1.80 Euro August 2013 | 90 Cent für den Verkäufer
bodo Das Straßenmagazin
04 | Wieder zu Hause | Publikumsliebling Peter Neururer 08 | Ein See für alle? | Am Dortmunder Phoenix-See 28 | Die Mine Cerrejón | Kolumbiens Kohle und das Ruhrgebiet 21 | 11 Verlosungen | z.B. RuhrHochDeutsch im Spiegelzelt: »HerzDame sticht«
1
02 EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser, schön, dass Sie sich für unsere Sommerausga-
wenigen rumänischen Verkäufer. (Danke für Euer
be entschieden haben und damit einen unserer
Verständnis.) Dass sich Medien inzwischen dafür in-
Verkäufer unterstützen. Herzlichen Dank für Ihre
teressieren, wer denn da kommt, statt wie die Jah-
Mithilfe und auch für die vielfältigen Rückmeldun-
re davor nur aus sicherer Schreibtischwarte eigene
gen zu unserer Arbeit, sei es über Briefe oder über
Ängste zu dokumentieren und neue zu erzeugen,
die Gespräche beim Zeitungskauf, in unserem Buch-
stimmt uns dabei durchaus positiv.
laden oder bei einer der vielen Veranstaltungen im vergangenen Monat.
Zum Erscheinen dieser Ausgabe sind wir in München bei der Jahreskonferenz der internationa-
Höhepunkt dabei war das zweite Juliwochenende
len Straßenzeitungen und freuen uns riesig, die
mit gleich drei Veranstaltungen. Unser „Zweiter
Kolleginnen und Kollegen von allen Kontinenten
Freitag“, ein Benefiz-Kabarettabend mit Matthias
wiederzutreffen. Auch hier wird viel und lange
Kutschmann, die Nordstadtführung „Zwei halbe
gearbeitet, aber ein Gefühl von Klassenfahrt stellt
Wahrheiten“ und die Charity-Motorradausfahrt
sich trotzdem unvermeidlich ein. Im nächsten Heft
„biken für bodo“ hatten zusammen fast 150 Teil-
erzählen wir, wie es war.
nehmer. Die Spendentour brachte in ihren zweiten Ausgabe wie im Vorjahr 5.000 Euro Spenden für unsere Beratungsangebote. Vielen, vielen Dank an alle Beteiligten!
Wegen unserer Tagung und der unvermeidlichen Urlaubszeit mussten wir mit diesem Heft eine ganze Zeit eher fertig sein. Trotzdem haben wir ein schönes Sommerheft zustande bekommen und kön-
Auch sonst waren wir fleißig. Unsere Bochumer
nen Ihnen interessante Menschen vorstellen. Vom
Stadtführungen werden inzwischen regelmäßig
auch „in echt“ so sympathischen Bochum-Trainer
auch von ganzen Gruppen gebucht, der nächste
Peter Neururer zu Beginn des Heftes bis zu einer
reguläre Termin ist der 17. August. Wie immer am
kellnernden Sozialarbeiterin in einem ehemaligen
dritten Samstag im Monat „kostet“ die zweistün-
Eisenbahnwaggon am Schluss.
dige Tour nur den Kauf eines Straßenmagazins bei unserem Stadtführer. Anmelden können Sie sich
Wir haben den Phoenix-See umrundet und einen Tag in einer wirklich schönen Tagespflegeeinrich-
einfach telefonisch oder per Mail.
tung in Witten verbracht, waren wieder in der
Während der Bundesinnenminister vor der Wahl wi-
Nordstadt unterwegs und haben gefragt, woher
der Erwarten andere Dinge zu tun hat, als davor zu
im Ruhrgebiet ohne Zechen die Kohle kommt (die
warnen, dass am 1. Januar 2014 der Sonderschutz
schwarze, wohlbemerkt). Wir besuchen die Organi-
des deutschen Arbeitsmarktes vor EU-Neubürgern
satorinnen eines länderübergreifenden Kunstpro-
aus Bulgarien und Rumänien fällt (Prism, Snowden,
jekts, stellen Ihnen den malenden bodo-Verkäufer
NSA, BND und so), nimmt die neue Zuwanderung
Gökkan vor und eine Menge mehr.
einiges unserer Zeit in Anspruch. Regelmäßig geben oder vermitteln wir Interviews und strapazieren
Viele Grüße von bodo,
damit die Geduld des einen oder anderen unserer
Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de
IMPRESSUM
2
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Herausgeber | Verleger | Redaktion
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für die September-Ausgabe 10.08.2013
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Schwanenwall 36 – 38 | 44135 Dortmund
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Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und nament-
03
INHALT
02 Editorial | Impressum 04 Menschen Peter
Neururer von Jens Mayer
Der Publikumsliebling und Trainer des VfL Bochum über die „Traineruhrzeit“, eine alternative Tenniskarriere, die Unmöglichkeit eines Lebens ohne
Unser Titelbild der August-Ausgabe:
Fußball und den nie endenden Traum Deutsche Meisterschaft.
Peter Neururer (S. 4) Foto: Daniel Sadrowski
06 Neues von bodo | Maikes Verkäufertagebuch 08 Reportage Ein
See für alle? von Bianka Boyke
Wie sieht die Realität des Naherholungsgebiets Phoenix-See aus? Wer trifft sich hier, wer meidet den See? Und was kann, was muss sich noch ändern? Ein Spaziergang mit dem Fotografen und Stadtplaner Jürgen Evert. 12 Recht eBay-Auktionen
vorzeitig beenden? von René Boyke
Das vorzeitige Beenden von eBay-Auktionen kann teuer werden. Unter Umständen hat der Höchstbietende Recht auf Schadensersatz. 12 Kultur Erst
braun, jetzt bunt von Bastian Pütter
Die Rheinische Straße 135 („R135“) war Zentrum der inzwischen verbote-
20 Netzwelt slaveryfootprint.org von Frederik Gremler „Wie viele Sklaven arbeiten für dich?“ – Wer denkt, dass es Sklaverei in einer modernen Welt nicht gibt, den wird die Website slaveryfootprint.org schockieren. Mit ein paar Klicks berechnet sie, wie viel Zwangsarbeit hinter Kleidung, Alltagstechnologie, Essen oder Hygieneprodukten steckt. 21 Veranstaltungskalender | Verlosungen | CD-Tipps von Petra von Randow
nen Neonazi-Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“. Die Stadt
28 Reportage Kolumbiens Kohle und das Ruhrgebiet von Frederik Gremler
kaufte das Haus und kündigte die Mietverträge. Im Erdgeschoss entstand
Unsere Zechen sind dicht, doch Kohle braucht das Ruhrgebiet immer noch.
das Jugend- und Kulturcafé „JKC“, darüber zieht das Respekt-Büro der
In einer globalisierten Welt kommt sie von dort, wo sie am billigsten zu
Stadt mit seinem politischen Bildungsangebot ein. Ein Besuch.
gewinnen ist, weil Mensch und Umwelt die Zeche zahlen. Zum Beispiel aus Cerrejón in Kolumbien.
13 Wilde Kräuter Mädesüß von Wolfgang Kienast Längst nicht so bekannt wie zum Beispiel Brennnesseln oder Löwenzahn, ist
31 Soziales Concierge
am Nordmarkt von Sebastian Sellhorst
die bis zu 150 cm hohe Pflanze mit dem puscheligen, schmutzig weißen Blü-
Andreas Horst ist Quartiershausmeister im Schleswiger Viertel in der
tenstand und dem mandelartigen Geruch Grundlage für einen leckeren Sirup.
Dortmunder Nordstadt. „Ich hoffe, dass es mir mit meiner Arbeit gelingt,
14 Reportage Bei
der Tagespflege in Witten von Bianka Boyke
Immer mehr Menschen kommen in ein Pflegeheim, wenn sie sich zu Hause nicht mehr selbst versorgen können. Dabei würden die meisten lieber zu Hause leben, auch wenn sie alt, krank oder behindert sind. Die Tagespflege
für ein besseres Klima im Viertel zu sorgen, dann lassen sich auch die Wohnungen hier leichter vermieten“, sagt er. „Davon profitiert wiederum das ganze Quartier.“ 32 Kultur Nach
Kohlenpott und Pays Noir von Wolfgang Kienast
Witten unterstützt Angehörige, die ihre Lieben zu Hause pflegen und tage-
Das wallonische Charleroi teilt mit dem Ruhrgebiet die Kohle- und Montan-
weise Entlastung brauchen. Wir verbrachten einen Tag mit den Gästen.
vergangenheit und die Probleme danach. Die niederländische Tageszeitung
17 Verkäufergeschichten Gökkan von Sebastian Sellhorst Seit zwei Monaten hat Gökkan nach einem langen Jahr auf der Straße eine eigene Wohnung und widmet sich wieder seiner großen Leiden-
Staatsräson von Bastian Pütter
her und untersucht Möglichkeitsräume des Strukturwandels.
37 Rätsel | Cartoon von Volker Dornemann
Wir haben uns fast daran gewöhnt, dass zum Bankenretten oder Staatsfeinde-unschädlich-Machen Grundsätze von Demokratie und Recht einen Schritt zur Seite treten müssen: „Lassen Sie mich durch, ich bin Staat“ 18 News | Skotts Seitenhieb 20 Kinotipp
binationale Kulturprojekt „Parallel dazu – Sauvages“ stellt Beziehungen 36 Literatur Aufgeflogen | Kopfüber. Kopfunter gelesen von Bianka Boyke
schaft: dem Malen. 18 Kommentar
„De Volkskrant” kürte den Ort 2008 zur „hässlichsten Stadt der Welt”. Das
Im Wanne-Eickeler Stadtteil Unser Fritz erwartet hinter dem Heimat- und Naturkundemuseum ein liebevoll renovierter Eisenbahnwagen seine Gäste: das Gleiscafé Fritzchen.
Hinterhofkino im Hochsommer im endstation.kino
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38 bodo geht aus Museales Gleiscafé von Wolfgang Kienast
14
39 Leserseite | Cartoon
17
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04 MENSCHEN | von Jens Mayer | Fotos: Daniel Sadrowski
Peter Neururer: Wieder zu Hause
Als Fußballtrainer und Typ ist Peter Neururer in Bochum eine lebende Legende. Dass der 58jährige nach seinem Herzinfarkt im vergangenen Jahr nun wieder das Ruder beim VfL in der Hand hat, erfreut nicht nur die Verantwortlichen und die Fans, sondern vor allem und zuallererst ihn selbst. Wer sich mit Peter Neururer trifft, sollte darauf achten, pünktlich zu sein: „Ein unangemeldetes Zuspätkommen bedeutet für mich, dass der Termin vorbei ist“, macht er unmissverständlich klar. Eine kleine Chance gibt es dann aber doch: „Wenn man vorher die Traineruhrzeit nicht festgelegt hat, gibt es eine Kulanzzeit von fünf Minuten.“ Beim Stab und den Spielern des VfL Bochum gilt dieser Aufschub jedoch nicht mehr. Seit Neururer dort am 8. April 2013 erneut den Posten als Cheftrainer übernommen hat, herrschen klare Verhältnisse: „Am ersten Tag meiner Ankunft nenne ich die Uhrzeit der Traineruhr, so dass jeder seine Uhr danach stellen kann. Über Uhrzeiten kann man ja auch diskutieren – oder eben nicht. Bei uns eben nicht.“ Seine Leidenschaft für Armbanduhren ist dem 58jährigen jedoch selbst schon zum Verhängnis geworden: „Ob das an mir selbst liegt oder an den jeweiligen Vereinen, sei einmal dahingestellt. Meine Frau hat jedenfalls schon einen Antrag gestellt, dass ich mit dem Quatsch aufhören solle, denn ich wechsele nach jeder Niederlage meine Uhr. Auch nach Vorbereitungsspielen. Das kann auf Dauer wirklich teuer werden.“ Das ist jedoch nicht das einzige „erfolgsorientierte Ritual“, das der Trainer pflegt. Er geht grundsätzlich nur nach Niederlagen zum Friseur. Allerdings nicht nach jeder Niederlage: „In Anlehnung an mein doch schon etwas fortgeschrittenes Alter muss dazu auch eine gewisse Frisur passen, und das tut sie gerade nicht“, erklärt der Trainer. Der am 26. April 1955 in Marl geborene Neururer fühlt sich bereits früh zum Lehrerberuf hingezogen. Er studiert in Köln Sport, Germanistik und Geschichte auf Lehramt, leitet sogar zwei eigene Tennisschulen in Gelsenkirchen-Buer und Recklinghausen und beginnt bereits als Jugendlicher mit der Ausbildung zum Fußballlehrer. „Aber nur als Alternative zu dem, was ich nicht erreichen kann, nämlich Bundesligaprofi zu werden. Diese Geschichte musste ich mit 17 Jahren nach einer schweren Sportverletzung abhaken, so dass ich auf diesem Wege mein Lebensziel, nämlich Erstligist zu sein, nicht erreichen konnte.“
4
05
Die Art, wie Fans und Region die Rückkehr des
Eine alternative Tenniskarriere kommt für ihn an-
ley-Runde“ ist da natürlich etwas anderes. Wenn
scheinend nicht in Frage: „Das war für mich eher
Neururer da mit seinen Freunden vom VfL auf
„Feuerwehrmanns“ nun feiern, lässt keinen Zwei-
eine attraktive und lukrative Nebenbeschäfti-
schweren Maschinen unterwegs ist, beispiels-
fel daran, dass die Sympathie immer noch beid-
gung, um Geld zu verdienen. Ich hatte zeitweise
weise quer durch die USA fährt, wird während
seitig ist, auch wenn der Trainer um die Bestän-
240 Schüler“, erklärt er und fügt nicht ohne Stolz
der Fahrpausen natürlich ausschließlich gefach-
digkeit solcher Zuneigungsbekundungen weiß:
hinzu: „Ich habe den ersten großen Boris-Becker-
simpelt: „Ohne Fußball geht das nicht.“
„Natürlich freuen mich die positiven Reaktionen. Das erfüllt einen irgendwo auch mit Wahnsinns-
Boom mitgemacht. Boris hat bei uns in der Tennisschule sein erstes großes Turnier gewonnen.
„Überhaupt keine Frage“ sei es für ihn gewesen, als
emotionen, aber ich weiß auch, dass das Ding nur
Das war in dem Jahr, bevor er Wimbledon zum ers-
er nun, nach längerer Pause und einem Herzinfarkt
eine gewisse Haltbarkeit hat, und die ist abhän-
ten Mal gewonnen hat. Da hat er auch gegen mich
im Sommer 2012, wieder das Angebot erhielt, zu
gig von dem, was kommt.“
gespielt und natürlich gewonnen.“
dem Verein zurückkehren, mit dem er seine größten Erfolge feiern konnte: „Es gab von meiner Seite
Doch mit emotionalen Achterbahnfahrten kann
Als Neururer 1986 das Angebot des großen Horst
aus keine Forderung. Ich war wieder zu Hause.“
und will Neururer umgehen: „Das war mein Le-
Hrubesch bekommt, ihm als Co-Trainer bei Rot-
Der Stachel seines Abgangs 2005 sitzt schließlich
bensziel. Wenn man diesen Traum leben darf,
Weiß-Essen zu assistieren, zögert er keine Se-
immer noch tief: „Dass ich nach dem Abstieg vom
muss man wissen, dass es auch schlechte Träu-
kunde. Er hängt seinen Lehrerjob an den Nagel
VfL Bochum mein Amt zur Verfügung gestellt habe,
me gibt. Aber ich darf weiterträumen! Und ich
und verkauft beide Tennisschulen. Ob er auch
obwohl ich noch zwei Jahre einen Vertrag hatte,
träume heute noch davon, einmal die Schale in
ohne seinen liebsten Sport leben könnte? „Ich
war ein großer Fehler. Das hat nur mich betrof-
der Hand zu halten. Ich weiß, dass es fast uto-
schon, ganz alleine vielleicht. Aber meine Mit-
fen, da hat der VfL Bochum keinen Schaden erlit-
pisch ist, daran zu glauben, weil ich so lange wie
menschen mit mir dann nicht mehr. Dann werde
ten, weil mit Marcel Koller sofort jemand kam, der
möglich beim VfL Bochum bleiben will, nach Mög-
ich nämlich unausstehlich. Da trifft der Spruch
den Aufstieg geschafft hat. Für mich war es aber
lichkeit bis zum Karriereende. Da das Ziel auszu-
zu, dass ich die Fliegen beschimpfe, die gar
rein emotional das Schlimmste, was ich im Fußball
geben, Deutscher Meister zu werden, kommt einer
nicht an der Wand sind. Das Schlimmste, was ich
erlebt habe. Nur um glaubwürdig zu bleiben, nur
Utopie gleich. Aber den Traum darf man mit dem
habe, ist Urlaub. Das ist grauenhaft für mich.
um gradlinig zu bleiben, nur um nicht von seinem
VfL Bochum weiter haben! Und so lange ich den
Wenn ich von morgens bis abends Golf spielen
Wort, das man gegeben hat, nicht abzurücken. In
noch habe, mache ich weiter. Ohne ihn bin ich
kann, bin ich gerade noch zu ertragen, aber ich
einer Situation, in der es gar nicht nötig war, diese
auch nicht mehr ich.“ (jm)
könnte niemals mehr als eine Woche am Stück an
gewisse Engstirnigkeit an den Tag gelegt zu haben.
einem Ort sein, um Urlaub zu machen.“ Die „Har-
Das würde mir nicht noch einmal passieren.“
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06
NEUES VON BODO | www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
bodo ist für Sie da montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr unter dieser zentralen Rufnummer: 0231 – 950 978 0 Mail: info@bodoev.de | Fax: 0231 – 950 978 20
Geschäftsleitung Tanja Walter verein@bodoev.de
Verwaltung Brigitte Cordes info@bodoev.de
Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit
1, 2, 3 mal ausgebildet
Rund um den Nordmarkt
Der 10. Juli war für unsere Auszubildenden San-
Am 13. Juli führten Vilim Brezina von den Urba-
dra, Steffi und Julia – und natürlich für uns –
nisten e.V. und bodo-Redakteur Sebastian Sell-
ein Tag zum Feiern! Die mündlichen Prüfungen
horst durch das Quartier Nordmarkt der Dort-
zum Abschluss verließen alle drei mit zum Teil
munder Nordstadt.
herausragenden Noten und einem nie in Frage stehenden „bestanden“.
Über 50 TeilnehmerInnen nahmen an dem Rundgang mit der Überschrift „Zwei halbe Wahrheiten“
Sandra ist nun fertig ausgebildete Verkäuferin,
teil und ließen sich während der zweistündigen
Steffi hat die dreijährige Ausbildung zur Einzel-
Führung Orte zeigen, an denen die sozialen Brenn-
handelsverkäuferin abgeschlossen und Julia bleibt
punkte der Nordstadt in direktem Kontrast zu
nach großartigem Abschluss für ein drittes Ausbil-
spannenden Stadtteil-Projekten stehen.
dungsjahr bei uns.
Der Rundgang startete vor der Auslandsgesellschaft
Bastian Pütter
Mit unserer verbleibenden Auszubildenden Vanes-
Dortmund, vor der ein Mahnmal zum Gedenken der
redaktion@bodoev.de
sa sind nun zwei junge Mütter in unserem Buch-
Opfer der rechtsextremen Vereinigung „National-
projekt, denen mit dem innovativen Modell der
sozialistischer Untergrund“ eingeweiht wurde. Am
Berufsausbildung in Teilzeit hervorragende Per-
Bürgergarten „Kleine Heroldwiese“ stellten die
spektiven für den Einstieg in den Arbeitsmarkt
Urbanisten ein Gartenprojekt vor, das versucht,
offenstehen. Wir freuen uns auf mindestens noch
zusammen mit den Bürgern der umliegenden Wohn-
Vertrieb
ein Jahr mit den beiden und wünschen Sandra und
häuser die Nordstadt zu verschönern.
Oliver Philipp
Steffi alles erdenklich Gute!
vertrieb@bodoev.de
bodos Bücher
Nur wenige Meter weiter führte der Rundgang vor-
Vielleicht entdecken Sie bei Ihrem nächsten Be-
bei an der Mallinckrodtstraße, an der Zuwanderer
such in unserem Buchladen auch ein neues Ge-
ohne Arbeitserlaubnis unter widrigsten Bedingun-
sicht. Neue wie „alte“ Mitarbeiter freuen sich über
gen ihre Arbeitskraft an lokale Unternehmer an-
Ihre Buchspenden genau wie über Ihren Einkauf
bieten. Nach zwei Stunden endete die Führung am
bei uns, denn: Bücher schaffen Stellen.
Nordmarkt, wo in einer offenen Gesprächsrunde
Suzanne Präkelt
persönliche Erfahrungen der teilnehmenden Bür-
buch@bodoev.de
ger mit dem Viertel thematisiert wurden.
