2,50 Euro | 1,25 Euro für den Verkäufer
bodo
August 2017
GA DAS STRASSENMA
NUR MIT AUSWEIS
Z IN
JUDITH HOLOFERNES
FÄRÖER UND CHAOS | CRANGE OHNE KIRMES LUXUS-SANIERUNGEN | BESUCH IM EISLABOR 1
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DER BODO-SHOP
1|2
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INHALT | EDITORIAL
04
Judith Holofernes „Ich wünschte, ich wäre in meinem Alltag weniger chaotisch. Aber als jemand, der
Neues erschaffen will, weiß ich, man muss furchtlos sein und mit dem Chaos Stehblues tanzen.“ Die ehemalige „Wir sind Helden“-Sängerin kommt zum Zeltfestival Ruhr. Ein Interview. Von Olaf Neumann
12
Krankheitsursache: Mieterhöhung Je knapper der Wohnraum wird, desto lukrativer können (Luxus-)Sanie-
rungen für Vermieter sein. In einer Siedlung in Dortmund-Wellinghofen sollte die Miete von 5 auf 13 Euro pro Quadratmeter steigen. Ein Extremfall, kein Einzelfall.
18
Von Mirko Kussin
„Wir sind keine Gegner“ „Ein Geflüchteter muss keine Kopie eines Deutschen sein, damit man sagen
kann, er ist integriert“, sagt Tareq Alaows. Der Jurist kämpft für bessere Bedingungen für Geflüchtete – und kam selbst vor zwei Jahren als Asylsuchender nach Deutschland. Von Alexandra Gehrhardt
32
Crange ohne Kirmes Die Cranger Kirmes übertrifft im täglichen Besucherschnitt das Mün-
chener Oktoberfest. Den Rest des Jahres ist es eher ruhig um den Herner Stadtteil, dabei wäre Crange beinahe zur Metropole geworden. Eine Stadtgeschichte. Von Wolfgang Kienast 02 bodo Shop 04 Menschen | Judith Holofernes 07 Straßenleben | Das Ringen um Zahlen 07 Impressum 08 Neues von bodo 12 Reportage | Luxussanierungen 16 News 16 Kommentar | Noch‘n Schwamm 17 Recht | Nachhilfestunden Liebe Leserinnen und Leser,
17 Die Zahl | Das Foto 18 Interview | Tareq Alaows
Monatsmagazine sind für Journalisten eine Übung in Zen.
22 Kultur | Tomorrow Club Kiosk
Erinnern Sie sich an den G20-Gipfel in Hamburg? (Eine
23 Wilde Kräuter | Gundermann02
rhetorische Frage.) Wenn nach der Atemlosigkeit, nach den
23 Soziales | Wohnen nach Konzept
Tausenden von Informationsschnipseln in Tweets, Live-
24 Veranstaltungskalender | Verlosungen
Streams, Telefonaten und Ad-Hoc-Analysen, nach den Umdeutungen in der
30 bodo geht aus | Im Eislabor
politischen Arena und den Richtigstellungen und Hintergrundrecherchen
31 Kultur | Erlebte Geschichte
fast alles gesagt ist, atmet unsereins durch und beginnt mit einem neuen
32 Reportage | Crange ohne Kirmes
weißen Blatt: So dringend erscheint es dann gar nicht mehr, der geradezu
36 Netzwelt | www.vairnana.de
explodierten Berichterstattung über das „Festival der Demokratie“, wie der
36 Kinotipp | Das ist unser Land!
Hamburger Innensenator es angekündigt hatte, etwas hinzuzufügen. Man
37 Bücher
hat sich ausreichend in seiner Blase von Wirklichkeitsausschnitten bewegt,
38 Reportage | Halte-Stelle e.V.
die Wut der angegriffenen Journalistenkollegen geteilt, die Verhärtungen
42 Reportage | Hof Bergmann
auf allen Seiten gespürt und festgestellt: Die Welt dreht sich weiter. Ja, wieder
45 Mein Verkaufsplatz | Christian
ist nichts einfacher geworden – für das Weltklima, die Flüchtlinge in Libyen,
46 Leserseite | Comic
die Kollegen in türkischen Knästen, das Engagement, den demokratischen
bodo SCHA FFT CHAN CEN
Diskurs –, aber die Welt ist nicht untergegangen. Das Durchatmen hilft. Auch dabei, sich auf das Nahe zu konzentrieren und hier Geschichten zu versammeln, die uns auch am Herzen liegen. Und dazu gehört das Interview mit der klugen Judith Holofernes, die auf die Frage „Sind Sie angewiesen auf Wut, um schreiben zu können?“, ganz selbstverständlich antwortet: „Ja, natürlich.“ Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de 3
MENSCHEN
Judith Holofernes
Färöer und Chaos
„Ich wünschte, ich wäre in meinem Alltag weniger chaotisch. Aber als jemand, der Neues erschaffen will, weiß ich, man muss furchtlos sein und mit dem Chaos Stehblues tanzen.“
4
Sie ist bekannt für gesellschaftskritische Texte und berauschende Melodien. An ihrem zweiten Soloalbum „Ich bin das Chaos“ hat nicht nur der färöische Popstar Teitur mitgewirkt, sondern auch Musiker ihrer ehemaligen Band „Wir sind Helden“. Am 2. September spielt sie auf dem Zeltfestival Ruhr. Von Olaf Neumann | Fotos: Marco Sensche
Sind Sie wirklich chaotisch?
nem kreativen Prozess muss man sich auch
chaotisch und in anderen sehr aufgeräumt.
mal etwas Doofes raushauen. Es braucht
mengearbeitet haben. Schon bei „Wir sind
sprachen wir uns gegenseitig, dass derje-
man sich abends vergewissert, dass einen
Ich bin in bestimmten Reservaten sehr
Ich bin eine gespaltene Persönlichkeit. Das
Chaos ist mein Freund, und ich kann teil-
weise nur so arbeiten. Ich wünschte, ich wäre in meinem Alltag weniger chaotisch.
Aber als jemand, der Neues erschaffen will, weiß ich, man muss furchtlos sein und mit
mal die Blöße geben können und ab und zu eine ähnliche Sensibilität. Am Anfang vernige, dem die Ursprungsidee gehört, am
Ende entscheiden darf, was zu dem Song passt und was nicht.
Auf jeden Fall. Wir sind aber gut im
Training, weil wir immer schon zusam-
Helden“ mussten wir Techniken finden, wie der andere noch mag, auch wenn man sich
gerade bitter über die Basslautstärke bei Minute 2:30 auseinandergesetzt hatte. Mit
meinem Mann rede ich abends nicht mehr
dem Chaos Stehblues tanzen.
Wo haben Sie die Platte aufgenommen?
Und wie ist Teitur?
auf den Färöer-Inseln mit Blick über die
mal wenig zu Hause in der physischen
geht dort gar nicht anders. Wenn man vom
Wie häufig bekommen Sie Angebote für
Schafe, Schafe, Schafe und ab und zu ein
Oft. Eine Reunion müsste aber eine
In Berlin und in Teiturs Holzhäuschen
Da ist er genauso wie ich. Er ist manch-
Welt. Als wir zusammen schrieben, ernährten wir uns wirklich nur von kaltem Kaffee.
Es war uns egal, womit wir uns gerade den Rest Energie holten, weil wir Besseres zu
tun hatten. Auch geholfen hat, dass auf den Färöer-Inseln die Sonne monatelang nicht
untergeht. Auf der anderen Seite ist Teitur hoch konzentriert und sehr strukturiert.
Aber auch ein bisschen wie ich, wo dann
Klippen. Es ist völlig einsam gelegen, das Flughafen zur Hauptstadt fährt, sieht man
über die Arbeit, wir haben eine ausgepräg-
te Leidenschaft für TV-Serien. Das ist unser Paralleluniversum.
eine „Wir sind Helden“-Reunion?
Häuschen. Man fragt sich die ganze Zeit:
Dringlichkeit und Schlüssigkeit haben. Ich
Das sind alle! In jeder Kneipe kommt in der
terzumachen. Lieber heiter Raum um Raum
Wo sind denn alle? Und dann sagt Teitur: Playlist irgendwann etwas von Teitur, auch
wenn er selbst dabei ist. Das ist total lustig. Aber er trägt es mit Anmut.
vielleicht der Partner flüstert: „Willst du
Hat sich bei Ihnen dort rasch ein Inselge-
und weiß um den Wert von Achtsamkeit,
Teitur wohnt wirklich bei den Wikin-
hänge nicht daran, Sachen für immer wei-
durchschreiten und an keinem wie einer
Heimat hängen. Wenn ich etwas loslasse, dann gründlich. Ich weiß ja, warum ich es nicht mehr mache.
fühl eingestellt?
Ihr Album beginnt mit dem Song „Der
aber bei mir ist noch Luft nach oben.
gern. Einerseits war es dort rauschhaft und
wenn man morgens die Zeitung aufschlägt
Wie haben Sie einen Weg gefunden, zu
gens um halb zwei nach Hause und es wan-
nicht mal was essen?“ Ich bin Buddhistin
zweit zu schreiben?
Teitur und ich sind beide sprunghaft und
schnell im Denken. Wir vertrauen uns. In ei-
andererseits verzaubert. Man kommt morken einem zombiehafte Gestalten aus den
Kneipen entgegen. Das hat etwas von „The Walking Dead“, weil es ja taghell ist.
Das Album wurde produziert von Ihrem Ehemann. Bedarf solch eine familiäre Zu-
sammenarbeit einer robusten Streitkultur?
letzte Optimist“. Was macht es mit einem, und als erstes Donald Trump oder Björn Höcke sieht?
Ich versuche, eine gewisse Art von Medi-
endiät einzuhalten, weil ich es auf verschiedenen Ebenen nicht für fruchtbar halte, sich
Nachrichten andauernd und ungefiltert reinzuziehen. Ich bin sehr empfindsam, das ist kein Eskapismus. Ich habe beschlossen,
erst dann Nachrichten zu lesen, wenn ich mich dem als vollständige Person zuwenden
und auch den Schmerz zulassen kann. Bei Trump reicht es mir inzwischen, die größeren Bewegungen mitzukriegen. Es ist gut,
Geboren als Judith Holfelder-von der Tann am 12. November 1976 in Kreuzberg verheiratet mit Sebastian „Pola“ Roy, zwei Kinder schreibt Blogtexte (judith-holofernes.de), Tiergedichte (Du bellst vor dem falschen Baum,
da mal eine Runde auszusetzen, damit man überhaupt noch merkt, wenn er mal etwas
wirklich Schlimmes macht. Und bei Themen,
die mich interessieren, versuche ich tiefer zu gehen und ein Buch dazu zu lesen.
Tropen-Verlag) und Lieder 5
MENSCHEN
„Ich hänge nicht daran, Sachen für immer weiterzumachen. Lieber heiter Raum um Raum durchschreiten und an keinem wie einer Heimat hängen.“
Sind Sie angewiesen auf Wut, um Schreiben zu können?
Ja, natürlich. Die Begleiterscheinung
meines Berufes ist, dass man manchmal
sehr tief von etwas erwischt wird. Ich kann es mir nicht leisten abzustumpfen, ich bin
auf mein dünnes Fell angewiesen, auf mei-
ne Empfänglichkeit für die Welt. Sie macht, dass ich adäquat reagieren kann, wenn mich
wirklich etwas erwischt und dass ich im besten Fall einen Song darüber schreiben kann.
Ist es naiv, zu glauben, dass Kunst etwas verändern kann?
Nein, Kunst ist manchmal ein sehr ad-
äquates Mittel, mit der Welt umzugehen. Sie kann Sachen verständlich und fühlbar
machen, zuspitzen und befeuern. Ich glaube nicht, dass Kunst alleine irgendetwas verändert, aber sie kann als Inspiration für sehr reales Handeln in der Welt dienen.
Haben Sie als Künstlerin ein Ziel, wollen
Sie etwas Sinnvolles – den zivilisatorischen Fortschritt sozusagen?
Mir gefällt Empathie als Grundhaltung
von Songwriting. Dass man sich einfühlen muss in sich selber und in Menschen. Na-
türlich möchte ich, dass meine Songs sich
nützlich machen in der Welt. Aber das tun sie ja auch, indem sie irgendjemandem viel
bedeuten oder Menschen zu irgendwas in-
spirieren. Ich bin immer sehr dankbar für Rückmeldungen. Man weiß ja, dass Burnouts
entstehen, wenn man keine Sinnhaftigkeit mehr in seinem Tun sieht. Im Grunde möchte
ich das mehren, was ich für das Gute halte.
Ich habe aber keinen missionarischen Im-
puls, sondern ich versuche mir die Welt zu erklären. Ich finde Menschen – mich eingeschlossen – spannend und will herausfinden,
warum wir tun, was wir tun und warum es
so oft nicht funktioniert. Man ist ein bisschen wie ein Forscher, und von den Forschungsergebnissen können auch andere profitieren.
Judith Holofernes spielt live beim Zeltfestival Ruhr am Kemnader See in Bochum: Samstag, 2. September, um 18.30 Uhr www.zeltfestivalruhr.de 6
STRASSENLEBEN
IMPRESSUM
Das Ringen um Zahlen Wie viele Menschen in Deutschland auf der Straße leben, zählt niemand. Als einziges Bundesland lässt NRW seine Kommunen jedoch die Belegung von (Not-)Unterkünften und teilstationären Einrichtungen sowie die Klienten der Fachberatungsstellen zählen. Heraus kommt eine Zahl, die nur einen Ausschnitt zeigt, jedoch immerhin Trends abbildet. Die aktuelle „Integrierte Wohnungsnotfall-Berichterstattung“ zeigt massiv steigende Zahlen und einige Merkwürdigkeiten. Von Bastian Pütter | Foto: Sebastian Sellhorst
Herausgeber, Verlag, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Alexandra Gehrhardt, Felix Huesmann, Wolfgang Kienast, Mirko Kussin, Olaf Neumann, Bastian Pütter, Petra von Randow, Rosi, Sebastian Sellhorst Titelfoto: Marco Sensche Fotos: Michel Abdollahi / Facebook (16), Bianka Boyke (17), cc-by-Marco-Verch (16), Jochen Heinrich (46), Lutz Leitmann (25), Tim Reckmann / pixelio.de (16), Daniel Sadrowski (3, 17, 22, 30, 32, 33, 34, 35, 38, 39, 40, 41), Karin Scheuer (24, 29), Sebastian Sellhorst (3, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 19, 23, 42, 43, 44, 45), Marco Sensche (3, 4, 5, 6), Claudia Siekarski (9 11), Stefan Tuschy, Bande – für Gestaltung (23), Maren Wenzel (23) Cartoon: Volker Dornemann Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare, monatlich in BO, DO und Umgebung Redaktions- und Anzeigenschluss: für die September-Ausgabe 10.8. 2017 Anzeigen: Es gilt die Anzeigenpreisliste 01.2015
An jedem 30. Juni als Stichtag werden
2016 als zu hoch beanstandet. Die Innere
erhoben, ein Jahr dauert es bis zur Ver-
Beratungsstelle und die Notübernach-
die Zahlen in allen Kommunen in NRW
öffentlichung. Für den 30. Juni 2016 meldete Dortmund 663 Wohnungslose im
Vergleich zu 440 im Vorjahr, Hagen 408
statt 190, der Kreis Unna 443 statt 256. Ein eindeutiger, ein alarmierender Trend. Ein genauerer Blick offenbart jedoch
die geringe Aussagekraft der absoluten Zahlen. Bochum meldet beispielsweise 91 Wohnungslose statt der 340 im Vorjahr. Ein drastischer Rückgang? Wie stets beim Thema Wohnungslose erklärt sich die Stadt für nicht
zuständig – obwohl doch das Land die Zahlen von der Kommune anfordert.
Aufklärung liefert die Innere Mission. Die
Mission, die unter anderem die zentrale tungsstelle betreibt, habe die Meldung
darauf zurückgezogen. „Das Problem ist: Es gibt weiterhin große Unklarheiten bei den Definitionen“, sagt Chris Caldow.
