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bodo
August 2015
GA DAS STRASSENMA
Z IN
URLAUB AM KANAL FLUCHT UND PROTEST TOMMY FINKE 1
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INHALT | EDITORIAL
04
Tommy Finke Ein Bochumer in Dortmund. Ein „Junge mit Gitarre“, dessen perfekte Popsongs über
Jahre im Ohr bleiben, und gleichzeitig ein studierter Komponist, der auf der Grenzenlosigkeit von Musik beharrt. Tommy Finke ist neuer musikalischer Leiter am Schauspiel Dortmund. Von Bastian Pütter
12
Umsonst und draußen Er ist eine der wichtigsten Wasserstraßen Deutschlands, er ist Heimat des
Deutschland-Achters der Ruder-Nationalmannschaft, und er ist vor allem Naherholungs- und Ausflugsziel für Dortmund und die Region: der Dortmund-Ems-Kanal.
18
Von Didi Stahlschmidt
Zur Ruhe kommen Seit einem halben Jahr betreibt die LÜSA in Unna eine Dauerwohneinrichtung
für alternde, chronisch drogenabhängige Menschen – die erste ihrer Art in Deutschland. Ein „Altenheim für Junkies“? Eher nicht. Die jüngste Bewohnerin ist 39, der älteste Bewohner 66. Von Alexandra Gehrhardt
42
Unterwegs wie Winnetou „Wanderreiten besitzt einen hohen Suchtfaktor“, sagt die passionierte Reiterin
Margit Koch-Entrop. Wir treffen sie mit ihrer Reitgruppe auf einer Tour am Rand der Haard. Am 14. August liest sie bei bodo aus ihrem Buch und erzählt von eigenen Erfahrungen. Von Wolfgang Kienast
03 Inhalt | Editorial 07 Straßenleben | Wohnungslos in NRW 07 Impressum 08 Neues von bodo 16 News 16 Kommentar | Was erlauben Legislative?
Liebe Leserinnen und Leser,
17 Recht | Mobile Halteverbotsschilder
hier ist sie, die Sommer-bodo nach der Sommer-bodo. Während
17 Die Zahl | Das Foto
wir im letzten Monat ausnahmsweise um den Globus gondel-
22 Kultur | Torsten Sträter
ten – natürlich nur auf dem Papier – und Geschichten unserer
23 Wilde Kräuter | Knopfkraut
KollegInnen aus aller Welt erzählten, sind wir nun wieder
24 Reportage | Ansichtskartensache
unterwegs in der Region, besuchen Wanderreiterinnen aus Herne und Brücken-
26 Veranstaltungskalender | Verlosungen
springer am Dortmund-Ems-Kanal, ein Heim mit jungen SeniorInnen in Unna
32 bodo geht aus | Vanille
und erzählen Hintergründe zum Protest der Syrer in Dortmund. Wir treffen Tom-
34 Reportage | Protestcamp Syrer
my Finke, Torsten Sträter, die Macher des Roma-Festivals Djelem Djelem uvm.
36 Kultur | Djelem Djelem
Geschichten von hier heißt in diesem Fall auch: Nichts zu Griechenland. Auch
40 Netzwelt | resterechner.de
wenn‘s schwerfällt. Nicht, weil wir auch so gern Wortspielscheußlichkeiten
40 Kinotipp | ThuleTuvalu 41 Bücher
wie „Grexit“ benutzen wollen, ebenfalls nicht, weil wir wie gefühlt alle Jour-
45 Verkäuferporträt | Jan
nalistInnen über Nacht zu Volkswirten promoviert wären.
46 Leserpost | Comic
Schwer fällt hingegen, nicht gegen die grassierende Kollektivbildung „die
47 Spendenshop
Griechen“ anzuschreiben. Grundkorrupte Vorgängerregierungen und eine mehrheitlich verarmte Jugend, ein schräges links-nationales Bündnis und
bodo SCHA FFT CHAN CEN
enteignete Rentner, Steuerhinterzieher und Tausende in die Obdachlosigkeit gerutschte Familien. Alle gemeinsam adressiert als unerzogene Kinder, als einziges Nationalklischee. Zur Erinnerung: Das europäische Projekt war die erste wirksame Medizin gegen den Nationalismus und die Katastrophen, die er über den Kontinent gebracht hat. Nun ist er zurück – im Namen Europas. Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de 3
MENSCHEN
Tommy Finke:
Keine Gegensätze
„Ich komme hier in ein eingespieltes Kollektiv, in dem sich alle, wirklich alle auszehren für ein künstlerisches Ergebnis, das weit über dem Budget liegt.“
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Ein Bochumer in Dortmund. Ein „Junge mit Gitarre“, dessen perfekte Popsongs über Jahre im Ohr bleiben, und gleichzeitig ein studierter Komponist, der auf der Grenzenlosigkeit von Musik beharrt. Tommy Finke ist neuer musikalischer Leiter am Schauspiel Dortmund. Ein Gespräch über Stockhausen, Lady Gaga, John Cale und Oasis, über Bescheidenheit und Geltungssucht – und warum das alles überhaupt keine Gegensätze sind. Von Bastian Pütter | Fotos: Daniel Sadrowski
Wir treffen Tommy Finke an seiner zu-
den Chart-Olymp gespült haben, konterte
Pop sind. Wie passt das zusammen? „Für
künftigen Wirkungsstätte im Schauspiel
er mit Beharrlichkeit. Finke tourt, produziert
mich gibt es da gar keinen Konflikt. Mich in-
Dortmund. Wirklich neu ist er hier nicht,
Platten und entdeckt junge KollegInnen für
teressiert das Ganze. Popmusik als Sprache
hat er doch mit der Musik zu „Das Goldene
sein Label „Retter des Rock“.
hatte ich relativ schnell verstanden. Aber
Zeitalter“, einem mehr als dreistündigen
ich liebe auch Filmmusik von John Williams
Regiemonstrum, das die Grenzen des Stadt-
„Mein Vater ist früh gestorben, wir haben ihn
und Alan Sylvestri oder auch die Musik von
theaters sprengte, schon 2013 alle Register
zu Hause gepflegt, das war sehr prägend für
John Cale. Ich dachte: So was will ich auch
gezogen – sein Einstand.
mich. Das letzte, was ich von ihm bekommen
schreiben können!“
habe, war eine Gitarre. Die Entscheidung, Zurzeit laufen die Proben zur „Die Show“, Kay
dass ich in irgendeiner Form Musik mache,
Und im Plaudern über den schwindenden Ge-
Voges‘ Adaption des beängstigend hellsich-
stand dann irgendwie fest.“
nerationenkonflikt in der Musik, Lady Gaga
tigen Fernsehfilms „Das Millionenspiel“ von
und das Tempo, in dem Pop das vermeintlich
1970. Hier wird Finke selbst auf der Bühne
An der Bochumer Ruhruni schrieb er sich nur
Neue und Abseitige integriert, skizziert Finke
stehen, mit Band – und trotzdem wieder
ein, weil der Studentenstatus Bedingung war,
mit wenigen Federstrichen sein künstleri-
diejenigen verdutzt zurücklassen, die den
um im Kulturcafé aufzutreten. Der Wissens-
sches Programm: „Alles ist ein Zitat. Liebe,
charismatischen Singer/Songwriter mit den
durst trieb ihn jedoch weiter zur Folkwang-
Politik, Nonsens – das sind die drei Themen,
geschliffenen Popminiaturen erwarten.
Universität der Künste, wo der Autodidakt
die es gibt. Die Möglichkeit, alles zu nehmen
elektronische Komposition studierte.
und alles zu zitieren und gleichzeitig daraus
Sein musikalischer Erstberuf, sozusagen. Me-
ein neues Werk zu schaffen, ist großartig.
lancholische Popsongs zwischen Rio Reiser
„Ich bin großer Beatles-Fan. Man kann deren
Aber man muss sich darüber im Klaren sein:
und Hamburger Schule, hörbar beeinflusst
Spätphase überhaupt nicht verstehen, ohne
Du kannst nichts schaffen, was nicht jemand
von Beatles bis Oasis, haben ihn zu einem
sich mit Kunst auseinanderzusetzen. Über
anderes schon angefangen hat. Du kannst
Aushängeschild der Bochumer Musikszene
den Sprung und ,Revolution No 9‘ kommt
die Arbeitsmittel ändern, du kannst das
gemacht. Dass ihn die wiederkehrenden
man weiter. In erster Linie hab ich im Studi-
Dilemma der Aussage nicht umgehen.“
Wellen deutschsprachigen Pop-Hypes bis-
um mein Gehirn und mein Gehör gebildet,
lang nicht auf allergrößten Bühnen und auf
im Hinblick auf das strukturelle Hören von
Eine deprimierende Einsicht? Oder eher die
Musik. Wer sich ,Gruppen für drei Orchester‘
realistische Haltung des Kunstschaffenden?
von Stockhausen angehört und analysiert
Tommy Finke widerspricht energisch: „Das
hat, weiß, was ich meine.“ Sagt der, dessen
ist Freiheit. Vor 100 Jahren hätte ich mich
eigene Songs so schlicht und unprätentiös
für eine Strömung entscheiden müssen. Ich befinde mich jetzt in der sehr komfortablen Situation, dass die Strömung, die es gibt, eine ist, die aus allen gleichzeitig besteht. Hier ist nicht ein Fluss, hier ist der Ozean, in dem al-
Geboren 1981 in Bochum, verheiratet Aktuelles Album: „Unkämmbar“ (AREA Entertainment) Nächste Premiere: „Die Show“ am 23. August im Schauspiel Dortmund Nominierung: „popUP“ NRW-Preis 2015
les ankommt, und wir werfen die Netze aus.“ Bei Kay Voges in Dortmund und seinem Genregrenzen aufbrechenden, multimedialen Theater fühlt sich Finke mit diesen
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MENSCHEN
„Ich befinde mich jetzt in der sehr komfortablen Situation, dass die Strömung, die es gibt, eine ist, die aus allen gleichzeitig besteht. Hier ist nicht ein Fluss, hier ist der Ozean, in dem alles ankommt, und wir werfen die Netze aus.“
Spektrum genau richtig: Die an Lynch-Filme erinnernden Synthies im „Goldenen Zeitalter“, fast infantile Einfachheit in der Kaspar-Hauser-Inszenierung, der verstörende Soundtrack zu „4.48 Psychose“. „Was hier ganz toll ist: So individuell und aufregend die Stücke sind, genauso kann ich auch mit der Musik umgehen. Hier wird sich erstmal alles angehört. Es gibt großen Respekt vor der Arbeit des anderen, und selten hab‘ ich so nette Leute in einem Arbeitsumfeld kennengelernt.“ Außerdem: „Ich komme hier in ein eingespieltes Kollektiv, in dem sich alle, wirklich alle auszehren für ein künstlerisches Ergebnis, das weit über dem Budget liegt.“ Dabei habe er jahrelang mit Theater gar nicht so viel am Hut gehabt, gesteht er – lieber stand er abends selbst auf der Bühne. Aber „Das Fest“ am Dortmunder Schauspiel sei durchaus eine Art Erweckungserlebnis gewesen. „Das hat mich berührt, ja, umgehauen. Ich hatte das Gefühl: Wenn Theater so ist, dann hat es auch eine Daseinsberechtigung über den musealen Charakter hinaus. Wie können wir über das Konservieren von Inhalten hinaus – was wichtig ist – etwas erreichen? Das sehe ich hier.“ Natürlich seien Abläufe im Stadttheater ungewöhnlich, lächelt Finke, aber sich auf das neue Umfeld einzustellen, sei ihm leichtgefallen. „Ich tue mich nur etwas schwer mit dem Fokus, in den ich hier rutsche, was paradox ist. Obwohl ich großer Oasis-Fan bin, liegt mir das Großkotzige gar nicht, ich bin ein sehr bescheidener Mensch. Gleichzeitig sind Künstler total geltungssüchtig: Ich will, dass man mich beachtet. Auch das gehört zusammen.“ Und weil Tommy Finke Dinge gerne gleichzeitig tut und Gegensätze nicht als solche wahrnimmt, fischt er gerade aus dem einen großen Ozean nicht nur komplexe Theatermusik für die neue Spielzeit, sondern auch berückend gradlinigen Pop für ein neues Album. Zu erleben unter anderem beim Zeltfestival Ruhr am 3. September.
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STRASSENLEBEN
IMPRESSUM
Eine ganze Kleinstadt 21.065 Wohnungslose weist die NRW-Statistik für das Jahr 2014 aus – die Bevölkerungszahl einer ganzen Kleinstadt. Für das gesamte Land rechnet die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW) für 2016 mit 360.000 Menschen ohne feste Wohnung – das entspricht der Einwohnerzahl von Bochum. Von Bastian Pütter | Foto: Daniel Sadrowski
Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign 0231 – 106 38 31, info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Alexandra Gerhardt, Peter Hesse, Wolfgang Kienast, Bastian Pütter, Petra von Randow, Rosi, Sebastian Sellhorst, Didi Stahlschmidt, Alex Völkel Titelfoto: Sabrina Richmann Fotos: Bianka Boyke (17), Deutscher Bundestag/Achim Melde (16), Felix Huesmann (3, 18, 19, 20, 35, 36), INSP (8), pixelio.de (16), Sabrina Richmann (3, 12, 13, 14, 15), Daniel Sadrowski (3, 4, 5, 6, 7, 24, 25, 32, 42, 43), Guido Schröder (22), Sebastian Sellhorst (8, 9, 10, 11, 16, 27, 31, 34, 35, 45, 46), Claudia Siekarski (9, 11), Stefan Tuschy, Bande – für Gestaltung (23), Emanuel Vejnar (17), Alexander Völkel (37, 38, 39), Hannes Woidich (26) Cartoon: Volker Dornemann Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare (BO, DO und Umgebung) Redaktions- und Anzeigenschluss: für die September-Ausgabe 10.08. 2015 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 01.2015 Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kostenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert eingesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehalten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Schwäche jeder Statistik teilt auch die
nen sozialen Wohnungsbaus konnte in NRW
„Wohnungsnotfallberichterstattung“ der Lan-
die Zahl der Wohnungslosen in den letzten
desregierung: das Dunkelfeld. Verkürzt gesagt:
Jahrzehnten massiv gesenkt werden. Inzwi-
Wohnungslos ist nur, wer sich selbst offiziell
schen beginnt sich gerade in Großstädten der
dazu macht – nur wer Hilfe in Anspruch nimmt,
Trend umzukehren. Wohnraummangel und
wird gezählt. Immerhin sind in den letzten Jah-
eine wachsende Konkurrenz im günstigsten
ren Meldungen freier Träger dazugekommen,
Segment des Wohnungsmarkts durch Einkom-
der Anstieg der Zahlen ist vor allem auf die brei-
mensarmut, unterzubringende Flüchtlinge
tere Erfassung zurückzuführen.
etc. verschärfen selbst im Ruhrgebiet die Lage.
Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de
Das Paradox bleibt: Wer auf sich gestellt ohne
Besonders wenig Aussagekraft hat die Statis-
Wohnung auf der Straße schläft, ist (statis-
tik in Bezug auf die große Zahl der „geringqua-
Öffentlichkeitsarbeit: Bastian Pütter, 0231 – 950 978 12 , redaktion@bodoev.de
tisch) nicht wohnungslos. Eine weitere Schwä-
lifizierten“ EU-Zuwanderer aus Süd- und Ost-
che der Statistik verschuldet NRW nicht selbst:
europa. „Armutszuwanderer“ leben immer
Es fehlt ihr an Vergleichbarkeit. Seit den 1990er
noch zu großen Teilen in prekären Wohnver-
Jahren sträuben sich alle Koalitionen im Bund
hältnissen bis zur offenen Obdachlosigkeit.
gegen eine von Experten geforderte bundes-
Ihr Status „zwischen den Systemen“ – nicht
weite Statistik. Und auch unter den Ländern
Flüchtling, nicht „hiesig“, oft ohne Leistungs-
ist NRW allein auf weiter Flur.
anspruch – schafft eine praktisch unsichtbare
Mit der Professionalisierung der Wohnungslosenhilfe, der Arbeit vieler freier Träger und mit Hilfe des inzwischen weitgehend aufgegebe-
Gruppe Wohnungsloser von kaum hochzurechnender Größe.
Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund, 0231 – 950 978 0 www.bodoev.de, facebook.com/bodoev Vorstand: Andre Noll, Nicole Hölter, Marcus Parzonka verein@bodoev.de
Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft BLZ: 370 205 00, Konto-Nr.: 722 39 00 IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00 BIC: BFSWDE33XXX
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NEUES VON BODO
Biken für bodo
Neue Wege
Freizeit im Sattel
Motorradtour in zwei Anläufen: Am 5. Juli
Einen spannenden Perspektivwechsel
Es ist das Gefühl von Freiheit beim Eintau-
sollte zum vierten Mal die Charity-Motor-
versprechen unsere Stadtführungen in
chen in eine langsamere Welt: Amüsant
radausfahrt „Biken für bodo“ stattfinden.
Bochum und Dortmund. Mit einem unserer
und facettenreich liest und erzählt Margit
Sommerunwetter machten uns einen Strich
bodo-Verkäufer lernen Sie Orte kennen,
Koch-Entrop am 14. August aus eigener Er-
durch die Rechnung und forderten unser
die garantiert so nicht in einem Reisefüh-
fahrung spannende Geschichten rund ums
Improvisationstalent. Zwei Diavorträge
rer stehen. Er zeigt Ihnen „seine“ Stadt,
Wanderreiten im Ruhrgebiet in unserer
über Motorradreisen und ein wetterge-
zeigt, wie wohnungslose Menschen leben.
Benefiz-Kulturreihe „2. Freitag“
„Und hier können wir mal duschen, dort
Auf dem Rücken ihres irischen Tinkerpferdes
schützes Grillfest bildeten ein gelungenes spontanes Alternativprogramm.
übernachten. Kleidung gibt es eine Ecke
Eine Woche später, am 12. Juli, konnte die
weiter…“ – Auf dieser Städtetour erfahren
Tour dann nachgeholt werden. Auf dem
Sie, wie Menschen ohne festen Wohnsitz
Parkplatz der DWS21 trafen sich die Mo-
ihren Tag verbringen, wo sie sich aufhalten
toradfahrerInnen für eine landschaftlich
können und wie das Hilfenetz funktioniert.
wunderschöne Tour ins Bergische Land. Auf verschlungenen Wegen führten Tourguides die Teilnehmer in Kleingruppen die Route entlang. Durch Startgelder und Spenden kamen über 2.000 Euro zusammen, die Marcus Parzonka von der AS Antriebs- und Systemtechnik GmbH, für bodo verdoppelte!