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bodos Bücher Online Gordon Smith basar@bodoev.de
Optik Meier Transporte und Sachspenden Brunhilde Dörscheln transport@bodoev.de
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MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH
biken für bodo
Bücher wiegen
Liebe bodo-Leser,
Am Sonntag, den 14. Juli fand bei Sonnenschein
Nach dem schönen Erfolg im Juni wiederholt unser
recht herzlichen Dank für den Kauf die-
und angenehmen Temperaturen die zweite Cha-
Buchladen am Schwanenwall die Aktion „Darf‘s
ser bodo-Zeitung. Nun viel Lesespaß.
rity-Motorrad „biken für bodo“ statt.
ein bisschen mehr sein“. An allen Samstagen im
Mehr als 50 TeilnehmerInnen trafen sich am Vereins-
August gibt es Urlaubslektüre zu Kilopreisen!
Ich bin froh, dass ich wieder zu Hause bin, nachdem heute Vormittag die Ver-
sitz von bodo und brachen am frühen Nachmittag in
„Auf großen Sonderflächen bieten wir gute, sau-
käuferversammlung stattfand. Und wer
sechs Gruppen mit je einem Tourguide auf ins Ober-
bere und oft neuwertige Bücher an, die wir sonst
nervt den restlichen Tag? Minka, mein
bergische Land. Der 160 km lange Rundkurs führte
auf Buchmärkten verkaufen“, sagt Buchhändlerin
Katzenmädchen. Naja, soll sie auch,
zurück zum Dortmunder Schwanenwall, wo nach
Suzanne Präkelt. „Das Angebot hat viele Menschen
denn Minka ist schon eine betagte
vierstündiger Fahrt Deftiges vom Grill und kalte Ge-
neugierig gemacht, einmal bei uns vorbeizuschau-
Dame mit ihren 18 Jahren.
tränke die Fahrerinnen und Fahrer erwarteten.
en. Eine tolle Gelegenheit, unsere Arbeit vorzustel-
Die Organisatoren von „biken für bodo“ wollten Geld für unsere Beratungsangebote sammeln und so spendete jeder Fahrer, aber auch viele Motor-
len.“ Der Buchladen ist auch eine Ausgabestelle des Straßenmagazins, im Stockwerk über dem Ladenlokal arbeitet die Redaktion am nächsten Heft.
Nun ist es wieder soweit beim Rewe in Kirchlinde. Dort wird das fünfjährige Bestehen gefeiert. Nicht nur, dass Rewe sein 100jähriges feiert. Unter anderem
radfreunde, die nicht teilnehmen konnten, Geld,
Aus Tausenden Büchern kann ausgewählt werden,
war neben verschiedenen Ständen auch
so dass großartige 1.800 Euro zusammenkamen.
an der Kasse wird mit einer richtigen Metzgerwaa-
der Rewe Showtruck mit seinen Aktio-
ge ausgewogen: 1,99 Euro pro angefangenes Kilo.
nen dabei. Ich kann nur eins sagen: Es
Die Gelegenheit, sich mit Balkon- oder Strand-
war schön.
Marcus Parzonka, geschäftsführender Gesellschafter der AS Antriebs- und Systemtechnik GmbH in Dortmund, hatte bereits vorher angekündigt, die Spendensumme zu verdoppeln und erhöhte am Abend ein weiteres Mal, um auf eine „runde Summe“ zu kommen, wie er sagte. bodo dankt Marcus Parzonka, Organisatorin Betty André, allen Mitfahrenden und allen Helfern herzlich! Wir freuen uns jetzt schon auf „biken für
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lektüre einzudecken: Eine ganze Palette Krimis, Romane, Reiseführer und hochwertige Bildbände haben die bodo-Auszubildenen ausgewählt.
Außerdem habe ich eine Weile Urlaub zu Hause gemacht. Andere machen Urlaub in Spanien, Mallorca oder sonst wo. Ich
Auch wochentags lohnt der Besuch am Schwanen-
mache auch Urlaub und wenn es zu Hau-
wall. 10.000 Bücher bis 50 Euro warten in den gut
se ist.
gefüllten Regalen. Die ganze Woche über kosten Bücher auf den Aktionsflächen nur zwei Euro.
Heute war ich etwas einkaufen, dann Krankenhausbesuch, dann Überschwemmungen ohne Ende. Die gehen langsam
bodo“, die Dritte.
zurück. Wo ich wohne, war erst afrikanische Hitze und heute stürmisches, ANZEIGE
nächtliches Unwetter in den Mittagsstunden mit mehr Überschwemmungen. Echt ätzend, sowas. Wird Zeit, dass ich ins Bett komme, trotz Sonnenschein um 21 Uhr. Tagsüber hatte es geregnet. Ein letzter Blick aus dem Fenster und was sehe ich: einen Regenbogen. Super! Nun wünsche ich Euch viel Freude mit dieser Zeitung und viel Spaß im Urlaub, Eure Bodoline Maike.
7
08 REPORTAGE | von Bianka Boyke | Fotos: Daniel Sadrowski
Ein See für alle? Ein Blick auf das Naherholungsgebiet
„Das Gelände des Phoenix-Sees ist eine öffentliche Naherholungseinrichtung der Stadt Dortmund und dient im Rahmen dieser Satzung jedermann zur Erholung, Freizeitgestaltung und sportlichen Betätigung“, heißt es in § 1 der Satzung der Stadt Dortmund über den Phoenix-See. Was erst einmal gar nicht schlecht klingt, ist allerdings vielen weiteren Regeln unterworfen. Baden und Grillen sind verboten, Angeln und das Nutzen von Paddelbooten lediglich nicht gestattet. Wir wollten wissen: Wie sieht die Realität des Naherholungsgebiets Phoenix-See aus? Wer trifft sich hier, wer meidet den See? Und was kann, was muss sich noch ändern? bodo-Fotograf Daniel Sadrowski und bodo-Redakteurin Bianka Boyke haben sich mit Jürgen Evert zu einem Rundgang am Phoenix-See getroffen. Der Fotograf und freiberufliche Stadtplaner Evert beobachtet den Wandel hier schon lange und sorgte mit seinen Fotos, die den Kontrast zwischen den kostspieligen Bauwerken am Phoenix-See und den maroden Mehrfamilienhäusern in direkter Nachbarschaft zeigen, für Diskussionsstoff. Dennoch mag er das Naherholungsgebiet sehr gerne. Ich habe einen Parkplatz ganz nah am See gefunden und bin positiv überrascht, hier gar keinen Parkscheinautomaten füttern zu müssen. Sie merken: Ich gehöre nicht zu den regelmäßigen Phoenix-See-Gängern. Daniel und Jürgen Evert warten bereits am alten Konverter auf der Kulturinsel auf mich. Auch Daniel ist selten am See. „Wenn man hier grillen dürfte, wäre es für mich vielleicht interessant“, sagt er. Für mich müsste sich da schon mehr ändern. Denn wenn ich mit meinen Kindern unterwegs bin, möchten die rennen, hüpfen, springen, durchs Gebüsch streifen und Blumen pflücken. Und irgendwann müssen sie dann 8
09
Phoenix-See
auch mal ganz schnell auf die Toilette. Am Phoenix-See hingegen hieße es: Rennen – bis zum nächsten Gastronomen. Für einen entspannten Familienausflug mit kleinen Kindern ist der See damit wenig attraktiv. „Was gefällt Ihnen denn besonders gut am Naherholungsgebiet Phoenix-See?“, frage ich nun Jürgen Evert. „Natürlich interessiert mich der See vor allem als Fotograf. Der Strukturwandel rund um den See ist einfach sehr spannend. Und Wasser hat immer auch etwas von Urlaub und Erholung.“ Da geben Daniel und ich ihm natürlich recht.
Ω Jürgen Evert, Fotograf und freiberuflicher Stadtplaner.
Zwei Frauen gehen mit ihren Hunden an uns vorbei. Ich frage sie, was ihnen am See besonders gut gefällt. „Wir wohnen dort oben im Steinkühlerweg. Für einen kleinen Spaziergang gehen wir gelegentlich an den
∆ Freizeit mit eingeschränkter
See. Natürlich dürfen wir unsere Hunde hier nicht laufen lassen und kommen für große Spaziergänge deshalb
Freiheit: Naherholung am See ist
nicht hierher.“ Selbstverständlich ist es verboten, dass Hunde hier ihr „Geschäft“ erledigen, für den Notfall
vielen Regeln unterworfen.
soll es Tüten geben. „Aber die Tütenspender sind eigentlich immer leer“, sagt Michaela Bernd. Während der wenigen Minuten unseres Gesprächs laufen die beiden Hunde immer wieder unruhig zum Wasser, möchten den Enten am liebsten hinterherjagen. Zwar schlendern die beiden Frauen heute recht gemütlich durch die Sonne, müssen ihre Hunde dabei allerdings immer kurz an der Leine halten und sich einiges anhören: „Da, schon wieder ein Hund, der gleich hier hinkackt. Hunde sollten hier wirklich verboten werden“, höre auch ich eine Rentnerin und ihren Mann schimpfen. Und vielleicht auch noch Enten? Denn bei dem – zugegeben – sehr vielen Kot, der sich über große Flächen von Steg, Spazierweg und Wiese verteilt, handelt es sich um Entenkot. 9
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Für Michaela Bernd und ihre Freundin samt Hunden ist der See nur für kürzere Spaziergänge geeignet. „Und das auch nur unter der Woche“, ergänzen die beiden. „Am Wochenende ist es hier oft so voll, dass ich nicht mal vor meinem eigenen Haus auf der Terrasse sitzen möchte“, sagt Michaela Bernd. „Der Lärm zieht von hier unten dann richtig nach oben.“ „Das ist ein Problem – stimmt“, sagt Jürgen Evert. Der Hall müsse sich durch die Vegetation allerdings bald in Luft auflösen. Das Pflanzenwachstum dürfte auch dem Rentnerpärchen helfen, das auch über eine fehlende Bank im Schatten klagt. Ein paar Meter weiter hingegen genießt eine Gruppe von Mädchen auf einer Liegefläche die Sonne. „Wir chillen hier einfach ein bisschen. Ist ganz nett hier“, sagen sie cool. Aus sicherer Entfernung werden sie von ein paar Jungen beobachtet. Man präsentiert sich. Für das bekannte Spiel wären die Jugendlichen natürlich lieber unter sich. Gern gesehene Gäste scheinen Jugendliche dann auch nicht wirklich zu sein, denn die Satzung verbietet neben Blumenpflücken und dem Verlassen der Wege Modellflieger, ferngesteuerte Modellautos und auch den Aufenthalt „in einem erkennbaren Rauschzustand“. Weiter heißt es: „Ebenfalls untersagt sind ständig wiederkehrende ortsfeste Ansammlungen von Personen, von denen regelmäßige Störungen ausgehen.“ Ein offizieller Treffpunkt für Jugendliche ist folgerichtig nicht vorgesehen. Wir sehen junge Pärchen auf Inlineskates, Hausfrauen, die sich zum Walken verabredet haben. Es ist nicht voll am Phoenix-See, eher ein ruhiger Nachmittag. Dabei wäre der See ein Gewinn für das im Vergleich arme und kinderreiche Hörde. Der Anteil Jugendlicher und auch der von jungen Arbeitslosen und Kindern im SGB-II-Bezug liegt zum Teil deutlich über dem Stadtdurchschnitt, die Siedlung Clarenberg liegt in unmittelbarer Nähe zum See. Für wen das Projekt bisher sehr gut funktioniert? „Für Paare mit zwei Verdienern und ohne Kinder – auch als Wohnraum“, meint Evert. 10
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Wir gehen Richtung Hermannstraße. Jürgen Evert möchte uns ein bereits seit Langem leer stehendes Gebäude zeigen. Seine große Hoffnung: „Dass hier am See noch ein sozialer Mietwohnungsbau stattfindet.“ Wo das möglich wäre, zeigt Evert uns jetzt. Denn rund um den Phoenix-See gibt es tatsächlich noch immer zahlreiche Leerstände und auch Brachen, die sich sehr gut für eine solche Nutzung eignen würden. Wir fahren durch die Weingartenstraße und zum Remberg. Jürgen Evert zeigt uns, wo ehemalige Mieter aus ihren Häusern vertrieben wurden, um sie für neue Mieter umzubauen. Rückwände werden abgerissen, kleine Hausgemein-
Ω Für wen das Projekt bisher sehr
schaftsgärten durch größere Wohnungen und Balkone ersetzt. Und er zeigt uns auch eine große Fläche Grabeland,
gut funktioniert? „Für Paare mit
auf der seiner Meinung nach Platz für günstigen Wohnraum wäre. „Ich verstehe wirklich nicht, wie ein Bürgermeis-
zwei Verdienern und ohne Kinder“,
ter, der immerhin gelernter Stadtplaner ist, zu diesem Projekt sein okay gab und dadurch für diese Gentrifizierung
meint Evert.
sorgte. Gewinner und Verlierer des Strukturwandels treffen hier unmittelbar aufeinander, und die Polarisierung dieser Bevölkerungsgruppen trägt nun zu weiterer Benachteiligung und Stigmatisierung bei“, so Evert. Er wünscht
∆ Verlierer und Gewinner des
sich mehr Transparenz und Mitbestimmung: „Man muss schauen: Wer braucht was? Familien mit Kindern brauchen
Strukturwandels: Ehemalige
mehrere kleine Kinderzimmer statt eines riesigen Wohnbereichs, Ältere müssen barrierefrei wohnen.“
Mieter wurden aus ihren Häusern vertrieben, um sie für neue Mieter
Derzeit findet eine Privatisierung des Phoenix-Sees statt, obwohl die neue Stadtlandschaft mit öffentlichen
umzubauen.
Fördermitteln entstanden ist. Unser Fazit: Damit die öffentliche Naherholungseinrichtung wirklich jedermann zur Erholung, Freizeitgestaltung und sportlichen Betätigung dient, muss sich noch einiges ändern. Und bis es soweit ist, sollte ein großer Teil der Einnahmen, die die Stadt Dortmund durch den Phoenix-See hat, immer unmittelbar jenen zugute kommen, die vom See (noch) nicht profitieren – Kindern, Jugendlichen, Alten, Kranken, und damit zum Beispiel den Einrichtungen, die sich um jene kümmern. Bezahlt haben die das Naherholungsgebiet schließlich auch. (bb) 11
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RECHT | von Rechtsanwalt René Boyke
Darf man eine eBay-Auktion ohne Folgen vorzeitig beenden?
KULTUR | von Bastian Pütter | Foto: Daniel Sadrowski
Die Rheinische Straße 135:
Erst braun, jetzt bunt
Wer eine eBay-Auktion, auf die bereits Gebote
Dass heute ein Jugendzentrum mit städtischen Mitteln neu geschaffen wird, ist schon eine Sel-
abgegeben wurden, vorzeitig beendet, kann
tenheit. Der Fall des JKC an der Rheinischen Straße 135 hingegen ist einzigartig: Die „R135“ war
sich eine Menge Ärger einhandeln. Der Grund:
Zentrum der inzwischen verbotenen Neonazi-Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“.
Die allgemeinen Geschäftsbedingungen von
Die Stadt kaufte das Haus und kündigte die Mietverträge. Im Erdgeschoss entstand das Jugend-
eBay. Diese sehen vor, dass bei Beendigung der
und Kulturcafé „JKC“, nach der nun beginnenden Sanierung zieht darüber das Respekt-Büro der
Auktion ein Kaufvertrag mit dem Höchstbieten-
Stadt mit seinem politischen Bildungsangebot ein. bodo sprach mit Niclas Meier (JKC) und Stefan
den besteht. Dabei spielt es grundsätzlich kei-
Woßmann (Respekt-Büro).
ne Rolle, wie die Auktion beendet wurde; also durch Zeitablauf oder vorzeitigen Abbruch. Die Folge: Der Käufer ist grundsätzlich verpflichtet, den Artikel gegen Zahlung des Höchstgebots herauszugeben. Falls der Verkäufer den Artikel nicht mehr herausgeben kann – etwa weil er diesen an eine andere Person verkauft und übergeben hat – muss er dem Höchstbietenden grundsätzlich Schadensersatz zahlen. Dessen Höhe beträgt häufig die Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert des Artikels und der Höhe des Höchstgebots. Das können mehrere tausend Euro sein. Doch es gibt einige Ausnahmen von diesen Regeln. Über eine hatte das Landgericht Bochum zu entscheiden. Im vorliegenden Fall hatte der Verkäufer einen PKW (Wert: ca. 4.200 Euro) über eine ebay-Auktion zum Verkauf angeboten. Als das Höchstgebot bei lediglich einem Euro stand, beendete der Verkäufer die Auktion vorzeitig. Da dieser den PKW jedoch nicht hergab, verklagte ihn der Höchstbietende auf Übergabe des PKW gegen Zahlung des Höchstgebots bzw. auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 4.199 Euro – und verlor die Klage. Das Gericht war der Ansicht, dass der „Verkäufer“ die Auktion ausnahmsweise vorzeitig beenden durfte, weil nach Beginn der Auktion ein Mangel am PKW auftauchte (defekte Klimaanlage). Das Gericht führte aus, dass dieser Umstand den Verkäufer nach den eBay-AGB berechtigte, die Auktion vorzeitig zu beenden und verwies ebenfalls auf ein Urteil des Bundesgerichtshof, in dem dieser für den Fall des Diebstahls der Auktionsware entschieden hatte, dass ein solcher einen Beendigungsgrund darstelle. Gleiches, so das Gericht, müsse aber auch gelten, wenn nach Start der Auktion an dem Artikel ein Fehler auftritt, der den Käufer zum Rücktritt vom Vertrag berechtigen würde. Der Fall zeigt einmal mehr, dass vor vorzeitiger Beendigung einer eBay-Auktion genau geprüft werden sollte, ob die Beendigung ohne Risiko
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möglich ist. (rb) www.kanzlei-boyke.de
„Zurzeit ist das eine halbe Baustelle“, entschul-
Sanierungsmaßnahmen und es wird klar, was er
digt sich Niclas Meier, dabei sieht das geräu-
meint: Neue Fenster, Decken, Böden, Toiletten,
mige Ladenlokal mit Kicker, Tischen und viel
ein Eingang an anderer Stelle – hier wird in den
Streetart und Graffiti an den Wänden gar nicht
kommenden Monaten kaum ein Stein auf dem
so aus. Dann erklärt Meier die anstehenden
anderen bleiben.
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WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast
wildkraeuter.bodo/32_maedesuess/ Eigentlich könnte die Wildkräuterkolum-
vor der Lese vielleicht angekündigt hat,
ne immer mit dem Wörtchen „eigentlich“
es könne mit einem ausgesprochen guten
beginnen. Es liegt an der Natur der Na-
Jahrgang gerechnet werden. Angeblich
tur, dass sie oft andere Sachen macht,
wollen die Kunden das so. Eine definierte
Eine Bühne wird das JKC zum Veranstaltungsort
als ich mir das denke. Eigentlich wollte
Marke. Demnach gehöre ich wahrschein-
machen, Durchbrüche werden die Wohnungen
ich Anfang Juni mit einigen Freunden
lich nicht in deren Kreise.
in den Obergeschossen an die Bedürfnisse des
einen Cocktail auf Weißdornblütenbasis
Respekt-Büros anpassen. „Jugendkultur unten,
genießen. Eine Woche vor dem verabre-
Jugendbildung oben“, fasst Stefan Woßmann
deten Datum schaute ich mir die Büsche
zusammen. „Das hier unten ist keine Jugendfrei-
noch mal an. Sah alles bestens aus. Dann
zeitstätte, sondern wir machen jugendkulturelle
kamen, vielleicht erinnern Sie sich, drei,
Angebote mit Impulsen und Ideen, die von den
vier heiße Tage mit starkem Wind, und
Jugendlichen kommen“, erklärt Niclas Meier. „Das
als ich ernten wollte, lagen alle Blüten
können HipHop-Abende, Rockkonzerte, Slams
auf dem Boden.
oder Lesungen sein.“ Oder wie zuletzt eine vier-
Zurück zum Mädesüß. Längst nicht so bekannt wie zum Beispiel Brennnessel oder Löwenzahn, haben Sie die an feuchten Stadtorten wachsende, auffällige Pflanze bestimmt schon einmal gesehen. Sie wird bis zu 150 cm hoch, besitzt zusammengesetzte Blätter mit bis zu fünf großen und kleinen Teilblattpaaren und einen
Eigentlich wollte ich in diesem Monat
puscheligen, schmutzig weißen Blüten-
über Rainfarn schreiben, da die Tem-
stand. Der riecht mandelartig und ausge-
peraturen aber wieder gefallen waren,
sprochen gut. Zu den Inhaltsstoffen der
nachdem sich die Sache mit dem Weiß-
Pflanze zählt unter anderem ein äthe-
dorn erledigt hatte, blühte der Rainfarn
risches Öl mit Vanillin. Angeblich ließ
bei Redaktionsschluss noch nicht, wes-
Königin Elisabeth I. die Blüten in ihre
wegen es heuer um Mädesüß geht. Mit
Gemächer streuen. Wenn man bedenkt,
dem Kraut habe ich im vergangenen Jahr
welchen Gerüchen selbst Königinnen im
experimentiert, es reicht also ein Griff
16. Jahrhundert ausgesetzt waren, eine
ins Archiv.
gute Idee.
ehemaligen „Nationalen Zentrum“. Sorge ange-
Eigentlich liegt darin ein Teil des Reizes
Mein Vorschlag wäre, aus den Blüten ei-
sichts dieser Altlasten? Niclas Meier: „Das Haus
der Wildkräuterküche. Man macht die
nen Sirup zu bereiten, der dem weitaus
steht allen Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Erfahrung, dass Essen tatsächlich etwas
populäreren Holunderblütensirup nicht
aus dem Quartier offen. Rassismus, Ausgrenzung
mit Natur zu tun hat. Sonst bekommt
nachsteht. Man kocht 2kg Zucker in 3l
und rechts- oder linksextreme politische Betä-
man das ja nur mittelbar über den Preis
Wasser auf, so dass eine klare Flüssigkeit
tigung werden wir nicht dulden.“ Das JKC wolle
zu spüren. Wenn, wie in diesem Jahr, das
entsteht, die man wieder abkühlen lässt.
durch sein Programm überzeugen. Angesichts des
Statistische Bundesamt in Wiesbaden
Dann gibt man 3 in Scheiben geschnitte-
bunten Profils, für das die Nutzer aus dem Viertel
verlautbaren lässt, die Kirschernte wür-
ne, unbehandelte Orangen zu, 40g gelös-
sorgten, sei das Haus für die Rechten wohl auch
de aufgrund des nasskalten Wetters zur
te Zitronensäure und, je nach Größe, bis
nicht mehr interessant.
