsere Beratungsangebote nicht
bodo-Verkäufer betteln nicht. Sie haben
und sind für uns nicht erreichbar. Und offen-
ein Produkt anzubieten und freuen sich
sichtlich halten sie sich nicht an die Regeln,
über jeden Kunden. Der Verkauf ist ein nie-
zu deren Einhaltung sich alle bodo-Verkäufer
derschwelliges Angebot und an unsere Be-
www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Kunst zum halben Preis In diesem Monat steht unser Buchladen am Schwanenwall wieder ganz im Zeichen der Kunst. Den ganzen Mai über bekommen Sie Künstlerisches zum halben Preis – darunter
Treffen der Straßenzeitungen
wie immer auch hochwertige Bände oder Kataloge und seltene Stücke. Wir haben unsere Kunst-Regale in den letzten Wochen reichlich mit Bildbänden und
Gemeinsam mit 50 KollegInnen von Stra-
Verkäufern oder um eine Neupositionierung
ßenzeitungen aus dem gesamten deutsch-
eines ganzen Vereins geht, das Wochenende
sprachigen Raum haben wir uns im April
hat uns erlaubt, zu schauen, was bei uns und
wieder zur jährlichen Konferenz in Nürnberg
was bei anderen gut funktioniert, und wo wir
getroffen.
noch besser werden können.
ren wollen oder die schönsten Art-déco-Ge-
RedakteurInnen, SozialarbeiterInnen und
Einige der Kollegen haben grundlegende
etwas dabei und alles zum halben Preis.
VertrieblerInnen haben zwei Tage lang die
Veränderungen hinter sich, andere stehen
Kunstführern rund um Malerei, Fotografie, Bildhauerei, Design oder Architektur bestückt. Ob Sie etwas zum Surrealismus erfahbäude kennenlernen möchten – es ist sicher
davor oder stecken mittendrin. Die Offenheit,
Auch unser übriges Sortiment kann sich se-
mit der Erfahrungen weitergegeben wurden,
hen lassen: Rund 10.000 Bücher, Tonträger
schuf einen Rahmen, in dem sich alle, egal ob
und Spiele gehören zu unserem Bestand,
„Frischlinge“ oder „alte Hasen“, auf Augen-
ordern können Sie online oder ganz
höhe begegneten. Danke an unsere Kollegen
klassisch, nach dem Stöbern im Laden. Mit
vom „Asphalt“ in Hannover und das Team
Ihrem Einkauf leisten Sie einen wichtigen
des Nürnberger „Straßenkreuzer“ für die
Beitrag zu unserer Arbeit, denn unsere
Strategien manchmal andere sind.
Organisation und Ausrichtung der Tagung. Im
Bücher schaffen Stellen für die Sortierung,
August treffen wir dann die KollegInnen aus
Bewertung und den Versand. So können wir
Egal, ob es um Vertrieb, die intensivere
aller Welt in Manchester.
Menschen für den ersten Arbeitsmarkt qua-
Köpfe zusammengesteckt und über aktuelle Entwicklungen, gelingende Projekte und Herausforderungen durch gesellschaftliche Veränderungen gesprochen. Wir haben gemerkt: Die Fragen, Gedanken und auch Schwierigkeiten, die uns umtreiben, sind gar nicht so unterschiedlich, auch wenn die
lifizieren und den Nachwuchs ausbilden.
Unterstützung von Verkäuferinnen und
Moni, bodo-Verkäuferin in Altenbochum Liebe Leserinnen und Leser, viele von Ihnen werden sich in den letzten ratungsangebote gekoppelt. Es ist ein Zuverdienst, kein Auskommen. Jeder Verkäufer entscheidet, wie viel er verkauft, indem er Magazine für 1,25 Euro bei uns kauft und auf der Straße für 2,50 Euro verkauft. Unsere Bitte: Kaufen Sie das Straßenmagazin nur bei VerkäuferInnen, die sichtbar ihren Plastikausweis tragen. Wenn Sie schlechte Erfahrungen mit vermeintlichen bodo-Verkäufern machen, rufen Sie uns gerne an.
Wochen gefragt haben, warum Sie mich nicht so oft wie gewohnt an meinem Verkaufsplatz in Altenbochum angetroffen haben. Leider konnte in letzter Zeit nicht so oft mit bodo auf die Straße, wie ich es gerne gewollt hätte, da ich gesundheitlich angeschlagen war und einige Zeit im Krankenhaus verbringen musste. Mittlerweile geht es mir aber wieder besser und ich bin zuversichtlich, zum Sommer hin wieder öfter an meinem Verkaufsplatz stehen zu können. Sehr gefreut habe ich mich letzten Monat über die Wahl zur Bochumer Verkäufersprecherin. Auch wenn ich diese Aufgabe jetzt schon seit vielen Jahren mache, freue ich mich doch jedes Jahr aufs Neue, wenn meine Kolleginnen und Kollegen mir ihr Vertrauen schenken. Wenn Sie also Kritik oder Anregungen zu unserem Heft oder sich über einen meiner Kollegen geärgert haben, können sie mich jederzeit ansprechen. Gerne leite ich das weiter oder versuche selbst zu helfen. Alles Gute und bis bald, Ihre Moni. 9
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NEUES VON BODO
Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an: n n n n n n n
Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung
Hilfe zur Selbsthilfe Der Anruf beim Sozialamt, der neue Antrag
Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Ostenhellweg 42-48/Eingang Moritzgasse | 44135 Dortmund Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org
beim Jobcenter oder ein Konflikt mit einem anderen Verkäufer, der geschlichtet werden muss – hinter bodo steckt nicht nur das Stra-
Achtung, neue Adresse.
ßenmagazin, das Sie jeden Monat bei einer von etwa 120 VerkäuferInnen in Bochum, Dortmund, Herne oder Unna kaufen können, sondern ein Verein, der die Menschen auf
bodo DA S ST RA
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bodo
Werben im bodo-Straßenmagazin!
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Fordern Sie unsere Mediaunterlagen an!
vielfältige Art und Weise unterstützt. Wer das Straßenmagazin verkauft, verdient damit nicht nur eigenes Geld, sondern kann sich auch mit Fragen und Anliegen an bodo wenden: Manche suchen Unterstützung beim Papierkram mit Behörden oder bei der Wohnungssuche, andere nur einen Gesprächspartner. Mit unseren Angeboten versuchen wir, unseren VerkäuferInnen und Gästen direkt behilflich zu sein oder sie
Zeigen Sie, wofür Sie stehen!gazin 20146 Werben im Straßenma
Anzeigenberatung: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de Tel. 0231 – 950 978 0
an Experten zu vermitteln, wenn wir diese Expertise nicht haben. Selbstvertrauen zu fassen und mit eigener Kraft aus einer schwierigen Lebenslage herauszukommen, darauf arbeiten wir mit den Menschen bei uns hin. Unsere Anlaufstellen in Bochum und Dortmund stehen allen Hilfesuchenden offen.
Mithelfen Unsere Arbeit kostet Geld. Wir sind unabhängig und möchten es auch bleiben, staatliche Gelder erhalten wir nicht. Wir
Büro Recklinghausen (Hauptverwaltung) Telefon 0 23 61 – 40 64 70 Weitere Büros in: Bochum · Dortmund Bottrop · Herne Wuppertal
Sei es durch Geld-, Sach- oder Bücherspenden oder auch mit Ihrer Zeit: Wenn Sie unser Ehrenamtsteam verstärken möchten, rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns,
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freuen uns aber über Ihre Unterstützung!
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wir freuen uns: Telefon 0231 – 950 978 0 oder info@bodoev.de bodo e.V. | Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00
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Tschüss, Sprinter
Ein Lobby sein
Nun hat es uns auch erwischt. Unser
Stimmt es, dass niemand obdachlos sein
Mercedes Sprinter wurde Anfang April
muss? Wie viele Menschen leben eigentlich
gestohlen. Vor zwei Jahren hatten wir ihn
auf der Straße? Wie funktionieren Hilfesys-
gekauft, im März 2018 wäre er abgezahlt
teme, was läuft gut, wo gibt es Lücken in
gewesen. Die Diebe können sich über ein
der Versorgung Wohnungsloser?
gepflegtes Fahrzeug freuen – der Sprinter war gerade bei der Hauptuntersuchung, alle Reparaturen sind gemacht, er war
Regelmäßig sind wir in Schulen, Gemeinden und Einrichtungen oder wir laden Gruppen zu uns ein, um über unsere Er-
sogar vollgetankt. Ärgerlich. Wenn der Wagen nicht wieder auftaucht, werden wir eine (Teil-)Rückzahlung von
fahrungen und unsere Einblicke in das Feld Wohnungslosigkeit zu sprechen. Im Schnitt waren es im vergangenen Jahr erstaunliche
der Versicherung erhalten und uns auf die erneute Suche nach einem passenden Gebrauchtfahrzeug machen. Bis dahin müssen unser altersschwacher LT und der eine oder andere Mietwagen einspringen. Wir entschuldigen uns bei den Kunden und Auftraggebern unseres Transport-Teams, bei denen es in den vergangenen Wochen zu Terminverschiebungen gekommen ist. Möglicherweise wird der Engpass noch etwas anhalten. Unser Team freut sich natürlich trotzdem auf Ihren Auftrag für eine Haushaltsauflösung, einen Transport o.ä.
drei Veranstaltungen pro Woche. Die steigende Zahl der Wohnungslosen in unseren Städten, die zunehmende Verhärtung in gesellschaftlichen Diskussionen und rauer werdende Verteilungskämpfe verlangen Aufklärung über die Situation der Schwächsten in unserer Gesellschaft. Dabei erzählen wir auch aus unserer Arbeit, z.B. davon wie VerkäuferInnen des Straßenmagazins bei uns neues Zutrauen in ihre Fähigkeiten und in die Veränderbarkeit ihrer Lebenssituation fassen. Wenn Sie uns einladen möchten, schreiben oder rufen Sie uns gerne an.
Versichern ist Vertrauenssache Beratung - FAIRmittlung Unterstützung im Schadensfall
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bodo ist für Sie da montags bis freitags
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Mitglieder im Deutschen Mieterbund
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REPORTAGE
Die Stadt als Spielplatz Zu Besuch bei Traceuren in Dortmund Wer an einem sonnigen Tag durch die Dortmunder Innenstadt geht, wird sie vielleicht schon gesehen haben: Junge Menschen, meist in Turnschuhen und weiten Jogginghosen, die auf atemberaubende Weise Hindernisse im öffentlichen Raum überwinden. Wir haben einige von ihnen am Dortmunder Stadtgarten getroffen und uns ein wenig über diesen mittlerweile gar nicht mehr so neue Sportart Parkour erzählen lassen. Von Sebastian Sellhorst | Fotos: Symphony of Movements, Shutterstock
W
as von Weitem wie eine Mischung aus Akrobatik, Jogging und Kunstturnen anmutet, sind die Aufwärmübungen der Mit-
glieder der Gruppe „Symphony of Movements“. Sie nutzen die
ersten Sonnenstrahlen, um gemeinsam ihrem Hobby, dem Parkour nach-
zugehen. Regelmäßig treffen sie sich am Dortmunder Stadtgarten, um die Architektur der angrenzenden U-Bahn-Haltestelle für ihren Sport zu
nutzen. Was genau Parkour ist, definiert dabei jeder einzelne Läufer für sich selbst ein wenig anders. Die kreative Bewegung im öffentlichen Raum
und das effiziente Einsetzen des eigenen Körpers ist für die meisten dabei der kleinste gemeinsame Nenner.
Während Fortgeschrittene mit Leichtigkeit auf brusthohe Hindernisse
springen und mit einem Salto wieder hinunter, trainieren andere das Balancieren über Handläufe, während wieder andere das saubere und schnelle Überwinden kleinerer Hindernisse perfektionieren. Angeleitet werden
interessierte Neueinsteiger an diesem Sonntag von Thalis Weizmann. Der 29-jährige Student ist seit mittlerweile zehn Jahren Traceur, wie sich die
Parkour-Läuferinnen und Läufer bezeichnen, und Mitbegründer des Trainerteams „Symphony of Movements“. „Hier am Stadtgarten haben wir
eigentlich sehr gute Bedingungen, um uns zu treffen und zu trainieren“,
erzählt Thalis, während er einer kleinen Einsteigergruppe den „Passement Rapide“ beibringt. Einen seitlichen Sprung über eine Mauer, bei dem nur eine Hand und ein Fuß das Hindernis berühren.
Paris – Hollywood Die Ursprünge des Parkour-Sports liegen in Frankreich. David Belle, Sohn
eines amerikanischen Soldaten des Vietnamkriegs, erlernte in den Wäldern Frankreichs von seinem Vater Fortbewegungstechniken, die dieser sich während seines Militärdienstes aneignete. In Lisses, einem Vorort
von Paris, formte er daraus die Grundsteine des heutigen Sports. In
französischen Banlieues wurde der Sport weiter ausdifferenziert. Wäh-
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rend einige Läuferinnen und Läufer Wert auf eine möglichst effiziente Fortbewegung und Schnelligkeit legen, setzen andere Gruppen auf möglichst spektakuläre Tricks und waghalsige Sprünge.
Weltweite Bekanntheit erlangte Parkour zur Jahrtausendwende, als in
vielen Hollywoodfilmen und Musikvideos Action-Szenen mit Parkour-
Elementen zu sehen waren. 2006 verfolgte James Bond in „Casino Royale“
einen Traceur über eine Großbaustelle und mit „Yamikaza – Samurai der Moderne“ widmete Luc Besson einen ganzen Film der Sportart. Mitver-
antwortlich für den Erfolg war neben der Präsenz in unzähligen Filmen auch die wachsende Popularität der Videoplattform YouTube, über die
Traceure aus der ganzen Welt ihre besten Läufe präsentieren und sich untereinander vernetzen.
Turnschuhe und ein wacher Blick Wie in jeder jungen Sportart findet auch im Parkour eine Kommerzialisierung statt. Mittlerweile gibt es organisierte Wettkämpfe, und Sportartikelhersteller bieten spezielle Ausrüstung an. „Das widerspricht eigentlich der Philosophie des Ganzen“, erzählt Thalis. „Man braucht für einen ersten
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REPORTAGE
Einstieg keine Ausrüstung. Kleidung, in der man sich gut bewegen
dann irgendwann angefangen, meine Bewegungseinschränkungen
ist. Dann braucht man nur noch den eigenen Körper und einen wachen
auf die Genesung auszurichten.“
kann, und ein paar Turnschuhe, und schon hat man alles, was nötig
Blick für die eigene Umwelt, und schon kann es losgehen.“ Auch für Wettkämpfe habe er eigentlich nicht viel übrig, gehe es beim Parkour
Backflip oder Bordsteinkante
higkeiten und Ängste, nicht um das Wetteifern mit anderen.
Um auch in den Wintermonaten trainieren zu können, trifft sich die
Eine Altersgrenze gibt es beim Parkour nicht. „Bei unseren Treffen ha-
munder Keuninghaus, um dort an den eigentlich für Skateboarder
doch eigentlich um einen selbst, den eigenen Körper, die eigenen Fä-
ben wir es mit jungen Kids zwischen 12 und 20 zu tun. Andere Leute, die zu unseren Treffen kommen, sind weit über 40“, erzählt Thalis,
der schon diverse Städte in Frankreich bereiste, um sich von dorti-
gen Gruppen für seine eigenen „Runs“ inspirieren zu lassen und sich Trainingsmethoden abzuschauen. Verletzt habe er sich dabei noch
nie ernsthaft. „Als ich dann doch mal eine Pause machen musste, um
mein Knie zu schonen, habe ich mich erst eine Weile geärgert und
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einfach als ein weiteres Hindernis zu begreifen und mein Training
Dortmunder Parkour-Szene einmal pro Woche im Skatepark am Dortkonzipierten Hindernissen und Rampen zu trainieren. „Natürlich
kann man auch im Winter draußen laufen oder auf Parkhäuser und überdachte Bereiche ausweichen, aber gerade für Neueinsteiger ist
es wichtig, einen Ort zu haben, an dem sie sich treffen und in Kontakt
kommen können“, so Thalis, der für Schulen und auch an der Dortmunder TU Parkour-Kurse anbietet. „Um den Gemeinschaftsgeist zu stärken, sind
wir zurzeit mit der Stadt im Gespräch, um den Bau eines Parkour-Parks zu
Am 15. Juli findet am Keuninghaus die 8. Dortmunder Parkour Convention mit kostenlosen Workshops für Anfän-
realisieren, an dem wir uns regelmäßig treffen können.“
ger und Fortgeschrittene statt.