Ungefähr zwei Stunden geht es quer durch die Innenstädte, immer mit dem Blick auf „Nebenschauplätze“, um ein Bewusstsein zu wecken für Menschen, die am Rande unserer Gesellschaft leben. An jedem 2. Samstag im Monat in Dortmund, jeden 3. Samstag in Bochum bieten wir diesen un-
Tom durchstreift die gebürtige Wittenerin das Ruhrgebiet und angrenzende Regionen. Besonders die Gegensätze ihrer Heimat haben es der ausgebildeten Reitlehrerin dabei angetan. Wildromantische Touren sind ebenso von ihr erkundet worden wie Badeseen. Ihre spannenden Abenteuer schildert sie im Buch „Wanderreiten im Ruhrgebiet“, in einer so bildhaften Sprache, dass Leser und Zuhörer sofort das Gefühl bekommen, „live“ dabei zu sein. 14. 8., 19.30 Uhr, Margit Koch-Entrup, Wanderreiten im Ruhrgebiet, bodo e.V.,
Wir bedanken uns herzlich bei allen Teilneh-
gewöhnlichen Stadtrundgang an. Anmel-
mern, Spendern, Helfern und besonders bei
dung unter Tel. 0231 – 950 978 0. Startpunkt
Betty André, der „Biken-für-bodo“-Organi-
sind unsere Anlaufstellen:
satorin, und bei Marcus Parzonka für die
8. August, 11 Uhr, Schwanenwall 36 – 38, DO
Ausblick: Am 11. 9. liest Thomas Schweres aus
großzügige Unterstützung.
15. August, 11 Uhr, Stühmeyerstraße 33, BO
seinem Ruhrgebiets-Krimi „Die Abräumer“.
Schwanenwall 36 – 38, Dortmund Eintritt ist frei, Spenden willkommen
Gemeinsam stark – Konferenz in Seattle Sie sind alle sehr unterschiedlich – aber jede
hatte dazu Räumlichkeiten im Rathaus zur
auf ihre Art kämpft für die gleiche Sache:
Verfügung gestellt – um von fachgeleiteten
Die Straßenzeitungen dieser Welt. Die Ver-
Seminaren und jeder Menge Beispielen gelun-
treter derjenigen, die sich dem weltweiten
gener innovativer Arbeit zu profitieren.
Verband INSP zusammengeschlossen haben, trafen sich jetzt in Seattle – um sich auszutauschen, Ideen zu sammeln und Kräfte zu bündeln im Einsatz für Menschen am Rande der Gesellschaft.
8
Einen Vorteil dieses Zusammenschlusses haben Sie schon in unserer Juli-Ausgabe genießen können: Dank des International Network of Streetpapers (INSP) konnten wir Ihnen Geschichten aus der ganzen Welt
120 Vertreter aus 22 Ländern und von 44 Stra-
erzählen. Aber viel wichtiger ist das Be-
ßenzeitungen weltweit kamen Ende Juni erst-
wusstsein, das die Bewegung der sozialen
mals in den USA zusammen – die Stadt Seattle
Straßenzeitungen schafft, und die Chance,
www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Herbstakademie „Entwickeln wir eine neue Utopie!“ lautet die Aufforderung an Jugendliche von 14 bis 21 Jahren, die bei der Herbstakademie 2015 eine Woche im Theater Dortmund das Thema „Meins, deins, unsers – Haben oder Teilen?“ künstlerisch erforschen können.
Drei plus x – bodo liest
Im Internet teilen wir News, Fotos, die
Bereits zum dritten Mal heißt es am 26. August
Auch in diesem Monat wird ein journalis-
„Drei plus x“: Drei Redaktionsmitglieder des
tisches Dreierteam lesen: Hintergründige
Straßenmagazins lesen, erzählen und diskutie-
Lesestücke, Unveröffentlichtes, Fundstücke,
ren ab 19.30 Uhr im „literaturhaus.dortmund“
Blicke durchs Schlüsselloch in eine etwas
im Kreuzviertel. Eintritt: 3 Euro plus x.
andere Magazinredaktion.
Was und wer Sie diesmal auf der bodo-Lesebühne erwarten wird, verraten wir an dieser Stelle noch nicht. Beim letzten Termin, am 21. April, saßen die bodo-RedakteurInnen Antje Mosebach und Bastian Pütter gemeinsam mit
lustigsten Videos oder einfach nur unser Befinden, dazu Autos oder den Schreibtisch. Unternehmen verdienen an Vermittlung und Bereitstellung. Doch wer darf Zugänge reglementieren oder ermöglichen? Wem gehören online gekaufte Dateien? Verpflich-
bodo und das „literaturhaus.dortmund“ laden ein zu einem kurzweiligen Abend und zum Zuhören, Fragen und Mitdiskutieren. Die Eintrittsgelder kommen den Verkäufercafés bei bodo zugute.
tet oder berechtigt Eigentum? Mit Künstlern – und unter anderem mit bodo – gehen die jungen Leute auf Entdeckungstour, von Theater über Tanz bis zu Design und Film – und zeigen die Ergebnisse
dem Geierabend-Kabarettisten, Journalisten
Mittwoch, 26. August, 19.30 Uhr
und AWO-Kolumnisten Martin Kaysh auf
3 plus x – Die bodo-Lesebühne
dem Podium (Foto). Eine sehr unterhaltsame
im „literaturhaus.dortmund“
Veranstaltung mit jeder Menge Anekdoten,
Neuer Graben 78, Dortmund
am Ende in einer öffentlichen Präsentation. Anmeldung unter herbstakademie@theaterdo.de, Tel. 0231 – 50 22 555 oder 50 25 541.
persönlichen und nachdenklich stimmenden
5. bis 9. Okt., 10 – 17 Uhr, Schauspielhaus, DO
Geschichten, vielen Anlässen zu Lachen und
Teilnahmegebühr: 50 Euro, inkl. Mittagessen
einem sehr diskussionsfreudigem Publikum.
www.theaterdo.de/jugend/herbstakademie
Rosi, bodo-Verkäuferin in Dortmund Das Wetter ist zurzeit wunderbar. Die Sonne scheint und man kann sich erholen. Das ist sehr gut für mich, da ich eine schlimme Bronchitis habe,
die sie mit ihrer Arbeit obdachlosen oder
so dass ich dieses Mal sogar das Bett hüten musste, das ist sonst nicht
von Wohnungslosigkeit bedrohten Men-
meine Art. Man ist richtig schwach und alles fällt einem schwer, und der
schen gibt – mit mittlerweile internationaler Wertschätzung. Aber wie können wir unsere Verkäufer besser unterstützen, wie verbessern wir unsere redaktionelle Arbeit und wie erreichen wir mehr Menschen – dies sind nur einige Fragen, die uns als Straßenzeitung beschäftigen und die Thema sind bei der alljährlichen Konferenz im Kampf gegen Armut und Obdachlosigkeit.
starke Husten lässt mich nachts nicht schlafen. Daher war ich beim Arzt. Auf dem Rückweg musste ich auf meine Bahn warten. Da sah ich, wie sich eine Krähe über einen Müllbeutel hermachte. Sie hackte ein großes Loch und holte sich eine Tüte Bonbons raus und flog damit in ihr Nest. Also, ich muss schon sagen, dass die so geschickt sind, hätte ich mir nicht träumen lassen. Vor allem diese Schnelligkeit. Kurz vor meiner Haustür sah ich noch einen kleinen Kiebitz. Man muss wirklich mit offenen Augen durch die Welt gehen – was man da alles beobachten kann. Bei uns war jetzt sogar ein Dachs, der versucht hat, sich an unserem Kellerfenster einen Bau zu buddeln. Tschüss, Ihre Rosi 9
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NEUES VON BODO
Rund ums Kochen Auch wenn die Ferien vorbei sind – der August steht noch voll im Zeichen des Sommers. Und so können manche Abende und Wochenenden noch draußen genossen werden – beim Picknick, beim Grillen auf
Das neue Programm
dem Balkon oder auf dem Gartenfest. Wir
programm 2015 halbjahr 02
liefern dazu kulinarische Ideen. Salate, Gemüse und Fleisch – auf unseren Aktionsflächen in unserem Buchladen finden Sie in diesem Monat alles rund ums Essen und dessen Zubereitung. Und das zu unschlagbaren Preisen. Ob von Spitzenköchen wie Horst Lichter, Lea Linster und Co. oder Showgrößen wie Alfred Biolek. Ob Tipps zum Basic-Kochen oder Raffiniertes aus dem Garten, Vegetarisches und Leckeres für den Grill – unsere Buchhändlerin Suzanne Präkelt hat mit ihrem Team die verlockendsten Bücher für Sie zusammengesucht. Nicht nagelneu, aber so gut wie. Aus den Buchspenden, die wir bekommen – und immer wieder gerne in Dortmund und Bochum entgegennehmen – kommt nur Guterhaltenes und Gepflegtes in unsere Regale. Und vielleicht entdecken Sie in den internationalen Kochbüchern sogar das Rezept, das Ihnen den Urlaub so schmackhaft gemacht hatte.
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Der Verkauf der Bücher im Buchladen, auf Buchmärkten und im Internet finanziert das Gesamtprojekt, für die
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„Hier geht’s zum Doc“
Besuch aus Berlin
Zwei Fotografen mit entgegengesetzten
Schulklassen, Seniorengruppen, Teilneh-
Perspektiven auf ein Thema in einer
mer unserer Stadtführungen, Leserinnen
Ausstellung ab 14. August im Depot. „Doc
und Leser: Wir bekommen ganz schön viel
Müller“, Arzt a.D., der viele Jahre arme
Besuch bei bodo und freuen uns darüber.
und obdachlose Menschen in der Nord-
In der Sommer-„Pause“ gab es auch gleich
stadt behandelt hat, zeigt Porträts seiner
zweifachen Besuch aus dem Bundestag.
Patienten, Andreas Hub Fotos des Arztes bei dessen Arbeit.
Unsere Haltung, uns nicht von öffentlichen Regelförderungen abhängig zu machen,
Menschen „auf Augenhöhe“ zu begegnen
ist manchmal anstrengend (das Geld ist
war seine Devise – auf dieser Ebene hat
knapp) und manchmal komfortabel (es
Martin Müller seine Patienten mit deren
verleiht Unabhängigkeit).
Einverständnis porträtiert und so heißt auch seine Fotoreihe von Menschen, um die viele eher einen Bogen machen, darunter Wohnungslose und Drogenabhängige.
Beim Besuch zweier „unserer“ Bundestagsabgeordneten aus Dortmund gab sie uns die Möglichkeit, über Wichtigeres zu sprechen, als unsere Organisation: Mit
Dem gegenüber steht die Fotoreporta-
dem SPD-Abgeordneten Marco Bülow
ge „Hier geht’s zum Doc“ von Andreas
(Foto, l.) diskutierten wir über die schwie-
Hub, der Martin Müller mehrere Wochen
riger werdende Lage bei der Unterbrin-
fotografisch begleitet hat. Uns hatte der
gung von Wohnungslosen.
professionelle Fotograf seine Reportage in Wort und Bild zur Verfügung gestellt, zu lesen in der April-bodo 2014.
· offset- & digitaldruck · satz · bildbearbeitung · grafik · weiterverarbeitung · mailings
wir machen was draus!
f
Mit Thomas Hoffmann (CDU) diskutierten wir über die Vermittlung ehemaliger bodo-Verkäufer in den Arbeitsmarkt und
14. – 23. August, Kulturort Depot,
über Rechte und Freiheiten im öffentli-
Immermannstr. 29, Dortmund
chen Raum.
foto ©:www.schmitz-fotografie.de
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Mitglieder im Deutschen Mieterbund
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REPORTAGE
Umsonst und draußen
Die Magie einer Wasserstraße im Sommer Die Sonne flackert auf der Wasseroberfläche, Hunde bellen, auf der anderen Uferseite springt ein Jugendlicher von der Spundwand ins Wasser, und während das rechte Ohr noch versucht, das Bellen vom Brüllen des Besitzers zu unterscheiden, hört das linke Ohr aus der Ferne Techno-Schranz-Musik. Ein ganz normaler Sommertag am Dortmund-Ems-Kanal. Text: Didi Stahlschmidt Fotos: Sabrina Richmann
E
r ist eine der wichtigsten Wasserstraßen Deutschlands, er ist Heimat des weltbekann-
ten Deutschland-Achters der Ruder-Nationalmannschaft, und er ist vor allem Naherholungsund Ausflugsziel für Dortmund und die Region: der Dortmund-Ems-Kanal. Um zu erleben, wie sich hier Studenten und Rentner mischen, wie Familien sich die Liegewiese mit den Draußen-
Idylle optisch aufbrechen und zum Teil bei über
trinkern vom Nordmarkt teilen oder wie Brü-
30 Grad einfach nur ekelhaft stinken.
ckenspringer waghalsig und mit viel Spaß ihre Gesundheit gefährden, waren wir ein ganzes
Noch im Schatten des Fredenbaums liegen die
Wochenende am Kanal unterwegs.
ersten Sonnenanbeter auf Decken und Matten, trinken mittags das erste kühle Bier oder ha-
Dieses spezielle Kanalgefühl
ben sich mit Campingstühlen an einer geraden
Betritt man den Kanalabschnitt am Petroleum-
Salat und Sonnenschirm geschaffen. Der Weg
hafen von der Bahnlinie am Fredenbaumpark, so
Richtung Ruderclub führt an den ersten Fa-
fängt schon direkt hinter den Gleisen an diesem
milien vorbei, die für ihre Kleinen eigens ein
heißen Tag dieses spezielle „Kanalgefühl“ an,
Planschbecken an der Wasserkante platziert
das einem im Laufe der nächsten Tage von unter-
haben – während nebenan eine große Gruppe
schiedlichsten Leuten versucht wird zu erklären.
Hundebesitzer ihre Vierbeiner im Wechsel mit
Wie sich am nächsten Tag herausstellen sollte,
Stöckchen ins Wasser jagt. Einige der Gesichter
stammte die laute Musik von einer Goa-Party,
kennt man, vom Nordmarkt oder von den Tref-
irgendwo zwischen Hochbüschen und Wasser-
fen zwischen Kaufland und Keuning-Haus. Hier
kante, dort, wo sonst auch gerne die Techno-
am Kanal scheint die friedliche Koexistenz zu
Szene ihre Partys feiert. Stören tut es hier keinen.
funktionieren.
Stelle ihre eigene kleine Welt mit Kartenspiel,
Genauso wenig, dass hier kein Hund angeleint ist, dass Fahrrad- oder Mopedfahrer teils wahnwitzig schnell – gerne ohne Helm und mit freiem
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Strohhut, Grill und Motorjacht
Oberkörper – die Uferwege entlang preschen.
Während am Ruderclub gerade Vorbereitungen
Und leider scheint es auch die wenigsten zu
für eine Vierer-Fahrt stattfinden, kann man von
stören, dass an vielen Stellen kleine Müllhalden
der „Deusen-Brücke 1 KM 1,986“ schön die gerade
oder verlassene Grillplätze direkt am Wasser die
Rennstrecke der fleißigen Wassersportler erken-
nen, genauso wie auf der anderen Brückenseite das kleine Wiesenstück, das mit drei Grills, einem Zelt und mehreren Familien belagert wird: ausgelassenes Stimmenwirrwarr auf Türkisch, spielende, platschende Kinder, Musik aus der Dose und immer wieder kleine Schwimmausflüge der Älteren. Auf der gegenüberliegenden Seite hingegen scheint es beschaulicher zuzugehen, und beim Seitenwechsel stellt man fest, dass hier doch Territorien abgesteckt sind. Denn hier befindet man sich nun in der Welt der Studenten, der jungen Arbeitnehmer und Intellektuellen. Eine
13
REPORTAGE
sen-Brücke ständig die Seiten wechselt, dass die Müllberge wachsen und nicht verschwinfünfköpfige Truppe sitzt entspannt im Bade-
den und dass nur selten mal ein Ruderboot
outfit und mit Strohhut an der Wasserkante
zu Wasser gelassen wird, vor allem eins: Das
und wechselt zwischen der kurzen, noch etwas
Publikum scheint sich täglich zu ändern: Die
kalten Schwimmrunde und dem Sonnenbad.
beiden Dortmunder Brückenspringer des ers-
„Wir finden es hier schöner als im Freibad und
ten Tages, die sich wohlwollend fotografieren
kommen öfter mal nach der Arbeit hier rum“,
ließen und erzählten, dass sie seit Jahren vom
erklären sie. Am heutigen Brückentag, bei ge-
Brückengeländer und auch dem Brückenbogen
fühlten 40 Grad in der Sonne, seien sie spon-
springen, keine Angst vor Verletzungen haben
tan zum Kanal gefahren, und sie lieben den
und dennoch nach einigen Unfällen lieber mit
Platz hier, da man von dieser Stelle viel sieht
Schuhen springen, sind nun ausgetauscht.
und mitbekommt. Ähnliches hört man auch
Heute sind es zwei Männer aus osteuropäi-
weniger Meter weiter von Kerstin, Alexander
schen Gefilden, die mit Mimik und Gestik dar-
und Hendrick, die als Fotografen und Designer,
um bitten, nicht fotografiert zu werden. Egal,
bewaffnet mit einer Schale Kirschen, den Tag
wer von dort herunterspringt: Es ist verboten,
genießen. „Wir sind dieses Jahr das erste Mal
kostet 70 Euro Strafe, und jeder Sprung kann
am Kanal, und hier in der Ecke ist es nicht so
der letzte sein.
überlaufen“, so das Bade-Trio. Während der Unterhaltung fährt das erste Boot des Tages
Einen anderen Adrenalinkick gibt es dafür
vorbei: eine sechs Meter lange, weiße Motor-
am Industriehafen. Dort schwimmt ein über-
jacht. Auch an den nächsten Tagen merkt man
dimensionales, bunt-gestreiftes Riesenkopf-
hier nichts von industriellem Schiffsverkehr,
kissen im Wasser und bildet lange Schlangen
nur die Santa Monika tuckert gelegentlich mit
vor dem dafür eigens gebauten, meterhohen
Ausflüglern an einem vorbei.
Stahlgerüst. Das Prinzip: Eine Person sitzt auf dem vorderen Bereich des Kissens, und wenn
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Brücken-Harakiri
jemand aus knapp sieben Metern herunter-
Die weitere Kanalrundreise bringt neben der
Halbbogen ins Wasser. Einfallsreichtum war
Erkenntnis, dass der Eiswagen auf der Deu-
und ist am Kanal immer schon Teil des Som-
springt, schnellt die sitzende Person im hohen
merprogramms: Problemlos wird die türkische
Bank vor dem Ruderclub sitzen. Alle im Ren-
Großmutter im Rollstuhl von der Familie mit
tenalter, erklärt eine der beiden Damen. Ihr Va-
Gefährt zum Wasser heruntergetragen, wer-
ter, ihre Tante und sie seien oft hier. „Hier gibt
den Grillbestecke ausgetauscht oder schieben
es immer was zu sehen, auch wenn mir das
die Flaschensammler große, schwarze Müll-
Springen von der Brücke zu gefährlich wäre“,
tonnen zum Verstauen den Gehweg entlang.
lacht der ältere Herr.
