POR
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bodo
August 2014
GA DAS STRASSENMA
Z IN
Neptuns Tochter | Von Dortmund auf den Olymp Frank Goosen | Heimat, Fußball, Rockmusik Roller Derby | Vollkontakt im Kreisverkehr 1
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23.06.14 16:12
INHALT | EDITORIAL
04
Frank Goosen Frank Goosen ist auf deutschen Kleinkunst-Bühnen eine etablierte
Größe und in seiner Heimatstadt ein Superstar. Und neben Heimat und Rockmusik ist Fußball sein großes Thema, ob auf der Bühne, im Aufsichtsrat des VfL Bochum oder als Jugendtrainer bei der DJK Arminia 1926.
12
Von Peter Hesse
Immer nur Heimspiel 6:2 – ein souveräner Sieg im Ligaspiel. Aber: Kein Jubel und
Anfeuern durch Familie oder Freundin. Es gibt gar keine Zuschauer, geschweige denn eine Tribüne. Stattdessen begrenzen meterhohe kalte, graue Betonmauern das Feld. Spieltag in der Justizvollzugsanstalt Iserlohn.
18
Von Antje Mosebach
Vollkontakt im Kreisverkehr Auf dem Feld stehen entschlossen aussehende Frauen auf Rollschu-
hen und in Schutzkleidung. Ihre Trikots tragen Namen wie „Bella Knockarella“ oder „Sassy Kickassy“. Es geht um das Sammeln von Punkten und blauen Flecken. Willkommen beim Roller Derby. Von Bastian Pütter
40
Neptuns Tochter Ursula Happe ist 87 – was man ihr nicht ansieht. Sie bewegt sich mit fast
schwebender Leichtigkeit im Wasser. Ist sie allerdings auf dem Wasser, wird ihr, der SchwimmOlympiasiegerin, schlecht, im Wasser grundsätzlich kalt. Wie herrlich menschlich. Von Antje Mosebach
07 Impressum 07 Straßenleben | Kicken gegen die Armut 08 Neues von bodo 16 Kultur | Die Ping-Pong-Renaissance 16 Recht | Hausrecht des Mieters
Liebe Leserinnen und Leser,
17 Wilde Kräuter | Klatschmohn
ein Sportheft. Tatsächlich. Keine Sorge, kein Schweini und kein Jogi,
21 Leserbrief | Dortmunder Zustände
kein FIFA-Brimborium und keine aufgeregte Vorfreude auf eine
22 Kommentar | Kopftuch ab zum Gebet
neue Bundesligasaison. Wir glauben, dass Sport viel mehr ist als glo-
22 News
bale Marketing-Kampagnen und partypatriotische Aufwallungen.
23 Die Zahl | Das Foto 24 Netzwelt | www.maedchenmannschaft.net
Und wir glauben, dass wir unter diesem einen Thema Geschichten
24 Kinotipp | Göttliche Lage
auf unsere Art erzählen können, mit dem gleichen Ton und dem gleichen Blickwinkel
25 Veranstaltungskalender | Verlosungen
wie sonst: Wir treffen eine Schwimm-Olympiasiegerin in Dortmund, die uns im Becken
32 bodo geht aus | Mitten im Pott
spielend abhängen würde. Ursula Happe ist 87. Wir sprechen mit dem Bochumer Jugend-
33 bodo-Porträt | Atur
Fußballtrainer und VfL-Vorstandsmitglied Frank Goosen über seine „Nebenjobs“ als
34 Reportage | Nicht ans Ziel denken
Kabarettist und Romanautor.
36 Reportage | Eine Runde auf der Niere 42 Reportage | Taekwondo in Essen und Kabul 46 Leserpost
Wir besuchen einen Taekwondo-Nationaltrainer, dessen Team in Kabul trainiert, lebt und überlebt. Wir gehen Bogenschießen mit bodo-Verkäufern, stellen einen ehemaligen Eishockey-Star aus unserem Transport-Team vor und gehen essen in Ente Lippens‘ Restaurant „Mitten im Pott“. Und wir betreiben „Groundhopping“ und besuchen Sportstätten, die uns interessieren:
bodo SCHA FFT CHAN CEN
Eine Hockeyhalle, in der sich junge Frauen auf Rollschuhen beim „Roller Derby“ Blessuren zufügen, einen Kulturkneipen-Tischtenniskeller, einen einzigartigen Fahrradrundkurs mit Geschichte und einen Knast-Sportplatz, auf dem nur Heimspiele ausgetragen werden. Ein besonderes Sport-Heft und ein Straßenmagazin wie Sie es kennen. Und das Beste: Diese bodo funktioniert auch im Sitzen. Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de 3
MENSCHEN
Frank Goosen:
Heimat, Fußball, Rockmusik
„Ich glaube, mein größtes Talent ist es aber, aus dem, was ich kann, das Beste zu machen.“
4
1966 spielen noch Uwe Seeler, Lothar Emmerich und Franz Beckenbauer im Team der Nationalmannschaft. Im gleichen Jahr wird Frank Goosen als Sohn eines Bochumer Elektrikers geboren. Mit 15 Jahren möchte er am liebsten Sportreporter werden, er studiert nach dem Abitur Geschichte, Germanistik und Politik. Mit seinen literarisch-kabarettistischen Programmen ist er an bundesdeutschen Kleinkunst-Bühnen eine etablierte Größe und in seiner Heimatstadt ein Superstar. Von Peter Hesse | Fotos: Daniel Sadrowski
Über die Themen „Heimat, Fußball, Rock-
aus seiner Sicht die bayrische Trainer-Troika
Einfallsreichtum und ungewöhnliche Ideen
musik“ redet der Wort-Akrobat Goosen am
zwischen Sportvorstand Matthias Sam-
immer wieder auf der Strecke bleiben. Und
liebsten, dieser Themen-Dreier ist in seinem
mer, dem Bochumer Urgestein Hermann
das ist doof. Man muss einfach mal den
Radius ein großes Stück Erlebniswelt. Schon
Gerland und Cheftrainer Pep Guardiola
Mut haben, vielleicht richtet sich das sogar
beim Fototermin vor dem Bochumer Rat-
funktioniert: „Gerland ist als Autorität,
an mich selber, sich klarer zu erklären, und
haus ist der ehemalige Tresenleser bestens
gerade was junge Spieler angeht, absolut
man sollte nicht immer Angst haben, dass
aufgelegt. „Meine Großeltern haben hier
akzeptiert – darüber freue ich mich sehr.“
einem das wieder alles auf die Füße fällt.“
früher gearbeitet und wohnten sogar im
Warum die Pinkel-Affäre von Kevin Groß-
Rathaus“, sagt er mit einem breiten Grinsen
kreutz in einem Berliner Hotel jenseits der
Neben dem Fußball kommt die Literatur
und ergänzt: „Wenn ich dort am Wochenen-
guten Manieren ist, kommentiert er mit
nicht zu kurz. Mit „Raketenmänner“ hat der
de zu Besuch war, bin ich mit meinem Skate-
süffisantem Unterton: „Es fällt mir sehr
Autor sein bislang zehntes Buch veröffent-
board immer die Gänge entlang gefahren.“
schwer, eine Aktion von einem Schwarz-
licht. „Meine Familie ist dabei eine Quelle
Das Licht stimmt, die Fotos sind im Kasten,
Gelben zu rechtfertigen.“
der Inspiration“, sagt er, „rein zeitlich sitze
wir gehen zum Gespräch in den Ratskeller.
ich vormittags am Computer und versuche
Wie von Geisterhand gesteuert fällt das
Als Mitglied des Aufsichtsrates beim VfL
zu schreiben. Disziplin ist beim Schreiben
Thema auf Fußball. Frank Goosen sprudelt
Bochum ist er nun im vierten Jahr schon in
schon eine wichtige Größe.“ Doch diverse
dabei wie ein Springbrunnen. Im Gespräch
wichtige Entscheidungen mit eingebun-
Ablenkungsmanöver gehören im Hause
ist er genau so pointiert, hintergründig und
den. „Im Fußball hat sich vieles über die
Goosen zum Tagesgeschäft. „Meine Tätig-
witzig wie in seinen Büchern.
Jahre verändert“, sagt er. „Aber es verbietet
keit beim VfL bringt es mit sich, dass ich
einem auch niemand, kreativ in einem Ver-
dann manchmal den Kopf nicht frei habe.
Er erklärt anschaulich, warum Interviews
ein zu wirken. Heute ist viel mehr Marke-
Um originell zu sein, darf man eben nicht
mit Phillip Lahm langweilig sind und wie
ting und Kontakt mit den Fans gefragt – da
von zu viel anderen Sachen belastet sein.
ist Kreativität nicht ganz fehl am Platz. Fuß-
Im Hinblick auf ,Raketenmänner‘ war es für
ball nimmt sich intern auch so ernst, dass
mich schon einfacher, ein Buch mit Kurzgeschichten zu schreiben als einen Roman.“ Sein Schreibstil ist sehr ruhig, alle naselang wird der Lesefluss mit einer krachend komischen Pointe aufgebrochen. Ob er Helden hat, die sein Schreiben beeinflusst haben? Frank Goosen überlegt kurz und antwortet
Stammt aus Bochum und lebt dort Familienstand: verheiratet, zwei Kinder Beruf: Kabarettist, Roman-Autor Leidenschaft: Jugendtrainer, Aufsichtsratsmitglied beim VfL Bochum
dann: „Als ich als Jugendlicher angefangen habe zu schreiben, fand ich J.D. Salinger und Ernest Hemingway ganz toll – die finde ich heute auch noch super. Aber ich richte mich in dem Sinne nicht mehr so sehr danach.
5
MENSCHEN
„Um originell zu sein, darf man eben nicht von zu viel anderen Sachen belastet sein.“
Wenn man seine eigene Stimme beim Schreiben gefunden hat, braucht man sich nicht mehr so sehr an Idolen zu orientieren.“ Die Protagonisten in seinem neuen Buch heißen Kobusch, Krupke oder Sabolewski. Das klingt nach Kleingangstern aus einer alten Derrick-Folge. „Den Effekt wollte ich eigentlich vermeiden“, sagt er lachend, „aber ich denke schon viel darüber nach. Ich mache mir manchmal auch Listen von Namen, um die dann parat zu haben, wenn ich an einer Geschichte arbeite – um dann zu sehen, ob dieser oder jener dann passen könnte.“ Zahlreiche Namenskreationen findet er „im Internet, in Todesanzeigen oder in den Literaturangaben von wissenschaftlichen Büchern.“ Die Hauptfiguren in „Raketenmänner“ sind in epischer Breite als Lucky Loser angelegt. Wie sehr Frank Goosen selbst ein glücklicher Verlierer ist, probiert er gewissenhaft auszuloten: „Ich hab viel Glück gehabt und konnte das Talent, was ich habe, konsequent weiter entwickeln. Ich kenne natürlich die Phasen im Leben, wo es auf die Mütze gibt und wo man sich als Verlierer fühlt. Zeiten eben, wo man sehr mit sich hadert.“ Er kennt seine Stärken ziemlich genau: „Mein Talent, mich weiter zu entwickeln, ist sogar größer als mein eigentliches Talent. Ich glaube, mein größtes Talent ist es aber, aus dem, was ich kann, das Beste zu machen – weil ich dabei ja auch ,professionelle‘ Hilfe habe.“ Der sichere Ort seines Familienverbandes ist hierbei deutlich spürbar. „Deshalb bin ich sicher kein Loser, sondern einfach nur Lucky.“ Seine Zukunftspläne ortet er auf geschriebenem Papier: „Die meisten meiner Wünsche beziehen sich auf Buchprojekte, da habe ich zurzeit schon eine Menge Ideen.“ Doch auch ein dicker Brocken harter Arbeit liegt noch auf dem Weg: „Im nächsten Jahr möchte ich außerdem mit der C-Jugend-Mannschaft des DJK Arminia Bochum, die ich trainiere, die Kreisliga A halten. Das wird schwer genug.“ Frank Goosen | Raketenmänner Kiepenheuer & Witsch ISBN 978-3462046205 240 Seiten | 18.99 Euro
6
STRASSENLEBEN
IMPRESSUM
„Kick Off Poverty!“ Kicken gegen die Armut – unter diesem Motto steht auch 2014 die jährlich ausgetragene Fußballweltmeisterschaft der Wohnungslosen. Insgesamt 500 obdachlose Männer und Frauen kämpfen um den Ball und für ihren Weg zurück in ein geregeltes Leben. Auch das deutsche Team steht im Oktober in Chile auf dem Platz. Von Sophia Eickholt | Foto: Danielle Batist
Herausgeber, Verleger, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign 0231 – 106 38 31, info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Sophia Eickholt, Peter Hesse, Wolfgang Kienast, Antje Mosebach, Andre Noll, Bastian Pütter, Petra von Randow, Rosi, Sebastian Sellhorst Titelfoto: Daniel Sadrowski Fotos: Danielle Batist (7), Levon Biss (23), Bianka Boyke (16), Andre Noll (34, 35, 46), pixelio.de (8, 22), Sabrina Richmann (16), Daniel Sadrowski (3, 4, 5, 6, 12, 13, 14, 18, 19, 20, 21, 32, 36, 37, 38, 40, 42, 43, 44), Oliver Schaper (10, 15), Sebastian Sellhorst (8, 9, 11, 33), Claudia Siekarski (9), Stefan Tuschy, Bande – für Gestaltung (17) Cartoon: Volker Dornemann Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare (BO, DO und Umgebung) Redaktions- und Anzeigenschluss: für die September-Ausgabe 10.08.2014 Anzeigen: Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8, Juli 2012
Das niederländische Damenteam feiert seinen Sieg während der WM der Obdachlosen in Mexico City 2012.
Die Idee zum „Homeless World Cup“ (HWC)
feste Aufgabe. Der Teamsport hilft, der
wurde 2001 bei der Internationalen Konfe-
Isolation zu entkommen, schafft neues
renz der Straßenzeitungen geboren, und
Selbstvertrauen – und ebnet den Weg in
schon 18 Monate später konnte das erste
ein selbstbestimmeres, geordneteres Leben.
Turnier realisiert werden. Inzwischen hat der Fußball das Leben Tausender wohnungsloser Teilnehmer verbessert, allein 2012 waren mehr als 100.000 Spielerinnen und Spieler in den weltweiten Partnerprogrammen des HWC aktiv. Jeder Spieler muss mindestens 16 Jahre alt sein und seine Obdachlosigkeit für ein Jahr vor der WM nachweisen können. Teilnahmeberechtigt sind auch noch nicht anerkannte oder abgelehnte Asylbewerber und Verkäufer von Straßenzeitungen. Die Teilnahme ist auf eine WM begrenzt. Das Ziel der WM ist die Reintegration von
Nach einem erfolgreichen Turnier 2013 in Polen sind die Mannschaften nun vom 19. bis 26. Oktober in Santiagos Stadion „Plaza de Armas“ zu Gast. Über 100.000 Zuschauer werden für den 12. HWC, welcher acht Tage andauert, erwartet. Für die 62 Nationen gilt es, die amtierenden Weltmeister Brasilien (bei den Männern) und Mexiko (bei den Frauen) in zweimal 7 Minuten zu schlagen. Auch die deutsche Mannschaft hofft auf einen Sieg, nachdem sie im letzten Jahr ihren ersten Pokal seit Beginn der Teilnahme 2003 in der Kategorie „Cup of Tolerance“ gewinnen konnte.
Wohnungslosen in die Gesellschaft. Schon mit den Vorbereitungen haben diese eine
www.homelessworldcup.org
Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kostenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert eingesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehalten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund, 0231 – 950 978 0 www.bodoev.de, facebook.com/bodoev Vorstand: Andre Noll, Nicole Hölter, Marcus Parzonka vorstand@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Bastian Pütter, 0231 – 950 978 12 , redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft BLZ: 370 205 00, Konto-Nr.: 722 39 00 IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00 BIC: BFSWDE33XXX
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NEUES VON BODO
Benefiz-Schach
Mit bodo ins Kino
Zimmer frei?
An fünfzehn Schachbrettern spielte der
Dortmund macht vom 15. bis zum 19. August
Manchmal kommt ein Schicksalsschlag
Schachgroßmeister Eckhard Schmittdiel in
seinen schönsten Saal zum Lichtspielhaus –
schneller als man denkt. Besonders hart
bodos Buchlanden simultan gegen seine
für KinOper wird das Opernhaus zum Kino
trifft es dann Menschen, die ohnehin am
Gegner. Nur zweimal wurde er geschlagen.
und eine bodo unterm Arm zur Eintrittskarte.
unteren Rand unserer Gesellschaft leben,
Jeder konnte gegen eine Spende von zehn
Das Theater Dortmund und die DSW21 zeigen
Euro die einmalige Gelegenheit nutzen,
bei KinOper Filme abseits vom Kino-Main-
So passiert es immer mal wieder, dass
gegen den Großmeister des Dortmunder
stream. Am Montag, dem 18. August, gibt es
eine(r) unserer VerkäuferInnen plötzlich
Schachvereins SC Hansa anzutreten. Der Erlös
ein dreistündiges „Best of“ des „blicke“-Film-
ohne Dach über dem Kopf auf der Straße
der Veranstaltung kam den Beratungsange-
festivals, einem Festival, bei dem Filme und
steht und nicht weiß, wohin. Für diesen Fall
boten von bodo zugute.
Installationen präsentiert werden, die sonst
sind wir auf der Suche nach Menschen, die
nur in Museen oder Galerien zu sehen sind.
für diese Notsituation ein Zimmer oder gar
(www.blicke.org).
eine Wohnung vorübergehend an sozial
„Ich bin durch die Ankündigung im Magazin auf das Turnier aufmerksam geworden. Diese
ohne soziales Netz.
schwache Menschen vermieten.
seltene Gelegenheit habe ich sofort beim
Die ersten 50 Besucher, die mit dem bodo-
Schopfe gepackt und mich angemeldet“, so
Straßenmagazin unter dem Arm an die
Besonders für die Winterzeit ist solch ein
einer der Teilnehmer. Auch der Schachnach-
Opernhauskasse kommen, bekommen eine
kleiner Stamm an Adressen sehr hilfreich.
wuchs nutzte die Gelegenheit: Der jüngste
Freikarte für die preisgekrönten Dokumen-
Seien Sie gewiss, dass wir ständig in
Teilnehmer war sechs Jahre alt und spielt erst
tar-Kurzfilme des letzten „blicke“-Festivals.
Kontakt bleiben und wir jederzeit für Sie
seit wenigen Monaten Schach.
Nach den ersten 50 bodo-Lesern machen
Nur zweimal musste sich der sichtlich ent-
Theater und DSW21 allen weiteren bodo-Be-
spannte Großmeister an diesem Nachmittag
kennern ein Angebot auf den Eintrittspreis,
geschlagen geben. „Selbstverständlich mache
das sich im Kaufpreis des Magazins bewegen
ich bei so einer Aktion mit. Es bereitet mir viel
wird (je nach Kategorie und Verfügbarkeit).
Freude, wenn ich die Arbeit von bodo auf diese
Die Kasse ist ab 16 Uhr geöffnet, das Pro-
Weise unterstützen kann“, so Schmittdiel.
gramm beginnt um 17 Uhr.
ansprechbar sind. Genauso wie für unsere VerkäuferInnen. Wer ein Zimmer frei hat und bereit ist, bei unserem privaten Unterkunftspool mitzumachen, kann sich bei unserem Mitarbeiter Oliver Philipp per Mail info@bodoev.de melden oder uns telefonisch unter 0231 – 950 978 0 erreichen. Wir freuen uns sehr über jeden Kontakt.