Während neben uns mehrere Traceure um den schönsten „Backflip“ wettei-
Mehr Informationen zu den Aktivitä-
fern, relativiert Thalis die atemberaubenden Tricks, die um uns herum passieren, und fasst die Faszination, die Parkour für ihn bedeutet, zusammen:
ten und Workshops der Gruppe auf facebook.com/s.o.mparkour/
„Es müssen nicht immer die waghalsigen Tricks sein. Keiner erwartet beim Parkour irgendwas von dir. Ich habe auch schon zwei Stunden nur an einer
Bordsteinkante trainiert. Wenn du eine Zeit lang dabei bist, fängst du irgendwann an, deine Umgebung mit anderen Augen zu sehen. Du bist völlig frei in
dem, was du machen willst, und die ganze Stadt wird zu deinem Spielplatz.“
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NEWS
DER KOMMENTAR
Unterrichtsausfall Nach einer Stichprobe der Landesregierung fallen an NRW-Schulen lediglich 1,8 Prozent der Stunden ersatzlos aus, ohne dass Vertretungsunterricht stattfindet. Das Recherchenetzwerk Correctiv hatte Zweifel an dieser Zahl. Gemeinsam mit den Ruhr Nachrichten forderte es im März Schüler, Eltern und Lehrer in Dortmund auf, Unterrichtsausfall zu melden, und wertete die Ergebnisse aus (bodo 3/17). Mehr als 500 Helfer meldeten insgesamt 3.641 nicht planmäßig stattgefundene Unterrichtsstunden. Von diesen Stunden ohne den vorgesehenen Lehrer fielen in Dortmund nicht 19 Prozent ersatzlos aus, sondern mehr als 41 Prozent. In der gymnasialen Oberstufe sogar deutlich mehr als 50 Prozent. Vertretungsunterricht mit einem fachkundigen Lehrer im selben Fach findet nach den Zahlen der Landesregierung in vier von zehn Fällen statt, in der Dortmunder Untersuchung jedoch nur in zwei von zehn Fällen.
Gefährlich und verrufen Von Bastian Pütter | Foto: Lucas Kaufmann CC BY-SA 4.0
Am 14. Mai ist ja Landtagswahl. Vor meinem Büro werben die Satiriker der Partei „Die Partei“ für ein „kraftloses NRW“ und auch sonst hängen die
Mietanstieg
Städte voll mit mehr oder weniger aufregender Wahlwerbung.
Dortmund verzeichnet den höchsten
Früher hätte ich mit pathetischer Dringlichkeit gefordert: Gehen Sie wäh-
Mietanstieg in NRW: Der Quadratme-
len! Heute weiß ich, dass sich die AfD in erster Linie von bisherigen Nicht-
terpreis stieg seit 2012 um fast 21 Pro-
wählern in die Parlamente hieven lässt. Und ich weiß, dass spätestens mit
zent. In Bochum stiegen die Angebotsmieten im selben Zeitraum
der Entmachtung von Frauke Petry beim Kölner Parteitag deren Programm
um 12,6 Prozent. Die Zahlen stammen vom Forschungsinstitut
das der völkisch-konservativen Revolution ist. Bin ich also ein bisschen
Empirica, das Angebotsmieten auf Internetbörsen auswertet
zurückhaltend. Sie werden schon wissen, was Sie tun.
und eine Datenbank zur Mietpreisentwicklung erstellt hat. Im Vergleich zu Städten wie Köln und Düsseldorf war die Wohnungslage im Ruhrgebiet bisher entspannt. Inzwischen fehlen vor allem Wohnungen für mittlere und untere Einkommensschichten. Größere Familien, Alleinerziehende und Zugewanderte haben auf
Der Landtag ist übrigens auch vor und nach Wahlen spannend. In der abgelaufenen Wahlperiode wurde dem konsequent unbeteiligten Innenminister hier so oft der Stuhl unter dem Allerwertesten weggezogen, dass es einen hohen Unterhaltungswert hatte. Das Verrückte: Er blieb trotzdem sitzen.
dem freien Wohnungsmarkt kaum Wahlmöglichkeiten. Während
Besonders gerne stellten dort CDU-PolitikerInnen Anfragen zur Inneren
in Köln bereits im Schnitt 10 Euro verlangt werden – Düsseldorf
Sicherheit. Die musste dann der Innenminister schriftlich, möglichst voll-
und Bonn liegen knapp darunter – liegt Dortmund bei 6,40 Euro
ständig und möglichst nichtssagend beantworten. Dabei kam im vergange-
und Bochum bei 6,21 Euro pro Quadratmeter. Bottrop und Rem-
nen Jahr ein unterhaltsamer Streit heraus, bei dem eine CDU-Abgeordnete
scheid verzeichnen den geringsten Anstieg in NRW, hier liegen
aus Dortmund-Hörde die Nordstadt zur No-Go-Area erklärte, worauf es
die Mieten noch bei gut 5 Euro.
der Vorsitzenden der Nordstadt-CDU entfuhr: „Diese Aussagen sind eine Frechheit. Das sagen Leute, die hier nicht wohnen.“
Gefahrengebiet In einer Kleinen Anfrage im Landtag ließ der CDU-Abgeordnete Peter Biesenbach das Innenministerium die als „verrufen bzw. gefährlich“ eingestuften Orte in Nordrhein-Westfalen aufzählen. Das Polizeigesetz NRW erlaubt es in §12, „verrufene“ Orte – z.B. Bahnhofs- oder Rotlichtviertel – zu definieren, in denen dann anlasslose Personenkontrollen möglich sind. Bedingung ist eine Häufung von Straftaten an diesem Ort bzw. die Verabredung dazu. Insgesamt
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Ein anderer CDU-Abgeordneter fragte im April nach den „gefährlichen und verrufenen Orten“ in NRW (siehe links). Das klingt altbacken wie „schlechter Leumund“, ist aber ein interessantes juristisches Konstrukt: Das Polizeigesetz erlaubt den Ordnungshütern, solche Orte selbst zu definieren, geheim zu halten und dort Dinge zu tun, die anderswo verboten sind: Personenkontrollen ohne Anlass nämlich. An die Stelle der Störerhaftung (Jemand verhält sich falsch) tritt die „Ortshaftung“ (Jemand ist am falschen Ort). Dafür gibt es bislang keine politische Mehrheit, aber im Einzelfall die Freigabe über das Polizeigesetz.
nutzen nur sieben von 47 Kreispolizeibehörden dieses Instrument
Die meisten Polizeibehörden brauchen dieses Instrument nicht, andere
zur Erweiterung der eigenen Kompetenzen ohne parlamentarische
nutzen es für einzelne Plätze und Straßen. Dortmund macht hingegen
Kontrolle. In Bochum sieht die Polizei keinen Anlass für eine solche
Nägel mit Köpfen und zieht einen Kreis um große Teile der Nordstadt –
Sonderzone, auch Duisburg deklariert keinen Ort als längerfristig
klar –, aber greift auch entlang der Gastronomien weit in die Innenstadt:
gefährlich. In Dortmund definiert die Polizei hingegen nicht nur
Brückstraße, Kleppingstraße, Westenhellweg, Alter Markt? Alles „gefähr-
große Teile der Nordstadt, sondern auch den gesamten Innenstadt-
lich“ bzw. „verrufen“. Alles „falscher Ort“. Und jetzt versuchen Sie mal als
bereich inklusive der Haupteinkaufsstraßen als Gefahrengebiet.
Stadtmarketing, das wieder geradezurücken.
RECHT
Fernsehempfang und Menschenwürde Von Rechtsanwalt René Boyke Einige von Ihnen
minimum zu gewähren, sondern müsse
Problematisch mag der Verlust der öffent-
haben, dass ihr Fern-
gesellschaftlichen und kulturellen Leben
se auch erheblich zur individuellen politi-
werden bemerkt
seher seit dem 29. März
aufgrund der DVB-T-Abschaltung keinen
Empfang mehr hatte. Nach einer Investi-
tion von 20 Euro kann dieser wieder hergestellt werden, doch nicht für jeden ist
auch ein Mindestmaß an Teilnahme am gewährleisten. Zudem entspräche die Anschaffung eines neuen DVB-T2-Receivers
der Erstausstattung einer Wohnung mit einem Haushaltsgerät.
dieser Betrag einfach aufzuwenden, erst
Das Sozialgericht Berlin (Az. S 146 SO
den Empfang privater Sender.
gehöre ein solches Gerät nicht zur Erstaus-
recht nicht die rund 70 Euro jährlich für
Weil dies auch ihr nicht so leicht fiel, beantragte die Bezieherin einer vollen Erwerbsminderungsrente die Übernahme
dieser Kosten durch das Sozialamt. Da
dieses sich weigerte, erhob sie Klage –
und unterlag. Sie begründete ihre Klage damit, dass der dauerhafte Wegfall des
Fernsehempfangs sie in ihrer Menschenwürde verletze. Der Staat sei nämlich nicht
nur verpflichtet, das physische Existenz-
lich-rechtlichen Sender sicher sein, da die-
schen Meinungsbildung beitragen. Auf die
privaten Sender trifft dies so jedoch nicht
zu. Eine Verletzung der Menschenwürde
ist der fehlende Empfang von ZDF und Co. aber nicht.
229/17 ER) sah dies nicht ganz so. Erstens
stattung nach § 31 SGB XII. Zweitens gebe es zusätzliche Leistungen für die Erstausstattung nur für Gegenstände zur Befriedigung grundlegender Bedürfnisse wie Essen und Schlafen. Ein Fernseher gehöre
nicht dazu, da er der Befriedigung von Un-
terhaltungs- und Informationsbedürfnissen diene und damit aus dem Regelbedarf
anzuschaffen sei. Die monatlichen Kosten von 5,75 Euro monatlich seien darum auch
DIE ZAHL
15,7 % Um mehr als 15 Prozent, ist die Zahl der Einbrüche in NRW im vergangenen Jahr zurückgegangen. Die Aufklärungsquote verbesserte sich nur leicht auf 16 Prozent.
kein Problem.
DAS FOTO
Bereits am Abend der Verkündung des Ergebnisses protestierten in der ganzen Türkei Menschen gegen das offizielle Ergebnis des Referendums, gegen die Einführung des Präsidialsystems und gegen die Verhaftungen politischer Gegner Erdog ˜ans und der AKP. Foto: Reuters/Stringer 17
INTERVIEW
Die Sorge und die Revolution
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„Arbeit ohne Ende wird zur alltäglichen Realität. Muße ist zum Fremdwort geworden“, sagt Gabriele Winker, Professorin für Arbeitswissenschaft und Gender Studies an der Technischen Universität Hamburg-Harburg. In ihrem Buch „Care Revolution: Schritte in eine solidarische Gesellschaft“ sagt sie aber auch: Es gibt eine Alternative. Nämlich, die Bedürfnisse des Menschen in den Fokus zu stellen. Am 1. Juni ist die Sozialwissenschaftlerin zu Gast bei bodo, im Interview spricht sie über unbezahlte Arbeit, Solidarität und wie eine solche Revolution gelingen soll. Von Maren Wenzel | Fotos: Björn Kietzmann, privat
Viele Menschen beklagen immer weniger Zeit für sich, zu hohe
sie sorgen. Gleichzeitig sind es überwiegend Frauen, die die sor-
Arbeitsbelastungen und Erschöpfung. Wer ist Ihrer Meinung
genden, die Care-Tätigkeiten ausführen. Für die nicht entlohnte
nach dafür verantwortlich: der einzelne Mensch oder die der-
Sorgearbeit in Familien erfahren sie keine gesellschaftliche Aner-
zeitige Politik?
kennung. Entsprechend werden auch personennahe Tätigkeiten
Das ist kein individuelles, sondern ein strukturelles Pro-
wie Betreuung und Pflege in staatlichen oder privatwirtschaftli-
blem. Derzeit stehen immer mehr Menschen vor der beständig
chen Dienstleistungsbereichen, in denen weit überproportional
schwieriger werdenden Aufgabe, den Balanceakt zwischen Er-
Frauen erwerbstätig sind, gering entlohnt. Eine wesentliche Ursa-
werbsarbeit und unentlohnter Sorgearbeit für sich und andere zu meistern. In ihrer Erwerbsarbeit sind sie mit zunehmenden Flexibilisierungsanforderungen der Unternehmen, kontinuierlich steigendem Leistungsdruck sowie mit Löhnen konfrontiert, die häufig für den Lebensunterhalt zu niedrig sind. Gemäß dem neoliberalen Credo der Eigenverantwortung sind sie aufgerufen, individuell die hohen beruflichen Anforderungen mit den zunehmenden Aufgaben der Selbstorganisation und mit den gestiegenen Leistungsansprüchen in der familiären Sorgearbeit zu vereinbaren. In Ihrem Buch geht es um Care, also Sorge-Tätigkeiten. Was sind für Sie solche Tätigkeiten und warum gehen sie uns alle etwas an? Unter Care-Arbeit oder Sorgearbeit verstehe ich Tätigkeiten, die alle Menschen ausführen. Sie kümmern sich um sich
che ist, und hier beziehe ich mich auf grundlegende marxistische
selbst, um ihre Gesundheit, um ihre Weiterbildung, kochen für
Erkenntnisse, dass all diese Care-Arbeit für die Wiederherstellung
sich und andere Menschen, erziehen Kinder, beraten Freund_in-
der Arbeitskraft unentbehrlich ist und möglichst wenig Kosten
nen, versorgen unterstützungsbedürftige Angehörige. Teils
verursachen soll, um die Löhne niedrig und den Mehrwert und
findet Sorgearbeit entlohnt in Care-Berufen statt, etwa durch
die entsprechenden Profite hoch zu halten.
Erzieher_innen oder Pflegefachkräfte. Meist allerdings wird sie, vorwiegend von Frauen, unentlohnt in Familien geleistet und häufig auch gar nicht als Arbeit wahrgenommen.
Der Titel ihres Buches lautet „Care Revolution: Schritte in eine solidarische Gesellschaft“. Was bedeutet solidarische Gesellschaft für Sie?
Sie knüpfen aber auch an feministisch-marxistische The-
Darunter verstehe ich eine radikal demokratisch gestal-
orien an. Warum betrifft das Thema Sorge vor allem und immer
tete Gesellschaft, die an menschlichen Bedürfnissen und dabei
noch Frauen?
insbesondere an der Sorge füreinander orientiert ist. In einer
Unter dem Stichwort Care werden vor allem von Feminis-
solchen Gesellschaft lassen sich die Bedürfnisse aller in ihrer
tinnen politische, philosophische und wirtschaftliche Alternati-
Verschiedenheit befriedigen. Alle Bereiche menschlichen Zu-
ven entwickelt und diskutiert, in deren Zentrum das Leben und
sammenlebens – etwa Wohnen und Mobilität, die Herstellung
seine Erhaltung stehen. Es wird darauf verwiesen, dass Menschen
von Dingen und eben auch die Sorge füreinander – sollten von
bedürftig und damit abhängig sind; nicht nur von Wasser, Luft
allen Beteiligten gemeinsam geregelt werden können, ohne dass
und Nahrung, sondern auch von anderen Menschen, die einer-
etwa Eigentum und Kapitalbesitz wenigen Menschen besondere
seits benötigte Güter herstellen und sich andererseits direkt um
Bestimmungsmacht verleihen.
19
INTERVIEW
Sie plädieren für einen Paradigmenwechsel weg von einer Profitmaximierung hin zu einer Ausrichtung der Gesellschaft an menschlichen Bedürfnissen. Warum ist das nicht weniger als eine Revolution? Im heutigen Kapitalismus geht es um Profitmaximierung. Profite erfordern, dass Unternehmen Lohnabhängige einstellen. Denn im Unterschied zu jeder anderen Ware, so bereits Karl Marx, hat die Ware Arbeitskraft die Besonderheit, dass sie mehr Güter und Dienstleistun-
Am 1. Juni ist Gabriele Winker zu Gast bei
gen produzieren kann, als zu ihrer Reproduktion nötig ist.
bodo, Schwanenwall 36 – 38 in Dortmund.
Diese Differenz, den Mehrwert, eignen sich die Produkti-
Ein Ziel ihrer Vorträge in unterschiedliche
onsmittelbesitzenden an und streben danach, die Kosten
Regionen ist der Aufbau von regionalen und
für die Reproduktion der Arbeitskraft möglichst gering
lokalen Aktionsgruppen. Die Veranstaltung
zu halten. Deswegen werden die Rahmenbedingungen
beginnt um 19 Uhr, der Eintritt ist frei.
für Sorgearbeit in Familien, aber auch in staatlichen Institutionen mangelhaft bleiben und unter permanentem Kostendruck stehen.
selbst bewältigen zu können und Zeiten der Muße übrig-
Darunter leiden die Menschen, die auf gelingen-
zubehalten. Das bedeutet eine Arbeitszeitverkürzung für
de Sorgearbeit angewiesen sind – wir alle. Die Trans-
Vollzeiterwerbstätige mit Lohn- und Personalausgleich.
formationsstrategie der Care Revolution, die mit einer
Zweitens: eine soziale Infrastruktur, die Sorge und
grundlegenden gesellschaftlichen Neuausrichtung Sorge
Selbstsorge wirklich unterstützt: Das bedeutet u.a. den Aus-
für sich und andere bedürfnisgerecht gestalten möchte,
bau eines kostenlosen Bildungs- und Gesundheitssystems
ist mit Kapitalverwertung nicht vereinbar. Care Revoluti-
sowie die Unterstützung von Selbsthilfenetzwerken und
on meint einen grundlegenden Perspektivwechsel.