Unklar bleibe bis heute, ob das Minis-
Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund, 0231 – 950 978 0 www.bodoev.de, facebook.com/bodoev Vorstand: Andre Noll, Verena Mayer, Marcus Parzonka verein@bodoev.de
terium nur diejenigen Personen zählen
Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de
nutzten, oder alle am Stichtag „anhän-
Öffentlichkeitsarbeit: Bastian Pütter, 0231 – 950 978 12 , redaktion@bodoev.de
möchte, die ein Beratungsgespräch
gigen Wohnungslosen“. Hierzu zählen
z.B. Personen, die in die Beratungsstelle kamen, um ihr Postfach zu leeren, weil
Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de
sie eben keinen Briefkasten haben. Chris
bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr
in 2016 gemeldete Zahl entspricht noch
Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenstraße 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 13 Uhr
Caldow sieht sich im Recht: „Die von uns
am ehesten der Gesamtzahl der Personen, die in Bochum wohnungslos waren.“
Leiterin der Wohnungslosenhilfe bei der
Doch statt über 600 wird es in Bo-
Das Ministerium habe die Meldung für
lose geben – auf dem Papier.
Diakonie, Chris Caldow, ist konsterniert:
Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kostenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert eingesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehalten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
chum ein Jahr lang 91 Wohnungs-
Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00 BIC: BFSWDE33XXX
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NEUES VON BODO
Viele, viele Spiele
Transporter in Sicht
In Bewegung
In unserem gemeinnützigen Buchladen am
Weiter geht’s im Projekt Transport: Wie be-
Es verändert sich etwas bei der Versorgung
Dortmunder Schwanenwall warten nicht
richtet, wurde unser Mercedes Sprinter An-
und Unterbringung von wohnungslosen
nur die passende Strandlektüre und der
fang April gestohlen – fast abbezahlt, ge-
Menschen in Bochum und Dortmund. In
günstige Sommerkrimi auf Sie.
rade zurück von der Hauptuntersuchung,
beiden Städten sind neue Lösungen für die
sogar vollgetankt. Wirklich ärgerlich.
Notübernachtungsstellen für Männer nö-
Zum Beginn der Sommerferien hat unser
tig, in Bochum stehen gar größere Umzüge
Team zusätzlich eine dreistellige Zahl Brett-
Nun haben wir eine (Teil-) Zahlung der
und Gesellschaftsspiele – alle gut erhalten
Versicherung erhalten und können uns auf
und auf Vollständigkeit geprüft – in das
die erneute Suche nach einem passenden Ge-
Was Einrichtungen wie Schlafstellen oder
Ladenangebot aufgenommen. Zwischen
brauchtfahrzeug machen. Bis dahin müssen
Suppenküchen tatsächlich für das Leben von
2 und 20 Euro kosten die Spiele, und sie
unser altersschwacher VW LT sowie der eine
Wohnungslosen bedeuten, zeigen unserer
ergänzen das Angebot von mehr als 10.000
oder andere Mietwagen einspringen.
sozialen Stadtführungen. Einmal im Monat
gut erhaltenen oder neuwertigen Büchern. Seltenes, Altes, Spezielles oder Fremdsprachiges finden Sie in unserem Online-Shop auf www.bodoev.de. Samstags gibt es die Taschenbücher auf unseren Sonderflächen zum Kilopreis von 1,99 Euro.
Und unsere Kundinnen und Kunden müssen leider noch ein wenig Geduld aufbringen. Gerne würden unsere Mitarbeiter mehr Aufträge annehmen, doch sind, wie beschrieben, die Kapazitäten begrenzt. Wenn Sie uns mit einer Haushaltsauflö-
von Hilfeeinrichtungen an.
gehen bodo-Verkäufer auf einen Stadtrundgang an Orte, die für andere oft unsichtbar sind. Unsere Tourguides erzählen vom Leben draußen. Die Stadtführungen (5 Euro, ermäßigt 2,50 Euro) führen am zweiten Samstag im Monat durch Dortmund und am dritten Samstag im Monat durch Bochum. Sie kön-
Besonders freuen wir uns, wenn Sie uns Ihre
sung, einer Kellerentrümpelung oder einem
aussortierten Bücher, Tonträger oder Spiele
Transport beauftragen möchten, rufen Sie
vorbeibringen. Während der Öffnungszei-
gerne möglichst frühzeitig an. Unser Team
ten des Buchladens und unserer Bochumer
freut sich natürlich trotzdem auf Ihren
Anlaufstelle nehmen wir gerne Buchspenden
Auftrag. Wir erstellen unverbindlich und
Dortmund: Sa. 12.8., 11 Uhr
vom einzelnen Krimi bis zur Wagenladung
kostenfrei einen Kostenvoranschlag – und
bodo-Buchladen, Schwanenwall 36-38
entgegen: Ihre Spenden schaffen Arbeitsplät-
kommen dann hoffentlich bald mit neuem
Bochum: Sa 19.8., 11 Uhr,
ze, Ihr Einkauf bei uns hilft, sie zu sichern.
fahrbarem Untersatz.
bodo-Anlaufstelle, Stühmeyerstraße 33
nen auch individuelle Gruppenführungen vereinbaren. Unter 0231 – 950 978 0 können Sie sich telefonisch anmelden.
Einblicke einer Praktikantin Regelmäßig absolvieren SchülerInnen und
ner Frau auf der Straße gelandet ist. Günter
Studierende Praktika bei bodo und schau-
verkauft schon seit 22 Jahren bodo und ist
en uns dabei in unseren verschiedenen
hier fest verankert.
Arbeitsbereichen über die Schulter. Im Juli war die 14-jährige Eileen aus Bochum bei uns. Sie hat uns in der Redaktion unterstützt, in unseren Anlaufstellen geholfen und Stadtführungen begleitet.
8
Eine andere, für mich besondere Geschichte ist die von Peter, der bodo zusammen mit seiner Hündin verkauft. Was daran so besonders ist, wird erst verständlich, wenn man sich die Geschichte des früheren Hun-
Aber: „Was viel interessanter war als die
des anhört. Auch dieser begleitete ihn bei
Aktivitäten mit den Verkäufern, waren
dem Verkauf des Magazins, verstarb je-
ihre Geschichten. Ein besonderes Beispiel
doch plötzlich mitten in der Stadt. Er konn-
ist Günter, der nach der Trennung von sei-
te das 40 Kilo schwere Tier nicht allein tra-
www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Nach Manchester Vom 21. bis 24. August treffen sich 119 Delegierte von 53 Straßenzeitungen aus 28 Ländern im englischen Manchester zur Konferenz unseres internationalen Netzwerks INSP. Auch die bodo-Redaktion wird dabei sein.
Weltmeisterschaft
Gemeinsam mit KollegInnen aus der gan-
576 Spieler, 468 Matches, 8 Tage: Der „Home-
werden. Lokaler Veranstalter ist in diesem
less World Cup“ findet in diesem Spätsommer
Jahr die Heilsarmee, die in Norwegen in
in Norwegen statt. In der Innenstadt von
allen großen Städten Straßenfußball-Teams
Oslo, unmittelbar zwischen Rathaus und dem
unterhält.
Oslo Fjord, wird vom 29. August bis zum 5. September die Fußballweltmeisterschaft der Wohnungslosen ausgetragen.
zen Welt werden wir über journalistische Positionen und Kooperationen, über die Arbeit mit unseren VerkäuferInnen – von Vertriebsfragen bis zu Unterbringungskonzepten wie „Housing First“ – sowie über
Mel Young, Mitgründer des „Homeless World
Kampagnen- und Lobbyarbeit diskutieren.
Cup“ lobt die Organisatoren: „Sie unterstüt-
Es werden prominente Referenten sprechen,
zen jede Woche Hunderte von Spielern und
und es wird Arbeitsgruppen, Workshops
Frauen- und Männerteams aus 50 Nationen
bieten ihnen die Möglichkeit, zu kicken und
und viel direkten Austausch über unsere Ar-
treten gegeneinander an. Zweimal sieben Mi-
ihr Leben zu verbessern. Oslo wird sicher eine
beit geben – sowie die Verleihung der INSP-
nuten mit einer Minute Halbzeitpause liefern
herausragende Veranstaltung, was noch ein-
Awards. Im vergangenen Jahr konnte bodo
sich drei Feldspieler und ein Torwart spannen-
mal hervorhebt, was für eine inspirierende
das erste Mal eine der begehrten Trophäen
de Partien auf den ca. 22 mal 16 Meter großen,
globale Bewegung wir haben.“
aus Athen mit nach Hause bringen.
von Tribünen umgebenen Feldern.
Eröffnet wird die Weltmeisterschaft von
Wir freuen uns nach der so perfekt wie
Die Idee zum „Homeless World Cup“ wurde
Kronprinzessin Mette Marit und der Osloer
liebevoll organisierten Konferenz unserer
2001 bei der Internationalen Konferenz der
Bürgermeisterin Marianne Borgen.
griechischen KollegInnen von „Shedia“ nun
Straßenzeitungen geboren, schon 18 Monate
auf Manchester und die Straßenzeitung
später konnte das erste Turnier realisiert
„Big Issue in the North“.
Rosi, bodo-Verkäuferin in Dortmund Liebe Leserinnen und Leser, gen, und trotz einer Traube Menschen um ihn herum half ihm keiner. Keine Polizei, kein Tierrettungsdienst. Heute sind er und seine neue Hündin Amy unzertrennlich, um sie kümmert er sich besser als um sich selbst.“ Eileens Fazit nach zwei Wochen: „Mir ist
lange habe ich nichts mehr von mir hören lassen. Die letzten Tage und Wochen waren sehr anstrengend für mich, da mir die heißen Temperaturen sehr zu schaffen gemacht haben. So konnte ich immer nur hin und wieder für eine Stunde an meinem Verkaufsplatz stehen, wenn es nicht so warm war. Meine Stammkunden haben sich schon Sorgen gemacht. Als mich dann noch eine Hummel gestochen hat, hatte ich eine allergische Reaktion. Mein Schwiegersohn fuhr mich sofort zum Arzt, wo ich eine Kortison-Spritze und eine Infusion bekam. Nach einer Weile ging es mir dann zum Glück wieder besser. Mein ganzes Leben lang
klar geworden, dass es nicht relevant ist,
dachte ich, Hummeln können gar nicht stechen, aber da hatte ich mich wohl geirrt.
warum oder wie Dinge passiert sind, son-
Ich hoffe, der Verkauf läuft jetzt langsam wieder etwas besser bei mir, wenn es nicht mehr
dern, wie man damit umgeht. Jeder einzelne Verkäufer hat seine eigene Geschichte, und die macht ihn bewundernswert.“
so warm ist. Dann bekommen Sie natürlich Ihre Urlaubslektüre in Form der aktuellen bodo wieder regelmäßig bei mir. All meinen Leserinnen und Lesern wünsche ich natürlich bestes Sommerwetter und einen schönen Urlaub. Liebe Grüße, Ihre Rosi 9
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NEUES VON BODO
Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an: n n n n n n n
Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Selbsthilfeunterstützung
Enduros für bodo Vom 11. bis zum 13. August findet im Arns-
Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Ostenhellweg 42-48/Eingang Moritzgasse | 44135 Dortmund Telefon: (0231) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org | www.dortmund.paritaet-nrw.org
berger Stadtteil Vosswinkel zum zweiten Mal das „Reise-Enduro-Festival“ mit Musik und großem Rahmenprogramm statt.
Achtung, neue Adresse.
Der bodo-Leser und leidenschaftliche Motorradfahrer Andreas König hatte im vergangenen Jahr die Idee, ein Motorradfestival speziell für sogenannte Reise-
bodo DA S ST RA
SS EN MA GA
ZIN
bodo
Werben im bodo-Straßenmagazin!
SCH AFFT CHA NCE
N
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6 gazin 2014
Werben im Straßenma
Anzeigenberatung: Susanne Schröder anzeigen@bodoev.de Tel. 0231 – 950 978 0
enduros, einer Mischung aus sportlicher Crossmaschine und Reisemotorrad, zu organisieren, dessen Einnahmen sozialen Zwecken zu Gute kommen sollten. Das Fest mit Geländeparcours, Fahrtrainings und einem Konzert war ein großer Erfolg. Mehr als 1.000 Euro kamen für bodo zusammen. Auch in diesem Jahr werden die Erlöse aufgeteilt zwischen dem bodo e.V., der Kindergarten-Förderhilfe Vosswinkel und der Csilla-von-Boeselager-Stiftung. Aktionen wie diese, vom Benefiz-Konzert über Spendenläufe bis zu Geburtstagsspenden, sind es, die gemeinsam mit den privaten Geld- und Sachspenden das finanzielle Rückgrat unserer Arbeit bilden. Unser herzlicher Dank gilt allen, die uns in diesem Jahr im Großen wie im Kleinen unterstützt haben und unterstützen.
Mit Ihrer Hilfe Wir freuen uns auch über Ihre Unterstüt-
Büro Recklinghausen (Hauptverwaltung) Telefon 0 23 61 – 40 64 70
zung: Werden Sie Fördermitglied und
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chen oder jährlichen Betrag. Oder schließen Sie für Ihre Firma, Ihre Praxis oder Ihre zum Monatsanfang vorbeibringt. Vielleicht
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Kleiderspenden
Volles Haus
Herrenkleidung, Herrenschuhe, Schlafsä-
Am 12. Juli zeigten wir in unserem Buchla-
cke – die bodo-Anlaufstellen freuen sich
den den Dokumentarfilm „Obdachlos“ des
über Sachspenden.
jungen Filmemachers Hüdaverdi Güngör.
In unseren Läden in Dortmund und Bo-
Trotz der sommerlichen Temperaturen
chum holen die rund 120 bodo-Verkäufer
war das Publikumsinteresse so groß, dass
nicht nur ihre Magazine, hier gibt es auch
nicht alle Gäste einen Sitzplatz fanden. Im
täglich ein Frühstücksangebot, und hier
Anschluss an die Dokumentation disku-
beraten wir bodo-Verkäufer und andere
tierten wir mit dem Filmemacher, dem
Menschen in schwierigen sozialen Lagen.
Kameramann Leo Adass und dem überaus interessierten Publikum.
Zu beiden Einrichtungen gehören Kleiderkammern, in denen wir für Bedürftige
In der Reihe „bei bodo“ laden wir regel-
Kleidung, Schuhe und Schlafsäcke zur
mäßig zu gemeinsam mit Kooperations-
Verfügung stellen. Hier ist das Angebot
partnern organisierten Diskussionen,
in den letzten Wochen leider ziemlich
Lesungen oder wie in diesem Fall zu einem
geschrumpft: Wir freuen uns deshalb
Dokumentarfilm mit Filmgespräch. Der
über gut erhaltene Herrenhosen, Shirts,
Planerladen e.V. und die Alevitische Ge-
Hemden, Pullover und Herrenschuhe in
meinde Dortmund waren diesmal Partner,
normalen Größen. Wenn Sie etwas Platz
eine Kooperation, die schon seit Jahren
im Schrank schaffen, freuen wir uns, wenn
erfolgreich läuft.
Sie uns Ihre nicht mehr benötigte Kleidung (gerne gemeinsam mit Ihren aussortierten Büchern) vorbeibringen:
Im August macht unsere Veranstaltungsreihe erst einmal Sommerpause, nach den Fe-
Versichern ist Vertrauenssache Beratung - FAIRmittlung Unterstützung im Schadensfall
... seit über 28 Jahren.
rien geht es weiter, alles Wichtige erfahren
Anlaufstelle Bochum, Stühmeyerstraße 33
Sie im kommenden Straßenmagazin.
oder bodo-Buchladen, Schwanenwall 36 – 38,
Doch vorher noch einmal vielen Dank an
Dortmund. Herzlichen Dank!
Hüda, Leo, Tülin, Ali und alle Gäste!