2. Freitag: Murat Kayi und Band Blues und deutsche Texte, Leises und Lautes:
oder Hirn treffen soll. Am Ende nehmen alle
In unserer monatlichen Benefiz-Kulturreihe
im Publikum etwas mit nach Hause, denn
„2. Freitag“ präsentieren wir am 8. August
Murat Kayi ist in und zwischen den Songs
in unserem Buchladen am Schwanenwall
ein Geschichtenerzähler.
Murat Kayi & Band. Auch die nächsten Kultur-Freitage sind
8
Er ist der einzige evangelische Türke weit
vielversprechend: Am 12. September lesen
und breit, er spielt den Blues und Gitarren
Dond & Daniel Vergessenes, Verschollenes
aus Metall, als käme er aus dem Mississippi-
und Niebekanntgewordenes – denn als
Delta, und er singt deutsche Texte wie
professionelle Buchhändler wissen sie, was
ihm der Schnabel gewachsen ist. Das kann
verkauft wird, als begeisterte Leseratten
mal leise Andacht sein, mal brachiales
kennen sie, was sie viel lieber an Frau und
Geschepper, je nachdem, ob es Hüfte, Herz
Mann bringen würden.
www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Hochzeitstag mit bodo Unsere Leserin Karola Distelkamp über einen etwas anderen Hochzeitstag und eine schöne Begegnung mit dem Dortmunder bodo-Verkäufer Marcel.
Abschlussprüfung: sehr gut! Ihr Einsatz hat sich gelohnt: Vanessa und Julia
letzten Jahren durch alle Höhen und Tiefen
haben ihre Ausbildung in bodos Buchhand-
begleitet hat.
lung mit tollen Prüfungsabschlüssen beendet und sind jetzt gelernte Verkäuferin bzw. Kauffrau im Einzelhandel.
„42 Jahre sind mein Mann und ich jetzt verheiratet. Unser Hochzeitstag allerdings fiel in diesem Jahr etwas anders aus. Mittags wurde ich am rechten Augenlid operiert und habe mich danach erst einmal ausgeruht. Gegen Abend saßen wir gemütlich am Alten Markt.
Julia und Vanessa waren bereits die dritte und
Plötzlich setzte ein unheimlicher Regenschau-
vierte Auszubildende, die bei bodo eine Aus-
er ein. Ein bodo-Verkäufer – wie sich später
bildung machen konnten, nachdem sie lange
herausstellte, hieß er Marcel – wollte noch
Zwei bzw. drei Jahre lang haben die Mädels ge-
vergeblich einen Ausbildungsplatz gesucht
seine letzten Ausgaben verkaufen.
büffelt und gearbeitet – unter Obhut unserer
hatten. „Da ich mich nachmittags um mein
Buchhändlerin Suzanne Präkelt. Letzten Mo-
Kind kümmern muss, war ich auf der Suche
nat war es dann endlich soweit: Die Prüfung
nach einer Halbtagsstelle. So etwas findet
der Industrie- und Handelskammer stand an.
man kaum. Ich habe über 50 Bewerbungen
Am meisten zitterte am großen Tag Julias und Vanessas Ausbilderin selbst. „Auch
geschrieben, bis es bei bodo geklappt hat“, so die junge Mutter Julia Cöppicus.
Wir sprachen ihn an und boten ihm an, sich zu uns zu setzen, damit er nicht noch nasser wurde. Er nahm schließlich unser Angebot an und wir kamen ins Gespräch. Eine interessante Unterhaltung entstand, und ich glaube, wir alle drei sind jeweils
wenn ich ganz genau weiß, dass die zwei
Umso größer war die Freude, als die Prüfern
zufrieden nach Hause gegangen. Eine Dame
mehr als gut vorbereitet sind, bin ich trotz-
und Prüferinnen der IHK das Ergebnis mitteil-
vom Nebentisch war so beeindruckt von
dem mindestens genau so aufgeregt wie die
ten: „Sehr gut“ für Julia und eine durchweg
unserer Unterhaltung, dass sie das Ganze
beiden“, so die Leiterin des bodo Buch-Pro-
gute Note für Vanessa. Ganz bodo gratuliert
auch fotografisch festhalten wollte – und
jekts Suzanne Präkelt, die die beiden in den
zu den tollen Ergebnissen.
uns dann die Fotos zuschickte.“
Rosi, bodo-Verkäuferin in Dortmund Gott sei Dank ist der Sturm vorbei, der zu Pfingsten wütete. So etwas Am 10. Oktober kommt der „König vom Borsigplatz“ zu Besuch. Der schlagfertige Lyrikliebhaber Ilhan Atasoy serviert kellnergleich auf Zuruf Texte von Dichtern aus aller Welt: Heinz Erhardt, Robert Gernhardt, Wilhelm Busch, Nazim Hikmet,
habe ich noch nie erlebt. Überall, wo man hinschaute, war es dasselbe Bild. Wir hatten auch ein großes Glück, denn ein Ast, so dick wie ein Baum, rauschte an unserem Fenster vorbei in unseren Vorgarten. Unser Weg war versperrt, so mussten wir Umwege gehen. Nach einer Woche war der Schaden behoben. Unsere Linde wurde natürlich abgesägt. Jetzt liegt das Holz noch da. Ich hoffe, wir kriegen nicht wieder so ein Unwetter.
Garcia Lorca. Ein interaktives Programm
Ich hatte mal wieder eine Sommergrippe mit einer starken Bronchitis und musste Antibiotika
mit viel Charme und Witz: „Herr Ober, ein
nehmen. Nun bin ich auf dem Weg der Besserung.
Gedicht bitte“. Der Eintritt ist wie immer frei, über Spenden für unsere Beratungsangebote freuen wir uns natürlich.
Jetzt gab es Zeugnisse. Meine Enkeltochter kommt in die zehnte Klasse. Ich bin sehr stolz auf sie. Unsere Fußballer haben sich auch sehr angestrengt, ich war sehr gespannt, wie es ausgehen würde und habe natürlich gehofft, dass wir gewinnen. Damit möchte ich mich verabschieden und sage: Tschüss bis zum nächsten Mal, Ihre Rosi 9
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NEUES VON BODO
Biken für bodo Der Tag war in jeder Hinsicht einfach gut: Super Wetter, gut gelaunte Menschen, eine interessante Tour, der WM-Sieg – und am Ende noch ein großer Spendenerfolg für bodo. Unsere Benefiz-Aktion „Biken für bodo“ ist mittlerweile ein fester Programmpunkt für viele Motorradfahrer. Dieses Jahr starteten bei strahlendem Sonnenschein 80 Motorradfans ab Dortmund und fuhren 180 Kilometer durch das bei passionierten Zweiradfahrern wegen seines Kurvenreichtums sehr beliebte Sauerland.
programm 2014 | halbjahr 02
programm 2014 | halbjahr 02
Mit ortskundigen und erfahrenen Tourguides ging es in kleinen Gruppen durch die abwechslungsreiche Landschaft. Gerastet wurde am Möhnesee, bei „super leckerem“ Käsekuchen, wie nachher die Fahrer berichteten. Insgesamt eine Strecke, die sowohl für die Spezialisten interessant als auch für Anfänger oder Wiedereinsteiger fahrbar ist. Am frühen Abend trafen sich alle Teilnehmer zum Würstchengrillen wieder bei bodo – um gestärkt ins WM-Finale zu gehen.
Mehr als 5000 Euro!
Vielfalt!
Die Tour hat sich nicht nur für die Biker gelohnt: Allein durch die Teilnahmegebühren und Spenden kamen 2.522 Euro zusammen. Und jeder gespendete Euro wurde im Anschluss von Marcus Parzonka, geschäftsführender Gesellschafter des Dortmunder Unternehmen AS Antriebsund Systemtechnik GmbH, verdoppelt. So können wir uns über eine Spendensumme von 5.044 Euro freuen, Geld, das uns von bodo e.V. dabei unterstützt, unsere Beratungsangebote für Menschen in Not auszubauen und die Kontinuität unserer Arbeit sicherzustellen. Tausend Dank an alle Biker und Spender.
www.vhs·dortmund·de 10
13.06.2014 10:24:39 Uhr
www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Gegen braune Döspaddel
bodos Opern-Stars
Nachbarn zu Besuch
Angesichts der beschämenden Neonazi-
Die Dortmunder Inszenierung der „Entfüh-
122 Straßenzeitungen in 43 Ländern mit 6
Übergriffe am Dortmunder Rathaus
rung aus dem Serail“ wirkte sehr realis-
Millionen Leserinnen und Lesern. Die Grö-
spielen Bands aus dem Ruhrpott ein
tisch – mit 20 türkischstämmigen Statisten
ße unseres Netzwerkes beeindruckt auch
Benefiz-Festival zugunsten der Familie des
auf der Bühne – darunter unsere Verkäufer
uns immer wieder.
Dortmunder NSU-Opfers Mehmet Kubasik
Metin und Sefa.
und „gegen braune Hirnis & Döspaddel“.
Das Beste daran: Es sind durchweg wun-
Mozarts „Entführung aus dem Serail“, im
derbare Menschen, die mit uns weltweit an
Das „Pillepop Festival“, organisiert von
Gewand der damals äußerst modischen Tür-
der gleichen Idee arbeiten. Unsere nächsten
Dortmunder Musikern, die dem „braunen
kenoper, kreist um Probleme, mit denen wir
Nachbarn aus Nord- und Westdeutschland
Kokolores“ Musik entgegensetzen wollen,
uns auch heute noch herumschlagen: Vor-
haben uns im letzten Monat besucht, um
findet am 28. August im Musiktheater
urteile, alltäglicher Rassismus und soziale
gemeinsam mit uns nach neuen Synergien
Piano statt, unterstützt von bodo.
Unterschiede. Dafür inszenierte Jens-Daniel
zu suchen und unsere inhaltliche Zusam-
Herzog das Singspiel vor der Kulisse eines
menarbeit zu stärken. Und wieder sind wir
sehr realistisch nachgebauten Hinterhofes
ein gutes Stück vorangekommen.
Alle Bands – Deltaroad, Alaska, Lena Danai, Tony Gorilla, Vibravoid, Zirkus (Foto) – verzichten auf ihre Gagen. Für den „größten
eines türkischen Wohnhauses.
Mit unseren Freunden von „Hempels“
Merch-Stand der Welt“ spenden Bands
Metin und Sefa meldeten sich sofort, als sie
aus Schleswig-Holstein, „Hinz&Kunzt“
aus der Region CDs und Shirts. Als kleines
erfuhren, dass für die Aufführung Statisten
aus Hamburg, „Asphalt“ aus Niedersach-
Zeichen der Hoffnung wird der gesamte
gesucht wurden – und hatten richtig Spaß.
sen, „Abseits!?“ aus Osnabrück und dem
Erlös der Familie Kubasik zu Gute kommen.
„Es war sehr abwechslungsreich“, ist Metin
„Draussenseiter“ aus Köln verbrachten wir
Karten kosten im Vorverkauf 8, an der
immer noch begeistert, sowohl von den
einen arbeitsreichen Tag – mit anschließen-
Abendkasse 10 Euro.
Proben als auch von den Auftritten auf
der Nordstadttour. Unsere Ergebnisse neh-
großer Bühne. „Und vielleicht“, ist er freu-
men wir mit nach Glasgow, wo im August
dig aufgeregt, „sind wir bei nächsten Mal
unsere jährliche internationale Konferenz
wieder dabei“.
stattfinden wird.
28. August, Musiktheater Piano, Lütgendortmunder Str. 43, 44388 Dortmund, 19 Uhr
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REPORTAGE
Immer nur Heimspiel Fußball hinter Gittern
Unangenehmer Nieselregen. Den Spielern auf dem Feld ist das in diesem Moment egal. Sie sind schon eingetaucht in das Spiel. Schnell, actionreich. Scheinbar ein Fußballspiel, wie es am Wochenende überall stattfindet. Für die SG Iserlohn sogar mit besten Voraussetzungen: Heimspiel, Rasen, ungeschlagen auf Platz 1 der Liga. Aber irgendetwas ist anders. Kein Jubel und Anfeuern durch Familie oder Freundin. Es gibt gar keine Zuschauer, geschweige denn eine Tribüne. Stattdessen begrenzen meterhohe graue Betonmauern das Spielfeld. Von Antje Mosebach | Fotos: Daniel Sadrowski
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Sport im Knast ist keine Seltenheit. In der
Verein, darf daher neutral unter SG Iserlohn
Jugendvollzugsanstalt Iserlohn allerdings hat
firmieren – und am offiziellen Spielbetrieb
er seit über 20 Jahren einen herausragenden
teilnehmen. Das heißt: Die 15- bis 22-jähri-
Stellenwert. Sport ist ein besonders gewich-
gen „Herren“ stehen mit ihrer Mannschaft
tiges pädagogisches Standbein der JVA neben
ganz offiziell im Spielplan der Kreisliga C
Schule und Ausbildung in handwerklichen
West und müssen gegen die 15 Nicht-Knast-
Berufen. Der mit 284 Haftplätzen kleinste
Mannschaften um ihren Platz kämpfen. Eine
geschlossene Jugendknast in NRW hat ein
deutschlandweite Besonderheit. Eine weitere
großes, intensiv betriebenes Sportangebot,
ist hinzugekommen, so der Mannschaftstrai-
Schwerpunkt Mannschaftssportarten. Ein
ner: Seit zwei Jahren darf der Verein auch den
vierköpfiges Team um den Vereinsfußballer
offiziellen Schiedsrichter bestellen.
Olaf Fiedler, nach eigenem Bekunden eigentlich ganz normaler Justizvollzugsbeamter,
Und die Jungs sind gut. Von 20 Spielen hat
nur dass „meine Uniform der Trainingsan-
die SG Iserlohn in dieser Spielzeit bislang
zug ist“, kümmert sich ausschließlich um
19 gewonnen – sie stehen mit ihrer Mann-
den Sportbereich. Darunter die von Fiedler
schaft auf dem ersten Platz. Heute steht das
trainierte hauseigene Fußballmannschaft, die
Aufstiegsspiel gegen die Eintracht Ergste an.
JVA Iserlohn. Die ist beim DFB eingetragener
Könnte zu schaffen sein, was jede andere
13
REPORTAGE
Mannschaft dann direkt in die nächsthöhere
Eren macht das sichtlich zu schaffen. Er hängt
bewiesen. Ohnehin ist er schon seit einem
Liga führen würde. Nicht die SG Iserlohn.
etwas maulend in der Tür zur Sporthalle, in
Monat Freigänger, im Herbst, wenn alles gut
Die stößt an diesem Punkt immer wieder an
der sich die Spieler gleich mit dem Trainer
läuft, wird er entlassen. Über das Wochenen-
ihre sicht- und damit spürbaren Grenzen:
vor dem Spiel zur Lagebesprechung treffen.
de kann er nach langer Zeit nach Hause. Seine
Die Spieler der JVA dürfen nicht jenseits der
Der 20-Jährige ist der stellvertretende
Aufregung davor ist spürbar. Aber jetzt gilt
Gefängnismauern spielen, Auswärtsspiele
Kapitän der Mannschaft und Hallenreiniger.
es, sich auf das Spiel vorzubereiten. Eren ist
sind unmöglich. Aber nur Heimspiele sind
Eine Vertrauensposition, denn Eren kommt
mit Blick auf den verhinderten Aufstieg noch
für einen fairen Turnierverlauf undenkbar.
in Bereiche, die sonst nur den Beamten
etwas lustlos. Ist er doch mit Leib und Seele
Ausschlusskriterium für einen Aufstieg.
vorbehalten sind. „Ausgeglichenheit ist eine
Fußballer: „Sport ist mein Leben“, sagt Eren.
Damit müssen die inhaftierten Kreisligisten
Voraussetzung dafür“, erklärt Olaf Fiedler.
Er habe immer Fußball gespielt, schon vor
erst einmal klar kommen.
Und Charakterfestigkeit. Die hat Eren wohl
seiner Knastzeit. Sogar eine Zeitlang in der Junioren-Bundesliga, erzählt er. Für ihn war es daher wichtig, in die Fußballmannschaft der JVA zu kommen. Da kommt nicht jeder rein. Mitglied in der Mannschaft zu sein, ist ein kleines Privileg und erhöht die Respektstellung innerhalb des Knasts. Die Auswahl hat dabei nichts mit der Schwere der Straftat zu tun: „In der Mannschaft kann jedes Delikt vertreten sein, vom Diebstahl bis hin zu Mord oder Vergewaltigung“, beschreibt Fiedler. „Wir haben einen anderen Ansatz: Hier heißt es: ‚Ich gebe dir das,
obwohl du…‘ und nicht ‚Du darfst das nicht, weil…‘.“ Feine Unterschiede mit großer Wirkung, empfindet Fiedler. Natürlich müssen die Kandidaten auch fußballerische FähigDer Verein hier im Knast
keiten haben, aber auch Charakter, „eins al-
fungiert als Familie, ohne
leine reicht nicht“. Ausgewählt wird letztlich
Mutter. Vater ist der Trainer.
nach pädagogischen Gesichtspunkten. Und
Olaf Fiedler (Foto oben rechts),
die nimmt der Trainer verdammt ernst. „Wir
nach eigenem Bekunden ganz
sind ein Erziehungsvollzug. Keine Bestraf-
normaler Justizvollzugsbeam-
anstalt. Wer sich als Bestrafer sieht, ist hier
ter, sieht in seiner Rolle nur
falsch!“, ist für den 48-Jährigen ganz klar.
eine Orientierungsfunktion:
Und ganz besonders im Sportbereich. „Wir
„Ich kann nur ein Teil ihrer
fragen hier, in den anderen Bereichen wird
Lebensentwicklung sein.“
befohlen“, sieht Fiedler den erzieherischen Vorteil. „Hier haben die Jugendlichen trotz Regeln freie Wahl“. Ein wichtiger Grundsatz für das Selbstwertgefühl.
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LESERBRIEF
Der Verein hier im Knast fungiert als Familie, ohne Mutter. Vater ist der Trainer: „Ich habe Orientierungsfunktion, kann nur ein Teil ihrer Lebensentwicklung sein.“ Über den Sport kann er besser Einfluss nehmen, denn „hier kann ich was geben, was sie gerne machen. Das Berührungsfeld ist positiver, dadurch gibt es weniger Konflikte.“ Vielleicht auch, „weil viel Feingefühl im zwischenmensch-
Dortmunder Zustände Am 25. Mai griffen Neonazis Lokalpolitiker und Besucher der Wahlparty am Dortmunder Rathaus mit Flaschen, Pfefferspray und Fäusten an. Der Dortmunder Staatsschutz hat nun 46 der Angegriffenen angezeigt – Tatvorwurf: Nötigung. Anne Mayer, bodo-Leserin und Fachanwältin für Strafrecht zum Kommentar „Sächsische Zustände“ in bodo 07/14.
lichen Bereich im Spiel ist, um Dinge im Vorfeld zu erkennen“. Und wenn es Konflikte gibt, erfolgt die direkte Ansprache, eine direkte Rückmeldung, „das ist wichtig für die Jungs“, sieht Fiedler. So wie Ehrlichkeit. „Die Jungs haben ein Gespür dafür, ob Bedienstete ihnen Gutes oder Schlechtes wollen. Das erkennen sie schnell, sie haben Zeit zu beobachten. Ehrlichkeit ist das, was sie immer gebraucht, aber selten bekommen haben.“ Den Sportplatz sieht Fiedler als „ein soziales Trainingsfeld“. Auf diesem bereiten die Beam-
Foto: Oliver Schaper
ten mit den jungen Straftätern die „Angleichungsprozesse“ für das Leben draußen vor.