Blütezeit mau ausfallen, darf man sicher
zu 20 Mädesüßblütenstände. Zugedeckt,
wöchige Malwerkstatt mit Jugendlichen aus dem Viertel. „Dafür haben wir im Stadtteil, in Schulen und z.B. beim Westparkfest geworben und hatten eine gute Resonanz. Inzwischen kennen viele das Haus. Die Tür ist offen und die Leute kommen von allein.“ Übrigens auch unliebsame Gäste. Zur Eröffnung erschienen die Mitglieder der verbotenen NaziKameradschaft und posierten für Fotos in ihrem
sein, tiefer ins Portemonnaie greifen zu
in einem großen Gefäß, lässt man alles
Direkt über dem JKC werden die hingegen Thema
müssen. Weil diese Unvorhersehbarkei-
eine Woche stehen, filtert ab und füllt
sein. Das bisher im Fritz-Henßler-Haus gegenüber
ten den Markt stören, wird seit langem
das Resultat in Flaschen.
von bodo ansässige Respekt-Büro macht Bildungs-
an einer Entkopplung gearbeitet. Längst
angebote, um Toleranz, Zivilcourage und interkul-
gibt es erdbeerfreien Erdbeerjoghurt,
tureller Kompetenz zu stärken sowie Rechtsextre-
der trotzdem nach Erdbeeren schmeckt.
mismus zu bekämpfen. Stefan Woßmann führt durch
Kaum jemand wundert sich, dass vie-
die Wohnungen und zeigt, wo bald Beratung für
le Weine Jahr für Jahr den selben Ge-
Lehrer, Eltern und Angehörige von Rechtsextremen
schmack haben, obwohl
stattfinden wird. Im zweiten Obergeschoss soll ein
das Statistische
Gruppenraum entstehen, in dem auch Schulklassen
Bundesamt
Der vielseitig verwendbare Sirup bildet auch die Basis eines erfrischenden Cocktails. Mischen Sie 2 Teile Sirup und 3 Teile trockenen Sekt, geben Sie ein wenig Campari zu, 2 Eiswürfel und eine Orangenscheibe zur Dekoration. (wk)
Platz haben. „Für uns ist es erst einmal nur ein Umzug in größere und besser nutzbare Räume“, sagt Woßmann. „Natürlich hat die Geschichte dieses Hauses auch Bezug zu unserer Arbeit, aber uns geht es um die Gegenwart und um die Zukunft. Wir arbeiten in den gleichen Feldern, in denen die Rechten versuchen, auf junge Menschen zu wirken. Wir setzen Rassismus und antidemokratischen Werte, unsere Arbeit entgegen.“ (bp)
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REPORTAGE | von Bianka Boyke | Fotos: Daniel Sadrowski · Dr. Birgit Rumpel
»Das war heute wieder ein wunderschöner Tag!« Zu Besuch bei der Tagespflege in Witten
Immer mehr Menschen kommen in ein Pfle-
gelähmt. Der Fahrdienst bringt sie bis zum Gar-
so viel trinken wie er möchte, doch viele ver-
geheim, wenn sie sich zu Hause nicht mehr
tentor. Dort nimmt Rebecca Mensah sie in Emp-
gessen das einfach, und darum machen wir auf
selbst versorgen können. Dabei würden die
fang. „Guten Morgen, Frau Starke“, sagt sie mit
jeden Fall drei Mal am Tag eine Getränkerun-
meisten lieber zu Hause leben, auch wenn sie
einem strahlenden Lächeln. „Ja, heute ist wirklich
de – neben den Getränken zu den Mahlzeiten.
alt, krank oder behindert sind. Die Tages-
ein richtig schöner Morgen“, sagt die 62jährige
Durch die festen Zeiten können wir den Gästen
pflege Witten unterstützt Angehörige, die
und bleibt noch einen Moment im schön angeleg-
Zeit zum Trinken geben und gleichzeitig die
ihre Lieben zu Hause pflegen und tageweise
ten Rosengarten, bis die nächsten Gäste kommen.
getrunkenen Mengen besser nachhalten, was
Entlastung brauchen. bodo-Redakteurin Bian-
„Jetzt muss ich Platz machen“, sagt sie.
bei einigen Krankheitsbildern sogar notwendig
ka Boyke und bodo-Fotograf Daniel Sadrowski besuchten die Einrichtung und stellten
ist“, erklärt Rebecca Mensah. 14 Gäste kommen heute in die Tagespflege. Die
glücklich fest, dass sie mit einem klassischen
einzelnen Tage können individuell gebucht wer-
Um Viertel nach neun sind alle heutigen Gäste
Altersheim so gar nichts gemein hat.
den. Betreut wird montags bis freitags von 8 bis
angekommen und es wird gemütlich gefrühstückt. Wer Hilfe braucht, dem wird geholfen – von den Angestellten oder auch den anderen Besuchern der Einrichtung. „Auch beim Basteln unterstützen sich die Gäste gegenseitig“, erzählt Rebecca Mensah. „Wir haben Besucher, die halbseitig gelähmt sind, und da unterstützen die Sitznachbarn sich wie selbstverständlich zum Beispiel beim Ausschneiden.“ Man spürt, dass es in der Tagespflege Witten stets ein höfliches Miteinander gibt. „Streit unter den Gästen gibt es eigentlich nie, und falls wir doch mal Besucher haben, die sich so gar nicht verstehen, versuchen wir, sie an unterschiedlichen Tagen zu empfangen oder – so gut es geht – zu trennen. Unsere Gäste sollen sich wohlfühlen, während sie bei uns sind und das Leben genießen.“ „Immer wieder kommt ein neuer Frühling, immer wieder kommt ein neuer März…“, beginnt Ramona Kabs zu singen. Mit dem gemeinsamen Singen des Tagesliedes wird das Frühstück jeden Morgen
Es ist 8 Uhr morgens. Die ersten Betreuungs-
16 Uhr und an jedem dritten Samstag des
beendet. Danach geht es heute in den Garten
gäste kommen gleich mit dem Fahrdienst oder
Monats von 9 bis 16 Uhr. Die Pflegefach- und
auf die Terrasse. Dort steht bereits für jeden
werden von ihren Angehörigen gebracht. Die
Betreuungskräfte arbeiten täglich zwischen
ein Stuhl bereit. „Die Markise ist noch gar nicht
Tagespflege Witten ist beliebt, das Einzugsgebiet
vier und sechs Stunden. Hinzu kommen eine
draußen“, bemerkt Gerlinde Starke. Doch jetzt,
dementsprechend groß. „Neben dem gesamten
Hauswirtschaftskraft und ein Praktikant. „Wir
um 10 Uhr, ist die Sonne noch nicht zu heiß.
Raum Witten kommen unsere Gäste auch aus
arbeiten in zwei Schichten, im Früh- und Spät-
Barbara Danch kommt und bringt einen großen
den angrenzenden Städten Wetter und Herdecke
dienst, um den Gästen einen abwechslungsrei-
Gymnastikball mit.
sowie aus Bochum-Langendreer und Dortmund-
chen, heiteren und aktiven Tag zu ermöglichen“,
Lütgendortmund“, sagt Leiterin Rebecca Mensah.
erklärt Rebecca Mensah.
Heute ist Gerlinde Starke die Erste. Sie sitzt nach
Noch vor dem Frühstück gibt es für alle erst
Gedächtnistraining, Kommunikation etc. Einige
einem Schlaganfall im Rollstuhl, ist linksseitig
einmal etwas zu trinken. „Natürlich kann jeder
Gäste bekommen zusätzliche Anwendungen wie
Jeden Tag gibt es unterschiedliche Angebote aus den Bereichen Bewegung, Kreativität,
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Logopädie und Ergotherapie direkt in der Ein-
„Jeder hatte mal ein Haustier, ist mit Hühnern
Uhr im Garten weitergeht. Nach der obligato-
richtung. Außerdem kommen regelmäßig Kin-
groß geworden oder erzählt einfach, welches
rischen Getränkerunde gibt es ein Gedächtnis-
dergartenkinder und auch ein Hund zu Besuch,
sein Lieblingstier ist“, erklärt Rebecca Mensah,
training – heute zum Thema Schwimmen. „Wir
und es gibt Mottowochen, wie etwa zuletzt das
warum so ein Kaninchenstall den Alltag der
wollen ins Schwimmbad gehen“, sagt Rebecca
Oktoberfest, mit unterschiedlichen Aktionen.
Gäste so sehr bereichert.
Mensah. „Was müssen wir denn dafür alles einpacken? Also ich packe schon mal meinen
„Und natürlich hatten wir alle Dirndl an“, lacht Rebecca Mensah.
Nach dem kleinen Spaziergang durch den Garten
Badeanzug ein“, sagt die 27jährige, greift in
folgt die tägliche Zeitungsrunde mit einer
die Luft und stopft den imaginären Badean-
Wittener Tageszeitung. Wie jeden Tag geht es
zug in den bunten Stoffbeutel, der auf ihren
zuerst ums Weltgeschehen. Die Gäste sollen
Knien liegt, und gibt ihn nach links weiter.
in die Realität geholt werden und tauen im
„Was packen denn Sie ein, Herr Müller?“ Kurzes
Gespräch richtig auf. Die aktuelle Hochwassersi-
Schweigen. Ein Tipp: „Nach dem Schwimmen
tuation in Deutschland beschäftigt alle. Susanne
wollen sie sich bestimmt abtrocknen.“ „Dann
Latton tritt zur eifrig diskutierenden Runde und
packe ich wohl lieber ein Handtuch ein“, sagt
berichtet von Freunden, die aus ihren Häusern
Herr Müller und lächelt. Weiter geht es bei
ausziehen mussten. Sie selbst kommt aus dem
Gerlinde Starke, die eine Taucherbrille ein-
sächsischen Döbeln.
packt. Die Zeit vergeht schnell. Es ist bereits 15.20: Kaffeezeit. Gemütlich geht es auch hier
12.15 Uhr: Mittagessen. An Tagen mit nicht
zu. Gegen Viertel vor vier lassen alle den Tag
so schönem Wetter werden die Mitbewohner
gemeinsam Revue passieren, und das Personal
am Kochen beteiligt. Da werden Kartoffeln
nimmt sich die Zeit, jeden einzelnen Gast mit
geschält, Gemüse klein geschnitten oder Soßen
einem Lächeln zu verabschieden.
„Spiele mache ich besonders gerne. Tanzen kann
angerührt. Doch so wird Gerlinde Starke heute
„Das war heute wieder ein wunderschöner
ich ja nicht mehr.“
überrascht. „Mein Lieblingsessen – dicke
Tag“, sagt Gerlinde Starke, und Rebecca
weiße Bohnen und zum Nachtisch Eis. Toll.“
Mensah freut sich: „Für meine Mitarbeiter und
Gemeinsam gehen wir jetzt durch den Sinnes-
Von jedem der Gäste wird eine „Essbiografie“
mich ist dies das schönste Lob und die größte
garten zum Kaninchenstall. Der wurde beim
geführt, sodass von jedem einzelnen die Lieb-
Motivation.“ (bb)
Frühlingsfest im April ganz feierlich eingeweiht.
lingsgerichte und bevorzugten Speisen gekocht
Viele der heutigen Gäste waren dabei, als die
werden können.
Leiterin Rebecca Mensah
Heute wird das Bewegungsangebot mit Gedächtnistraining kombiniert. Barbara Danch rollt Frau Adam den Ball zu. „Nun rollen Sie den Ball doch bitte zu Frau Schmidt.“ Einen Moment sitzt Frau Adam ganz ruhig da, schaut sich die einzelnen Gesichter an, überlegt. Ah. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, und sie rollt den Ball mit Schwung einmal quer über die Terrasse. „Sehr gut“, sagt Barbara Danch. Eine ganze Weile rollt der Ball immer wieder kreuz und quer über die Terrasse, bis jeder Tagesgast mehrmals dran war. Gerline Starke erzählt, dass ihr besonders die Zusammengehörigkeit in der Einrichtung gut gefällt. „Das ganze Personal ist sehr nett“, sagt sie und lächelt Susanne Latton an, ihre Lieblingsmitarbeiterin. Seit ihrem Schlaganfall vor drei Jahren kommt sie dreimal pro Woche zur Wittener Tagespflege. „Alles, was ich im Rollstuhl mitmachen kann, mache ich mit“, sagt sie.
beiden Zwergkaninchen auf die Namen Peter und
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Paula getauft wurden. Rebecca Mensah erinnert
Gegen 13 Uhr beginnt die Mittagsruhe. Einige
INFO
sich besonders gut an die 99jährige Dame, die
Tagespflegegäste ziehen sich in den mit Bet-
Familien- und Krankenpflege – Tagespflege gGmbH
regelmäßig zu Gast ist. „Sie hat die beiden ge-
ten ausgestatteten Ruheraum zurück, um ein
Tagespflegeeinrichtung Wullener Feld
streichelt und dabei richtig schön gestrahlt.“ Die
bisschen zu dösen, andere nutzen Einzel- oder
Telefon: 02302 – 707 68 30
Tiere sorgen immer für einen regen Austausch.
Gruppenangebote, bevor das Programm um 14
www.familien-krankenpflege-witten.de
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VERKÄUFERGESCHICHTEN | protokolliert von Sebastian Sellhorst| Foto: Sebastian Sellhorst
Gökkan aus Dortmund: Mit 14 haut Gökkan das erste Mal von zu Hause ab. Mit 21 nimmt er das erste Mal Heroin. Die darauf folgenden zehn Jahre lebt er auf der Straße, bei Freunden und in Wohngemeinschaften. Seit zwei Jahren ist der 31jährige wieder clean. Immer begleitet hat ihn seine
»Jetzt fange ich noch mal ganz von vorne an.«
Liebe zur Malerei. Wir haben Gökkan in Dortmund getroffen, wo er uns seine Geschichte erzählt und eins seiner Bilder gezeigt hat. „Meine Eltern sind in den 70er Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Geboren bin ich in Bad Friedrichshall, in der Nähe von Stuttgart, aber aufgewachsen bin ich in Valbert in Rheinland-Pfalz. Dort bin ich auch zur Grundschule und später zur Realschule gegangen. Mit meinen Eltern gab es immer viel Streit, so bin ich mit 14 von zu Hause abgehauen. Die Zeit danach habe ich entweder in Heimen oder auf der Straße verbracht. In Unna habe ich eine Lehre als Gestaltungstechnischer Assistent begonnen. Das hat auch anfangs sehr gut funktioniert, bis ich mich von meiner damaligen Freundin getrennt habe. Danach ging es mit mir bergab. Ich hing auf der Straße herum, lernte die falschen Leute kennen und nahm irgendwann zum ersten Mal Drogen. Damals noch völlig unwissend, was ich da eigentlich tat. Irgendwann klärte mich ein Freund auf und erzählte mir, dass das Zeug, das ich da rauchte, Heroin war. Aber da war es schon zu spät. Danach folgte eine sehr dunkle Zeit. Ich hab in unterschiedlichen Städten gelebt. Mal auf der Straße, in Wohneinrichtungen für Obdachlose oder bei Bekannten. Ich hatte auch mal eine eigene Wohnung, aber richtiges Wohnen war das nicht. Ich hatte nur eine Matratze und sonst nichts. Viele der Bilder, die ich vor meiner Sucht gemalt hatte, habe ich in der Zeit verkauft. Oft für viel zu wenig Geld, weil es schnell gehen musste. Drei Jahre meines Lebens habe ich wegen Beschaffungskriminalität im Gefängnis verbracht. Dort habe ich auch die Malerei meiner Jugend
ßende Therapie in Frankfurt begeben habe. Die
tigste ist, ich habe etwas zu tun. Anfangs dachte
wieder für mich entdeckt. Als ich zehn war, habe
Zeit dort war schwer, selbst Zucker oder Zigaret-
ich noch, bodo wäre das gleiche wie Betteln. Aber
ich auf den Rändern von Zeitungen Daumenkinos
ten waren dort verboten, aber ich bin froh, dass
mittlerweile merke ich, dass fast alle Leute die
gezeichnet, wenn ich kein Papier hatte. Im Ge-
ich durchgehalten habe. Seit zwei Jahren bin ich
bodo lesen. Jetzt schaue ich selbst rein, bevor
fängnis habe ich dann von Mithäftlingen Fotos
jetzt clean. Manchmal kommt es mir vor, als wäre
ich verkaufen gehe, und informiere die Leute dar-
ihrer Angehörigen abgezeichnet. So hatten sie
ich jetzt erst geboren worden.
über, was in der aktuellen Ausgabe steht.
um mir Kaffee und Zigaretten zu leisten, denn be-
Wenn du gerade aus der Therapie kommst, kein
Seit zwei Monaten habe ich nach einem langen
sucht hat mich in der Zeit niemand.
Geld hast und dann noch den ganzen Tag Leute
Jahr auf der Straße wieder eine eigene Wohnung.
Geschenke für ihre Familien und ich etwas Geld,
um dich herum, die noch Drogen nehmen, ist das
Mit ein bisschen Glück kann ich nächstes Jahr eine
Den Entschluss, mein Leben zu ändern, fasste ich,
ein großes Problem. Da kam bodo genau richtig.
Lehre als Lackierer anfangen. In meiner neuen
als ich eine schwere Thrombose bekam und mir
Seit Ende des letzten Jahres verkaufe ich jetzt
Wohnung habe ich auch wieder angefangen zu ma-
mein Arzt sagte, dass ich, wenn ich nichts un-
auf der Saarlandstraße vor dem Bioladen „Frucht-
len. Mein Traum wäre es, irgendwann mal meine
ternehme, mein Bein verlieren werde. Das war für
bare Erde“ in Dortmund das Straßenmagazin. So
Bilder in einer Galerie auszustellen. Vielleicht wäre
mich so ein Schock, dass ich mich relativ schnell
kann ich mir auch mal außerhalb der üblichen Ein-
ich heute schon so weit, hätte ich nicht zehn Jahre
danach in eine Entgiftung und eine anschlie-
richtungen einen Kaffee kaufen, und das Wich-
an die Drogen verloren.“ (sese)
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DER KOMMENTAR | von Bastian Pütter
Staatsräson
NEWS | von Frederik Gremler · Bastian Pütter
Museums-Abriss droht
Mahnmal in Dortmund
»Fehlsteuerungen«
Die Bekämpfung von Rassismus, Frem-
Erst sollte das Baukunstarchiv NRW
Ein Mahnmal erinnert in Dortmund
Ein mehrere Monate unter Ver-
denfeindlichkeit und Antisemitismus sei
rein, nun verschwindet das ehema-
an die Opfer des neonazistischen
schluss
Staatsräson, sagte NRW-Integrationsmi-
lige Museum am Ostwall wohl für
Terrors durch den Nationalsozia-
des Bundesrechnungshofes wirft
nister Guntram Schneider am Mahnmal für
Seniorenwohnungen. Der Rat der
listischen Untergrund (NSU). Die
der Bundesagentur für Arbeit vor,
Mehmet Kubasik und die anderen Mordop-
Stadt hat dem Verkauf zugestimmt.
Gedenkstätte befindet sich am
Langzeitarbeitslose weitgehend zu
fer des NSU in Dortmund. Schneider ist ein
Höchster Bieter zurzeit: ein In-
Hauptbahnhof, auf dem Vorplatz
ignorieren.
engagierter Kämpfer gegen Rechts, aber
vestor
Seniorenwohnungen.
der Auslandsgesellschaft. Ein paar
Der „Spiegel“ berichtet, in dem Be-
das Wort: ein Missverständnis.
Ab September könnte der neue
Meter weiter steht das frühere Ge-
richt sei von „Entwicklungen, die
Besitzer dann das Gebäude abrei-
stapo-Gefängnis Steinwache.
dem gesetzlichen Auftrag zuwider-
ßen. Vorher organisiert Tabu e.V.