„Hier gibt es immer was zu sehen.“
Ein ganz normales Wochenende am Kanal in
Hier scheint sich die Welt anders zu drehen als
umsonst und draußen und frei von Vorurtei-
im urbanen Raum, und niemand fühlt sich vom
len gelebt wird, gleichzeitig aber auch einige
anderen gestört – obwohl Hunderte entlang
Klischees bestätigt und schöne Skurrilitäten
beider Kanalseiten liegen, sitzen, springen,
geboten werden.
Dortmund, wo industrielle Freiraum-Kultur
grölen, grillen oder chillen. So auch drei ältere Herrschaften, die mit Sonnenschirm auf der
15
NEWS
DER KOMMENTAR
Konto für alle Ohne Konto kein Miet- oder Arbeitsvertrag, Rechnungen können nicht beglichen werden und Sozialleistungen werden immer seltener bar ausgezahlt: Geduldete Flüchtlinge oder Menschen ohne festen Wohnsitz haben bislang immer wieder Schwierigkeiten, ein Konto zu bekommen. Noch besteht kein Gesetzesanspruch darauf und Banken können somit „legal“ Kontoeröffnungen verweigern. Das wird jetzt anders, nicht zuletzt dank eines Sozialpfarrers aus Herne: Jürgen Klute (Foto links) hat als Abgeordneter der Linken im Europaparlament entscheidend am Recht auf ein Girokonto für alle mitgewirkt – schon Anfang 2016 soll freien Zugang zu einem Konto umgesetzt werden. Banken können
Was erlauben Legislative?
mit Hilfe des neuen Gesetzes angewiesen werden, die Betroffenen
Von Bastian Pütter | Foto: Deutscher Bundestag/Achim Melde
in Deutschland die Europarichtlinie für einen diskriminierungs-
als Kunden anzunehmen. Jürgen Klute wurde der Erfolg nicht gedankt: Seine Partei stellte ihn nicht mehr für das Parlament auf.
Am Rande des Sommerlochs, abseits der griechischen Katastrophe wurde in Deutschland auch noch Politik gemacht. Klassisch, von der Legislative, im Bundestag. Und das lief gar nicht gut. Drei Beispiele.
Direkt zum Arzt
Anfang Juli beschloss der Bundestag, dem rassistischen Mob in Freital, in
Ohne Krankenkassenzugehörigkeit keine
Tröglitz und sonstwo Recht zu geben. Ja, das ist polemisch und beschreibt
Versichertenkarte – und somit kein Arzt-
die Reform des Aufenthaltsrechts nicht zur Gänze. Laut Gesetz sind für
besuch ohne den für orts- und sprachun-
Flüchtlinge nun unvollständige Angaben gegenüber Behörden, ein fehlen-
kundige Asylbewerber bürokratischen Weg über das Sozialamt.
der Pass, Geldzahlungen an Schlepper oder die Umgehung von Grenzkon-
Hamburg und Bremen haben diese Hürde aus dem Weg geräumt:
trollen ein Grund, inhaftiert zu werden. Der Deutsche Anwaltsverein stellt
Hier können Flüchtlinge mit einer Krankenkassenkarte direkt zum
klar: „Faktisch erfüllt jeder Asylsuchende, der auf dem Landweg in das
Arzt. Nach diesem „Bremer Modell“ setzt sich nun auch NRW- Minis-
Bundesgebiet einreist, diesen Haftgrund.“
terpräsidentin Kraft für die Einführung einer Gesundheitskarte ein, Ergebnisse soll es im Herbst geben. „Langfristig sollen Flüchtlinge in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen werden“, fordert Birgit Naujoks, Vorsitzende des Flüchtlingsrats NRW. Denn auch mit der Gesundheitskarte bekämen die Flüchtlinge längst nicht alle Leistungen, die einem gesetzlich Versicherten zustehen. Die Grü-
Eine einfache Lösung, und wieder auf Zuruf. Als Anfang der 1990er Jahre schon einmal Flüchtlingsheime brannten, war die politische Konsequenz das Ende des Asylrechts, wie es das Grundgesetz vorgesehen hatte. Gesellschaftlich war diese Erfahrung übrigens das Initiationsritual für eine Generation neuer Nazis, die glaubten, den Volkswillen mit der Waffe exekutieren zu dürfen.
nen unterstützen auf Bundesebene die Forderung, Flüchtlinge in
Apropos NSU: Eine Reform des „Verfassungsschutzes“ wurde auch gleich
die gesetzlichen Krankenkassen aufzunehmen, egal, welchen auf-
verabschiedet. Zur Erinnerung: Es geht nicht um Nachlässigkeiten einer
enthaltsrechtlichen Status sie besitzen.
Behörde beim Aufspüren eines „Terror-Trios“. Es geht um die strukturelle Finanzierung der rechtsterroristischen Szene durch den Geheimdienst und
Überschuldung Jeder zweite Haushalt in Deutschland ist verschuldet, jeder zehnte überschuldet. Das Statistische Bundesamt hat Angaben von 395 der insgesamt rund 1.400 Schuldnerberatungsstellen in Deutschland mit anonymisierten Daten von rund 103.000 beratenen Personen mit deren Einverständnis ausgewertet.
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die mutmaßliche Tatbeteiligung von VS-Mitarbeitern an den NSU-Morden. Als vermeintliche Lösung wird der VS aufgewertet und das V-Mann-Konzept „verregelt“. Der Staat deckt weiterhin Straftäter und bezahlt Extremisten, allerdings nur noch, wenn sie volljährig sind und nicht allein vom Spitzelgeld leben. Ach ja: Die gezielte Beweisvernichtung im Geheimdienst nach Selbstenttarnung des NSU versucht man zukünftig durch Schredder-Regeln zu verhindern.
Verbraucher verschulden sich besonders häufig, wenn sie ihren
Den dritten Kracher, die Vorratsdatenspeicherung, brachte das Parlament
Arbeitsplatz verlieren. Bei 19 Prozent der Menschen, die sich 2014
vor der Sommerpause nur durch die erste Lesung. Der „Meinungsbildungs-
an eine Schuldnerberatung wandten, war Arbeitslosigkeit der
prozess“ innerhalb der SPD, wohl auch mit Einzelgesprächen über Karriere-
Hauptauslöser, gefolgt von Trennung, Scheidung oder dem Tod
konsequenzen, dauerte. Während die Dateninfrastruktur des Bundestags
des Partners, die zu einer kritischen finanziellen Lage führten, so
ausgetauscht werden muss, weil Hacker die Systeme kontrollieren, wäh-
wie Erkrankung, Sucht oder Unfall. Erst danach folgt eine unwirt-
rend dank Wikileaks klar ist, dass nicht nur Merkels Führungsstab, sondern
schaftliche Haushaltsführung (11 Prozent). Die durchschnittlichen
auch ihre Vorgänger – und deutsche Medien – umfassend ausgespäht
Schulden lagen bei knapp dem 34-fachen des durchschnittlichen
wurden, glaubt man in Berlin, die pauschale Speicherung aller unserer
monatlichen Einkommens dieses Personenkreises (1.020 Euro) –
Bewegungs-, Kontakt- und Kommunikationsdaten wäre die Lösung. Wenn
bei Männern und älteren Menschen um einiges höher.
„Sicherheit“ so aussieht, ist sie das Problem.
RECHT
Mobile Halteverbotsschilder
Von Rechtsanwalt René Boyke
Urlaubszeit, Reise-
auf die Wirksamkeit des Haltverbots aus. Die
die Gerichte in NRW bereits 48 Stunden genü-
zeit – Abschlepp-
Preisfrage lautet daher: Mit welcher Vorlauf-
gen (OVG Münster 5 A 2092/93). Begründung:
zeit? Wenn Sie Ihr
zeit müssen die Schilder aufgestellt werden?
Eine längere Frist würde den städtischen An-
Kraftfahrzeug während Ihrer Urlaubsabwesenheit im öffentlichen Straßenraum abstellen, laufen Sie Gefahr, dass Ihr Fahrzeug während des Urlaubs abgeschleppt wird. Etwa, wenn Ihr Nachbar umzieht oder eine Baustelle errichtet wird und deshalb nachträg-
Das Verwaltungsgericht (VG) Cottbus (Az.: VG 1 K 758/13) forderte nun, dass mindestens eine Vorlaufzeit von drei Tagen einzuhalten sei. Ansonsten sei jedenfalls die Kostenforderung
Zwar sind an den Schildern Hinweise ange-
Parken unbegrenzt erlaubt bleibt; andererseits
dann muss damit gerechnet werden, dass parkende Fahrzeuge abgeschleppt werden – auch wenn sie bereits geparkt wurden, bevor die Schilder aufgestellt wurden. Das nützt allerdings wenig, wenn Sie sich im Urlaub befin-
Angelegenheiten darf die Frist sogar nochmals kürzer sein – beispielsweise 24 Stunden.
darf der Verkehrsteilnehmer einerseits nicht darauf vertrauen, dass ein im Zeitpunkt des
dem der Parkraum benötigt wird. Spätestens
raum nicht gerecht. Bei besonders dringlichen
für das Abschleppen unverhältnismäßig. Zwar
lich Halteverbotsschilder aufgestellt werden.
bracht, die den Zeitraum angeben, während
forderungen, z.B. Baustellen, an den Straßen-
Abstellens des Kraftfahrzeugs rechtmäßiges kann von ihm aber auch nicht erwartet werden, den Parkplatz täglich oder gar stundengenau auf eine Änderung der Verkehrsregelungen zu kontrollieren. Das VG liegt damit auf einer Linie mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. 12.98 (BVerwG 11 C 15/95).
den und die Hinweise nicht lesen können. Lei-
Aber Achtung – in größeren Städten darf die
der wirkt sich die Urlaubsabwesenheit nicht
Vorlaufzeit erheblich kürzer ausfallen. So lassen
DIE ZAHL
86 Prozent Um 86 Prozent ging das Ein kommen des ärmsten Zehntels der Griechen seit 20 08 im Zuge von Krise und Sparpolitik zurück . Jeder dritte Haushalt musste schon 2012 mit einem Jahreseinkom men unter 7.0 00 Euro auskomme n.
DAS FOTO
Vertikales Theater im öffentlichen Raum: Das Berliner Künstlerkollektiv „Grotest Maru“ mit der Choreographie „Timebank“. Zu sehen beim Festival „Welttheater der Straße“ am 28. und 29. August in Schwerte. Foto: Emanuel Vejnar 17
SOZIALES
Zur Ruhe kommen Der Weg führt ein Stück von der Bundesstraße weg. Vor einer Kurve liegt der Flachbau leuchtend rot direkt am Feld, dahinter beginnt der Wald. Früher diente er als Erholungsheim für Ordensschwestern, heute leben hier Menschen, die ein langes Leben mit einer Drogensucht hinter sich haben. Von Alexandra Gehrhardt | Fotos: Felix Huesmann
„Ich will nicht fotografiert werden“, sagen vier Stimmen fast gleichzeitig, als die zu ihnen gehörenden Menschen unsere Kamera sehen. „Es sind schon so viele hergekommen, Zeitungen, Radio, Fernsehen – ich hab da keine Lust mehr drauf.“ Es wundert nicht: Das Haus hat im Januar bundesweit Aufmerksamkeit erregt. Seit einem halben Jahr betreibt das Langzeit-Übergangs- und Stützungsangebot – Projekt LÜSA – im Unnaer Stadtteil Hemmerde eine Dauerwohneinrichtung für alternde, chronisch drogenabhängige Menschen – die erste ihrer Art in Deutschland. „Altenheim für Junkies“ stand bei der Eröffnung über vielen Zeitungsartikeln. „So wollen wir uns aber nicht nennen, weil die Menschen noch nicht so alt sind“, erklärt Leiterin Sabine Lorey. 14 Menschen wohnen hier, die Jüngste ist 39, der Älteste 66.
Glück zum Beispiel Lothar ist einer von ihnen. Er fing mit 14 an, „mit Kiffen und Alkohol“, erzählt er. Speed, Trips und Marihuana gehörten lange Zeit zum Alltag, „aber die ersten zehn Jahre war es ein Spiel.“ Er hat zwei Gesellenbriefe gemacht, als KFZ-Mechaniker und als Motorenbauer gearbeitet, ohne dass der Konsum ein Problem für ihn war. Das änderte sich mit 27: Bei einem Verkehrsunfall wurde er schwer verletzt: Sein Becken war mehrfach gebrochen, die Milz wurde entfernt. Bei einer Bluttransfusion wurde er mit Hepatitis C infiziert. Er bekam Schmerzensgeld, das er innerhalb eines Jahres für seinen Konsum durchgebrachte. Auch gedealt hat er,
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In Unna finden Drogenabhängige einen Platz zum Altwerden
um seine Sucht zu finanzieren. „Richtig zur Ruhe gekommen bin ich erst im KESH“, einer Drogenhilfeeinrichtung in Hamm. „Da war ich fast 40.“ Heute ist er 55 und im Januar mit 13 anderen in die Dauerwohneinrichtung, kurz DAWO, gezogen. Die Terrasse hinter dem Haus ist voll mit Setzlingen: Tomaten, Johannisbeeren, rot und weiß. Der Außenbereich wird gerade hergerichtet: Sträucher und Bäume sind geschnitten, die Wiese ist frisch umgegraben, gerade wird Gras gesät. Mitten hindurch führt, an einer kleinen Bank vorbei, ein Weg zu zwei Teichen. Die Tomaten werden heute umgetopft, dann sollen sie an einen sonnigen Platz umziehen und schon in ein paar Wochen Früchte tragen. Neben der Terrassentür reiht sich ein gutes Dutzend kleiner weißer Pflanzkästen aneinander. Zwischen Efeu und anderen kleinen Grünpflanzen liegt in jedem Kasten ein weißer Stein, darauf immer ein anderes Wort: Glück zum Beispiel. Miteinander. Sicherheit. Wärme.
Junge Alte Drogenabhängige Menschen werden älter als noch vor ein paar Jahren. 2002 lag das Durchschnittsalter der Drogentoten bei 32 Jahren, 2014 bei 38 Jahren. Das liegt zum einen an einem dichteren Netz aus Drogenberatungen, Konsumräumen und anderen Anlaufstellen, zum anderen daran, dass sich die Substitution, also die Behandlung mit „sauberen“ Ersatzstoffen, als Therapieform verbreitet hat.
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SOZIALES
Drogenabhängige Menschen altern etwa 15 Jahre vor, sind also mit 55 Jahren in einem ähnlichen Gesundheitszustand wie Nicht-Abhängige mit etwa 70. Und die Probleme sind ähnlich: Venenerkrankungen, Herzkrankheiten oder Demenz. Hinzu kommen spezifischere Krankheiten wie Hepatitis C oder AIDS. Doch die Menschen sind nach jahrelangem Drogengebrauch auch seelisch belastet, brauchen soziale und psychologische Unterstützung. Bei der aktuellen Personallage in der Altenpflege sind diese Aufgaben zusätzlich zur alltäglichen Arbeit nicht leistbar. Gemütliche Gespräche über die Enkelinder am Kaffeetisch mit jemandem, der lieber zum Black-Sabbath-Konzert fährt, sind da nur schwer vorstellbar.
Versorgungslücken Wenn die Bundesregierung sich mit dem Komplex Sucht und Alter beschäftigt, liegt der Fokus auf Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit. Illegale Drogen spielen im aktuellen Drogen- und Suchtbericht quasi
LÜSA existiert seit 1997 als Projekt zur gesellschaftlichen Wiedereingliederung drogenabhängiger Menschen. Fast 75 Menschen wohnen in drei stationären Wohneinrichtungen in Unna oder werden in eigenen Wohnungen ambulant betreut. LÜSA hat als erste Einrichtung deutschlandweit ein Wohnangebot geschaffen, in dem ältere Abhängige und Substituierte unbefristet leben können. Kontakt und Info: www.projekt-luesa.de
keine, bei der Förderung von Modellprojekten nur eine untergeordnete Rolle. Diese setzen vor allem darauf, Altenhilfe, Pflege und Suchthilfe, zum Beispiel durch gemeinsame Schulungen, besser miteinander zu verzahnen. Bei der Suche nach spezifischen Angeboten zeigt sich aber eine Lücke. Das Projekt LÜSA will diese füllen. 1997 ist das Projekt als Wiederein-
Die DAWO liegt ländlich, fast zehn Kilometer sind es bis zur Innenstadt.
gliederungsangebot für chronisch Drogenabhängige gestartet und für
Die ist nur schwer zu erreichen, entweder mit dem hauseigenen Shuttle
diese seitdem eine wichtige Anlaufstelle. Es geht dabei aber nicht nur
oder einem Taxi-Bus. Umso wichtiger ist die Gemeinschaft der Gruppe:
um ein Dach über dem Kopf, sondern um einen ganzheitlichen Ansatz:
Gegessen wird gemeinsam, beim Vorbereiten, Kochen und beim Auf-
Suchtbehandlung, soziale oder psychologische Beratung gehören ge-
räumen packen alle, die können, mit an. Zusammen werden Einkäufe,
nauso dazu wie gemeinsame Aktivitäten und kreative Beschäftigung.
Spaziergänge oder auch mal Radtouren organisiert, es gibt einen eigenen Werkraum, um kreativ zu arbeiten.
Mehr Lebensqualität Das Haus in Hemmerde wird vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe getragen, Spenden kommen zudem von der Unnaer Tafel und von Privatpersonen, die Kuchen vorbeibringen. Die Warteliste ist lang, LÜSA kann nicht einmal den Bedarf in Unna decken. Sabine Lorey würde sich mehr Häuser wie ihres wünschen: „Aber es hapert wie so oft am Geld.“ Ein- bis zweimal täglich bekommen die BewohnerInnen ihre Ersatzstoffe, in der Regel Methadon oder Polamidon. Manche aber brauchen mehr: Die Hälfte bis zwei Drittel der BewohnerInnen nimmt zusätzlich andere Drogen, vor allem Alkohol und Tabletten sind ein Problem. Im Haus ist jeglicher Konsum außer Nikotin verboten, außerhalb lässt sich das nicht kontrollieren. Sanktionen oder den erhobenen Zeigefinger will das Team sich aber sparen: „Es geht ja nicht um die Moral, sondern darum, mehr Lebensqualität zu bekommen“, so Loreys Überzeugung. Deswegen entschlössen sich früher oder später fast alle für eine Entgiftung. Auch Lothar hat ein klares Ziel für sich. „Ich bin noch nicht ganz vom Alkohol weg, aber andere Drogen – das will ich nicht mehr.“
Links: Kreative Beschäftigung gehört zum Tagesprogramm bei LÜSA. Ingo mag eigentlich Hard Rock und Heavy Metal. In Unna gilt er als der Mann fürs Feine.
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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt
Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.