Weil mich das Thema interessiert, habe
Vorsitzender des 2. Strafsenats war damals
Grundlage dafür: Respekt. „Wir müssen uns
ich an der Sitzung des Innenausschusses
Paulheinz Baldus. Sein Name tauchte im
hier gegenseitig ausreden lassen. Und Kritik
am 26. Juni teilgenommen, in der über
Auschwitz-Prozess auf. Baldus war juris-
ist auf beiden Seiten erwünscht“. Das ist die
den Bericht des Innenministeriums
tischer Mitarbeiter in der Präsidialkanzlei
Trainingsbasis. So ist dann „der eine zwar
diskutiert wurde. Vieles ließe sich dazu
Hitlers und hatte im Krieg als Feldkriegsge-
nicht mein Freund, aber ich muss mit ihm
sagen, ich will mich auf eine juristische
richtsrat gewirkt.
auskommen“, vor allem wenn das Spiel gut
Argumentation der Polizei beschränken,
werden soll. Und selbst der Gegner bekommt
die atemberaubend war.
die Hand. Und bei Niederlagen? Verlieren ist ein Lernfeld. Da wird gelernt, dass man die Gegner nicht auslacht, wenn die haushoch verlieren, und bei eigener Niederlage „nicht rumheult und andere dafür verantwortlich macht“. Fähigkeiten, die auch viele Familien draußen brauchen könnten. „Klar“, bestätigt
Diese Auslegung des Gewaltbegriffes war von Anfang an umstritten. Mit der Ent-
Der Vertreter der Polizei erklärte, die Per-
scheidung des Bundesverfassungsgerichtes
sonen vor dem Rathaus hätten sich durch
vom 10.1. 1995 wurde sie für verfassungs-
ihr Verhalten einer Nötigung strafbar ge-
widrig erklärt.
macht. Eine psychische Gewalteinwirkung genüge zur Erfüllung eines Tatbestandes, das stünde so im sog. Läpple-Urteil.
In der Sitzung des Innenausschusses stützte der Vertreter der Dortmunder Polizei seine Analyse auf eine rechtliche Wertung,
Fiedler, „der Knast ist ein Spiegelbild unserer
Der Nötigung-Paragraph war immer
die vor bald 20 Jahren als verfassungswid-
Gesellschaft. Wir erkennen hier drinnen, was
ein Auffangtatbestand. Die ausufernde
rig abgeschafft wurde. Dem widersprach
draußen los ist“.
Anwendung sogar gegen den Wortsinn,
der Innenminister nicht.
gegen den Zweck des Gesetzes und die
Von der Polizei kann verlangt werden, über
Da kommt die Nachricht, dass der Gegner
ursprüngliche Definition des Begriffes
eingetroffen ist. Ist schon durch die Schleuse.
„Gewalt“ wurde durch ein Urteil des Bun-
Eren schiebt seine verletzte Sportlerehre
desgerichthofes vom 8.8. 1969 für zulässig
nach hinten und geht mit seinen Mann-
erklärt. Der Sachverhalt: Studenten hatten
schaftskameraden raus. In den Regen. Aber
aus Protest gegen Fahrpreiserhöhung
egal. Das Spiel ist jetzt wichtiger. Und der
Straßenbahnen durch Sitzblockaden am
Es wäre äußerst bedenklich, wenn die
Sportplatz, so Trainer Olaf Fiedler, ist ohnehin
Weiterfahren gehindert. Einer davon war
Entscheidung des Bundesverfassungsge-
Ort des Vergessens.
Herr Läpple, der Vorsitzende des AStA Köln.
richtes zur Nötigung, die vor knapp 20
wichtige juristische Fragen ihres Aufgabenbereichs informiert zu sein. Der Beitrag des Vertreters der Polizei im Einklang mit dem Innenminister macht fassungslos.
Da die Aktion ohne körperliche Gewalt
Jahren erging, der Polizei nicht bekannt
Am Ende siegen die Jungs der SG Iserlohn
ablief, wurde psychischer Zwang von
wäre. Genauso bedenklich wäre es, die Ent-
6 : 2. Den Aufstieg allerdings, den schaffen
der Strafjustiz mit körperlicher Gewalt
scheidung würde von der Polizei bewusst
sie nur im wahren Leben.
gleichgesetzt, um dann wegen Nötigung
ignoriert und zur Grundlage polizeilichen
verurteilen zu können.
Vorgehens gemacht. Anne Mayer 15
KULTUR
Die Ping-Pong-Renaissance Tischtennis ist wieder auf dem Vormarsch und eignet sich auch bestens als Kneipensport. Jeden Mittwoch gibt es im Keller des „Rekorder“ in der Dortmunder Nordstadt ein „Doors Open“ und einmal im Monat heißt es: „Schlag den Döpp!“ Von Peter Hesse | Foto: Sabrina Richmann
Um kurz vor 20 Uhr ist die Kneipentür noch verschlossen, etwas verschlafen schaut Freddy rein, Mitglied des größtenteils studentischen Kollektivs „Tonbande“, das als Verein den „Rekorder“ betreibt und Konzert- und Veranstaltungsreihen mit so schönen Namen wie „Ringelbeats mit Anbassen“ organisiert. Freddy ist Mitinitiator von „Schlag den Döpp“, einer Rundlauf-Tischtennis-Aktion, bei der die Gäste gegen eben jenen „Döpp“ antreten, mit bürgerlichem Namen Alexander Döweling – ein ehemaliger Regionalligist, der unter Tischtennis-Legende Hideo Eto, dem ehemaligen Trainer der japanischen Nationalmannschaft, trainierte. „Mein Bruder ist fünf Jahre älter als ich, über ihn bin ich an die Platte gekommen“, sagt er mit einem verschmitzten Lächeln über seine sportliche Leidenschaft. Zum Leidwesen vieler Experten und Fans beendete „der Döpp“ letztes Jahr seine erfolgreiche Karriere im jungen Alter von 23 Jahren, weil die
RECHT: Hausrecht des Mieters
16
von Rechtsanwalt René Boyke
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klar-
aus dem Haus. Die Antwort der Vermie-
gelegen. Vielmehr sei es in Ordnung
gestellt, dass Mieter ihr Hausrecht auch ge-
terin erfolgt in Form einer fristlosen und
gewesen, dass der Mieter seiner Ver-
genüber Vermietern durchsetzen können
– doppelt hält besser – ordentlichen Kün-
mieterin verboten hatte, die übrigen
– notfalls auch durch Heraustragen.
digung. Doch der Mieter blieb. Also bat die
Räumlichkeiten zu betreten. Tatsächlich
Genau dies tat ein Mieter nämlich mit
Vermieter das Gericht um Hilfe und erhob
sei es die Vermieterin gewesen, die sich
seiner Vermieterin. Zu Recht. Er hatte die
Räumungsklage – die sie verlor. Der BGH
ins Unrecht gesetzt habe, indem sie ver-
Vermieterin zwar freiwillig in das gemie-
hat dieses Ergebnis nun bestätigt.
suchte, gegen den Willen des Mieters die
tete Haus gelassen, damit diese die dort
Grundsätzlich hat ein Vermieter zwar
übrigen Räume zu betreten. Gegen die-
installierten Rauchmelder in Augenschein
das Recht zur fristlosen Kündigung aus
ses Unrecht habe der Mieter sich wehren
nehmen könne. Allerdings betrat die
wichtigem Grund, also wenn unter Berück-
dürfen. Der BGH merkt an, dass der Mie-
Vermieterin bei dieser Gelegenheit auch
sichtigung aller Umstände des Einzelfalls
ter möglicherweise die Grenzen erlaub-
Wohnräume ohne Rauchmelder und öff-
und unter Abwägung der beiderseitigen
ter Notwehr geringfügig überschritten
nete dort Tür und Fenster. Trotz der Auffor-
Interessen die Fortsetzung des Mietver-
habe. Allerdings würde dies noch keine
derung des Mieters, das Haus zu verlassen,
hältnisses bis zur Beendigung des Mietver-
ausreichend schwere Verletzung des
setzte die Vermieterin ihre Besichtigungs-
hältnisses nicht zugemutet werden kann.
Mietvertrags darstellen, die eine Kündi-
tour fort. Der Mieter nahm sich ein Herz,
Der BGH meinte jedoch, ein solcher
umfasste seine Vermieterin und trug sie
Kündigungsgrund habe hier nicht vor-
gung rechtfertige. www.kanzlei-boyke.de
WILDE KRÄUTER
Lebensumstände sich verändert haben: „Momentan studiere ich noch in Bochum, aber ich ziehe bald nach Köln.“ Um 20.30 Uhr sind die ersten Gäste im Keller Falk und Nils. „Es macht einfach Spaß“, sagt
KLATSCHMOHN
von Wolfgang Kienast
Falk mit einem dicken Grinsen im Gesicht, und für Nils ist es „einfach eine schöne Erinnerung an die Kindheit.“ Das Spiel mit dem kleinen Ball hat schon länger in die Popkultur Einzug gehalten. Die Sportfreunde Stiller haben re-
Meist reicht es, ehrliche Antworten
Erfolge auf dem Rad einzig dem Verzehr
gelmäßig die Hommage „Mag Tischtennis“ in
vorausgesetzt, ein Gegenüber nach
von Nudeln zu verdanken. Morgens,
ihren Live-Sets, und die Beatsteaks haben Ple-
dessen Ernährungsgewohnheiten zu
mittags, abends Nudeln und so die Tour
cken und Tisch stets mit auf Tour, um zwischen
fragen, möchte man herausfinden, ob
de France gewinnen – das hätte ich hin-
Soundcheck und Konzert in Form zu kommen.
es religiöse, philosophische oder allge-
bekommen. Das hätte mir sogar richtig
Richtig fanatisch sind die Toten Hosen: Die
mein weltanschauliche Ansichten mit
gut gefallen.
Düsseldorfer Punkrocker um Frontmann
überdurchschnittlichem Eifer verfolgt.
Campino sind seit vielen Jahren sehr eng
Tatsächlich spielt es keine Rolle, ob das
mit Tischtennis-Bundestrainer Jörg Roßkopf
angestrebte Ziel von transzendentalem
befreundet, was der ehemalige Weltmeister
oder weltlichem Charakter ist, ob das
bestätigt: „Sie wollen immer gegen mich spie-
zu befolgende Regelwerk vom Chef ei-
len, denn sie sind begeisterte Tischtennisspie-
ner alteingesessenen Religionsgemein-
ler und zudem sehr ehrgeizig. Ich habe ihnen
schaft, einer trendigen Selbsthilfegrup-
sogar mal eine Tischtennisplatte geschenkt."
pe oder einem Arzt verordnet wurde.
Roßkopf war zu seinen Spielerzeiten eine absolute Kapazität. Mittlerweile ist eine neue Generation herangewachsen. Mit Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov zählt der Döpp zwei seiner Helden auf. Mittlerweile ist es 21.45 Uhr. Rund 20 Leute stehen an der Platte, die meisten sind Studierende und suchen zwischen Vorlesungen und Hausarbeiten nach Spaß und Entspannung. Hier geht es locker zu, viele Leute kommen direkt ins Gespräch. Freddy freut sich, dass die Veranstaltung so gut ankommt. „Wir hatten schon mal fast 40 Leute hier unten, das war echt krass.“ Im Hintergrund brummt leise der Motor aus dem Kühlkeller, aus den Boxen läuft Hip Hop von den Beginnern und die Wettkampfstimmung steigt. Beim Rundlauf muss ein Herausforderer drei Kronen (das sind drei Gewinnläufe) schaffen, dann darf er gegen den Döpp antreten. „Für eine Stunde bin ich schon mal bezwungen worden, aber nach Punkten hat mich noch keiner besiegt“, so Alexander Döweling. Sollte das einmal eintreffen, wird die Veranstaltung in „Schlag den Dirk“ oder „Schlag die Yvonne“
Leider sollte sich später herausstellen, dass er zur tragischen Figur wurde, weil ein Konkurrent nicht nur etwas besser zu fahren, sondern etwas intensiver zu dopen wusste. Sauberer Sport? Wer es in einem System permanenter Selbstoptimierung nach ganz oben schaffen will, wird mit den Wölfen heulen müs-
Manchmal aber muss man doch genauer
sen, und die Grenzen zwischen noch
hinhören, manchmal nämlich ist nicht
und nicht erlaubt, nicht oder noch nicht
auf Anhieb klar, ob das Gegenüber unter
nachweisbar sind prinzipiell fließend.
einem als ungut empfundenen Body-
Das nehme ich hin, lasse Sport von an-
Mass-Index leidet oder einer unheilba-
deren treiben und dope meine Nudeln.
ren Stoffwechselkrankheit oder einfach
Mit Mohn zum Beispiel.
einen Marathon gewinnen will. Sport ist Paradebeispiel in puncto Ernährungsdiktat. Allein die Zahl der Institute, die ihre Anhänger mit entsprechenden Tabellen und Plänen versorgen, ist beeindruckend. Ich war in Leibesübungen nie wirklich gut. Meine Unlust, täglich den prozentual richtigen Mix aus Kohlenhydraten (58), Eiweiß (16) und Fett (26) zu berechnen und bei letzterem außerdem die erlaubten 40 g Streich- von den 30 g Zubereitungsfetten zu unterscheiden – die Zahlen stammen von einem von mir per Zufallsfunktion ermittelten Institut für irgendwas mit Sport – ist zugegebenermaßen nur ein Grund für mein Scheitern. Anderes ist, leugnen wäre zwecklos, entscheidender.
Klatschmohnstandorte sind unübersehbar, wenn die Pflanze in roter Blüte steht. Sobald später die Samenkapseln gereift sind, gilt es, sich zu beeilen. Die Kapseln haben einen Deckel, der sich nach oben biegt, was ein wenig an das Dach einer chinesischen Pagode erinnert. Durch die entstehenden Öffnungen weht der Wind die feinen schwarzen Samen hinaus. Da müssen Sie schneller sein. REZEPT Rösten Sie ohne Öl in einer Pfanne 2 EL Klatschmohnsamen leicht an. Mischen Sie diese mit je 150 g Hartweizengrieß und Mehl, geben etwa 125 ml Wasser zu und kneten einen Teig. Dann per Nudelmaschine Bandnudeln herstellen und in
unbenannt werden – je nachdem, wer dieser
Kurzfristig hatte ich mal geträumt,
heißem Wasser garen. Mit heller Sauce
zukünftige Sieger sein wird.
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werden. Das war die Zeit, als sämtliche Medien die frohe Botschaft verbreiteten, Jan Ullrich hätte seine famosen 17
18
Vollkontakt im Kreisverkehr Der letzte Samstag im Juli, 19 Uhr, in der Hockeyhalle in Essen-Frohnhausen herrscht Tropenhitze. Auf dem Feld stehen entschlossen aussehende Frauen auf Rollschuhen und in Schutzkleidung. Ihre Trikots tragen Namen wie „Bella Knockarella“ oder „Sassy Kickassy“. Zwei Halbzeiten lang wird es um Kraft, Dynamik, Taktik und ein komplexes Regelwerk gehen – und um das Sammeln von Punkten und blauen Flecken. Willkommen beim Roller Derby. von Bastian Pütter | Fotos: Daniel Sadrowski
Die kleine Halle ist gut gefüllt, das Publikum bunt gemischt: Freunde und Verwandte, Normalos und Rockabillys, viel tätowierte Haut, Modefarbe schwarz. Spielfeldrand-Experten, die jeden Spielzug kommentieren und Neulinge wie wir. Der Essener Verein „Ruhrpott Rollergirls“ schickt seine „Devil Dolls“ gegen den „Nidaros Roller Derbyklubb“ aus Trondheim in Norwegen auf Feld. Ein Zuschauer, Anfang 20 und im Punk-Shirt, fragt: „Weißt du, woher die andere Band kommt? Äh, die andere Mannschaft.“
Schnell, hart, kompliziert Für uns Unerfahrene haben die Ausrichterinnen vorgesorgt. Zum Spiel gibt es ein Programmheft, das nicht nur Porträts der Spielerinnen und der Offiziellen-Crew zeigt, sondern auch kurz die elementaren Regeln erklärt. Nicht ohne Grund, Roller Derby ist komplex. Um es so einfach wie möglich zu machen: Ein Spiel heißt „Bout“. In zweimal 30 Minuten fahren zwei Teams auf einer ovalen Bahn Runden. In maximal zweiminütigen Spielphasen („Jams“) versucht eine „Jammerin“ den Pulk aus Spielerinnen zu überholen, gegnerische „Blockerinnen“ versuchen das mit vollem Körpereinsatz zu verhindern, Mitspielerinnen sperren den Weg frei und drängen Gegnerinnen ab. Für jede Überrundung einer Gegnerin gibt es Punkte. In Wirklichkeit ist alles noch viel komplizierter. Am ehesten erinnert der Aufbau der Spielzüge an American Football mit der „Jammerin“ als „Quarterback“, doch sind die Jungs mit dem eiförmigen Ball geradezu gemächlich zu Fuß unterwegs. Rollerderby ist irre schnell, verwirrend
19
komplex und es gibt viele, viele Punktwertungen – an diesem Abend mehr als den meisten Zuschauern lieb ist. Und noch etwas: Rollerderby ist hart. Richtig hart. Ein Vollkontaktsport, den ein fünfzigseitiges Regelwerk in geordnete Bahnen lenkt. Nach vier Minuten gibt es die erste Zeitstrafe. Das Schiedsrichter-Team hat allein schon Mannschaftsstärke und sieht in den schwarzweiß gestreiften Trikots und mit seinen Helmen aus wie beim Eishockey. Hier dürfen Männer mitmachen – und ebenso martialische Derbynamen tragen wie die Spielerinnen: „Jam Pain“ und der „Naked Ref“ sind zuständig für die Punktezählung der „Jammerinnen“, die junge Frau, die Zeitnehmer und Zähler anführt, pfeift unter dem Namen „Zombielicious“.
Do it yourself Roller Derby ist eine erstaunlich alte Sportart. Bereits vor fast 80 Jahren rollten die ersten Frauenteams durch die USA, seit den 1940er Jahren begeisterten in Wrestling-Manier inszenierte Show-Kämpfe ein großes Publikum, bevor Roller Derby in den 1970er Jahren in der Versenkung verschwand. In den 90ern wurde es wiederentdeckt und dabei gleich ganz neu erfunden. Als Sport, organisiert von Frauen, mit Anschluss an Punk- und RockabillySzenen und den Do-it-yourself-Gedanken. Die Outfits dürfen sexy sein und die Inszenierung gehört dazu, Männer haben nicht viel zu melden. Sara, Ruhrpott Rollergirl und als „Missty McFly“ auf dem Feld, erklärt: „Uns ist sehr wichtig, dass es etwas Eigenes ist. Beim Roller Derby stehen die Frauen im Mittelpunkt, hier sind wir die erste Liga. Und wir machen es selbst: Die Sportart ist von uns organisiert, es gibt ein Gebilde von Komitees, wir entwickeln Regeln und Abläufe.“ Und mit Blick auf die Herren im Schiedsrichter- und Trainerteam ergänzt sie schmunzelnd: „Und Männer führen dann aus, was die Mädels an Regularien erstellt haben.“ Feminismus in Hotpants? „Naja. Zuerst geht es um Sport. Weil wir einen eigenen Sport – und zwar einen harten – machen, schafft das natürlich Selbstbewusstsein. Das stärkt einen einfach als Frau. Wir spielen ja damit, dass wir Frauen sind und verleugnen es nicht.“
Fallen lernen In der Tat geht es um Sport. Nicht nur der Weg an die Spitze – hinter Berlin und Stuttgart zählt das Ruhr-Team zu den stärksten in Deutschland –, auch schon der Weg ins Team ist hart. „Die Vorbereitungszeit, bis neue Spielerinnen mit aufs Feld dürfen, ist schon sehr lang“, erklärt Sara.