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bodo ist für Sie da montags bis freitags
0231 – 950 978 0 Mail: info@bodoev.de
Geschäftsleitung Tanja Walter verein@bodoev.de
bodos Bücher Suzanne Präkelt buch@bodoev.de
en lassen.“ „Nicht ärgern. Berat © by Photocase.de
von 9 bis 16 Uhr unter dieser
zentralen Rufnummer:
Fax: 0231 – 950 978 20
Oder Sie besuchen uns: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund
Mo. bis Fr. 10 – 18 Uhr
Mieter schützen · Mietern nützen!
Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit Bastian Pütter redaktion@bodoev.de
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Mitglieder im Deutschen Mieterbund
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REPORTAGE
r u s t i e h k K ran
Ö H R E T MIE
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Eine gute Nachbarschaft, ein stabiles Wohnumfeld und bezahlbare Mieten: für viele Menschen ein wichtiger Faktor für ein zufriedenes Leben. In der Godefriedstraße 35 – 45 in Dortmund ist von Zufriedenheit seit dem vergangenen Winter keine Rede mehr. Die Häuser sollen umfangreich modernisiert werden. Mit drastischen Folgen für die Bewohner: Auszug aus der Wohnung für die Zeit der Bauarbeiten und anschließend eine Mieterhöhung, die kaum jemand zahlen kann.
: e h c a s r
Von Mirko Kussin | Fotos: Sebastian Sellhorst
G N U H Ö D
ie Godekin-Siedlung in Dortmund-Wellinghofen ist
ein typisches Beispiel für den sozialen Wohnungsbau der 1960er-Jahre: Reihen von identischen vier-
geschossigen Wohnbauten wurden „auf der grünen Wiese“
hochgezogen. Schlicht und schmucklos, aber für die damalige
Zeit modern ausgestattet, bezahlbar und mit großen Grünflächen zwischen den Gebäuden. Zweckarchitektur gegen die Wohnungsnot im Wirtschaftswunderland.
Heute, 50 Jahre später, sind viele solcher Siedlungen Sanie-
rungsfälle. Geht man durch die Godefriedstraße, wird schnell deutlich, dass auch hier etwas getan werden muss: Hoftüren wurden provisorisch mit Silikon und Kunststoffplatten abgedichtet, weil Keller bei Starkregen unter Wasser standen, Putz und Farbe bröckeln von der Fassade, kaputte Briefkästen
an fast jedem Haus. 128 Wohnungen in der Godekin-Siedlung sind in der Hand der Unternehmensgruppe Berke, einem traditionsreichen regionalen Unternehmen, das laut Eigenaussage „zu den ersten Adressen für Projektierung, Planung und Realisierung von Immobilienprojekten im Dortmunder Raum“ gehören will.
Im Winter des vergangenen Jahres stellte Berke den Bewohnern der Häuser Godefriedstraße 35 – 45 umfangreiche Moder-
nisierungen in Aussicht. Doch so richtig freuen konnte sich niemand, denn auch eine Mieterhöhung wurde angekündigt. Von
rund 5 Euro pro Quadratmeter sollte die Miete ursprünglich
auf 13 Euro pro Quadratmeter steigen. Nach einer breiten kritischen Berichterstattung in den Medien ruderte Unternehmer
Clemens Berke zurück und setzte den zukünftigen Mietpreis bei 9 Euro an. Immer noch mehr, als sich die meisten Bewoh-
ner leisten können. Weitere Berke-Wohneinheiten in der Godefriedstraße 6 – 18 sollen in zwei folgenden Bauabschnitten ab
November 2017 bzw. Oktober 2018 ebenfalls leergezogen und
Links: Protest im Dutzend – in der Godefriedstraße 35 – 45 wohnen nur noch 13 Mietparteien. Oben: Modern sind die Häuser in der Siedlung schon lange nicht mehr. Trotzdem wollen einige MieterInnen hier wohnen bleiben.
aufwändig saniert werden.
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REPORTAGE
Zigfach verkauft „Ich bekomme Leistungen vom Amt“, sagt ein Mieter, der seinen Namen nicht nennen möchte. „Bei solch einer Mieterhöhung werde ich umziehen müssen. Aber es ist nicht einfach, eine bezahlbare Wohnung zu finden.“ Eine andere Mieterin wohnt seit mehr als 20 Jahren in der Siedlung, die
ganz früher einmal der Neuen Heimat gehörte. Die zahlreichen Verkäufe
und neuen Vermieter kann sie kaum aufzählen. Die Gebäude waren unter anderem im Besitz der LEG, der Allianz und der Häusser-Bau-Wohnungsgesellschaft. Nachhaltig in Schuss gehalten hat die Siedlung niemand. Trotzdem fühlt sich die Mieterin hier wohl: „Ich bleibe hier wohnen“, sagt sie mit Trotz in der Stimme, „und sitze das aus.“
Schlaglöcher für Kinder
Von den ehemals 48 Mietparteien in den sechs Häusern sind seit dem vergangenen Winter
nur noch 13 übriggeblieben. Der Rest – darunter viele ältere Mieter – zog bereits weg. Aus Angst
vor Lärm und Dreck, aus Angst vor zu hohen Mieten, aus Angst vor der Konfrontation mit dem Ver-
mieter. Was auffällt: Die Mietergemeinschaft funktioniert gut.
Man lobt die gute Nachbarschaft und den Zusammenhalt, nicht
wenige wohnen hier schon seit etlichen Jahren. „Natürlich muss was gemacht werden“, sagt einer, der seit 30 Jahren in der Siedlung
wohnt. „Aber das muss doch bezahlbar bleiben. Ich kann aus gesundheitlichen Gründen nicht
mehr in Vollzeit arbeiten. Wo soll
das Geld denn herkommen?“ Wie die meisten wehrt auch er sich aufgrund sozialer Härte gegen
die Mieterhöhung. Ein anderer Weg bleibt den Mietern kaum, denn so absurd es klingen mag:
Wenn die Modernisierungskosten korrekt umgelegt werden, sind
Das Gesetz erlaubt es, Modernisierungskosten in Teilen auf die Miete umzulegen. Ein Fehler im System, sagt der Mieterbund.
auch solch extreme Mieterhöhungen rechtens. Eine Kappungsgrenze gibt es nicht. Einen Maximalwert, um den eine Miete höchstens steigen darf,
auch nicht. So wird die Modernisierung von Gebäuden auch immer mehr ein Instrument zur Entmietung.
Systemfehler Susanne Neuendorf vom Mieterbund Dortmund unterstützt die Mieter im Kampf gegen das Wohnungsunternehmen. Für sie ist diese Mieterhöhungs-
praxis ein Fehler im System, der seitens der Politik bisher nicht korrigiert wurde. „Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass elf Prozent der Modernisie-
www.schutzgemeinschaft-fluglaerm.de 14
rungskosten auf die Jahresmiete umgelegt werden können. Das führt dann zu solchen Mieterhöhungen, die für viele Mieter nicht bezahlbar sind.“ Ins-
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besondere im Zuge der energetischen Modernisierung mit Fassadendäm-
Premium-Asphalt für Airlines.
mung, dem Einbau neuer Fenster oder dem Austausch der Heizungsanlage entstehen hohe Kosten, die auf die Mieten umgelegt werden dürfen. „Und diese Erhöhungen sind zeitlich nicht begrenzt“, erklärt die Mieterschützerin.
„Nach rund zehn Jahren hat der Vermieter seine Modernisierungskosten über die Mieterhöhung zu 100 Prozent wieder eingespielt. Eine anschließende Rücknahme der Erhöhung sieht der Gesetzgeber bisher nicht vor.“
Ein Moderationsversuch seitens der Lokalpolitik führte immerhin zu mehreren Gesprächen zwischen Mieterschützern und dem Unternehmen. In
deren Folge legte die Unternehmensgruppe Berke einen Sozialplan vor und
kündigte an, 30 öffentlich geförderte Sozialwohnungen im Zuge der
Modernisierungsmaßnah-
men zu schaffen. Im Sozialplan
sind diese Wohnungen jedoch
ebenso wenig festgeschrieben wie eine wirklich bewohnerorientierte Lösung.
Ob die Runderneuerung kommt,
ist noch offen. Bauausschuss und Stadtrat haben ihre Zustimmung zum nötigen Bauantrag vertagt –
und nun hat Berke angekündigt, doch nur einfach energetisch zu sanieren. Dafür braucht es keine Ratsentscheidung. Auch die 30
angekündigten Sozialwohnungen sollen nach Medienberichten
wegfallen. Viel günstiger dürfte es jedoch auch so nicht werden:
Eine halbe Milliarde Euro haben die Dortmunder Bürgerinnen und Bürger bisher „investiert“.
Das Unternehmen hält am künf-
tigen Mietpreis von fast neun Euro fest.
Mieterhöhung ja – aber nicht so Gegen eine moderate Mieterhöhung hat in der Godefriedstraße niemand etwas. Aber angemessen muss sie sein. „Ich könne hier so lange wohnen bleiben, wie ich möchte, hat Herr Berke vor Jahren einmal zu
mir gesagt“, berichtet eine Bewohnerin. „Dementsprechend habe ich in meine Wohnung investiert. Habe Laminat verlegt, Decken verkleidet
Sie können sich wehren. Mit der Schutzgemeinschaft Fluglärm Dortmund / Kreis Unna e.V.
und Einbaustrahler installiert. Alles aus eigener Tasche finanziert. Und jetzt muss ich raus, weil ich mir die Miete nicht mehr leisten kann?“
Bei den Mietern führt diese Mieterhöhungspraxis zunehmend zu einem
gefühlten Verlust der Sicherheit und einer psychischen Belastung. Fast alle, die noch hier wohnen, erzählen von gesundheitlichen Problemen
wie Schlafstörungen, Magenschleimhautentzündungen, Angst- und Panikattacken. „Bevor ich hier ausziehen muss, nehme ich mir einen Strick“, sagt eine ältere Bewohnerin am Ende unseres Gesprächs. Ein Preis, den niemand für eine Mietwohnung zahlen sollte.
www.schutzgemeinschaft-fluglaerm.de 15
NEWS
DER KOMMENTAR
Mehr Freiraum beim Wohnen Weil es Menschen, deren Miete von Sozialamt oder Jobcenter übernommen wird, zunehmend schwerer haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden, hat die Stadt Dortmund neue Mietobergrenzen eingeführt. Statt maximal 252 stehen Alleinwohnenden nun 300 Euro zur Verfügung, statt 534 Euro für fünf Personen sind es nun 700 Euro. Auch die Obergrenzen für Betriebskosten werden von bisher 1,81 Euro auf 1,92 Euro pro Quadratmeter angehoben. Die Wohnungsgröße ist nicht mehr explizit begrenzt. Ab jetzt soll dauerhaft ein Drittel aller Dortmunder Wohnungen innerhalb dieser Grenzen liegen. Kritik kommt vom Mieterverein: Er sieht eine Verschlechterung für kleine Haushalte, wenn Toleranzzuschläge wegfallen, die bisher Bewohner vor einem Umzug bewahrten, wenn sie in einer
Noch’n Schwamm
formal zu großen Wohnung wohnten. Er fordert außerdem, auch
Von Bastian Pütter | Foto: Michel Abdollahi / Facebook
energetische Modernisierung bei den Richtlinien zu den „Kosten der Unterkunft“ zu berücksichtigen.
Michel Abdollahi ist Autor, Moderator und Künstler aus Hamburg. Seine Skulptur „Der Schwamm“ ist Teil eines großartigen Kunstwerks. Gemein-
Kein Schutz beim G20 Ein bitteres Fazit zum Umgang mit obdachlosen Menschen zieht das Hamburger Straßenmagazin „Hinz&Kunzt“ aus dem G20-Gipfel Anfang Juli. „Schutzlos“ seien diese gewesen und „zwischen die Fronten von Protest und Polizei geraten“, schreiben die KollegInnen: So sei in der Nähe des Schlafplatzes eines Obdachlosen ein Auto in Flammen aufgegangen, andere seien Pyrotechnik, Steinen und Tränengas ausgesetzt gewesen, als neben ihrer Platte Demonstrierende und PolizistInnen aneinandergerieten. Mehrere
sam mit dem Publikum und dem stets kommentierenden Künstler – er kommt vom Poetry Slam – ist mehr oder weniger unfreiwillig eine Performance entstanden, die viel erzählt über deutsche Befindlichkeiten. „Der Schwamm“ ist ein ziemlich großer Putzschwamm, 500 Kilo schwer. In den Worten des Künstlers: „Er ist weich, aus original Material, völlig ungiftig, voll recyclingfähig, gelb und auffällig. Niemand kann sich dran verletzen oder stoßen, er federt alle Einwirkungen ab, er gibt nach, behält aber stets seine Form. Der Anti-Hass-Schwamm saugt das Böse symbolisch auf.“ Objekt gewordener Pazifismus gegen Hass. Na gut, sagen Sie jetzt. Aber das ist erst die Ausgangssituation, Kunst entsteht hier in der Interaktion.
Menschen seien von ihren Plätzen weggeschickt worden, Hilfe habe
Erster Akt: Hamburg, Hafencity, 2016. Wie erklärt man 2016 Fremdes zu
es nur für Einzelne gegeben. Ihre Forderung nach sicheren Unter-
Unerwünschtem? Man legt Hand an: 1.600 fremdenfeindliche Gewalt-
künften halten die KollegInnen darum aufrecht: Gemeinsam mit
taten sind es am Ende des Jahres. Oder man legt Feuer: 65 Brandan-
30 Organisationen fordert „Hinz&Kunzt“ vom Senat akzeptable
schläge allein auf Wohneinrichtungen gibt es 2016. Und einen auf einen
Wohnungslosenunterkünfte – „ungeachtet ihrer Herkunft, Haut-
Schwamm. Der brennt ab und der Künstler zeigt sich „geschockt, wütend
farbe, ihres Geschlechts“ –, einen besseren Zugang zu Wohnraum
und traurig“, der Staatsschutz ermittelt wegen eines politischen Motivs,
und Wohnraum speziell für wohnungslose Menschen.
usw., sie kennen das. Stilles Nachgeben gegen Hass, dann Wut, dann Trauer – Deutschland durchgespielt.
Wählen ohne Wohnung Auch bei der Bundestagswahl besitzen wohnungslose Bürgerinnen und Bürger ohne feste Meldeadresse selbstverständlich ein Wahlrecht, betont die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W). Die Arbeitsgemeinschaft fordert die Kommunen auf, den Eintrag in das Wählerverzeichnis komplikationslos zu ermöglichen und an den Treffpunkten und An-
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Zweiter Akt: Neuer Schwamm, neuer Ort. Augsburg, Juli 2017. Die Ausschreitungen während des Hamburger G20-Gipfels hallen im Wahlkampf nach. Polternde Innenpolitiker überbieten sich mit Straffantasien. Die eigentlichen Krawalle, die vier Stunden Chaos in der Hamburger Schanze möchte sich kaum jemand genauer ansehen: Die mögliche Erkenntnis, dass neben gesamteuropäischen Autonomen betrunkenes Partyvolk und migrantische Vorstadtjugend den kurzfristigen Zusammenbruch der Ordnung zum Spektakel machte, wäre beunruhigender.
laufstellen der Wohnungslosen entsprechend zu informieren. Die
Dazu die Schwamm-Performance. In Augsburg. Augenzeuge Abdollahi:„Der
Stadt Dortmund beispielsweise kommt dem mit einem eigenen
Schwamm wurde vor der City Galerie nach weniger als 24 Stunden fast
Informationsblatt nach, das den Einrichtungen und Anlaufstellen
völlig zerstört. Wir haben viele Kinder beobachtet, die drauf gespielt haben,
zugesandt wurde. Sie weist darauf hin, dass Wohnungslose mit
(aber auch) wie sie ziegelsteingroße Blöcke aus dem Schwamm rissen und
Lebensmittelpunkt Dortmund, aber ohne festen Wohnsitz, mit
auf dem Platz verteilten. Viele Eltern standen teilnahmslos daneben, rauch-
einer Meldung bei den Bürgerdiensten zwischen dem 14.8 und
ten oder beschäftigten sich mit ihrem Handy.“ Ein kleiner Mitte-Riot und ein
dem 3.9. ins Wahlregister aufgenommen werden. Auch Sammel-
Modellversuch in Entgrenzung. Spektakel, Gruppendynamik, die Aussicht
anträge durch die Einrichtungen sind möglich. Bedingung für die
auf Straffreiheit, die Abwesenheit von Ordnung. Spannend. Hoffentlich
Aufnahme ins Wahlregister ist ein gültiger Personalausweis.
wird es einen dritten Schwamm geben. Man kann so viel vom ihm lernen.