Commons-Projekten. Über eine Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums ist dies finanzierbar.
Nun könnte man kritisieren, dass die Care-Revolution
Drittens: echte Teilhabe an gesellschaftlichen Ent-
hohe Ziele hat, die derzeit schwer zu verwirklichen sind.
scheidungen, eine umfassende demokratische Selbstver-
Auch Sie schreiben, es sei erforderlich, einen Übergang
waltung, beginnend im Care-Bereich. Umsetzbar ist dies
zu dieser Gesellschaft beschreiben zu können. Welche
einerseits über sogenannte Care-Räte, die für die überregi-
Schritte müssen für Sie zu einer solidarischen Gesell-
onale Abstimmung und die demokratische Kontrolle verant-
schaft gemacht werden?
wortlich sind, und andererseits über Selbstbestimmung vor
Zusammen mit vielen Mitstreiter_innen setze
Ort, da sich viele Care-Projekte wie Gesundheitszentren, Ki-
ich mich für folgende Schritte ein: Erstens ein ausrei-
tas oder Bildungsangebote auch dezentral gestalten lassen.
chendes Einkommen für alle, um die eigene Existenz zu
Und viertens: eine diskriminierungsfreie Gesellschaft: Das
sichern. Dazu sind ein substanzieller Mindestlohn nötig,
bedeutet, dass es keinen Ausschluss, keine Benachteiligung
ein bedingungslos gezahltes Grundeinkommen, eine
und keine Privilegien beispielsweise wegen der Herkunft
deutlich bessere Entlohnung der Arbeit in Care-Berufen.
oder der Staatsangehörigkeit, des Geschlechts oder der se-
Es braucht ausreichend Zeit, um neben der Erwerbsar-
xuellen Orientierung, der körperlichen Leistungsfähigkeit
beit die Sorge für nahestehende Menschen und für sich
oder der beruflichen Kompetenz gibt.
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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt
Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.
Diese Zeilen bilden, also mich. So weiß ich seit gestern, dass es Streit gibt um die OGS. Das ist keine Buchhaltungssoftware, und auch nicht von Monsanto. „Die OGS“, sagt ein AWO-Informant, die Offene Ganztagsschule, laufe nicht optimal. Wusste ich nicht. Ich gucke viel Wahlkram, da geht es um einen faulen Polizei-Zwerggewerkschafterfunktionär, Anis Amri oder den Innenminister. Ich weiß nicht, ob einer von den dreien Schlüsselkind war oder Insasse eines Luxusinternats, und ob das was geändert hätte. Die Ganztagsschule taucht kaum auf. Nur die FDP postete im Netz ein Foto, schwarzweiß. Ein trauriges Mädchen hinter einem Metallzaun, Schlagzeile: „Nein, du darfst noch nicht mit Mama gehen!“ Kleingedruckt: „Für flexiblere Öffnungszeiten in der OGS.“ Nicht mal Hardcoreliberale liken das. Nur ich werde heute Nacht vom rotgrünen Gesamtschulguantanamo träumen. Seriös zusammengefasst: Die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege des Landes Nordrhein-Westfalen (Verbände mit solchen Namen schreiben Seiten von selbst voll) sagt, es fehle Geld. Während in Düsseldorf zweifachbebachelorte Superpädagogen mit Manufactum-Lederbällen Völkerbällchen spielten, säße in Wattenscheid die Omma ausse Kolonie als Aufsicht ihre Stunden ab. Wollen die Blagen spielen, schicke man sie zum Klauen in den KiK, Räuber und Gendarm spielen und nebenher die Kriminalstatistik aufpuschen. Und wenn Omma mal nicht kann, schickt sie die Nachbarin. Gut, das ist jetzt schon fast FDP-Niveau. Kinderbetreuung sollte da besonders gut sein, wo es Kindern nicht besonders gut geht. Das allerdings kostet auch schon mal gutes Geld. Vielleicht ist das Thema so wichtig, dass erst nach dem 14. Mai wieder ernsthaft drüber gesprochen werden sollte. Ich jedenfalls schaue gleich noch einen Horrorfilm, um die schrecklichen FDP-Bilder aus dem Kopf zu bekommen.
Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.
Je mehr Mitglieder die AWO hat, desto mehr kann sie in der Gesellschaft bewirken. Desto eher kann sie Menschen helfen, die Hilfe brauchen.
Werden auch Sie Mitglied in der AWO!
Unterbezirk Dortmund
Unterbezirk Ruhr-Mitte
Unterbezirk Unna
Klosterstraße 8-10 44135 Dortmund 0231 - 99 340
Bleichstraße 8 44787 Bochum 0234 - 96 47 70
Unnaer Straße 29a 59174 Kamen 02307 - 91 22 10
info@awo-ww.de
www.awo-ww.de 21
KULTUR
Szene-Kiez Kortländer? Wird der sogenannte Kortländer-Kiez in der Bochumer Innenstadt bald ein teures Pflaster, in dem nur noch Latte Macchiato- oder Mate schlürfende, wohlhabende Mittelschichtler wohnen? Wird er also das neue BerlinPrenzlauer Berg oder Friedrichshain? Über das Phänomen der Gentrifizierung und, ob sie dem Stadtteil bevorsteht, hat eine erstaunlich große Runde aus Anwohnern und Interessierten in der „Trinkhalle“, einer angesagten Craft-Beer-Kneipe am Kortländer, geredet.
Stein des Anstoßes war eine Diskussion, die
niedrig wie möglich zu halten, mache niedrig-
zwar im Internet stattfand, aber trotzdem auf
schwellige Angebote wie Spiele- und Leseaben-
fast schon altmodische Art ablief. In den Kom-
de oder Stricktreffs.
mentarspalten einer Veranstaltungsankündigung auf dem Internetportal bo-alternativ
Regina Sidel von Botopia und Martin Krämer
regte sich Widerstand: Das neugegründete
vom Mieterforum Ruhr lieferten Fakten zur
Netzwerk Botopia, in dem sich allerhand Initi-
Gentrifizierung im Stadtteil und kamen zum
ativen für alternative Formen des Lebens und
Schluss: Bisher seien keine Anzeichen zu erken-
Wirtschaftens tummeln, veranstaltete im Café
nen. Trotz hoher Fluktuation der Mieter seien
Eden einen Vortrag zum Thema „Gemeinwohl-
bisher keine signifikanten Mieterhöhungen
orientierte Immobilien“.
festzustellen. „Anzeichen von Gentrifizierung gibt es an anderen Stellen im Ruhrgebiet al-
Vor allem zwei Benutzer äußerten Kritik, die
lerdings sehr wohl“, sagte Martin Krämer, „im
leider später zum wütenden Hasskommen-
Dortmunder Kreuzviertel oder Bochumer Eh-
tar-Stil tendierte, wie er heute zum Alltag in
renfeld steigen die Mieten enorm.“ Dort treffen
sozialen Netzwerken gehört: „Da hat sich das
attraktive Ausgehmöglichkeiten und Gewerbe
Projekt Botopia ja einen tollen Partner ausge-
auf guten (Altbau-)Wohnbestand.
sucht“, schrieb einer unter dem Namen Karl zum noch relativ gemäßigten Einstieg. „Das
Über zwei Stunden diskutierten die Menschen
Eden ist einer der Läden, die als so genannte Pi-
in der „Trinkhalle“ engagiert und verabredeten
Von Max Florian Kühlem
oniere für die Gentrifizierung des Viertels rund
sich zum weiteren Austausch über das Thema
Foto: Daniel Sadrowski
um die Ecke Herner Straße/Dorstener Straße
und zum „Augen offen halten“. Der Aufbau von
verantwortlich sind.“
gemeinwohlorientierten Immobilien, um die es bei der anstößlichen Veranstaltung im Café
Zum Auftakt der Diskussion in der „Trinkhalle“
Eden ging, wären übrigens ein gutes Mittel ge-
erklärte also Melina Loschen vom Café Eden e.V.,
gen Gentrifizierung: Sie könnten zum Beispiel
was auch in bodo schon zu lesen war: Der Laden
genossenschaftlich realisiert werden und wä-
ist ein offener Stadtteiltreff für alle Schichten
ren dann nicht anfällig für den spekulations-
und Kulturen. „Hier sitzt niemand an Apple-
gefährlichen Immobilienmarkt.
Notebooks und trinkt Latte Macchiato für fünf Euro“. Vielmehr versuche man, die Preise durch die ehrenamtliche Mitarbeit der Mitglieder so 22
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WILDE KRÄUTER
BRENNNESSEL
von Wolfgang Kienast
Nicht jeder Jugendtraum geht in Er-
Australien mittlerweile, gute Berufs-
füllung. Manchmal ist das gut so. Was
aussichten würden sich aktuell in der
meine Wohnungseinrichtung betrifft,
Gemeinschaft Unabhängiger Staaten,
wünschte ich mir damals zunächst
dem Zusammenschluss einiger Nach-
einmal eine riesengroße Stereoanlage.
folgestaaten der Sowjetunion, bieten.
Heute würde man sagen, High End, aber das Wort gab es damals noch nicht. Die Jungs im Stereoladen sprachen von „riesengroß“, und jeder wusste, was gemeint war. Hat in meinem Fall nicht ganz geklappt, wäre jedoch nicht weiter schlimm gewesen.
Leider ist der Kontakt abgebrochen. Ich weiß nicht, wo sie gelandet ist. Vielleicht tatsächlich in Australien. Wenn ja, sollte sie sich vor der „Australischen Brennnessel“ in Acht nehmen. Die USamerikanische Autorin Amy Stewart beschreibt sie in ihrem Buch „Gemeine
Schlimm wäre der Rest geworden,
Gewächse“ als meist gefürchtete Pflan-
hätten sich meine Wünsche nur
ze auf dem Fünften Kontinent. Es reiche,
ansatzweise realisiert. Die begehrte
einmal über deren Blätter zu streichen,
Wohnung sollte ebenfalls nicht zu klein
um unerträgliche, Jahre anhaltende
sein, nur aus einem einzigen Raum
Schmerzen zu erleiden; ein eventuell
bestehen, dessen Wände, Decke und
einhergehender Schock könne einen
Fußboden wiederum hätten komplett
tödlichen Herzinfarkt nach sich ziehen.
und ausschließlich lila gestrichen sein dürfen, und als einziges Einrichtungselement (neben der Stereoanlage) wäre eine knallgelbe Betonmischmaschine in Frage gekommen. Vermutlich hatten wir im Kunstunterricht gerade den Komplementärkontrast durchgenommen. Der Ort, die Außenwelt, das Land, der Kontinent vor der Tür waren mir schnuppe. Gaga, ich weiß. Was den Wohnort betrifft, hatten
Vielleicht doch in einem lila Raum mit gelber Mischmaschine leben? Brennnesseln, die hier vor der Tür wachsen, können zwar unangenehm, nun ja, brennen. Die Wirkung freilich ist nicht tödlich, sondern sogar heilsam, zum Beispiel bei Rheuma. Auch ansonsten ist die Nessel prima, vor allem in der Wildkräuterküche. Toll im Sinne von deftig und würzig schmecken mit Brennnesselblättern gefüllte Schnitzel.
einige Mitschülerinnen und Mitschüler konkretere Vorstellungen. Eine
REZEPT
Jugendfreundin wollte unbedingt nach
Mit einem scharfen Messer eine Tasche
Australien. Bei der Berufsberatung
in jedes Schnitzel schneiden und diese
sagte man ihr, um dort eine Aufent-
anschließend mit einem Fleischklopfer
haltsgenehmigung zu bekommen, wäre
bearbeiten. Je Schnitzel eine Handvoll
der aussichtsreichste Weg ein Studium
Brennnesselblätter (junge Blätter und
der Elektrotechnik. Nicht ihr Favorit,
Triebe) blanchieren, ausdrücken und
aber der Weg ist nicht immer das Ziel.
grob hacken. Die Taschen mit Appen-
Sie biss sich durch. In Hannover. Allein
zeller und den Blättern füllen, panieren
unter Männern. Das dauerte ein paar
und je nach Dicke etwa zehn Minuten
Semester länger als gedacht. Als sie ih-
in Öl braten.
AUS DEM PROGRAMM
SO 28. MAI | KONZERTHAUS DORTMUND GIOACHINO ROSSINI: LE COMTE ORY Jessica Pratt | Jana Kurucová | Lawrence Brownlee Dirigent: Giacomo Sagripanti MI 31. MAI | ST. MARIENKIRCHE GESÄNGE DES SÜDENS UND DES NORDENS Folk trifft Alte Musik | Spanien trifft Norwegen DO 1. JUNI | DOMICIL CHINA MOSES Soul, R&B und Blues FR 2. JUNI | ORCHESTERZENTRUM|NRW ANTONIO VIVALDI: TAMERLANO Barockes Opern-Pasticcio SO 4. JUNI | ST. NICOLAIKIRCHE CHOR DES LETTISCHEN RUNDFUNKS Juwelen nordischer Chormusik SA 10. JUNI | ORCHESTERZENTRUM|NRW G. F. HÄNDEL: ACIS AND GALATEA Szenische Aufführung mit Sängern, Puppen und Orchester SO 11. JUNI | DOMICIL VAKIA STAVROU Chansons vom Mittelmeer SO 18. JUNI | KONZERTHAUS DORTMUND BERLIN, MAILAND, HOLLYWOOD Mit Simone Kermes & Special Guest: Roland Kaiser DO 22. JUNI | DOMICIL ANNA MARIA JOPEK QUARTET Jazz & Pop aus Polen SO 25. JUNI | WESTFALENPARK SEEBÜHNE SPANISCHE NACHT Abschlusskonzert mit Zarzuela
TICKETS
01806/57 00 70*
*0.20 EUR/Anruf, Mobilfunkpreise Max. 0,60 EUR/Anruf
WWW.KLANGVOKAL.DE
ren Abschluss in der Tasche hatte, sagte man ihr, Elektroingenieure gebe es in 23
VERANSTALTUNGEN 05 | 17 MO 01 | 05 | 17
BODO VERLOSUNGEN 11. – 17.05. | Denk ich an Deutschland in der Nacht
Ausstellung | Eins aus Zwei Über Jahrhunderte war das aus der Antike stammende Diptychon, abgesehen von Doppelbildnissen, in der Kunst kaum mehr in Gebrauch. Erst in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts haben Künstler vermehrt darauf zurückgegriffen und
15. - 21.05. | World Press Photo Ausstellung Depot, Dortmund | 2 x 2 Karten (einlösbar an einem Tag in der Woche 15. – 21.05.) 19.05. | Pohlmann
Bild-Paarungen unterschiedlichster Art geschaf-
Bahnhof Langendreer, Bochum | 2 x 2 Karten
fen. Diese Paarungen könnte man als neue Be-
27.05. | Klangsphäre DJ&Space: Raphaël Marionneau
fragung des autonomen Einzelwerkes verste-
Planetarium, Bochum | 2 x 2 Karten
hen. Denn der Betrachter ist aufgefordert, sich
28.05. | Alice Francis
vergleichend und abwägend in einen „Trialog“ zu begeben. www.doerken-stiftung.de Dr. Carl Dörken Galerie, Herdecke
31.05. | Ruhrfestspiele Recklinghausen: StradivariaS Recklinghausen | 2 x 2 Karten Mitmachen und Karten gewinnen:
Theater | Ruhrfestspiele Recklinghausen: Der Sandmann Ein Junge wächst zum Mann heran und wird im Zuge dessen wahnsinnig – so ließe sich E. T. A. Hoffmanns 1816 erschienene Erzählung „Der ANZEIGE
EIN ZUHAUSE!
Es gibt nur 24.000 Sozialwohnungen in Dortmund, aber 300.000 Menschen haben Anspruch darauf.
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FZW, Dortmund | 2 x 2 Karten Theaterzelt Ruhrfestspielhaus,
MI 03 | 05 | 17
24
endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten
Schicken Sie das Lösungswort aus unserem Kreuzworträtsel und Ihren Wunschgewinn mit Name, Telefon, Adresse und dem Betreff „Verlosung“ an redaktion@ bodoev.de oder auf frankierter Postkarte an bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund.