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„Es ist ein ,Minimum Skills Test‘ vorgeschrieben, der hohe Anforderungen hat. Das kann
Gute Arbeit
auch ein halbes Jahr dauern. Dabei geht´s einfach um die Sicherheit.“ Nicht nur Fallen will gelernt sein, frau kann sich sehr wehtun beim Roller Derby. „Ich bin lange wegen eines Handgelenkbruchs ausgefallen, das war Pech“, sagt Sara. „,Normale‘ Verletzungen gibt es aber schon recht häufig. Du kriegst einiges in die Rippen oder auch mal ins Gesicht, obwohl das die Regeln verbieten. Blaue Flecken gibt´s durchgehend, und wenn sie schön sind, werden sie auch mal auf Facebook als Trophäen gepostet.“
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Und wer tut sich das an? „Wir sind alle völlig unterschiedlich, zwischen 20 und Mitte 30,
schwanenstraße 30 44135 dortmund t: 0231/5860915 f: 0231/5860921
Journalistin, Supermarktkassiererin, Frisörin – bunt gemischt. Manche Mädels kommen vom Eislaufen oder vom Rollhockey oder Eishockey. Andere hatten vorher einfach keine Mannschaftssportart gefunden, die zu ihnen passte. In Männersportarten die zweite Geige zu spielen, wo dann auch die Anerkennung fehlt, ist für viele Frauen nichts.“
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Verlieren – feiern, schlagen – vertragen Auf der Tribüne folgt derweil Stoßseufzer auf enttäuschtes Raunen, denn die Gäste aus Trondheim sind stärker als erwartet, viel stärker. Können die Devil Dolls zu Spielbeginn noch in Führung gehen, sammeln Sassy Kickassy und Co. Punkt um Punkt für die Norwegerinnen. Schon gegen Ende der ersten Halbzeit wirken Anfeuerungen des Publikums, wenn es „Jammerin“ Sweet Gwenrolline einmal durch die gegnerischen Blocks geschafft hat, fast verzweifelt. Am Ende ist die Niederlage überdeutlich. Sara wird nach dem Spiel voller Anerkennung sagen: „Sie waren sehr austrainiert, mit toller Körperspannung, sehr sicher. Gwen, unsere Jammerin, die auch für das Nationalteam spielt, ist sonst furchtbar schwer aufzuhalten, aber das haben die Mädels aus Norwegen wirklich beeindruckend gemacht.“ Eine Niederlage, die vor allem in ihrer Deutlichkeit schmerzt. Aber so sportlich-ernsthaft es beim Roller Derby zugeht, so schnell verfliegt die Konkurrenz: Unmittelbar nach dem Abpfiff bejubeln sich beide Teams gegenseitig und rauschen ein letztes Mal ineinander – für das gemeinsame Gruppenfoto. Und später am Abend geht es dann mit schweren Beinen zur gemeinsamen norwegisch-deutschen After-Bout-Party: Anstoßen auf Sieg und Niederlage, einen verrückten Sport und die neuen blauen Flecken.
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21
DER KOMMENTAR
Kopftuch ab zum Gebet
von Bastian Pütter
Endlich wieder ein Kopftuchstreit.
ter schaue, sehe ich nur noch Kopftü-
als Ressentiment. Und wie der SPD ihr
ferische, christlich-fundamentalisti-
Mit allem, was dazu gehört: Ein Pau-
cher. Ich will aber keine Kopftücher
Sarrazin ist auch der CDU ihre Horitz-
sche Strömung ihr Zuhause hat, die
kenschlag, so herrlich undifferenziert,
mehr sehen.“
ky unangenehm. Denn die C-Partei
ihrem Feindbild näher ist als dem
(die mit den Anwerbeabkommen und
Selbstbild der Partei. Noch unange-
dem katastrophalen Betreuungsgeld)
nehmer: Diese Mitte ist begehrt. Ja,
spürt, dass bei ihr eine kulturkämp-
auch von den Dortmunder Nazis, die
dass jede und jeder sich eingeladen fühlt, mitzutrommeln. Moralisch-politische Entrüstung, dagegen der Sarrazin-Chor der vielen Ausrufezeichen,
Nun ist es einfach, sich über diese rätselhaften Sätze herzumachen. Heißt der erste, dass es tatsächlich Menschen
ganze Leserbriefseiten, alles dabei.
in Deutschland wagen, Vorgaben der
Was war passiert? Die stellvertre-
Verrückte Vorstellung. Wann hat denn
tende Bezirksbürgermeisterin der Dortmunder Nordstadt, Christdemokratin im fortgeschrittenen Alter, hatte den Eindruck, dass „unsere
beiden großen Kirchen zu ignorieren? Frau Horitzky das letzte Mal aus ihrem Nordstadtfenster geschaut? 1970? Und warum tut sie es jetzt?
christlichen Konfessionen überall
Aber es geht ja gar nicht um Kopf-
muslimisch unterlaufen werden“ und
tücher, sondern eher um Sarrazins
legte nach: „Wenn ich aus dem Fens-
„Kopftuchmädchen“, um das Symbol
NEWS
Obdachlose und psychische Erkrankungen Schwere psychische Erkrankungen und Suchtverhalten –
krankt, 41,6 Prozent der Befragten gaben an, schon in Kindheit
wohnungslose Menschen sind weitaus häufiger betroffen
und Jugend psychisch auffällig gewesen zu sein. Bei fast drei
als andere Menschen. Das ist das Fazit der „Seewolf“-Studie
Viertel der untersuchten wohnungslosen Menschen besteht
der TU München, der bisher größten Wohnungslosen-Studie
eine akute psychiatrische Behandlungsbedürftigkeit, nicht
Deutschlands. 232 Bewohnerinnen und Bewohner unter-
selten wegen Schizophrenien, Depressionen und Manien. Oft
schiedlicher Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe im Groß-
kommt Alkohol als Bewältigungsstrategie hinzu – und führt
raum München nahmen daran teil, 80 Prozent davon Männer,
zu Missbrauch und Sucht. Für die Forscher ganz klar: Das Hilfs-
Altersdurchschnitt 48,1 Jahre. Über 93 Prozent sind der Studie
und Versorgungsangebot für diese vom Leben benachteiligten
zur Folge im Laufe ihres Lebens schon mal psychiatrisch er-
Menschen muss dringend verbessert werden.
Gesetzentwurf zu menschenverachtender Gewalt Gewalt gegen wohnungslose Menschen ist ein alltägliches
Innen nicht nur strafverschärfend wirken, sondern bei der
Phänomen in unserer Gesellschaft. Menschenverachten-
Strafzumessung zukünftig ausdrücklich genannt werden.
de Motive der Täterinnen und Täter finden dabei viel zu
Die BAG fordert weiter, in den entsprechenden Gesetzen,
häufig unzureichende Beachtung in Rechtssystem und Öf-
Verordnungen und Dienstvorschriften auf den jeweiligen
fentlichkeit. Daher begrüßt die BAG Wohnungslosenhilfe,
föderalen und behördlichen Ebenen zu verankern, dass
der bundesweite Dachverband der Wohnungslosenhilfe
bereits im Zuge polizeilicher und staatsanwaltschaftlicher
in Deutschland, den Gesetzentwurf des Bundesjustizmi-
Ermittlungen mögliche menschenverachtende Motive bei
nisteriums zur Ergänzung des Strafrechts
Gewalttaten gegen wohnungslose Menschen systematisch
(§46), bei der
„menschenverachtende“ Beweggründe und Ziele der Täter-
berücksichtigt werden.
Stopp für Abschiebehaft
22
Abschiebehäftlinge gehören nicht in den Knast. Der Bundes-
Abschiebung entziehen will“. Dieser Passus zur Abschiebe-
gerichtshof hatte entschieden, dass Abschiebehäftlinge nicht
haft im Aufenthaltsgesetz war den Richtern zu unkonkret.
mehr mit Strafgefangenen gemeinsam untergebracht wer-
Wer mit dieser Begründung in Haft landete, kommt nun
den dürfen. Grundsätzlich gilt, wer als Ausländer in Deutsch-
frei. Das Land Nordrhein-Westfalen hat die neuen gericht-
land kein Aufenthaltsrecht besitzt und das Land verlassen
lichen Vorgaben zu Abschiebehäftlingen jetzt umgesetzt: 21
muss, kann vom Staat in Abschiebehaft genommen werden.
Abschiebehäftlinge aus der Justizvollzugsanstalt Büren bei
Aber: Ein Asylbewerber darf vor seiner Abschiebung in ein
Paderborn wurden nach Berlin gebracht und stehen vor der
anderes EU-Land nicht mehr eingesperrt werden, wenn nur
Freilassung, neun Abschiebehäftlinge sind schon frei– bei
allgemein „der begründete Verdacht besteht, dass er sich der
ihnen bestand keine Fluchtgefahr.
DAS ZITAT
Frau Horitzky ein Ausstiegsangebot
radikalen Islam, der nichts mit „dem
machen, aber in Wirklichkeit eher
Kopftuch“ zu tun hat. Oder die über
von bürgerlich-deutschtümelnden
Verbindungen eines dumpf-deut-
Vereinfachern wie der AfD.
schen mit einem türkisch-arabischen
Außerdem merkt die CDU an solchen
Antisemitismus. Oder eben die über
Stellen, wie grandios sie gescheitert ist, Millionen familienorientierten, eher konservativen, eher religiösen Zuwan-
die wirklichen Themen: über Freiheit, Chancen, Rechte und Pflichten und über die Verabredungen für ein
derern seriöse Angebote zu machen.
friedliches Zusammenleben.
Stattdessen sitzen CDU-Lokalpolitike-
Wenn die Probleme im Norden darin
rinnen isoliert in Zuwanderungsstadtteilen hinter ihren Wohnzimmergardinen und zählen Kopftücher. Schade.
„Die Medien sind
bestünden, dass „unsere christlichen Konfessionen“ unterlaufen würden
es, die Vorurteile und Feindbilder kritisch hinterfragen können und müssen, wenn Minderheiten als Sündenböcke missbraucht werden.
und dass von Nordstadtfenstern
Schade auch, dass das Ressentiment
aus Kopftücher zu sehen sind, wäre
Romani Rose, Vorsitzender
wieder notwendige Debatten ab-
dieser Stadtteil ein fast gänzlich sor-
des Zentralrates Deutscher
würgt. Die über einen hier präsenten
genfreier Ort.
Sinti und Roma
“
DAS FOTO
Foto: Levon Biss
„One Love“ heißt die Arbeit des englischen Fotografen Levon Biss, der 28 Länder auf fünf Kontinenten bereiste, um das einzufangen, was Fußball eigentlich ist. Er zeigt Frauenteams in peruanischen Bergdörfern, Straßenfußballer in den Metropolen und wie hier eine Arbeitspause auf Bali, Indonesien.
23
NETZWELT
KINOTIPP
sweetSixteen-Kino im Depot & bodo präsentieren: Göttliche Lage Im September 2006 begannen im Dortmunder Stadtteil Hörde die Bauarbeiten für ein ehrgeiziges Projekt: Auf dem ehemaligen Gelände eines Stahlwerks von Thyssen Krupp entstand der Phoenix-See, ein großer See mit hochwertiger Wohnbebauung an seinen Ufern. Das Ziel war eine „Verbesserung der Dortmunder Lebensqualität“. Doch dachte die „Phoenix-See-
Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:
www.maedchenmannschaft.net Entwicklungsgesellschaft“ mit all ihren Feministische Blogs gibt es im Internet viele. Eines der größten deutschsprachigen Pro-
Bau- und Werbemaßnahmen wirklich
jekte ist die „Mädchenmannschaft“. Eine Gruppe wechselnder Autorinnen und Autoren
an alle Dortmunder? Und was sagen die
veröffentlicht auf mädchenmannschaft.net seit 2007 regelmäßig alles, worauf sie Lust
Einwohner von Hörde zu alldem?
haben und was sich im weitesten Sinne mit feministischen Themenfeldern in Verbindung bringen lässt. Das können lange Essays und Kommentare oder aber auch Linksammlungen, Songs oder Youtube-Videos sein. So wechseln sich auf der Seite, neben festen Rubriken wie einer Blogschau, anspruchsvolle Texte zu Themen wie Sexismus, Rassismus und Homophobie mit kürzeren Beiträgen wie z.B. einem Artikel anlässlich des 50. Geburtstages von Musikerin Courtney Love ab.
wichtigsten Stahlstandorte der Welt. Das riesige Gelände des Stahlwerkes PhoenixOst, das aussieht wie eine Mondlandschaft, soll in etwa zwei Jahren ein See sein, mit einer Marina und einer Piazza. Ulrike Franke
2008 wurde das Projekt mit dem „Deutsche Welle Blog Award“ als bestes deutschspra-
und Michael Loeken (Losers and Winners)
chiges Weblog ausgezeichnet. Ein Jahr später war das Projekt für einen „Grimme Online
begleiten diesen Prozess in ihrer Langzeit-
Award“ und den Alternativen Medienpreis nominiert. Seit 2012 ist die Mädchenmann-
dokumentation. In den Beschreibungen
schaft auch ein eingetragener Verein, der neben dem Blog noch weitere Projekte zur
des Zukunftsprojektes Phoenix See ist
Aufklärung über die Lage von Frauen und Mädchen in Deutschland sowie weltweit
nicht mehr von harter Arbeit die Rede, von
betreibt. So zum Beispiel die „Girls on Web Society“, eine Gruppe zur Vernetzung blog-
Stahlwerk, Umweltverschmutzung oder
gender Frauen, oder die „Regionalliga“, eine Reihe bundesweiter lokaler Treffen von
Lärm. Die Stichworte lauten jetzt Freizeit
Feministen und Feministinnen.
und Erholung, Dienstleistungsgesellschaft
„Das Internet hat die Möglichkeit mit sich gebracht, dass sich Leute überregional ver-
und „mediterranes Flair“…
netzen, austauschen und begegnen können – was insbesondere auch feministischem
Do. 21.08. bis Mi. 27.08. um 19 Uhr
Aktivismus zugutekommt. Dennoch ist es natürlich auch so, dass viele Leute Abwehr-
Do. 28.08. bis Mi. 03.09. um 17 Uhr
reflexe haben, aber nicht einmal ansatzweise informiert sind“, sagt Soziologin und Mädchenmannschaft-Autorin Nadia Shehadeh. „Mir geht es besonders um Themen wie Sexismus, Gewalt, ungleiche Bezahlung bei gleicher Leistung, Ungleichberechtigung, Ungerechtigkeiten, Homo- und Transphobie, und wie das alles im ganz normalen Alltag tausendfach auf uns einprallt, die Verhältnisse aber oftmals so festgefahren sind, dass es vielen erst mal auch gar nicht auffällt. Das fängt eigentlich schon damit an, dass immer über den Feminismus geredet wird – dabei gibt es den gar nicht, sondern vielmehr verschiedene Ausprägungen. Vielleicht wäre es von daher auch irgendwann einmal ein Anfang, einfach nur noch von Feminismen zu sprechen.“ (sese) Nadia Shehadeh 24
Dortmund-Hörde, bis April 2001 einer der
Am Samstag, den 23.8. sind die beiden Regisseure im Anschluss an die Vorstellung für ein Filmgespräch zu Gast. sweetSixteen-Kino im Depot Immermannstr. 29, 44147 Dortmund Telefon 0231 – 910 66 23 www.sweetsixteen-kino.de
VERANSTALTUNGEN AUGUST 2014
RuhrHOCHdeutsch Kabarett- und Comedy-Festival Im August mit Lioba Albus, Bruno „Günna“ Knust, Frank Goosen, Knacki Deuser, Hennes Bender, Robert Kreis, Sascha Korf, Jochen Malmsheimer u.v.m. 1. August bis 12. Oktober Spiegelzelt in Dortmund bodo verlost 3 x 2 Karten für die Veranstaltung mit Hennes Bender am 24. August um 20 Uhr
VERANSTALTUNGEN | VERLOSUNGEN 16.08. | Globalibre | Bahnhof Langendreer, BO | 3 x 2 Karten 21.08. – 03.09. | Göttliche Lage | sweetSixteen-Kino im Depot, DO | 1 x 2 Karten 23.08. | Moby Dick | Theater im Depot, DO | 3 x 2 Karten Auch diesmal gibt es wieder Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen. Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff
23.08. | DJ MAD | Werkstadt, Witten | 2 x 2 Karten 24.08. | RuhrHOCHDeutsch: Hennes Bender | Spiegelzelt, DO | 3 x 2 Karten
„bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an: redaktion@bodoev.de. Oder schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an: bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren. Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss für Veranstaltungen ist jeweils zwei Werktage vor dem Termin. Einsendeschluss für terminunabhängige Verlosungen ist der 25.08.2014 Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!
25
01 | 08 | 14 Batman hält die Welt in Atem
01 – 10 | 08 | 14 Cranger Kirmes
ren Hilfe sie die gesamte Menschheit pulve-
Odyssee-Festival initiiert wurde. Mariamas
risieren könnten. Nur zwei sind in der Lage,
familiäre Wurzeln liegen in Sierra Leone,
diesen düsteren Plan zu stoppen: Batman
Deutschland, Norwegen, Frankreich und
Die Cranger Kirmes begeistert jedes Jahr bis
und Robin. Doch auch die Gegner wissen,
Guinea. Kein Wunder, dass die Singer-Song-
zu 4 Millionen Besucher. Auf über 50 Fahr-
was es heißt, wenn das Rächer-Duo ins Spiel
writerin mit der ausdrucksstarken, warmen
und Laufgeschäften erwartet die Besucher
kommt, und so locken sie die beiden heimtü-
Stimme sich von vielen Musiktraditionen
Nervenkitzel, Geschwindigkeit und eine gro-
ckisch in eine Falle.
angezogen fühlt. Mit Moh! Kouyaté, der der
ße Portion Spaß. Mit 500 Schaustellern be-
Rottstr 5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr
berühmten Tradition der Griot-Sänger ent-
FR 01 – SO 10 | 08 | 14 Kirmes | Cranger Kirmes
geistert die Cranger Kirmes auch regelmäßig Besucher aus ganz Deutschland und zieht Menschen aus dem angrenzenden Europa an.
stammt, verbindet sie die Liebe zu den musikalischen Ursprüngen und die Neugier auf
SA 02 | 08 | 2014
Von Kirmesnostalgie und Nervenkitzel über
Musik | Summersounds-DJ-Picknicks:
klassische Kirmesverpflegung und gemütliche
Twit One, Max Gyver, Supakool
globale, aktuelle Sounds. Freilichtbühne Wattenscheid, BO, 19.30 Uhr
Biergärten bis hin zu rasanten Fahrten durch
Eine geballte Ladung Old School-Hip Hop und
Loopings oder Dunkelheit ist die Cranger Kir-
Funkpower versprechen Twit One vom Label
Mit einem unberechenbaren Mix aus Soul-,
mes ein riesengroßer Spaß. Aktuelle Informa-
Melting Pot aus Köln, Supakool aus Bochum
Funk- und Rare-Grooves, Hip Hop-Classics,
tionen gibt es unter www.cranger-kirmes.de.
und May Gyver von den Herbe Partys am
Indie-Tunes und All-Time-Favourites pflegen
Herne-Crange
02.08. beim Summersounds-DJ-Picknick am
die DJs des Cosmo-Bunch die Tradition des
Phoenix See. Alle Termine der „Umsonst &
wilden Teppichtanzes. So verwöhnt am 2.8.