RECHT
Jobcenter muss Nachhilfestunden nicht zahlen Von Rechtsanwalt René Boyke Sollte die Verset-
Dem Gedanken, dass auch Kinder von Leis-
rierten die Richter aus Düsseldorf eben-
Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben
Versetzung oder der Abschluss gefährdet
zung in die nächst-
tungsbeziehern nach SGB II möglichst gute
der Schulabschluss an
sollten, konnten die Düsseldorfer Richter of-
höhere Klasse oder
sich gefährdet sein, muss das Jobcenter
für die Kosten erforderlicher Nachhilfe
aufkommen. Bekanntlich machen sich gute Noten auf einem Zeugnis jedoch besser als
schlechte – dies gilt umso mehr bei einem Abschlusszeugnis. Aus diesem Grund investierte eine Mutter insgesamt 2.033 Euro
in Nachhilfestunden für ihre Tochter. Immerhin waren deren Noten in den Fächern
Englisch und Mathematik bereits auf lediglich ausreichend abgesunken. Das ist zwar
noch nicht versetzungsgefährdend, macht
fenbar nicht viel abgewinnen. Diese stellten
nämlich lediglich darauf ab, dass das SGB II eine die schulischen Angebote ergänzende
wenn diese geeignet und erforderlich sei, um die nach den schulrechtlichen Bestim-
mungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen. Oder anders: Wessen Ver-
setzung oder Abschluss nicht gefährdet ist, der darf auf keine weitere Unterstützung durch das Jobcenter hoffen.
Dass die Mutter geradezu vorausschau-
lehnte die Übernahme der Kosten ab – und
reagierte und nicht erst abwartete, bis das
bekam Recht vor dem Sozialgericht Düsseldorf (Az.: S 21 AS 1690/15).
sein, so lohnt es sich immer, Nachhilfe in Anspruch zu nehmen und die Kosten durch das Jobcenter erstatten zu lassen.
Lernförderung nur dann berücksichtigt,
sich jedoch schlecht auf einem Zeugnis der mittleren Reife. Dennoch: Das Jobcenter
falls nicht. Für alle anderen gilt: Sollte die
end auf die fallenden Noten ihrer Tochter Kind fast in den Brunnen gefallen und die
Versetzung konkret gefährdet war, hono-
DIE ZAHL
1,34 Milliarden Euro Gewinn hat die Bundesrepublik mit ihren Griechenland-Hilfen gemacht. Es handelt sich um Zinsgewinne aus Darlehen der Förderbank KfW und den Gewinnanteil aus einem Anleihenkaufprogramm der EZB, teilte das Bund esfin anzm iniste rium auf Fragen der Grünen im Bundestag mit.
DAS FOTO
Veränderungen rund um den Nordmarkt: Inzwischen wird investiert, wo sich seit Jahren alle sozialen Probleme Dortmunds ballen. Nach Dogewo, Kommune, der Stiftung Soziale Stadt und Privatinvestoren hat auch die AWO Dortmund zwei Häuser saniert, um preiswerten Wohnraum für kinderreiche Familien zu schaffen. Der Dortmunder Künstler Günter Rückert hat die Fassade der Schleswiger Straße 40 mit Tiermotiven gestaltet, das Nachbarhaus erinnert an die Dortmunder Edelweißpiraten. Foto: Daniel Sadrowski 17
INTERVIEW
„Ein Geflüchteter muss keine Kopie eines Deutschen sein, damit man sagen kann, er ist integriert“, sagt Tareq Alaows. Der Jurist kämpft in der Initiative „RefugeeStrike“ für bessere Bedingungen für Geflüchtete – und kam selbst vor zwei Jahren als Asylsuchender nach Deutschland. Mit bodo sprach der 28-Jährige über Aktivismus, soziale Kämpfe und Angst vor dem Rechtsruck. Von Alexandra Gehrhardt | Fotos: Sebastian Sellhorst, Maren Wenzel
„Wir sind keine Gegner“ Als vor mehr als einem Jahr etwa 40 Ge-
DIDF haben wir zum Beispiel ein Sprachca-
ich die ersten Demonstrationen gegen
Bochumer Rathaus protestierten, warst
von Deutschen Deutsch lernen und umge-
mit dem Roten Kreuz in einem Katastro-
flüchtete mehrere Wochen lang vor dem auch Du dabei. Unter dem Namen „RefugeeStrike“ habt Ihr die schnellere Bearbeitung von Asylanträgen, einen bes-
seren Zugang zu Wohnungen und Jobs
gefordert. Mit dem Blick von heute: Was habt Ihr erreicht?
Wir haben eigentlich viel erreicht,
aber nur für eine kleine Gruppe. Wir dür-
fen mittlerweile Wohnungen und Arbeit
suchen, was vorher nicht ging. Auch die Eröffnung der Außenstelle des Bundes-
amtes für Migration und Flüchtlinge in
Bochum war ein großer Erfolg. Für Syrer hat sich einiges verbessert, Menschen aus
Afrika oder Afghanistan haben aber im-
mer noch Probleme, eine Wohnung oder einen Sprachkurs zu bekommen. Das Herkunftsland spielt eine große Rolle.
Was macht „RefugeeStrike“ heute?
Im Moment machen wir keine ei-
genen Aktionen, unterstützen aber Proteste von anderen Geflüchteten, machen
politische und Begegnungsprojekte. In Kooperation mit lokalen Initiativen wie
dem World Beat Club, dem Café LYSA oder
18
fé und ein Tandemprojekt, wo Geflüchtete
kehrt ihre Muttersprache unterrichten. Integration, wie sie vom Staat gefordert ist,
kann nur funktionieren, wenn die Menschen zusammen leben und voneinander
al-Assad mitorganisiert. Seit 2012 war ich
phenmanagement-Projekt unterwegs und habe innerhalb von Syrien Geflüchteten geholfen.
lernen. Ein Geflüchteter muss keine Kopie
Es gibt nicht sehr viele Geflüchtete im
kann, er ist integriert.
Kritik äußern. Woran liegt das?
eines Deutschen sein, damit man sagen
Ruhrgebiet, die lautstark und präsent Viele werden eingeschüchtert.
Du bist einer der Sprecher von „Refu-
Während des Protestcamps in der Bochu-
um bessere Bedingungen verhandelt. Du
terkünften oft von den MitarbeiterInnen
geeStrike“, hast mit der Stadtverwaltung kommst aus einem Land, wo Protest und
Widerstand mit Folter und Tod bestraft
werden können. Wie schwer war es für Dich, in Deutschland staatliches Handeln zu kritisieren?
(lacht) Ich habe in Syrien gegen
den IS und gegen al-Assad gearbeitet. Es ist, wie ich mal auf einer Demo gesagt
habe: Hier zu protestieren – das ist für
mer Innenstadt wurde Geflüchteten in Ungesagt: Wenn ihr etwas Politisches macht,
habt ihr Nachteile. Einige deutsche Unterstützer haben in Unterkünften Haus-
verbot bekommen, nur weil sie Geflüchteten sagten, dass sie Rechte haben und
einfordern können. Es war eine Strategie der Stadt – gegen die Geflüchteten, gegen Ehrenamtliche. Und das hat funktioniert.
uns ein Spiel.
Ist es ein Bochumer Problem, dass immer
Du bist also schon lange politisch aktiv?
Sammelunterkünften leben?
Ja. Als Jugendlicher war ich in ei-
ner kommunistischen Gruppe organisiert, was damals verboten war. In Aleppo habe
noch mehr als 1.000 Menschen hier in Ich glaube nicht. Die Situation hier
hat sich verbessert, nicht verschlechtert, weil es zum Beispiel keine Turnhallen mehr
19
INTERVIEW
gibt. Aber es ist immer noch schwierig:
Ich habe es selbst erlebt. Ich kann
es nicht für gute Projekte nutzen, für alle
keine Leistungen vom Jobcenter oder So-
Wenn „Stadt für alle“ davon
Geflüchtete haben in Unterkünften keine
mich auf Deutsch unterhalten, bekomme
keinen direkten Kontakt zur Gesellschaft.
zialhilfe. Aber mein Name hat bei Woh-
Privatsphäre und sind isoliert. Sie haben Und damit können sie kein Zusammenleben
leisten. Von ihnen wird aber Integration gefordert. Das liegt nicht nur an der Stadt. Aber sie verschiebt einen Teil ihrer Aufgaben an
Ehrenamtliche, und die können dann andere Dinge nicht machen. Wenn du nur eine
Stunde Zeit am Tag hast, kümmerst du dich darum, für Menschen in einem Containerlager eine Wohnung zu finden, und schaffst es kaum, einfach mit ihnen zu reden.
und ohne rassistische Kriterien?
spricht, dass viele Menschen Bedarf an
nungsanzeigen eine große Rolle gespielt.
Wohnungen haben, ist das auch für mich
Besichtigungen verschickt. Ich habe genau
ren, dass wir keine Gegner sind: Es sind
Drei Monate lang habe ich Anfragen für drei Antworten bekommen, aber mehr als
200 Anfragen wurden nicht mal beantwortet. Auch ein Wohnungsunternehmen
hat mir gesagt, dass sie keine Wohnungen an Geflüchtete vermieten.
Es gibt aber auch etwas Gutes:
Nach einem Artikel in der WAZ über Ras-
wichtig. Wir haben die Aufgabe, zu erklä-
nicht die Geflüchteten gegen Hartz-IV-
EmpfängerInnen und die gegen andere BürgerInnen. Sondern das System teilt Menschen in verschiedene Gruppen.
Die Asylrechtsverschärfungen der letzten Monate haben Rechte von Geflüchte-
ten weiter eingeschränkt und Repression verstärkt. Wie blickst Du in die Zukunft?
Ich habe Angst. Die Verschärfun-
gen bieten Parteien wie der AfD große Möglichkeiten für rassistische Forderungen. Ich weiß nicht, wie man damit umge-
hen soll. Wir haben mit „RefugeeStrike“ ei-
nen offenen Brief an die Bundeskanzlerin gegen Asylrechtsverschärfungen geschrieben. Bis August sammeln wir Unterschrif-
ten für eine Petition. Ich selbst möchte bald wieder nach Griechenland reisen und
Geflüchteten, die dort ankommen, helfen. Du hast eine Wohnung, arbeitest bei der Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum.
Du hast Freunde gefunden und ein Netz-
werk aufgebaut. Du machst trotzdem Siehst Du einen Weg, wie es besser gehen
sismus bei der Wohnungssuche hat mich
Jedes Problem ist ja ein eigenes
Nun vermitteln wir von „RefugeeStrike“
könnte?
für sich. Warum gibt es in Bochum nur so wenige Übergangsmanager, die bei der
Wohnungssuche helfen? Warum gibt es nicht genug Deutschkurse? Geflüchtete
mit sogenannter guter Bleibeperspektive dürfen Deutschkurse machen, ein anderer Teil nicht. Stattdessen machen Ehrenamt-
in Zusammenarbeit mit diesem Unterneh-
Freunden und Bekannten geht es woan-
men Geflüchtete, die noch in Unterkünf-
ten wohnen, in Privatwohnungen. Das
ist ein guter Schritt, reicht aber nicht aus. Außerdem ist es überhaupt nicht unsere Aufgabe, das zu regeln.
tion zu bringen, dass sie sich zumindest
der Herner Straße – wie hängt das für
alle“, die Besetzung eines Leerstands in Dich zusammen?
Aktivismus ist nicht einseitig, son-
Mit der Besetzung eines Hauses in der
dern ein gesamtes Paket. Aktivismus heißt
stand und knapper Wohnraum wieder in
gen, wenn die ihre Aufgaben nicht ma-
Herner Straße im Mai ist das Thema Leerden Fokus gerückt. Geflüchtete, sagst Du,
erfahren bei der Wohnungssuche Rassismus. Wie sieht der aus?
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meine private Situation. Viele hier ha-
RefugeeStrike, die Initiative „Stadt für
unterhalten können.
Es geht ja nicht nur um mich und
ein Wohnungsunternehmen kontaktiert.
liche private Kurse. Aber es ist doch die Aufgabe der Stadt, die Leute in die Posi-
weiter?
für mich immer Handeln gegen Regierunchen. Das Haus in der Herner Straße zum Beispiel steht lange leer, niemand nutzte es – warum dürfen die jungen Leute hier
ben eben noch keine Wohnung, anderen ders genauso. Vor einem Monat war ich in
Griechenland und habe die Situation auf der Insel Chios gesehen. Dort leben Tau-
sende Menschen in abgesperrten Flücht-
lingslagern. Es ist unmöglich, so viele Leute leiden zu sehen, ohne etwas zu tun.
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Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.
Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt
Neulich stand ich erstmals auf der anderen Seite vom Drängelgitter, jener Absperrung, die Rockstars vom Fan und Politiker vom Demonstranten trennt. Wichtig: Ich stand. Eine Stunde, während man mir von rechts mit Pfeifen ins Ohr trillerte, weil die private Krankenkasse so gut ist und in der Halle, vor der ich wartete, die SPD tagte. Die ist für eine Bürgerversicherung. Die ist nicht gut für das Konzept der Versicherungskonzerne, also für die Gewinne. Nebenher, Demonstranten: Ich bin nicht mal Mitglied, bin unschuldig an dieser SPD-Idee. Aber sollte ich jemals gegen eine Bürgerversicherung gewesen sein, seit diesem Wartemorgen bin ich dafür. Nebennebenher, das wusste ich nicht: Derlei Angriffe schweißen die auf der anderen Seite zusammen. Ein Pfiff mehr, und ich hätte den Aufnahmeantrag der gastgebenden Partei unterschrieben. Es trillerten nicht die Vorstandsvorsitzenden der Privaten Krankenkassen. Es trillerten Angestellte, die sich noch das Betriebsratslabel auf die Brust pappten, um Betroffenheit bei den Sozis zu erheischen. Sie jagten Kinder mit Ohrstöpseln auf mich und eine mobile Sambakapelle voller Jörgs und Heiken, die Samba so deutschten, dass man Lust bekam, in Polen einzumarschieren. Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.
Sie Mitglied Werden auch in der AWO! eder die AWO Je mehr Mitgli hr kann sie in hat, desto me ft bewirken. der Gesellscha en nn sie Mensch Desto eher ka fe brauchen. helfen, die Hil
Kaum einen Steinwurf entfernt, wiederholten sich auf der Fassade eines Versicherungskonzerns die Demoparolen. Wahrscheinlich lief die Demo als Arbeitszeit. Nur bei alten Arbeitsverträgen gab es auch Zuschläge für die Sonntagsarbeit. Auch Angestellte von Grünenthal werden gegen das Conterganverbot getrillert haben, wegen der Arbeitsplätze. Schon 1930 hat Siegfried Kracauer Angestellte beobachtet, für sein Buch über diese Kaste. Noch zu Monatsbeginn seiberten sie im Arbeitsgericht als Vertreter des Unternehmens angesichts einer Mitarbeiterin auf der Gegenseite, die man loswerden wollte. Schon Ultimo saßen sie selbst auf der anderen Seite des Saales.