BODO-TIPP
Am 19. Dezember 2016 erschoss ein
Jahres 2017 – und zusammen mit
Beispiel der Fotojournalist Andy Spy-
junger türkischer Polizist am Rande
rund 150 anderen prämierten Foto-
ra im Depot zu Gast. Spyra, der lange
einer Ausstellung Andrei Karlow, den
grafien bei der World Press Photo
in Dortmund wohnte und dessen be-
russischen Botschafter in Ankara,
Ausstellung im Depot zu sehen.
eindruckende Fotoreportagen auch
vor laufender Kamera. Der Fotograf
schon in bodo erschienen, berichtet
Burhan Ozbilici fotografierte den
Die World Press Photo Foundation
von seiner Arbeit in den Krisengebie-
Attentäter wenige Momente später:
kürt jährlich die besten Pressefotos,
ten der Welt.
den Mund zum Schrei geöffnet, den
Bilder aus acht Kategorien und prä-
linken Arm und einen Zeigefinger in
sentiert sie anschließend weltweit.
Weitere Infos und Öffnungszeiten:
Sa. 6.5. bis So. 28.5.
die Höhe gereckt, die Waffe in der
Zur Ausstellung in Dortmund gehört
www.depot-dortmund.de
Depot Dortmund,
anderen Hand, der tote Botschafter
ein Rahmenprogramm mit Filmen
Immermannstraße 29, Dortmund
neben ihm. Es ist das Pressebild des
und Vorträgen: Am 19. Mai ist zum
VERLOSUNG
World Press Photo
bodo verlost 2 x 2 Karten
Sandmann“ auf den Punkt bringen. Der Vater
sehen. In der Blackbox diskutieren Peter Bander-
im Transfer lesen wird. Was passiert, wenn zwei
des kleinen Nathanael, ein heimlicher Alche-
mann und CORRECT!V-Gründer David Schraven
junge Menschen aus völlig unterschiedlichen
mist, verunglückt bei einer Explosion tödlich.
über die Krise des Journalismus in Zeiten der
Gründen eine Beziehung eingehen? Lene plant
Der Junge glaubt, das tragische Ereignis müsse
Fakenews, über „Lügenpresse“ und die Instru-
eine gemeinsame Zukunft, Hendrik flieht vor
mit dem Sandmann in Verbindung stehen: Er
mentalisierung von Information.
seiner Vergangenheit. Einer von beiden sucht
streut Kindern, die nicht schlafen wollen, Sand
Megastore, Dortmund, 19.30 Uhr
die Normalität, der andere hängt einem roman-
in die Augen, bis diese ihnen blutig aus dem Kopf springen. Im Sinne der „Schwarzen Päda-
tischen Ideal nach. Musik | The Wave Pictures
gogik“ dient die grausige Geschichte dazu, das
Mit seinem alten, klapprigen, auf links-gedreh-
Kind mittels Angst zu kontrollieren – mit unab-
ten VW-Bulli jockelt das Londoner Trio rüber in
sehbaren Folgen.
Dortmunds urige Bar, packt seine Gitarren aus
Ruhrfestspielhaus, Recklinghausen, 20 Uhr
und spielt: herumschlawänzelnde Gitarren zwi-
Diskussion | Blackbox: Fake-News Wie unterscheidet man heute wahre Presse-
Transfer. Bücher und Medien., DO, 20 Uhr
DO 04 | 05 | 17 Ausstellungseröffnung | KARARO
schen Blues & Surfmusik. Im Gepäck haben sie
KARARO ist eine Künstlerinnenkooperation, die
ihr neues Album „Bamboo Diner In The Rain“.
2013 von Olav Christopher Jenssens Meisterschü-
subrosa, Dortmund, 20 Uhr
lerinnen Anna Jacobi, Heehyun Jeong, Anne-Kathrin Loth und Lydia Paasche ins Leben gerufen
meldungen von falschen? In Deutschland ist Facebook versuchsweise eine Kooperation
Lesung | Svenja Gräfen:
wurde. Auf Einladung des Künstlerhauses Dort-
mit dem gemeinnützigen Recherche-Büro
Das Rauschen in unseren Köpfen
mund wird KARARO eine neue raumbezogene
CORRECT!V eingegangen. CORRECT!V wird von
Bisher war Svenja Gräfen vor allem als Poetry
Arbeit in Form einer 100 qm großen installativen
nun an solche Posts überprüfen, die unter Ver-
Slammerin sehr erfolgreich unterwegs. Jetzt
Malerei entwickeln, die erstmalig als rein kollek-
dacht stehen, Unwahrheiten zu verbreiten – und
erscheint ihr erster Roman im Ullstein-Verlag:
tive Arbeit entstehen wird. Bis 11.07.
sie gegebenenfalls mit einem Warnhinweis ver-
„Das Rauschen in unseren Köpfen“, aus dem sie
Künstlerhaus, Dortmund, 20 Uhr ANZEIGE
25
VERANSTALTUNGEN MAI 2017
Dokumentarfilm | Brüchige Biografien
Inszenierung von Nathanael Ullmann einen Flü-
das Wir-Gefühl, die Millionen Menschen mit
Der Dokumentarfilm „Brüchige Biografien“
gel. Sogar auf ein Off wird verzichtet. Der Fokus
diesem Sport verbinden. Menke-Peitzmeyer
begleitet fünf Verkäuferinnen und Verkäufer
liegt dadurch die ganze Zeit auf Davids ‚Grab‘
macht jedoch nicht Halt vor den Gefahren des
des sozialen Straßenmagazins „bodo“ bei ihrer
– und auf der schauspielerischen Leistung der
Massenphänomens und schaut in dessen Ab-
Arbeit und danach. Es sind Menschen, die in
acht Akteure. Eintritt frei.
gründe: auch Rechtsextremismus, Rassismus
Krisen Unterstützung gesucht und bei „bodo“
Musisches Zentrum Ruhr-Universität, Bochum,
– auf dem Platz und den Tribünen – sowie Ge-
gefunden haben. Vor allem aber sind es Men-
19.30 Uhr (auch 06.05.)
waltbereitschaft werden thematisiert. Weitere Termine unter www.theaterdo.de
schen, die sich trotz Niederlagen, Abstürzen und schwieriger Lebensbedingungen entschieden
Kabarett | Anny Hartmann
KJT in der Sckellstraße, Dortmund, 11 Uhr
haben, nicht aufzugeben. Mit großer Offenheit
Ist es 20.15 oder doch eher 17.15? Läuft da „Bri-
sprechen sie über ihren Alltag, ihre Lebenswege,
sant“ oder doch die „Tagesschau“? Die klassi-
ihre Hoffnungen und Ziele. Im Anschluss an die
schen Nachrichten driften immer mehr in den
Landwirt Hanno fährt beim Pflügen über eine
Vorführung ergibt sich die Möglichkeit zur Dis-
Boulevard ab, und man versteht gar nicht mehr,
vergessene Landmine. Ein Unfall? Pfarrer Ma-
kussion. Eintritt frei.
Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.
rio wird am Bahnhof Ehrenfeld in Bochum von
Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr
Worüber lohnt es sich aufzuregen? Was sind die
der S1 erfasst. Selbstmord? Ellens Tod hingegen
wahren Ungerechtigkeiten? Anny Hartmann
ist eindeutig ein Verbrechen: Sie wird in ihrer
bringt in ihrem Programm „Ist das Politik, oder
Wolfenbütteler Boutique erstochen. Alle drei
kann das weg?“ Licht ins Dunkel und trennt ech-
sind innerhalb weniger Tage ums Leben ge-
te Aufreger von puren Ablenkungsmanövern.
kommen – und haben 1989 zusammen auf dem
Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr
Wolfenbütteler Gymnasium im Schloss Abitur
FR 05 | 05 | 17 Theater | Cocktail für eine Leiche Seit fünf Jahren arbeitet die studentische Theatergruppe ToM Originals nun schon zusammen. Für ihre letzte Produktion haben sie sich ein besonderes Stück ausgesucht: Sie adaptieren Patrick Hamiltons „Cocktail für eine Leiche“ von
gemacht. Kriminalhauptkommissar Helmut Jor-
SA 06 | 05 | 17 Festival | DORTBUNT!
der Filmfassung wieder auf die Bühne. Das Be-
An vielen Plätzen, Bühnen und Orten in der
sondere: Als einziges Bühnenelement nutzt die
gesamten City präsentieren sich rund 150 Dortmunder Institutionen, Vereine, Verbände, Initi-
ANZEIGE
Lesung | Arne Dessaul liest „Trittbrettmörder“
ativen, Kirchen, Gewerkschaften, Kulturschaf-
dan hat alle Hände voll zu tun, um das totale Aus des Jahrgangs zu verhindern. Eintritt frei. Katholische öffentliche Bücherei St. Meinolphus-Mauritius, Bochum, 19.30 Uhr
DO 11 | 05 | 17
fende, Behörden und viele mehr. Die City wird
Vortrag & Diskussion | Frankreich 2017 –
sich in eine einzige „Festmeile“ verwandeln.
Nach der Wahl ist vor der Wahl
Wer an diesen Tagen in die Innenstadt kommt,
Im Wahljahr 2017 steht Frankreich Kopf. Offene
kann feiern, staunen, lernen und vor allem: ein
Vorwahlverfahren haben Spitzenkandidaten
buntes Dortmund erleben. Ausgelassene Party-
der bürgerlichen Rechten und der sozialistischen
stimmung ist ebenso Teil von „DORTBUNT!“ wie
Partei gekürt. Vier Tage nach der Präsident-
kreative Mitmachaktionen und diverse andere
schaftswahl vom 7. Mai lässt Mathias Werth, seit
Angebote. Alle Infos: www.dortbunt.de
Oktober 2014 Fernsehkorrespondent der ARD in
Versch. Orte, Dortmund, (auch 07.05.)
Paris, den Wahlkampf Revue passieren und schildert die bevorstehende Herausforderung für die
Party | 4 Jahre Native Party
Sonntag, 7. Mai 20 17 11–16 Uhr
Parlamentswahlen vom 11. und 18. Juni. Egal, wer
Die Native Party wird im Mai 4 Jahre alt. Das
die Präsidentschaftswahl im Mai gewinnt, die
hätten die Macher niemals gedacht, als sie da-
Bildung einer Regierungsmehrheit im Parlament
mit angefangen haben, im Sissikingkong ihre
scheint alles andere als selbstverständlich.
Lieblingssongs aus Indierock, Britpop und 60s
Stadt Dortmund, Friedensplatz 1, DO, 19 Uhr
auf die Plattenteller zu legen. Jetzt sorgt ihr Set regelmäßig für eine gefüllte Tanzfläche und ausgelassene Partys. Eintritt frei. Sissikingkong, Dortmund, 22 Uhr
FR 12 | 05 | 17 Theater | Romeo und Julia Verona ist ein hartes Pflaster. Würde Prinz Escalus
Informationen im Union Gewerbehof und im Hofcafé, Huckarder Straße 8 – 12, 44147 Dortmund Anmeldung bis zum 28. April 2017 unter flohmarkt@ union-gewerbehof.de
26
DI 09 | 05 | 17
nicht den Deckel draufhalten, hätten sich die Fa-
Theater | Strafraumszenen
gegenseitig ausgelöscht. Maskiert dringt Romeo,
milien der Capulets und Montagues schon längst
In seinem neuen Stück taucht Jörg Menke-Peitz-
Sohn des Oberhaupts der Montagues, in eine Par-
meyer in die Tiefen des Profisports ein. Viele As-
ty der Capulets ein. Dort trifft er auf Julia: Peng!
pekte des professionellen Fußballgeschehens
Liebe auf den ersten Blick. Aber natürlich ist Julia
tauchen im Text auf. Es geht um all die positi-
keine andere als die Tochter des Capulet-Bosses...
ven Konnotationen, die Träume, Sehnsüchte,
Marius von Mayenburg zeigt das berühmteste
BODO-TIPP
Am 18. Mai holt der Bluesfolker Mu-
nen musiziert. Dort hatte er unter an-
Die Reihe „bei bodo“ löst die Kultur-
rat Kayi den „Sommer am U“ zu bodo.
derem bereits Enno Bunger, Cynthia
reihe „2. Freitag“ ab. Gemeinsam mit
Mit einem Previewkonzert zur Veran-
Nikschas und Berge zu Gast. 2015 hat
Kooperationspartnern – diesmal dem
staltungsreihe vor dem Dortmunder
er das zweitägige „Straßenstaub“-
Dortmunder U – „verlegt“ bodo Ver-
U in unserem Buchladen am Schwa-
Folkfestival ins Leben gerufen, des-
anstaltungen in den Buchladen des
nenwall kann die warme Jahreszeit
sen Gastgeber er nun schon zum
Vereins am Dortmunder Schwanen-
beginnen. Murat Kayi ist Musiker,
dritten Mal ist. Er begleitet mit der
wall. Der Eintritt ist frei.
Autor und Schauspieler – unter an-
Dobro nicht nur gerne andere Künst-
derem im Ensemble des Geierabend.
ler (Peter Freiberg, Paul Joses, Die
Do. 18.5., 19.30 Uhr,
Er moderiert die „Liederlounge live“
Feuersteins), sondern hat auch bei
bodo Buchladen,
im WDR5, wo er deutschsprachige Lie-
Ruhrfolk sein Debut „Heimatlieder“
Schwanenwall 36 – 38, Dortmund
dermacherinnen vorstellt und mit ih-
veröffentlicht.
…bei bodo Murat Kayi
Liebespaar der Weltgeschichte in einer eigenen Neuübersetzung aus ungewohnter Perspektive. Schauspielhaus, Bochum, 19.30 Uhr (auch 29.05.)
SA 13 | 05 | 17
SO 14 | 05 | 17
Musik | Einstein on the Beach
Mischmasch | Bau-Stein-Reich
„Einstein on the Beach“ nach der Idee von Robert
Willkommen im Universum von 30.000 Bauklöt-
Wilson und mit der Musik von Philip Glass ist ei-
zen! Hier wird jeder zum Architekt oder Ingeni-
Das junge Duo verblüfft mit einer komplett
nes der markantesten Musiktheaterwerke des
eur, zum Statiker oder Konstrukteur. In der DASA
neuen Kleinkunstform. Eine simple Idee: Spre-
20. Jahrhunderts. Seine Schöpfer haben ihm die
gibt es mit dem „Bau-Stein-Reich“ ein einzigarti-
chen heißt bei „Ohne Rolf“ Blättern. Die auf
Bezeichnung „Oper“ gegeben. Das Stück erzählt
ges Spielfeld zu entdecken. Da entstehen unter
1000 Plakate gedruckten knappen Sätze, wie
keine zusammenhängende Geschichte, sondern
den kreativen Köpfen und tatkräftigen Händen
auch das überraschende Geschehen zwischen
reiht Assoziationen aneinander, die nicht im
der großen und kleinen Besucher gewaltige
den Zeilen, sind witzig, spannend und gele-
Einzelnen verstanden werden wollen und auf
Brücken, verrückte Landschaften, riesige Türme
gentlich sogar musikalisch.
eine Einheit von Sprache, Klang und visuellem
oder prunkvolle Prachtbauten. Es gibt genügend
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
Eindruck hinzielen.
Anregungen und Vorlagen für irrwitzige Bau-
Opernhaus, Dortmund, 18.30 Uhr
(Klotz-)Werke. Also: Frisch ans Werk! Bis 15.10.
Kabarett | Ohne Rolf
Musik | Stone Street Band feat. Silvia Droste – „Duke Ellington in Concert“
Infos: www.dasa-dortmund.de Lesung | Frank Goosen
DASA, Dortmund
Duke Ellington wollte seine Musik als „beyond ca-
Goosen schreibt Bücher und liest gerne daraus
tegory“ – „jenseits aller Kategorien“ – begriffen
vor. In „Mein Ich und seine Bücher“ reist er zu-
wissen. Seine musikalische Ästhetik, seine Expe-
rück in die Achtziger oder betrachtet den Komi-
rimentierlust vor allem im Klanglichen katapul-
ker als jungen Mann. Er erinnert sich an die Zeit,
tierte ihn und sein Orchester zu einer der bedeu-
als er Rockstar werden wollte und fragt nach,
Das meist blaue Nass ist für uns selbstver-
tendsten und einflussreichsten Big Bands seiner
was fünf Männer Mitte Vierzig dazu bringt, eine
ständlich, aber für viele Teile der Menschheit
Zeit. Unterstützt durch die Jazz-Sängerin Silvia
Band zu gründen und Hardrock der siebziger
ein sehr existentielles Thema. Dieser Abend
Droste präsentiert die Dortmunder Stone Street
Jahre zu spielen. Er feiert ein Sommerfest in der
beleuchtet unterschiedliche Gesichtspunkte
Bigband ein außergewöhnliches Programm der
Heimat, geht der Sache mit dem Kochtopf nach
des blauen Goldes in Film- und Videokunst.
unvergessenen Musik eines Duke Ellington.
und fährt mit Förster an die Ostsee.