Lippe, das ist nicht nur ein Fluss am Nordrand des Reviers. Lippe, das ist auch ein später Bestandteil von Nordrhein-Westfalen, die Kurzform des ehemaligen Fürstentums Schaumburg-Lippe. Dort wurde vor Jahrzehnten ein Kanzler geboren, quasi allein erzogen, dann ist er weggezogen. Das ist das Problem von Lippe. Die haben da quasi nichts. Selbst die Lippe entspringt nicht dort, sondern nebenan im Bad Lippspringe, und strömt fort Richtung Ruhrpott. Doch eines gibt es, eine IHK, eine Industrie- und Handelskammer. Industrie, das trauen wir im Pott dem NRW-Osten kaum zu. Gut, wir haben im Ruhrgebiet auch eine Tourismus GmbH. Das glaubt schon hinter Kamen keiner mehr. Die IHK Lippe in Detmold, legendär sparsam, startete jetzt eine Imagekampagne, die wohl wenig kosten durfte. Heraus kamen billige Witze. Text eines Plakats, wörtlich: „Lippe liegt am A… der Welt. Aber dafür riecht’s hier besser als im Ruhrgebiet.“ Das sehen wir gelassen. Wir Ruhris waschen uns nicht nur samstags, wechseln teilweise täglich die Unterwäsche und können im Drogeriemarkt ohne fremde Hilfe unter fünfzig wohlriechenden Deos wählen. Wir lesen zwar „Landlust“, dieses Provinzpresseprodukt. Aber wir glauben nicht jedes Klischee, das darin millionenfach verbreitet wird. So wissen wir nicht, welche Landlust es Bauern bereitet, männliche Küken im Schredder zu entsorgen. Wir verstehen nicht, wie „Urlaub auf dem Bauernhof“ geht, wo reihenweise Agrarfabriken stehen. Aber wahrscheinlich hat Detmold deshalb eine spezielle IHK, eine A-IHK, eine ein Agrarindustrie- und Handelskammer. Wir müssen fürchten, dass Gülle eine heftige Droge ist. Eine Nase voll, und Du denkst, Du stehst im Rosengarten. Andererseits wissen wir, dass die Menschen im Ruhrgebiet früher sterben als die Lipper etwa. Aber das sehen wir positiv. Denn erstens lebt der Lipper in einer sch..ß Gegend, und zweitens muss er es auch noch länger dort aushalten.
Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.
Je mehr Mitglieder die AWO hat, desto mehr kann sie in der Gesellschaft bewirken. Desto eher kann sie Menschen helfen, die Hilfe brauchen.
Werden auch Sie Mitglied in der AWO! Unterbezirk Dortmund
Unterbezirk Ruhr-Mitte
Unterbezirk Unna
Klosterstraße 8 -10 44135 Dortmund 0231- 99 340
Bleichstr. 8 44787 Bochum 0234 - 96 47 70
Unnaer Straße 29a 59174 Kamen 02307- 91 22 10
info@awo-ww.de | www.awo-ww.de 21
KULTUR
Zufrieden sein – Torsten Sträter Ganz in schwarz, mit Wollmütze und Tablet-Computer liest Torsten Sträter Geschichten vor. Irrsinn in lakonischem Ton, mit Ruhrpott-Idiom. Der gelernte Herrenschneider, Schriftsteller und spätberufene Poetry-Slammer aus Dortmund ist inzwischen vieldekorierter Kabarett-Liebling mit Fernsehpräsenz von Dieter Nuhrs Satiregipfel über die Mitternachtsspitzen bis zu „extra 3“.
bodo Du bist in Dortmund geboren und lebst
bodo Du hast Genre-Romane geschrieben und
heute in Waltrop. Warum spielen die meisten
bist erst relativ spät mit skurrilen, lustigen
deiner Geschichten in Dortmund und nicht
Geschichten auf die Bühne gegangen, bei
in Waltrop?
Poetry-Slams. Hat man dich in dieser jungen
Torsten Sträter In Dortmund habe ich eine ganz große Zeit meines Lebens gelebt. Nach Waltrop
TS Kaum, ich interessiere mich aber auch nicht
bin ich gezogen, um ein bisschen zur Ruhe zu
sonderlich für mein Alter, und die Leute im
kommen – man ist ja schon ein bisschen was
Slam-Sektor denken auch nicht in diesen Kate-
älter. Dortmund ist mit meine Lieblingsstadt.
gorien. Du bist so gut wie dein Text. Solange du
bodo Wie das? TS Wenn ich jetzt abends durch den Freden-
noch auf der Bühne stehen kannst: Mach‘ es! Und wenn du nicht mehr stehen kannst und es trotzdem machen willst: Sitz!
baumpark gehe, was man ja kann, da fällt mir wieder ein, dass ich 1991 erst mit meinen Freun-
bodo Ohne dass sich deine Texte groß geändert
den in „Das Schweigen der Lämmer“ im Kino
hätten, haben dich dann Kabarettpreis-Jurys und
Von Richard Diesing
war und danach im Fredenbaumpark gegrillt
das Fernsehen entdeckt. Im Juli hast du drei Tage
Fotos: Guido Schröder
habe. Da ist ein kleines Open-Air-Theater und
in Folge im Dortmunder Spiegelzelt gespielt. Ist
da haben wir uns eine Wurst aufgelegt. Das war
das dein Traum, den du im Moment lebst?
toll, und das werde ich nie vergessen. Ich mag das alles wahnsinnig gerne. bodo: Jeden Montag demonstrieren Neonazis in Dortmund gegen Flüchtlinge: Denkst du, Dortmund hat ein besonderes Problem mit Rechten?
geboren 1966 in Dortmund Autor und Slam-Poet, Kolumnist, Satiriker, Komiker und Vorleser. Preise u.a. Scharfrichterbeil, Publikumspreis des Prix Panthèon Peinlichster Auftritt: 2010 vor 1.200 völlig schockierten Bankern
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Szene anfangs nicht schräg angeschaut?
TS Ich lebe mein Leben, keinen Traum. Mir geht es eigentlich nicht darum, glücklich zu sein, sondern zufrieden. Glück ist immer so ein bisschen: Du hast die neue Apple-Watch. Das Glück, das du fühlst, hält so lang wie der Akku. Aber Zufriedenheit bedeutet, dass du eingepe-
TS Wann immer Rechte irgendwo auftauchen,
gelt bist. Es ist toll, so zu leben. Es ist toll, dass
haben alle ein Problem. Die haben ein Problem
sich mein Leben so eingeteilt hat, dass ich jetzt
mit sich und machen uns welche. Wir sind
zwischen 40 und 50 und vielleicht zwischen 40
Dortmunder mit einem Teil radikaler Schwach-
und 60, wenn es gut läuft, sowas machen kann
maten, die sich benehmen wie eine offene
und mich selbst und andere amüsiere. Ich bin
Buxe, und das ist das Naziproblem, das es in so
froh, dass mir das nicht mit 20 passiert ist – da
ziemlich jeder Stadt gibt. Man muss dagegen
war ich sehr naiv... Und wäre vermutlich schon
vorgehen. Nein: Wir müssen.
wieder am Ende.
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WILDE KRÄUTER
KNOPFKRAUT
von Wolfgang Kienast
Es klingt, als entstamme folgende Kunde
Landwirt nicht mit ausreichendem Elan
der Traumwelt eines leicht verspulten
gegen dieses Kraut zu Felde ziehen.
Ökoalternativen: „Die Hoffnung, mit chemischen Mitteln die im Boden ruhenden Samen und unterirdischen vegetativen Vermehrungsorgane in ausgiebigster Weise vernichten zu können (...) ist sehr herabgedrückt worden (...), so dass also eine derartige Bekämpfung des Unkrauts sehr skeptisch anzusehen ist.” Fazit: Für die Landwirtschaft würden sich solche Verfahren erübrigen.
Knopfkraut ist ein Neophyt. Ursprünglich in Südamerika beheimatet, wurde es im ausgehenden 18. Jahrhundert in botanischen Gärten Westeuropas präsentiert. Dort hielt sich das vermehrungsfreudige Pflänzchen nicht lange auf und eroberte zur Zeit der napoleonischen Kriege rasend schnell den Kontinent. Hierzulande kam es beim Volk nicht besser an als die Soldaten des
Der Autor der Zeilen freilich war wissen-
Korsen – der noch heute populäre Name
schaftlicher Redakteur der Deutschen
Franzosenkraut gründet auf der histori-
Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) – vor
schen Aversion.
etwa neunzig Jahren. Und natürlich wissen wir, wohin die Reise dann doch gegangen ist. Mancher glaubt, in eine Sackgasse. Kürzlich erst forderte die promovierte Toxikologin Anita Schwaier nach Analyse der aktuellen Verhältnisse im Agrobusiness, „diese Geschäftemacherei auf Kosten der Gesundheit von Menschen, von Tieren und der gesamten Biosphäre schnellstens zu beenden und zu ersetzen durch eine lebensfreundliche und schonende Bewirtschaftung unserer Erde.” Damals lautete die Empfehlung der DLG,
Doch gelegentlich wurde es sogar angebaut und auch dafür gab es Gründe. Knopf- oder Franzosenkraut schmeckt wie eine würzige Variante von Kopfsalat, ist vitaminreich, eiweißhaltig und enthält viele, teils seltene Spurenelemente. Da es, konventionellen wie chemischen Attacken trotzend, weit verbreitet ist, kann man sich in der Wildkräuterküche über diese positiven Aspekte freuen. Ich schätze den einfach zu bestimmenden Korbblütler als Bestandteil eines Pistou, dem französischen (!) Pesto, in einer Kartoffelcremesuppe.
die Fruchtfolge einer DreifelderwirtREZEPT
legentliche Brachehaltung. Ein Konzept,
Aus 500 g Kartoffeln, 1 Bund Suppen-
dem sich Frau Schwaier anschließen
grün, 2 gehäuteten Fleischtomaten
dürfte. Ackerpflege muss sein, gestern
und 2 Litern Wasser die Suppe bereiten,
wie heute. Gestern wie heute ein Ärger-
pürieren und mit Salz und Pfeffer
nis auf den Feldern: Knopfkraut. Effekt-
abschmecken. Für das Pistou 100 g
heischend schreibt der Chemiekonzern
Knopfkrautblätter, 100 g Pinienkerne,
Bayer im Netz von „einer erheblichen
75 g Parmesan, 6 EL Olivenöl und etwas
Verseuchung der Böden“ durch dessen
Salz pürieren. Auf jeden Teller Suppe
Samen und empfiehlt, was sonst, den
1 EL vom Pistou und etwas geriebenen
Einsatz (zugelassener) Herbizide. Auf
Parmesan geben. Voilà.
Jahren auch nicht zimperlich. Regio-
Wir behaupten von uns, dass wir der günstigste Bastelladen in ganz NRW sind. Wir haben die größte und günstigste Wollabteilung der Firma
schaft einzuhalten, ggf. ergänzt um ge-
der anderen Seite war man vor hundert
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nal wurde Haft angedroht, sollte ein 23
REPORTAGE
Es mag abwegig erscheinen, sich im Zeitalter von Smartphone und sozialen Netzwerken noch mit Ansichtskarten zu beschäftigen. Hand aufs Herz, sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser, haben Sie aus Ihrem letzten Urlaub einen solchen Gruß verschickt? Falls ja, dann hatte unter Umständen Peter Goldau seinen Anteil daran. Goldau ist Vertriebsleiter der Dortmunder Firma „type art satz&grafik“. Er sieht das traditionelle Erzeugnis seit Jahren in konstantem Aufwind. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski
Ansichtskartensache Zeche Zollverein, das Schiffshebewerk in
der Korrespondenz verschickt – im Jahr
Henrichenburg, der Gasometer in Oberhau-
1777. Fachleuten gilt er als deren Erfinder.
sen, das Stadion in Dortmund. Im Ruhrgebiet
Seine wie spätere Drucke, bis zur offiziellen
gibt es touristische Attraktionen, mit denen
Einführung von Postkarten um 1870, werden
längst auch überregional gepunktet wird
„Vorläufer“ genannt. Technischer Fortschritt
Bunte Ansichtskarten findet man selbstver-
bei der Produktion, vor allem aber verbes-
ständlich hier wie dort im Sortiment. Das Ge-
serte Postdienste führten zu einer Blüte. Das
schäft laufe gut, bescheinigt uns Herr Goldau
Niveau der Ära bis zur Zeit nach dem Ersten
und nennt drei Käufergruppen: Touristen,
Weltkrieg wurde nie wieder erreicht, doch
Einheimische und Sammler.
noch in den 1970er Jahren gab es hierzulande Ansichtskarten aus nahezu jeder Ortschaft
Sammler sind eine Species für sich. Touris-
und von jedem Lokal zu Werbezwecken.
ten und Einheimische nehmen sie entweder
„Den Gastronomiekunden gibt es für uns
Analoges „posten“
als unkompliziertes An-
nicht mehr“, sagt Herr Goldau. „Der nutzt
denken oder als illust-
das Internet für sich und sein Gast macht ein
rierenden Träger einer
Selfie. Das ist einfach so. Die Verkaufszahlen
Grußbotschaft. Es ist keine Frage: Familie
stagnierten bis ins neue Jahrtausend, bis zu
und Freundeskreis lassen sich per SMS oder
einem Tiefpunkt um 2005. Dann kam eine
Selfie schneller, preiswerter und bequemer
Wende und – die RUHR2010. Die Kulturhaupt-
über momentanes Tun auf dem Laufenden
stadt hat die Region für Touristen interessant
halten. Allein, vielleicht ist es gerade das.
gemacht, wir können das an unseren Zahlen
Ein paar handgeschriebene Zeilen und die
deutlich erkennen.“
Reise per Post könnten den Kartengruß persönlicher, wertvoller und möglicherwei-
Ein Umstand, der ihn sichtlich freut. Nicht
se ein wenig romantischer machen als jedes
nur der guten Geschäfte wegen. Peter Goldau
digitale Pendant. Auch Herr Goldau kann
Die A40 im Nebel
da nur spekulieren: „Dass es Smartphones gibt, merken wir natürlich. Jeder fotogra-
liebt das Revier. „Wir sind ein Dortmunder Verlag, und wir haben uns immer für
fiert und postet. Aber wenn man mit seinen
die Region stark gemacht. Das Ruhrgebiet
Motiven aktuell bleibt und keine Ladenhü-
ist wirklich schön. Man muss nur ein Auge
ter anbietet, dann ist für die Ansichtskarte
dafür haben. Sogar die A40, morgens, wenn
durchaus ein Markt vorhanden.“
es diesig ist, wenn die Sonne aufgeht und die Nebel hochsteigen. Das ist doch male-
24
Ein Markt, der einst sehr groß war, konti-
risch, auch wenn da permanent Stau ist.” Er
nuierlich gewachsen über weit mehr als
beteuert, es gäbe im Revier keinen einzigen
hundert Jahre. Es heißt, ein französischer
Ort ohne ansichtskartentaugliche Motive.
Kupferstecher namens Demaison hätte
Als Vertriebsleiter ist er fortwährend in
als erster gedruckte Karten zum Zweck
der Gegend unterwegs, nicht, um all diese
wir vor anderthalb Jahren gekommen. Die
lich durchaus funktionierten, ,type art‘ hat
fotografieren. „Das wäre ein schöner Job“,
charakteristischen Taubenschläge verschwin-
Teilbereiche aufgekauft und Mitarbeiter
sagt er und lacht. „Natürlich komme ich viel
den ja. Die wollten wir wenigstens als Motiv
übernommen. Ich gehörte dazu.”
herum, rund um den Pudding. Ich besuche
festhalten. Das war ein Glücksgriff. Und
Verkehrsvereine und Buchhandlungen, wo
dann haben wir gedacht, es könnte interes-
Alte Ansichtskarten gelten als wichtige
wir besonders gut verkaufen. Da höre ich,
sant sein, etwas Historie ins Programm zu
historische Belege, manchmal als die einzig
wo sich etwas verändert hat, ob es einen
nehmen und auch zu erklären, warum es hier
verfügbaren unvoreingenommenen Darstel-
neuen Brunnen gibt oder eine Ruine, die jetzt
so aussieht. Wie bei unserer Kanal-Karte.
lungen längst verschwundener Objekte und
illuminiert ist. Wir schicken einen Fotogra-
Die zeigt nicht nur Häfen und Pötte, sondern
Gebäude. Für die Forschung sind sie ebenso
fen hin, suchen diejenigen Fotos aus, die
liefert mit einem kurzen Text passende Hin-
interessant wie für Ausstellungen, Publikati-
uns am besten gefallen, setzen das Thema
tergrundinformationen.“
onen, Chroniken und Rekonstruktionen. Und
Plätze ausfindig zu machen und selbst zu
für Sammler sowieso. „Ja, es wäre wirklich
grafisch um und stellen manchmal, bevor es in die Produktion geht, die ersten Entwürfe
Die Firma ist zudem in diversen anderen
phantastisch, wenn es die alten Sachen noch
bei unseren Verkaufsstellen zur Diskussion.
Landstrichen vertreten, an Rhein und Mosel,
geben würde“, sagt Goldau. „Wir würden
Das bedeutet regelmäßig eine Arbeit von mindestens drei Monaten. Trotzdem wissen wir nie, was bei den Menschen ankommt. Wir
Aus Cramers Kunstanstalt
in Bayern, Ostwest-
eine solche Serie gern auflegen. Bedauerli-
falen und den neuen
cherweise ist Cramers im Krieg ausgebombt
Bundesländern. Das
worden. Alles, was da war, die ganzen Glas-
vertrauen unserem Gefühl, aber die Erstauf-
erklärt sich aus der Geschichte als Nachfol-
lage ist ein Testballon.“
ger des Dortmunder Traditionsverlags Cra-
negative, ist verbrannt.“
mers Kunstanstalt, einem seinerzeit großen
Am Ende des Interviews äußerte Herr
Das Unternehmen stellt klassische lokale
deutschlandweit aktiven Ansichtskarten-
Goldau einen Wunsch. „Mag sein, dass das
Ansichtskarten her, keine Glückwunsch-,
verlag. „Ich habe bei Cramers gelernt“, sagt
jetzt ein wenig kleinkrämerisch wirkt, aber
Familien- oder Witzkarten, keine Drucke mit
Peter Goldau. „Das war in den 70er Jahren.
wir legen großen Wert darauf, dass von An-
Herbstlaub, Kieselsteinen oder Marienkäfern.
Ende der 90er mussten wir leider die Pforten
sichtskarten die Rede ist. Wir haben noch nie
Ebenso klassisch ist das Design, das seit Jahr-
schließen. Da haben sich einige Leute zu-
eine einzige Postkarte verkauft. Das sind die
zehnten kaum verändert scheint. Seit einiger
sammengesetzt und überlegt, was man ma-
ohne Bilder. Die bekommen Sie bei der Post.“
Zeit ergänzen liebgewonnene Klischees des
chen kann. Damals hatte ,type art‘ bereits
Gern geschehen.
Ruhrgebiets das Sortiment. Trinkhallen zum
einen Teil der Technik für Cramers erledigt.
Beispiel. Und Tauben. „Auf die Taube sind
Bei Cramers gab es Sparten, die wirtschaft25
VERANSTALTUNGEN 08 | 15 SA 01 | 08 | 15
BODO VERLOSUNGEN Das Dortmunder U
BODO VERLOSUNG | Das Dortmunder U Das Dortmunder U verbindet als ein Kulturzen-
Dortmund | 5 x 2 Haustickets
trum neuen Typs Kunst, Forschung, kulturelle
(Einsendeschluss bis 15.8.)