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Unterbezirk Dortmund
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Unnaer Straße 29a • 59174 Kamen 02307 - 91 22 10 21
KULTUR
Zukunftsmusik im Kiosk Es gibt Abkürzungen, die werden, auch wenn man sie ausformuliert, nicht direkt weniger kryptisch. Zu dieser Sorte von Akronymen gehört das Transnationale Ensemble LABSA – kurz für „Labor für sensorische Annehmlichkeiten“. Im Dortmunder Westen hat das Ensemble nun sein jüngstes Projekt vorgestellt: Einen Kiosk als Spielort für Theaterperformances, Workshops und „interdisziplinäre künstlerische Praxis“. Von Felix Huesmann Fotos: Daniel Sadrowski
Die großen Schaufenster des „Tomorrow
neue Leute, die Lust haben, Theater zu spie-
verhängt, über ihnen wehen mehrere Fah-
zu kochen und Zeit zu verbringen, freuen wir
Club“-Kiosks sind von innen mit Zeitungen nen im Wind. Auf dem Bürgersteig vor der
neuen LABSA-Heimstätte an der Langen Straße wartet das gespannte Premierenpublikum auf den Start von – ja, wovon eigentlich? So richtig ist das vielen Gästen noch gar nicht klar. Eine Performance ist angekündigt,
Grußworte soll es geben und im Anschluss dann frisch gekochtes Essen für alle.
Die Zeit des gespannten Wartens nutzt Anna
Buchta, um den Verein hinter dem krypti-
schen Kürzel zu entschlüsseln. „LABSA ist auf der einen Seite ein künstlerisches Pro-
jekt und auf der anderen auch ein soziales“,
erklärt die Sozialpädagogin. Keine Kunst im
Elfenbeinturm, sondern auch Jugendarbeit. Für seinen „Tomorrow Club“-Kiosk kooperiert der Verein dabei mit dem Jugendhil-
feträger Grünbau und der Stadt Dortmund. Das Ensemble, das das Ladenlokal fortan ein Jahr lang bespielt, besteht aus Menschen
mit und ohne Fluchterfahrungen, aus Jugendlichen und Erwachsenen. Nicht nur
Was jetzt ein festes Zuhause im Dortmunder Westen gefunden hat, begann 2016 als
viertägiges „Tomorrow Club“-Festival mit Theatervorführungen, Filmen, Lesungen,
Musik- und Tanzaufführungen rund um das Big Tipi am Fredenbaumpark. „Sonst hatten
wir zuerst Proberäume an der Brückstraße und später im Depot. Jetzt haben wir nach
langer Suche endlich unseren eigenen Raum gefunden“, sagt Anna Buchta.
Kurz nachdem sie das sagt, beginnt auch die Performance, auf die alle warten. Von neugierig dreinblickenden und bunt kostümierten Menschen wird vorsichtig das Zei-
tungspapier von den Innenseiten der Fenster gerissen. Ein heller, lichtdurchfluteter Raum kommt dahinter zum Vorschein. Zuerst wird
theatralisch der Schlüssel gesucht, dann
strömen die Zuschauer mit aufgepusteten Luftballons in den Händen hinein.
So wie bei der Premiere professionelle Künst-
mäßig zum Kochen und veranstalten Work-
nen gemeinsam performen, soll es auch
shops zum Beispiel zu Theater und Stim-
me“, erzählt Anna Buchta. Diese Workshops
sind der allgemeinen Öffentlichkeit zwar verschlossen. Buchta stellt aber klar: „Über 22
uns immer.“
für öffentliche Performances soll der Kiosk genutzt werden. „Wir treffen uns hier regel-
Programm auf www.labsa.de
len, Musik zu machen oder gemeinsam Essen
ler mit Jugendlichen und jungen Erwachselangfristig weitergehen. So wird am Ende
doch ganz deutlich, wofür das Ensemble eigentlich steht: für Begegnung und gleichberechtigtes voneinander Lernen.
SOZIALES
WILDE KRÄUTER
GUNDERMANN
Wohnen nach Konzept 02
von Wolfgang Kienast
Von A. Gehrhardt | Foto: S. Sellhorst
„Wir wollen bauen“ – damit gab die Stadt Bochum vor einem Jahr den Startschuss für das „Handlungskonzept Wohnen“, ein Konzept, das den Rahmen einer strategischen Wohnungspolitik stecken soll.
Zwei Gewürzmischungen waren es, die
hätte man die beiden selbstredend
gen sollten: Maggi und Fondor – wobei
heißt im Umkehrschluss, dass nun
den Geschmack meiner Kindheit prädie zweite ja ebenfalls aus dem Haus
der ersten stammt und dieses, seit 1947, zum Nestlé-Konzern gehört. Freilich, solcherlei Details interessierten mich
damals nicht. Irgendwann, es muss
in den 1970er Jahren gewesen sein, erreichten dann Kräuter der Provence
die Küche. Eine Sensation für Nase und
Gaumen, eine kulinarische Botschaft aus einer weit entfernten Region, die
zu besuchen wir uns als Familie mit
knappem Salär niemals würden leisten können.
Etwas später kam der Sehnsuchtsort als
Frischkäse aufs Brot. Wir liebten Bres-
sot, den Geschmack von (vermutlich) Rosmarin, Thymian und Oregano, auf
der Verpackung ist ja immer nur von Gewürzmischung die Rede. Dass der
mutmaßliche Franzose eine Kreation der deutschen Käserei Edelweiss aus Kempten ist, weiß ich auch erst seit der Recherche zur Kolumne.
Im Lauf der Zeit verlor die Marke einen Buchstaben, gewann gleichwohl
an Varianten. Der Markt ist ein launisches Ding. Er will gepflegt werden.
Anspruchsvoll ist die Kundschaft und wechselhaft, was ihre Vorlieben betrifft. Mode und Zeitgeist sind schwer
kalkulierbare Konstrukte, mit denen
sich Marketingexperten rund um die Uhr herumzuschlagen haben.
Letztes Jahr fand ich also einen mir unbekannten Bresso – längst ohne das
französierende ‚t‘ am Ende – im Supermarktkühlregal: Wildkräuter. Damit
hatte mich das Marketing am Wickel und ich den Käse im Einkaufskorb. De-
ckelaufdruckunterzeile: Rosmarin und Thymian. Ich staunte. In den 70ern
als Kräuter der Provence verkauft. Das
Wildkräuter das Sehnsuchtszentrum
triggern. Bedenk- wie erklärlich vor dem Hintergrund, dass in Deutschland täglich 1,14 Quadratkilometer Land-
Wie unzureichend diese Politik war, war spätestens 2015 klar, als Hunderte geflüchteter Menschen über Monate in Turnhallen leben mussten, weil es kein funktionierendes Unterbringungsmanagement gab. Zugleich stehen bis zu 7.500 Wohnungen
schaft verschwinden.
Ich reagiere sowieso auf das Wort und folglich, als ich im Zuge der Crange-Re-
portage in diesem Heft den „Cranger Wildkräuter Likör“ entdeckte. Peter
Meinken, Chef der Herner Destillerie Eicker & Callen, bestätigte mir auf
Nachfrage, dass der tatsächlich aus Kräutern gemacht werde, die man in
Crange sammeln könne. Nur, dass sie woanders eingekauft werden. Der Likör ist lecker, das Rezept ein Firmen-
geheimnis. Ich hätte mich ja gefreut, wenn Gundermann drinstecken würde.
Das wäre wohl möglich, so Herr Meinken, sei aber nicht der Fall.
Gundermann schätze ich sehr. Sein einzigartiges, herb-würziges Aroma lässt
sich mit dem Birne-Gundermann-Sirup (Rezept in der Juli-Ausgabe) über die Sammelzeit hinaus bewahren. Geben
Sie ihn einfach mal, statt ‚Rot‘ oder
‚Grün‘, in eine Berliner Weisse. Schaut, weil unfiltriert, im Glas ein wenig trübe aus, schmeckt jedoch phantastisch.
Ebenso wie folgende Zitronen-Kaltschale mit dem Kraut.
REZEPT
Den Saft von 1 Zitrone mit 200 ml vom
Sirup mischen. 500 g Creme Double
aufkochen und den Sirup durch ein
Sieb langsam in die Creme rühren. Nach
dem Abkühlen noch für mindestens 4 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.
Kurz aufschlagen und mit Minzblättchen garnieren.
zum Teil seit Jahren leer. Mit dem Konzept will die Stadt „Haushalte durch ein attraktives Wohnraumangebot langfristig an den Wohnstandort binden“. Als Kernzielgruppen sind Studierende, Familien und Ältere identifiziert, nun soll Bestehendes modernisiert und Neues gebaut werden. 800 Wohnungen sollen jährlich neu entstehen, 200 davon öffentlich gefördert. Zu wenig, meint die Initiative Stadt für alle, die mit am Tisch saß, weil zeitgleich 180 Sozialwohnungen wegfallen. Ihr „fehlen wichtige Ziele“, zum Beispiel die Gruppe der Geflüchteten, durch deren Situation die Defizite erst offenkundig wurden. Statt auf sozialen Wohnungsbau mit Ablaufdatum zu setzen, solle die Stadt selbst aktiv werden, eigene Flächen selbst bebauen statt sie an Investoren zu verkaufen. Ein städtisches Wohnungsunternehmen, die Idee findet sich im Konzept, brauche gemeinnützige Leitlinien. Der Kampf gegen Leerstand, im Konzept nur angerissen, kommt derweil anders voran: Die Stadt wird sich eine Satzung zum Schutz von Wohnraum geben. Ein Entwurf soll im August beraten werden, dann geht auch das Handlungskonzept in die politischen Gremien. 23
VERANSTALTUNGEN 08 | 17 DI 01 | 08 | 17 Ausstellung | International Light Art Award 2017 Ziel des International Light Art Award ist es, Wer-
21.08. | Car Seat Headrest FZW, Dortmund | 2 x 2 Karten
ke aufstrebender KünstlerInnen zu zeigen, die
ab 24.8. | Das ist unser Land!
die Lichtkunst innovativ und kreativ weiterent-
sweetSixteen-Kino, Dortmund | 1 x 2 Karten
wickeln. Mit diesem Award und der begleitenden Ausstellung möchte das Zentrum für Internationale Lichtkunst einer zukünftigen Generation von LichtkünstlerInnen eine Plattform bieten. Die drei Finalisten Satoru Tamura (1. Platz), Tilman Küntzels (2. Platz) und die Künstlergruppe Vroegop (3. Platz) präsentieren ihre Arbeiten in den Tongewölben des Museums. Bis 3.9. – Infos: www.lichtkunst-unna.de Zentrum für Internationale Lichtkunst, Unna
30.08. | Das 14. Bochumer Rudelsingen Bahnhof Langendreer, Bochum | 3 x 2 Karten 30.08. | Robinson & Angelika „Close Up – Tischzauberei“ | Zauberkasten, Bochum | 3 x 2 Karten 01.09. | Cityring Konzerte: Nessun Dorma – Die Sommernacht der Oper Friedensplatz, Dortmund | 3 x 2 Karten 09.09. | 40 Jahre „Kultur für alle“ in Witten Jubiläumsgala | Werkstadt, Witten | 3 x 2 Karten
Ausstellung | Die Rückkehr des Wolfes nach NRW
Mitmachen und Karten gewinnen:
Der Wolf ist wieder Bestandteil der Natur und
Schicken Sie das Lösungswort aus unserem Kreuzwort-
Landschaft in Deutschland. Auch in NRW wurde
rätsel und Ihren Wunschgewinn mit Name, Telefon,
er bereits siebenmal in diesem Jahr nachgewie-
Adresse und dem Betreff „Verlosung“ an redaktion@
sen. Aus diesem Anlass informiert die von der
bodoev.de oder auf frankierter Postkarte an bodo e.V.,
Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-
Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund.
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24
BODO VERLOSUNGEN
BODO-TIPP
Zum neunten Mal entsteht in die-
und einem großen Kunsthandwer-
es einen großen Außenbereich mit
sem Sommer in den Wiesen des
kermarkt lohnt sich der Besuch auch
Spiel- und Bastelangeboten, Kinder-
Kemnader Sees zwischen Bochum
ohne Konzertkarte.
schminken und mehr zu entdecken.
Zeltfestivals Ruhr. Vom 18. August
Das Zeltfestival wirbt mit dem größ-
Der Eintritt beträgt 4 Euro, alle Vier-
bis 3. September geht es hier vorran-
ten Open-Air-Restaurant des Reviers
telstunde fährt eine Sonderbuslinie
gig um hochkarätige Konzerte – Pla-
und einem international besetzten
vom Bochumer Hauptbahnhof direkt
cebo, Joy Denalane, La Brass Banda,
Markt der Möglichkeiten, bei dem
zum Festivalgelände.
Jennifer Rostock etc. – und Come-
Künstler
und Wittten die weiße Zeltstadt des
Zeltfestival Ruhr
und
Kunsthandwerker,
dy-Shows – Gerburg Jahnke, Frank
Kreative und Designer ihre Kreatio-
Fr., 18.8. – So., 3.9.
Goosen, Jochen Malmsheimer. Doch
nen anbieten. Neben eigenen Musi-
Kemnader See, Bochum / Witten
dank regionaler Gastronomiemeile
calveranstaltungen für Kinder gibt
www.zeltfestivalruhr.de
Westfalen geförderte Wanderausstellung „Die
nationale Immunität angesichts ihres halsbre-
Rückkehr des Wolfes nach NRW“ über das Wild-
cherischen Stil- und Sprachenmixes: Afrobeat
tier Wolf, um so die Akzeptanz in der Bevölke-
trifft auf Salsa, R‘n‘B, Pop und Jazz – Soulgesang
rung zu stärken. www.tierpark-bochum.de
auf Rap und Lingala Chants. Goldrichtig für den
Der Film erzählt die berührende Geschichte des
Tierpark + Fossilium, Bochum
Computeringenieur, Videokünstler und Rapper
jungen Chiron, der in Miami fernab jeglichem
Abdul Rahman aus Syrien, der als Murder Eyez
Glamour aufwächst. Der Film begleitet ent-
Syrian Legend schon in Aleppo eine riesige Fan-
scheidende Momente in Chirons Leben von der
gemeinde hatte. Eintritt frei.
Kindheit bis ins Erwachsenenalter, in denen er
Freilichtbühne Wattenscheid, BO, 19.30 Uhr
sich selbst entdeckt, für seinen Platz in der Welt
MI 02 | 08 | 17 Film | PSD Bank Kino: SING Ein Theater stellt die großartige Bühne für einen mitreißenden Gesangscontest zur Verfügung. Die kunterbunte Welt des Films wird ausschließlich von liebenswerten Tiercharakteren bevöl-
DI 08 | 08 | 17 Film | Fiege Kino Open Air: Moonlight
kämpft, seine große Liebe findet und wieder verliert. Einlass ist um 20 Uhr. Der Film startet bei
MO 07 | 08 | 17
Einbruch der Dunkelheit. fiege-kino.de
Musik | Trinkhallen Tour Ruhr 2017
Innenhof der Privatbrauerei Moritz Fiege,
kert. Sie alle betreten die Bühne von Busters
Das Bassklarinetten-Ensemble „Die Verwechs-
Theater mit dem gleichen Ziel: zu gewinnen
lung“ startet in ein neues Jahr der Trinkhallen
und damit ihr Leben zu verändern. Der Einlass
Tour Ruhr. Gemeinsam mit rund 20 Gastkünst-
erfolgt ab 19.30 Uhr, der Film beginnt bei Son-
lern besucht die Trinkhallen Tour drei Wochen
Diesmal widmet sich der überzeugte Stubenho-
nenuntergang. www.psd-bank-kino.de
lang (7. – 25.8.) Kioske und Trinkhallen im gesam-
cker dem analogen Leben jenseits der Matrix.