Neben bewegten Bildern wird es auch be-
Fritz-Henßler-Haus, Dortmund, 20 Uhr
Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr
wegliches Essen geben: Auf der Picknickwiese
FR 19 | 05 | 17 Kunst | Bewegte Bilder und Picknick: Wasser
ANZEIGE Veranstalter
Sponsoren
World Press Photo wird von der Niederländischen Postleitzahl-Lotterie unterstützt und weltweit von Canon gesponsert.
Förderer
Medienpartner
-
06. - 28. Mai
Kulturort Depot | depotdortmund.de
27
VERANSTALTUNGEN MAI 2017
kann man es sich gemütlich machen und ger-
Kabarett | Volker Diefes
mehr viel Zeit, denn Friedrich hat Krebs. Jana
ne etwas Leckeres mitbringen. Getränke sind
Das Leben ist schnell, laut und schrill, und das
dagegen ist stark, selbstbewusst und gesund,
vorhanden. Weitere Termine der Reihe unter
Fernsehen sucht seit Jahren vergeblich Super-
aber sie will nicht mehr leben. Gegensätzlicher
blamgalerie.de
stars, Politiker kopieren sich um Kopf und Kra-
könnten die beiden also nicht sein. Und wäh-
Blam! Produzentengalerie, Dortmund, 19 Uhr
gen, die Banken bestimmen längst unser Wohl,
rend Friedrich um sein Leben kämpft und sich
und damit wir all das nicht merken, werden wir
von Jana leiten lässt, zeigt er ihr, wie man stirbt.
mit unnötigen Informationen zugemüllt. Volker
Allmählich entschwindet ihm das Bewusstsein
Auf seinem fünften Album kommt ein Ingo Pohl-
Diefes hat diesen Spaß satt, setzt an zur Rebelli-
und am Ende weiß man nicht, ob nicht alles nur
mann daher, der sich auf
on und schlägt den Mainstream mit seinen eige-
ein fiebriger Traum ist.
allen vorherigen Alben
nen Waffen. Diefes macht Schluss mit unechten
Theater Unten, Bochum, 18 Uhr
angekündigt hatte, sich
Superstars, unechten Facebook-Freunden und
aber musikalisch nie so
unechter aufgesetzter Fröhlichkeit.
eindeutig und klar posi-
Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr
VERLOSUNG | Pohlmann
Jeder seiner Songs, wenn er auch mal eine Reise zu abgelegeneren Zweigen unternimmt, er-
Bei Kenneth, einem in die Jahre gekommenen Macho, bricht der zweite Frühling aus; nach
tionieren konnte wie auf seinem neuen Album „Weggefährten“. Alles erwächst aus dem Blues.
Theater | Gatte gegrillt
DI 23 | 05 | 17 Theater | Die Schöne und das Biest
langjähriger Ehe nimmt er sich eine hübsche, junge Frau. Grund genug für die Verlassene, ihre Kochkünste endlich sinnvoll anzuwen-
wächst doch dieser Wurzeln, und es macht Spaß,
Eines der schönsten und bekanntesten Volks-
den: Sie lädt die beiden ein und tischt eine
sich hinauf tragen zu lassen, zur Baumkrone.
märchen unserer Zeit erzählt die Geschichte
wahre Überraschung auf. In skurrilen, comic-
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
von Belle, einer jungen Frau, die in die Fänge
artigen Bildern entlädt sich nicht nur die Frus-
bodo verlost 2 x 2 Karten
einer furchterregenden Bestie gerät, jedoch
tration einer kaputten Ehe, sondern auch die
nach anfänglichem Grauen spürt, dass sich
Unmöglichkeit eines Neuanfangs, ohne los-
hinter der hässlichen Fratze dieses Ungeheuers
lassen zu können. Wer alles will, bekommt
ein edles Wesen und ein schaurig-schönes Ge-
am Ende nichts.
heimnis verbergen: Die Schöne und das Biest.
Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr (auch 27.05.)
SA 20 | 05 | 17 Festival | Paluma Am 20. Mai 2017 findet in Bochum erstmalig das
Ein buntes Familienstück für alle Märchen-
Paluma Musik Festival statt. Bis zu 10.000 Gäste
freunde ab acht Jahren – mit Romantik, Musik
können auf der Nordwiese an der Jahrhundert-
und einem Hauch Trash.
Das Dj Team Schwarze Katze Weißer Kater (Jan
halle zum Sound der DJ- & Live-Acts wie Welt-
prinzregenttheater, BO, 16 Uhr (auch 20 Uhr)
Le Gitan & Brassputim) präsentiert auch in
star Lost Freuquencies, Watermät, Junge Junge u.v.m. tanzen und abfeiern. Wer hungrig ist, kann sich im Food Lovers Areal stärken, und wer müde ist, kann in den eingerichteten Chill-Out
Party | Beatz & Bohnen
2017 wieder Beatz & Bohnen in der Trompete
FR 26 | 05 | 17
und öffnen eine weitere Dose mit feinsten
Theater | Über meine Leiche
Kontinente. Die goldenen Trompeten aus allen
Tracks für eine musikalische Reise durch die
Zonen die Füße hoch legen. Zum Abschluss gibt
Friedrich ist ein junger Mann mit keinen beson-
Teilen Südosteuropas begleiten Balkan Beatz
es ein verzauberndes Feuerwerk.
deren Talenten. Er ist schüchtern und will nur
mit tiefster Verbeugung vor dem Gypsy World
Nordwiese an der Jahrhunderthalle, BO, 14 Uhr
eins: leben. Und dafür bleibt ihm vielleicht nicht
Sound. Aus Südamerika begrüßen sie die tropi-
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DIE SCHÖNEN DINGE DES LEBENS SIND BESSER MIT GUTER BERATUNG!
Design: www.gestaltend.de
Einkaufen im inhabergeführten Fachhandel in Dortmund: BETTEN HUTT | BLUMENCOMPANY KERSTING | BRANZ HAUS & KÜCHE BZR EINRICHTUNGSKONZEPTE | DAS BLUMENHAUS | DER FILETSHOP FREUND & BAUER | HAUSFELDER | HENRIETTES KÜCHENLADEN HIRSCH APOTHEKE | HOFIUS | HOLZ KUMMER | HÖRGERÄTE HENKEN + MÜLLER AUG. KRÄMER KORNBRENNEREI | MESTER OPTIC | MODEHAUS DETERS NACHRICHTENTECHNIK WEISS | ORTNER | PARFÜMERIE WIGGER PIANOHAUS VAN BREMEN | POSTERGALERIE | SANITÄTSHAUS EMMERICH SIEMATIC AM MÄRKISCHEN TOR | STENDELS | TOPHAAR WEIAND WALDSCHMIDT | WECKBACHER | WEINHAUS HILGERING WIGGERS KAFFEE- & TEEKONTOR | WIM GELHARD | ZIMMERMANN & HEITMANN
W W W. Q U A L I TA E T S R O U T E - D O RT M U N D . D E
28
BODO-TIPP
Klangvokal Musikfestival
„Heimat Europa“ ist das Motto der
punkte des diesjährigen Festivals
130 Chöre aus Dortmund und der
neunten Auflage von Klangvokal in
erlauben Musikbegeisterten nicht
Umgebung auf Open-Air-Bühnen,
Dortmund. Das Musikfestival, das
nur eine Reise durch Europa, sondern
in Kirchen und U-Bahnen und ande-
2009 Premiere feierte, legt einen
auch durch die Zeit: Sechs Veranstal-
re öffentliche Orte in der Innenstadt
Monat lang den Fokus auf Vokalmu-
tungen von Klangvokal geben einen
bringt. Im vergangenen Jahr kamen
sik: Jazz, Pop und Weltmusik sind
Einblick in die Opernmusik vom
hier 4.000 Menschen zum gemein-
dabei genauso gefragt wie Klassik.
17. bis ins 20. Jahrhundert, sieben
samen Singen zusammen.
Aufführungen zeigen Ausschnitte In diesem Jahr sind Künstlerinnen
europäischer Chormusik vom 14.
Karten gibt es bei bekannten Vorver-
und Künstler aus 30 Ländern des
Jahrhundert bis in die Gegenwart.
kaufsstellen, an der Abendkasse oder
So. 28.5. bis So. 25.6.
Kontinents an den 22 Veranstaltun-
Ein Highlight ist außerdem im Juni
online. Infos zum Programm und Ti-
Dortmund
gen beteiligt. Die beiden Schwer-
das Fest der Chöre, das an einem Tag
ckets: www.klangvokal-dortmund.de
sche Cumbia im klassischen und digitalen Gewand und lassen on top noch ein paar Balkan Cumbia Mashups los. Trompete, Bochum, 23 Uhr
SA 27 | 05 | 17
SO 28 | 05 | 17
MI 31 | 05 | 17
VERLOSUNG | Alice Francis
VERLOSUNG | Ruhrfestspiele Recklinghausen:
Alice Francis oder Miss Flapperty, wie sie auch
StradivariaS
genannt wird – ein Name, der die Worte Liber-
Vier Virtuosen sind vier Mimosen. Die drei spani-
ty und Flapper verbindet und
schen Damen und der Geiger, der sich unter dem
schon seit der Swing-Ära für
Abendkleid versteckt, bil-
VERLOSUNG | Klangsphäre DJ&Space:
selbstbewusste Frauen steht –
den ein hochexplosives
Raphaël Marionneau
weiß, was sie will, und wie sie es
Streichquartett. Es gibt
Bei DJ&Space sollen regelmäßig namhafte Grö-
umsetzt. Gemeinsam mit ihrem
wunderbare Musik, aber
ßen des Chill-Out-. und Electronic-Genres auf
musikalischen Partner und Pro-
auch Drama. Jede einzel-
dem Surround-Soundsystem des
duzenten Goldielocks hat Alice
ne der schrillen Diven, in der Besetzung Geige,
Planetarium auflegen, während
Francis einen ganz eigenen Sound entwickelt,
Viola, Cello und Bass, führt ein hochseriöses,
sich die Besucher in den gepols-
der die Faszination für den Swing der Roaring
künstlerisches Doppelleben. Der Geiger Isaac
terten Liegesitzen zurücklehnen
Twenties mit Einflüssen aus Elektronik und Hip-
Poulet etwa ist ausgewiesener Experte für früh-
und unter der Sternenkuppel
Hop kombiniert. Mit neuen Songs, exotischen
barocke spanische Musik. Aber so eine extrover-
auf eine visuelle Reise durch die
und ungewöhnlichen Instrumenten, die sie auf
tierte Combo, in der man sein Talent frei laufen
Galaxie begeben können. Den
ihrer Welt-Tournee entdeckt haben, sowie ihrer
lassen kann, ist für Virtuosen ein besonderer Reiz.
Auftakt bestreitet mit Raphaël Marionneau ei-
Passion für die Kultur der 20er und 30er Jahre
Im Rahmen der Ruhrfestspiele Recklinghausen
ner der erfolgreichsten Chill-Out-DJs Europas.
kommt Alice Francis ins FZW.
(1.5 – 18.6.): www.ruhrfestspiele.de
Seit Mitte der 90er Jahre lässt der gebürtige
FZW, Dortmund, 20 Uhr
Theaterzelt Ruhrfestspielhaus, RE, 20 Uhr
Franzose seine Hörer in einen Klangkosmos aus
bodo verlost 2 x 2 Karten
bodo verlost 2 x 2 Karten
Ambient, Downtempo, Electronica und klassi-
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scher Musik eintauchen. Planetarium, Bochum, 20.30 Uhr bodo verlost 2 x 2 Karten Kabarett | Hagen Rether Hagen Rether, mit Preisen hochdekorierter Kabarettist am Klavier, tarnt sich als Charmeur. Im Plauderton bringt er böse Wahrheiten unters Volk – genau beobachtet und ohne Rücksicht
06.05.17 DORTMUND 31.12.17 OBERHAUSEN 24.02.18 ESSEN
05.05.17 HAMM 06.05.17 HAGEN 07.05.17 DUISBURG
17.11.17 DORTMUND 18.11.17 DUISBURG
auf Glaubenssätze oder politische Korrektheit. „Liebe“, so der seit Jahren konstante Titel des ständig mutierenden Programms, kommt darin nicht vor, zumindest nicht in Form von Herzen, die zueinander finden. Was aber in seinem fulminanten Plädoyer für das Mitgefühl sichtbar wird, ist die Menschenliebe eines Kabarettisten, der an Aufklärung und an die Möglichkeit zur Umkehr noch am Abgrund glaubt. Schauspielhaus, Bochum, 20 Uhr
08.12.17 BOCHUM
27.05.17 OBERHAUSEN
06.05.17 DÜSSELDORF 08.06.17 BOCHUM 10.06.17 KÖLN 10.12.17 ESSEN
TICKETS UNTER WWW.P-PROMOTION.INFO
sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen. TICKETHOTLINE 06073-722 740 29
BODO GEHT AUS
Grüner Salon | Dortmund Keine Studenten-Enklave Dem ‚Salon‘ haben sie ein neues Konzept
als jeder Laden in der Innenstadt“, erzählt
gegeben. Helle Farben und ein aufgeräum-
Milena. Ab und zu habe man überall mal
Über kaum einen Ort in Dortmund gehen die
tes Design schmücken den Innenraum mit
mit betrunkenen Gästen zu kämpfen, sagt
Meinungen so weit auseinander wie über
seinem Holztresen. Jetzt, wo der Frühling
sie. Das sei aber keineswegs ein Nordstadt-
den Nordmarkt. Für die einen der Inbegriff
da ist, lädt aber vor allem der Außenbereich
Problem. Sie bekräftigt im Gegenteil: „Wir
einer „No-go-Area“, ist er für andere ein
ein. Mehr als 30 Personen können hier Platz
haben zum Glück vor allem sehr nette Gäste.
öffentliches Wohnzimmer, ein Lieblingsort
finden und auf den Nordmarkt blicken. An-
Für uns ist auch klar, dass alle herzlich will-
in einem lebenswerten Stadtteil. Für Milena
ders als der Salon Fink zuvor hat der Grüne
kommen sind. Wir wollen keine Enklave auf
Rethmann ist er vor allem letzteres. Zusam-
Salon auch tagsüber schon geöffnet.
dem Nordmarkt sein, wo sich nur Studenten
Text und Fotos: Felix Huesmann
men mit ihrer Schwester Jasna betreibt sie dort seit Anfang des Jahres den Grünen Salon. Bis Ende 2016 befand sich in dem kleinen Gebäude an der Ostseite des Platzes noch der Salon Fink. Als die Betreiberin aufhörte, schlug für die Schwestern Milena und Jasna die große Stunde. Sie waren Stammgäste im Fink gewesen und außerdem schon länger auf der Suche nach geeigneten Räumen für ein eigenes Café. Nicht irgendwo, sondern
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„Wir sind Café, Kneipe und Bar“, sagt Milena Rethmann. Es gibt Kaffee und selbst gebackenen Kuchen, Bier vom Fass und aus der Flasche, Cocktails und einen wechselnden Mittagstisch. „Es ist immer auch ein veganes Gericht dabei“, erzählt Milena Rethmann, außerdem Salate und Sandwiches, und bis in die späte Nacht können Schnittchen mit Käse oder Mett bestellt werden.
und Künstler treffen.“ Und sie schiebt noch hinterher: „Das wäre auch gruselig!“ „Es gibt auch Leute, die sich ihr Geld mit Flaschensammeln verdienen und dann ein Bier bei uns trinken“, erzählt sie. Auch die seien „mehr als herzlich willkommen“. Sich einen Cappuccino oder ein Sandwich mit Parmaschinken leisten zu können, ist nicht nur in der Nordstadt für viele nicht selbst-
in der Nordstadt. Wieso ausgerechnet hier?
Dass der Nordmarkt bei vielen Dortmun-
verständlich. „Wir beteiligen uns darum am
„Wir leben selbst hier im Viertel“, erklärt Mi-
dern einen schlechten Ruf hat, hat Milena
Projekt ‚Für Leib und Seele‘“, erklärt Milena
lena Rethmann. „Die Nordstadt ist lebendig
und Jasna Rethmann nicht abgeschreckt.