Draußen“-Picknicks unter: www.djpicknick.de
die Soultrippin’ Crew gemeinsam mit Marti-
Phoenix See, Dortmund, 14-22 Uhr
ni von Family Affair die Gäste mit groovigs-
FR 01 | 08 | 2014 Live-Hörspiel | Batman hält die Welt in Atem
Party | Cosmotopia Sause
ten Retrosounds, während Martin Juhls von
Die „Vereinigte Umwelt“ will die Weltherr-
Musik | Funkhaus Europa, Odyssee:
schaft übernehmen. Zu diesem Zweck steh-
Mariama & Moh! Kouyaté musikalische
Begegnung
Juicy Beats und Kevin Lietz von Burn the City die Tanzfläche mit fetten BigBeats, Indie-Hits,
len der Joker, der Pinguin, der Rätselknacker
Die
zwischen
und das Katzenweib eine Erfindung, mit de-
Mariama und Moh! Kouyaté ist das Ergeb-
Beben bringen. Zutritt ab 21 Jahren.
nis eines Dialogs, der einmalig nur für das
Großmarktschänke, Dortmund, 22 Uhr
Pop-Tunes und jeder Menge Hot Stuff zum
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Eintritt frei !
Hauptförderer HMKV:
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Kooperationspartner:
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D O RT MUN
Medienpartner:
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Bild: Motorbuch Verlag / Wolfgang Schmarbeck
kv.de
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05. Juli – 31. August 2014
08.07.14 17:04
02 | 08 | 14 Cosmotopia Sause
DI 05 | 08 | 2014 Musik | The Cat Empire
02 | 08 | 14 Mariama & Moh! Kouyaté
Und nicht nur das: Sie brauchen auch die Hil-
SA 09 | 08 | 2014
fe der jungen Varianten ihrer selbst, wenn sie Fehler in der Vergangenheit korrigieren wollen.
Festival | Hafenspaziergang
Trotz ihres anspruchsvollen Sounds zwischen
Das in 2011 erstmals erprobte Veranstaltungs-
Der Einlass erfolgt ab 20 Uhr, der Film beginnt
Funk, Jazz, Pop, Ska und Rock gehören The
format
bei Sonnenuntergang. Das ganze Programm
Cat Empire in ihrer Heimat seit Jahren zu den
jährlich neu aufgelegt. Herzstücke des Hafen-
unter www.psd-bank-kino.de.
erfolgreichsten Acts. Ihre Alben „The Cat Em-
spaziergangs sind das Musik-Festival in der
PSD Bank Kino / Seebühne im Westfalenpark,
pire“, „Two Shoes“, „Cities“, „So Many Nights“
Pauluskirche, die Bühne „Songs & Stories“ im
Dortmund, 20 Uhr
und „Cinema“ durchbrachen die Doppel-Pla-
Blücherpark, das Radio 91/2 Open Air am An-
tin-Grenze, fast jede Single erreichte Platz 1
leger Santa Monika und die Live-Bühnen im
der australischen Charts.
Kreativzentrum Drehbrückenstraße und am
FZW, Dortmund, 20 Uhr
Event-Schiff „Herr Walter“. Die Stadtteilfüh-
Musik | Ekamina bei Sommer am U:
rungen entlang der Route und im Hafenbe-
Barop – Ameisenbär
FR 08 | 08 | 2014 Zweiter Freitag | Murat Kayi & Band
„Hafenspaziergang“
wird
einmal
reich sind weitere Highlights. Dazwischen prä-
Tune in. Turn up. We got the blues. We folk
sentieren viele lokale Akteure ihre Angebote.
the world. Die noch relativ junge Dortmunder
Hafenviertel, Dortmund, ab 14 Uhr Uhr
Band spielt Musik im Namen des Ameisenbären. Nimmt man etwas Space Folk, ein wenig
In unserer monatlichen Benefiz-Reihe „2. Freitag“ tritt der „einzige evangelischer Türke weit und breit“ mit Band auf. Murat Kayi
DO 14 | 08 | 2014
SO 10 | 08 | 14
Kraut Blues, würzt mit einer Prise Psychedelia und erhitzt diese Mixtur anschließend
spielt den Blues und Gitarren aus Metall,
Film | PSD Bank Kino:
bis zum Weißglühen, dann erhält man ihren
als käme er aus dem Mississippi-Delta, und
X-Men – Zukunft ist Vergangenheit
ganz speziellen Sound. Ihre Kompositionen
singt deutsche Texte wie ihm der Schnabel
Die Anführer der rivalisierenden Mutanten-
und Interpretationen aus aller Herren Länder
gewachsen ist. Und was am Ende nicht in
Gruppen Professor X und Magneto stellen
entfalten sich, wenn Gitarre, Bass, Keyboard
Worte passt, wird in Instrumentalstücken
fest, dass sie nach Jahren des Kampfes gegen-
und weltmeisterliche Mundharmonikaklän-
verpackt. Das kann mal leise Andacht sein,
einander zusammenarbeiten müssen, um die
ge kondensieren.
mal brachiales Geschepper, je nachdem, ob
Zukunft der Mutanten und der Welt zu sichern.
Leonie-Reygers-Terrasse am U, DO, 19 Uhr
es Hüfte, Herz oder Hirn treffen soll. Begleitet wird Murat Kayi an diesem Abend von
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Claudia Rudek, Hannes Weyland und Thomas Hecking. Der Eintritt ist frei. Spenden sind willkommen. bodo e.V., Dortmund, 19.30 Uhr Musik | Jeff Beadle Jeff Beadle, Singer/Songwriter aus Toronto, ist ein Self-made-Troubadour, der keine klassische Ausbildung erfahren, sondern sich ab dem frühen Alter von 12 Jahren alles selbst beigebracht hat. Folgt man seinem herzlichen Storytelling, mögen schnell Parallelen zu alten Folkhelden wie Woody Guthrie, Neil Young, Jeff Tweedy, Townes Van Zant und natürlich Bob Dylan gezogen werden. subrosa, Dortmund, 20.30 Uhr
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09.07.2014 16:47:17 Uhr
27
08 | 08 | 14 2. Freitag: Murat Kayi & Band
FR 15 | 08 | 2014
08 | 08 | 14 Jeff Beadle
Musik | Strom & Wasser und die Flüchtlingsfrauen
Zauberei | Matthias Rauch
Es war die wohl spektakulärste Tour des ver-
Zauberkünstler Matthias Rauch - Deutscher
gangenen Jahres, als Heinz Ratz und seine
Meister der Zauberkunst - präsentiert eine
Trödeln im Regen war gestern und früh auf-
Band „Strom & Wasser“ das Unmögliche
außergewöhnliche Mischung aus verblüffen-
stehen ist sowieso out: Für ganz Ausgeschlafe-
möglich machten und trotz Reise- und Ar-
der Zauberkunst und wahnwitziger Komik.
ne findet am Freitag, 15. August, von 17 bis 23
beitsverbote mit Musikern aus Flüchtlingsla-
Er lässt Tische fliegen, zaubert Geld aus dem
Uhr in den Hallen der Rohrmeisterei der erste
gern auf Tour gingen. Am 14.7. ist er mit zwei
Nichts herbei und seine Comedy-Acts strapa-
Schwerter Nachttrödelmarkt statt. Angeboten
großen Flößen aufgebrochen, umgestaltet
zieren die Bauchmuskeln – eine mitreißen-
werden Trödel, Raritäten und Antikes von pri-
zu Flüchtlingsbooten, die ihn und eine Be-
de Zaubershow mit Magie, Parodie, Musik,
vaten Händlerinnen und Händlern. Kreatives,
gleitcrew aus Flüchtlingen und deutschen
Wortwitz und erfrischender Unterhaltung.
Recyceltes, Kunsthandwerk und Do-it-your-
UnterstützerInnen bis nach Berlin führen
Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr (auch 16.08.)
self-Produkte werden den klassischen Trödel
werden, um das Thema erneut aufzugreifen.
ergänzen. Für die Unterhaltung sorgt an die-
Dieses Mal mit dem Fokus auf die alleine oder
sem Abend Ulrich Pätzold-Jäger alias Fäts Päts,
mit ihren Kindern geflohenen Frauen, die oft-
Sänger, Entertainer und Leierkastenmann.
mals eine große Scheu haben, an die Öffent-
Rohrmeisterei, Schwerte, 17 - 23 Uhr
lichkeit zu treten.
In diesem Jahr präsentiert sich mit 15 En-
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
sembles aus 11 Nationen eine gelungene Mi-
Flohmarkt | 1. Nachttrödelmarkt Schwerte
FR 15 – SO 17 | 08 | 2014 Festival | Micro!Festival 2014
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15. - 19. August 2014 Opernhaus Dortmund Programm Jesus Christ Superstar (OT) Freitag, 15.8., 20 Uhr
Billy Elliot
Samstag, 16.8., 17 Uhr
First Position
Samstag, 16.8., 20 Uhr
Don Giovanni
Sonntag, 17.8., 16 Uhr
naked opera
Sonntag, 17.8., 20 Uhr
Best of Blicke-Filmfestival (180 min). Montag, 18.8., 17 Uhr
Im Traum der roten Kammer Montag, 18.8., 21 Uhr (Weltpremiere)
Searching for Sugar Man Dienstag, 19.8., 17 Uhr
Inside Llewyn Davis Dienstag, 19.8., 20 Uhr
Kartenvorverkauf an der Theaterkasse sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen www.kinoper.de
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15 | 08 | 14 Matthias Rauch
15 – 17 | 08 | 14 Micro!Festival 2014
schung aus internationalem Straßentheater
zum Austausch. Um telefonische Anmeldung
bringt. Zur zweiten Auflage des kinOper Fes-
und Spitzenensembles der Weltmusik, mit
wird gebeten: 0231 9509780
tivals haben sich das Theater Dortmund und
besonders ungewöhnlichen, frischen und be-
bodo-Anlaufstelle, Bochum, 11 Uhr
die DSW21 etwas Besonderes ausgedacht: Die ersten 50 Leute, die mit der Augustausgabe
eindruckenden Klang- und Seh-Erlebnissen: mit u.a. Oratnitza, Da Wang Gang, Catalina Carcia & Monsieur Periné, Melissa Laveaux,
MO 18 | 08 | 2014
Theater Gajes. In diesen drei Tagen verwan-
Film | KinOper – Best of Blicke
delt sich der Friedensplatz in eine südländi-
50 x bodo als Eintrittskarte
von bodo an der Kasse stehen, erhalten eine Freikarte. Die Kasse ist ab 16 Uhr geöffnet. Oper, Dortmund, 17 Uhr
sche Piazza mit kulinarischen Genüssen und
Vom 15. bis 19. August verwandelt das Opern-
Gerüchen, exotischen Cocktails und einem
haus seinen schönsten Saal in ein Lichtspiel-
künstlerisch-launigem Atem. Der Eintritt ist
haus. Am Montag stehen das Ruhrgebiet und
frei. Alle Veranstaltungen auf einen Blick un-
der Dokumentarfilm im Mittelpunkt. Gespielt
East Cameron Folkcore sind zu elft. Jeder der
ter www.microfestival.dortmund.de.
wird ein dreistündiges Best of des Blicke Film-
Musiker spielt mindestens ein Instrument,
Friedensplatz, Dortmund, Fr. 17 – 21.30 Uhr,
festivals: Sieben ausgesuchte Filme aus dem
auch ein Haufen Bläser findet sich unter ih-
Sa. 16 – 23 Uhr, So. 16 – 21.30 Uhr
21 Jahre bestehenden Festival, das gerade mit
nen. Eine Brassband sind sie deshalb noch
seinem Mix der Stile und Filmlängen über-
lange nicht. Die Texaner verstehen es, ihr
zeugt und immer besondere Perlen hervor-
wildes Kollektiv zu einer wuchtigen Band
SA 16 | 08 | 2014
DI 19 | 08 | 2014 Musik | East Cameron Folkcore
BODO VERLOSUNG | Globalibre
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Globalibre ist die World Beat Party mit dem Global-Sounds-Mix für aktuelle
World
Club
Culture.
Latin,
Afro,
Reggae,
Balkan-Beats,
Salsa, Cumbia, Rai, Elektro-Swing, Oriental-Styles – traditionell bis clubbig – serviert von DJammeh. Bahnhof Langendreer, Bochum, 23 Uhr
Samstag, 23. August 2014 ab 11 Uhr im UNION GEWERBEHOF Union Gewerbehof - Huckarder Str Samstag, 23. August 2014Str.ab10-12 11 Uhr
Union Gewerbehof - Huckarder Str. 10-12
bodo verlost 3 x 2 Karten. Teilnahmebedingungen auf Seite 25. Soziales | Stadtführung Wie verbringen eigentlich Menschen auf der Straße ihren Tag? Bei „bodos“ sozialer Stadtführung zeigen Verkäufer des Straßenmagazins „ihr“ Bochum. Unsere Experten geben ihr Wissen weiter, zeigen die Orte, an denen Menschen ohne Wohnung sich aufhalten, und besuchen mit Ihnen Einrichtungen, die den Menschen auf der Straße Hilfe anbieten: von der Suppenküche bis zur Notschlafstelle, vom Tagesaufenthalt bis zu unserem Verkäufer-Café. Treffpunkt ist die bodo-Anlaufstelle in der Stühmeyerstraße 33. „Teilnahmegebühr“ ist der Kauf eines Straßenmagazins bei unserem Stadtführer. Im Anschluss gibt es heiße Getränke bei bodo und Gelegenheit
Anmeldung und Information im Union Gewerbehof Anmeldung und Information im Union Gewerbehof
Hannelore Korff Korff -- info@union-gewerbehof.de - Tel. 0231/16 24 7624 76 Hannelore info@union-gewerbehof.de - Tel. 0231/16
29
23 | 08 | 14 Summersounds-DJ-Picknick
22 | 08 | 14 Extrabreit
zu einen, die ihren orchestralen Sound auch
beschaffen. Also lässt er sich mit einem leicht
ten die Schule an und besangen düster den
zurückschrauben kann. Brechen die folkigen
debilen Automechaniker auf einen Diebstahl
Tod des Präsidenten. Sie ließen auf Partys den
Gitarren dann doch einmal in ein Klangge-
bei dem halbseidenen Spediteur Kampmann
„Flieger“ abheben, wollten „Annemarie“ flach-
witter aus, dann nur, um die anprangernden
ein. Doch damit geht es mit den Problemen
legen und beschworen die Wonnen der Klep-
Texte über das Systemversagen und schlech-
erst richtig los. Der Einlass erfolgt ab 20 Uhr,
tomanie und die Abgründe des Kokains.
te Menschen noch deutlicher emporzuheben.
der Film beginnt bei Sonnenuntergang. Das
Pauluskirche, Dortmund, 20 Uhr
FZW, Dortmund, 20 Uhr
ganze Programm des Fiege-Kino-Open-Airs gibt es unter www.fiegekino.de. Innenhof der Fiege-Brauerei, Bochum, 20 Uhr
MI 20 | 08 | 14
SA 23 | 08 | 2014 BODO VERLOSUNG | Moby Dick
Film | Fiege KinoOpenAir: Bang Boom Bang
Vier Badegäste am Strand. Ferien. Urlaub.
FR 22 | 08 | 2014
Keek, ein phlegmatischer Kiffer aus dem
Sonne, Meer und … Ja, was eigentlich? Zwei
Musik | Extrabreit
miefigen Ruhrpott-Kaff Unna, steckt tief in
Wochen mal was ande-
der Klemme. Denn er hat einen Großteil aus
Sie kommen und geben einen außergewöhn-
res erleben. Etwas Neu-
einem gemeinsamen Raubzug mit dem im
lichen Auftakt zum Kirchentag „Mensch &
es. Aber irgendwie stellt
Knast sitzenden Kalle bei Wetten verspielt.
Tier“, der vom 22. bis 24.8 in der Dortmunder
sich kein Abenteuer ein.
Als sein äußerst jähzorniger Kumpan plötzlich
Kulturkirche stattfindet. Die Legende aus Ha-
Die vier Teilzeitausstei-
vor seiner Tür steht, muss sich Keek dringend
gen hat Geschichte geschrieben. Extrabreit
ger nehmen die Herausforderung an und ste-
was einfallen lassen, um die Kohle wieder zu
verspotteten in den 80ern die Polizei, zünde-
chen in See oder vielmehr in Melvilles Moby Dick. Ein Meister-Roman, den jeder kennt?!
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Nicht wirklich. Wie bei vielen Klassikern stellt sich oft heraus, dass der eigentliche Roman
Wo echte Liebe zählt, ist unser Strom.
unbekannt ist. Die Protagonisten haben das gleiche Problem. Abenteuerlustig stürzen sie sich in die Erzählung und erzählen dadurch etwas über das Erzählen. Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr bodo verlost 3 x 2 Karten. Teilnahmebedingungen auf Seite 25. Fest | Sommerfest im Union Gewerbehof Der Union Gewerbehof beherbergt ca. 100 Unternehmen. 250 Menschen gehen hier ihrer Ar-
mStro euen d n n n e en u t ein rn. Jetz en werb ft siche i ben d r n h ku Gutsc / we r e d . € 20 w21
.de www
Viele Dinge sind für Dortmund typisch – ein Lokalpatriot zu sein gehört dazu. Und genau diese Lokalpatrioten suchen wir. Werben Sie einen Stromkunden und unterstützen Sie uns dabei, Dortmund weiterhin so lebenswert zu gestalten. Dafür setzen wir uns mit unseren
mehr als 1000 Mitarbeitern täglich ein. Nicht nur durch Ihre sichere Versorgung mit Strom, Gas und Wasser, sondern vor allem auch durch die Förderung zahlreicher Projekte, Initiativen und Vereine. Im Großen wie im Kleinen. Für Dortmund und die Region.
beit nach. Der im Union-Viertel liegende Union Gewerbehof bietet mit seinem Sommerfest an, seine NutzerInnen kennenzulernen und mit ihnen zu feiern. Ab 11 Uhr wird es einen großen Floh- und Künstlermarkt geben. Vegamaxx und das Hofcafé sorgen für die kulinarischen Genüsse. Zwischendurch gibt es immer mal wieder Livemusik. Kinder können sich schminken lassen, von Baum zu Baum klettern u.v.m. Ein Höhepunkt am Abend ab 18.30 Uhr ist die Versteigerung von Kunstexponaten im Rahmen der „Neuen Kolonie West“. Ab 20 Uhr kann zu Livemusik getanzt werden. Union Gewerbehof, Dortmund, ab 11 Uhr
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25 | 08 | 14 Parov Stelar Band
BODO VERLOSUNG | DJ MAD
29 | 08 | 14 Container Love
Show auch den treffenden Titel „Klein/Laut“!