Die Inschrift ist in einen etwa
laufen“ und von „Manipulationen“
noch eine letzte Ausstellung (sie-
zehn Meter langen Basaltstreifen
zur Verbesserung der Erfolgsbilanz
he Veranstaltungskalender). Über
eingraviert. Dort heißt es: „Wir
die Rede. Der Rechnungshof lege
3.500 Unterstützer haben bislang
sind bestürzt und beschämt, dass
„personalrechtliche“ und „straf-
online eine Petition für den Erhalt
diese terroristischen Gewalttaten
rechtliche Konsequenzen“ nahe.
des 1949 gebauten Gebäudes un-
über Jahre nicht als das erkannt
156 Arbeitsagenturen wurden stich-
terschrieben. Sie fordern die Auf-
wurden, was sie waren: Morde aus
probenartig drei Monate lang un-
hebung des Ratsbeschlusses und
Menschenverachtung. Wir sagen:
tersucht, „Fehlsteuerungen“ wur-
Staatsräson ist in Deutschland also man-
Denkmalschutz für das Gebäude.
Nie wieder!” Ein im Boden einge-
den in allen geprüften Agenturen
ches, der Kampf gegen Ideen vom noch stär-
Einem Verkauf soll die Politik nur
lassener Lichtstreifen verbindet
bemängelt. Bei mehr als der Hälfte
keren Staat ist es nicht. Täter entschlossen
zustimmen, wenn der Erhalt ge-
sie mit den Namen der Opfer, ihren
der Langzeitarbeitslosen sei in den
zu verfolgen, gegen deren Opfer entweder
sichert ist. Der Ratsentscheidung
Wohnorten und Daten ihrer Ermor-
drei Monaten kein Stellensuchlauf
der Staat selbst, naja, Vorbehalte hat oder
liegt eine Analyse zugrunde, die
dungen. Die Inschrift ist in allen
gemacht, zu knapp der Hälfte kein
zusätzlich sie auch gegen ihn, war in der
Verluste für das Baukunstarchiv
acht Städten mit Opfern des NSU-
Kontakt aufgenommen worden. Das
Bundesrepublik nie notwendig. Die Opfer
voraussagte. Der Bau müsste auch
Terors gleich. Ein peinlicher Fehler
Papier des Bundesrechnungshofs
von Rassisten und Rechtsterroristen waren
saniert werden. Für etwas Kosme-
– zwei Todesdaten waren falsch –
spricht von einer „diskriminieren-
nie „wichtig“ im Sinne des Staatserhalts,
tik vor dem Verkauf investierte
sorgte für Entsetzen.
den Vorgehensweise“. Die aktuellen
das staatliche Desinteresse also „rational“.
die Stadt angeblich schon 800.000
Am 13. Juli wurde das Mahnmal bei
Halbjahreszahlen zeigen darüber hi-
Euro. Für Unterstützer ist das erste
einer Gedenkfeier zu Ehren Mehmet
naus weiterhin große Probleme bei
Museum für Gegenwartskunst nach
Kubasiks eingeweiht. 2006 hatten
der Sanktions- und Leistungspraxis
dem Krieg von architektonischer
die Terroristen den 39jährigen Ku-
der Jobcenter auf: Fast jeder zwei-
und geschichtlicher Bedeutung für
basik in seinem Kiosk an der Mal-
ten Klage von Leistungsempfängern
Dortmund.
linckrodtstraße umgebracht.
wurde stattgegeben.
Raison d'etat, die Staatsvernunft, ist ein Konzept
der
Renaissance
(Machiavelli
und so), geschrieben und verwirklicht als Programm des Absolutismus: Die oberste Maxime staatlichen Handelns müsse die Sicherung seines Wohls, seiner Existenzbedingungen sein. Kurz: Staat geht vor. Vor Mensch, vor Recht etc.
Was Schneiders seltsamen Gebrauch des Begriffs so irritierend macht, ist, dass sie – die Staatsräson – zurzeit allgegenwärtig ist. Der Grundrechte aushebelnde MachtPragmatismus scheint „alternativlos“ – die
für
gegenwärtige Begründungsvokal der permanenten Selbstverteidigung des Staates. Ob bei der „Bewältigung“ der europäischen Krisen, beim Verwehren von Asyl (und sei es für Edward Snowden) oder beim flächendeckenden
Grundrechte-Kahlschlag
der Überwachung: Wir haben uns fast daran gewöhnt, dass zum Bankenretten oder Staatsfeinde-unschädlich-Machen Grundsätze von Demokratie und Recht einen Schritt zur Seite treten müssen: „Lassen Sie mich durch, ich bin Staat“. Ein Innenminister etwa, der ein „Supergrundrecht Sicherheit“ konstruiert, hat den Boden der Verfassung verlassen. Die Sicherheit, die er meint, ist eben nicht der individuelle Schutz z.B. vor den rassistischen Mördern des NSU. Staatsräson heute ist die Sicherheit des Staates vor seinen Bürgern. (bp)
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SKOTTS SEITENHIEB
gehaltener
Prüfbericht
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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt
Irgendwo muss die AWO doch ein Plätzchen frei haben für Edward Snowden, den Robin Hood unter den Verrätern. Man weiß nicht - diese Kolumne soll einen Monat halten - ob er Ende August noch in Moskau sitzt oder ob er schon auf dem Weg nach Guantanamo ist. Wobei die USA ihn wahrscheinlich lieber zum Mond schießen möchten. Dann doch lieber AWO-Seniorenzentrum Lünen-Brambauer! Ich komme darauf wegen Erich Honecker. Den wollte damals auch keiner, bis er bei einem evangelischen Pfarrer in der Dachkammer landete. Mit Vergleichen soll man vorsichtig sein. Aber hier liegt er so nahe. Natürlich sind die USA nicht die DDR. Nur sind sich Geheimdienste ähnlicher, als ihnen lieb ist. Sie wollen alles, nein: ALLES wissen. Bei der Stasi wurden knackende Telefonleitungen noch persönlich abgehört und handgeschriebene Briefe über Wasserdampf geöffnet. Techniken, die heute kein Agent mehr beherrscht. Weshalb Systemfeinden und Kritikern auch dringend geraten wird, nur noch offen per Ansichtskarte zu kommunizieren oder ruhrpotttypisch per Brieftaube. Diese Flugbewegungen dürfte nicht mal mehr der rumänische Geheimdienst gespeichert haben. Mal ein Tipp für NSA und Co. Statt Trilliarden von elektronischen Daten zu horten, reichten oft ein paar Stichworte, Hashtags genannt, aus der realen Welt. #Jugendarbeitslosigkeit in Spanien und Griechenland, #Hunger in Afrika und #Arbeitsbedingungen in asiatischen Textilfabriken könnten möglicher Weise Demokratie und Weltfrieden stärker gefährden als elektronische Nachrichten, die zufällig böse Wörter enthalten. Egal. Aus den Ferien auf Mallorca würde ich Edward Snowden gern eine Ansichtskarte schicken. Und dann schreibe ich noch eine Email, in der es um Terror und Taliban, Merkel und „rumms!“ geht. Dann können sich NSA und BND ausführlich mit dem Empfänger beschäftigen. Seine Adresse: Martin information@bundesnachrichtendienst.de.
Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.
– umsonst und draußen – umsonst und draußen – umsonst und draußen –
Der „GEIERABEND“
am Samstag, 14. September 2013 ab 19.00 Uhr auf dem Markt in SOEST beim AWO Familienfest Unterbezirk Dortmund
Unterbezirk Ruhr-Mitte
Unterbezirk Unna
Klosterstraße 8 -10 44135 Dortmund 0231- 99 340
Bleichstr. 8 44787 Bochum 0234 - 96 47 70
Unnaer Straße 29a 59174 Kamen 02307- 91 22 10
www.awo-ww.de
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KINOTIPP | von endstation.kino
NETZWELT | von Frederik Gremler
endstation.kino & bodo präsentieren: Endstation.Open Air Hinterhofkino im Hochsommer An fünf Samstagen im August lädt das Endstation Kino dazu ein, in lockerer Atmosphäre eine Auswahl an den momentan entspanntesten Filmen unter freiem Himmel zu erleben. Eröffnet wird die Saison am 3.8. mit Nicolas Winding Refns Drive. Der Film erzählt
Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:
www.slaveryfootprint.org „Wie viele Sklaven arbeiten für dich?“ – Wer denkt, dass es Sklaverei in einer modernen Welt nicht gibt, den wird die kalifornische Website slaveryfootprint.org
von einem Stuntman, der nachts als Fahrer
schockieren. Mit ein paar Klicks berechnet sie, wie viel Zwangsarbeit hinter Klei-
von Fluchtfahrzeugen bewaffneter Einbrü-
dung, Alltagstechnologie, Essen oder Hygieneprodukten steckt. Zwischendurch
che arbeitet, bis er eines Tages seine neue
füttert sie den Nutzer noch mit Fakten wie „250.000 Kinder leben und arbeiten
Nachbarin Irene kennenlernt und sich in sie
in pakistanischen Ziegelöfen in kompletter sozialer Isolation.“
verliebt.
Das Design der Seite bleibt dabei beunruhigend niedlich. Und vermutlich soll ge-
Am 10.8. ist der Abräumer des Deutschen
nau das auf das Alltagsleben der Benutzer verweisen: Heile Welt auf den ersten
Filmpreises, Oh Boy zu sehen. Niko lebt in
Blick, aber dahinter lauert mehr. Nach Ende der Eingabe prangt in roten Lettern
Berlin in den Tag hinein, nachdem er sein
die Anzahl der „eigenen“ Sklaven – und darüber hinaus: „Erfahre, wer sie sind
Studium abgebrochen hat. Doch dann geht
und wie du ihnen helfen kannst.“
eines Tages alles schief, und noch dazu
Nach dem Registrieren können die Nutzer Firmen vorformulierte Mails schreiben, sich in Gruppen zusammenfinden, für lokale Freiwilligenarbeit bereitstellen und
scheint es in der Stadt keinen „normalen“ Kaffee mehr zu geben.
natürlich spenden. Begleitend ist auch eine „Free World App“ verfügbar. Zudem
Am 17.8. folgt mit Fraktus ein Film, der sich
soll in Zukunft das Siegel „Made In A Free World“ Produkte ohne Zwangsarbeit
mit den Erfindern des Techno beschäftigt.
kennzeichnen.
Nachdem die Band vor über 25 Jahren im
Die Seite gründeten 2011 das „Büro Menschenhandel“ des amerikanischen Außenministeriums und die Nonprofit-Organisation „Call+Response“. Initiator ist Justin Dillon. „Die größte Macht haben wir im Moment nicht unbedingt in unserem Portemonnaie, sondern durch Social Media“, erklärte der Aktivist. Slavery
Streit auseinander gegangen ist, spürt die Dokumentation die ehemaligen Mitglieder auf, und Fraktus gehen sogar wieder gemeinsam ins Studio.
Footprints Zweck sei, ein Bewusstsein für die tägliche unsichtbare Ausbeutung
Das Haus- und Hof-Filmfestival des Endstati-
zu schaffen, auf der unser Lebensstil gründet, und konkrete Hilfe für die Be-
on Kinos, blicke, präsentiert am 24.8. Kurz-
troffenen anzustoßen. Für die Website untersuchten er und sein Team über 400 Produkte des Alltagslebens auf moderne Sklavenarbeit.
filme zum Thema „Stadtinterventionen“. Am letzten Samstag im August (31.8.) ist dann der Klassiker Casablanca zu sehen.
Schon jetzt ist die Seite eine Erfolgsgeschichte – auch durch Social Media. 56.000 Mal teilten „Sklavenhalter“
Jeden Samstag im August,
rund um den Globus die Seite im ersten Monat, 60 Milli-
21.00 Uhr bzw. bei Einbruch der Dunkelheit
onen Menschen sollen in den Medien schon auf Slavery Justin Dillon
Footprint gestoßen sein. Sogar Barack Obama empfahl
Endstation Kino im Bahnhof Langendreer
die preisgekrönte Website. (Frederik Gremler)
Wallbaumweg 108, 44894 Bochum Telefon 0234 – 68 71 620 www.endstation-kino.de
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VERANSTALTUNGEN AUGUST 2013 | VERLOSUNGEN | CD-TIPPS zusammengestellt von Petra von Randow
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RuhrHochDeutsch Kabarett- und Comedy-Festival Im August mit Lioba Albus, Werner Schneyder, Robert Kreis, Sascha Korf, Björn Jung, Uta Rotermund, Stoppok, Ape & Feuerstein, NightWash Live, Konrad Beikircher, Simone Fleck, Bruno Knust, Thomas Freitag, Jochen Busse u.v.m. 1. August bis 13. Oktober Spiegelzelt am Steinernen Turm, Dortmund bodo verlost 3 x 2 Karten für „HerzDame sticht“ mit Lioba Albus & Christoph Nitz am 28. August um 20 Uhr
Auch diesmal gibt es wieder Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen. Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an: redaktion@bodoev.de Oder schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an: bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren. Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss für Veranstaltungen ist jeweils zwei Werktage vor dem Termin. Einsendeschluss für terminunabhängige Verlosungen ist der 25.08.2013 03. – 31.08. | Endstation.Open Air | endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten, freie Wahl aus dem Programm 14.08. | Agnostic Front | Bahnhof Langendreer, Bochum | 2 x 2 Karten 27.08. | Listener | FZW, Dortmund | 2 x 2 Karten 28.08. | HerzDame sticht | Spiegelzelt am Steinernen Turm, Dortmund | 3 x 2 Karten 31.08. | Senay Duzcu | Zauberkasten, Bochum | 3 x 2 Karten Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!
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22 VERANSTALTUNGEN AUGUST 2013
DO 01 | 08 | 13 Film | Fiege KinoOpenAir: Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger Der nach einem Schwimmbad benannte Piscine Militor Patel, kurz Pi, wächst in Pondicherry, Indien, auf 01 – 09 | 08 | 13 Die Verwechslung – Trinkhallen-Tour-Ruhr
02 – 11 | 08 | 13 Cranger Kirmes
ren Sturm. Seine Eltern und sein Bruder ertrinken. Nur Pi
gnügen noch Selbstironie scheut.' Die Serie ,Wegweiser
und eine große Portion Spaß. Mit 500 Schaustellern
kann sich in ein Rettungsboot retten. Doch er ist nicht
zum Glück' ist eindrucksvolles Dokument eines Viertels
begeistert die Cranger Kirmes auch regelmäßig Besu-
allein. Richard Parker, der Tiger des Zoos, hat sich dort
in Dortmund, das prototypisch für den Zeitabschnitt der
cher aus ganz Deutschland und zieht Menschen aus
ebenfalls verkrochen. Der Einlass erfolgt ab 20 Uhr, der
beginnenden 80er Jahre im Ruhrgebiet gesehen werden
den angrenzenden Ländern an. Von Kirmesnostalgie
Film beginnt bei Sonnenuntergang. Das ganze Programm
kann.“ (bodo 3/13). Die preisgekrönte Ausstellung ist
und Nervenkitzel über klassische Kirmesverpflegung
des Fiege-Kino-Open-Airs gibt es unter www.fiegekino.de.
noch bis zum 17.8. donnerstags und freitags von 15 – 19
und gemütliche Biergärten bis hin zu rasanten Fahrten
Innenhof der Fiege-Brauerei, Bochum, 20 Uhr
Uhr und samstags von 9 – 12 Uhr im „Haus 328“ an der
durch Loopings oder Dunkelheit ist die Cranger Kirmes
Martener Str. 328 zu sehen.
ein riesengroßer Spaß. Aktuelle Informationen gibt es
und muss – gerade als er sich verliebt hat – mit seiner Familie und ihrem Zoo nach Montreal, Kanada, auswandern. Das Schiff sinkt auf der Passage nach einem schwe-
Film | Filmschauplatz Herne: Oh Boy Bereits zum viertel Mal beteiligt sich Herne an den von der Film- und Medienstiftung NRW koordinierten FilmFestival, in diesem Jahr laden die Flottmann-Hallen erstmalig auf ihr schönes Außengelände. Ab 20 Uhr
unter www.cranger-kirmes.de.
DO 01 – FR 09 | 08 | 13 Musik | Die Verwechslung – Trinkhallen-Tour-Ruhr Das Trio „Die Verwechslung“ improvisiert zeitgenössi-
SA 03 | 08 | 13 Mischmasch | Hallo, Nachbar!
spielen Tommy Klapper & Band. Mit Einbruch der Dunkel-
sche Musik in einer aus dem Straßenbild des Ruhrgebiets
Am Samstag, 3. August 2013, haben Bochumer zum
heit beginnt der Open-Air-Filmabend mit einem von der
nicht wegzudenkenden Institution – der Trinkhalle. Bei
zweiten Mal die Möglichkeit, unter dem Titel „Hal-
Filmstiftung ausgewählten Kurzfilm, anschließend steht
ihrer diesjährigen Tour werden die Musiker von achtzehn
lo, Nachbar!“ einen Urlaubstag in ihrer eigenen Stadt
der mit 6 Lolas vom Deutschen Filmpreis 2013 ausge-
Gästen verschiedener Kunstrichtungen unterstützt. Die
zu verbringen. Wer z.B. einmal hinter die Kulissen von
zeichnete Schwarz-Weiß-Film von Regiedebütant Jan Ole
Trinkhallen-Tour-Ruhr ist eine auf 15 Aktionen im Jahr
Starlight Express schauen möchte oder auf Peter Neu-
Gerster auf dem Programm: Oh Boy. Der Eintritt ist frei.
2013 ausgelegte Konzertreihe. Frei improvisierte Musik
rurers Trainerstuhl Platz nehmen will, darf sich ange-
Außengelände Flottmann-Hallen, Herne, 21.30 Uhr
und performative Kunst werden dabei in einen eigent-
sprochen fühlen. Das limitierte Angebot beinhaltet eine
lich nicht kunstorientierten, sehr wohl jedoch kultu-
Übernachtung in einem Bochumer Hotel, ein exklusives
Ausstellung | Wilhelm Schürmann – Wegweiser zum Glück
rell konzipierten Raum transferiert, um eingefahrene
Kultur- und Besichtigungsprogramm, ein Bogestra-Kom-
Wilhelm Schürmann, bis 2011 Professor für Fotografie
soziokulturelle Strukturen aufzubrechen und ein neues
biticket sowie ein Abendprogramm mit Ben Redelings
in Aachen, lebte 18 Jahre in seinem Elternhaus in der
Bewusstsein für die lebendige künstlerische Szene des
in der rewirpower-Lounge. Es sind verschiedene Pakete
Steinhammerstraße in Dortmund-Marten. Bei späteren
Ruhrgebiets zu schaffen. U.a. werden die Künstler am
buchbar. Alle Informationen zur Veranstaltung gibt es
Besuchen entstanden ca. 2000 Schwarzweißnegative,
2.8. in Dortmund und am 5.8. in Bochum zu sehen sein.
unter www.bochum-tourismus.de.
aus denen diese weitgereiste Sammlung (zuletzt in Salz-
Aktuelle Informationen zu allen Veranstaltungen gibt es
burg zu sehen) entstand. „Schürmann beschreibt sowohl
unter: www.trinkhallen-tour-ruhr.de.
Jaqee, Joe Driscoll & Sekou Kouyaté
den privaten als auch den öffentlichen Raum und zeigt uns die Menschen, die dort leben. So definiert er, wie sie ihr Miteinander gestalten und erzählt die Geschichte der Straße und ihrer Bewohner. Im Buch heißt es treffend
Musik | Funkhaus Europa Odyssee:
FR 02 – SO 11 | 08 | 13 Kirmes | Cranger Kirmes
On the Road an der Ruhr, umsonst & draußen, Teil drei: Die Weltenbummlerin Jaqee lebte in Uganda und Schweden, bevor sie in Berlin Fuß fasste und stilsicher im Lauf
dazu: ,Unmittelbar kommt seine eloquente Bildsprache
Die Cranger Kirmes begeistert jedes Jahr bis zu 4 Milli-
ihrer Karriere ihren Sound zwischen Reggae, Soul, R‘n‘B
zum Vorschein, die einfühlsam, klischeefrei und offen
onen Besucher. Auf über 50 Fahr- und Laufgeschäften
und Jazz fand. Nach vielen Konzerten in Europa und
für sinnstiftende Konstellationen ist und weder Ver-
erwartet die Besucher Nervenkitzel, Geschwindigkeit
Südafrika überzeugte sie mit ihrem neuen wunderschö-
CD-TIPP
LA BRASS BANDA | Europa (Europa / Sony Music)
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Diese Band(e) aus Bayern ist wohl einer der außergewöhnlichsten Musik-Acts, die es zur Zeit in Deutschland gibt. Fünf Musiker aus völlig unterschiedlichen Szenen haben sich vor gut fünf Jahren nach dem Vorbild afroamerikanischer Brassbands zusammengetan, um mit Trompete, Posaune, Tuba, Bass und Schlagzeug einen originellen, musikalischen Orkan zu starten mit der Prämisse: „Wir haben absichtlich alle Harmonieinstrumente weggelassen. Jazz muss laut und lustig sein!“ Und was LaBrassBanda da abfeiert, geht ab wie Schmitz Katze und ist dabei noch erstaunlich abwechslungsreich. Prägnante Bläser massiv unterstützt von einer starken Rhythmusgruppe lassen sich aber mal so gar nicht stilistisch in eine einzige Schublade stecken: Balkan-Beats, Jazz-Funk, Reggae, Ska, Indie, Folk bis hin zu einer Impression von Natur-Techno und Elektro-Pop, die durch die manchmal äußerst deepen und fetten Bass(ent)ladungen entsteht. Und dann ist da auch noch der Gesang, in feistestem bayerisch, der erstaunlicherweise nicht regional volkstümlich rüberkommt, sondern eher international weltoffen, gerade weil man die Worte nicht immer alle versteht – ein erstaunliches Phänomen. Klar kann solche Musik, die fast immer voll nach vorne geht, auch schon mal etwas nerven. Aber LaBrassBanda machen eben Abgehmusik, die in erster Linie zum Tanzen anregen und Spaß bereiten soll – und das gelingt ihnen par excellence. Und live sind die Jungs sowieso schon einmal ein (Natur-)Ereignis. Zu überprüfen übrigens am 24.8. beim Zeltfestival Ruhr in Bochum. (BvR)
03 | 08 | 13 DJ Picknick: Klaus Fiehe
03 | 08 | 13 Funkhaus Europa Odyssee: Jaqee
03 | 08 | 13 Hallo, Nachbar!
nen Album „Yes I am“. Für ein Opening de luxe sorgen
ge, durchtanzte Nacht in bester Cosmo-Tradition. Wer
es auch noch ein bisschen Fußball. Der Ball rollt wieder,
an diesem Konzertabend Joe Driscoll, Rapper aus New
früh kommt, wird belohnt: Bis 23 Uhr ist der Eintritt
und neben gegrillten Köstlichkeiten zeigt die Hafen-
York, und Sekou Kouyaté, Kora-Virtuose aus Conakry.
frei. Zutritt ab 21 Jahren.
schänke die 1. Hauptrunde des DFB-Pokals.