Bildung und Kreativität. Im August wird dort u.a. die Ausstellung Digitale Folklore im HMKV gezeigt.
Computer-
und
SweetSixteen Kino im Depot, Dortmund | 1 x 2 Karten 15.08. | Gasandji & Moh! Kouyaté
Netzkultur werden nur zu einem kleinen Teil von
Bahnhof Langendreer, Bochum | 2 x 2 Karten
technischen Innovationen geprägt. Es ist unwich-
23.08. | RuhrHOCHdeutsch: Hennes Bender
tig, wer den Mikroprozessor oder das World Wide
Spiegelzelt an der Westfalenhalle,
Web erfand und welche Ideen dahintersteckten.
Dortmund | 2 x 2 Karten
Ausschlaggebend ist, wer sie wie benutzt. Viele Bemühungen der User, seien es Sternenhintergründe oder Kätzchenfotos, werden als Kitsch
26.08. | Barbara Ruscher Zauberkasten, Bochum | 3 x 2 Karten
verlacht oder gar als kultureller Verfall bezeichnet.
Mitmachen und Karten gewinnen:
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Schicken Sie das Lösungswort aus unserem Kreuz-
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Die zweistündigen Touren quer durch
kommen wir hier…“ – mit diesen oder
käufer zu den Orten, an denen sich
die Innenstädte von Bochum und
ähnlichen Worten werden Sie einen
Obdachlose aufhalten können und
Dortmund sind auch für „Ureinwoh-
Stadtrundgang erleben, der Ihnen
wo sie Hilfe bekommen, zu Schau-
ner“ spannend, denn selten verlässt
Bochum oder Dortmund aus ganz
plätzen, die man ansonsten vielleicht
man die altbekannten Pfade.
anderer Perspektive zeigt: Mit dem
nicht wahrnimmt, mit Einblicken, die
Blick eines Menschen, der ohne festen
Ihnen einen ganz neuen Blick auf die
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Sa. 15.8. Bochum
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sein eigen nennen kann?
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Festival | Micro!Festival 2015
House, Lounge und Electronic-Sounds. Unter-
Schuster. Lange hat die „Provinz“ nicht mehr in
stützung bekommt er von den Dortmunder DJs
Bochum ausgestellt. Die Ausstellung ist dafür ein
Den Besucher erwartet ein spannender Streif-
Mahan und Der Radius. Die Besucher erwartet
vielfältiger Rundumschlag mit Neuerscheinungen
zug durch die Kultur-Schätze dieser Welt. Atem-
außerdem ein überdimensionaler Riesen-Kicker,
der letzten Monate von bereits berühmten und
beraubende Trommelgewitter versprechen die
bei dem mehr als nur vier Spieler Platz finden. Alle
noch weniger bekannten KünstlerInnen.
Taiko-Trommler „Gocoo“ aus Japan. Für Gänse-
Termine unter djpicknick.de. Der Eintritt ist frei.
Goldkante, Bochum, 20 Uhr
haut sorgen die Niederländer von „DaaD“. Der Sommertraum der „Compagnie circo Pitanga“
Phoenix-See, Dortmund, ab 14 Uhr Film | PSD Bank Kino: Once Der erfolglose, aber talentierte Straßenmusiker
FR 07 – SO 09 | 08 | 15 Festival | Ruhrflair Open Air Festival
hingegen kommt mit romantischen Momenten am Hochseil daher. Samstagabend lockt die Band „La Chiva Gantiva“ mit einem energeti-
Guy träumt von einem anderen Leben, in welchem
Das Festival Ruhrflair bietet an drei Tagen Live-
schen Mix aus Latin-Sounds, Afro-Beat, Jazz,
Menschen seiner Musik zuhören. Als wie aus dem
Musik aus Rock, Pop und Soul und präsentiert
Funk und Rock, bevor die große Straßenthea-
Nichts plötzlich eine junge Pianistin auftaucht, der
junge Talente und „Altrocker“ aus der Region,
ter-Inszenierung „F.A.U.S.T. III“ die Gretchen-
er sich langsam annähert, ist dies für beide eine
moderiert von Musiker Chris Kramer und Beat-
frage stellt. Sonntag ist Familienprogramm für
einschneidende Begegnung. Der Einlass erfolgt ab
boxer Kevin O’Neal. Mit dabei sind u.a. Neorize,
Kinder ab vier Jahren. Der Eintritt ist frei. Alle
18 Uhr, der Film beginnt bei Sonnenuntergang. Das
The Colts, Sam Spade, Lena Danai, Farfarello, Theo
Veranstaltungen auf einen Blick unter www.
ganze Programm: psd-bank-kino.de.
& Soulfingers mit Nippy Nova, Sara’s Wohnzim-
microfestival.dortmund.de
PSD Bank Kino, Seebühne im Westfalenpark,
mer und Familie Feuerstein. Der Eintritt ist frei.
Friedensplatz, Dortmund
Dortmund, ab 18 Uhr
In den Ruhrwiesen, Schwerte,
Fr. ab 17 Uhr, Sa. ab 16 Uhr, So. ab 16 Uhr
Fr. ab 17 Uhr, Sa. ab 15 Uhr, So. ab 11 Uhr
FR 07 | 08 | 15 Musik | Terje Nordgarden Seit Jahren tourt der sympathische Songwriter mit Wohnsitz auf Sizilien durch Europa und Amerika, hat Hunderte von Solo-Shows gespielt und dabei viele Alternativ-Versionen seiner Lieder entwickelt. Einige mit anderen Akkorden, sich unterscheidender Dynamik und gegensätzlichem Gefühl, andere wurden mit Looper arrangiert, um einen vollen Band-Sound zu suggerieren. Jetzt präsentiert der Norweger sein erstes Live-Album. Eintritt frei. subrosa, Dortmund, 20 Uhr
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DROGEN KONTROLLIERTE ABGABE STATT VERBOT Veranstaltung zur Drogenpolitik am 1. September 2015 Rathaus Dortmund
Ausstellungseröffnung | Provinz Editionen – Neuerscheinungen 2014 – 15 In Kooperation mit dem Bochumer Kunstverlag „Provinz Editionen“ zeigt die Goldkante ausgewählte Werke von Kai Althoff, Lutz Braun, Gesine Grundmann, Andy Hope 1930, Sven-Åke Johans-
MEHR GRÜN FÜR DORTMUND.
son, Simona Pries, Matthieu Ronsse und Ralph 27
VERANSTALTUNGEN AUGUST 2015
Kollegen in den exklusivsten Restaurants. Warte-
Alle sechs Figuren des Stücks werden als Karika-
zeit mehrere Monate, doch du kennst den Maitre.
turen auf eine Leinwand projiziert, denen Jule
Wanderung | Nordwärts-Wanderung: Der Fre-
Die Rechnung macht mehrere hundert Dollar. Du
Vollmer mittels ihrer wandelbaren Stimme Le-
denbaumpark und seine Evinger Nachbarschaft
zahlst sie mit der Platin-AmEx. Eine ungeklärte
ben einhaucht.
Unter der Leitung von Dr. Wilhelm Grote führt
Mordserie im Obdachlosenmilieu. Verletzte Pro-
Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr
die Wanderung zunächst durch den Freden-
stituierte warten schweigend auf Behandlung in
baumpark und über den dort stattfindenden
der Notfallklinik. Inzwischen sind mehrere Kolle-
Trödelmarkt. Von dort aus wird der Dortmund-
gen auf Geschäftsreise spurlos verschwunden. Ist
Ems-Kanal angesteuert, anschließend das Natur-
das Böse etwas, was man ist? Oder ist es das, was
schutzgebiet Grävingholz. Über die Evinger Mitte
man tut? Ein Theaterstück frei nach Ellis/Harron
Der Union Gewerbehof beherbergt ca. 100 Unter-
geht es dann wieder zurück zum Fredenbaum-
in einer Fassung von Hans Dreher.
nehmen und Solo-Selbstständige. 250 Menschen
park. Neben Informationen zum Park erfahren
Rottstr5, Bochum, 19.30 Uhr (auch 20.08.)
gehen hier ihrer Arbeit nach. Der im Union-Viertel
SO 09 | 08 | 15
und über den Strukturwandel am Beispiel der Ze-
Fest | Sommerfest im Union Gewerbehof
liegende Gewerbehof bietet mit seinem Sommer-
die Wanderer etwas über die Emscherrenaturierung, die Bedeutung des Dortmund-Ems-Kanals
SA 15 | 08 | 15
FR 14 | 08 | 15
fest an, seine NutzerInnen kennenzulernen und mit ihnen zu feiern. Ab 11 Uhr wird es einen gro-
che Minister Stein. Anmeldung bis zum 7.8. unter
Theater | Ich geh tanzen
ßen Floh- und Künstlermarkt geben. Vegamaxx
nordwärts@dortmund.de.
Eine Hommage an die Lebensfreude
und das Hofcafé sorgen für die kulinarischen
Eingang Fredenbaumpark
Klarissa sitzt am Grab ihres Goldemar, der gera-
Genüsse. Zwischendurch gibt es Livemusik. Kin-
Schützenstr./Beethovenstr., Dortmund, 14 Uhr
de nach über 60 Ehejahren das Zeitliche geseg-
der können sich schminken lassen, von Baum zu
net hat. Seine Stimme kann sie noch hören. Sie
Baum klettern u.v.m. Ein Höhepunkt am Abend
spricht mit ihm über das, was während ihrer Ehe
ab 18.30 Uhr ist die Versteigerung von Kunstexpo-
ungesagt geblieben ist. Immer wieder wird die
nanten im Rahmen der „Neuen Kolonie West“. Ab
MI 12 | 08 | 15 Theater | American Psycho
merkwürdige Zweisamkeit durch Trauergäste
20 Uhr kann zu Livemusik getanzt werden.
Du bist noch keine dreißig. Privatschule, Elite-
unterbrochen. Es sind Menschen, die ihren ganz
Union Gewerbehof, Dortmund, ab 11 Uhr
universität, Spitzenjob in Spitzenfirma. Lunch mit
eigenen Blick auf die Dinge des Lebens haben. Führung | Chinesischer Garten
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Ein besonderer Schatz im Botanischen Garten ist der 1990 erbaute Chinesische Garten Qian Yuan, ein klassischer südchinesischer Gelehrtengarten. Jedes Jahr bietet der Chinesische Garten e.V. öffentliche Führungen an, bei denen es um die Symbolik des Gartens im Rahmen der chinesischen Weltanschauung geht. Die Führung am 15.8. übernehmen Eberhard Koch und Klaus Fröhlich. Eingang Chinesischer Garten im Botanischen Garten, Bochum, 15 Uhr Musik | Sommer am U Straßenstaub Folk-Festival An zwei Tagen zeigt das Ruhrgebiet, dass hier eine der lebendigsten Folk-Szenen im Westen Deutschlands aktiv ist. Allein in Dortmund kann man jede Woche mehrmals an diversen Treffpunkten mit anderen Folkmusikern zusammenkommen und spielen, bis die Saiten glühen. Diesen Mix aus Spielspaß und Feier gibt es nun an zwei Abenden mitten in der Dortmunder Innenstadt, im Rahmen des „Sommer am U” für alle zu erleben, die Lust auf Handgemachtes haben. Dortmunder U, Dortmund, 18 Uhr (auch 16.8.)
Anmeldung und Information im Union Gewerbehof, Huckarder Straße 8 —12, 44147 Dortmund und unter flohmarkt@ union-gewerbehof.de / www.union-gewerbehof.de
Lesung | Schlange liest: Wahre Geschichten und wilde Gedanken An diesem Abend öffnet der Autor und Journalist Bastian Schlange Schubladen seines Lebens,
28
2. FREITAG
Staus auf der B1? Kein Problem für
ihrer Heimat haben es der ausge-
Margit Koch-Entrop. Auf dem Rücken
bildeten Reitlehrerin aus Dortmund
Gefühl bekommen, „live“ dabei zu
ihres irischen Tinkerpferdes Tom
angetan, die den Strukturwandel
sein. Amüsant und facettenreich liest
durchstreift sie auf ganz anderen
hautnah miterlebt hat: Seit über 30
und erzählt Margit Koch-Entrop am
Routen das Ruhrgebiet und dessen
Jahren arbeitet sie in der Stahlindus-
14. August aus eigener Erfahrung ihre
angrenzende Regionen – mit einem
trie. Das Reiten in freier Natur ist ein
spannenden Geschichten rund ums
Vortrag: Wanderreiten
Gefühl von Freiheit beim Eintauchen
willkommener Ausgleich.
Wanderreiten im Ruhrgebiet in der
in eine langsamere Welt.
dass Leser und Zuhörer sofort das
bodo Benefiz-Kulturreihe „2. Freitag“. Ihre spannenden Abenteuer dabei
bodo Buchladen
Wildromantische Touren sind ge-
schildert die gebürtige Wittenerin
Der Eintritt ist frei.
Schwanenwall 36 – 38, Dortmund
nauso dabei wie der Besuch am Ba-
im Buch „Wanderreiten im Ruhrge-
Spenden für bodos Beratungs-
Fr. 14.8. | 19.30 Uhr
desee – besonders die Gegensätze
biet“ in einer so bildhaften Sprache,
angebote sind herzlich wilkommen.
erzählt Geschichten, die zwischen Sevinghausen und dem Kosovo spielen. Es sind Stories über Hetzjagden im Großstadt-Dschungel, über Gras und
Soziales bieten an insgesamt 26 Orten einen bun-
FR 21 | 08 | 15
ten Mix an Livemusik und Kultur, Kulinarischem,
Musik | Zeltfestival Ruhr: Anastacia
Mitmach-Angeboten sowie Führungen. Besucher
Dreck, über Abgründe und Kneipennächte, Krieg
Ihre markante Soulstimme ist ihr weltweites
sind eingeladen, sich aus den 55 Programmpunk-
und das Meer. Schlange, geboren und aufgewach-
Markenzeichen. Ihr immenser Wille kann Berge
ten ihren ganz persönlichen Hafenspaziergang
sen in Bochum-Wattenscheid, ist Chefredakteur
versetzen und scheinbar sogar das Schicksal be-
zusammenzustellen. Das komplette Programm
des Ruhrbarone-Magazins, Reporter bei Correct!v,
siegen. Für Anastacia ist der permanente Kampf
gibt es auf dortmund.de. Der Eintritt ist frei.
Autor für den Ankerherz Verlag und Mitbegründer
ein Merkmal ihrer erstaunlichen Karriere. Mit
Hafenquartier Nordstadt, Dortmund, ab 14 Uhr
der Wattenscheider Schule. Ansonsten ordinäre
ihrem neuen Album „Resurrection“ zelebriert
Thekenschlampe und Ruhrpott-Pistolero.
die unerschütterliche Interpretin ihre Fähigkeit,
Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr
sich immer wieder neu zu erfinden.
Mehr als 30 Jahre im Showbusiness und welt-
Kemnader See, Bochum, 20 Uhr
weit über 40 Millionen verkaufte Tonträger: Mit „Kingston Town“ und „Red, Red Wine“ oder
BODO VERLOSUNG | Gasandji & Moh! Kouyaté Die kongolesische Sängerin Gasandji mischt in ihren Songs, die von den großen Themen Liebe, Hoffnung und Schmerz
Musik | Zeltfestival Ruhr: UB40
„I got you Babe“ wurden UB40 zur lebenden
SA 22 | 08 | 15
Reggae-Pop-Legende. Frontmann Ali Campbell begibt sich mit seiner Band rund um die
Fest | Hafenspaziergang
inspiriert wurden, Jazz,
Es ist ein kleines Jubiläum: Zum fünften Mal lädt
Gründungsmitglieder Mickey Virtue und Astro
Soul und Reggae mit den
das Hafenquartier auf besondere Weise zum Ent-
aktuell auf große Welttournee und macht auch
uralten Klängen ihrer
decken, Erkunden und Mitfeiern ein. Akteure aus
am Kemnader See Station.
Vorfahren. Moh! Kouya-
den Bereichen Kunst, Kultur, Gastronomie und
Kemnader See, Bochum, 19 Uhr
té baut mit seiner Musik eine Brücke zwischen ANZEIGE
Tradition und Gegenwart und verbindet Generationen und musikalische Genres. Im Anschluss an das Global Sounds-Doppelkonzert serviert DJ Ado feinste African-Club-Cultures-Sounds. Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr bodo verlost 2 x 2 Karten
SA 15 – MI 19 | 08 | 15 Film | Kinoper Dortmund macht das Opernhaus zum Lichtspielhaus. Die Eröffnung macht der Film „Jesus Christ Superstar“, der auf die Bühnenfassung des Stücks im Theater Dortmund hinweist. An insgesamt fünf Abenden werden Filme gezeigt, die eng mit dem Spielplan der kommenden Saison verwoben sind. Vom Familien-Tanzfilm, über ein Best-Of des Blicke-Filmfestivals bis zu dokumentarischen Einblicken ins Theaterleben. Infos auf theaterdo.de.
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Opernhaus, Dortmund anzeige bodo21.5..indd 1
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29
VERANSTALTUNGEN AUGUST 2015
SO 23 | 08 | 15
Hobbit der deutschen Bühnen, stets auf 180 und immer kurz vorm Explodieren. Er ist klein. Und laut. Ein kurzer Kracher,
Fest | FamilienSonntag Spezial: Sommerfest
DO 27 | 08 | 15 Lesung | Lena Schätte: Ruhrpottliebe
Dieser Familiensonntag wird anders als die ande-
der lange nachhallt, oder
Lena Schätte, selbst ein Kind aus dem „Pott“,
ren, denn er steht ganz im Zeichen des Werkstadt-
wie sein Kollege Jochen
lässt ihre junge Protagonistin Dana im Herzen
Sommerfestes. Auf dem Parkplatz der Werkstadt
Malmsheimer ihn nennt:
des Ruhrgebiets nach der Liebe suchen. Bei ih-
warten eine große Hüpfburg und jede Menge
„Das Cornichon des deut-
ren Dates trifft Dana auf skurrile Typen – vom
Spiele auf die kleinen BesucherInnen. Zusätzlich
schen Kabaretts“! Infos zu allen Veranstaltungen
Physikstudenten Adam über den Musiker Marek
locken ein begehbarer Sandstrand und frisches
unter www.ruhrhochdeutsch.de.
und den Skinhead Johannes bis hin zum sympa-
Grillgut. Und sollte uns das Wetter an diesem Tag
Spiegelzelt an der Westfalenhalle,
thischen Ben. Doch wer ist der Richtige? Oder liegt
nicht wohlgesonnen sein, finden alle Aktionen in
Dortmund, 20 Uhr (auch 22.08.)
die Liebe doch woanders? Zwischen dem spießi-
der Halle statt. Der Eintritt ist frei.
bodo verlost 2 x 2 Karten für den 23.08.
gen Job im Anwaltsbüro, der ersten eigenen Woh-
Werkstadt, Witten, 14 Uhr Theater | Die Show Die Show, das ist eine spektakuläre Feier des
nung und den Eskapaden ihrer besten Freundin Carmen bemerkt sie vor lauter Suchen kaum,
MI 26 | 08 | 15
dass das Glück ihr beinahe auf die Füße tritt.