PSD Bank Kino / Seebühne im Westfalenpark,
ten Ruhrgebiet und verwandelt sie für jeweils
Im Laufe seines Programms „Maxipedia“ traut
Dortmund, 19.30 Uhr
einen Abend in Bühnen für zeitgenössische,
er sich zentimeterweise ins Sonnenlicht. Was er
improvisierte Musik. www.trinkhallentour.ruhr
dort wohl findet? Wissen ist out. Wofür soll man
Trinkhalle, Bochum, 17 – 17.45 Uhr
sich schon etwas merken, wenn man den kom-
FR 04 | 08 | 17
Bochum, 20 Uhr Comedy | RuhrHOCHdeutsch: Maxi Gstettenbauer
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Kabarett | Carsten Höfer Höfer wagt sich in seinem aktuellen Soloprogramm in das wohl größte Abenteuer des modernen Mannes: Er wird zum EHE-MÄN und damit zum Superhelden für den Hausgebrauch. EHE-MÄN kann sich in Kuschel-MÄN verwandeln, wenn seine Frau es wünscht. EHE-MÄN ist Repairund Frisurenerkennungs-MÄN, wenn es nötig ist, und scheut auch nicht davor zurück, seiner Frau ein Bummelbegleitungs-MÄN zu sein. Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr
SA 05 | 08 | 17 Musik | Odyssee: Musik der Metropolen The Local Ambassadors & Murder Eyez The Local Ambassadors sind Botschafter des
V. i. S. d. P.: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Bundesgeschäftsstelle, Robert Heinrich, Platz vor dem Neuen Tor 1, 10115 Berlin
Gentlemankabarettist und Buchautor Carsten
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25
VERANSTALTUNGEN AUGUST 2017
Festival | Junkyard Open Air
pletten Brockhaus in der Hosentasche hat? – Was
das Konzertpublikum in Bann – sondern auch
ist ein Hipster und wie ignoriert man ihn? Und
durch ihre politischen Aktionen. 1.000 km sind
Nach dem erfolgreichen Festival im vergange-
wie spricht man eigentlich „Threema“ aus?
sie für Obdachlose durch die Republik gelaufen,
nen Jahr präsentiert das Junkyard Open Air auch
Spiegelzelt an den Westfalenhallen, DO, 20 Uhr
fast 7.000 km für Flüchtlinge durch die Lande
2017 eine feine Mischung aus Fuzzgitarren, dre-
geradelt – um dann mit Weltklasse-Musikern
ckigem Garagenrock, Blues und Hardrock. Mit
auf Tour zu gehen, die in deutschen Flüchtlings-
dabei sind in diesem Jahr Radio Moscow, Siena
lagern ohne Auftrittsmöglichkeiten leben. Ein-
Root, Hällas, Night, Bone Man und Redwater.
tritt frei – Spenden erwünscht.
JunkYard, Dortmund, 14 Uhr
MI 09 | 08 | 17 Kinder | Lillis Reise zum Mond „Oh, wie wunderschön ist doch der Mond“,
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
denkt sich Lilli. Und Lilli ist nicht irgendwer, sie ist ein nettes Huhn. Aber Lilli macht sich Sorgen um den Mond, denn mal steht er rund und voll am Himmel, mal nur halb und mal nur als sch-
Musik | The Urban Turbans
SA 12 | 08 | 17
Die Münster‘sche Global-Sounds-Formation
Fest | Vegan Street Day 2017
einer wandlungsfähigen Stimme, Songs in acht
gründete sich 2008 als Weltmusik-Projekt. Dank
male Banane oder er ist sogar gar nicht zu sehen.
Zum bereits zwölften Mal findet der Vegan
Sprachen, treibenden Grooves und dem musika-
Was ist da nur los? Lilli muss dem Mond helfen.
Street Day (VSD) auf dem Reinoldikirchplatz und
lischen Blick über den Tellerrand verschmelzen
Zusammen mit ihrem Freund, dem Kater Karlo,
den umliegenden Straßen in Dortmund statt.
Balkanswing, Reggaejazz und Off-Beat-Cover
fliegt sie hin. Für Kinder ab vier Jahren.
Deutschlands ältestes veganes Straßenfest
zu einer Mischung, die sich in keine Schublade
Zeiss Planetarium, Bochum, 14 Uhr
bietet Info-, Verkaufs- und Essensstände sowie
zwängen lässt. Eintritt frei.
themenbezogene Vorträge, Kochshows, Live-
subrosa, Bochum, 19.30 Uhr
Musik und einen eigenen Kinderbereich. Neu in
DO 10 | 08 | 17
diesem Jahr: Der VSD wird im Zeichen der welt-
Musik | Heinz Ratz Strom & Wasser
weiten Kampagne „Ein neuer Blick auf Fische“
SO 13 | 08 | 17
Die Damen und Herren von Strom & Wasser
stehen. Mehrere Programmpunkte werden den
Open-Air-Party | Sommer am U
halten nicht nur durch ihre Musik, ihren hohen
Schwerpunkt auf tierethische und ökologische
Wirtschaftswunderwunderkiste
Gute-Laune-Faktor und der wilden Mischung
Probleme der Fischerei legen.
Wer die Party La Boum im Sissikingkong kennt,
aus Politik, Party und anspruchsvollen Texten
Reinoldikirchplatz, Dortmund, 11-19 Uhr
der weiß, dass Tim und Martini (Timmi Twister DJ-Set) sich nicht nur als DJs verstehen, sondern
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auch als Kulturarchäologen. Liebend gern entführen sie ihr Publikum in andere Welten, wobei sie für die Epoche des Wirtschaftswunders ein besonderes Faible entwickelt haben. Auf den
programm 2017 halbjahr 02
Plattentellern liegen dann ausschließlich Schlager, Twist und Rock‘n‘Roll. Eintritt frei.
Das neue Programmheft 2/2017
Dortmunder U, Dortmund, 15-18 Uhr
MI 16 | 08 | 17 Party | WHY – Die 2-Stunden-Party Alle zwei Monate schickt euch die WHY – Die 2-Stunden-Party in den Kurzurlaub. Vom Schreibtisch, von der Uni, vom Burn-Out, BoreOut, was auch immer. In den zwei Stunden ist alles egal, einfach mal Pause machen, gepflegt ausrasten auf der Tanzfläche, bis um 23 Uhr die Musik verstummt, ihr zurück nach Hause geht und am nächsten Morgen fit wie ein Turnschuh
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Sissikingkong, Dortmund, 21 – 23 Uhr
FR 18 – SO 20 | 08 | 17 Festival | Out4Fame NRWs größtes HipHop-Festival lädt zum ersten Mal nach drei erfolgreichen Jahren in Hünxe
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rum? Warum nicht! Eintritt frei.
in den Revierpark Wischlingen ein. Mit dabei 19.05.2017 09:09:59
BODO-TIPP
Bereits zum dritten Mal begrüßt Mu-
und Kabarettist Murat Kayi eröffnet
ner Fiddlerin Sabrina Palm und zum
rat Kayi lokale und internationale
jeweils mit der eigenen Band, bevor
Abschluss mit Broom Bezzums eine
Folkbands beim Straßenstaub Folk-
Gäste aus Deutschland, England und
der aufregendsten und originellsten
festival 2017 am Dortmunder U. Ein-
Schottland sich die Bühne teilen.
Folkbands in Deutschland. Mit ihrer
gebettet in die Veranstaltungsreihe
Straßenstaub Festival
zeitgenössischen Interpretation von
„Sommer am U“ – zu deren Auftakt
Am Samstag ist das die Maik Goth
Folkmusik haben sie bereits dreimal
Murat ein Preview-Konzert in unse-
Band, die Brücken zwischen europäi-
den deutschen Rock- und Poppreis
rem Buchladen spielte – gibt es gleich
schen und amerikanischen Folktradi-
gewonnen.
zwei Tage lang handgemachte Musik.
tionen schlägt, und die Dortmunder Bluegrass- Punks von Dieselknecht.
Sa., 19.8. und So., 20.8.
Der Dortmunder Folkmusiker, Radio-
Am Sonntag spielen um 18 Uhr Steve
Dortmunder U
moderator (Liederlounge live WDR5)
Craword aus Aberdeen mit der Bon-
Der Eintritt ist frei.
sind Busta Rhymes, Common, DJ Premier, Kool
halle Bochum statt. Bands, Live-Acts und DJs
Westfalenpark die Familienwerkstatt. Ab 15 Uhr
Savas, 187 Straßenbande, Motrip, Prinz P, Arres-
präsentieren unterschiedliche Stil- und Spielar-
wird jeweils zu einem anderen Thema gebastelt,
ted Development u.v.a. Auf der Nebenbühne
ten zeitgenössischer elektronischer Pop-Musik.
gestaltet und kreiert. Im August entstehen pas-
wird es weiterhin Auftritte von aufstrebenden
Auf insgesamt vier Bühnen wird bis in die frü-
send zum Raumspiel „Ab ins Meer!“ aus Eierkar-
Künstlern, Beatboxing, DJ-Darbietungen und
hen Morgenstunden gefeiert und getanzt. Mit
tons und Recyclingmaterialien schöne und ganz
Freestyle Battles geben. Auch Graffiti wird im
dabei sind u.a. Nicolas Jaar, SOHN, Mykki Blanco,
ungefährliche Quallen.
neuen Jahr ein fester Bestandteil des Out4Fa-
Efdemin, Gerd Janson, Ahmet Sisman, Someone
Kindermuseum mondo mio! im Westfalenpark,
me Festivals sein. www.out4famefestival.com
Outside, Vnnn. Infos: www.ruhrtriennale.de
Dortmund, 15 Uhr
Revierpark Wischlingen, Dortmund
Jahrhunderthalle, Bochum, 18 Uhr Musik | Ruhrtriennale: Erik Satie – Socrate
SA 19 | 08 | 17 Festival | Lazy-Dub-Musikfestival Der Lunatic Circus öffnet zum dritten Mal seine
SO 20 | 08 | 17
Am 20.08. führen Krzysztof Warlikowski, Barbara Hannigan und Reinbert de Leeuw einmalig
Kindertheater | RuhrHOCHdeutsch:
„Socrate“ in der Bochumer Jahrhunderthalle
„Die Werkstatt der Schmetterlinge“
auf. Das Publikum wird im Bühnenbild von
Pforten zum jährlichen Lazy-Dub-Musikfestival,
Rodolfo ist ein Erfinder ganz besonderer Art. In
„Pelléas et Mélisande“ – das ebenfalls im Rah-
in diesem Jahr im Bochumer Stadtpark direkt
seiner kleinen Werkstatt soll er Tiere und Pflan-
men der Ruhrtriennale dort zu sehen ist – sit-
unterhalb des Bismarckturmes. Auf den zwei
zen gestalten, die es noch nicht gibt. So hat es
zen. Eine einzigartige Gelegenheit, das selten
Bühnen spielen u.a. „The Senior Allstars“ und
die „weise Alte“ befohlen, die über die Vielfalt
gespielte Meisterwerk eines der originellsten
„Dub Spencer & Trance Hill“, es legen lokale DJs
des Universums wacht. Eines Tages gelingt Ro-
Komponisten des 20. Jahrhunderts in einem
auf, es gibt Workshops, jede Menge Spaß für
dolfo etwas völlig Neues und Aufregendes, eine
neuen Setting zu entdecken.
Jung und Alt und ein abwechslungsreiches ku-
unglaubliche Erfindung. Ein Figurenspiel nach
Jahrhunderthalle, Bochum, 20 Uhr
linarisches Angebot. Eintritt frei.
dem bekannten Bilderbuch von Wolf Erlbruch.
Stadtpark, Bochum, 12 – 22 Uhr
Spiegelzelt an den Westfalenhallen, DO, 11 Uhr
Festival | Ritournelle
Kinder | Familienwerkstatt: Meeresfrüchtchen
MO 21 | 08 | 17 Film | KinderWagenKino
Zum dritten und letzten Mal findet das Festival
Immer am dritten Sonntag des Monats öffnet
Das KinderWagenKino ist ein NRW-weit ein-
im Festival auf dem Gelände der Jahrhundert-
im Kindermuseum mondo mio! im Dortmunder
zigartiges Angebot, das sich speziell an Eltern ANZEIGE
27
VERANSTALTUNGEN AUGUST 2017
wendet, die im Kino aktuelle Filmkunst erle-
DI 22 | 08 | 17
ben und gleichzeitig auf ihre Kleinsten (Babys bis max. 12 Monate) aufpassen möchten: mit
Workshop | Reiseplan Reportage
mehr Licht und weniger Ton im Saal, Krab-
Kinderreporter Spezial
SA 26 | 08 | 17 Fest | Kortlandstraßenfest Beim diesjährigen Kortlandstraßenfest heißt es:
beldecke, Wickeltisch und natürlich Stell-
Die Kinderreporter der UZWEI gehen auf die
„Die Straße gehört uns!“ Vom Anfang der Her-
plätzen für den Kinderwagen. Der Film wird
Jagd nach guten Geschichten und Hintergrün-
ner Straße bis zur Kreuzung Widumestraße und
vom Publikum aus dem aktuellen Programm
den zu Dortmunds Kultur und Leben. Zu diesem
Kanalstraße treffen sich wieder AnwohnerInnen
ausgewählt.
Workshop sind Kinder eingeladen, die einfach
und Gäste. Wie in den letzten beiden Jahren gibt
sweetSixteen Kino, Dortmund, 10.30 Uhr
mal ausprobieren möchten, mit Filmkamera,
es jede Menge Musik und leckeres Essen am offe-
Tonangel in einem netten Team Clips drehen.
nen Buffet: Jeder bringt etwas mit, jeder nimmt
Kunst | ICH! DU! WIR!? Be a_part of me.
Für Kids im Alter zwischen 10 und 14 Jahren,
sich was er mag, oder zaubert zusammen mit
Integration, Assimilation, Inklusion – Was be-
die neu zu den Kinderreportern dazukommen
einem Kochteam bei der Schnibbel-Disco etwas
deutet das eigentlich für uns? Was macht eine
möchten. Bis 25.8., www.dortmunder-u.de
Schmackhaftes. Kinderecke, Kortland-Druck und
multikulturelle Gesellschaft aus? Worin unter-
UZWEI im Dortmunder U, DO, tägl. 12 – 17 Uhr
ombola sind ebenfalls wieder dabei.
scheide ich mich als Individuum von den ande-
Herner Straße, Bochum, 14 – 21 Uhr
ren, und was macht uns zur Gemeinschaft? Und
DO 24 | 08 | 17
wie funktioniert das? Dies sind die zentralen
Festival | Summersounds – Hoeschpark Open Air
Musik | FZW Indie Nights: Coals & Alaska Gold Rush
Fragen eines zweiwöchigen künstlerischen La-
Zum Abschluss der diesjährigen Summersounds
bors. Aus den künstlerischen Entwürfen entste-
Coals sind ein junges Duo der polnischen Stadt
DJ-Picknicks veranstaltet die Dortmund-Agen-
hen Tanz-Theater-Musik-Performances, die im
Silesia. Inspiriert von Acts wie Soap & Skin, Sigur
tur in Zusammenarbeit mit dem UPop e.V.
Unionviertel an verschiedenen Orten zu entde-
Ros spielten sie seit ihrer Gründung 2014 sehr
erstmals ein Open-Air-Festival im Hoeschpark.
cken sein werden. www.vier-D.info
viele Konzerte in Polen und auf namhaften Festi-
Das Hoeschpark Open Air verspricht ein ab-
Treffpunkt: Adlerstraße 83, Dortmund, 19 Uhr
vals. Alaska Gold Rush sind zwei seit der Kindheit
wechslungsreiches Programm mit Live-Musik,
(auch 23., 25. & 27.8.)
befreundete junge Männer, die Spitzhacke und
DJ-Floors, einer Silent Disco und vielen Sportan-
Schüppe aus ihrem früheren Leben als Goldgrä-
geboten und Aktionen im gesamten Park. Dazu
ber gegen Gitarre und Drumset eingetauscht
lockt ein großer Streetfood-Biergarten mit kuli-
Das zum Trio gewachsene Projekt Car Seat He-
haben. Seit 2013 schürfen sie Songs zwischen
narischen Leckereien. www.djpicknick.de.
adrest von Will Toledo aus Seattle verkörpert
Indierock und amerikanisch inspiriertem Folk.