Das ungewöhnliche Duo fand in Marseille zusammen und
Großmarktschänke, Dortmund, 22 Uhr
subrosa, Dortmund, 15.30 Uhr
erprobt seitdem einen überzeugenden neuen Mix aus Afrofolk und Reggae mit Hiphop, der in die Beine geht. Freilichtbühne, Wattenscheid, 19.30 Uhr
Essen und Trinken | (Bring your own) BBQ! „No Service“ heißt es heute auf der hübschen AußenTerrasse der Hafenschänke „subrosa“: Zwar hat man
Musik | Star Rock Universe
SO 04 | 08 | 13 Wissenschaft und Technik | Holografie
alles da, was so zum Grillen gebraucht wird, und es
Tagtäglich begegnen uns Holografien auf Scheck- und
Amy Winehouse, David Bowie, Supertramp und viele an-
können ebenso rohe Fleischwaren an der Theke erwor-
Kreditkarten, auf Zifferblättern von Armbanduhren und
dere geben dabei den Ton an, wenn einer der bekanntes-
ben werden, doch das war‘s dann auch schon – und
selbst auf Süßigkeiten. Eine raffinierte Aufnahmeappa-
ten Sternsäle Europas zum Erlebnisraum für Musik und
selbst ist der Gast. Das schlägt sich – anders als bei
ratur gibt Gegenstände auf scheinbar wundersame Wei-
Phantasiewelten wird. Legendäres, aber auch Überra-
den Getränken, die weiterhin am Platz serviert werden
se in 3D wieder. 1948 durch den ungarisch-englischen
schendes und Neuartiges aus der Musikgeschichte der
– natürlich auf den Preis nieder. Die noch günstigere
Physiker und späteren Nobelpreisträger Dennis Gábor
letzten 30 Jahre ist in dieser Show verwoben zu einem
Variante ist jedoch, das Grillgut gleich selbst vom ei-
erfunden und durch die Entdeckung des Laser-Lichtes
fliegenden Klangteppich für Jung und Alt. Zu Led Zep-
genen Metzger zu holen und mitzubringen. Praktische
1960 in den USA vervollkommnet, verblüfft die Holo-
pelins „Stairway to Heaven“ steigen die Besucher auf in
Sache das, vor allem, wenn man bedenkt, was einem so
grafie durch das Verwirrspiel von Schein und Sein. Als
das geheimnisvolle Schwarz der kosmischen Nacht. Auf
an ekeliger Reinigungsprozedur erspart bleibt. Also, nix
einzige öffentliche Einrichtung in ganz Europa bietet
einem fremden Planeten liegt Phil Collins‘ „In the Air
wie hin – die Parole lautet: „Mach‘s dir selbst“ – oder
die DASA nun allen Interessierten (ab 14 Jahren) die
Tonight“ in der Luft, und zu den Klängen der britischen
eben sogar „Bring your own BBQ“! Ganz nebenbei gibt
Möglichkeit, innerhalb von zwei Stunden selbst eine
Rockband Muse geht es auf einen turbulenten Ritt durch ANZEIGE
ein fernes Sternenmeer. Aus der Produktionsschmiede des Zeiss-Planetariums Jena kommt dieses neue Werk für alle Musikfreunde zwischen 8 und 88, die Lust haben, auf eine wilde Reise durch das Universum aufzubrechen. Planetarium, Bochum, 19.30 Uhr (auch 10.08., 21 Uhr, 21. & 31.08., 19.30 Uhr) DJ Picknick | DJ Dash, MadGreen und Klaus Fiehe Auch im August erobern die Summersounds die Dortmunder Parks mit relaxten Klängen hochkarätiger DJs. So auch am 03.08. mit dem Besten, was das Ruhrgebiet
g n u sch e
Gen
in e m au
i r f Er
in Sachen Drum‘n‘Bass, Trip Hop und Dubstep zu bieten hat: Dj Dash, MadGreen (Dub‘l Trouble) und Klaus Fiehe (1Live Fiehe) werden ihre musikalische Version eines entspannten, chilligen Sommersamstags im Revierpark Wischlingen zum Besten geben und ihr Gespür für die Crowd einmal mehr unter Beweis stellen. Zudem kann man sich beim Speedminton, Speedstacking oder Wickinger-Schach verausgaben. Der Eintritt ist frei. Ausführliche Informationen zu allen Veranstaltungen gibt es unter www.djpicknick.de. Revierpark Wischlingen, Dortmund, ab 14 Uhr Party | Cosmotopia Sause Die Cosmotopia Sause am ersten Samstag ist einer der Pflichttermine in der Dortmunder Großmarktschänke.
r. sse a er W 21.de s n U .dew w ww
Zum monatlichen Teppichtanz stehen dieses Mal das Funk Fatal DJ-Team, DJ Martini und der Radius an den Plattentellern. Gemeinsam lassen sie einen wilden Mix aus 60ties Funk‘n‘Soul, Rare Gooves, Beat & Swing auf die Tanzfläche purzeln. Ein sicherer Garant für eine lan-
23
24 VERANSTALTUNGEN AUGUST 2013
Holografie herzustellen. Wer möchte, kann sein Lieblingsobjekt zur Ablichtung mitbringen. Es sollte etwa die Größe einer Handfläche haben und aus hartem Material sein. Eine Anmeldung ist erforderlich (Infos unter: www.dasa-dortmund.de). DASA, Dortmund, 11-13 Uhr
DI 06 | 08 | 13 Salongeschichten | Das Leben in der Bronzezeit Der Gebrauch des ersten Metalls wirft verschiedene
07 | 08 | 13 C. Heiland
09 | 08 | 13 Ozan & Tunç
DO 08 | 08 | 13
Ketten und in die Bäume gehängt werden, dann ist
Theater | Antagon TheaterAKTion: Ginkgo
Lichterfest im Westfalenpark. Das Sommer-Open-AirHighlight in Dortmund fasziniert jedes Jahr von neu-
Fragen auf. Woher kam es? Wer entdeckte die Verarbei-
In der eindrucksvollen Großproduktion „Ginkgo“ wird der
em mit Musik, Spaß, Licht, Feuer und verzaubert den
tung? Wie veränderten die Metallobjekte das Leben der
gleichnamige Baum als Zeichen der Hoffnung zur Vorlage
Park für einen ganzen Abend. Auf der Open-Air-Bühne
Menschen? Zahlreiche Bronzeobjekte des Museums wie
für eine gigantische Bühnenbildkulisse. Das Ensemble aus
werden in diesem Jahr BillyBoyz meetz Katze, Glasper-
Schmuck, Arbeitsgeräte und Waffen geben Auskunft
Frankfurt setzt sich wie kein anderes mit gesellschaftspo-
lenspiel und Tim Bendzko & Band erwartet. Um 21 und
über die Lebensumstände der damaligen Zeit. Die „Sa-
litischen Fragen auseinander und erzählt eine fesselnde
21.30 Uhr werden zwei kurze Kinderfeuerwerke speziell
longeschichten“ sind ein offener Treff. Das Programm
Geschichte untermalt von pyrotechnischen, artistischen
für die jungen Gäste auf der Wiese oberhalb des Son-
beginnt mit der Vorstellung des Themas im „Bremer
und musikalischen Effekten. Der Eintritt ist frei.
nensegels inszeniert, bevor dann später am Abend das
Saal“, dem „Salon“ des Museums. Im Anschluss bieten
Platz der Kulturen, Unna, 21.30 Uhr
eigentliche Feuerwerk-Highlight über der Buschmüh-
eine Führung und Gespräche Interessantes zur Kunst und Geschichte. Die Veranstaltung klingt bei einer Tasse Kaffee und Kuchen mit Gesprächen über das Gesehene und Gehörte aus. Eine Anmeldung ist erforderlich. Museum für Kunst und Kulturgeschichte, DO, 14.30 Uhr
MI 07 | 08 | 13 Kleinkunst | C. Heiland
lenwiese startet. Hier steigen Feuersäulen auf, glitzern
FR 09 | 08 | 13 Kleinkunst | Ozan & Tunç
Fontänen und Chrysanthemen vor dem Nachthimmel, hier gehen Farben und Effekte ineinander auf – begleitet von imposanter Musik. Anschließend können die
Zwei Männer eine Show. Ozan & Tunç sind Vertreter der
Besucher den Abend mit DJ-Musik in Lounge-Atmo-
„Hybrid Comedy“. Eine Mischform, die verschiedene
sphäre auf der Festwiese ausklingen lassen.
Comedy-Stile vereint und somit eine Bandbreite von
Westfalenpark, Dortmund, ab 18 Uhr
politischer Comedy bis Slapstick erreicht. Es wird gesprochen, gespielt, gesungen und getanzt. Komisch,
Antiquitätenmesse | Nostalgica
Er hat neben brillanten Texten, einer aufregenden
ernst und manchmal total bescheuert schlüpfen sie in
Nostalgica – ein erfrischendes Sommererlebnis für
Stimme, Melancholie und aller Boshaftigkeit den
Rollen als Bodyguards von Angela Merkel und Guido
alle Sammler und Freunde von Antiquitäten, Raritäten
Humor, den das Musikbusiness seit langem braucht.
Westerwelle, als Bombenattentäter verkannte Künst-
und Kuriositäten, das die lange Sommerpause bis zum
Seine Band, das „Heidelberger Daumenorchester“, be-
ler aus dem Nahen Osten (Loosa Brothers), als möchte
nächsten Antik- & Sammlermarkt überbrücken soll.
steht aus Sir Toby (Flöten, Tasten, Saxofon), Hörliver
gern oder auch nicht integrierte Freunde mit Migrati-
Eine ausgewählte Anzahl (rund 70) Händler präsentie-
van der Eem (versucht sich am Bass) und Drumbert
onshintergrund (Ali & Ali), als aus seinem Bestseller-
ren in der anspruchsvollen Konzerthalle 2 ihre Schät-
Delgardo (Schlagzeug). Manchmal versucht einer, Gi-
buch vorlesender Geräusche-Imitator, als ungeschick-
ze. Alle Besucher haben die Möglichkeit, entspannt
tarre zu spielen. Beherrschte C. Heiland nicht auch
ter Dombaumeister oder als Lothar-40-Single.
und in Ruhe die wertvollen Unikate zu begutachten
noch Omnichord, Akkordeon, sprechende Stofftiere
Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr
und auch käuflich zu erwerben.
und falsche Orgel, würde man von einer absoluten Unverschämtheit sprechen können. Und wenn man sich mal kurz erholen muss vom Gipfel der Unvollkommenheit, beginnt der Heiland, dem Publikum seine
Westfalenhalle 2, Dortmund, 10 - 17 Uhr
SA 10 | 08 | 13 Fest | Lichterfest im Westfalenpark
Party | La Boum Beat‘n‘BoogieBalkanSwing&Rock‘n‘RollGalore
–
La
Gedichte und Geschichten vor zu lesen.
Wenn 60.000 kleine Becher zu großen Bildern auf den
Boum mit Timmi & Martini als Timmi Twister DJ-Set an
Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr
Wiesen aufgestellt und Tausende bunter Lampions an
den Plattentellern und ihrem furiosen Stilmix im Retro-
CD-TIPP
FAT FREDDY‘S DROP | Blackbird (The Drop / Alive)
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Diese Band aus Neuseeland geht seit über zehn Jahren unbeirrt ihren ganz eigenen Weg. Man musiziert zusammen in der Homebase Wellington, wo einige auch noch WG-mäßig zusammen leben. Dabei produzierte man auch im eigenen Studio ohne irgendwelche Vorgaben ganz entspannt drei Studioalben. Ansonsten zieht man musizierend durch die Weltgeschichte und hat sich dabei eine stattliche Fanbase aufgebaut. Denn wer einmal Fat Freddy‘s Drop in seinen musikalischen Kosmos gelassen hat, der ist dauerhaft infiziert. Das ist ein gutes Zeichen für eine Band, auch für musikalische Qualität und Außergewöhnlichkeit. Hier nun auf „Blackbird“ zieht die Karawane weiter. Das beschreibt auch den Groove der Platte, die etwas vom Geiste des Boleros von Ravel hat. Die Songs sind eine Art psychedelischer Reggae-Soul-Jazz mit etwas Dub, Blues und Funk dabei. Erinnert fühlt man sich ein wenig an die fast schon epischen Werke der 70er, wie z.B. von der Session-Band Sweet Smoke, der Afro-Funk-Combo War bis hin zu den Jazz-RockProjekten um Billy Cobham, Chick Corea oder John McLaughlin. Was mir ein bisschen missfällt, ist, dass „Blackbird“ irgendwie nicht so richtig losgeht. Es ist mir einfach nicht knackig genug. Klar, die Jungs verstehen ihre Instrumente zu benutzen und bekommen auch alle den nötigen Raum zur Entfaltung, das ist natürlich die Fat-Freddy-Doktrin. Aber ein wenig warte ich die ganze Zeit darauf, dass der Knoten platzt und die Post mal richtig abgeht. Trotzdem ist auch dieses dritte Studioalbum für Freunde von Fat Feddy‘s Drop ein absolutes Muss. (BvR)
11 | 08 – 15 | 09 | 13 Du & Tabu am Ostwall
18 | 08 | 13 Rock im Pott
18 | 08 | 13 RuhrHochDeutsch: Thomas Freitag
gewand. Beat und Soul und Rock‘n‘Roll wird seit Jahren
FR 16 | 08 | 13
SO 18 | 08 | 13
bescheiden angekündigt, in Wahrheit explodiert regelmäßig der Dancefloor im Keller unterm Sissikingkong.
Musik | Zeltfestival Ruhr: Söhne Mannheims
Musik | Rock im Pott
Eine Achterbahnfahrt aus raren Originalen, abenteu-
Die Söhne Mannheims zählen zu den erfolgreichsten
Das geht ab: Eine geballte Ladung Rock erwartet die
erlichen Coverversionen und obskurem Edeltrash. Ein
Bands in Deutschland. Vor über 17 Jahren gegründet
Besucher der 2. Auflage von Rock im Pott in der Are-
Feuerwerk mit Hits aus mehr als zehn Jahrzehnten
von einer Handvoll Freunde, wuchs die Band mit dem
na auf Schalke. Das Stadion-Festival im Zeichen des
Tanzgeschichte. Ein Quodlibet, das süchtig macht. Infi-
lokalpatriotischen Namen zu einem multikulturellen
Zechenturms erfüllt mit einem fetten Programm die
zierte markieren den Tag im Kalender, Novizen staunen
Musiker-Kollektiv heran. Die musikalische Vielfalt, die
Erwartungen der Fans im Westen und darüber hinaus.
sprachlos, bevor sie sich ins Getümmel stürzen. Und
durch das Zusammenspiel der 12 Bandmitglieder ent-
System Of A Down, Volbeat und Tenacious D bilden das
einzigartig wie die Party ist auch regelmäßig das Fina-
steht, ist einzigartig: Drei Sänger und zwei Rapper
Headliner-Triumvirat. Casper, Deftones und Biffy Clyro
le: Wenn am frühen Morgen die Partycrowd die „Nord-
präsentieren die Songs in deutscher und englischer
komplettieren das Line-Up. Die insgesamt sechs Bands
stadthymne“ anstimmt und sich wildfremde Menschen
Sprache. Mit zwei Drummern, zwei Gitarristen, einem
rocken sich durch das neunstündige Programm und
erschöpft in den Armen liegen, neigt sich die schier
Bassisten, dem Keyboarder und ihrem DJ treten sie
hauen ihren Fans gehörig was um die Ohren.
unglaubliche Nacht ihrem Ende zu. Dann müssen alle
den Beweis an, dass Musik keine Genres braucht. Von
Arena auf Schalke, Gelsenkirchen, 14 Uhr
wieder einen langen Monat warten. Der Eintritt ist frei.
Soul und Pop über Rap und Rock: Die Söhne Mann-
Sissikingkong, Dortmund, 22 Uhr
heims haben einen ganz eigenen, facettenreichen
SO 11 | 08 | – SO 15 | 09 | 13
Flohmarkt | Familientrödelmarkt
Sound geschaffen. Und in ihren Texten geht es um
Der beliebte Wittener Trödelmarkt lockt pro Jahr mehr
das, was Menschen wirklich bewegt.
als 10.000 Besucher in die Werkstadt. Ob Kinderspiel-
Kemnader See, Bochum, 20.30 Uhr
zeug für die Kleinen, Kleidung, Kitsch, Rarität oder
Kunst | Du & Tabu am Ostwall
Kuriosität – hier findet das Flohmarkt-Herz, was es
Künstler und Künstlerinnen gegen Genitalverstümmelung – der Verein Tabu zeigt bis zum 19. September eindrucksvolle Kunstwerke, mit denen die Teilnehmenden
SA 17 | 08 | 13 Soziales | Bochumer Stadtführung mit bodo-Verkäufern
begehrt. Auf 2.500 qm überdachter Fläche bieten Privatleute an über 50 Ständen ihre gesammelten Schätze zum Feilschen und Verkaufen an. Stärkung gibt es im
sich dem schwierigen Thema annähern. Der Eintritt ist
Wie verbringen eigentlich Menschen auf der Straße ihren
Bistro: Denn frische Waffeln, Kaffee und kalte Getränke
frei. Von über 60 Künstlern gibt es dann Schockieren-
Tag? Wo halten sie sich auf, welche Angebote und Hil-
dürfen natürlich nicht fehlen.
des und Hoffnungsvolles, Abstraktes und Realistisches
fen gibt es? Wie sieht die Stadt aus der Sicht der „Men-
Werkstadt, Witten, 11 Uhr
zu sehen. Die Vernissage wartet mit Vorträgen über ein
schen am Rand“ aus? Bei bodos sozialer Stadtführung
Projekt des Vereins, die rechtliche und politische Seite
zeigen Verkäufer des Straßenmagazins „ihr“ Bochum.
sowie die Herausforderungen für die Künstler auf. Au-
„Spannende Einblicke – Gezeigt werden hier nicht das
Seit 30 Jahren arbeitet er in einer Stadtbibliothek,
ßerdem können Besucher an einer Führung durch die
Bergbaumuseum oder das Planetarium, sondern typi-
die nun geschlossen werden soll: „Der kaltwütige Herr
Ausstellung teilnehmen. Einen Vorgeschmack gibt es
sche Aufenthaltsorte Obdachloser. Bei dem Rundgang
Schüttlöffel“ ist außer sich, er nimmt seine Bücher als
schon im Internet unter www.verein-tabu.de.
führt bodo-Verkäufer Markus Neiß die Teilnehmer zu
Geiseln und verbarrikadiert sich. Schüttlöffels Wut rich-
Ehemaliges Museum am Ostwall, Di. bis So., 13 bis 18 Uhr
sechs Stationen, zwei Stunden dauert die Bochum-Tour
tet sich gegen Zeitgeist und politischen Irrsinn, gegen
der etwas anderen Art.“ (Ruhr Nachrichten) „Die Stadt
angebliche Alternativlosigkeit, gegen das Sparen an der
und ihre Menschen mit etwas anderen Augen zu sehen,
Kultur, Schnäppchenjagen, Kapitalismus und Gleichma-
ein Bewusstsein für soziale Nöte zu bekommen und ob-
cherei. Trittsicher balanciert Freitag auf dem schmalen
dachlosen Menschen näher gekommen zu sein – dies sind
Grat zwischen intelligentem Witz und bitterem Ernst. Er
Die US-amerikanische Band Agnostic Front gehört zu den
Effekte, die dieses Projekt nicht nur bei den Kindern er-
versteht es, die Moralkeule auszupacken, ohne als Mo-
ältesten Hardcore-Punk-Gruppen, die heute noch aktiv
zielt hat, sondern wohl bei allen TeilnehmerInnen.“ (bsz)
ralist dazustehen. Davor bewahren ihn Sarkasmus und
sind. Die Urgesteine des New
bodo-Anlaufstelle, Stühmeyerstraße 33, Bochum
feine Ironie. Geradezu klammheimlich muss man als Zu-
York Hardcore stehen seit
Beginn 11 Uhr, Anmeldung unter 0231 – 950 978 0
schauer immer wieder zugeben, dass man mitunter auch
MI 14 | 08 | 13 BODO VERLOSUNG | Agnostic Front
über 30 Jahren auf der Bühne und dürfen sich bereits jetzt
Kabarett | RuhrHochDeutsch: Thomas Freitag
zu jenen gehört, die auf der einen Seite anprangern, Party | Rabenschwarze Nacht
aber auf der anderen Seite zu bequem oder zu geizig
eine lebende Legende nen-
Die Rabenschwarze Nacht ist mittlerweile ein fester Ter-
sind, um selbst etwas zu ändern.
nen, waren sie doch seit den
min in den Kalendern der Fans schwarzer Musik. In Bremen
Spiegelzelt am Steinernen Turm, Dortmund, 20 Uhr
frühen 80er Jahren prägend für die Musikstile New York
schon seit 20 Jahren etabliert, lockt die Rabenschwarze
Hardcore, Crossover und Metalcore. Live sind sie nach wie
Nacht nunmehr auch seit 3 Jahren die Ruhrgebiets-Szene
vor wild und unbezähmbar und werden Punk und Metal
aus ihren Grüften. Extravagant, wie die Gäste, ist natür-
ganz gehörig aufeinander krachen lassen.
lich auch die Musik. Und genau wie die meisten Besucher
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
der Rabenschwarzen Nacht, so wird sich auch das FZW in
Heißt das nicht Slam? Natürlich – so nennen sich die
bodo verlost 2 x 2 Karten.
einem „schwarzen“ Design präsentieren.