BODO VERLOSUNG | Barbara Ruscher
Studio B der Stadt- und Landesbibliothek,
Lebens, bei der der Tod mitspielt! Bodo Aschen-
Mit ihrem neuen Programm bricht Barbara Ru-
bach und seine Assistentin Ulla präsentieren
scher charmant und intelligent nun auch die
galaktische Live-Abendunterunterhaltung mit
letzten Tabus unserer
zahlreichen internationalen Musikstars – und
Zeit. Der nahtlose Wech-
einem Kandidaten, der für eine bessere Zukunft
sel vom Politischen ins
alles riskiert, der für eine Million Euro um sein
Erotische gelingt ihr da-
14 Künstlergruppen aus 6 Ländern bringen
Leben rennt. Wird er die Flucht überleben – oder
bei ebenso charmant wie
auch in diesem Jahr internationales Straßen-
wird das Killer-Kommando ihn töten? Ein Mil-
die Kunst, die Welt nicht moralinsauer, aber wun-
theater nach Schwerte. Ruhige Platzinszenie-
lionenspiel um Leben und Tod von Kay Voges,
derbar ätzend zu spiegeln. Ekstase findet Ruscher
rungen und poetische Geschichten werden
Alexander Kerlin und AK Schulz.
in allen Bereichen: im modernen Verhältnis der
aufgelockert durch unterhaltsames Kinder-
Schauspielhaus, DO, 19.30 Uhr (auch 29.8.)
Geschlechter, aber auch bei Massentierhaltung,
theater, komödiantische Showeinlagen und
Dortmund, 19.30 Uhr
FR 28 | 08 | 15 Festival | Welttheater der Straße
Organspende, TTIP, beim Datenklau im Punkte-
Akrobatik. Das Welttheater verwandelt die
VERLOSUNG | RuhrHOCHdeutsch: Hennes Bender
sammeln, bei der Billigproduktion und der Wahl
malerische Schwerter Altstadt in einen zau-
Bender ist weder übertrieben groß noch sonder-
von Ernährungskonzepten – all das wird von ihr
berhaften Ort der Fantasie, der mit seinen
lich leise. Deswegen trägt seine neueste Show
souverän als Stand-up und am Klavier, getextet
zahlreichen Plätzen und den nahegelegenen
auch den treffenden Titel „klein/laut“! Damit
und gedichtet, lakonisch und bissig präsentiert.
Ruhrauen ein passendes Ambiente für magi-
jeder weiß: Da vorne steht nicht etwa ein hoch-
Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr
sche Theatererlebnisse zu nächtlicher Stunde
gewachsener, stiller Mann, sondern der Comedy-
bodo verlost 3 x 2 Karten
bietet. Der Eintritt ist frei.
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Schwerte, 18 Uhr (auch 29.8.) Theater | Heinrich Heine Veilchenduft und Freiheitssonne Mit Theaterspiel und Gesang werden Gedichte und Prosatexte von Heinrich Heine an diesem Abend auf der Bühne lebendig. Die Umsetzungen in Spielszenen sind dabei so vielschichtig wie die Themen der verschiedenen Texte, mit denen die Theatergruppe „WortSinnWeisen“ einen Einblick in Heines Leben und Werk gibt. Die Veranstaltung findet zugunsten der „Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum“ statt. Theater 48, Bochum, 19.30 Uhr Ausstellungseröffnung | Schwitzkästen Ausweglosigkeiten und andere Zwangslagen Der Schwitzkasten ist physikalisch betrachtet ein rechteckiger Holzkasten mit Kopföffnung zum Ausspülen von Giftstoffen aus dem Körper. In dieser Ausstellung steht er als Syno-
30
BODO-TIPP
Literarisches, Künstlerisches und Dis-
und dem Raucherschulhof der Henry
selloch in eine etwas andere Maga-
kussionen – am 26. August findet die
Nannen Schule“, hieß es in der Ankün-
zinredaktion.
dritte bodo-Lesebühne „Drei plus x“
digung zur Auftaktveranstaltung.
im „literaturhaus.dortmund“ mitten
bodo und das „literaturhaus.dort-
im Dortmunder Kreuzviertel statt. Es
Auf jeden Fall erwartet die Besucher
mund“ laden ein zu einem kurzweili-
lesen drei Redaktionsmitglieder des
eine individuelle literarische Late-
gen Abend zum Zuhören sowie zu Ge-
Drei plus x bodo liest
Straßenmagazins bodo zu einem Ein-
Night-Show, auch in diesem Monat
sprächen und Diskussionen über alles,
tritt von: drei Euro plus x.
wird ein journalistisches Dreierteam
was wichtig ist: „bodo, wir müssen re-
lesen: Hintergründige Lesestücke,
den.“ Die Eintrittsgelder kommen den
„literaturhaus.dortmund“
Die bodo-Lesebühne „Drei plus x“ sei
Unveröffentlichtes, Berichte und
Verkäufercafés bei bodo zugute.
Neuer Graben 78
„eine Mischung aus Kulturstamm-
Fundstücke aus der Arbeit für bodo
Mi. 26.8. | 19.30 Uhr
tisch, dem literarischen Quartett
und anderswo, Blicke durchs Schlüs-
nym für ausweglose Situationen, aus denen es sich zu befreien gilt. So werden neben Installationen, Videoarbeiten, Objektkunst und
SA 29 | 08 | 15 Markt | 1. Food Lovers – Street Food Markt
www.literaturhaus.dortmund.de
Musik | urbEXPO: Hauschka – Abandoned City Als studierter Pianist entlockt Volker Bertelmann alias Hauschka seinem Instrument Klänge, die
Performances auch Zeichnungen und klassi-
Ein buntes Zusammentreffen diverser Food
alle möglichen Assoziationen wecken – nur nicht,
sche Malereipositionen gezeigt. Bekannte
Trucks und Stände aus den verschiedensten Na-
dass Hauschka ein Klavier spielt. Er kennt die Pro-
Volksmärchen (Dornröschen) werden dabei
tionen bieten kulinarische Köstlichkeiten in un-
duktpalette von verschiedenen Gaffa-Tapes, mag
ebenso thematisiert wie Tanz- und Theater-
gezwungener und offener Atmosphäre an. Hier
Staniolpapier, spielt mit Stäbchen und Tischten-
szenen, bei denen Menschen figurativ eng
zeigen Profi- und Hobbyköche außergewöhnli-
nisbällen. Er formt seine Klänge und schafft auf
ineinander verschlungen sind bzw. durch
che und landestypische Kreationen von Speisen,
minimalistische Art und Weise komplexe Klang-
Würgegriffe bedrängt werden. Die Ausstel-
die frisch für die Besucher zubereitet werden.
landschaften und Kompositionen.
lung läuft bis 4. Oktober.
Riff-Gelände, Bochum, ab 12 Uhr (auch 30.8.)
Christuskirche, Bochum, 21 Uhr
Künstlerhaus, Dortmund, 20 Uhr Vinyl-Flohmarkt | BierinFlaschen + VinylinScheiben Musik | Daniel Knox
Party | 15 Jahre Sissikingkong: Jubel Trubel La Boum!
Der gesellige Schallplattenflohmarkt im Kortlän-
15 Jahre Sissikingkong – das muss gebührend ge-
Traurige Lieder – große Bilder: Komponist Da-
der-Kiez geht bereits in die vierte Runde. Auch
feiert werden. Und zwar mit einer Spezialausga-
niel Knox aus den USA erschafft mit seinen
dieses Mal wird wieder eine Unmenge an Vinyl
be der Sissikingkong-Lieblingsparty: La Boum!
cineastischen Klavierballaden Bilder in den
in (fast) allen Größen, Formen, Farben und mu-
Die DJs Timmi&Martini werden hinter den Plat-
Köpfen der Hörer. Melodien wie ein Spazier-
sikalischen Ausprägungen zu bestaunen und zu
tentellern wieder alles geben und den Feiernden
gang auf Pariser Kopfsteinpflaster in den
erwerben sein. Das gleiche gilt natürlich fürs Bier.
Beat & Soul & Rock’n’Roll um die Ohren hauen.
kleinen Gassen zwischen den romantischsten
Zwischendurch kann man sich mit glücklichen Sol-
Der Eintritt ist frei, und es gibt es auch noch le-
Cafés der Welt.
eiern, Bio-Frikadellen, Quiche und Kuchen stärken.
ckeren Knabberspaß. Herzlichen Glückwunsch!
Offene Antworten, Dortmund, 20 Uhr
Trinkhalle, Bochum, 14 bis 22 Uhr
Sissikingkong, Dortmund, 22 Uhr ANZEIGE
31
REPORTAGE
Sitzen und warten Syrische Geflüchtete protestieren in Dortmund
Die Planen müssen neu gespannt werden. Um den Regen abzuhalten, erklären Adam und Abdul. Die Hitze der letzten Woche hat sich am Morgen in Gewittern entladen. Einige Isomatten und Schlafsäcke sind nass geworden. An der Katharinentreppe, dem zentralen Durchgang zwischen dem Dortmunder Hauptbahnhof und der Fußgängerzone, haben Geflüchtete ein Protestcamp errichtet. Zwischen zwei Bäumen hängt ein Transparent: „Helfen Sie uns, unsere Familien in Syrien vor dem Tod zu retten“, ist darauf zu lesen. „Acht Monate bis zur Aufenthaltsbewilligung sind zu lang“, steht auf einem anderen.
Seit fast zwei Monaten protestieren rund 50 Menschen, die aus Syrien vor Krieg, Verfolgung und Tod geflohen sind, für die schnellere Bearbeitung ihrer Asylanträge. In der Dortmunder Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) scheint das besonders lange zu dauern. Manche warten schon mehr als ein Jahr. Na und, könnte man sagen, was macht das aus? Sie sind in Sicherheit. Aber daran hängt eine Menge mehr. „Meine Frau und meine Kinder sind noch in Damaskus“, erzählt Adam. „Und solange ich keine Aufenthaltsbewilligung habe, kann ich
mich geweigert hätte, hätte man mich getötet.“ Also musste er weg aus Syrien, so schnell wie möglich. Es war hart, das Frau und Familie zu erklären. „Und als mein Vater es endlich akzeptierte, setzte sich Abdul neben mich und sagte, er müsse mit mir kommen.“ Abdul ist acht Jahre jünger und war Teil der Opposition. Er hat Flashmobs gegen das Regime besucht, meterlange Anti-Assad-Schriftzüge an Mauern gesprüht. 20 Tage war er einmal im Gefängnis, ohne dass irgendjemand wusste, wo er war. Ein paar Monate später wäre auch
sie nicht nach Deutschland holen.“
er eingezogen worden.
Adam und sein Bruder Abdul, die eigentlich
So machten sich die Brüder gemeinsam mit
anders heißen, sind seit zehn Monaten hier. Sie sind geflohen, um in Europa ein neues Leben zu beginnen. In Syrien haben beide Betriebswirtschaft studiert, Abdul hatte gerade seinen ersten Abschluss und hätte zum Militär gehen müssen, wie jeder männliche Syrer zwischen 18 und 45. Der 32-jährige Adam hat-
Von Alexandra Gehrhardt
te seinen Dienst schon hinter sich – er war in
Fotos: Felix Huesmann
Homs stationiert, als der Krieg 2011 losbrach.
und Sebastian Sellhorst
„Ich habe dort schreckliche Dinge gesehen und war froh, als es vorbei war.“ Im letzten Sommer sollte er zurück in den Krieg. „Ich
34
hätte Menschen töten müssen. Und wenn ich
einem Onkel auf den Weg. Von Syrien nach Algerien, nach Tunesien, nach Libyen, von dort mit dem Schiff weiter. Papiere haben sie wasserdicht eingepackt, Bargeld in ihren Schuhen versteckt, in die Innensohle oder die Zunge eingenäht. Die Fahrt über das Mittelmeer startete nachts. Im Schlauchboot ging es in völliger Dunkelheit hinaus aufs Meer. „Du siehst nichts, hörst nur weinende Stimmen. Und plötzlich liegt es da, wie ein Geisterschiff, völlig dunkel.“ Die
See sei unruhig gewesen, der Umstieg aufs Schlepperboot gefährlich. „Alles muss schnell gehen. Du musst im richtigen Moment springen, sonst fällst du zwischen die Boote. Wenn du einen Fehler machst, stirbst du.“ In ihrem Boot hat niemand einen Fehler gemacht. Dann kam Italien, Europa. Vor Lampedusa griff die Küstenwache das Schiff auf, das Rote Kreuz versorgte die Menschen. Die Fahrt in ein Lager endete in einer Polizeistation. „Wir sollten unsere Fingerabdrücke abgeben, aber wir wussten, wenn wir das tun, dann haben wir keine Zukunft.“ Dass Geflüchtete in Italien keine Zukunft haben, liegt am sogenannten Dubliner Übereinkommen, über das die EU die Zuständigkeit für Asylsuchende regelt. Es besagt, dass für den Asylantrag von Geflüchteten jener EUStaat zuständig ist, über den sie einreisen. Nur: Die wenigsten von ihnen kommen über die Nordsee oder mit dem Flugzeug nach Europa, sondern über das Mittelmeer: Spanien, Italien und Griechenland, andere über Serbien oder Ungarn. Faktisch heißt das: Nicht 27 Staaten tragen die Verantwortung, sondern nur eine Handvoll. Während Menschen in Deutschland Unterkünfte anzünden, weil ihnen 30 Flüchtlinge zuviel sind, sind diese Länder wirklich überfordert. Doch alle EU-Staaten – egal, wie sie wirtschaftlich dastehen oder wie sie mit Minderheiten umgehen – gelten als sogenannte sichere Herkunftsstaaten. Wegen der Krise sind Abschiebungen nach Griechenland gerade ausgesetzt. Italien gilt als zumutbar. Doch dort werden Geflüchtete allein gelassen, ohne Unterkunft, Geld, Nahrung. Im November hat sich die Bundesregierung hinreißen lassen, Menschen aus Syrien und christlichen Minderheiten aus dem Irak zügig Asyl zuzusichern. Dieses Versprechen ist dank der Dublin-Regelung völlig wertlos – und die
Oben: Als die italienische Küstenwache das Boot der beiden Syrer
Bundesregierung weiß das.
aufgreift, filmt Adam mit seinem Handy.
Das BAMF gibt sich machtlos. Man sei überlastet und habe zu wenig Personal, hieß es im
Mitte: Nach einer Woche zog das Protestcamp vom Bundesamt für Migrationen in Dortmund um an die Katharinentreppe in der Innenstadt.
Juni. Und: Dass sich Anträge von SyrerInnen
Unten: Noch immer warten viele der Geflüchteten auf die Bearbeitung
verzögern, liege vor allem an den vielen An-
ihrer Anträge. Ein Umzug des Camps nach Berlin soll den Forderungen
trägen von KosovarInnen. Mit dieser perfiden
Nachdruck verleihen. 35
REPORTAGE
KULTUR
Djelem Djelem Argumentationsstrategie werden, ganz in
tag, aber nicht für so eine Reise. Der Vater hat
der Linie der deutschen Innenministerien,
viel Geld dazugegeben, die Vermietung von
Geflüchtete gegeneinander ausgespielt.
Adams Haus wirft etwas ab.
Sie werden hierarchisiert und gespalten in „gute“ Menschen aus Kriegsgebieten und
Sie telefonieren täglich mit der Familie, „um
angeblich „sozialbetrügende Wirtschafts-
auf dem Laufenden zu bleiben“, erklärt Ab-
flüchtlinge“, denen es, so heißt es am Stamm-
dul. In der Bäckerei des Vaters hängt eine
tisch und im Parlament, nur darum geht, es
Überwachungskamera, deren Bilder die
sich hier gut gehen zu lassen.
Brüder über das Internet abrufen können. Manchmal, wenn sie wissen, dass die Kinder
Der Rat der Stadt Dortmund hat sich in einer
gerade zuschauen, winken die Eltern in die
Resolution mit den Protestierenden solida-
Kamera. Telefoniert wird über das Internet,
risch erklärt. Das ist ein Symbol, mehr nicht.
über Facebook und WhatsApp besteht Kon-
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat mit
takt. Es ist ein seltsamer Anblick, wenn ein
einigen von ihnen gesprochen. Sie zeigte Be-
Dutzend Menschen in ihre Smartphones ver-
troffenheit, aber auch sie kann das EU-Recht
tieft sind. Aber es ist die einzige Verbindung
nicht ändern.
zu denen, die gerade weit weg sind.
Adam und Abdul wissen, dass auch sie Dub-
Einige der Syrer aus dem Camp haben mitt-
lin-„Fälle“ sind. Und sie erleben die Willkür
lerweile ihre Aufenthaltsgenehmigung. Die
und das Chaos des deutschen Asylsystems.