Hoeschpark, Dortmund, 14 – 23 Uhr
VERLOSUNG | Car Seat Headrest
FZW, Dortmund, 20.30 Uhr
den DIY-Spirit wie kaum eine andere Band. Nach
Vortrag & Party | Kalakuta Soul presents Saravá Ausstellung | Taschenlampenführung
elf Veröffentlichungen
Saravá ist eine wandernde Veranstaltungsreihe,
auf Bandcamp, kam 2016
Bei dieser Spezialführung können BesucherIn-
die sich den brasilianischen Musikkulturen in ih-
„Teens of Denial“ als ers-
nen im Alter zwischen 10 und 16 Jahren die Aus-
rer Vielfalt widmet. Zu Gast ist an diesem Abend
tes Album. Wie auch die bisherigen Songs bie-
stellung mit Taschenlampen erkunden und wer-
der brasilianische Schallplattensammler und DJ
tet es eine Reise in das Innere eines Mittzwan-
den sie im wahrsten Sinne des Wortes in einem
Tudo, der in einem einstündigen Vortrag einen
zigers. Elektronisch Psychodelic-Nummern
anderen Licht sehen. Die Führung geht durch
Einblick in die verschiedenen Musikkulturen
folgen auf Punkhymnen und melancholische
das gesamte Haus und bietet so einen Überblick
und -traditionen gewährt und zur anschließen-
Akustiksongs. Klare Linien gibt es kaum, dafür
über 400 Jahre Geschichte. Taschenlampen soll-
den Party Musik aus allen Ecken des Landes mit-
ist alles umso authentischer.
ten mitgebracht werden. Eine Anmeldung ist er-
bringt. Ebenfalls an den Plattentellern stehen in
FZW, Dortmund, 20.30 Uhr
wünscht, Infos: www.buegeleisenhaus.de
dieser Nacht Pedo Knopp und Guy Dermosessian.
bodo verlost 2 x 2 Karten
Museum im Bügeleisenhaus, Hattingen, 21 Uhr
Rotunde, Bochum, 21.30 Uhr
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MEDIZIN. THERAPIE. PFLEGE UND FÜRSORGE IN DORTMUND. Kath. St.-Johannes-Gesellschaft Dortmund gGmbH St.-Johannes-Hospital Telefon (0231) 1843-0
Marien Hospital Telefon (0231) 7750-0
St.-Elisabeth-Altenpflege Telefon (0231) 2892-0
St. Josefinenstift Telefon (0231) 55 69 05-0
Ambulantes OP-Zentrum Telefon (0231) 1843-2130
St.-Elisabeth-Krankenhaus Telefon (0231) 2892-0
Christinenstift Telefon (0231) 18201-0
Jugendhilfe St. Elisabeth Telefon (0231) 94 60 600
KATH. ST.-JOHANNES-GESELLSCHAFT DORTMUND gGmbH
Kranken- und Pflegeeinrichtungen 28
www.st-johannes.de
BODO-TIPP
MICRO!Festival
Wenn ein französischer Ex-Punk
der 24. Auflage der beliebten Veran-
Hip-Hop und Chanson serviert, ge-
Chansons mit HipHop und Balkan-
staltung drei Tage lang Weltmusik
würzt mit Balkan-Flavour (25.8., 21
Klängen
österreichische
und internationales Straßentheater
Uhr). Eine atemberaubende Stimme
Stelzenläufer im Frack über den
auf den Dortmunder Friedensplatz.
beschließt das Festival: Die iranisch-
Friedensplatz stolzieren und eine
Mit dabei sind 16 Gruppen mit Künst-
israelische Sängerin Kamal von der
mysteriöse Maschine aus Spanien
lerinnen und Künstlern aus vier Kon-
Gruppe „Light in Babylon“ (Foto)
bizarre Gestalten ausspuckt – dann
tinenten und 15 Ländern.
erzählt von Frieden, Hoffnung und
mixt,
ist MICRO!Festival in Dortmund.
Liebe, begleitet von den Klängen der Zu den musikalischen Top Acts ge-
arabischen Santur.
Am letzten Wochenende der Som-
hört die französische Kultband „La
Fr. 25.8. – So., 27.8.
merferien, vom 25. bis 27. August,
Caravane Passe“, die ein hochener-
Umsonst und draußen.
Friedensplatz, Dortmund
bringt das Kulturbüro Dortmund mit
getisches Gebräu aus Rock, Dub,
www.microfestival.dortmund.de
MI 30 | 08 | 17 VERLOSUNG | Das 14. Bochumer Rudelsingen
Leben. Entlassen muss er erfahren, dass die Au-
schaften und temperamentvoller Darbietungen.
ßenwelt sich wenig um sein Wohlergehen schert.
www.cityringkonzerte.de
Rottstr5 Theater, Bochum, 19.30 Uhr
Friedensplatz, Dortmund, 20 Uhr bodo verlost 3 x 2 Karten
In lockerer Atmosphäre treffen sich Menschen jeden Alters und singen gemeinsam Hits und Gassenhauer von damals
FR 01 | 09 | 17
bis heute. Dabei werden
VERLOSUNG | Cityring Konzerte:
sie live vom Sänger und
Nessun Dorma – Die Sommernacht der Oper
SA 09 | 09 | 17 VERLOSUNG | 40 Jahre Werkstadt Witten Jubiläumsgala
Pianisten begleitet. Die
Mit einem Opernabend, einer „Groove Sympho-
Texte werden per Beamer
ny“ und einer Musicalgala verwandelt sich der
Die Werkstadt Witten feiert ihr 40-jähriges Be-
an die Wand projiziert. Von ABBA, Adele, Beatles,
Friedensplatz vom 1. – 3.9. zur
stehen mit einem Gala-Abend. Das Gratulanten-
über Elvis, Grönemeyer, Lindenberg, Marius,
Open-Air-Bühne. Den Auftakt
Line-Up kann sich sehen lassen:
und Nena bis zu Prince, Rolling Stones und mehr.
macht die Operngala. Im Mit-
Da wäre zum einen Kay Ray, der
Bahnhof Langendreer, Bochum, 19.30 Uhr
telpunkt steht Giacomo Puccinis
als Moderator durch den Abend
bodo verlost 3 x 2 Karten
Arie aus „Turandot“: „Nessun
führen wird, Dave Davis, Kai Ma-
dorma“. Unter der Leitung von
gnus Sting und Erik Lehmann.
Generalmusikdirektor Gabriel
Gemeinsam werden die vier
Feltz nehmen die Sopranistinnen Eleonore Mar-
Künstler für ein abwechslungs-
Die Betreiber des Zauberkastens haben sich mit
guerre, Ashley Thouret und Emily Newton, Mez-
reiches Jubiläums-Event sorgen. Darüber hinaus
ihrem Kollegen Christoph zusammengetan, um
zosopranistin Ileana Mateescu sowie Bariton
gibt es für die Gäste ein delikates Canapé-Buffet.
das Publikum dreimal eine halbe Stunde zu be-
Sangmin Lee und Bass-Bariton Karl-Heinz Lehner
Werkstadt, Witten, 20 Uhr
zaubern. Christoph hat
das Publikum mit auf eine Reise starker Leiden-
bodo verlost 3 x 2 Karten
VERLOSUNG | Robinson & Angelika „Close Up – Tischzauberei“
von einer Kreuzfahrt zau-
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berhafte Sachen mitgebracht, die auf dem Schiff von den Gästen zurückgelassen wurden. Angelika erzählt von ihrer Tante Mia, die ein wenig „übersinnlich“ war und Partys auch schon mal mit „Patiencen-Legen“ aufmischte. Robinson hat sich in dieser beliebten Tischzauber-Reihe ganz dem Thema Spielkarten gewidmet. Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr bodo verlost 3 x 2 Karten
DO 31 | 08 | 17 Theater | A Clockwork Orange Alex ist ein gewaltversessener junger Mensch, der nachts raufend und raubend durch die Stra-
Freitag, 25.08.2017 17.00 h You Shall Rise Europa/Afrika/Naher Osten 18.00 h Theater Irrwisch Österreich 19.00 h Ruben & Matt and the Truffle Valley Boys Italien 20.00 h Tresperté Spanien 21.00 h La Caravane Passe Frankreich Samstag, 26.08.2017 17.00 h Transorient Orchestra Deutschland, Türkei, Iran 18.00 h Andréanne Thiboutot Kanada 18.30 h Banda Senderos Deutschland, Chile, Republik Kongo 19.30 h Dikothomia cía Spanien 20.30 h Mokoomba Simbabwe 22.00 h Ondadurto Teatro Italien Sonntag, 27.08.2017 16.00 h Toni Geiling & das Wolkenorchester Deutschland 17.00 h Shiva Grings Irland 18.00 h Sosolya Undugu Dance Academy Uganda 19.00 h La Industrial Teatrera Spanien 20.00 h Light in Babylon Iran-Israel, Frankreich, Türkei
ßen zieht. Alex landet hinter Gittern. Dort wird er als Versuchsobjekt missbraucht. Das nimmt ihm
w ww.microfe sti val . do rtm u n d. de
zwar seine Aggressionen, aber auch die Lust am bodo 24.5.-2.indd 1
26.05.17 11:14
29
BODO GEHT AUS
Hitzefrei | Dortmund Experimente aus dem Eislabor
Von Felix Huesmann | Fotos: Daniel Sadrowski Das junge Eiscafé „Hitzefrei“ im Dortmunder
Auch ins Fruchteis
dann aus dem Eislabor
mund. Mitten im Gastraum laden Schaukeln
E-Nummern deklariert
ins Eiscafé am Neuen
ein, doch uns interessierte ein Blick hinter die
stellen heute neues Himbeer-Minz-Eis her“,
nach Wetter reicht das für ein paar Tage“, er-
im Union Gewerbehof.
Minze und Zucker. „Die Himbeeren bekom-
„Hitzefrei“ auch Kaffee, Smoothies und Kalt-
ren, weil die Qualität bei frischen zu sehr
achtet: Der Kaffee kommt von der Dortmunder
Kreuzviertel gilt als eines der besten in Dort-
kommt nichts, das mit
im Union Gewerbehof
zu einer ungewöhnlichen Indoor-Erfahrung
werden müsste. „Wir
Graben gebracht. „Je
Kulissen: Ein Besuch im „Hitzefrei“-Eislabor
erklärt Nouri. Hinein kommen Himbeeren,
klärt Shahab Nouri. Neben dem Eis gibt es bei
men wir wie die meisten Früchte tiefgefro-
getränke. Auch dabei wird auf die Zutaten ge-
schwankt. Die Minze ist aber vom türkischen
Rösterei „Neues Schwarz“ und die Milch wird
Laden direkt um die Ecke.“
frisch von einem Bauern im Umland geliefert.
ßen Kanistern und Plastikbehältern füllt er
Damit aus Früchten und Zucker ein Sorbet
„Wir wollen in erster Linie Sachen anbieten,
kommen frisch gemahlene Tonkabohnen. Die
im blauen Anzug, die Zutaten zuerst. Dann
bei machen wir auch nicht alles, nur um au-
vielen kreativen Eisdielen ein großer Renner.
im Laufe der nächsten 20 Minuten ganz au-
es bei uns sicher niemals geben.“ Offen für
ßend fließt das frische Eis aus der Maschine in
Milch-Kanistern zeigt Shahab Nouri auf einen
passen da rein. Um so richtig kalt und fest zu
ne. „Das wird unser nächster Versuch.“ Ob
Schockfroster, bevor es in einer der großen
sicher. Aber Experimente gehören zu einem
Nach Dolce Vita sieht es hier nicht aus. Hier steht keine italienische „Mamma“ hinter der
Rührschüssel, sondern ein junger Mann, der einen hellblauen Laboranzug trägt. Aus groMilch, Sahne und Zucker in einen Eimer. Dazu
wird, püriert Benedikt Weinrich, der Mann
die wir selber lecker finden“, sagt Nouri. „Da-
schmecken so ähnlich wie Vanille und sind in
werden sie in die Eismaschine geschüttet, die
ßergewöhnlich zu sein. Currywurst-Eis wird
tomatisch ihren Dienst verrichtet. Anschlie-
Neues ist er trotzdem. Hinter einigen leeren
einen runden Metalltopf. Siebeneinhalb Liter
Kasten alkoholfreien Weizenbieres mit Zitro-
werden, kommt das Eis dann erst in einen
das schmecken wird? Da ist er sich noch nicht
Tiefkühltruhen des Eislabors verschwindet.
Labor schließlich dazu.
Auch wenn hier alles nach Großküche und Chemielabor aussieht, ins Eis kommt nur Natürliches. „Auf Konservierungsstoffe, Farbstoffe und Aromen verzichten wir komplett“, erklärt
Shahab Nouri, der das Eiscafé „Hitzefrei“ gemeinsam mit seinem langjährigen Freund
Philip Stasinski gegründet hat. In einem Regal zeigt er, was stattdessen ins Eis kommt. In
Metallbottichen wird hier Nussmus gelagert: Pistazie, Walnuss, Haselnuss. Naturbelassen
und lediglich fein zermahlen wird es von einem spezialisierten Großhändler geliefert. 30
Weinreich hat heute viel zu tun: 38 Behälter
soll er produzieren. „Das wird mindestens acht Stunden dauern“, erklärt er.
In den nächsten Tagen werden die runden
Metalltöpfe mit der kostbaren kalten Fracht
Hitzefrei Eiskreationen Neuer Graben 67, 44139 Dortmund Mo. bis Mi. 13 – 19 Uhr Do. bis So. 13 – 20 Uhr
KULTUR
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Erlebte Geschichte Von Bastian Pütter
Die Idee: Menschen erzählen auf der Bühne zehn Minuten lang frei, persönlich und hautnah von bewegenden Momenten in ihrem Leben. Kein Script, keine eingespielten Lacher, keine dramatischen Schnitte. „Die runde Ecke“ lief im WDR-Fernsehen, doch das Format funktioniert auch als Hörbuch ohne die strenge Zeitvorgabe, entdeckte Macher
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wirklich etwas zu erzählen hat. Wie Dirk Planert. Unser Autor war viele Jahre
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eine der Radiostimmen des Dortmunder Senders 91.2. Während der Jugoslawienkriege ließ er alles stehen und liegen und wurde humanitärer Helfer in Bosnien. Ein 25-Jähriger mit einem alten Hanomag-LKW, bemalt mit Herzen. Alle acht Wochen lenkte er einen Konvoi in die eingeschlossene Stadt Biha´c, durch die Frontlinien. Im Interview erzählte er uns, wie nervenzehrend die Arbeit in Lebensgefahr war: „Es ist aus meiner Sicht nicht möglich, sich längere Zeit in einem Kriegsgebiet aufzuhalten, ohne das zu bekommen, was man allgemein ein Kriegstrauma nennt. Wir haben das alle. Egal ob Flüchtling, Soldat oder humanitärer Helfer. Man kann lernen, damit zu leben.“ Vor einigen Jahren holte Dirk Planert die weggeschlossenen Erinnerungen hervor, schrieb und engagierte sich wieder für die immer noch unter den Kriegsfolgen leidende Region. Und er erzählt in diesem Hörbuch berührend und authentisch, wie er die 16-jährige Elvira aus dem Kessel von Biha´c schmuggelte. Beeindruckend. Dirk Planert Denn mit dem Herzen sieht man besser! Audible-Hörbuch, 1 Stunde und 21 Minuten Lynen Media | 8,95 Euro 31
REPORTAGE
Crange ohne Kirmes
Das Ruhrgebiet auf hundertfünfzig Hektar
E
s hätte ganz anders kommen können. Vielleicht wären jetzt Dortmund, Duisburg und Essen mittelgroße Städte an der Peripherie einer Metropole Crange, hätte Kö-
nig Friedrich II. anno 1767 auf seinen Steuereinnehmer Johann
Florenz Engelbert von Oven zu Eickel gehört. Dessen Plan, die Emscher schiffbar zu machen, mag heute widersinnig klingen – auf den ersten Blick, denn verrückt war er nicht. „Unser Fritz“ wird Crange auch genannt, wegen der Zeche, die bis 1928 hier war. Die Cranger Kirmes, das größte Volksfest in NRW, geht auf den Pferdemarkt zurück, der seit dem 15. Jahrhundert nachgewiesen ist.