Schaffen der vergangenen (fast) zehn Jahre
Am 23. August steigt eine riesige Sommer-
Damit jeder weiß: Da vorne steht nicht etwa
gezeigt, er lässt es sich auch nicht nehmen,
Party in Wittens soziokulturellem Zentrum
ein hochgewachsener, stiller Mann, sondern
mit neuem Material Zeugnis seines unermüd-
„Werkstadt“. DJ MAD, DJ der
der Comedy-Hobbit der deut-
lichen Schaffensdrangs abzulegen.
Absoluten Beginner, kommt
schen Bühnen, stets auf 180 und
Zeltfestival Ruhr, Bochum, 20.30 Uhr
persönlich, um diese Party an-
immer kurz vorm Explodieren.
zuheizen und zu feiern. MAD
Wie üblich holt er nicht lange
ist einer der besten DJs der
aus, sondern beißt sich direkt
Szene. Als Local-Support steht
und ohne Umwege im Wahn-
DJ Wollow an den Decks, DJ
sinn der Realität und ihrer Ne-
Einmal durchatmen: Im Rahmen der Sonder-
von SBK Basement, Umse und Creutzfeld &
benwirkungen fest. Er ist klein. Und laut. Ein
ausstellung „Tempo Tempo!“ erläutert Sabine
Jacob. Aus Bochum ist auch Kurtis Flow, DJ
kurzer Kracher, der lange nachhallt – oder wie
Schwarz, wie man seinen Alltag entschleu-
von „Goldene Zeiten“, mit von der Partie.
sein Kollege Jochen Malmsheimer ihn nennt:
nigen kann. Dabei legt sie den Schwerpunkt
Werkstadt, Witten, 22 Uhr
„Das Cornichon des deutschen Kabaretts“.
ihrer Ausführungen auf die Aspekte „Acht-
bodo verlost 2 x 2 Karten.
www.ruhrhochdeutsch.info.
samkeit“ und den bewussten Umgang mit der
Teilnahmebedingungen auf Seite 25.
Spiegelzelt, Dortmund, 20 Uhr (auch 23.08.)
Zeit. Praktische Tipps zur Stressbewältigung
bodo verlost 3 x 2 Karten.
erhalten die DASA-Gäste ganz stressfrei.
Teilnahmebedingungen auf Seite 25.
DASA, Dortmund, 18 Uhr
MO 25 | 08 | 2014
FR 29 | 08 | 2014
Musik | Summersounds-DJ-Picknicks:
DO 28 | 08 | 2014 Vortrag | Über Zeitstress und Achtsamkeit
Ante Perry, Juliet Sikora, Mahan Zum großen Finale der Summersounds-DJPicknicks stehen Ante Perry, Juliet Sikora und Mahan mit einem Mix aus treibendem Deep
Musik | Parov Stelar Band
Theater | Container Love
House, Electro und Balearic Sounds an den
Parov Stelar ist gefeierter Pionier des Electro-
In einem 90-minütigen Experiment wagen
Decks. Umsonst & Draußen: www.djpicknick.de
Swing und stellt sein aktuelles Album „The Art
sich acht Insassen in die Gefangenschaft
Westpark, Dortmund, 14-22 Uhr
of Sampling“ vor. Der Bogen der auf dem Al-
des ersten Theatercontainers der Welt. Ein
bum vertretenen Tracks, spannt sich von den
ganzer Abend unter Beobachtung kann sehr
Downtempo-Perlen über Standardwerke des
lang werden. Für Gefangene und Zuschauer
Electro-Swing-Genres bis hin zum Sample-
jedoch bietet sich ein voyeuristisches Ver-
SO 24 | 08 | 2014
Feuerwerk „Matilda“. Mit „The Art of Samp-
gnügen, wenn die Stimme befiehlt, unter
Bender ist weder übertrieben groß noch son-
ling“ wird also insgesamt nicht nur so etwas
anderem einen Sack an die Wand zu nageln.
derlich leise. Deswegen trägt seine neueste
wie eine erste Werkschau von Parov Stelars
Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr
VERLOSUNG | RuhrHOCHDeutsch: Hennes Bender
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BODO GEHT AUS
Mitten im Pott | Bottrop Gelbe Karte, Rote Karte, Speisekarte
Von Peter Hesse | Fotos: Daniel Sadrowski
steht.“ Es sind gebackene Zwiebelringe, angebraten in einer Panade aus Paniermehl.
Im geographischen Dreieck zwischen dem
Sie werden im Körbchen gereicht, sehen ap-
Nordsternpark Gelsenkirchen, Essen-
petitlich aus und schmecken knusprig. Dazu
Altenessen und Bottrop-Welheim liegt
gibt es eine rauchige Barbecue-Sauce.
etwas abgelegen, aber „Mitten im Pott“ ein alter Bauernhof. „Das Gehöft habe ich 1979 gekauft, da bin ich gerade aus Amerika wiedergekommen“, das sind die Worte von Willi Lippens. In Deutschland ist er nicht nur wegen seiner geselligen und humorigen Art eine Fußball-Legende. Aufgrund seines kurios anmutenden Watschelgangs wurde der Flügelstürmer „Ente“ getauft. Er spielte gegen Franz Beckenbauer, Berti Vogts und ist bei Rot Weiß Essen mit 172 Spielen und 79 Toren der absolute Rekordhalter der Jahre in der ersten Bundesliga. On Top spielte er zwei Jahre (1976 – 1978) bei Borussia Dortmund und ein Jahr in den
32
Die Speisekarte weist in weiten Teilen gutbürgerliche Gerichte mit einem Touch Internationalität auf. Doch HausmacherSpezialitäten und Hauptgerichte mit Fleisch sind eindeutig in der Überzahl. Das Schnitzel „Förster Art“ ist groß wie eine Damenhandtasche. Dazu werden natürlich Bratkartoffeln und eine Salatgarnitur gereicht. „Ich bin kein Freund von Schicki-Micki, das würde hier nicht laufen. Auch achten wir sehr auf die Preisgestaltung, ein gutes Essen muss sich jeder leisten können.“ Doch eine schelmische Vorgabe gibt es bei der Speisen-Gestaltung: „Ein Gericht mit ,Ente‘ findet sich aus bekannten Gründen nicht auf der Karte.“
verarbeitet wurde, ist durch meine Hände gegangen. Ich hab’ hier immer was zu tun.“ Dabei ist der Hobby-Handwerker eigentlich gelernter Kaufmann. „Ich mache noch heute die Bücher für den Laden, neue Programme am Computer haben dabei die Arbeit ganz schön erleichtert.“ In der nahegelegenen Tenne können Familienfeste oder Jubiläen gefeiert werden. Dazu gibt es einen Hoteltrakt, wo unter der Woche Handwerker und an Wochenenden Kurzurlauber nächtigen. In einem weiteren Fachwerkhaus wohnt die Familie Lippens samt Kindern und Enkeln. Noch heute hält sich der ehemalige Fußballprofi hier mit Gartenarbeit fit. „Bei
USA (1979) bei Dallas Tornado. „Aus Amerika
Der Hof wurde im Jahr 1574 erstmals in den
dem schlimmen Pfingststurm sind hier sechs
habe ich eine Spezialität mitgebracht, die
Geschichtsbüchern erwähnt. Renoviert
Bäume umgekippt, die habe ich komplett mit
bei uns auf der Karte als ,Willis Zwiebelnest‘
hat die ganze Familie, „jeder Stein, der hier
der Motorsäge klein gemacht“, sagt er.
PORTRÄT
Ein Leben auf dünnem Eis:
Atur – Mittelstürmer In dieser Sport-Ausgabe der bodo haben wir nicht wie gewohnt mit einem Verkäufer des Straßenmagazins gesprochen, sondern uns von Atur, Mitarbeiter im Projekt Transport seine spannende Lebensgeschichte erzählen lassen. Protokolliert von Sebastian Sellhorst | Foto: Sebastian Sellhorst
Als das Essen kommt, bleibt Willy Lippens
„Zur Welt gekommen bin ich 1970 in
Ich bin ohne meinen Vater bei meiner
bei uns am Tisch sitzen und versorgt uns
Kattowitz. Im Alter von fünf Jahren stand
Mutter aufgewachsen. Als sie sehr jung
mit Dönekes aus der Fußballwelt. Norbert
ich dort das erste Mal auf dem Eis. Schnell
verstarb, bin ich erst zu meinen Groß-
Dickel als Stadionsprecher beim BVB gefällt
war ich dann Spieler in der Eishockey-
eltern gekommen und von dort ging es
ihm gut („Der macht richtig Stimmung“),
Jugend von ,GKS Kattowice‘. Sport war
dann für mich weiter nach Westerfilde
und mit der 1954er WM-Legende Helmut
damals in Polen eine sehr ernste Sache.
in Dortmund, da dort eine Tante von mir
Rahn ist er früher oft zu Prominenten-Spie-
Alle zwei Wochen habe ich einen Tag
lebte. Ich wollte in Iserlohn weiter Eisho-
len gefahren. Die Fußball-WM in Brasilien
schulfrei bekommen, um alle möglichen
ckey spielen und kam in eine Pflegefami-
hat er natürlich verfolgt: „Einmal Fußball,
Ärzte zu besuchen, die meinen Gesund-
lie in Hemer. Direkt bei meinem ersten
immer Fußball“, sagt er mit großem Au-
heitszustand überprüften. Wenn alles
Spiel habe ich mich schwer verletzt und
genaufschlag. Sein Sohn Michael leitet zu
in Ordnung war, durfte ich wieder zwei
mir den Oberschenkel gebrochen.
großen Teilen die Belange um „Mitten im
Wochen lang spielen, und dann ging der
Pott“, auch die Küche. „Seine Ausbildung
Besuch bei den Ärzten wieder von vorne
Danach habe ich einen Monat mit viel
hat er beim ehemaligen Schalke-Betreuer
los. Man hat das alles über sich ergehen
Metall im Bein in einer Sportklinik
Charly Neumann gemacht.“ Insgesamt
lassen, denn wenn man als Sportler etwas
verbracht. Nach knapp drei Monaten
sind auf dem Hof 13 Mitarbeiter angestellt.
talentiert war, hatte man eine gute Chan-
stand ich aber schon wieder auf dem Eis.
„Ich helfe, wo ich kann. Wenn was in der
ce, in Polen Kariere zu machen und somit
Obwohl ich trainierte wie ein Verrückter,
Küche fehlt, fahre ich auch schon mal
auch vielen anderen Problemen zu entge-
ging es für mich ab da sportlich nicht
schnell zum Großmarkt.“
hen. Daraus ergab sich aber ein enormer
mehr so richtig weiter. Ich kam erstmal in
Leistungsdruck. Immer wenn man spielte,
eine Auffangklasse. Viele sprachen dort
Mitten im Pott, Gungstr. 198, 46238 Bottrop
lauerten schon die Ersatzspieler an der
kein deutsch und natürlich auch kein
Di. – Fr. 17 – 22 Uhr, Sa. 16 – 23 Uhr
Bande und warteten nur darauf, dass
polnisch. Durch falsche Freunde und die
So. & Feiertag 11 – 22 Uhr. Montag – Ruhetag
man einen Fehler machte.
sportlichen Rückschläge kam ich auf die
Tel. 02041 – 45 93 5 | www.mitten-im-pott.de 33
PORTRÄT
schiefe Bahn. Ich war es gewohnt, zwei Mal am Tag zu trainieren und auch dazwischen noch viel Sport zu machen. Diese Struktur fehlte mir auf einmal völlig, und ich habe in der Zeit viel Mist gemacht. Nach sechs Monaten im Gefängnis ging ich zur Bundeswehr. Nach zwei Jahren Wehrdienst habe ich dann begonnen, mich mit Gelegenheitsjobs durchzuschlagen. Ich habe in Köln gelebt, in München und Düsseldorf. Ein halbes Jahr habe ich mehr oder weniger freiwillig obdachlos auf Gran Canaria verbracht, obwohl ich dort eigentlich nur Urlaub machen wollte. Ich hatte einen Job
REPORTAGE
Nicht ans Ziel denken Eine Mischung aus Respekt und Neugier – Tommek hat zum ersten Mal einen Recurve-Bogen in der Hand. Prüfend wiegt er das ca. 1,60 m lange Sportgerät mit der linken Hand. Einmal die Sehne probeziehen – ok, ist gar nicht so schwer. Jetzt den Pfeil auflegen… Wo muss die Nocke nochmal hin? Und dann mit zwei oder drei Fingern ziehen? Trainer Rainer Zillig ist zur Stelle. Ganz nah stellt er sich neben Tommek, Kopf an Kopf. So, jetzt die Sehne bis an den Mundwinkel ziehen, die Schulter vorn etwas runter, den Zugarm etwas gerader, den Kopf mehr nach rechts, Luft anhalten… Bäng! Der erste Luftballon zerplatzt in tausend Fetzen. Von Andre Noll | Fotos: Andre Noll
in Frankreich als Hausmeister, arbeitete in der Düsseldorfer Altstadt als Türsteher
Eine bunte Truppe von bodo-Verkäufern und
„Die Technik des Bogenschießens ist relativ
und habe mit einem Abrissunternehmen
-Mitarbeitern trifft sich an diesem schönen
schnell erlernt. Schon innerhalb eines zwei-
Gebäude entkernt. Eishockey hab ich in
Dienstagmorgen am Dortmunder Romberg-
stündigen Schnupperkurses schaffen es alle
der Zeit überhaupt nicht mehr gespielt.
park. Der kleine, unscheinbare Eingang zur
Teilnehmer aus 10 Metern ins Ziel zu treffen.
Alleine schon, weil ich mir die Ausrüstung
„Bogenwiese“ am hinteren Parkplatz, rechts
Was danach kommt ist allerdings ein län-
gar nicht hätte leisten können. In der Zeit
vom Torhaus, ist nicht so einfach zu finden.
gerer Prozess. Wenn man dabei bleibt, wird
bekam ich auch Probleme mit Alkohol.
Die „PfeilundBogenWelt“ hat bodo zum
man sich auch mental entwickeln.“ Rainer
Oft habe ich wochenlang überhaupt nicht
Schnupperkurs eingeladen.
Zillig, aktuell deutscher Vizemeister seiner
getrunken und dann wieder eine Woche am Stück, in der ich dann alles verloren
Rainer Zillig begrüßt jeden mit Handschlag.
aus eigener Erfahrung. Vor 10 Jahren hat er
habe. Meine Wohnung, meinen Job und
Der 56-Jährige strahlt Ruhe aus, lässt jeden
selbst mit einem Schnupperkurs angefangen.
den Kontakt zu meinen Freunden.
ankommen, scharrt die Neugierigen dann um
Eine gemeinsame Freizeitbeschäftigung mit
die aufgespannten Bögen. Jetzt erst einmal
der Familie hat er gesucht, wollte sich an der
Mittlerweile habe ich aber zum Glück eine
ein bisschen Theorie, jeder bekommt einen
frischen Luft bewegen und einen Ausgleich
Therapie hinter mir, die mir sehr geholfen
passenden Bogen in die Hand und Pfeile in ge-
zu seinem damals stressigen Berufsleben
hat. Seit einem halben Jahr bin ich jetzt
eigneter Länge. Es geht um Wurfarme, Sehne,
schaffen. Und irgendwann wollte er sich
bei bodo und arbeite im Transport-Team.
Nockpunkt, Pfeilauflage, Pfeillänge und, wich-
auch mit anderen messen. „Das war leichter
Das ist jetzt für mich mein Training,
tig, um Sicherheit. „Achtet auf euch selbst und
gesagt als getan. Ehrgeiz und Verbissen-
strukturiert meinen Tag, und viel anders
auf euren Nachbarn, seid konzentriert. Achtet
heit ist beim Bogenschießen oft das größte
als beim Eishockey geht es dort unter den
auf das, was vor euch passiert. Prägt euch die
Hindernis. Erfolg stellte sich ein, als ich mein
Kollegen auch nicht zu. Vielleicht finde ich
Zurufe ,Pfeile stopp‘ und ,Scheibe frei‘ ein.“ Kla-
,unbedingtes Wollen‘ abgelegt hatte und die
ja bald wieder einen Platz in einer Hobby-
re Ansagen, zustimmendes Nicken. Achtsam-
Freude am Sport in den Vordergrund trat. Ich
Mannschaft, um mal wieder ein bisschen
keit ist ein zentrales Thema beim Bogensport,
erinnere mich gut an ein Turnier, in das ich
aufs Eis zu kommen. Bis es so weit ist,
nicht nur aus Sicherheitsgründen.
mit einem Gefühl der Leichtigkeit gegangen
bleibt bodo mein Verein.
34
Altersklasse im Feldbogenschießen, spricht
bin. Gute Laune, der Kopf war frei, ich war
Therapeutische Ansätze sind bei diesem
ge Bausteine. Diese sind auch in der Präventi-
ganz bei mir, hatte gar nicht an Erfolg gedacht.
Statement unverkennbar. Rainer Zillig hat
on hilfreich. Unternehmen buchen Coachings,
Und plötzlich stand ich auf dem Treppchen
vor drei Jahren eine Zusatzausbildung zum
um neben viel Spaß beim Gruppenerlebnis
und hatte den damaligen deutschen Meister
„Therapeutischen Bogenschießen“ absolviert.
ihre Mitarbeitern auch mental zu stärken.
auf die Plätze verwiesen.“
Seine Erfahrung setzt er jetzt dazu ein, um
„Die meisten aber suchen bei uns einfach
Menschen mit Stress-Symptomen, Burn-Out-
Entspannung und Spaß. Bogenschießen ist fa-
Viele Parallelen zum Leben sieht Rainer Zillig
Erfahrungen und depressiven Episoden zu
milientauglich und ein Sport, den man bis ins
im Bogensport, wohlgemerkt im sogenann-
helfen, einen Weg aus der Krise zu finden.
hohe Alter betreiben kann. Und: Der Bogen ist
ten traditionellen bzw. intuitiven Bogenschie-
In der Selbsterfahrung beim Bogenschießen
nach dem Gesetz ein Sportgerät, keine Waffe.
ßen. Ohne zusätzliche technische Hilfsmittel,
sieht er eine erfolgreiche Methode, Stim-
Theoretisch kann man überall seine Scheibe
nur mit dem „blanken“ Bogen ohne Visier auf
mungslagen unmittelbar bewusst zu machen
aufstellen und schießen.“
unbekannte Entfernungen das Ziel zu treffen,
und über Achtsamkeit positive Erlebnisse zu
ist die hohe Kunst. Achtsamkeit, Körperge-
vermitteln. Aufbau von Selbstvertrauen, ein
Bäng, bäng, bäng… Die bodo-Truppe lässt
fühl, Intuition schulen, im Augenblick des
neues Erleben von Körpergefühl und die Er-
die Luftballons knallen, als hätte sie nie was
Lösens nichts denken, frei sein im Kopf, dem
fahrung des Augenblicks sind hierbei wichti-
anderes gemacht. „Scheibe frei“, schallt das
Körper vertrauen, die Kontrolle abgeben,
Kommando mittlerweile aus den eigenen
einen Moment eins sein mit dem, was man
Reihen und jeder Treffer wird mit einem be-
tut… Und dann der befreiende Schuss, los-
geisterten „Wow!“ gelobt. „Spaß haben“, das
lassen. „Als fortgeschrittener Bogenschütze
ist gelungen an diesem schönen Dienstag-
kannst du unmittelbar an deinem Schussbild
morgen. Alle ins Gold!
ablesen, wie es dir geht. Bei einem Fehlschuss fragst du: Was bewegt dich gerade? Warum hast du nicht auf dein erstes Gefühl gehört?