Wortschwall-Treffen dieser Art andernorts sowie auch
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
FZW, Dortmund, 22.30 Uhr
im Fernsehen. Doch welches dieser Events kann schon
MO 19 | 08 | 13 Kleinkunst | Poetry-Jam
25
26 VERANSTALTUNGEN AUGUST 2013
von sich behaupten, so beständig und seit nun bereits über 13 Jahren die etwas andere Literatur ins Rampenlicht zu stellen? Es bleibt also dabei: Im „subrosa“ wird gejamt, wenn der Social-Beat-Autor, Songwriter und Trash-Magier Grobilyn Marlowe zur Word-Art-Session auf die offene Bühne lädt und sei-
20 | 08 | 13 Oh My Darling
24 | 08 | 13 DJ Picknick: DJ Suro
ne Gäste präsentiert: Dichter und Denker, Redner und Schweiger, Prosa- und Dadaisten, kurz: Wortakrobaten aller Couleur haben die Chance, ihre geheimsten Gedanken der Öffentlichkeit preiszugeben. Zeit für Gedichte, Songs, Dramolette, Essays, spontane Worte, Witze,
SA 24 | 08 | 13 DJ Picknick | DJ Suro und Max Gyver
Im neuen Programm von Simone Fleck fletscht „Oma Wally“ wieder ihre dritten Zähne und rappt mit Krückstock
Fragmente, Geschichten. So lange, bis entweder die/
Jede Menge Beats, Breaks und Scratches und eine ge-
durch den aberwitzigen Alltag. Sie seziert gnadenlos
der Autor/in/nen oder das Publikum genug hat und die
ballte Ladung Funkpower bringen die Summersounds
mundgerecht frische Trends: Ecstasy-Disco Ü70, Burn-out
Karten zückt – zu viel rot bedeutet: Runter von der Büh-
DJ-Picknicks am 24.08. an den Phoenix-See. Den Ham-
bei Haustieren oder Ausweispflicht für den CO2 Abdruck?
ne! Aber keine Angst: Dafür bedarf es schon eines ganz
burger DJ Suro kennt man nicht nur als Band- und Tour-
Wie viel Zuwendung verträgt unser Nachwuchs wirklich,
besonderen Spiels mit dem Geduldsfaden des moderaten
DJ von Dendemann. Als fester Teil der Bandkollektive
wer versteht auf Mallorca noch Spanisch und macht „Gol-
Hafenschänken-Publikums. Der Eintritt ist frei.
Brixton Boogie und Superbad! hat er sich mit seinem
fen“ tatsächlich sexy? Im Fragen- und Antwortkatalog
subrosa, Dortmund, 19.30 Uhr
„Touch of Funk & Soul“ nicht nur in HipHop-Kreisen
lauern die Thesen: „Sportliche Brüste steigern die Le-
einen Namen gemacht. Unterstützt wird er vom „Beat
benserwartung, und eine gesunde Darmflora ist nicht nur
me up“- und „Herbe“-Partyinitiator Max Gyver, der in
was für fidele Gartenfreunde. Existiert ein Glück zu zweit
Sachen fetter Beats derzeit zu den eifrigsten Party-
oder ist man eigentlich nur doppelt allein?“
aktivisten der Region zählt. Auch die Sportjugend
Spiegelzelt am Steinernen Turm, Dortmund, 20 Uhr
DI 20 | 08 | 13 Musik | Oh My Darling Das kanadische All-Girl-Quartett Oh My Darling verzau-
Dortmund ist mit von der Partie und bietet die Option
bert die Zuhörer mit der richtigen Mischung aus Emo-
zum Kicker, Riesen-Vier-Gewinnt und Mini-Tischtennis
tion und Freude. Ihr Sound aus Bluegrass, Rootsmusic
an. Der Eintritt ist frei. Ausführliche Informationen zu
aus den Appalachen und französischer Folklore macht
allen Veranstaltungen gibt es unter www.djpicknick.de.
ihren Stil zu einem Schmelztiegel der musikalischen
Phoenix-See, Dortmund, ab 14 Uhr
Sprachen. Die hauptsächlich selbstgeschriebenen Songs werden von Vanessa Kuzina mit unter die Haut gehender
MO 26 | 08 | 13 Film | Fiege KinoOpenAir: Bang Boom Bang Keek, ein phlegmatischer Kiffer aus dem miefigen Ruhrpott-Kaff Unna, steckt tief in der Klemme. Denn er hat
Musik | Zeltfestival Ruhr: LaBrassBanda
einen Großteil aus einem gemeinsamen Raubzug mit
Stimme vorgetragen und optimal durch die einfühlsame
Eine Tuba, ein E-Bass, eine Posaune, ein Schlagzeug und
dem im Knast sitzenden Kalle bei Wetten verspielt. Als
Spielweise von Allison de Groot, Rosalyn Dennett und
eine Trompete – die Besetzung von LaBrassBanda ent-
sein äußerst jähzorniger Kumpan plötzlich vor seiner Tür
Marie-Josée Dandeneau unterstützt. Mit dynamisch-
spricht der einer klassischen Bläsercombo und ist mu-
steht, muss sich Keek dringend was einfallen lassen, um
brillant gespieltem Banjo, inspiriertem Geigenspiel und
sikalisch doch meilenweit davon entfernt. Denn Stefan
die Kohle wieder zu beschaffen. Also lässt er sich mit ei-
groovendem Bass geht ihre Musik direkt in die Beine.
Dettl, Andreas Hofmeir, Oliver Wrage, Manuel Winbeck
nem leicht debilen Automechaniker auf einen Diebstahl
subrosa, Dortmund, 19.30 Uhr
und Manuel da Coll heizen dem Publikum mit Klängen
bei dem halbseidenen Spediteur Kampmann ein. Doch
von Techno über Reggae, Funk und Ska kräftig ein. Wenn
damit geht es mit den Problemen erst richtig los. Der
bayerische Manpower auf Reggae und Ska trifft, dann ist
Einlass erfolgt ab 20 Uhr, der Film beginnt bei Sonnen-
das Ergebnis: LaBrassBanda. Ihre Blasinstrumente spie-
untergang. Das ganze Programm des Fiege-Kino-Open-
MI 21 – SA 24 | 08 | 12 Festival | Kultur live & lecker
len sie in zum Teil atemberaubender Geschwindigkeit,
Airs gibt es unter www.fiegekino.de.
Irische, afrikanische, kubanische und spanische Musik
den Text versteht man abseits Bayerns nur schwerlich,
Innenhof der Fiege-Brauerei, Bochum, 20 Uhr
stehen an den Abenden des diesjährigen Nordstadt-
aber auf den kommt es auch nicht an. Ansonsten erin-
Sommers auf dem Programm. Passend zur Musik der
nern nur die Lederhosen an die Herkunft der fünf stets
einzelnen Abende bietet das Kultur-Bistro Legato
barfuß auftretenden Jungs aus dem Chiemgau.
kulinarische Highlights der verschiedenen Regionen
Kemnader See, Bochum, 19 Uhr
sowie Spezialitäten vom Grill und exotische Cocktails an. Das Festival startet am Mittwoch mit der Connemara Stone Company, die ihr Publikum mit einer Mischung aus irischen Gassenhauern und eingängigen
26
Kabarett | RuhrHochDeutsch: Simone Fleck
DI 27 | 08 | 13 BODO VERLOSUNG | Listener Listener, eine mittlerweile dreiköpfige Talk-Music-Band
SO 25 | 08 | 13 Kindershow | Lars, der kleine Eisbär
aus den USA, tourt seit 2007 durch die ganze Welt. Wie Prediger geben sie ihre gesprochenen Liedtexte über
Eigenkompositionen begeistern. Mit ihrer Band prä-
In dem spannenden Abenteuer „Kleiner Eisbär in der
ihre Erfahrungen mit dem
sentiert Gabriela Mendes am Donnerstagabend ein
Walbucht“ von Hans de Beer rettet Eisbär Lars die
Alltag an ihre immer grö-
abwechslungsreiches Programm mit den bekanntesten
Wale vor den Walfängern und aus einer großen Not,
ßer werdende Fangemeinde
Musikstilen ihrer afrikanischen Heimat: melancholi-
in die sie durch das Abschmelzen eines Gletschers ge-
(Jünger) weiter. Dabei ge-
schen Mornas, flotten Coladeiras, sinnlichem Funaná
raten sind. Die Produktion führt von den Bären am
ben sie sich stets bodenständig und betonen immerzu,
und dem afrikanisch anmutenden Batuko. Die Band
Himmel zu der liebevoll erzählten Geschichte von Lars
dass sie ganz normale Menschen seien wie jeder andere
Sonoc de Las Tunas bringt am Freitag Abend den „Nu
und seinen Freunden bis hin zur Arktis, in der die Kin-
und bereit sind, überall aufzutreten, auch privat bei den
Salsa de Cuba“ auf die Bühne. Und zum Abschluss des
der mit eindrucksvollen Bildern den Lebensraum der
Fans zu Hause. Distanz kennen sie nicht, so stehen sie
Festivals wird es am Samstagabend mit D‘Callaos feu-
wirklichen Eisbären kennenlernen. Ein Abenteuer für
persönlich am Merchstand, reden stundenlang mit den
rigen Flamenco aus Barcelona geben.
Polarforscher ab ca. 5 Jahre. Weitere Termine unter
Fans und spielen auch mal einen Song unplugged im
Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund,
www.planetarium-bochum.de.
Publikum. Im Mittelpunk der Musik stehen dabei immer
21. – 23.08., 20 Uhr, 24.08., 21 Uhr
Planetarium, Bochum, 11 Uhr
die poetischen Texte von Sänger und Gründer Dan Smith.
30 + 31 | 08 | 13 Welttheater der Straße
24 | 08 | 13 Zeltfestival Ruhr: LaBrassBanda
25 | 08 | 13 RuhrHochDeutsch: Simone Fleck
Begleitet wird er von Chris Nelson an Bass und Gitarre
gibt‘s! Ein Abend alleine! Solo! Ein Abend, an dem man
sowie Kris Rochelle am Schlagzeug. Gemeinsam ergibt
überlegt, was im Leben wichtig ist und wichtig war. Und
Adressen | Bochum (0234)
das ein hoch emotionales, intensives, sensibles und ehr-
wie man am besten alt wird, ohne dass es ganz peinlich
Bahnhof Langendreer, Wallbaumweg 108, 687 16 10
liches Gebräu aus Folk, Rock, Indie und Poetry.
ist. In seiner leeren Wohnung, die er nun in Richtung
Christuskirche, An der Christuskirche 1, 338 74 62
FZW, Dortmund, 20 Uhr
„ebenerdiges Wohnen für Senioren“ verlässt, zieht Jo-
bodo verlost 2 x 2 Karten.
chen Busse kabarettistische Bilanz.
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Spiegelzelt am Steinernen Turm, DO, 20 Uhr (auch 31.08.)
Endstation Kino, Wallbaumweg 108, 687 16 20 Eve Bar, Königsallee 15, 333 354 45 Freilichtbühne Wattenscheid, Parkstraße, 61 03-0 HalloDu-Theater, Lothringer Str. 36c, 87 65 6 Jahrhunderthalle, Gahlensche Str. 15, 369 31 00
MI 28 | 08 | 13 BODO VERLOSUNG |
FR 30 + SA 31 | 08 | 12 Theater | Welttheater der Straße
RuhrHochDeutsch: HerzDame sticht –
Auch in diesem Jahr bietet Schwerte wieder spekta-
Lioba Albus und Christoph Nitz „Johnny“
kuläres Straßentheater, starke Bilder und Szenen,
Kulturhaus Oskar, Oskar-Hoffmann-Straße 25 Kulturrat Bochum, Lothringer Straße 36, 862 012 Museum Bochum, Kortumstraße 147, 910 42 30 Mus. Zentrum der RUB, Universitätsstr. 150, 322 28 36 Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Str. 50 – 60, 77 11 17 Riff, Konrad-Adenauer-Platz 3, 150 01
Frauen können nicht nur teilen, sondern auch austeilen.
stimmungsvolle Atmosphäre und feine Unterhaltung,
Wenn Lioba Albus sich als HerzDame die Ehre gibt und
wenn sich Gruppen der nationalen und internationalen
mit weiteren Herzdamen und Herzbu-
Straßentheaterszene dort zum 21. Festival „Weltthea-
Stadthalle Wattenscheid, Saarlandstraße 40, 610 30
ben der KomikerInnenzunft im Spie-
ter der Straße“ einfinden. Ob Zirkus, Objekttheater oder
Thealozzi, Pestalozzistraße 21, 175 90
gelzelt die Bühne teilt, werden deut-
klassische Theaterszenen, Maskenperformance, Mär-
Varieté et Cetera, Herner Straße 299, 130 03
sche Biederträume mit spitzer Zunge
chen, Tanz, Musik sowie Artistik und Live-Malerei – die
Zauberkasten, Lothringer Straße 36c, 86 62 35
zerfetzt. Dann sticht HerzDame und
Festivalbesucher erwartet ein erfrischender Programm-
trennt, was nie zusammen gehörte.
Mix einer renommierten Künstlerschar. Das komplette
Dann wird ausgeteilt und eingesteckt.
Programm sowie aktuelle Informationen gibt es unter
Die HerzDame-Abende im Spiegelzelt
www.welttheater-der-strasse.de.
Adressen | Dortmund (0231)
Verschiedene Orte, Schwerte, 18.30 bis 0.30 Uhr
Auslandsgesellschaft, Steinstraße 48, 838 00 00
sind weiblich, feurig, teuflisch, scharf, zutiefst komisch
telkötter mit dem frisch-flotten Mundwerk der Sauerländerin auftreten. Christoph Nitz rundet das Programm
Schauspielhaus, Königsallee 15, 333 30
Zeche, Prinz-Regent-Straße 50-60, 977 23 17 Zeche Lothringen, Lothringer Straße 36c, 876 56 Zwischenfall, Alte Bahnhofstraße 214, 28 76 50
Cabaret Queue, Hermannstraße 74, 41 31 46
und vor allem: hoch ruhrdeutsch. An diesem Abend wird Lioba Albus in der Rolle der gewitzt-pfiffigen Mia Mit-
RuhrCongress, Stadionring 20, 610 30
SA 31 | 08 | 13 BODO VERLOSUNG | Senay Duzcu
DASA, Friedrich-Henkel-Weg 1 – 25, 90 71 24 79 Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstr. 50 – 58, 502 51 45 domicil, Hansastraße 7 – 11, 862 90 30 Fletch Bizzel, Humboldtstraße 45, 14 25 25
mit Liedern aus dem Bereich des Folk und Country von
Ihr Weg auf die Bühne war weit, seitdem sie mit ihren El-
selbstkomponierten Stücken über diverse Coversongs
tern als Gastarbeiter nach Deutschland eingewandert ist.
bis hin zu den Gassenhauern von Johnny Cash ab, mit
Ihr Papa sagt zu einem Storch Schwein
Galerie Torhaus, Haupteingang Rombergpark, 50 23 194
denen er auch regelmäßig das Publikum im Dortmunder
und seine Frau stellt er vor, indem er
Konzerthaus, Brückstraße 21, 22 69 62 00
Hansa-Theater begeistert. Alle Informationen rund um
sagt: „Das ist meine Lebensgefahr“.
Museum f. Kunst u. Kulturgesch., Hansastr. 3, 502 55 22
die „RuhrHochDeutsch“-Veranstaltungen gibt es unter:
Wie alt Senay ist, weiß sie nicht. In
Piano Musiktheater, Lütgendortmunder Str. 43, 604 206
www.ruhrhochdeutsch.info.
der Türkei werden Geburtszahlen gerne
Spiegelzelt am Steinernen Turm, Dortmund, 20 Uhr
angepasst. Senay glaubte lange, sie sei
bodo verlost 3 x 2 Karten.
wie Jesus in einem Stall geboren wor-
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
den. In Deutschland erfuhr sie, es sei
FR 30 | 08 | 13 Kabarett | RuhrHochDeutsch: Jochen Busse
F.-Henßler-Haus, Geschw.-Scholl-Str. 33 – 37, 502 34 72 FZW, Ritterstraße 20, 17 78 20
Rasthaus Fink, Nordmarkt 8, 999 876 25 Reinoldikirche, Ostenhellweg 1, 52 37 33 Schauspielhaus, Hiltropwall, 502 55 47 Sissikingkong, Landwehrstraße 17, 728 25 78 Strobels, Strobelallee 50, 999 50 60
wohl doch eine Hausgeburt gewesen. Von da an machte
subrosa, Gneisenaustraße 56, 82 08 07
es sich die hübsche Frau zur Aufgabe, Kulturunterschiede
SweetSixteen Kino im Depot, Immermannstr. 29, 910 66 23
aus der Sicht der türkischen Frau zu zeigen. Als „Komike-
Theater im Depot, Immermannstraße 29, 98 21 20
rin im roten Kleid“ machte sie sich schnell einen Namen,
U, Leonie–Reygers-Terrasse, 50 247 23 Westfallenhallen, Rheinlanddamm 200, 120 40
Man wird älter und überlegt sich: Was habe ich alles er-
auch in Radio und Fernsehen. In Bayern wurde Senay 2007
lebt? Was kann ich noch erleben? Und lohnt es sich noch,
der Deutsch-Türkische Freundschaftspreis verliehen. Ihr
einen Tisch für nächste Woche zu reservieren? Wenn man
eigenwilliger Humor erlaubt es Senay, nicht nur zwischen-
älter wird, stehen Veränderungen an. Zum Beispiel ver-
menschliche Unterschiede komisch wiederzugeben, son-
Adressen | Herne (02323)
lässt man seine Wohnung und gibt eine Ausweihungspar-
dern auch politische Auseinandersetzungen aufzulockern.
Flottmann-Hallen, Flottmannstr. 94, 16 29 52
ty, bei der alle Menschen zusammen kommen, mit denen
Intelligent und mit dem nötigen Augenzwinkern öffnet
Mondpalast, Wilhelmstraße 26, 58 89 99
man im Leben zu tun hatte. Und gibt es etwas Schöneres
die Wahlkölnerin manche überraschende Sichtweise.
als einen Abend mit Kollegen und Geschäftsfreunden,
Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr
Lebenspartnern und Ex-Lebenspartnern, guten Freun-
bodo verlost 3 x 2 Karten.
den, alten Feinden und schlimmen Verwandten? Ja
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Westfalenpark, An der Buschmühle 3, 35 02 61 00 Zeche Zollern, Grubenweg 5, 696 12 11
Adressen | Witten (02302) Saalbau, Bergerstraße 25, 581 24 24 Werkstadt, Mannesmannstraße 2, 94 89 40
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28
UMWELT UND SOZIALES| von Frederik Gremler | Fotos: Sebastian Rötters (FIAN) · Adriana Cuellar (CAJAR) · Paul Corbit Brown
Wer Kohle in die Hände nimmt, macht
5.000 Arbeitern, eine angehaltene, aber
fünf gleichwertige Akteure: die Regional-
sie sich schmutzig. So scheint das zu
weiter geplante Flussumlegung des Rio Ran-
gruppe von Attac in Dortmund, das Bündnis
sein. Und gerade das Ruhrgebiet müss-
cheria, dem wichtigsten Fluss der Region.
demokratische Energiewende kommunal,
te es doch besser wissen. Zwischen Ze-
der Iberoamerika-Kreis der Auslandsgesell-
chen-Industriekultur und Bergbaunost-
Derweil preist die kolumbianische Regie-
schaft NRW, die Werkstatt Ökumene Eine
algie erinnert man sich hier, wie es war
rung den Bergbau als „Lokomotive des
Welt der evangelischen Kirche Dortmund/
„vor Kohle“, wie Arbeitsschutz und Ar-
Wachstums“. Doch die reich beladenen
Lünen und das Informationszentrum 3.
beiterrechte erkämpft werden mussten
Waggons zieht diese Lokomotive in andere
Welt. Eine Ausstellung im Reinoldinum er-
und dass Bergbau „Ewigkeitskosten“
Länder. Cerrejón ist zu jeweils 33 Prozent
zeugte 2012 etwas Medienaufmerksamkeit.
und Umweltschäden produziert. Die Ze-
im Besitz ausländischer Unternehmen:
Oberbürgermeister Sierau leitete einen Of-
chen sind dicht, doch Kohle braucht das
Xstrata (Schweiz), Anglo-American (Groß-
fenen Brief der Initiative an STEAG weiter.