Rethmann. Das Projekt der Dortmunder
und hat ihren ganz eigenen Charme.“
„Wir haben hier auch nicht mehr Probleme
Food-Bloggerin Laura-Stella Kaldinski will
POLITIK
Kein Rassismus in Sicht „Ich möchte Aufklärung, auch in Details“, hatte Elif Kubas,ık im Januar 2016 vor dem NSU-Untersuchungsausschuss gesagt. Ihr Mann Mehmet wurde am 4. April 2006 mutmaßlich vom NSU in Dortmund ermordet. Zwei Jahre lang hat der Ausschuss versucht, Teil der Aufklärung zu sein. Nun ist er zu Ende. Wichtige Ziele hat er verfehlt. Von Alexandra Gehrhardt | Foto: Felix Huesmann
Dass es Neonazis hätten sein können, auf
Es gibt noch eine andere Antwort, und die ist
die Idee kamen Ermittler nicht. Nicht bei
schwerwiegender. Von fast allen Tatorten
der Explosion einer Rohrbombe in einem
des NSU berichten Betroffene, rassistischen
Geschäft in der Kölner Probsteigasse 2001,
Stigmatisierungen durch Ermittlungsbehör-
nicht beim Nagelbombenattentat in der
den ausgesetzt gewesen zu sein. Die Piraten
Kölner Keupstraße 2004, nicht beim Mord
benennen diese „möglicherweise unbewuss-
an Mehmet Kubas,ık in Dortmund 2006.
ten Handlungsmuster staatlicher Behörden“ klar als institutionellen Rassismus, die CDU
Warum sie nicht darauf kamen, welche Feh-
will einen solchen „in keinem Fall“ festge-
ler bei der Aufklärung des NSU-Komplexes
stellt haben. Obwohl Opfer des Kölner Na-
auch Menschen mit wenig Geld die Teilhabe
geschahen, war eine Frage, mit der sich der
gelbombenattentats aussagten, wie sie jah-
am Café-Leben ermöglichen. Gäste, die es
Ausschuss im NRW-Landtag seit Anfang
relang selbst als Täter verdächtigt wurden.
sich leisten können, haben die Möglichkeit,
2015 beschäftigte. Mehr als 70 ZeugInnen
Obwohl Elif und Gamze Kubas,ık erzählten,
Speisen und Getränke doppelt zu bezahlen.
wurden befragt, Angehörige und Betrof-
wie Polizisten mit einem Foto des Mannes
Auf Menschen mit weniger Geld warten
fene, Polizistinnen, Staatsanwälte, Ver-
und Vaters durch die Nachbarschaft zogen
daraufhin Gutscheine im ‚Salon‘, mit denen
fassungsschutzmitarbeitende, Neonazis.
und Menschen fragten, ob er ihnen Drogen
sie bezahlen können. „Wir haben mittler-
Eine Antwort ist: weil zu wenig über neo-
verkauft hätte. Das Narrativ des irgendwie
weile schon mehrere Gutscheine ausge-
nazistische Strukturen, Konzepte wie den
kriminellen Händlers hielt sich so hartnäckig,
stellt“, freut sich Milena Rethmann. „Ich
„führerlose Widerstand“ oder das Agieren
dass Freundschaften zerbrachen.
hoffe, dass die auch genutzt werden.“
in Kleinstzellen, typisch für modernen rechten Terror, bekannt war. Im Ausschuss
Parlamentarisch ist das Thema abgehakt.
Grüner Salon
wurde auch offenbar, dass der Großteil der
Dass ein zweiter NRW-Ausschuss eingesetzt
Nordmarkt 8, 44145 Dortmund
damals Ermittelnden bis heute die eigene
wird, ist nicht zu erwarten. „Aufklärung,
www.facebook.com/
Verantwortung nicht sehen will. Der Ver-
auch in Details“ wird es hier nicht geben.
GruenerSalonNordmarkt8
fassungsschutz mauerte mit verspäteten
Mo. bis Do. 12 – 1 Uhr, Fr. 12 – 3 Uhr
Aktenlieferungen, beschränkten Aussage-
Sa. und So. ab 14 Uhr
genehmigungen und Erinnerungslücken. 31
REPORTAGE
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Ein Architekt, drei Karrieren Das Werk von Peter Grund wird erforscht Architektur überdauert als prägendes Element in Stadtbild oder Landschaft Jahrzehnte, manchmal Jahrhunderte. Über die Schöpfer hingegen ist meist wenig bekannt. Peter Grund (1892 – 1966) gilt als bedeutender Architekt im 20. Jahrhundert. Zwischen 1923 und 1933 war er in Dortmund tätig. Ein gemeinsames Projekt von FH und TU Dortmund widmet sich ihm und seiner Arbeit. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski, Sabrina Richmann
„Die Dortmunder Nicolaikirche ist ein exzep-
lichen und sozialen Verhältnisse einer Mon-
klärt Sonne, „einerseits als wissenschaftliches
tionelles Bauwerk“, betont Renate Kastorff-
tanregion. Entworfen wurde die Kirche von
Qualifizierungsprojekt. Wir hoffen, dass Dok-
Viehmann, Professorin an der FH Dortmund
Peter Grund.
torarbeiten über Grund geschrieben werden. Für die Öffentlichkeit planen wir die frei zu-
im Fachbereich Architektur. Das evangelische Gotteshaus am oberen Ende der Linde-
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
gängliche Digitalisierung des Nachlasses und
mannstraße, auffallend dank schlichter For-
fördert derzeit mit insgesamt 289.000 Euro
eine Ausstellung im NRW-Baukunstarchiv im
mensprache, heller Farbgebung, großflächiger
das Projekt „Peter Grund. Ein deutscher Archi-
ehemaligen Museum am Ostwall mit beglei-
Verglasungen und insbesondere durch den
tekt unter drei politischen Systemen“. Bemer-
tendem Katalog.“
kantigen Turm, auf welchem ein nachts blau
kenswert dabei ist nicht zuletzt die gebündelte
leuchtendes, weitum sichtbares Neonkreuz
Kompetenz zweier Hochschulen am Ort. An der
thront, zählt zu den Wahrzeichen der Stadt.
Kooperation federführend beteiligt sind Renate Kastorff-Viehmann, Dagmar Spielmann-
Architektur in Zeiten politischer Zäsuren
Darin geübt, gerade bei öffentlichen Gebäu-
Deisenroth und Jörg Stabenow vonseiten der
Dass erst jetzt, rund fünfzig Jahre nach sei-
den von ähnlich klarem Erscheinungsbild für
FH sowie Wolfgang Sonne als Vertreter der TU.
nem Tod, die Hinterlassenschaft Peter Grunds
gewöhnlich mit Nachkriegsarchitektur kon-
„Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt“, er-
erforscht werden kann, liegt an Erbstreitigkei-
frontiert zu sein, verortet man womöglich und vorschnell auch die Dortmunder Nicolaikirche in dieser Epoche. Errichtet wurde sie jedoch bereits 1929 und gilt als deutschlandweit erste betongebaute Kirche, die diesen Werkstoff unverputzt nach außen trägt. Das erregte entsprechend Aufsehen. Konservative Kreise empfanden die Verwendung von nacktem Stahlbeton ungebührlich profan, andere lobten die Schlichtheit des Materials als angemessene Reaktion auf die wirtschaft-
Links: Glas, Stahl, Sichtbeton. 1929 baute Peter Grund gemeinsam mit Karl Pinno die Nicolaikirche im Dortmunder Kreuzviertel. Rechts: Dreigeschossiger Kubus. Die Industrieund Handelskammer an der Märkischen Straße. 33
REPORTAGE
ten, die lange nicht zu überwinden waren. Immerhin, bei Architekten eher die Ausnahme, existiert ein Nachlass – wenn auch verteilt auf mehrere Orte, was nicht zuletzt der Biografie Grunds geschuldet ist. Auf seine Dortmunder Jahre – hier betrieb er ein gemeinsames Büro mit seinem Kollegen Karl Pinno – folgte eine Berufung an die Düsseldorfer Kunstakademie, deren Direktor er von 1934 bis 1937 war. Grund schloss sich früh der NSDAP an, möglicherweise eine Voraussetzung für die Anstellung. Er überwarf sich jedoch mit der offiziellen NS-Kulturpolitik, wurde entlassen, aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen und durfte allein als freier Architekt weiterhin tätig sein. Über Miltenberg am Main (1944/1945) zog er schließlich nach Darmstadt, wo er als Oberbaudirektor maßgeblichen Anteil am Wiederaufbau der Stadt hatte.
Frage, ob etwas aus den 20er, 30er oder 50er
Oben: Eine „schillernde und streitbare
Jahren ist, ist vielleicht gar nicht notwendig.
Persönlichkeit“. Um Peter Grunds
„Wir haben anfangs überlegt, unser For-
Insofern wollen wir schauen, was sich über
Wettbewerbsentwurf der Dortmunder
schungsprojekt ‚Ein Architekt – drei Karrieren‘
die Jahre geändert hat und ob es Dinge gibt,
Westfalenhalle gab es Konflikte.
zu nennen“, sagt Sonne. „Die politische Ge-
die im Sinne eines Traditionalismus nahezu
schichte in Deutschland hat während der fünf-
unverändert geblieben sind.“
zig Jahre, in denen Grund als Architekt erfolg-
In Dortmund bekannt geworden
no, und eventuelle Zeitzeugen leben längst
Architekturgeschichte nach diesen Zäsuren
Das Forschungsvorhaben freilich startet nicht
Spielmann-Deisenroth ergänzt: „Grund war
aufzugliedern. Aber politisches Geschehen
bei Wissensstand ‚Null‘. Diverse von Grund
wohl eine schillernde und streitbare Persön-
ist Tagesgeschehen. Ein Tag kann die Welt po-
entworfene Gebäude haben überdauert. Au-
lichkeit. Das entnehmen wir seinen Briefen.
litisch ändern. Das ist nicht auf die Architektur
ßerdem existiert Sekundärliteratur. Selbstre-
Bekannt ist, dass er an der Ausschreibung zum
zu übertragen. Es dauert Jahre, bis ein Haus
dend ist es von qualitativ großem Unterschied,
Neubau der Westfalenhalle teilgenommen,
gebaut ist, und es bleibt gegenwärtig, wenn
ob ausschließlich solche zur Verfügung steht
diese aber nicht gewonnen hat. Anschließend
es alt ist. Andererseits haben Architekten in
oder auf originale Entwürfe, Briefwechsel
hat er reklamiert und behauptet, dass das,
politischen Systemen einen bestimmten Auf-
und eigenhändige Notizen zurückgegriffen
was gebaut wurde, auf seinen Plänen basiert.
traggeberhintergrund. Diese Zusammenhän-
werden kann. „Wir wissen bislang nur wenig
Dafür wollte er eine Entschädigung. Den Pro-
ge zu erforschen ist ein Ziel des Projekts. Die
über seine Mitarbeiter, kaum mehr über Pin-
zess hat er verloren.“
reich gearbeitet hat, starke Zäsuren erfahren. Wir sind es gewohnt, automatisch auch die
nicht mehr“, sagt Kastorff-Viehmann, und
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Oben: Das hochschulübergreifende
vor allem deswegen interessant, weil man
gedacht.“ Sonne ergänzt: „Architektur ist da-
Forscherteam: Prof. Renate Kastorff-
sich beim Wiederaufbau nach dem Zweiten
durch gebunden, dass konstruiert werden
Viehmann (l.) und Dipl.-Ing. Dagmar
Weltkrieg bei der Außengestaltung sehr ge-
muss, dass Material gebändigt werden muss
Spielmann-Deisenroth von der FH und
nau an den Plänen von Grund orientiert hat,
und dass sie Zwecken dienen muss.“ Doch
Prof. Wolfgang Sonne, TU Dortmund.
beim Innenausbau aber der zweite bedeuten-
Peter Grund habe Modernisierung mitgetra-
de Dortmunder Architekt Will Schwarz, von
gen – „allerdings eher im Sinne einer evoluti-
dem unter anderem das Gesundheitshaus
onären Entwicklung“, so Kastorff-Viehmann.
Sonne: „Ein Punkt, weswegen wir das Projekt
und der Turm im Westfalenpark stammen,
Wobei: „Modern ist vielleicht gar kein Krite-
hier machen, ist der, dass Grund ein Architekt
zum Zuge kam.“
rium“, bemerkt Sonne. „Peter Grund ist ein
ist, der in seinem Fach in Dortmund großge-
Gestalter, der das, was wir modern nennen,
worden ist. Hier bekam er seine ersten be-
Bauwerke wie der Betriebshof der Dortmun-
und das, was wir eher traditionell sehen, pas-
deutenden Aufträge. Für uns bietet sich also
der Straßenbahn an der Rheinischen Straße
send zusammenbringt. Qualität ist das Krite-
die Möglichkeit, die Dortmunder Stadtbau-
oder das Haus der Jugend an der Brügmann-
rium. Pinno und Grund waren qualitätsvolle
geschichte zu bearbeiten und den Tenor zu
straße sind unwiederbringlich verloren. Er-
Architekten. Jedenfalls im Vergleich zu vielem,
widerlegen, ‚Ach, hier ist ja nichts Dolles pas-
halten geblieben sind Siedlungsbauten, Pri-
was in den vergangenen Jahren in Dortmund
siert‘. Es gibt Beispiele, die in der deutschen
vathäuser sowie auf 1.500 Metern Höhe die
gebaut wurde. Da sind Klappergerüste dabei,
Architekturgeschichte eine wichtige Rolle
Dortmunder Hütte in Kühtai/Tirol. Ganz frei
viele traurige Gestelle.“
spielen, die Nicolaikirche oder das vergleichs-
war Peter Grund dabei nie, sagt Kastorff-Vieh-
weise konservative Gebäude der IHK. Das ist
mann: „Bauaufgaben hat er immer gebunden
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endstation.kino & bodo präsentieren: Denk ich an Deutschland in der Nacht Fünf DJs/Musiker bei der Arbeit im Studio, im Club, auf der Bühne. Persönliche Reflexionen über ihren Werdegang und Bilder von leeren Clubs im Tageslicht, von vollen Tanzflächen in der Nacht, von den Umgebungen der Studios, in denen die Musik entsteht, die die Nacht zum Tag macht.
Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:
www.bemyeyes.com
Romuald Karmakars Dokumentarfilm ist mehr als ein Porträt der DJs, Musiker und Techno-Aktivisten Sonja Moonear, Ricardo Villalobos, Roman Flügel, Move D und
Oft sind es technische Lösungen, die Menschen mit körperlichen Einschränkungen
Ata Macias, sondern ein Film, der sich
helfen, alltägliche Probleme zu lösen. So auch bei der App „Be My Eyes“ („Sei meine
sehr grundsätzlich Musik im Allgemeinen
Augen“). Die kostenlose Anwendung verbindet sehende Menschen mit Menschen
und elektronischer Musik im Besonde-
mit Sehbehinderung per Handyvideotelefonat, sodass diese kleinere Fragen des All-
ren nähert. Die Gedankenflüge der DJs
tags direkt beantwortet bekommen können, ohne erst Freunde oder Familie zurate
heben dabei oft bei ganz persönlichen
ziehen zu müssen.