PfeilundBogenWelt am Rombergpark, Dortmund
Warum hast du nicht unterbrochen, obwohl
www.pfeilundbogenwelt.de
etwas nicht stimmte? Bei einem Treffer dagegen versuchst du dein Erfolgserlebnis abzuspeichern, um es später wieder abrufen zu können. So bringt dich jeder Schuss mental ein Stückchen weiter.“
Schnupperkurse sonntags von 14 bis 15.30 Uhr Kosten: Erw. inkl. Ausrüstung 12 Euro Training: Do. + Fr. ab 14 Uhr, Sa. + So. ab 12 Uhr Tel. 0231 – 57 22 90 | info@pfeilundbogenwelt.de 35
REPORTAGE
Eine Runde auf der Niere
In regelmäßigen Abständen rauscht das Feld vorbei. Man hört das Sirren der Reifen, das Surren der Ketten und fachsimpelndes Publikum, sieht ultraleichte Rennräder, aerodynamische Helme, verspiegelte Brillen, grellbunte Trikots, drahtige Fahrer und stramme Waden. Dortmunder Sommermeisterschaft 2014 auf der „Niere“. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski
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Um die fünfzig Starter sind gemeldet, bei dem Wettkampf, der in zehn Rennen zwischen Mai und September ausgefahren wird.
Sechs Tage im „fabelhaften Bauwerk“
Ort der Veranstaltung ist „die Niere“, ein gestauchter Rundkurs,
Einen nächsten Boom erlebte die Szene in den 20er Jahren. Der
fünf Meter breit, 798 Meter lang, einzigartig in Deutschland – ein
Klassiker „Rund um Dortmund“ wurde aus der Taufe gehoben
Nachhall der sagenumwobenen Radrennhistorie der Stadt.
und Vereine ins Leben gerufen, von denen die maßgebenden heute noch aktiv sind: Curve 24 Brackel, Sturmvogel 25 und Sturm
Velociped-Pionier in der Nordstadt
Hombruch. Letzterer ehrt mit seinem Namen Michael Sturm,
Die Erfolgsgeschichte nahm 1879 ihren Anfang, als Friedrich
Pfingsten 1925 bei einer Kahnpartie auf einem Teich im Kaiser-
Heinrich Dissel in der Nordstadt die erste deutsche Fahrradfabrik
Wilhelm-Thal durch Hitzschlag ums Leben kam. Anfang Mai
gründete. „Leonardo da Vinci“, soll der Unternehmer seinerzeit
1931 gab es in Hombruch fünfhundert Anmeldungen zu einem
verlautbart haben, „skizzierte ein lauftüchtiges Fahrrad, Freiherr
„Paul-Preuß-und-Michael-Sturm-Gedächtnis-Rennen“. Die jeder
Drais von Sauerbronn wurde durch sein Laufrad berühm, und
Witterung ausgesetzte Sommerbahn im Thal galt da bereits als
Philipp Moritz Fischer aus Schweinfurt erfand 1853 die Tretkurbel
marode. 1937 wurde, nach kurzem Intermezzo im Stadion Rote
– die ersten serienmäßigen Velocipede aber kommen aus Dort-
Erde, eine Bahn im Hoeschpark eingeweiht, deren Relikte noch
mund. Und darauf bin ich stolz.“ Dissel produzierte Hochräder,
heute zu sehen sind.
einen seinerzeit beliebten Fahrer aus dem Süddeutschen, der
auf denen Mitglieder des Dortmunder Bicycle-Clubs, gegründet am 6. Mai 1880, Ausflüge bis an den Rhein unternahmen. In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde das Hoch- vom Niederrad verdrängt. Dem Sport blieben die Dortmunder treu. Die Stadt zählte über 100.000 Einwohner, beinahe jeder zehnte besuchte regelmäßig die ersten großen Rennen am Ort. 1894 eröffnete der RV Vehmlinde die Kaiser-Wilhelm-Thal-Bahn. Die Sommerbahn lag unweit der Bolmke, südlich der Stelle, wo heute die Ardeystraße die Emscher quert. Sie bot nicht nur Trainingsmöglichkeiten auf höchstem Niveau. Im Rahmen der Wettkämpfe, die hier stattgefunden haben, gab sich die frühe internationale Elite die Ehre.
Fahrrad-Luftschiff überm Fredenbaum Im August 1898 war Dortmund Gastgeber des Bundestags des Deutschen Radfahrerbundes und etablierte sich endgültig als Radsportstadt. Ausgetragen wurden Deutsche Meisterschaften in
Jürgen Graf, Mitglied bei Sturmvogel 25, war seitens der IG Radsport an der
diversen Kurzdistanz- und Ausdauerdisziplinen. Schenkt man his-
Planung der „Niere“ beteiligt. Eingeweiht wurde die Bahn im August 1980.
torischen Berichten Glauben, muss die Euphorie damals heutigen BVB-Meisterschaftsfeiern vergleichbar gewesen sein. Exotischer
Radsport in Hallen wurde en vogue. Publikumsmagnet in der am
Höhepunkt war eine Vorführung der Luftfahrtpionierin Käth-
28. November 1925 eröffneten Westfalenhalle sollten Sechs-Tage-
chen Paulus, die Fahrrad und Ballon zusammengebastelt hatte.
Rennen werden, die sich neben den Sommerbahn- und Straßen-
Ihre Erfindung wurde als lenkbares Luftschiff angekündigt. Das
prüfungen als große Attraktion der Zeit erwiesen. Der erste Start-
Versprechen, einen Rundkurs über dem Fredenbaum zu fliegen,
schuss in der Westfalenhalle fiel am 4. März 1926. Paul Beving,
konnte die Abenteurerin jedoch nicht einlösen. Sie wehte bei sanf-
Chefredakteur der in Brüssel herausgegebenen Zeitschrift „Les
ter Brise unkontrolliert von dannen und ins Münsterland.
Sports“, urteilte: „Köln ist eine Fabrik, Brüssel eine Garage und Paris eine Bahnhofshalle neben diesem fabelhaften Bauwerk“.
Nach der Jahrhundertwende wurden in Dortmund etliche Radsportvereine gegründet, unter ihnen der Radrennclub Dort-
Lokale Helden wie Gustav Kilian, Heinz Vopel, Erich Metze oder
mund 08 als ältester noch bestehender der Stadt. Der Club war
Emil Kijewski machten sich als „die schnellen Teufel von Dort-
Ausrichter großer Straßenrennen wie „Dortmund-Hannover-
mund“ international einen Namen. Als die Nazis 1934 Sechs-Tage-
Dortmund“ und überstand den Ersten Weltkrieg, was nicht
Rennen als „unwürdige Spektakel“ verboten, wanderten Fahrer
vielen Vereinen gelang.
wie Kilian und Vopel in die Vereinigten Staaten aus. Sich mit de-
37
REPORTAGE
ren Übersee-Erfolgen zu brüsten, hatte das faschistische Regime
Halle, überdachter Bahn und Tribüne, kein zweites, vergleichbares
kein Problem. Andere Radsportdisziplinen wurden im Dritten
Leistungszentrum entstehen. Zum Glück fanden sich mit Bür-
Reich gezielt gefördert, und in der radverrückten Metropole sollte
germeister Gustav Korthen und Sportdezernent Erich Rüttel auf
noch 1944 „Rund um Dortmund“ gefahren werden.
kommunaler Ebene engagierte Unterstützer der Idee, zumindest eine dringend notwendige Trainingsbahn abseits des Straßenver-
Querfeldein durch Bombentrichter
kehrs zu errichten. Rüttel war es auch, der den geeigneten Stand-
Nahtlos ging es hier nach dem Zweiten Weltkrieg weiter. Im
genannt, liegt in einem Vogelschutzgebiet zwischen Westfalen-
August 1945 erhielt der Radrennclub 08 seine Vereinslizenz zurück
park und Phoenix West und ist über den Steinklippenweg an der
und organisierte mit Genehmigung der Besatzungsbehörde 1946
Emscher zu erreichen.
ort ausfindig machte. Der Rundkurs, seiner Form wegen „Niere“
erste Straßenrennen. Als Vorsitzender der 1970 gegründeten Interessengemeinschaft Dortmunder Radsportvereine (IG Radsport)
Eingeweiht wurde die Bahn am 5. August 1980. „In ganz Deutsch-
erinnerte sich Konrad Asshauer an die Nachkriegszeit: „Ein Quer-
land beneidet man uns seither um diese Anlage“, sagt Jürgen Graf,
feldeinrennen durch die Kampfbahn Rote Erde verlief durch einen
Mitglied bei Sturmvogel 25 und seitens der IG an den Planungen
Bombentrichter, den man dafür voll integriert hatte, und weiter
beteiligt. „Wir können jederzeit trainieren, haben gute Luft,
mitten durch die zerstörte Tribüne.“
keinen Stress mit Autos, keine Bordsteinkanten und Gullideckel, wir müssen keine Straßensperren beantragen, wenn wir Rennen ausrichten wollen, und das Sportamt der Stadt kümmert sich vorbildlich um die Reinigung und Wartung der Strecke.“ Radrennprofi Erik Zabel hat einen nennenswerten Betrag gespendet, weil er in der „Niere“ eine Einrichtung sieht, zukünftige Generationen für seinen Sport begeistern zu können. Bei der Sommermeisterschaft 2014, die sich an Amateure und Halbprofis richtet, lässt sich wieder Prominenz in Dortmund blicken. In diesem Jahr ist Lucas Liss (Team Stölting) dabei. Zum Konzept der „Niere“ gehört, dass sie außerhalb vom Trainings-, Lehrgangs- und Veranstaltungsbetrieb der Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Vormittags treffen sich regelmäßig Radsportrentner, nachmittags Schüler und Studenten und später Feierabendradler. Wer mag, kann sich hier für ein paar Runden wie Didi Thurau fühlen. Oder Ulle. Oder Froome.
Es folgte eine letzte große Blüte. Stars wie Fausto Coppi, Bernhard Hinault, Eddy Merckx und Didi Thurau starteten während der 60er und 70er Jahre bei Straßenrennen. Die letztgenannten fuhren auch in der neuen, 1952 eingeweihten Westfalenhalle. Beim Sechs-TageRennen 1979 musste sie wegen Überfüllung vorübergehend geschlossen werden. Doch Zeiten und Moden ändern sich. Sponsoren zogen sich zurück, die Polizei verschärfte ihre Auflagen, das Publikum wandte sich anderen Dingen zu. Die Rennbahn im Hoesch-
Termine im Rahmen der Sommermeisterschaft: am 21.8., 28.8. und 4.9., jeweils ab 17 Uhr.
park wurde bereits 1966 stillgelegt, die Zahl der Straßenrennen, in
Steinklippenweg in Dortmund
Hochzeiten waren es bis zu dreißig im Jahr, sank kontinuierlich, die
gebührenfreier Parkplatz: An der Buschmühle,
Bahn in der Westfalenhalle wurde 2009 demontiert.
B54 Ausfahrt Westfalenhalle/Westfalenpark
„Gute Luft, kein Stress mit Autos, keine Gullideckel“ Gäbe es die IG Radsport nicht, sähe es finster aus. Gegründet wurde sie als Dachorganisation Dortmunder Radsportvereine. Anfangs gab es hochfliegende Pläne, doch 1972 flossen nahezu alle Bundesmittel der Sportförderung in die Olympischen Spiele von München, und auf Landesebene sollte neben dem in Büttgen, mit
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Wer Lust hat – es gibt an der Niere noch drei
Foto: Rainer Schlautmann
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REPORTAGE
Neptuns Tochter Von Dortmund auf den Olymp
40
Die Frau verblüfft. In mehrfacher Hinsicht – und auf natürlich-sympathische Weise. Ursula Happe war Top-Sportlerin. Ihre 87 Jahre sieht man ihr nicht an, und sie wirkt nicht nur an Land elegant, sondern bewegt sich mit fast schwebender Leichtigkeit im Wasser. Ist sie allerdings auf dem Wasser, wird ihr, der Schwimm-Olympiasiegerin, schlecht, im Wasser grundsätzlich kalt. Wie herrlich menschlich. Von Antje Mosebach | Fotos: Daniel Sadrowski
Dummerweise ist ihre Bank am Beckenrand des Freibades, ganz nah an den heißen Duschen, schon belegt. „Ich frier‘ immer so im Wasser“, gibt Ursula Happe zwinkernd zu. Schon immer. Was sie aber bis heute nicht vom Schwimmen abgehalten hat. Sie nimmt zwar nicht mehr an Wettkämpfen teil, zieht aber jeden Morgen ihre Bahnen. Immerhin 2.000 Meter in knapp 40 Minuten. „Mir sagen sie immer, ich hätte Styropor gegessen – ich gehe einfach nicht unter“. Sie lacht leise. Auf angenehm zurückhaltende Art erzählt sie sehr offen und humorvoll über ihr Leben, taucht ein in ihre Geschichte, aus der das Schwimmen nicht wegzudenken ist. „Sport ist mein ganzes Leben“, kommt es nach ganz kurzem Nachdenken tief aus ihrem Inneren auf die Frage, was ihr das Schwimmen bedeute. Ohne großen Ehrgeiz oder gar Verbissenheit, sondern mit einer natürlichen Zähigkeit, die alles andere als angestrengt wirkt – Ursula Happe macht einfach. Mit messbaren Erfolgen: Die Liste ihrer Medaillen, Titel und Rekorde ist lang. Um den sportlichen Höhepunkt vorwegzunehmen: Ursula Happe ist Dortmunds erste Olympiasiegerin und im Schwimmen sogar bundesweit die einzige neben Michael Groß, Britta Steffens und Dagmar Hase. Sie ist Europameisterin, mehrfache Deutsche Meisterin, hat mehrere Weltrekorde erschwommen und war zweimal Sportlerin des Jahres. 1996 erhielt sie den NRW-Verdienstorden, und 1997 wurde sie in die „Hall of Fame“, die Ruhmeshalle des Internationalen Schwimmsports, aufgenommen. Aber davon redet sie nicht groß. Sie hat es eben gemacht. Angefangen hat alles in Ostpreußen, in Danzig, wo sie als Ursula Krey 1926 geboren wurde – in unmittelbarer Wassernähe, nicht nur wegen der Ostsee: Ihr Vater war Schwimmmeister im „Neptun Danzig“, dem Schwimmverein im Flussschwimmbad, in dem sie mit viereinhalb ihren Freischwimmer machte und für den sie 1943 den zweiten Platz bei den Jugendmeisterschaften erschwamm. Dann kam der Krieg in den Osten, die Familie wurde getrennt. Die Erinnerungen an diese Zeit sind noch sehr präsent. Manchmal verharrt sie, die Bilder sind sehr nah. Ursula Happe hatte lange nicht darüber gesprochen. Nicht, weil sie es nicht wollte. „Die Kinder haben mich nie gefragt“. Erst mit den Enkelkindern wurde die Vergangenheit wachgerüttelt und lebendig. Nach Kriegsende fand sie in Schleswig-Holstein ihre Mutter und ihre drei kleineren Geschwister wieder, der Vater blieb in Stalingrad. Ursula suchte sich Arbeit bei Bauern. 1949 trat Neptun wieder auf sie zu. Ihr Bruder rief sie aus Kiel an, sagte, er sei wieder im Schwimmverein und ob sie nicht Lust habe, für den „Neptun Kiel“ zu schwimmen, man brauche eine Brustschwimmerin. „Die haben so lange geknetet, bis ich gekommen bin“, erinnert sich Ursula Happe. Trainiert hat sie im Feuerlöschteich der Meierei, auf der sie dann gearbeitet hat. Sie denkt kurz nach und meint: „Die Kraft habe ich wohl vom Umkippen der vollen Milchkannen bekommen“. Mit der holt sie die Deutsche Meisterschaft. Dann kam die Einladung aus Dortmund, sie sollte das Nordbad einweihen. Die „kneteten“ auch, sogar mit einem Stellenangebot bei der Westfälischen Rundschau. Ursula Happe nahm an. Gerade 41
REPORTAGE
angekommen lernte sie ihren Mann
Platz. 2.000 Meter Kraulen. Das, was sie
kennen, wie überall zu lesen steht „ihren
früher nicht durfte, weil sie sonst ihren
Trainer“. „Ach was“, schüttelt sie den
Schwimmstil kaputt machen würde. Aber
Kopf, „der hat doch noch geschlafen, wäh-
„Brust“ geht nicht mehr, „meine Knie
rend ich schwimmen war“. Dann kam das
wollen das nicht mehr – das tut einfach
erste ihrer vier Kinder, 1953. Den Job gab
weh. Und ich habe mir gesagt, wehtun
sie auf, das Schwimmen nicht. Jeden Mor-
muss ich mir nicht, wenn ich schwimmen
gen, bevor Mann und Kind wach wurden,
gehe“. Rückenschwimmen fällt auch aus,
verließ sie um sechs das Haus, schwamm
wegen der Schmerzen in den Schultern,
ihre 700 Meter und war um viertel nach
und das neue Hüftgelenk, das sie wegen
sieben wieder zu Hause, „mehr Zeit hatte
eines Unfalls bekommen musste, schränkt
ich ja nicht“, sagt sie mit Blick auf die
auch ein bisschen ein. Aber es hält sie nicht
Familie, ohne Bedauern, es war einfach
vom Schwimmen ab. „Das ist richtig Er-
so. 1954 wurde sie Europameisterin.
holung“, sagt Ursula Happe mit Inbrunst,
Fitmacherkost? Trainingsprogramme?
„im Moment bewege ich mich im Wasser
Betreuer und Masseure? Sie winkt ab.
leichter als an Land“.
„Nee, hatte ich alles nicht“. Wenn sie an das voll durchgetaktete Training der
Mittlerweile ist ihre Bank frei, die an
heutigen Leistungsschwimmer denkt,
den heißen Duschen. Hilft es denn
schüttelt sie sich: „Ich wäre eingegan-
nicht, sich vorher kalt abzuduschen,
gen“, weiß sie für sich. 100mal die Hände
gegen das Frieren? Oh nee! Das nützt
auf und zu, das war ihr Krafttraining.
gar nichts. Ursula Happe weist auf den
„Es hat sich eben alles weiterentwickelt“,
Weg zwischen Dusche und Becken, „das
sieht sie nüchtern.
ist zu weit, bis dahin bin ich eiskalt“. Einmal habe ihr ein Schwimmmeister
42
Sie hatte ihre eigene Taktung. 1955 kam
empfohlen, sie solle sich im Wasser
das zweite Kind. Sie schwamm weiter,
mehr bewegen, dann würde ihr auch
frühmorgens, im wollenen Badeanzug
warm. Damit hat sie zwar Medaillen
mit Knöpfchen an der Schulter, den Rest
eingeheimst, gefroren hat sie trotzdem.
des Tages kümmerte sie sich um Kinder
Ursula Happe, die Frau mit fast 88-jäh-
und Haushalt. 1956 brachte sie aus
riger Geschichte, hat sich umgezogen:
Melbourne das Olympische Gold nach
Eine schlanke sportliche Erscheinung
Hause, 200 Meter Brust. Sie schwamm
im schwarzen Badeanzug geht zum
2:53,1 Minuten. Da war sie schon 30.