Mehrheit wartet noch immer. Mit dem Camp
Adams Antrag ist verloren gegangen. Er sei
wollen die Syrer jetzt nach Berlin umziehen
von Dortmund nach Düsseldorf und zu-
und dort weitermachen. Adam und Abdul
rück geschickt worden, doch das Dokument
wollen neu anfangen, Deutsch lernen, arbei-
tauchte nicht auf. Drei Monate Wartezeit wa-
ten, Steuern zahlen. Nichts davon dürfen sie
ren dahin. „Solange ich kein Asyl habe, kann
ohne Aufenthaltsbewilligung. Der Staat wird
ich meine Familie nicht holen.“
ihnen nicht helfen. Abdul hat einen Brief bekommen, in dem steht, dass er nach Italien
Warum er sie nicht mitgenommen hat? Für
ausreisen soll. „Dublin“. Die Brüder wollen in
Frauen und Kinder ist die Flucht strapaziö-
Deutschland bleiben. „Wir haben nicht dem
ser und noch gefährlicher als für Männer, viel
Tod ins Auge gesehen, um in Italien auf der
zu oft ist Gewalt eine Waffe. „Ich habe Bilder
Straße zu leben.“
von toten Kindern gesehen – ich will nicht daran denken, dass das meine sein könnten.“ Außerdem: Es ist teuer, in die Festung Europa zu gelangen, 5.000 Dollar hat die Flucht pro Person gekostet. Sie hatten normale Jobs in Damaskus, der Verdienst reichte für den All36
Dortmund geht häufiger neue und ungewöhnliche Wege. So auch beim Roma-Kulturfestival „Djelem Djelem“ – bundesweit gibt es kein vergleichbares Festival. 2014 fand es erstmalig in der Dortmunder Nordstadt statt, als Auftakt für eine alljährliche Veranstaltungsreihe. Ab 2. September dieses Jahres liegt der Fokus auf dem Thema Jugend. Text und Fotos: Alex Völkel
Für das Festival – benannt nach der Roma-Hymne „Djelem
jedem Land, wo Roma wohnen.“ Trotzdem würden Roma
Djelem“ – gibt es mehrere Gründe: Denn das Thema
meistens an den Rand der Gesellschaft gedrängt und
Zuwanderung aus Südosteuropa wird bundesweit negativ
diskriminiert. „Die Zugehörigkeit zur Gesellschaft wurde
diskutiert, was nicht selten verstärkt Diskriminierung und
uns meistens verwehrt“, bedauert der deutsche Rom. „Das
Ausgrenzung zur Folge hat, insbesondere der Zuwanderer,
Festival und die Fortbildungsveranstaltung sind gute Mög-
die der Ethnie der Roma angehören.
lichkeiten, die andere Seite der Roma zu zeigen, aufzuklären und gegen Vorurteile anzugehen.“
„Es ist wichtig, ein anderes Zeichen zu setzen“, verdeutlicht Sami Dzemailovski vom Projekt „Junge Roma aktiv“. „Wir
Denn die Debatte werde häufig defizitär geführt, ohne
sind seit Jahrzehnten, oder sogar seit Jahrhunderten, ein
auf die Bedürfnisse der Zugewanderten sowie deren
Bestandteil dieser Gesellschaft – in jeder Gesellschaft und
Ressourcen zu achten. Dies trifft insbesondere Jugend-
37
KULTUR
liche, denen die Integration und damit ein
Dortmunder Großveranstaltung mit: Denn
Zudem richte es den Fokus auf die reiche Kultur
erfolgreicher Start ins Leben so erheblich er-
bundesweit gebe es nichts Vergleichbares. „Das
der Roma und auf das, mit dem sie die deut-
schwert werden. „Aus jahrelanger Erfahrung
Festival ist unter Roma über Stadtgrenzen hin-
sche Gesellschaft bereichern können.
in der Migrationsarbeit ist jedoch bekannt,
weg bekannt – aber auch bei anderen Instituti-
wie wichtig eine Willkommenskultur seitens
onen und Personen, die mit Roma arbeiten.“
derten ist“, verdeutlicht Ricarda Erdmann
Die Zuwanderer selbst sollen die Gelegenheit
hätten in ihrer alten Heimat Diskriminierung
von der Integrationsagentur der AWO, die fe-
bekommen, Theater, Musik und Speisen ihrer
und Verfolgung erlebt. „In Dortmund soll
derführend dieses Vorhaben betreibt. „Dies
Herkunftskulturen zu präsentieren und zu
niemand in Angst leben und leugnen müssen,
geht einher mit dem Versuch, die Debatte
genießen. Gleichzeitig soll den in Dortmund
dass er ein Rom ist“, betonte der Stadtdirektor.
um die sogenannte Armutszuwanderung zu
bereits angekommenen Roma ein Stück
Außerdem forderte Stüdemann, die Diskrimi-
versachlichen und auch positive Aspekte der
Willkommenskultur und Anerkennung ent-
nierung und Schlechterstellung der Roma in
Zuwanderung sichtbar zu machen.“
gegengebracht werden, was gleichzeitig eine
ihren Herkunftsländern endlich abzustellen:
Aufwertung der Communities in der öffentli-
„Diese Diskriminierung in EU-Ländern ist
chen Wahrnehmung bewirken soll.
skandalös. Diese Zustände müssen aufhören.“
Dabei kommen die Angehörigen der RomaCommunities häufig selbst nicht zu Wort. Nicht
38
„Wir sind immer eine Einwanderungsstadt gewesen“, sagt Stüdemann. Zuwandernde Roma
der Mehrheitsgesellschaft für die Zugewan-
Die deutsche Bevölkerung müsse mithelfen,
so bei „Djelem Djelem“: „Das Festival hat daher
„Djelem Djelem“ ist dabei von zentraler Bedeu-
dass sich die zugewanderten Familien mit
für uns einen hohen Stellenwert, insbeson-
tung. „Als längst überfällig“, bezeichnet Stadt-
ihren Kindern in Dortmund wohlfühlen und
dere die Zusammenarbeit mit den Partnern
direktor Jörg Stüdemann das Roma-Kultur-
hier eine eigene Lebensperspektive entwi-
vor Ort ist eine sehr gute und sehr sinnvolle
festival: „Wir haben viel zu lange nur über die
ckeln und sich verwirklichen können.”
Möglichkeit zur Sensibilisierung“, unterstreicht
Probleme und über die Menschen gesprochen,
Dzemailovski, dessen Organisation in Köln
aber nicht mit ihnen.“ Das Festival leiste einen
Wasser auf die Mühlen von Sami Dzemailov-
ansässig ist. Dennoch arbeiten sie bei der
wesentlichen Beitrag, Vorurteile abzubauen.
ski. Für ihn hat das Festival zwei Funktionen:
„In die Community hinein, weil wir uns sehr
Ein wichtiger Akteur ist das Theater im Depot:
Aber auch Menschen, die noch nie im Theater
oft fremdschämen wegen der meist negati-
Es versteht sich als ein Ort der kulturellen
waren, weil sie sich Tickets nicht leisten kön-
ven Berichterstattung. Schämen sollen sich
Begegnung in der Nordstadt. Es hat sich zum
nen, waren willkommen. Gemeinsam mit den
die Rassisten und nicht wir!“ Natürlich gibt
Ziel gesetzt, sich auch neuen Zuwanderer-
Streetworkern und Projektmitarbeitern von
es auch Armut unter Roma – aber eben nicht
gruppen aufgeschlossen zu zeigen. „Djelem
Planerladen und AWO wurden sie eingeladen.
nur. „Wir sind in allen gesellschaftlichen
Djelem“ war bei seiner Premiere so erfolg-
Sie erlebten dort Musik und Theater, sangen
Schichten vertreten“, macht Dzemailovski
reich, weil es gelang, auch Zuwanderer aus
und tanzten ausgelassen mit den Deutschen.
deutlich. „Wir haben unsere Stärken, wir sind
äußerst prekären Verhältnissen als Besucher
gut, wir sind wertvoll als Mensch, überall eine
zu gewinnen. „Somit soll das Festival zur wei-
Die kulturellen Mittel beim zweiten Festival
Bereicherung – das muss die Botschaft nach
teren interkulturellen Öffnung beitragen und
(2. – 6. September) sind vielfältig: Die Macher
innen und nach außen sein.“
Kunst und Kultur als ein integrativer Teil von
setzen auf Theater, Spielfilm, Lesung, Hip-
Stadtentwicklung verstanden werden“, erklärt
Hop-Contest, ein Foto- und ein Theaterpro-
Intendant Berthold Meyer.
jekt für Jugendliche sowie ein Kunstprojekt
Djelem Djelem
zum Thema Antidiskriminierung. Dazu gibt
Das 2. Dortmunder Roma-Festival
Das Theater setzt sich seit Jahren auch mit
es ganz klassische Informations-, Vortrags-
findet vom 2. bis 12. September statt.
der sozialen Wirklichkeit in der Nordstadt
und Diskussionsveranstaltungen sowie ein
Lesungen, Diskussionsveranstaltungen,
auseinander. „Es kommen ja nicht nur Ar-
großes Familienfest auf dem Nordmarkt.
Film- und Jugendtheatervorführungen,
mutszuwanderer, sondern auch Kulturschaf-
„Die größte Herausforderung ist, die Grenzen
eine Fachtagung für pädagogische Fach-
fende“, weiß Marek Kot. Er hat für das Theater
in den Köpfen zu überwinden, die Vorurteile
kräfte und ein großes Familienfest auf
Kontakte zu polnischen Roma geknüpft. „Sie
abzubauen und sich selber etwas zuzutrau-
dem Dortmunder Nordmarkt.
fanden es großartig, ihre Farben zu sehen und
en“, sagt Sami Dzemailovski.
Das Programm und weitere Informatio-
beim Festival dabei zu sein. Sie fühlten sich
nen finden Sie auf www.bodoev.de.
willkommen und im Depot total wohl.“
39
NETZWELT
KINOTIPP
sweetSixteen-Kino im Depot & bodo präsentieren: ThuleTuvalu Zwei Orte an den Rändern dieser Erde geraten durch den Klimawandel in die Schlagzeilen: Thule in Grönland, weil dort das Eis rapide schmilzt, und Tuvalu, weil dieser Inselstaat im Pazifik als eines der ersten Länder im ansteigenden Meer zu versinken droht. Während für uns die Erwärmung des Planeten fast nur in den Medien statt-
Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:
www.resterechner.de
findet, verändert sie für die Menschen in
Laut Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
An beiden Orten nimmt die Doku am Leben
wirft jeder Deutsche durchschnittlich 82 Kilogramm Lebensmittel pro Jahr weg. Pro
teil. Dabei werden neben Unterschieden
Person sind das im Jahr Lebensmittel im Wert von 235 Euro. Neben dem Geld, das so
auch immer mehr Gemeinsamkeiten
in der Tonne landet, wird auch immer eine bestimmte Menge an Energie, die für Pro-
deutlich: Es zeigt sich, sei es beim Jagen
duktion, Lagerungen, Transport und Verkauf der Lebensmittel aufgewendet wurde,
oder beim Fischen, bei Eisfahrten oder
verschwendet, wenn Lebensmittel nicht verbraucht werden, sondern im Müll landen.
beim Kanubau, wie das Meer das ganze
Wie viel Geld und Leistung konkret in jedem einzelnen Produkt stecken, vermittelt
Dasein prägt. Der Film macht deutlich, wie
spielerisch das Projekt Resterechner der Verbraucher Initiative e.V. Seit 1985 macht
aus dieser engen Abhängigkeit von der
der Verein ökologische, gesundheitliche und soziale Verbraucherarbeit.
Natur und in großer Abgeschiedenheit von
Bereits auf der Startseite des Resterechners kann man auswählen, für welche Lebensmittel man sich Preis und Energie anzeigen lassen möchte. Nach einem Klick auf den Button mit der Aufschrift „In die Tonne“ bekommt man sowohl den Wert der nicht verbrauchten Lebensmittel als auch die damit entsorgte Energie angezeigt. Statt die verschwendete Leistung in abstrakten Kilowattstunden auszugeben, rechnet der Resterechner einem die Energiemenge in Einheiten wie „Musik hören“, „Aquarium betreiben“, „im Internet surfen“ oder viele andere lebensnahe Beispiele um. So erfährt man nach zwei Klicks, dass man für 300 g Käse, die im Müll landen, zehn Minuten hätte duschen, für einen Liter Milch 123 Tassen Kaffee kochen können. Das 200 g Steak entspricht gut 76 Stunden vor einem laufenden Fernseher. Die Daten, die der Resterechner ausgibt, orientieren sich dabei an den durchschnittlichen Preisen im Lebensmitteleinzelhandel. Die Energiewerte bezieht die Webseite aus Daten des Okö-Instituts, das in einer großen Studie den Leistungsgehalt von Lebensmitteln ermittelt hat. „Wir wollten auf den erhobenen Zeigefinger verzichten und den Leuten spielerisch vermitteln, wie viel Geld und Energie in Lebens-
La
ur
a
40
Gr
o ss
Thule und Tuvalu ihre gesamte Existenz.
der übrigen Welt über Jahrhunderte ihre besonderen Lebensweisen entstanden. Die Doku zeigt auch, wie die Eisschmelze im Norden Jahreszeiten, Landschaft als auch das gesamte Leben verändert, und wie der Wasseranstieg die Menschen in Tuvalu bedroht: Ihre Heimat wird in den Fluten des Meeres versinken. Zwischen Hoffnung und Wut, Resignation und Zuversicht suchen die Protagonisten eine Haltung zu dieser Bedrohung. Und einige sehen sich gar gezwungen, einen Schlussstrich unter ihre bisherige Existenz zu ziehen und von Grund auf ein neues Leben zu beginnen. Ab Do. 13.08. | Weitere Termine unter www.sweetsixteen-kino.de
mitteln steckt“, so Laura Gross, Referentin für Ernährung der Ver-
sweetSixteen-Kino im Depot
braucher Initiative. „Nur wer weiß, was in Lebensmitteln steckt,
Immermannstr. 29, 44147 Dortmund
kann bewusst darauf achten, besonnen mit Lebensmitteln um-
Telefon 0231 – 910 66 23
zugehen, bewusster einzukaufen und nicht bei Sonderangeboten
info@sweetsixteen-kino.de
mehr einzukaufen, als man eigentlich benötigt.“ (sese)
www.sweetsixteen-kino.de
BÜCHER
Gelesen von Bastian Pütter
Über das Meer Wolfgang Bauer und Stanislav Krupar sind erfolgreiche Journalisten, Bauer für
Im Jobcenter
die „Zeit“, Krupar fotografiert u.a. für „Geo“ und „Stern“. Sie lassen alles hinter sich und brechen von Ägypten aus auf, ausgerüstet mit einer falschen Identität, Geld für Schleuser und einem Satellitentelefon für den Notfall. Ihr Ziel: Die Festung Europa. Sie machen sich auf mit Männern wie ihnen: Amar etwa, Unternehmer aus Syrien, oder Hussan, 22, der aus Assads Armee desertierte.
Zwischen Menschen
mittlerin im Jobcenter Hamburg-Altona Irgendwo in Österreich: Drei Jugendliche,
bundesweit Bekanntheit, als ihr Arbeitge-
ein Obdachloser. „Herzkörper“, der zweite
ber sie nach einem Offenen Brief suspen-
Roman des Wahlwieners Harald Darer
dierte. Zuvor hatte sie erfolglos intern auf
(geb. 1975), erzählt die Geschichte einer
Missstände hingewiesen, nun war sie die
„Existenzverrohung“, wie es an einer Stelle
„Hartz-IV-Rebellin“, beliebte Interviewpart-
im Text heißt. Chris, Andi und Boro haben
nerin, aber auch Ansprechpartnerin für
einen Weg gefunden, Langeweile und Leere
viele frustrierte KollegInnen.
Der Unterschied: Die Männer, die Bauer
kurzfristig zu durchbrechen. Es sind Spiele
und Krupar begleiten, entfliehen dem
und Bestrafungen, schmerzhafte, kleinere
Krieg, sie gehen allein auf den lebensge-
und größere Grausamkeiten, die sie sich
fährlichen Trip mit dem Ziel, ihre Familien
gegenseitig zufügen, bis sie Rocko treffen.
nachzuholen, heraus aus der immer weiter
Der alkoholkranke Obdachlose wird das
ins Chaos stürzenden arabischen Welt.
gemeinsame Objekt ihrer Lust am Quälen.
Wie die aussieht, erfahren die Journalisten
Im wahrsten Sinne verschnitten wird der
am eigenen Leib, geschlagen und „verse-
Text mit einem Interview. Maria Satori, frisch
hentlich“ entführt von Schleusern, gejagt,
ernannte Fachhochschulrektorin, spricht
eingesperrt, erniedrigt von ägyptischen
über die Lehre sozialer Arbeit in der Sprache
Soldaten. Das Leid beginnt nicht auf dem
ihres Fachs, über Ressourcen, Prozesse,
Mittelmeer. Und die Flucht endet erst in
Interventionen. Und über Perspektiven: „Wie
Sicherheit, auf dem europäischen Festland.
gehe ich an die Geschichte heran, was kann
Bauer und Krupar erfahren den Irrsinn der
Inge Hannemann erlangte als Arbeitsver-
ich verhindern, beeinflussen, steuern?“
Jetzt hat Inge Hannemann so etwas wie eine politische Biografie vorgelegt, die gleichzeitig eine Bestandsanalyse des Agenda-Deutschlands und ein Hebel für die Reform der Arbeitsmarktpolitik sein will. Denn Hannemanns Kritik ist so fundamental wie konkret. (Der dick aufgetragene Sachbuchtitel hingegen ist inzwischen so etwas wie ein Standard auf dem Sachbuchmarkt.) Ihre Bewertung der gesellschaftlichen Auswirkungen der Hartz-Gesetze ist drastisch. Die Urteile über Struktur und Praxis der Arbeitsvermittlung in den Jobcentern hingegen sind so detailliert und kenntnisreich,
europäischen Dublin-II-Welt und werden
Die radikale personale Erzählweise, bei der
dass sie bei aller Schärfe den Diskussionsfa-
erneut verhaftet beim Versuch, Menschen
jede handelnde Figur mit ganz eigener Stim-
den nicht kappen. Fast folgerichtig sortiert
ohne gültiges Visum durch Europa zu
me spricht, erzeugt eine schwer auszuhal-
Hannemann ihre politischen Forderungen
transportieren. „Mit Heldenmut hat das
tende Unmittelbarkeit. Darer erzählt formal
in zwei Schlusskapiteln in kurzfristigen Re-
alles wenig zu tun, viel aber damit, nicht
mutig, drastisch und mit analytischer
formbedarf und politische Vision. Konstruk-
den Respekt vor sich selber zu verlieren.“
Genauigkeit eine Geschichte vom Rand der
tive Empörung, sozusagen.
Wolfgang Bauer | Über das Meer.
Gesellschaft. Starker Tobak, tolles Buch.
Inge Hannemann | Die Hartz-IV-Diktatur.
Mit Syrern auf der Flucht nach Europa
Harald Darer | Herzkörper
Eine Arbeitsvermittlerin klagt an
ISBN: 978-3-518-06724-6
ISBN 978-3-71172-023-8
ISBN 978-3-49963-065-1
Suhrkamp | 14 Euro
Picus | 21,90 Euro
rororo | 9,99 Euro
41
REPORTAGE
Wanderreiten Unterwegs wie Winnetou
An einem der vielen viel zu kühlen Frühsommertage dieses Jahres warten wir am Rand der Haard, nicht fern von Marl-Sinsen, auf eine Gruppe Wanderreiter. Beim Gasthaus St. Johannes werden sie eine Pause einlegen, das hatte uns Margit Koch-Entrop zuvor gesagt. Frau Koch-Entrop ist passionierte Reiterin. Sie führt den Trupp an, der sich bald auf einem der zahlreichen Wege aus dem Kiefernwald nähert. Nachdem die Pferde versorgt sind, hat sie Zeit, unsere Fragen zu ihrem naturnahen Hobby zu beantworten. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski
I
m Ruhrgebiet sind Pferde keine Seltenheit.