Gedanken ab. Alle Protagonisten sind
Hat jemand eine Frage, wird sein Videoanruf an mehrere freiwillige Helfer weitergeleitet, die diese beantworten können. Fragen nach Kleinigkeiten wie dem Haltbarkeitsdatum auf der Milch, dem Inhalt einer Konservendose oder der Farbe eines T-Shirts werden so binnen Sekunden und mit minimalem Aufwand geklärt und schaffen so ein neues Maß an Unabhängigkeit für Menschen mit Sehbehinderungen. Um die Qualität der Hilfe sicherzustellen, können beide Seiten im Anschluss an das Telefonat das Gespräch bewerten. Nutzer, die die Anwendung missbrauchen, werden so innerhalb
mit dementsprechend weitem Horizont können sie über sich, ihre Subkultur und deren Entwicklung sprechen. Seine Arbeit ist für ihn das Schönste, das es gibt und das er nie aufs Spiel setzen würde, sagt der DJ Roman Flügel.
kürzester Zeit von dem Dienst ausgeschlossen. Nächtliche Störungen durch die App hat
Die historiographischen, soziologischen
man nicht zu befürchten. „Be My Eyes“ stellt nur zwischen 7 und 22 Uhr Ortszeit Video-
und philosophischen Höhenflüge werden
anrufe durch und hält sich an die Einstellungen des Smartphones.
geerdet durch die konkrete Arbeit an den
Die Idee für die App hatte der dänische Möbelbauer Hans Jørgen Wiberg, der selbst sehbehindert ist und sich innerhalb des dänischen Blindenverbandes engagiert. Als er auf einer Start-up-Konferenz seine Idee für die Anwendung vorstellte, fand sich schnell ein Team an Programmieren zusammen, um das Projekt zu realisieren. 2015 wurde „Be My Eyes“ der Öffentlichkeit vorgestellt. „Ich bin voller Hoffnung, dass wir gemeinsam als Online-Community einen Unterschied im Leben blinder Menschen auf der ganzen Welt machen können“, so Wiberg. Es ist geplant, die App, die zurzeit nur für das iPhone verfügbar ist, auf weiteren Plattformen zugänglich zu machen. Bereits jetzt umfasst „Be My Eyes“ eine weltweite Community in 140
Ha
ns
Jø
rg
36
schon seit den 90er Jahren im Geschäft,
en
Wib
mengen auf der Tanzfläche und manchmal auch improvisierend mit anderen Musikern auf der Bühne. Regie und Schnitt lassen dabei Raum für den Zuschauer, selbst Querverbindungen zu ziehen, weiterzudenken, mit zu philosophieren. Do. 11.05. um 17 Uhr, Fr. 12.05 und Sa. 13.05. um 21 Uhr , So. 14.05. um 19 Uhr, Mo. 15.05. und Di. 16.05. um 20 Uhr, Mi. 17.05. um 17 Uhr
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kungen bearbeitet. (sese) erg
Beats, allein im Studio, vor den Menschen-
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BÜCHER
Gelesen von Bastian Pütter
Bandenland Der Dortmunder Journalist Olaf Sundermeyer produziert u.a. für den RBB
Punk is Dad
Fernsehreportagen. Aus seinen aufwän-
Like dolphins „Ich bin nicht David Bowie”, antwortete
digen Recherchen zu Einbrecherbanden,
„Wir gehen auf die einunddreißig zu. Und
organisiertem Taschen-, Fahrrad- und Au-
leben immer noch. Wenn wir zurückbli-
todiebstahl hat er ein thesenstarkes Buch
cken, sind es überwiegend schöne Zeiten
gemacht. Sein Fazit: Die Bundesrepublik
gewesen.“ Basti und Benny sind Zwillinge
hat weder in Polizei noch Justiz europa-
und sitzen im Knast, als sie anfangen zu
weit operierenden Banden etwas entge-
schreiben. Sie sind Punks, seit sie 14 sind,
genzusetzen, solange die Ausstattung und
haben auf der Straße gelebt, in Bruchbu-
die Arbeitsgrundlage beider unzureichend
den, vom Schnorren. Immer auf Alkohol,
ist und solange eine Zusammenarbeit bei
streckenweise auf Heroin. Auf die Gewalt
Hierhin hat es Alex verschlagen, die Pro-
der Verbrechensbekämpfung in der EU
durch den Stiefvater folgten zahllose Schlä-
tagonistin. In ihrem Opel Corsa mit Futon-
schlicht nicht stattfindet.
gereien, Überfälle durch Nazis, Festnah-
matraze, Laptop, Gaskocher und Rennrad
men. Und trotzdem: „Ich bin ein Glücks-
im Kofferraum ist sie auf Jobsuche. Was
kind“, sagt Benny gleich zu Beginn. „Ich bin
sie nicht weiß: Das riesige Grundstück,
auf der Sonnenseite des Lebens geboren.“
auf dem sie ihren Wagen für die Nacht
Im Gegensatz zu den rechtspopulistischen Bestsellern im Sachbuchregal „Innere Sicherheit“ sieht Sundermeyer seine Aufgabe
David Bowie stets höflich, wenn man ihm in Montreux begegnete und nach einem Autogramm fragte. 1976 war er in die Schweiz übergesiedelt und lebte einige Jahre zurückgezogen im „Clos de Mesanges“, einem Anwesen im Chalet-Stil über dem Genfersee.
abstellt, gehört dem Briten.
darin, ebenjenen durch klare Analyse und
Gemeinsam mit Basti und Benny hat die
Offenheit das Wasser abzugraben. Mit
Schriftstellerin Christiane Tramitz aus den
Die Bochumer Schriftstellerin Anja Liedtke
dem Verweis auf einen beunruhigenden
Erinnerungen der beiden ein Buch gemacht,
hat einen Bowie-Roman geschrieben, besser:
Frustrationsgrad innerhalb der Polizei und
das ein irritierendes Gleichgewicht hält:
eine Bowie-Fantasie. Sie verschneidet
auf den Zusammenhang zwischen sinken-
Schonungslos zeigt es den Weg aus der
Elemente aus Bowies Biografie mit einer
dem Sicherheitsgefühl und schwindendem
verkorksten Kindheit im Jenaer Plattenbau
Geschichte um zwei ungleich-gleiche Paare.
Vertrauen in das politische System stellt
an den wirklichen Rand der Gesellschaft,
Es ist ein Spiel mit Referenzen, das aber auch
Sundermeyer – erwartbare – Forderungen:
den Überlebenskampf auf der Straße, das
ganz ohne Pop-ExpertInnen-Status funk-
Neben dem (inzwischen nirgends mehr
Scheitern dabei, ein auch nur einigermaßen
tioniert. Die Dialoge zwischen Bowie und
kontroversen) Polizeiausbau fordert er Ein-
guter Vater zu sein. Und gleichzeitig sind
Mick Jagger, seinem zeitweiligen Nachbarn
schränkungen beim Datenschutz und mehr
Bennys Schilderungen voller Leichtigkeit,
im Schweizer Exil, hätte ein (anwesender)
Videoüberwachung. Man darf hier mit
Liebe und Zuversicht. Die Zwillinge genie-
Biograf nicht lebendiger einfangen können.
ganz vielem nicht einverstanden sein. Aber
ßen dieses „schöne Scheißleben“, die Frei-
Wäre nicht alles ausgedacht und wären es
weil „Bandenland“ klug und auf Basis um-
heit, die guten Momente. Auch wenn Benny
nicht ganz verschiedene Zeitebenen, die sich
fangreicher Recherchen argumentiert, sind
zugibt: „Ich bin ein Meister im Verdrängen.“
hier übereinander schieben. Dem Chamäle-
diese Ein- und Widersprüche produktiv.
Benjamin und Sebastian Podruch
on Bowie hätte das gefallen.
Olaf Sundermeyer | Bandenland. Deutsch-
mit Christiane Tramitz
Anja Liedtke | Schwimmen wie ein Delphin
land im Visier von organisierten Kriminellen.
Dieses schöne Scheißleben
oder Bowies Butler
ISBN 978-3-406-70754-4
ISBN 978-3-280-05629-5
ISBN 978-3-938834-86-2
C.H. Beck | 14,95 Euro
orell füssli | 17,90 Euro
asso | 12,90 Euro
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INTERVIEW
Mit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ist der Begriff „Fake News“ zum politischen Schlagwort geworden. Strategisch gesetzte Falschmeldungen verbreiten sich im Internet schnell und können politische und gesellschaftliche Diskurse beeinflussen. Stephan Mündges forscht an der TU Dortmund zum Wandel des Journalismus im Digitalen und sprach mit bodo über Fake News, Medienvertrauen und künftige Herausforderungen an Journalismus. Von Alexandra Gehrhardt Fotos: Sabrina Richmann
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Falsche Fakten und neue Medien In der vergangenen Silvesternacht hat sich eine Silvester-
und günstig produzieren. Man kann sich einfach etwas
oldikirche verfangen. Das Feuer wurde schnell gelöscht,
schichten verbreiten, beim Klick auf die Meldung gelangt
rakete im Netz eines Bauzauns an der Dortmunder ReinSchaden ist nicht entstanden. Trotzdem gab es im Inter-
net Meldungen von einem „Mob“, der die „älteste Kirche Deutschlands“ angezündet habe. Was ist da passiert?
Das ist ein Paradebeispiel für ganz viel, was unter
dem Schlagwort „Fake News“ läuft. Die Ruhr Nachrichten, vor allem Reporter Peter Bandermann, haben fast
in Echtzeit von der Silvesternacht berichtet, relativ unspektakulär. Dann hat das US-Portal „Breitbart“ das groß
aufgegriffen. Was in dem Artikel stand, war mehr oder weniger bei den Ruhr Nachrichten abgeschrieben, wurde
aber mit einer Überschrift und einem Vorspann versehen,
der das Ganze völlig überdreht hat. Der „wütende Mob“ stand vor allem in der Überschrift, im Anriss stand, dass
die älteste Kirche Deutschlands in Brand gesetzt wurde,
was nicht stimmt. Die Geschichte wurde vor allem von
rechten Portalen aufgegriffen und immer ein Stück weiter
ausdenken. Vor allem über Facebook lassen sich die Ge-
man auf die Webseite. Auf der ist Werbung geschaltet und mit jedem Klick wird Geld verdient. Was ist nun das spezifisch Neue?
Die Frage von Fälschungen im Internet ist gar nicht
so neu. Schon während der Flüchtlingskrise 2015 gab es
immer mal wieder Fälle, bei denen mit Falschinformationen Stimmung gegen und auch für Flüchtlinge gemacht
wurde. In Deutschland hatten wir vor der Fake News-Debatte außerdem die Debatte über Hate Speech, also Hasskommentare im Netz. In der Diskussion in Deutschland
wurde beides zusammengeführt. Besonders dringlich wurde es erst Ende des Jahres rund um die Wahl des US-
Präsidenten Donald Trump, der ihm gegenüber kritisch positionierte Medien als „Fake News“ bezeichnete.
gedreht, dann wurde ein altes YouTube-Video ausgegra-
Welche Rolle spielen Soziale Netzwerke wie Facebook und
Mein letzter Stand ist, dass dieses Video 2012 in Algerien
Wir würden nicht über das Phänomen reden,
ben und behauptet, es stamme aus der Silvesternacht. entstanden ist.
Wer profitiert davon?
Man muss unterscheiden zwischen zwei Motiven.
Zum einen ist das politische Agitation: „Breitbart“ ist ein Medium mit einer klaren politischen Tendenz und Verortung im rechten Spektrum. Das Gleiche gibt es in Deutsch-
land mit dem Kopp-Verlag oder lokal mit dem DortmundEcho. Zum anderen lassen sich Fake News extrem leicht
Twitter und Co. dabei?
wenn es diese Netzwerke nicht gäbe. Gerade Facebook hat
im US-Wahlkampf bei der Verbreitung solcher Nachrichten eine entscheidende Rolle gespielt. Dennoch: Schuld daran sind immer noch die Verfasser. Sie nutzen geschickt
die Mechanismen, die auf diesen Plattformen gelten: emotionale Ansprache, Themen, die aufregen und Angst
schüren, das Schreiben in Facebook-tauglichem Duktus, teilweise mit irreführenden Bildern und Überschriften.
Politische Agitation hat in der digitalen Medien-
welt nicht mehr den Filter des Journalismus. Wenn man
früher große Massen von Menschen erreichen wollte, musste man in Leitmedien hereinkommen. Heute kann jeder einen Youtube-Kanal oder eine Facebook-Seite eröff-
nen. Und wenn man weiß, wie diese Plattformen funktionieren, umgeht man den Journalismus-Filter.
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INTERVIEW
Laut einer Untersuchung der Universität
deskabinett verabschiedet wurde, enthält
aber auch das Misstrauen in Massenme-
formen schneller reagieren und berichten
Mainz und Infratest sind das Vertrauen,
viel Bekanntes: zum Beispiel, dass Platt-
dien gewachsen. Welche Folgen hat eine
sollen, wenn strafbare Inhalte gemeldet
solche Polarisierung?
werden. Den Betreibern drohen ansonsten
Noch bewegt sich der größere Teil
Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro. Da-
der Nutzer im Bereich seriöser Medien, ein
mit wählt der Justizminister eine wesentlich
kleinerer Teil ist in einer Gegenöffentlichkeit
härtere Gangart. Während der Hate-Speech-
unterwegs, die im Moment vor allem eine
Debatte war Facebook sehr starrsinnig,
rechte ist. Die Polarisierung hat aus meiner
wollte keine Informationen veröffentlichen.
Sicht nicht als reines Medienphänomen
Die Einführung von Berichtspflichten kann
stattgefunden: In den USA beispielsweise
zudem der Beginn einer Öffnung sein.
sind bestimmte Bevölkerungsgruppen tat-
Ein grundlegendes Dilemma ist aber:
sächlich wirtschaftlich abgehängt. Darum
Große Plattformen werden angehalten, Ge-
dürfen wir das, was medial im Netz passiert,
setze durchzusetzen. Offensichtlich rechts-
nicht völlig unabhängig von anderen gesell-
widrige Inhalte sollen innerhalb von 24 Stun-
schaftlichen Entwicklungen sehen.
den gelöscht werden, Facebook und Twitter
Dazu kommt, dass wir lieber Infor-
sollen entscheiden, was offensichtlich rechts-
mationen wahrnehmen, die unserer Mei-
nung schon entsprechen, und wir dazu neigen, uns immer selbst zu bestätigen. Wenn
bisschen zurückzufahren, auch wenn das
ich auf Facebook ständig Nachrichten über
im Digitalen schwieriger an die Nutzer zu
gen haben sollen, werde ich bestärkt in
Medienwelt setzen vor allem auf Emotionen
Flüchtlinge lese, die ein Verbrechen began-
bringen ist. Die Mechanismen der digitalen
meiner Meinung und eine Korrektur dieser
und immer kleinere Informationsbrocken.
ren, dass sich tatsächlich ein Teil der Gesell-
Beispiel den gezielten Provokationen nicht
Öffentlichkeit bewegt.
mögliche Nutzung von Waffengewalt gegen
Weltsicht schwieriger. Das kann dazu fühschaft in einer komplett anderen medialen
Journalismus kann etwas tun, zum
aufsitzen. Die Diskussion der AfD um die
Geflüchtete oder die Äußerung von Alexander
In NRW wird im Mai ein neuer Landtag ge-
Gauland gegen Jérôme Boateng waren geziel-
ähnlich starke Nutzung von Fake News als
eine gewisse Aufmerksamkeit gaben.
wählt, im Herbst der Bundestag. Ist eine Wahlkampfinstrument zu erwarten?
te Provokationen, die den Provokateuren auch Ich glaube, dass sich das Phänomen
Ich glaube, es wird eine Rolle spielen,
nicht allein durch guten Journalismus lö-
allem, weil das Mediennutzungsverhalten
tenz. Menschen, die Nachrichten über das
In den USA spielt Facebook eine größere Rol-
Medienmarken immer seltener wahr. Und
aber nicht so eine große wie in den USA, vor
sen lässt. Dazu gehört mehr Medienkompe-
in Deutschland wesentlich traditioneller ist.
Internet oder Google beziehen, nehmen
le bei der Nachrichtennutzung. In Deutsch-
wenn Marken für Seriosität stehen, aber
tungsmarkt. Gleichwohl nutzt zum Beispiel
ben wir ein Problem.
anzusprechen. Spannend wird die Frage,
render Eingriff von staatlicher Seite. Das ist
Überspitzungen umgehen.
heit nicht einschränken, muss aber auch
Welche Herausforderungen stellt das an
Beleidigungen, Hetze vorgehen.
land gibt es einen noch viel stabileren Zei-
die AfD Facebook gezielt dazu, Menschen wie seriöse Medien mit Fake News oder
den Journalismus?
Journalisten müssen heute Zusam-
menhänge erklären, Fakten überprüfen,
Kontext bieten, und das eher unaufgeregt. Wir hatten im Onlinebereich eine Tendenz
zu sehr meinungsstarkem Journalismus.
Ich würde mir wünschen, das wieder ein 40
widrig ist. Das ist aber etwas, das eigentlich
nicht mehr wahrgenommen werden, haEin weiterer Schritt ist ein regulie-
allerdings heikel: Man will Meinungsfreigegen offensichtlich rechtswidrige Posts,
Es gibt Bestrebungen, Plattformen und Be-
treiber gesetzlich stärker in die Pflicht zu nehmen.
Darüber wird schon seit zwei Jahren
gesprochen. Auch das sogenannte Netzwerkdurchsetzungsgesetz, das vom Bun-
der Staat durchsetzen sollte. Das ist eine sehr
kniffelige Situation. Ich denke, dass man die Regeln, die wir in Deutschland haben, auch
auf diesen Plattformen durchsetzen muss. Doch offensichtlich kann es der Staat nicht
leisten, und wir wollen auch kein Zensurministerium. Gleichzeitig haben die Plattformen eine fast monopolartige Stellung aufgebaut,
vor allem die beiden großen Akteure Facebook
und Google mit Youtube. Deshalb tragen auch
diese Giganten eine Verantwortung für unseren öffentlichen Diskurs.
Ob das Gesetz, über das demnächst
im Bundestag beraten wird, angemessen ist,
muss man aber bezweifeln. Es gibt enorme
Widerstände sowohl von Bürgerrechtsakti-
visten als auch von Wirtschaftsunterneh-
men. Da hat sich eine Koalition aus Gegnern
gebildet, die sich sonst spinnefeind sind. Die Gegner des Gesetzentwurfs eint vor allem
die Sorge um die Meinungsfreiheit. Denn die läge mit dem neuen Gesetz vor allem in der Hand von Tech-Giganten.