Beckenrand, taucht mit einem Kopf-
Jetzt ist sie sechsfache Großmutter und
sprung ins verführerisch blaue Wasser
hat einen Urenkel – und schwimmt
und zieht kraulend ihre Bahnen:
immer noch. Jeden Morgen. Nicht
elegant, leicht, schwebend, völlig unan-
ganz so früh, „anfangs ist es immer so
gestrengt – als ob sie Styropor gegessen
voll“, und für ihre Bahnen braucht sie
hätte. Verblüffend.
Der Weg von Hand und Fuß
Ahmadscha Faizy ist Mitbegründer des Taekwondo-Centers Kangaroo Sports in Essen. Kangaroo ist ein eingetragener Verein, gegründet im Jahr 2006. Herr Faizy zeigt uns die hellen, großzügig dimensionierten Räumlichkeiten. Er trägt einen Trainingsanzug des afghanischen olympischen Teams der Spiele von 2012 in London. Zum Interviewtermin hat er seine zweijährige Tochter Neda mitgebracht. Neda findet unser Gespräch nicht sonderlich spannend und beschäftigt sich lieber mit Gerätschaften aus dem Konditionstraining. Dabei legt sie erstaunlichen Ehrgeiz an den Tag. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski
Taekwondo ist eine Selbstverteidigungstechnik, die auf traditionellen koreanischen Kampfsportarten basiert. Tae heißt Fuß, Kwon Arm und Hand – womit die Körperteile genannt wären, die zum Einsatz kommen dürfen. Darüber hinaus besagt die Endsilbe, dass der Sport zum Kanon der Budo gehört. Deren gemeinsames ethisch-philosophisches Fundament findet man im Do-Begriff der Zen-Philosophie. Do steht für den Weg, Körper und Geist in Einklang zu bringen. „Ich definiere es für mich so, als Mensch gegen alle negativen Sachen der Welt zu kämpfen, sich körperlich und charakterlich kontinuierlich weiterzuentwickeln und dabei sich selbst zu finden“, sagt Herr Faizy.
Der fremde Himmel Dass Taekwondo in seinem Leben eine derart
Taekwondo in Essen und Kabul
wichtige Rolle einnehmen würde, hatte Ahmadscha Faizy nicht geahnt, als er in afghanischen Kinos Mitte der 1970er Jahre seine ersten BruceLee-Filme zu sehen bekam. Heute noch spricht er bewundernd über den Kung-Fu-Darsteller und erkennt in ihm den ernsten Menschen, privat wie auf der Leinwand. Zum großen Vorbild und Idol für den jungen Faizy wurde der Schauspieler, als Ende der 70er Jahre die Sowjetarmee in Afghanistan einmarschierte. „Jeder, der die Russen nicht gemocht hat, war Partisan. Auch ich habe im Untergrund gekämpft. Dann hieß es, es wäre besser, das Land zu verlassen. ,Nur über meine 43
REPORTAGE
Leiche‘, habe ich zunächst gesagt, bin aber doch zu einem Onkel gefahren, der bereits in Deutschland lebte. Ich dachte, für zwei Jahre. Daraus sind mehr als zwanzig geworden. Ich wurde aktiver Sportler, um gegen das Heimweh anzukämpfen. Ich habe viel geweint in der Zeit, der Himmel und das Kopfkissen hier sind mir fremd. Auf der anderen Seite bin ich sehr dankbar, denn ich habe wunderbare Menschen getroffen. Man hat in Deutschland sehr viele Möglichkeiten, sich weiterzubilden, und ich sehe mich zum Glück in der Lage, der Gesellschaft etwas zurückgeben zu können.“
„Im Sport sind alle Menschen Brüder und Schwestern.“ Als Sportler stand er in zahlreichen Wettkämpfen. Er kann auf internationale Erfolge zurückblicken. Ein persönlicher Höhepunkt war die Teilnahme an der Qualifikation für die Olympischen Spiele in Sydney. Austragungsort war die kroatische Stadt Porecˇ, Ahmadscha Faizy startete für Afghanistan. Das Land litt unter den Folgen des Bürgerkriegs, der 1989 unmittelbar nach dem Rückzug der Sowjetarmee begonnen hatte. 1996 wurde die Hauptstadt Kabul von den Taliban erobert. Deren Führer Mullah Mohammed Omar rief anschließend einen streng islamischen Staat aus, der aufgrund seiner radikalen Grundausrichtung international weitgehend isoliert war. Es fällt Herrn Faizy sichtlich schwer, über die Tragweite dieser Ereignisse für seinen Werdegang zu sprechen. „Ich hätte 2000 in Sydney die afghanische Fahne tragen dürfen. Aber zwei oder drei Wochen vor der Eröffnung habe ich einen Brief vom Olympischen Komitee bekommen, dass ich das olympische Dorf nicht betreten darf. Das war sehr beleidigend. Das war ein harter Schlag ins Gesicht. Man wollte Afghanistan nicht dabei haben. Die Politik hatte weder die Taliban noch die von ihnen gestürzte vorherige Regierung anerkannt.“ Ahmadscha Faizy beendete seine Karriere als aktiver Sportler. Nicht wegen dieser Ausgrenzung, sondern aufgrund von gesundheitlichen Problemen, starken Rückenschmerzen, Arthrose im Knie. Dem Taekwondo blieb er verbunden. Bereits 1992 44
hatte er erste Schritte unternommen, als
schen gelebt haben. Mittlerweile sind es
ten, zivilisierten Ländern nichts anderes
Trainer zu arbeiten und darauf aufbauend
mehr als zehnmal so viele. Und eine Million
erhalten als Gewalt, Terror und Bomben.
seine Nationalmannschaft bei Qualifikati-
Autos. Und die ganze Kriegsmaschinerie.
Das einzige Land, das in Afghanistan
onswettkämpfen vor Weltmeisterschaften
Und der Qualm, der Staub, der Smog. Im
wirklich humanitäre Hilfe geleistet hat, ist
und olympischen Spielen zu betreuen.
Winter gibt es keine Heizung, und wenn
Deutschland.“
2008 in Bejing fungierte er als Reprä-
man im Sommer die Klimaanlage einschal-
sentant für Afghanistan, als es Rohullah
tet, kommt der ganze Dreck herein. Das ist
Nikpai als überhaupt erstem Sportler des
extrem, aber unsere Sportler trainieren
Landes gelang, eine olympische Medaille
da. Sobald die Menschen, die bei uns unter
zu gewinnen: Bronze in der Klasse bis 58
solchen Bedingungen leben, ein Kerzen-
In Deutschland, in Essen, arbeitet Herr
kg. „Von 30 Millionen Afghanen kennen
licht sehen, nehmen sie das ernst. Die
Faizy als Taxifahrer, um für die Familie sor-
29 Millionen Rohullah Nikpai, weil er im
Musiker versuchen es durch ihre Musik, die
gen zu können. Als Betreuer der Taekwon-
Fernsehen gesagt hat, diese Medaille
Künstler durch ihre Kunst und die Sportler
do-Nationalmannschaft von Afghanistan
gehöre allen Afghanen. Im Hintergrund
durch ihren Sport. Sie lassen wirklich keine
ist kein Geld zu verdienen. Auch als er
wird weiterhin versucht, Keile zwischen
Möglichkeit ungenutzt, aus der Gewalt
gemeinsam mit Turgay Ertugul „Kanga-
die einzelnen Stämme und Volksgruppen
und der Unterdrückung rauszukommen.
roo Sports“ gründete, waren finanzielle
zu treiben. Aber Sport verbindet. Bei allen
Sie wollen den Menschen in der Welt
Vorstellungen nicht ausschlaggebend.
Schwierigkeiten, die es auf der Welt gibt,
zeigen: Wir gehören auch zu euch. Nach
Es sind nicht die materiellen Gründe, die
sind im Sport alle Menschen Brüder und
fünfunddreißig Jahren Krieg und Gewalt in
ihn so viel Zeit wie eben möglich in ihrer
Schwestern. Da gibt es keinen Hass. Da gibt
Afghanistan sind sie hungrig nach Freiheit
Taekwondo-Schule verbringen lassen.
es den ganzen Schmutz nicht.“
und Demokratie.“
Soziale Stellung, Religionszugehörigkeit,
„Der Edle verneigt sich, aber beugt sich nicht.“
Hautfarbe, Sprache, Geschlecht oder Alter
Der Welt zeigen: „Wir gehören auch zu euch“
„Enduring Freedom?“
spielen hier keine Rolle. Es werden nicht
Im Oktober 2001, einen Monat nach dem
großen Wert wird darauf gelegt, Respekt
Faizy war Trainer des Teams, als im Folge-
Anschlag auf das World Trade Center,
zu lernen und zu zeigen, Regeln einzuhal-
jahr in Kopenhagen die Weltmeisterschaft
begann unter Leitung der USA die Mili-
ten, Persönlichkeit zu entwickeln. „In der
ausgetragen wurde. „Wir haben Silber und
täroperation „Enduring Freedom“ mit
Welt, in der wir leben, zählt ja leider nur
Bronze geholt“, berichtet er. „Ich habe sehr
dem erklärten Ziel, den in Afghanistan
der Schein. Sobald jemand Schwäche zeigt,
gute Kontakte zur deutschen Mannschaft.
vermuteten al-Quaida-Anführer Osama
wird er an die Seite geschoben“, sagt Herr
Deren Arzt hat mich gefragt: ,Wo kommen
Bin Laden zu stellen. Die USA unterstütz-
Faizy. „Der Edle verneigt sich, aber beugt
diese Sportler her? Die schlagen hier nach-
ten in diesem Zusammenhang militärisch
sich nicht“, sagte Konfuzius. Der Satz des
einander die besten Nationen der Welt.
die Nordallianz, Oppositionsparteien, die
chinesischen Philosophen hängt neben der
Wo trainieren die? In Deutschland? Oder
sich nahe der Grenze zum benachbarten
Tür zum Trainingsraum.
in Korea?‘ Ich habe gesagt, ,in Kabul‘, das
Tadschikistan verschanzt hatten. Der
wollte er nicht glauben. Es stimmt aber.
Krieg, der auch zahlreiche zivile Opfer for-
Ahmadscha Faizy freut sich, wenn seine
Sie müssen sich das so vorstellen, Kabul ist
derte, führte gegen Jahresende zum Sturz
Schützlinge von der positiven Energie, die
eine Stadt, in der einmal 300.000 Men-
der Taliban. Später wurde Hamid Karzai
sie aus dem Unterricht ziehen, privat oder
als Regierungschef eingesetzt. Bei der
beruflich profitieren. Mit Stolz erfüllen ihn
diesjährigen Präsidentschaftswahl durfte
sportliche Erfolge. Eine Schülerin wurde
er nach zwei Amtsperioden nicht mehr
deutsche Vize- und mehrfache Landesmeis-
Töchterchen Neda findet das Interview
antreten. Ein tragfähiger Frieden herrscht
terin. „Weltmeister zu erzeugen ist schwer“,
nicht so spannend. Papa muss sie
noch immer nicht.
sagt er, lächelt kurz, wird schnell wieder
Fotos:
ernst, denn das ist nur bedingt ironisch
zwischendurch mit Leibesübungen unterhalten. Ahmadscha Faizy neben Afghanistans Taekwondo-Legende Rohullah Nikpai, zweimaliger Olympia-Bronze-Gewinner 2008 und 2012.
ausschließlich Kampftechniken trainiert,
Ahmadscha Faizy macht keinen Hehl
gemeint. Sein Wunsch ist, dass jemand aus
daraus, wie er über das Engagement der
seiner Schule tatsächlich einmal ganz oben
Amerikaner denkt. „Die sind nicht gekom-
steht. Der Ehrgeiz von Töchterchen Neda
men, uns zu helfen, die sind gekommen,
kommt nicht von ungefähr.
um zu bleiben. Wer jetzt in Afghanistan regiert, muss ein Abkommen unterschrei-
Kleine Trainingseinheit für Wolfgang
ben, dass die USA die für ihre nationalen
Taekwondo Center Kangaroo Sports e.V.
Kienast. Der bodo-Autor lernte Ahmad-
Interessen strategisch wichtigen Punk-
Ottilienstraße 13, 45127 Essen
scha Faizy auf einer Taxifahrt von Essen
ten behalten können. Für immer. Leider
Trainingstage: Mo. bis Sa. 17 – 21 Uhr
nach Dortmund kennen.
haben wir von sogenannten entwickel-
www.kangaroosports.de 45
LESERSEITE
Wildschwein erlegt! Einen schönen Vormittag beim Bogenschießen hatte unsere bunte Truppe von bodoVerkäufern und -Mitarbeitern mit Rainer Zillig (r.) von der „PfeilundBogenWelt“. Gordon, Atur, Tommek, Oliver, Sefa, Sophia und Susanne (v.l.n.r.) sind dem Ziel „Alle ins Gold“ ein gutes Stück nähergekommen. Vielen Dank an die „PfeilundBogenWelt“ für den kostenlosen Schnupperkurs. Mehr auf Seite 34.
LESERPOST Wir sind von Anfang an regelmäßige bodo-Leser – in
stellt, und ohne rot zu werden erzählt, dass 1,50 Euro pro
der aktuellen Ausgabe ist mir das Interview mit Ralf
Tag und Kind nicht finanzierbar wäre, während er gleich-
Richter besonders ins Auge gefallen, weil ich schon
zeitig den Kulturetat der nächsten Jahrzehnte in eine
lange ein Fan von ihm bin.
Bauruine versenkt, die er zum Kulturtempel umbauen
Eine Aussage von ihm hat mich allerdings, um es positiv zu formulieren, nachdenklich gemacht. Die Aussage
Was mir immer wieder auffällt, ist, dass sowohl Journa-
war die, dass er gerne privat helfen möchte, weil die
listen wie auch Prominente a) die politische Dimension
Kommunen kein Geld mehr für Hilfe haben.
ihrer Rolle verkennen, und b) nicht bereit sind, sich zu
Ich gebe Herrn Richter vollkommen Recht, dass private Initiativen wie das 7-Sterne-Hotel sinnvoll und richtig sind. Was ich aber überhaupt nicht verstehe, ist das quasi überhaupt nicht vorhandene Engagement, wenn es darum geht, den Staat an seine Fürsorgepflicht zu erinnern und auf politischer Ebene Druck auszuüben. Egal, wie arm die Kommunen sind, wenn es darum geht, Prestigeprojekte durchzuziehen, lässt sich immer Geld generieren. Das Verhalten der Politiker folgt dabei noch einer gewissen Logik. Was ich aber nicht nachvollziehen kann, ist das Verhalten der Betroffenen und deren Vertreter. Wenn sich ein Oberbürgermeister vor das Volk
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lässt, dann ist der Aufschrei ungewöhnlich leise. (…)
vernetzen. Besonders Journalisten stehen mehrheitlich auf dem Standpunkt, dass sie nur aufklären können und ansonsten machtlos sind. Prominente betätigen sich meist in Initiativen, die lobenswert sind, aber das Problem im Ganzen nicht berühren. Wir stehen aber an einem Punkt, wo sich der gesamte Umgang mit der sozialen Schieflage eigentlich weltweit verändern muss, wenn wir wollen, dass unsere Demokratie dauerhaft Bestand hat. Ohne Menschen, die jeder kennt und die vom Fernsehen wahrgenommen werden, geht das nicht. Frank Nerstheimer, Lünen
bodo dankt: Sparkasse Bochum Lothar Lemke, Lieselotte Markgraf, Gerd Schlitzer, Ruth Hanke, Ute Soth-Dykgers, Annette Düe, Timo Zimmermann, Hildegard Reinitz, Dolf Mehring, Silke Harborth, Petra Danielsen-Hardt, Sabine Raddatz, Jutta und Wido Wagner, Christina Kolivopoulos, Peter Lasslop, Elsemarie Bork, Gerhard Volpers, Thorsten Baulmann, Hannelore Thimm-Rasch, Erika Maletz, Volker Schaiker, Petra Karmainski, Dr. Rinnert Siemssen, Wolf Stammnitz, Olaf Jaekel, Ester Hagemann, Brigitte und Wilhelm Hast, Oliver Stiller, Dr. Sabine Siebel, Heinz Heitland, Euro Schach Dresden GmbH & Co.KG, Manfred Solka, Susanne und Franz Goschi, Robin Rönspies, Rudolf Herbst, Bettina Andre, Gisela Piechotta, Andreas König, Astrid Pauls, Dr. Lorenz Ladage jun., Andreas Happel, Carola und Georg Schmid, Michael Kopka, Anneliese Ehle, Irmela Witte, Katrin Marion Hüpler, Andrea Dahmen, Dirk Garbers, Rita Meissner, Johannes Rose, Jürgen Mikat, Dr.med.vet.Karen Elisabeth, Raphael Rahtz, Hans-Georg Schellack, Siegmar Welski, Günter Hellmann, Christoph Spiekermann, Barbara und Herbert Birkemeyer, Daniel Böning, Brigitta Götz, Suzanne Präkelt, Silja Arnold, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg Schumacher, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Eberhard Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski, Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dieter Zawodniak, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda
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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt
Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.
Sport ist ein Chamäleon. Früher, in Rom, lief man nicht, man ließ laufen und sich vom Löwen fressen. Kaum ein Zuschauer traf sich mittwochs nach Feierabend mit Kollegen zum Tischtennis beim TV Tiber. Später, in Deutschland, also damals, oft „dammals“ ausgesprochen, wurde Sport zum Kinoevent. Auch wenn der Fachminister sich nicht sportlich betätigte, waren Paralympics für ihn aus ideologischen Gründen keine Option. Nach dem Krieg wurde der Sport demokratisch, teilweise, ansonsten stalinistisch. Demokratisch hieß, der Athlet durfte wählen, ob er das Doping lieber per Pille oder als Spritze zu sich nimmt. Auch wenn abstinente Häme leichter fiel: Ich gucke, gerne, auch im Stadion. Selbst Fußball, sogar WM, solange sie nur abgelegen ist. 2006, Essen, Weltmeisterschaft der Menschen mit geistiger Behinderung. Schön war’s. Zwei Sachen bleiben in Erinnerung. Der deutsche Coach hatte früher Lukas Podolski trainiert, und sein Team wurde disqualifiziert. Es war IQgedopt, der Intelligenztest zur Bestätigung der Behinderung international nicht anerkannt. Bochum 2011, Frauen-Fußball-WM. Kolumbien gegen Nordkorea. Koks gegen Kommunismus. Das öde Spiel endete nicht nur torlos. Unter Drogen stand komplett das koreanische Team. Anabolika, mit denen man besser Diskusse wirft, aber in Pjöngjang wird geschluckt, was auf den Tisch kommt. Mein Highlight fand aber in Winterberg statt, im Herbst. NordWestdeutsche Jugendmeisterschaften im Mattenspringen. Skispringen ohne Schnee in einer Region ohne Berge. Warum soll man absurde Sportfeste von Stefan Raab gucken? Es gibt doch Skispringen, diesen großen Irrtum. Das ist kein Sport, es ist die Möglichkeit, den Silvesterrausch an Neujahr vorm Fernseher wegzudösen. Und Mattenspringen in Winterberg ist die Steigerung, sinnlos an frischer Luft. Bier gibt’s beim Mattenwart am Fuß des Sprungturms, heimische Qualität, aus der Kiste, luftgekühlt.
Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.
Je mehr Mitglieder die AWO hat, desto mehr kann sie in der Gesellschaft bewirken. Desto eher kann sie Menschen helfen, die Hilfe brauchen.
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Unterbezirk Ruhr-Mitte
Unterbezirk Unna
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