„Wer als Kind mit dem Reiten beginnt, hat oft
Auch unterwegs Richtung Marl sind sie
romantische Vorstellungen”, verrät sie. „Da
auf den Wiesen allgegenwärtig. Ställe und
möchte man Winnetou und Old Shatterhand
Reithallen findet man im Grüngürtel jeder
sein und unter freiem Himmel über weite Wie-
Revierstadt. Viele Landwirte haben sprich-
sen galoppieren. Allerdings wird dir während
wörtlich umgesattelt – oder können sich
der Ausbildung vermittelt, das wäre schwierig,
zumindest über einen einträglichen Neben-
eigentlich sogar unmöglich. Also bleibst du auf
erwerb freuen. Reiten ist populär geworden.
dem umzäunten Gelände. In den Vordergrund rückt das Training für Disziplinen wie
Zurück zur Natur
Dressur und Springreiten, und nach und nach
Margit Koch-Entrop, ausgebildete Reitleh-
die man anfangs hatte. Beim Wanderreiten
rerin, wohnt in Dortmund, ihr Pferd Tom
kommt man diesen Ideen wieder sehr nah.
steht in Herne. Tom ist ein Tinkerpferd,
Und ganz egal, was erzählt wird, man kann
einundzwanzig Jahre alt. Seine Vorfahren
das als durchschnittlicher Reiter schaffen und
dürften Kutschpferde in Irland gewesen sein,
draußen sehr viel Spaß haben.”
verabschiedet man sich von den Vorstellungen,
der ursprünglichen Heimat dieser Rasse. Bevor ihre lange Zeit verborgenen Reittierqualitäten entdeckt wurden, war sie vor
Margit Koch-Entrop erzählt bei bodo vom Wanderreiten im Revier 14. August, 19.30 Uhr Benefiz-Reihe „2. Freitag“
allem bei Schaustellern und Fuhrunterneh-
Margit Koch-Entrop weiß, wovon sie redet.
mern beliebt. Tinker gelten als gemütlich,
Als sie acht Jahre alt war, erwachte ihre
ausdauernd, selbstsicher und gelassen auch
Leidenschaft für Pferde. Sie wurde eine
im unwegsamen Gelände. Das sind beste
begeisterte Dressur- und Springreiterin,
Voraussetzungen fürs Wanderreiten, prin-
bis im Jahr 2002 ein schwerer Reitunfall ihr
zipiell aber eignet sich jedes Pferd, wie Frau
Leben ändern sollte. Vieles, was ihr im Sport
Koch-Entrop beteuert. Ein gewisses Alter und
eine Selbstverständlichkeit war, war fortan
Schwanenwall 36 – 38, Dortmund
entsprechende Erfahrungen vorausgesetzt:
nicht mehr möglich. Als Pferdenärrin suchte
Eintritt frei
Wanderreiten ist zwar eine ausgesprochen
sie nach Alternativen und entdeckte das
ruhige, gelegentlich sogar meditative Angele-
Wanderreiten für sich. Erlebnisse und Erfah-
genheit, im Fall der Fälle kann es dennoch
rungen aus dem für sie relativ neuen Metier
brenzlig werden. Dann müssen sich Pferd und
hat sie aufgezeichnet und als Buch zusam-
Reiter als eingespieltes Team erweisen.
mengefasst: „Wanderreiten im Ruhrgebiet“,
bodos Buchladen,
42
Entwicklungsland NRW
erschienen im Wiesenburg Verlag. „Das habe
mit keiner Silbe erwähnt. Ein Umstand, der
Sauerland beispielsweise. Außerhalb dieser
ich auch für mich geschrieben, um meine per-
nicht an der Landschaft liegen muss. Der
speziellen Gebiete darf in Fluren auf öffent-
sönlichen Erinnerungen festzuhalten. Aber
blinde Fleck könnte gesetzliche Ursachen
lichen und privaten Straßen und Wegen
vor allem ging es mir darum, das Ruhrgebiet
haben. Reitrecht ist Ländersache und selbiges
geritten werden, vorausgesetzt, es ist dort
aus dieser Perspektive vorzustellen. Es bietet
scheint in Nordrhein-Westfalen besonders
nicht ebenfalls ausdrücklich verboten.
so viele Möglichkeiten, doch bei Wanderrei-
restriktiv. Reitsportfreunde ärgern sich
tern ist es eher unterrepräsentiert.“
nicht nur über eine Gebühr in Verbindung mit einer Kennzeichnungspflicht für Pferde
600 Kilometer bis zum Meer
Das stimmt. So listet ein einschlägiges
in Form von Jahresplaketten. In NRW ist das
Das klingt sehr bürokratisch. Es mag durch-
Forum im Internet an die dreißig Regionen in
Reiten in Wäldern grundsätzlich untersagt
aus Reiter geben, bei denen sich unter derart
Deutschland und Österreich und lobt jeweils
beziehungsweise nur auf extra gekennzeich-
einengenden Voraussetzungen das erhoffte
deren besondere Vorzüge. Demnach sind vor
neten Routen erlaubt sowie in ausgewiese-
Gefühl von Freiheit nicht einstellen will; Mar-
allem der Norden und der Süden attraktiv,
nen Landstrichen abseits der Ballungsräume,
git Koch-Entrop lässt sich ihren Enthusiasmus
der Osten wird gewürdigt, das Revier aber
sogenannten Freistellungsgebieten. Im
nicht nehmen. „Wir halten die Spielregeln
43
REPORTAGE
ein. Konflikte mit Wanderern, Joggern oder
mehrtägige Touren. Mit leichtem Gepäck
besitzt einen hohen Suchtfaktor. Wir hoffen,
Radfahrern gibt es so gut wie nie. Wo wir uns
können Tom und seine Reiterin Distanzen bis
dass der Sport weiter Beachtung findet, denn
bewegen, ist sonst kaum ein Mensch anzu-
zu vierzig Kilometern gut bewältigen, dann
dann wächst auch das Angebot. Vor zwanzig
treffen. Und die Infrastruktur wird immer
sind sie etwa sechs Stunden unterwegs. Für
Jahren musste man bis ins Emsland fahren,
besser. Allein um Marl und in der Haard gibt
Pferde ist das eine natürliche Sache. Pferde
wenn man draußen reiten wollte. Im Ruhrge-
es Reitwege in der Länge von insgesamt 180
sind Lauftiere, die in freier Wildbahn auf der
biet war das zu der Zeit noch nicht üblich.“
Kilometern und Stellen, wo man seine Pferde
Suche nach Futter täglich viele Kilometer
anbinden kann. Zum Beispiel hier bei St.
zurücklegen. Der gemächliche Schritt beim
Frau Koch-Entrop geht diesem Sport privat
Johannes und bei einem Köhlerplatz mitten
Wandern, gelegentlich unterbrochen durch
nach, ohne kommerzielle Nebengedanken.
im Wald. Da ist es wirklich schön, richtig idyl-
kurze Galoppeinlagen, entspricht den Bewe-
Man kann sie also weder für eine Wande-
lisch. Durch die Haard führt außerdem der
gungsabläufen ihrer originären Lebensweise.
rung buchen noch ein Pferd bei ihr mieten.
600 Kilometer lange Europareitwanderweg
Demgegenüber müssen die Tiere zu jedem
Wer neugierig ist und das Reiten als Winne-
von Unna über Raesfeld und Arnheim bis ans
Sprung gezwungen werden, ihr Körperbau ist
tous Erbe selbst einmal versuchen möchte,
Meer. Aber auch in der Umgebung von Essen,
dieser Belastung auf Dauer nicht gewachsen.
dem liefert ihr Buch nützliche Ratschläge.
Bottrop und Duisburg kann man mittlerweile gute Bedingungen finden. Leider sind die einzelnen Zonen noch nicht vernetzt. Daran muss noch gearbeitet werden.“
Informationen gibt es ansonsten beim VFD,
Winnetous Erbe
der Vereinigung für Freizeitreiter und -fah-
Vorausgesetzt, der oben sitzende Mensch
www.vfdnet.de.
sucht Ruhe jenseits vom Stress in Alltag und Den besagten Europaweg, gekennzeichnet
Berufsleben, möchte seine Freizeit frei von
mit grünen Schildern, ist sie noch nicht in
Wettkampfbedingungen halten und kann
vollem Umfang geritten. Eine solche Stra-
sich an der mehr oder weniger unberührten
paze möchte sie dem betagten Tom nicht
Natur erfreuen, kommen sowohl Ross als
zumuten. Ansonsten unternehmen sie gern
auch Reiter auf ihre Kosten. „Wanderreiten
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rer in Deutschland, im Netz zu finden unter
VERKÄUFERPORTRÄT
„Ich will nie wieder trinken“ Jan aus Dortmund
„Eigentlich komme ich ja aus Wielun. Das ist eine kleine Stadt in der Nähe von Lódz in Polen. Nach der Schule habe ich dort eine Ausbildung zum Fernmeldemonteur im Bergbau gemacht. Fünf Jahre habe ich dort unter Tage gearbeitet. Als die wirtschaftliche Situation dort immer schlechter wurde, habe ich angefangen, im Steinmetzbetrieb meines Vaters zu arbeiten. 1986 bin ich dann zusammen mit meiner Frau und
Wer zu bodo kommt, um das Straßenmagazin zu verkaufen, tut das oft in der Absicht, seine eigene Situation zu verbessern. Meist folgen auf den ersten Schritt heraus aus Isolation und Einsamkeit noch viele weitere zurück in ein selbstbestimmtes Leben. So auch bei Jan, der noch in diesem Jahr eine eigene Wohnung beziehen will. Beim Verkäuferfrühstück in Dortmund hat er uns aus seinem Leben erzählt. Protokolliert von Sebastian Sellhorst | Foto: Sebastian Sellhorst
meinen beiden Töchtern, die damals drei und vier Jahre alt waren, nach Deutschland Ab da ging es für mich eigentlich nur noch
Seit Ende des letzten Jahres bin ich
bergab. Recht schnell trank ich regelmä-
endlich „trocken“ und trinke gar keinen
Hier angekommen habe ich zuerst eine
ßig viel zu viel Alkohol. Anfangs noch in
Alkohol mehr. Der Entzug war anfangs
Sprachschule besucht. Danach habe ich be-
größeren Abständen, später fast jeden
wirklich furchtbar, aber mittlerweile ist
gonnen, für verschiedene Zeitarbeitsfirmen
Tag. Irgendwann ist meine Frau dann mit
es erträglich. Jede Woche gehe ich zu den
zu arbeiten. Zwischenzeitlich hatte ich auch
meinen Töchtern zu ihrer Mutter gezogen,
Treffen der Anonymen Alkoholiker, mache
mal einen Job in einem Kühlhaus als Kom-
weil ich auch zu Hause und mit Freunden
viel Sport und verkaufe bodo. An meinem
missionierer und als Lagerist. Die Arbeit
getrunken habe. Seitdem habe ich kaum
Verkaufsplatz in Brackel kennen mich mitt-
dort hat mir immer viel Spaß gemacht. Man
noch Kontakt zu meinen Kindern.
lerweile schon eine Menge Leute. Im Sep-
ins Ruhrgebiet gezogen.
war ständig in Bewegung, sodass einem die
tember dieses Jahres soll ich auch endlich
Temperaturen von 30 Grad minus, die in
Meine Alkoholprobleme spitzten sich
aus der Psychiatrie entlassen werden. Mein
den Kühlräumen herrschten, irgendwann
immer weiter zu, bis ich irgendwann in
großes Ziel ist es, dann endlich wieder eine
nichts mehr ausgemacht haben.
der Psychiatrie landete. 2009 wurde dann
eigene kleine Wohnung zu haben. Durch
noch ein Tumor bei mir im Gaumenbereich
den Alkohol habe ich meine alte Wohnung
Die Jobs bei Leiharbeitsfirmen, die mich
entdeckt, der entfernt wurden musste.
und auch fast alles andere verloren. Das
durch ganz Deutschland schickten, waren
Dazu wurden mir 21 Zähne gezogen und
nächste große Ziel ist es dann, irgendwann
da schon weniger schön. Zeitweise hatte
ein Teil des Kieferknochens entfernt.
wieder Kontakt zu meiner Exfrau und
man dort um 16 Uhr Schichtende und hat
Danach bekam ich Bestrahlungen und eine
meinen Kindern aufzunehmen, denn die
danach den ganzen Tag in einer Pension
Chemotherapie. Das war alles ziemlich
fehlen mir am meisten.“
oder einem Hotel irgendwo in Deutschland
schmerzhaft, aber zum Glück habe ich we-
gesessen. Den Feierabend hat man dann
nigstens das endlich hinter mir. Geblieben
irgendwann damit verbracht, zu trinken,
sind mir eine Narbe im Gesicht und eine
um gegen die Langeweile anzukommen.
Lähmung meines Unterkiefers. 45
LESERSEITE
Kultur bei bodo: In unserer Benefiz-Kulturreihe „2. Freitag“ waren im Juli Rocco Wiersch und Rainer Holl mit der Premiere ihrer „Rock’n’Read Revue“ zu Gast am Dortmunder Schwanenwall – ein toller Abend! Das Programm für die zweite Jahreshälfte auf www.bodoev.de Foto: Sebastian Sellhorst
LESERPOST Liebes bodo-Team, welch Glücksfall – gestern bekam
VerkäufernInnen, dass ich Walter länger nicht gesehen
ich den schicken bodo-Newsletter (da allerdings noch
hätte. Sofort wurde untereinander nachgefragt, wer
in Hannover, wo ich beruflich unterwegs bin) und
Walter wann zuletzt gesehen bzw. gesprochen hätte.
abends – wieder zurück in Dortmund – lief mir direkt
Und dann wurde umgehend hinter ihm her telefoniert.
ein lieber bodo-Verkäufer über den Weg und ich konn-
Walter gehört, wie viele andere VerkäuferInnen, ein-
te die neue Ausgabe taufrisch erstehen :).
fach zum liebgewonnenen Stadtbild.
Herzlichen Dank und tropische Grüße, Saskia J.
Der Abend mit Thomas Hecking und seiner Isolier-Band
Sie möchten einmal im Monat unseren bodo-Newsletter erhalten? Schreiben sie uns: redaktion@bodoev.de oder bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Liebes bodo-Team, ich bedanke mich für die tolle JuliAusgabe, die quasi rund um die Welt führte. Viele Informationen haben mich begeistert, wie der Schutz der „Gletscherrepublik“, das „Social Bite“, der Waschmaschinen-Bus u.a.m. Andere wiederum haben mich stark betroffen gemacht, wie z.B. die Binnenflücht-
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war unbeschreiblich! Danke also nicht nur für die interessanten bodo-Zeitschriften, sondern auch für die tollen Veranstaltungen. Herzliche Grüße, Wiltraud P. Hallo. Warum ich heute kurz schreibe: Mich würde interessieren, wie bodo entsteht, wer entscheidet die Themen, denn die Juli-bodo ist sehr gelungen; von den internationalen Themen her super interessant, wenn auch sehr bedrückend, was die Schicksale angeht, z.B. aus der Ukraine. Sternenklare Nachtgrüße, Sonja K.
linge oder „Als Ali starb“. Was mich besonders freut ist,
Hallo von bodo, wir sind ein Journalistenteam aus der
dass viele junge Menschen die Initiative ergreifen und
Region. Einmal im Monat beschließen wir in einer Re-
helfen. Also kann so schlecht die Jugend nicht sein.
daktionssitzung die Themen der nächsten Ausgaben.
Bei dem Bericht über Walter, der die bodo in der Nähe
Am 26. August lesen, diskutieren und erzählen drei
meiner Wohnung verkauft, fiel mir die tolle bodo-
RedakteurInnen des Straßenmagazins bei der Veran-
Familie und deren Zusammenhalt untereinander ein.
staltung „Drei plus X“ im „literaturhaus.dortmund“.
Bei einer Veranstaltung bei bodo erzählte ich einigen
(mehr auf Seite 8). Viele Grüße, bodo-Redaktion
bodo dankt: Sparkasse Bochum Christa Fuhrländer, Wiltraud Pohl, Herbert Schnier, Birgitta Götz, Larissa Schulze, Petra Maria Janicke, Günter Lange, Daniel Böning, Uwe Lück, Günter Gladen, Tobias Eule, Ruth Hanke, Ute Soth-Dykgers, Annette Düe, Timo Zimmermann, Dolf Mehring, Hildegard Reinitz, Elsemarie Bork, Peter Lasslop, Gerhard Volpers, Jutta & Wido Wagner, Christina Kolivopoulos, Christoph Neumann, Thorsten Baulmann, Hannelore Thimm-Rasch, Erika Maletz, Volker Schaika, Petra Karmainski, Andreas Bürgel, Silke Harborth, Petra Danielsen-Hardt, Dr. Sabine Raddatz, Siegmar Welski, Larissa Schulze, Gottfried Schubert, Ursula Wiedemann, Iris Abraham, Irene Geller, Klaus Nakken, Gudrun Hengelbrock, Bettina Andre, Ole Eric Bogena, Gundel Blomberg, Elisabeth Christa Schellack, Wolfgang Schwenken, Andrea & Thomas Karmann, Sigrid Quenter, Heidi & Gottfried Spodick, Jan Christian Kroger, Carsten Dörmann, Tobias Albowitz, Annette KortlerAlbowitz & Hans-Peter Albowitz, Martin Vesper, Christiane Meier, Barbara Perchner, Ursula Glunz, Brigitte & Markus Stutenz, Andreas Happel, Frank Präkelt, Michael Hartung, Julia Gau, Ursula Obst, Brigitte & Wilhelm Hast, Christine Dahms, Brigitte & Walter Reusse, Silia Arnold, Paul Skipor, Wolfgang Döneke, Joachim Pras, Melanie & Andreas Fehrenz, Olaf Jäkel, Frank Hauptmeier, Ingrid Olier, Liesel Struwe, Kathrin Bohr, Tante Amanda Country Club, Männerarbeit Husen- Kurl, Wolf Stammnitz, Esther Hagemann, Oliver Stiller, Gabriele Schulte, Dr. Sabine Siebel, Dr. Josef Balzer, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Grünbau gGmbH, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita DiehnDriessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Kritzler, Ursula Machatschek, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra ettemeyer, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christian Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dieter Zawodniak, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda, Dorothea Staudinger, Tamara Vorwald-Piepke, Daniela SchmitzHäbler, Gero Krause
DER BODO-SHOP
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Schöne Dinge, die Sie bei uns auch kaufen können: für sich, für Freunde, für unsere Verkäufer. Erhältlich in unserem Dortmunder Buchladen und in unserer Bochumer Anlaufstelle oder auf Wunsch per Post. Bestellen Sie per Postkarte, per Mail oder kommen Sie vorbei – wir freuen uns auf Sie.
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3
3 | Zubehör mit Schlüsselqualifikation! Ein bodo-Schlüsselanhänger oder ein RuhrGepäck-Schlüsselband. Erhältlich in unserem Buchladen. So lange der Vorrat reicht. 3 Euro | 5 Euro 4 | Verschenken Sie ein halbes Jahr bodo! Ein Gutscheinheft für sechs Ausgaben des Straßenmagazins. Das faire Abo: zum Einlösen direkt bei unseren Verkäufern auf der Straße. 15 Euro 5 | Schenken Sie Lesefreude! Ein Geschenkgutschein für unseren Buchladen. Auswahl aus 10.000 Romanen, Krimis, Koch-, Sach- und Kinderbüchern, frei wählbar. ab 10 Euro 6 | bodo zum Umhängen! RuhrGepäck-Tasche, Modell „Leisure“. LKW-Plane, Schultergurt aus Autosicherheitsgurt, Maße 29 x 19,5 x 8 cm. 32,90 Euro (zzgl. 3,90 Euro Versandkosten)
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