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Notlรถsungen mit Fragezeichen
42
Im Frühjahr schafft es das Thema Obdachlosigkeit eher selten in die Medien. Seine Saison ist der Winter. Im letzten waren es in Dortmund vor allem Berichte über die wachsende Zahl an Menschen, die draußen übernachteten, und von Initiativen, die sie unterstützen wollten. Derzeit beschäftigen sich in Bochum und Dortmund die Stadtverwaltungen mit obdachlosen Menschen. Während in Dortmund die Frage diskutiert wird, Wo können sie hin?, weiß man in Bochum bisher nur: woandershin. Von Alexandra Gehrhardt | Fotos: Sebastian Sellhorst
Der bauliche Zustand des Fliednerhauses
„Wir suchen gemeinsam mit der Stadt ein neu-
altersbedingten Beeinträchtigungen. „Bisher
ist es, der im April in Bochum zur Nachricht
es Gebäude“, sagt Chris Caldow, Leiterin des
haben wir nur ein Genesungszimmer, in dem
wurde. Die Übernachtungsstelle am Stadion,
Bereichs Wohnungslosenhilfe der Diakonie.
Menschen allein oder zu zweit unterkommen
die Schlafplätze für 32 Männer und acht
Die Organisation kümmert sich im Auftrag der
und sich, zum Beispiel nach einer Operation,
Frauen ohne Wohnung bietet, ist fast 90
Stadt um die Beratung und Versorgung von
besser erholen können als in einem Sechs-Per-
Jahre alt. Es seien Schimmel und Mängel
wohnungs- und obdachlosen Menschen. Am
sonen-Zimmer“, erklärt Caldow. Fachpersonal
entdeckt worden, berichtete die WAZ, der
neuen Standort hat Caldow, die vor wenigen
für pflegerische Aufgaben gibt es bisher nicht
Verein Aufsuchende Medizinische Hilfe für
Monaten aus Düsseldorf nach Bochum kam,
– „Das würden wir uns aber wünschen.“
Wohnungslose, der regelmäßig Sprechstun-
einiges vor: Erweiterte Öffnungszeiten und
den im Fliednerhaus anbot, habe im Winter
Sozialarbeit stehen auf ihrer Liste, außerdem
In Dortmund bringt die wachsende Zahl an
seine Arbeit dort eingestellt. Das Haus soll
eine dauerhafte pflegerische Unterstützung
Wohnungslosen die städtischen Einrichtun-
nun geschlossen werden.
für ÜbernachterInnen mit krankheits- oder
gen in Bedrängnis. Offizielle Stellen gehen
43
SOZIALES
von 400 Personen aus, tatsächlich dürften
Für einen Neubau der Männerübernach-
vermeintlich unverschuldet und vermeint-
es deutlich mehr sein. Die Frauenübernach-
tungsstelle, dann mit 70 Plätzen, sollen
lich selbstverschuldet in Not geratenen
tungsstelle hat Platz für 24 Frauen und
Modulbauten wiederverwendet werden, in
Menschen. Das trifft konkret besonders
Kinder – 2016 baten durchschnittlich zehn
denen Geflüchtete unterkamen. Ein bis zwei
EU-Zugewanderte aus Südosteuropa: Weil
Frauen im Monat mehr um einen Platz. Die
Jahre wird dieser Prozess nach der Planung
sie nach neuester Gesetzgebung erst nach
Männerübernachtungsstelle in der Union-
der Stadt dauern, so lange müsste die Ein-
fünf Jahren in Deutschland Ansprüche auf
straße ist ebenfalls in schlechtem Zustand
richtung in ein Ausweichquartier ziehen. Wo
Sozialleistungen haben, bleibt ihnen der
und schon seit Langem an ihren Grenzen. 55
das sein soll und wieviel der Neubau kosten
Zugang ins Hilfesystem verschlossen. Mehr
Betten inklusive sieben Notplätzen gibt es
wird, ist noch nicht klar.
als „reine Nothilfe für eine Nacht mit dem Angebot auf Rückreise ins Heimatland“ gibt
hier. Mit 77 Prozent im vergangenen Jahr ist „die Auslastung fast durchgängig bereits
Das Konzept der Stadt befasst sich konkret
es für sie nicht. Sie können sich helfen, wenn
sehr hoch“ und „insbesondere im Vergleich
nur mit der Erweiterung der Notschlafstel-
sie die Fahrkarte annehmen. Tun sie es nicht,
von 2015 zu 2016 gestiegen“, liest sich im Pa-
len. Die Fragen, ob und wie längerfristige
gelten sie als freiwillig obdachlos.
pier der Stadt. Rechnet man die Notplätze he-
Hilfen, zum Beispiel durch Sozialarbeit,
raus, war die Einrichtung zu fast 90 Prozent
gestärkt werden könnten oder wie dringend
Der Sozialausschuss hat die Verwaltung erst
belegt. Rund die Hälfte der Untergebrachten
benötigter, günstiger Wohnraum für Men-
einmal zum Nachsitzen geschickt und wird
blieben länger als ein halbes Jahr in der
schen mit wenig Geld geschaffen werden
sich erst im Mai mit der Frauenübernach-
Unionstraße – anstatt kurzfristig Notfälle
soll, bleiben offen. In Dortmund kostet ein
tungsstelle befassen. Mit der Eröffnung der
aufzufangen, ist die Übernachtungsstelle de
Quadratmeter Wohnraum im Schnitt 6,00
neuen Männerübernachtungsstelle dürfte
facto für viele Dauerunterkunft.
Euro, Ämter übernehmen im Regelfall nur
nicht vor 2019 zu rechnen sein. Bis zum
5,25 Euro. In Bochum liegt die durchschnitt-
Ende dieses Jahres, so hofft Chris Caldow
Nur eine Frage von vielen
liche Miete noch unter der Obergrenze der
in Bochum, könnte die Notschlafstelle am
Ämter (7,30 Euro), doch auch hier zeigt die
aktuellen Standort Geschichte sein. Was
Für beides hat die Stadtverwaltung Lösungen
Preiskurve nach oben.
sie und ihr Team den ÜbernachterInnen in
ersonnen. Die Männerübernachtungsstelle
neuen Räumlichkeiten anbieten können, ist
soll am selben Ort neu gebaut und erweitert
Auch auf der niedrigsten Stufe des Hilfesys-
werden, die Frauenübernachtungsstelle
tems, der Notübernachtung, bleiben struk-
von der östlichen Innenstadt ins Landhaus
turelle Ausschlüsse bestehen. Der Zugang zu
Ein Antrag, ein umfassendes Konzept zum
Syburg umziehen. Das ehemalige Hotel am
den städtischen Einrichtungen hängt weiter
Kampf gegen Wohnungslosigkeit zu erarbei-
südlichen Stadtrand, das 2015 dichtmachte
von einem Kostenträger ab, ansonsten zahlt
ten, wurde im Sozialausschuss abgelehnt.
und 2016 Geflüchtete beherbergte, liegt
man selbst. Die Stadt sagt zwar, „Niemand,
gute 50 Stadtbus-Minuten vom Hauptbahn-
der in Dortmund einen Schlafplatz be-
hof entfernt – wer regelmäßig zu Ämtern,
nötigt und sich nicht selber helfen kann,
Beratungs- oder Versorgungseinrichtungen
muss draußen übernachten“, öffnet damit
muss, hätte das deutlich schwerer.
jedoch zugleich einen Gegensatz zwischen
noch nicht klar.
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Mein Verkaufsplatz
Ralf Katharinentreppe Dortmund
W
ir treffen Ralf in unserer Dortmunder Anlaufstelle in der Schwanen-
straße. Mehrmals pro Woche schaut er hier
zum Frühstücken vorbei, bevor er zu seinem Platz vor dem Dortmunder Hauptbahnhof
geht. „Eigentlich komme ich ja aus Herne, aber irgendwie ist Dortmund schon lange
mein Lebensmittelpunkt geworden. Meine
Freundin lebt hier, viele Bekannte kommen
Wenn Menschen zu uns kommen, um das Straßenmagazin zu verkaufen, suchen wir gemeinsam mit ihnen einen festen Verkaufsplatz aus. Manch einer mag es eher ruhiger, andere stürzen sich gerne ins Getümmel. An der Dortmunder Katharinentreppe verkauft Ralf wohl an einem der turbulentesten Plätze der Stadt. Warum er sich dort trotzdem wohlfühlt, hat er uns bei einem Spaziergang zu seinem Verkaufsplatz erzählt. Text und Foto: Sebastian Sellhorst
aus Dortmund, also bin ich auch meistens hier unterwegs“, erzählt er uns bei einem Kaffee. Fast jeden Morgen mache er sich auf
den Weg aus Herne nach Dortmund. „Das geht auch nur, weil ich ein Ticket habe, mit dem ich umsonst Bahn fahren kann“, erzählt
Ralf. Seit einem schlimmen Autounfall hat er einen Schwerbehindertenausweis.
Ein Dreivierteljahr ist Ralf jetzt bei bodo.
Eine Bekannte habe ihm gesagt, er solle das doch mal probieren. Anfangs sei er noch
skeptisch gewesen, wollte niemandem etwas wegnehmen, da auch einige seiner Freunde bei bodo sind, doch das habe sich
schnell gelegt. „Mittlerweile bin ich mir sicher, dass ich hier richtig bin.“
Alleine für den ganzen „Behördenkram“ habe
es sich schon gelohnt. „Neulich hatte ich Ärger mit den Nebenkosten meiner Wohnung. Nachdem ich eine ganze Zeit lang versucht habe, das selbst zu regeln, hab ich mit bodo zusammen ein Fax geschickt. Innerhalb kürzester Zeit war
alles geregelt“, erzählt er, bevor wir in uns auf den Weg zu seinem Verkaufsplatz machen.
Feste Verkaufszeiten hat Ralf nicht. Die Tüte
te er aber nicht verkaufen. „Das wäre mir zu
mit seinen Zeitungen und seinen Verkaufs-
einseitig. Ich mag es, dass hier so viele un-
ich immer, wenn ich in der Nähe bin und es
hab ich die freie Wahl, wen ich vielleicht an-
ausweis hat er aber immer dabei. „So kann
gerade passt, ein bisschen verkaufen gehen. Ich hab auch schon Stammkunden in der Bahn getroffen. Von daher ist es ganz gut, immer eine Zeitung mit dabei zu haben“,
erzählt er, während wir die Kampstraße entlang gehen und Ralf bereits hier von Kunden gegrüßt wird.
terschiedliche Menschen vorbei kommen. So spreche. Ich erinnere mich noch gut, als wir die bodo-Sonderausgabe zum BVB hatten.
Die ging bei Leuten, die ins Fußballmuseum wollten, weg wie warme Semmeln. Auf dem
Gelände kann ich leider nicht verkaufen. Aber viele Mitarbeiter des Fußballmuseums kaufen bei mir eine Zeitung.“
An der Katharinentreppe angekommen,
Direkt vor dem Bahnhof bekomme er schon
selt sofort in das, was er seinen „Verkaufsmo-
an dem er keinen Polizeieinsatz beobachten
hängt er seine Tüten ans Geländer und wechdus“ nennt. Mal ist es nur ein lockerer Spruch, mal nur ein Lächeln, mit dem Ralf die Zeitung
verkauft. Man müsse sich an die Stimmung der Leute anpassen.
eine Menge mit. Es vergehe kaum ein Tag, kann. „Mindestens einmal am Tag sehe ich,
wie ein Bettler oder Flaschensammler aus dem Bahnhof geworfen wird. Dann bin ich schon ganz froh mit meinem Plätzchen hier.“
„Klar, hier an der Katharinentreppe ist eine Menge los. Das muss man mögen, sonst ist
das nichts für einen.“ An einem Supermarkt oder vor einem bestimmten Geschäfte möch-
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LESERSEITE
Stadt erkunden: Im Rahmen des Treffens der deutschsprachigen Straßenzeitungen in Nürnberg (S. 9) bekamen wir eine exklusive Führung zu Nürnbergs Graffiti-Hotspots – und vom Graffiti-Künstler Carlos Lorente alias „Kid Crow“ seltene Einblicke in eine besondere Szene. Foto: Sebastian Sellhorst
LESERPOST Weil wir nun in jedem Heft daran erinnern: Der von uns hochgeschätzte ex-taz- und dann Welt-Kollege
genommen worden.
Deniz Yücel ist seit dem 14. Februar in der Türkei
Mit dieser kleinen Geste wollen wir Ihnen zeigen,
inhaftiert – gemeinsam mit mehr als 150 Journa-
dass wir Sie unterstützen und Ihnen von Herzen alles
listinnen und Journalisten, so vielen wie in keinem
Gute wünschen. Gerne würden wir Sie zu einem Vor-
anderen Land. 300 Studierende am Lehrstuhl des
trag oder Gespräch an die Ruhr-Universität einladen
Bochumer Kriminologen Prof. Thomas Feltes (bodo
– konkret zu einer Veranstaltung am 2. Juni 2017, bei
10/16) haben nun einen Brief an Yücel unterzeichnet.
der die Masterstudierenden unseres Studienganges
Lieber Deniz Yücel, viele Menschen in Deutschland verfolgen Ihr Schicksal in der Türkei. Dazu gehören auch die Studierenden und Lehrenden an meinem Lehrstuhl an der Bochumer Ruhr-Universität. Ende März hatte ich für eine Woche einen Aufruf auf die Website meines Lehrstuhls gestellt und Studierende und Lehrende aufgefordert, eine Grußbotschaft an Sie zu unterzeichnen. Mit diesem Schreiben möchten wir Ihnen sowohl den Text der Grußbotschaft übersenden, als auch eine
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inzwischen (aus naheliegenden Gründen) vom Netz
„Kriminologie & Polizeiwissenschaft“ offiziell verabschiedet werden – wohlwissend, dass Sie diesen Termin wohl leider nicht werden wahrnehmen können. Dennoch – und auch gerade deshalb – sprechen wir diese Einladung aus. Wir wünschen Ihnen viel Kraft, diese schwierige Zeit zu überstehen und dass Sie die Hoffnung auf eine Fortsetzung Ihrer so sehr geliebten und von uns allen geachteten Tätigkeit als unabhängiger Journalist nicht verlieren. Wir jedenfalls glauben daran, dass die Gerechtigkeit siegen wird.
(teilanonymisierte) Liste der insgesamt über 300 Un-
Für alle Unterzeichner der Grußbotschaft
terzeichner zukommen lassen. Die Website selbst ist
Professor Dr. Thomas Feltes M.A.
bodo dankt: Sparkasse Bochum Dr. Josef Balzer, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Grünbau gGmbH, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Kritzler, Jutta Meklenborg, Sandra Rettemeyer, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christian Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowy, Daniela Gerull, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda, Dorothea Staudinger, Tamara VorwaldPiepke, Daniela Schmitz-Häbler, Gero Krause, Friederike Claassen, Sulamith Frerich, Nicole Hölter, Gerhard Heiart, Dr. Sabine Siebel, Kathrin Scherbauer, Claudia und Markus Holtkamp, Marius Hoff, Carolin Streckmann, Oliver Stiller, Annegrit Winter, Maria Hackmann, Carola Felt, Doris Pohlmann, Marc Homfeldt, Michael Retter, Frank und Theodora Brühne, Elsbeth Bültmann, Marco Groger, Hannelore Schmidt, Kerstin und Kai Christian Stippel, Dietmar Luxnat, Sabine Raddatz, Verena Mayer, Ewald Cloidt, Wolf Stammnitz, Esther Hagemann, Daniel Buning, Sigrid Quenter, Gerda Jander, Karin Seidel, Christine Dahms, Angelika Göbel, MariaAnna und Wolfgang Zepezauer, Silke Harborth, Winfried Risken, Rita Timmerbeil, Renate Merz, Erika Weyland, Petra Maria Jänicke, Ina und Gabriel Fuhler, Christiane Susanne Allkempe, Irmhild Engelhardt, Karola Distelkamp, Friedrich Dreikau, Andreas Bürgel, Gabriele Schmidt, Ev. Kirchengemeinde Bochum-Hamme, Dörthe Kneist, Leo Herrmann GmbH, Ingeborg Meyhoefer, Karin Thesing, Karl-Heinz Taubenberger, Heinz-Günter Kosfeld, Johannes Syre, Anne und Uwe Semm, Siegmar Welski, Petra Karmainski, Heinz-Jörg Reichmann, Ingo Rosner, Volker Schaika, Doris Buderus, Ursula und Herbert Esser, Hildegard Reinitz, Dolf Mehring, Larissa Schulze, Ursula Wiedemann, Erika Maletz, Ellen Cordes-Wolf, Hannelore Thimm-Rasch, Christoph Neumann, Thorsten Baulmann, Annette Düe, Ruth Margarete Hanke, Ute Soth-Dykgers, Tobias Eule, Timo Zimmermann, Christa Fuhrländer, Mechthild Maschetzke, Doris und Manfred Kater, Christa Friedrich, Wiltraud Pohl, Herbert Schnier, Kathrin Bohr, Jutta und Wido Wagner, Christina Kolivopoulos, Ingrid Untersberger, Peter Lasslop, Elsemarie Bork, Christina Dolkemeyer, Christel und Gerhard Volpers, Bernd Bartsch
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