Ruhrgebiet immer noch. In einer globa-
britannien), BHP Billition (Australien).
In der Antwort heißt es, dass Cerrejón
lisierten Welt kommt sie von dort, wo
„sich selbst hohe Standards“ auferlege und
sie am billigsten zu gewinnen ist, weil
In Kolumbien sind die Bedingungen noch
„STEAG sich verantwortungsbewusst bei
Mensch und Umwelt die Zeche zahlen
immer bürgerkriegsähnlich. Das Land
der Beschaffung der Steinkohle verhält“.
und andere profitieren: wir.
leidet unter den Verknüpfungen von Paramilitärs, Wirtschaftsgrößen und Politi-
Auf STEAGs Schreiben folgte ein Offener
Im Jahr 2011 kaufte sich ein Konsortium
kern. Arbeiterrechtler erhalten Todesdro-
Brief der Wayúus. Sie zeichnen ein anderes
aus sieben städtischen Energieunterneh-
hungen. 2012 sollen laut der Nationalen
Bild: „Nach mehr als 30 Jahren Kohleabbau
men, darunter DEW21 und DSW, mit 51
Gewerkschaftsschule
Nacional
in der Guajira leben nach wie vor 63 Prozent
Prozent beim fünftgrößten Energiekon-
Sindical (ENS) 20 Gewerkschafter ermor-
der Bevölkerung des Departments in Armut,
zern Deutschlands ein: STEAG. Die weite-
det worden sein. Auch engagierte Arbei-
37,4 Prozent davon sogar in extremer Ar-
ren 49 Prozent hält Evonik – für 2016 hat
ter in Cerrejón wurden bedroht. Das alles
mut. Das heißt, sie [Cerrejón] verschmut-
der Essener Konzern eine Vereinbarung
ist Tausende Kilometer vom ehemaligen
zen unser Land oder nehmen es uns weg,
getroffen, die es ihm erlaubt, die restli-
Kohlenpott entfernt. Trotzdem: Das Elend
und danach schicken sie uns ein paar Psy-
chen 49 Prozent zu veräußern. So weit, so
betrifft auch das Ruhrgebiet.
chologen, damit diese die heftigen Auswir-
Escuela
gut. Wenn STEAGs Hauptgeschäftszweig nicht die Steinkohle wäre und STEAG
Till Strucksberg, Mitglied der Initiative
diese Kohle nicht aus Kolumbien impor-
Dortmund-Kolumbien: „Wir müssen Öf-
tierte. Genauer: aus der größten Mine La-
fentlichkeit schaffen, damit internationale
teinamerikas. Die Konzessionsfläche des
Vereinbarungen und Gesetze Kolumbiens
Tagebaus Cerrejón ist mit 69.000 Hektar
eingehalten werden.“ Die Initiative vereint
zweieinhalb Mal so groß wie Dortmund. Die Folgen des Kohleabbaus lesen sich wie ein Katalog des Grauens, jede Seite mit einem neuen Schreckensbild: „Umsiedlungen“ mit Hilfe von Bulldozern im Morgengrauen, Atemwegserkrankungen bei der indigenen Bevölkerung (den Wayúus) und den über
28
29
Lokomotive auf Katastrophenfahrt Kolumbiens Kohle und das Ruhrgebiet
Die Kohle für das Ruhrgebiet kommt aus der größten Mine Lateinamerikas. Der Tagebau Cerrejón ist zweieinhalb Mal so groß wie Dortmund. Rechts: Anwohnerproteste gegen die Umweltzerstörungen durch die Mine Cerrejón. Nächste Seite: Oscar Guariyu bei seinem Deutschlandbesuch: „Viele Wayúu-Gemeinden sind praktisch umzingelt vom Bergbau. Cerrejón hat uns durch die Zerstörung unseres Landes unserer Lebensgrundlage beraubt.“
29
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kungen der Umsiedlungen abmildern sollen.
ist nötig, dies international zum Thema zu
In dem Brief der STEAG wird erwähnt, dass
machen.“ Dabei sei auch das Konsortium
das Unternehmen Cerrejón im Jahr 2010
gefordert. „Natürlich trifft die Stadtwer-
zehn Millionen US-Dollar in soziale Projekte
ke und STEAG nicht die alleinige Verant-
investiert hat.“ Dies entspräche fünf Tagen
wortung. Aber abkoppeln können sie sich
Kohleproduktion. STEAGs Einschätzung im
auch nicht“, sagt Rötters.
Folgeschreiben: Es gibt zwei Gruppen, die eine medienwirksam, die andere „medial
Die kolumbianische Verfassung verpflich-
weniger aktiv“. Die STEAG werde sich „wei-
tet Cerrejón dazu, vor Umsiedlungen die
terhin vor Ort ein Bild zu Vorwürfen Dritter
Bevölkerung zu konsultieren. Das sei in
machen“ und beim „Lieferanten platzie-
der Vergangenheit nicht passiert. Das Dorf
ren“. Dieses Antwortschreiben übermittelte
Tabaco verschwand im Morgengrauen ohne
die Stadt ein halbes Jahr nachdem es im
Vorwarnung unter Bulldozern. Auch interna-
Oktober 2012 eingegangen war.
tionalem Recht entspricht das nicht. Noch heute fehlt den ehemaligen Bewohnern ein
Eine Anfrage der Grünen leitete Sierau an
neues Zuhause – trotz einer Übereinkunft
DEW weiter – sie blieb unbeantwortet. Auf
zwischen Unternehmen und einigen der
die zweite Anfrage im Juni 2013 gab es
Betroffenen. Cerrejóns Slogan: Mineria res-
nun eine Antwort des Vorstandes der DSW
ponsable. Verantwortlicher Bergbau.
zur Wahrnehmung der unternehmerischen Verantwortung der STEAG in Kolumbien.
Was der Zusammenschluss der Stadtwer-
Neben Gemeinplätzen sei ein echtes Be-
ke (u.a. Dortmund, Bochum, Essen, Dins-
mühen um Transparenz erkennbar, sagt
laken und Duisburg) zu tun hat, ist für
Ulrike Märkel, Ratsfrau der Dortmunder
Rötters klar. „Die Stadtwerke sind quasi
Grünen: „Wie werden die Lage in Cerrejón
Besitzer von STEAG. Sie müssen für faire
weiterhin fest im Auge behalten und die
öffentliche Beschaffung sorgen. Sie müs-
STEAG beim Wort nehmen, wenn es darum
sen nachforschen, woher STEAG die Kohle
geht, Hinweisen auf Menschenrechtsver-
bezieht.“ Besonders vor dem Hintergrund,
letzungen nachzugehen.“
dass Dortmund, Bochum, Dinslaken zu „Fairtrade-Towns“ gekrönt worden sind.
Anfang dieses Jahres besuchte Oscar Guariyu, ein Vertreter der Indigenen, die Ini-
Rötters denkt noch einen Schritt weiter:
tiative Dortmund-Kolumbien. Sein Besuch
Was bleibt, wenn in Guajira nur noch ein
in Deutschland beinhaltete auch eine Rede
Loch ohne Kohle klafft. Zweifellos ver-
bei der RWE-Hauptversammlung. „Viele
schwindet Cerrejón dann. Und was bleibt
Wayúu-Gemeinden sind praktisch umzin-
den Bewohnern? Schön, wenn Cerre-
gelt vom Bergbau. Cerrejón hat uns durch
jón ein schwarzes Schaf in der Branche
die Zerstörung unseres Landes unserer Le-
wäre. Dann wäre es ja einfach zu wech-
bensgrundlage beraubt“, erklärte er darin.
seln. Doch auch in Russland schädigt der Bergbau die Bevölkerung, in den Appa-
Sebastian Rötters ist Referent für Berg-
lachen sprengen Konzerne Bergspitzen
bau bei FIAN (FoodFirst Informations- und
und in Südafrika gefährdet der Bergbau
Aktions-Netzwerk). Er hat an der Studie
die Trinkwasserversorgung. Auch STEAG
„Bitter Coal“, die weltweiten Kohleabbau
betreibt ein Kraftwerk in Kolumbien: Ter-
untersuchte, mitgearbeitet und war be-
mopaipa. Saubere Kohle? In globalisier-
reits vor Ort – auch in der Mine. In Cer-
ten Zeiten so rar wie Textilien oder Elekt-
rejón hat er eine Stadt mit Supermarkt
rogeräte ohne Sklavenarbeit (s.S. 20).
und sogar einem Baseballfeld besichtigt
30
– mitten in der Mine. Draußen dagegen
Aber zumindest versuchen sollten es alle
herrscht Armut. Seine Meinung: „So wie
Beteiligten doch. Gerade wenn sie im
Cerrejón seine Unternehmensverantwor-
Ruhrgebiet zu Hause sind.
tung wahrnimmt, geht es nicht weiter. Es
(Frederik Gremler)
31
REPORTAGE | von Sebastian Sellhorst und Bastian Pütter | Foto: Sebastian Selhorst
Seit dem 1. Juli ist Andreas Horst Quartiershausmeister im Schleswiger Viertel in der Dortmunder Nordstadt. Er kümmert sich um heimlich abgeladenen Sperrmüll, ist Ansprechpartner für Gewerbetreibende bei bürokratischen Fragen und für alle Anwohner im Viertel der kurze Draht zur Stadt. Der verbliebenen Dortmunder Tageszeitung gab er zum Start ein Interview – und dann ging der Ärger los. „Quartiershausmeister vertreibt Freier mit der Foto-Kamera“ lautete die Überschrift des Zeitungsartikels. „Nacht- und Nebelkipper aufspüren“ und „die von den Anwohnern verfluchten Freier vertreiben“ seien seine Aufgaben. Seine Mobilnummer unter dem Text wählten nicht nur erboste Bürger, sondern auch die versammelte Boulevardpresse, die „Action“ witterte, wie Horst sagt. „Die Kommentare waren sehr per-
»Ich sehe mich als eine Art Concierge des Viertels.« sönlich und aggressiv, aber ich bin hier weder
Zu Besuch beim Quartiershausmeister in der Dortmunder Nordstadt
der Blockwart noch Privatsheriff. Dabei wäre es nötig, dass die Funktion beschrieben wird, um die es eigentlich geht. Sie ist wichtig für die
Mit der am Schleswiger Platz anzutreffenden Dro-
„Ich hoffe, dass es mir mit meiner Arbeit gelingt,
Menschen, die hier leben.“
genszene sei er bereits in Kontakt gekommen.
für ein besseres Klima im Viertel zu sorgen, dann
„Viele Leute sind natürlich erst mal misstrauisch,
lassen sich auch die Wohnungen hier leichter
Andreas Horst ist erst seit wenigen Tagen im
wenn ich meinen Rundgang mache und vermuten,
vermieten. Davon profitiert wiederum das ganze
Schleswiger Viertel südlich des Nordmarkts un-
ich sei von der Polizei oder dem Ordnungsamt.“
Quartier.“ (sese, bp)
terwegs, als wir ihn in seinem neuen Büro an der
Besondere Rechte habe er bei seiner Arbeit aber
Schleswiger Straße besuchen. Entwickelt und fi-
nicht. „Ich darf nur Dinge tun, die auch jeder an-
INFO
nanziert wird das Projekt vom Verein Stadtteil-
dere Bürger tun könnte. Natürlich bin ich auch
Quartiershausmeister Andreas Horst
Schule Dortmund e.V. „Erfahrungen und Anre-
kein Sozialarbeiter, aber ich versuche auch da zu
Schleswiger Straße 12 | 44145 Dortmund
gungen, die von den Anwohnern selbst kommen,
helfen und zu vermitteln, so gut ich kann.“
Sprechzeiten: Mo. bis Fr. 13 – 16.30 Uhr Tel. 0176 – 79 00 14 65
sollen in meine Arbeit einfließen und meinen Aufgabenbereich immer neu justieren, um da zu hel-
Und die Sache mit den Freiern? Trotz des stadt-
fen, wo es gerade nötig ist“, beschreibt Andreas
weiten Verbots von Straßenprostitution schaf-
Horst, der selbst in der Nordstadt aufgewachsen
fen weiterhin Frauen im Quartier an, zum Ärger
ist, seine Aufgaben.
der Anwohner. „Wenn ich sehe, dass Leute stundenlang um den Block fahren, dann spreche ich
Einmal täglich macht er seinen Rundgang durch
sie an und weise sie auf die aktuelle Situation
das Viertel, trägt dabei gut sichtbar sein Namens-
hin. Auch die Frauen, die hier ihrem Gewerbe
schild mit der Aufschrift „Quartiershausmeister“.
nachgehen, fühlen sich schon alleine durch mei-
Besonders achtet er dabei auf den allgegenwär-
ne Präsenz gestört, ohne dass das meine eigent-
tigen Sperrmüll. „Wenn ich so etwas sehe, habe
liche Intention ist.“
ich die direkte Durchwahl der Entsorgungsbetriebe, kann mich schnell informieren, ob es sich
Langfristig soll die Stelle des Quartiershausmeis-
um angemeldeten Sperrmüll handelt, und wenn
ters durch Immobilienbesitzer des Viertels finan-
nicht, dafür sorgen, dass er schnell entsorgt
ziert werden, Unterstützung gibt es bereits jetzt.
wird.“ Wiederkehrendes Abladen von Sperrmüll
Bis Ende 2014 soll diese Interessengemeinschaft
dokumentiert er fotografisch, mit dem Ziel, an
groß genug sein, damit sich die Vollzeitstelle
Schwerpunkten längerfristig durch bauliche Ver-
weiter finanzieren lässt. Die Begleitung von Woh-
änderungen, wie z.B einem Fahrradständer, gegen
nungsbesichtigungen sei eine Dienstleistung, die
das wilde Entsorgen vorzugehen.
Andreas Horst dann ebenfalls anbieten könne.
31
32 KULTUR | von Wolfgang Kienast | Foto: Daniel Sadrowski
Nach Kohlenpott und Pays Noir
Manchmal reicht ein kleiner Umweg, gänzlich neue Perspektiven zu gewinnen. Diese Erfahrung machte vor einigen Monaten Johanna-Yasirra Kluhs. Die Rückreise von einem Kurzurlaub in Frankreich sollte sie und ihren Freund in die Nähe der belgischen Stadt Charleroi führen. Kluhs ist in der Tanz- und Theaterszene beschäftigt, in der wallonischen Industriestadt ist mit „Charleroi/Danses“ ein
Der deutsch-belgische Künstleraustausch „Parallel dazu – Sauvages“
international renommiertes Choreographiezentrum beheimatet. Ein guter Grund, diesem Ort einen Besuch abzustatten. Ein Schlenker, der einen nachhaltigen Eindruck hinterließ. Beeindruckt von der besonderen Atmosphäre der Stadt initiierte sie gemeinsam mit ihrer gleichfalls im Bereich der performativen Künste tätigen Kollegin Felizitas Kleine ein binationales Kulturprojekt. Der Titel: „Parallel dazu – Sauvages”, ein gegenseitiger Besuch von Künstlern aus dem Ruhrgebiet und aus Charleroi. Die Ergebnisse zweier gemeinsamer Arbeitsphasen sollen anschließend in Ausstellungen präsentiert werden. Dabei hebt sich das Projekt in vielerlei Hinsicht von Konventionen im Kulturbetrieb ab. Wie das Ruhrgebiet hat Charleroi eine schwerindustrielle Vergangenheit. Der Selbstdarstellung dienende Bilder jener Zeit zeigen Maschinen, rauchende Schlote und gigantische Fabrikanlagen. „Souvenir du Pays Noir” ist eine Postkarte aus den Anfängen des zwanzigsten Jahrhunderts betitelt, ein Bergarbeiter mit Grubenlampe steht vor einer sich am Horizont im Qualm hoher Schornsteine verlierenden Industriekulisse. Die Aufnahme hätte so auch in Dortmund, Essen oder Duisburg entstehen können. Und genau wie das Ruhrgebiet wurde Charleroi vom Ende dieser Epoche schwer getroffen. Der Strukturwandel stellte die Region vor kaum lösbare Probleme; Herausforderungen, denen sich letztlich jeder Kohle- und Stahlstandort in Europa zu stellen hatte und meist noch immer hat.
Die hässlichste Stadt der Welt Bei einer gängigen Marschroute, die Zukunft in die Hand zu nehmen, wird auf den Ausbau des Dienstleistungssektors gesetzt, bei einer zweiten Ω
soll die so genannte Kreativwirtschaft gefördert
Grüße aus dem Schwarzen
werden. Prominentester Beleg für letzteres ist
Land – eine Postkarte aus der
seit 1985 das Ausloben von europäischen Kultur-
Bergbauregion um Charleroi zu
hauptstädten. Im laufenden Jahr darf Marseille
Beginn des 20. Jahrhunderts.
diesen Titel führen. Frau Kluhs kann diesem Konzept durchaus etwas abgewinnen, weiß aber auch
32
¬
Kritik anzubringen: „Das Prinzip der Kulturhaupt-
Johanna-Yasirra Kluhs
städte ist eine EU-weite Strukturentwicklungs-
und Felizitas Kleine
maschinerie, die nach klar definierten Hierarchieund Werteprinzipien funktioniert.
33
Dabei wird immer nur eine ganz bestimmte Art
plante ein riesiges Einkaufszentrum in der
Kleine. „Ich bin im Ruhrgebiet aufgewach-
von Kunst gefördert und man lässt auch nur die-
Innenstadt und eine großartige U-Bahn. Aber
sen, war dann allerdings über einen längeren
se als Aushängeschild gelten. Die Bilder werden
man verlor sich in Korruption und Skandalen.
Zeitraum auswärts beschäftigt. Seit einem Jahr
nicht in der betreffenden Region entwickelt, sie
Die fertiggestellte Bahn wurde nie in Betrieb
lebe ich wieder hier. In Herten. Mit meiner
kommen standardisiert von außen. Was wir jetzt
genommen, für das Einkaufszentrum hatte man
Rückkehr habe ich begonnen, das Ruhrgebiet
aus Marseille zu sehen bekommen, hätte ebenso
vorauseilend einen Teil der Innenstadt abgeris-
noch einmal ganz neu zu betrachten. Und ich
gut 2010 im Ruhrgebiet stattfinden können.”
sen, dann sprang der Investor ab. Das Ergebnis
finde den Ansatz der Künstler von ,Hôtel Charle-
Charleroi wird nicht so bald Kulturhauptstadt
ist eine vollkommen seltsame Stadtlandschaft,
roi‘ spannend. Es geht ihnen um den Auftrag,
werden, wohl aber, im kommenden Jahr, das be-
die aussieht wie ein zerpflügtes Gebiss. Das
den die Kunst in solchen Regionen haben kann.
nachbarte Mons. Charleroi trägt einen anderen,
ist überwältigend, jedoch auf eine Art, die wir
Natürlich wäre es sehr einfach, das vorhande-
einen inoffiziellen Titel: die niederländische
zunächst gar nicht verstanden haben.”
ne Elend als ästhetisches Ereignis, das man konsumieren kann, mit den üblichen Bildern
Tageszeitung „De Volkskrant” kürte den Ort 2008
auszuschlachten. Aber das ist weder deren noch
zur „Hässlichsten Stadt der Welt”.
Der Auftrag der Kunst
Deckungsgleiche Utopien
Eher zufällig, doch mit weit reichenden Folgen, lernte Johanna-Yasirra Kluhs noch vor Ort
So wenig wie „Parallel dazu – Sauvages” ein
„In puncto Strukturentwicklung wird in Europa
eine Künstlergruppe namens „Hôtel Charleroi”
voyeuristisches Interesse an zweifelsohne
dem Ruhrgebiet Vorbildcharakter zugespro-
kennen. Wieder zu Hause in Essen und nach
vorhandenen Dysfunktionen befriedigen will,
chen”, sagt Frau Kluhs. „Vergleichbare Strategi-
Gesprächen im Kollegen- und Bekanntenkreis
sollen die Ergebnisse den nahezu standardisier-
en wurden auch in Charleroi verfolgt. Die Utopi-
reifte die Idee eines Austausches zwischen
ten Resultaten entsprechen, wie sie die offizielle
en und der Anspruch an sich waren und sind in
den Künstlern aus Charleroi und auf ähnlichem
Kulturindustrie hervorbringt. Vielmehr vertrauen
etwa deckungsgleich. Man hatte Ambitionen zu
Terrain Schaffenden aus dem Ruhrgebiet. In Fe-
Kluhs und Kleine auf eine kreative Szene, die
wachsen und nach dem Wegfall der Industrie
lizitas Kleine fand sie eine engagierte Partnerin
sich unabhängig vom geförderten Kulturbetrieb
noch zu funktionieren, brüstet sich mit kultu-
für das Projekt. „Ich konnte sehr gut verstehen,
an den Schnittstellen von Club, Kunst und Thea-
rellen Leuchttürmen wie „Charleroi/Danses”,
was Johanna an dem Thema fasziniert”, sagt
ter herausgebildet hat.
unser Anliegen.”
33
34
Möglichkeitsräume Für die Kooperation auf deutscher Seite konnten
Christian Odzuck, der mit seinen Arbeiten die
sie das Maschinenhaus der Zeche Carl in Essen
Produktion von Realität im gesellschaftlichen,
gewinnen. Organisiert vom Kunstverein Carl Sti-
ökonomischen und sozialen Kontext themati-
pendium e.V. versteht sich das Maschinenhaus als
siert, beteiligt sich an dem Projekt. „Ich bin kein
Ort für künstlerische Experimente und Grenzgänge.
Studiokünstler, der sich morgens hinsetzt und
Dessen Selbstverständnis verspricht, professionel-
anfängt zu malen. Ich arbeite im öffentlichem
len freischaffenden Künstlern absoluten Freiraum
Raum. Mich interessiert zunächst einmal die Auf-
zu garantieren, sich nie in den deren Arbeit
nahme einer Gegebenheit, der Rechercheprozess,
einzumischen, den Prozess der Entstehung eines
die Analyse. Ehemalige Industriestandorte finde
Kunstwerkes ebenso hoch zu schätzen wie später
ich spannend, weil sie sich permanent verändern.
das fertige Werk und die Ateliersituation für ein
Natürlich ist es vermessen, zu behaupten, man
interessiertes Publikum offen zu halten. Das versi-
könne als Künstler auf diese Entwicklung Einfluss
chert Geschäftsführerin Aude Bertrand. „Deswe-
nehmen. Aber durch unsere Art einer Situations-
gen fühlen wir uns hier so gut aufgehoben”, sagt
beschreibung können wir dazu beitragen, das
Kluhs. „Unsere Arbeit besteht ja letztlich darin,
Bewusstsein zu schärfen um auf dieser Basis
Räume für Möglichkeiten aufzumachen. Genau so
vorurteilsfreier agieren zu können.”
denkt das Maschinenhaus und gibt uns die Chance, unsere Vision zu verwirklichen.” „Wir als Kuratoren
Johanna-Yasirra Kluhs stimmt zu: „Für mich ist es
sehen uns bei dem Projekt eher als Moderatoren”,
ein politischer Auftrag der Kunst, immer wieder
ergänzt Kleine. „Wir wollen Kontakte fördern. Uns
Prozesse der Bewusstwerdung anzuregen. So etwas
sind die Fragen, die die Künstler stellen und der
habe ich ja als Folge von Charleroi erlebt. Plötzlich
gegenseitige Austausch wichtiger, als am Ende
schaue ich ganz anders auf das, was mir immer
eine perfekte Ausstellung im hergebrachten Sinn
normal erschien. Es hat mit dem fremden Blick auf
präsentieren zu können. Wir grenzen uns also ganz
sich selbst zu tun. Wir hoffen, dass es Künstlern
bewusst von Erwartungshaltung und Verwertungs-
und Besuchern mit ,Parallel dazu – Sauvages‘ eben-
logik der Kulturindustrie ab.”
so geht. Das Ruhrgebiet hechelt immer so atemlos durch diese Leuchtturmkulturpolitik. Da wollen
Bewusstwerdung statt Leuchtturmpolitik
wir einfach mal zurücktreten und fragen, wo das herkommt und warum das so ist.” (wk)
Zwei gemeinsame Arbeitsphasen, eine in der
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34
Wallonie, die andere im Revier, wird es geben
INFO
– vom 4. bis zum 12. August in Essen und vom
„Parallel dazu – Sauvages“
31. August bis zum 8. September in Charleroi.
Maschinenhaus Zeche Carl
Präsentiert werden die Ergebnisse im September
Wilhelm-Nieswandt-Allee 100 | 45326 Essen
in Charleroi und im November im Maschinenhaus.
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35
36 LITERATUR | gelesen von Bianka Boyke
Anja Tuckermann
Lotte Kinskofer
Kopfüber. Kopfunter. Ein Jugendbuch über ADHS
Gefangen in einer Schattenwelt Der Jugendroman „Aufgeflogen“
In „Kopfüber. Kopfunter“ von Anja
Ein neues Mädchen kommt in
Tuckermann geht es um ADHS. Da-
Christophs Klasse – Isabel aus
mit packt die Autorin ein Tabuthe-
Kolumbien. Von Anfang an ist
ma in einen Jugendroman, irritiert
Christoph fasziniert von der ruhi-
allerdings mit der Umsetzung. Elli
gen Isabel, die so wenig von sich
und Sascha – beide zehn Jahre
preisgibt. Die beiden kommen
alt – sind die besten Freunde. Sie
einander recht schnell näher.
verbringen jede freie Minute mit-
Doch nicht wirklich nah.
einander. Ihr großes Hobby: Sie
Isabel bleibt auch ihm gegen-
denken sich die haarsträubendsten
über verschlossen, spricht nie
Geschichten aus, nehmen dazu bei
über sich selbst. Wo lebt Isabel?
ihren Streifzügen alle möglichen
Wie lebt Isabel? Und vor allem:
Geräusche auf, und Elli bastelt dar-
Warum verschwindet sie immer
aus am Computer Hörspiele.
so plötzlich? Christoph möchte
Elli liebt Saschas Heiterkeit und seine unerschöpfliche Phantasie.
unbedingt mehr über sie erfahren. Eines Tages folgt er ihr heimlich. Er
Und wenn er mal wieder einen seiner Wutanfälle bekommt, bei dem er
findet heraus, dass Isabel mit ihrer Mutter illegal in Deutschland lebt,
gegen Sachen tritt, haut sie einfach schnell ab. Das kennt sie schon.
ständig in der Angst, entdeckt und abgeschoben zu werden. Noch bevor
Es stört sie nicht. Es nervt sie nur, wenn sie ihm beim Reden hinter-
Christoph Isabel irgendwie helfen kann, wird in ihrem Haus der Haus-
hergucken muss. Denn wenn Sascha Elli etwas erzählt, läuft er dabei
meister ermordet aufgefunden. Christoph reagiert schnell, versteckt
meist auf und ab und davon wird ihr schwindelig. Trotzdem: Wenn
Isabel. Denn die wird nun von der Polizei gesucht – zunächst als Zeu-
andere Kinder Sascha doof nennen, sagt Elli nur: „Der ist, wie er ist.
gin, dann als Verdächtige.
Und ich finde ihn gut.“
Lotte Kinshofer schreibt leicht verständlich, bleibt dabei immer gesell-
Zu Hause hingegen hat Sascha oft Streit mit seiner Mutter und seinen
schaftskritisch und gibt Einblick in die Schattenwelt der Papierlosen in
Geschwistern, und auch in der Schule kommen Klassenkameraden und
Deutschland. Sie verbindet Drama, Liebesgeschichte und Krimi zu einem
Lehrer nicht mit ihm zurecht, nennen ihn verhaltensauffällig. Sascha
spannenden, nachdenklich stimmenden Jugendbuch.
kommt schließlich auf eine Förderschule und ihm wird ein Betreuer zur Seite gestellt. Frank geht mit Sascha monatelang von Arzt zu Arzt, will herauszufinden, warum Sascha noch immer weder lesen noch schreiben kann. Nach mehreren Monaten steht die Diagnose fest: ADHS.
Wie geht es angeblich „Illegalen“ in Deutschland? Sie stehen immer am Rande der Gesellschaft, sind damit rechtlos, da offiziell gar nicht existent. Sie leben ohne jegliche Sicherheit. So wird Isabel beispielsweise von ihrem Arbeitgeber ausgebeutet, vom Hausmeister sexuell
Sascha bekommt Tabletten – er wird ruhiger, ist aber auch oft müde. Die
genötigt und ihre Mutter bekommt keine notwendige medizinische
Erwachsenen sind froh, Elli wünscht sich ihren Freund zurück. „Du hast
Versorgung.
dein Lachen verloren“, sagt sie zu ihm. Die enge Freundschaft der beiden scheint zu zerbrechen, bis Sascha nach ein paar Monaten beschließt, die Tabletten einfach nicht mehr zu nehmen. Jetzt hat Elli ihren besten Freund wieder. Damit endet das Buch und lässt den Leser mit vielen Fragen zurück: Sascha kann doch noch nicht gesund sein, oder? Sind Kinder, die an ADHS erkrankt sind, unter Medikamenten nur glücklich, weil ihre Umwelt mit ihnen zufriedener ist? Versucht man sie dadurch also nur in eine Form zu pressen? Oder passte dieser Ausgang schlichtweg zur Dramaturgie des Romans? Eins ist klar: Der Roman ermutigt, hitzig zu diskutieren. Und
Der Jugendroman „Aufgeflogen“ zeigt eindringlich, was eine Familie alles auf sich nimmt, um irgendwann ein besseres Leben führen zu können. Jugendliche sehen so: Das Klischee vom Ausländer, der nach Deutschland kommt, um es sich hier „richtig gemütlich zu machen und auf Kosten des Staates zu leben“, stimmt wohl nur in den wenigsten Fällen. Das Nachwort von Birgit Poppert, Gründerin des Café 104 in München, das Menschen ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung unterstützt, erläutert die in der Geschichte vorkommenden Ereignisse und rundet das Buch ab. Als Schullektüre dringend empfohlen. (bb)
das ist für alle Tabuthemen der beste Anfang. (bb) Lotte Kinskofer | Aufgeflogen Anja Tuckermann | Kopfüber. Kopfunter. ab 12 Jahren | Klak Verlag | 111 Seiten | 6,90 Euro
36
ab 14 Jahren | dtv pocket | 224 Seiten | 6,95 Euro
37 Fehlersuchbild – Lösung: 1) der kleine Stein vorne links fehlt, 2) einer der beiden größeren Steine vorn hat den Mundwinkel weniger hochgezogen 3) und dem anderen fehlt die Augenbraue, 4) einer der beiden Tragsteine grinst anders, 5) der quer liegende Stein hat kein Gesicht 6) und ihm fehlt eine kleine Ecke, 7) zwischen den beiden Tragsteinen ist der Rasen etwas höher, 8) die rechte Wolke ist anders geformt, 9) der linke Vogel fliegt in eine andere Richtung und 10) der redende Stein ist oben etwas länger.
Finde die 10 Unterschiede im rechten Bild. Viel Erfolg! Rätsel-Lösung: BOGART
RÄTSEL | von Volker Dornemann
37
38 BODO GEHT AUS | von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski
Im Wanne-Eickeler Stadtteil Unser Fritz, benannt nach der gleichnamigen, 1993 endgültig stillgelegten Zeche, benannt wiederum nach Kronprinz Friedrich Wilhelm, sehr beliebt bei der Bevölkerung des ausgehenden 19. Jahrhunderts, findet ein RuhrgebietsNostalgiker noch jene Atmosphäre, die er in den Zentren der Reviermetropolen mittlerweile vergebens sucht.
Fritzchen | Herne Wanne-Eickel Museales Gleiscafé mit Ruhrgebietsatmosphäre Sozialarbeiterin betreibt das Fritzchen im Ne-
che freundlich fragt, dem wird dabei eventuell
benberuf. Wenn sie Hilfe braucht, wenn sich ihre
sogar ein persönlicher Grillwunsch erfüllt.
eigentliche Arbeit und das Café zeitlich nicht unter einen Hut bringen lassen, springt ihre Mutter
Während der Saison von März bis Oktober, doch
ein. Die backt außerdem den leckeren Kuchen,
auch in der eigentlichen Winterpause kann das
der im Fritzchen angeboten wird. Handgemachte
Gleiscafé für Geburtstage, Betriebsfeste oder Ver-
Klassiker. Dazu gibt es Kaffee, Cappuccino, Latte
einsabende gemietet werden. Nach Möglichkeit
Macchiato, diverse Teesorten, Limonaden, Biere,
finden individuelle Vorlieben Berücksichtigung.
„leichte Getränke“ wie Wein oder Sekt und ein
Frau Lenger erzählt von einer Doppelkopfrunde,
paar Kurze. Die Preise liegen zwischen 1,50 für
die um Fingerfood bat, weil mit der zweiten Hand
Kaffee oder Tee und 3,00 Euro für den halben Li-
die Spielkarten gehalten werden mussten.
ter Bier. Volkstümlich fair. Im Radio läuft WDR4. An den Wänden hängen alte Postkarten und Fotos
Vom Betrieb im Gleiscafé profitiert natürlich
von Dampflokomotiven der Wanne-Herner Eisen-
auch das Museum. „Das lag ja für Jahrzehnte
bahn und Hafen GmbH (1960), dem Sol- und Ther-
in einem Dornröschenschlaf”, sagt Frau Lenger.
malbad Wanne-Eickel (1957), dem Pferdemarkt
„Das ist noch ein Heimat- und Naturkundemuse-
als Auftakt zur Cranger Kirmes (1954) oder einem
um der alten Art mit Objekten aus dem Bergbau,
Haus der Gemeinnützigen Wohnstättengenossen-
einer Back- und Wohnstube, einer Drogerie und
schaft Wanne-Eickel (1910).
ausgestopften Tieren. Außerdem ist die wohl größte und älteste Ofensammlung Deutschlands
Unser-Fritz-Straße 108 lautet die Adresse des an-
38
sässigen Heimat- und Naturkundemuseums. Hinter
„Die meisten Bilder haben mir unsere Gäste
zu besichtigen. Sogar eine römischen Fußboden-
dem Museum, unter großen Bäumen, zwischen dem
geschenkt“, sagt Frau Lenger und liefert einen
heizung gehört zur Ausstellung. Nach Kaffee und
schmucken roten Ziegelbau und dem nahegelege-
weiteren Beweis für die freundlich-familiäre At-
Kuchen gehen viele meiner Gäste noch rüber und
nen Rhein-Herne-Kanal, vermoost pittoresk ein
mosphäre im Café. „Es gibt viele Stammgäste.
schauen sich das Museum an.”
gutes Dutzend meist bergbauhistorischer Schie-
Die bringen manchmal Neue mit, und die sehe
nenfahrzeuge. Mit einer Ausnahme: Blitzblank und
ich dann auch meist wieder.“ Über die Jahre hat
Sehr beliebt ist die Kombination von Limo bei Fritz-
liebevoll renoviert erwartet das Gleiscafé Fritz-
sich das Gleiscafé zu einem beliebten Ausflugsort
chen und anschließendem Museumsbesuch bei Kin-
chen seine Gäste.
entwickelt. Gut zu erreichen mit PKW oder den
dergärten und Schulen der Stadt. Das Museumsge-
Bussen der Linien 328 und 329, wissen darüber
bäude selbst erlebt dann gewissermaßen ein back
„Das war ursprünglich mal ein Personenbehelfs-
hinaus vor allem Radfahrer die günstige Lage am
to the roots, denn einst war hier die Stadtteilschule
wagen auf Zeche, eine Art Aufenthaltsraum auf
Radweg neben dem Kanal und die Anbindung an
von Unser Fritz untergebracht. (wk)
Rädern“, erklärt Claudia Lenger. Restauriert wurde
den Erzbahntrassenweg zu schätzen. Gerade an
der Waggon vor etwa sieben Jahren über ein Stadt-
Wochenenden und bei gutem Wetter macht sich
Fritzchen – Unser Gleiscafé
teilprojekt, genutzt werden sollte er anschließend
das bemerkbar. Doch in Fritzchens Biergarten-
Unser-Fritz-Straße 108 | 44653 Herne
als Museumscafé. Da sich kein anderer Pächter fand,
bereich ist ausreichend Platz für alle. Sonntags
Mi. bis Sa. 14 bis 17 Uhr | So. 11 bis 17 Uhr
übernahm Frau Lenger das Objekt. Die engagierte
wird dort rustikal gegrillt. Und wer unter der Wo-
Tel. 02325 – 63 79 27
39
Foto: Sebastian Sellhorst
LESERSEITE
bodo dankt: Sparkasse Bochum Gerd Schlitzer, Lieselotte Markgraf, Sabine Raddatz, Petra Danielsen-Hardt, Silke Harborth, Timo Zimmermann, Dolf Mehring, Hildegard Reinitz, Ruth Hanke, Ute Soth-Dykgers, Annette Düe, Kathrin Bohr, Anna Wirges, Oliver Stiller, Doris Doberstein, Esther Hagemann, Wolf Stammnitz, Nicolas Koester, Herr Dr. Rinnert Siemssen, Volker Schaika, Hannelore ThimmRasch, Sigrid und Axel Klaerner, Gerhard Volpers, Else Marie Bork, Peter Lasslop, Kathrin Bohr, Christina Kolivopoulos, Jutta und Wido Wagner, Klara Lehmann, Berlinde Loß, Ursula Kemper, Bettina Andre, Monika Warnecke, Martina Kramer, Susanna Sworowski, Robin Roenspies, Dr.Med. Vet. Karen Elisabeth, Gerda Nolte, Heinz Riedl, Jörg Friedrich Gillhoff, Helga Birtel, Jutta und Hans Joachim Deschner, Regina und Rolf Peter Reinbacher, Peter Herzog, Alexia Sfirikla, Christa Fuhrlaender, Michael Meier, Siegmar Welski, Dr. Karl-Ulrich Winkler, Udo Möller, Angelika Göbel, Heinz Riedl, Sieglinde Benfer, Doris und Ulrich Fehre, Doris Piepenbring-Nesch, Ursula Wasiolka, Dr. Josef Balzer, Alexander Barbian-Steinfort, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg Schumacher, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Eberhard Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski, Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dieter Zawodniak, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda
50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer und eine Gesamtspendensumme von 5.000 Euro! Die zweite Charity-Motorradausfahrt „biken für bodo“ war ein voller Erfolg, vor allem dank der Organisation durch Betty André und der großen Spende von Marcus Parzonka. Vielen Dank an alle!
LESERBRIEFE Hallo Herr Pütter, wann immer ich einen Verkäufer des bodo treffe, kaufe
Menschen gehören, die sich vor Arbeit drücken. Im Ge-
ich ein Exemplar, so auch letzte Woche Freitag.
genteil, ich finde es bemerkenswert, wenn sich jemand
Da ich nur einen 10-Euro-Schein hatte, bat ich die Ver-
bei Wind und Wetter in die Einkaufspassage stellt, um
käuferin des dm-Marktes nach meinem Einkauf, mir die-
sich ein paar Cent dazu zu verdienen.
sen zu wechseln. Auf ihre Frage, wie klein ich es denn
Außerdem möchte ich nicht wissen, was ein Verkäufer
haben wollte, antwortete ich, dass es mir egal wäre,
sich so alles gefallen bzw. von seinen Mitmenschen sa-
ich bräuchte lediglich etwas Kleingeld, um dem jungen
gen lassen muss...
Mann vor der Tür den bodo abzukaufen.
Mit freundlichen Grüßen, Patricia Pachura
Daraufhin gab die Dame ihr „geballtes Halbwissen“ zum Besten und erklärte mir, dass man das auf keinen Fall
Hallo liebe bodo- Redaktion,
machen dürfe, da es sich bei diesen „Leuten“ um Drücker-
habe heute einem sehr netten Verkäufer eine bodo ab-
kolonnen handeln würde, die einem nur das Geld aus
gekauft, der mit Sauerstoffgerät am Rollator an mir vor-
der Tasche ziehen wollten. Das wäre ja angeblich eine
beilief und etwas vor sich hin sagte (da ich schlecht
Obdachlosenzeitschrift, und „der da draußen“ würde ja
höre, war mir erst unklar, ob er mit sich selbst sprach),
mal nicht aussehen wie ein Obdachloser. Tags zuvor hät-
dann sah ich aus dem Augenwinkel aber die bodos auf
te eine Frau dort gestanden und die Zeitschrift verkauft,
der Ablagefläche des Rollators liegen und nahm die Ver-
und da hätte ihr eine Kundin auch gesagt, das man die-
folgung auf – er war ziemlich fix unterwegs...
sem „Pack“ auf gar keinen Fall Geld geben dürfe.
Alle Achtung, und Hut ab: da würden andere resignieren
Diese Aussage machte mich furchtbar wütend, und ich
und nur noch vor der Glotze kleben. Meine Bewunderung
habe versucht, ihr zu erklären, wie es sich mit Verkauf
dafür, wie jemand aktiv mit seinem Schicksal umgeht!
bzw. den Verkäufern von bodo verhält. Seit einigen
Ich habe auf zwei Euro aufgerundet, und die Freude des
Jahren bin ich im Jobcenter tätig und weiß, dass die
Verkäufers wird mich durch den Tag begleiten.
VerkäuferInnen des bodo ganz bestimmt nicht zu den
Viele Grüße, Doris Gräwe
CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann
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