Seinerzeit, zu Beginn des Industriezeitalters, wurde Kohle aus
Bochum per Ochsenkarren an die bereits schiffbare Lippe geschleppt, über den Gahlenschen Kohlenweg, auf welchem die
Fuhrwerke oft bis an die Achsen im Schlamm versanken. Als Wasserstraße war die Ruhr unsicher aufgrund territorialer Ansprüche diverser und verfeindeter Anrainer. Eine nutzbare
Emscher hätte, auf unbedrohtem Terrain, die mühsame Pla-
ckerei erheblich verkürzt. Besagter Kohlenweg kreuzte das
Flüsschen bei Crange. Der Flecken war durchaus bekannt, ein Pferdemarkt ist seit dem 15. Jahrhundert nachzuweisen. 32
Es ist das größte Volksfest im Revier. Im täglichen Besucherschnitt übertrifft es das Münchner Oktoberfest. Wer Crange sagt, meint Kirmes. Was aber hat der Herner Stadtteil an den übrigen dreihundertvierundfünfzig Tagen im Jahr zu erzählen? Frank Sichau, erster Vorsitzender der Gesellschaft für Heimatkunde Wanne-Eickel e.V., begleitet uns auf einem Spaziergang durch „das Dorf im Krang der Emscher“. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski
Beinahe-Metropole
rakter über die Jahrhunderte behielt. Wir stehen vor Fachwerk-
Realisiert hätte die Vision des königlichen Beamten eine
ben dürfte, als er das Gelände erkundete. „In Haus Nummer 7 hat
Oven wollte Handelsverbindungen knüpfen. Flussabwärts
sellschaft für Heimatkunde‘ gegründet wurde, zählte er zu den
auf dem Rückweg dann Kaffee, Tee, Fische und Wolle. Crange
sein Engagement würde es hier bestimmt anders aussehen.“
geworden, annähernd hundert Jahre, bevor die Eisenbahn
Hinter der Häuserzeile liegt die Ruine Haus Crange. Die Wasser-
Jahre vor Eröffnung des Rhein-Herne-Kanals. Der Verlauf der
aus einer Schleife (= Krang) der mäandernden Emscher sowie
tatsächliche Notwendigkeit einer solchen Verbindung, dem in
ab“, informiert uns Herr Sichau. „Es wurde wieder aufgebaut,
häusern, die der Steuereinnehmer Seiner Majestät gesehen ha-
Anbindung an Holland und Großbritannien bedeutet. Von
Rudolf Zienius gewohnt“, erfahren wir. „Im Jahr 1948, als die ‚Ge-
hätte man Kohle, Holz, Eisen und Textilwaren transportiert,
ersten Mitgliedern. Später war er Leiter des Stadtarchivs. Ohne
wäre der vielleicht bedeutendste Umschlagplatz der Region den Güterverkehr revolutionieren sollte und hundertfünfzig
burg geht auf das Jahr 1440 zurück, ihre Gräften ergaben sich
1914 eingeweihten Hauptwasserstraße folgt, ein Beleg für die
einer Umflut im Norden der Anlage. „Das Schloss brannte 1761
von Ovens Plan begradigten Flussbett.
wechselte allerdings mehrfach den Besitzer. 1884 wurde es an
Für Crange kam der Kanal freilich zu spät. Andere Ortschaften
baugesellschaft und schließlich an die Essener Steinkohle AG.
Straße Altcrange, die wohl auch deswegen ihren dörflichen Cha-
tung schien möglich, als der Bauunternehmer Heitkamp das
hatten längst das Rennen gemacht. Herr Sichau führt uns zur
die Harpener Bergbaugesellschaft verkauft, 1905 an die KanalEs drohte zu verfallen und sollte abgerissen werden. Eine Ret-
33
REPORTAGE
Auf einer Seite Arbeitersiedlungen und Gründerzeithäuser, auf der anderen Heizkraftwerk und Industriekulisse. Dazwischen verläuft der Kanal.
Gebäude 1962 renovieren und in ein Gästehaus oder Hotel umwandeln wollte. Das führte aber zu langfristigen Streitigkeiten mit der Denkmalbehörde und diese zum endgültigen Verfall. In
den 90er Jahren gründete sich dann ein Förderverein, der die
Ruine sicherte, wie wir sie jetzt sehen.“ Wildkräuter wachsen
zwischen den Mauerresten, Bäume alter westfälischer Obstsorten wurden angepflanzt. Unmittelbar ans Areal grenzt der
Betonbaumaschinen-Hersteller Schwing. Das weltweit größte
Unternehmen seiner Art wurde in Crange gegründet. „Bäuerlich feudale Gesellschaft trifft hier auf innovative Industrie“,
sagt Herr Sichau – und äußert Bedauern, dass kürzlich ein chinesischer Investor die Mehrheit der Firmengruppe übernahm.
Sollte das Werk schließen müssen, gingen die sowieso hohen Arbeitslosenzahlen durch die Decke.
Cranger Skyline Zurück auf der Straße, die parallel zum Kanal verläuft, fällt
uns ein gründerzeitliches Gebäude auf. Zunächst waren wir achtlos vorbeigegangen. Die Ziegelfassade mit hübschen wei34
Die Straße endet auf einem großen, freien Platz. Man kann Crange, selbst wenn man wollte, nicht ohne Kirmes erzählen,
deren Anfänge sich auf den eingangs erwähnten Pferde-
markt datieren lassen. Die elf Hektar Gesamtfläche machen ein knappes Zehntel des kleinsten Herner Stadtteils aus, ein von sämtlichen Bebauungsplänen ausgenommenes Terrain.
Wenn nicht Kirmes ist, lassen Fahrlehrer hier Übungsrunden drehen. Manchmal gastiert ein Zirkus. Anwohner führen
Hunde Gassi. Jogger laufen. Notausgangsschilder hängen an Lichtmasten in wohl zwölf Metern Höhe. Einer steht vor der
Cranger Kirche. Deren Vorgänger, die anno 1449 von Dirk von Eickel auf dem Schlossgelände errichtete Laurentiuskapelle, musste baufälligkeitshalber niedergerissen werden. Etwa zweihundert Meter vom alten Standort entfernt wurde am 8. November 1854 die heutige Kirche eingeweiht.
Eintopf to go Auf dem Friedhof erinnern Grabsteine an Bürgerinnen und Bürger vergangener Zeiten. Elisabeth Abenhard, geborene
Möller, genannte Rotthauwe (1809 – 1866) zum Beispiel ge-
hörte einer Familie an, die zunächst einen Bauernhof, später eine Gastwirtschaft am Ort betrieb. „Der Hof wurde abge-
brochen und 1896 durch einen modernen Bau ersetzt, dem jetzigen Restaurant ‚Zum krummen Hund‘ an der Dorstener Straße neben dem Tor zum Festplatz. Der Name bezieht sich
auf einen alten Hafenkran. Der stand als Baudenkmal unter
Schutz und wurde dennoch 2012 zum Schrottpreis verkauft. Offiziell wird so etwas bereut, am Handeln der Verantwortlichen ändert es nichts.“ ßen Zierelementen verleiht ihm nahezu mediterranen Cha-
Dem Tor gegenüber, auf der anderen Seite der Dorstener
Geschichte gehört auch ein bizarres Stück Ruhrgebiet, denn
pferdchen und Maskottchen der Kirmes. „Aus Kostengrün-
Sie wissen, dem Gründer der Tankstellenkette Goldin, Mäzen
trag gegeben“, bedauert Herr Sichau. Ganz in der Nähe sind
der deutschen Nachkriegszeit. Aktuell ist es Domizil der ale-
weiteren Kirmessouvenirs – auch feine regionale Spirituosen
rakter. „Das war ein Hotel, eröffnet im Jahr 1898. Zur späteren
Straße, steht in Denkmalform gegossen Fritz, das Gruben-
für eine Weile befand es sich im Besitz von Erhard Goldbach,
den wurde das leider in irgendeinem Drittweltland in Auf-
von Westfalia Herne und vielleicht größten Steuerbetrüger
in der Alten Drogerie Meinken – neben Fritz en miniature und
vitischen Gemeinde.“
erhältlich. Zurück an der Dorstener verspricht kumpelhaft die
In westlicher Richtung säumen typische Siedlungshäuser die
gratis“. Ebenso locker geht es im „Deftigen“ zu, einer Pom-
Schifffahrtsgesellschaft gebaut. Vis-a-vis, auf der gegenüberlie-
bietet nicht nur obligatorisch schnelles Essen, er ist ein Ruhr-
das ‚Schwarze Gold‘ importiert wird. Im Hafen vor der Schleuse
betritt, wird unweigerlich Teil der Show.
verladen, die es zum STEAG-Heizkraftwerk bringt. Schornstein
Crange verlor 1906 seine Selbstständigkeit an Wanne. Wan-
Osten, wobei das Kraftwerk zu Herne-Baukau gehört. Den Ho-
eingemeindet. Herne ist nach Fläche die kleinste Großstadt
Hoheward mit dem Observatorium als Landmarke.
wenig Raum, in Crange.
Leuchtreklame am „Cranger Kiosk“ „bei Kauf von 6 Bier 1 Bier
Straße, in den 1970er Jahren für Bedienstete der Wasser- und
mesbude mit „Conrad‘s Eintopf to go“. Inhaber Peter Conrad
genden Seite des Kanals, ist Crange noch Kohlenpott, auch wenn
pott-Original mit Entertainer-Qualitäten. Wer seinen Imbiss
Wanne-Eickel wird es von Frachtschiffen auf eine Industriebahn
und Kühlturm, weithin sichtbar, prägen die Skyline Cranges im
ne und Eickel, 1926 vereinigt, wurden 1975 in die Stadt Herne
rizont nach Norden, hinter der Stadtgrenze Herten, bildet Halde
im Revier, und das Ruhrgebiet findet man, konzentriert auf
35
NETZWELT
KINOTIPP
sweetSixteen-Kino im Depot & bodo präsentieren: Das ist unser Land! Pauline arbeitet als Krankenschwester in einer Kleinstadt im strukturschwachen Norden Frankreichs, kümmert sich um ihren Vater und zieht außerdem ihre beiden Kinder alleine groß. Sie ist sympathisch, opfert sich auf und wird von allen gemocht. Ihre Glaubwürdigkeit will sich
Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:
www.vairnana.de
zunutze machen. Der charismatische Arzt Dr. Berthier überredet Pauline, für die Bürgermeisterwahlen zu kandidieren. In
Immer mehr Menschen interessieren sich für fair gehandelte Produkte, bei denen
ihrem Beruf täglich mit sozialen Missstän-
sie die Produktionskette nachvollziehen können und die Inhaltsstoffe des gekauften
den konfrontiert, lässt sie sich von seinen
Produktes kennen. Das Angebot an veganen und fair gehandelten Produkten steigt
populistischen Ansichten mitreißen, in
stetig. Auch große Handelsketten erweitern ihr Sortiment ständig um Angebote aus
der Hoffnung, etwas bewirken zu können.
diesem Bereich. Das Online-Projekt Vairnana möchte beim Auffinden solcher Pro-
Doch nicht nur ihr sozialistisch geprägter
dukte aus den Bereichen Kleidung, Kosmetik und Lebensmittel helfen und so einen
Vater ist bestürzt über den Gesinnungs-
nachhaltigen Lebenswandel fördern.
wandel seiner Tochter, auch Pauline muss
Startet man seine Suche auf der Vairnana-Projektseite, die sowohl auf dem Smartphone als App als auch im Browser angenehm zu bedienen ist, landet man auf einer großen Übersichtskarte. Im Seitenmenü entscheidet man sich für die Kategorien Kleidung, Drogerie, Essen oder Märkte. In einem Untermenü lässt sich die Suche weiter eingrenzen. Man kann sich so z.B. alle Restaurants anzeigen lassen, die ein veganes Rohkostangebot mit Zutaten aus der Region anbieten. Auf einer großen Karte werden die Standorte der gefundenen Restaurants und Läden angezeigt. So lassen sich auch im Urlaub oder in fremden Städten gezielt die gesuchten Angebote finden. Bisher sind knapp 1.000 Orte auf Vairnana gelistet. Wer selbst ein Geschäft findet, das bei Vairnana noch nicht auftaucht, kann es über ein Online-Formular einreichen und so
bald erkennen, dass sie nur als hübsches Gesicht der landesweiten Wahlkampagne der Parteichefin dienen soll. Der belgische Regisseur Lucas Belvaux zeigt in seinem spannend inszenierten Politdrama, wie sich Menschen allzu leicht von Populismus einnehmen lassen. Aufgrund seiner deutlichen Anspielungen auf den rechtsextremen Front National und seine Vorsitzende Marine Le Pen sorgte
das Angebot erweitern.
dieses Drama schon vor seinem offiziellen
Ins Leben gerufen wurde das Projekt von Yvonne Näther und Sebastian Stein aus Wit-
Belvaux legt die Arbeitsmethoden rechts-
ten. Bei einem gemeinsamen Urlaub entstand die Idee für eine Webseite, die nachhal-
extremer Parteien offen und liefert damit
tigen Konsum fördern soll, indem sie es allen Menschen, die bereits Interesse an der
auch zum deutschen Wahlkampf einen
Thematik haben, erleichtert, die gewünschten Produkte zu finden. Finanzieren soll sich
aufschlussreichen Diskussionsbeitrag.
Kinostart in Frankreich heftig für Furore.
das Portal in Zukunft über kostenpflichtige Einträge von Gewerbetreibenden. „Wir haben da allerdings schon sehr konkrete Vorstellungen, was ein Geschäft anbieten muss, um bei uns gelistet zu werden“, erzählt Yvonne Näther. „Ein Restaurant, das vielleicht nur ein vegetarisches Yvonne Nä
th
e
ru
36
eine aufstrebende nationalistische Partei
nd
Seb a
ei s t i a n St
n
Ab 24. August (Bundesstart) Spieltermine: www.sweetsixteen-kino.de sweetSixteen-Kino im Depot
Gericht auf der Karte hat, wäre uns zu wenig.“ Im Mittelpunkt
Immermannstr. 29, 44147 Dortmund
des Portals stünden die Kunden. „Wir wollen die Menschen an
Telefon 0231 – 910 66 23
die Hand nehmen und es ihnen möglichst leicht machen, fair
info@sweetsixteen-kino.de
und nachhaltig zu leben.“ (sese)
www.facebook.com/sweetSixteenKino
BÜCHER
Gelesen von Bastian Pütter
Was raten Sie mir?
Wohnen für alle?
Joachim Rönneper hat studiert, als Künstler
Der soeben erschienene Sammelband ging
und als Lehrer gearbeitet. Krankheitsbe-
aus einer interdisziplinären Konferenz
dingt bezieht er eine Erwerbsminderungs-
gleichen Titels an der Bauhaus-Universität
Die „Old School“ ist zurück: Hooligans,
rente und gilt als altersarm. Als er in Köln
Weimar hervor. Nach programmatischen
lange fast unsichtbar hinter ihrem
einen Tafelausweis beantragt, vertröstet
„Sechs Thesen zur wieder mal ,neuen‘
Klischeebild „vom ,unpolitischen‘, nur
der Verein ihn: Die Wartezeit könne bis zu
Wohnungsfrage“ von Herausgeberin
saufenden und krakeelenden Hool“, sind
zwei Jahre betragen.
Barbara Schönig, die in Weimar lehrt,
längst zurück auf der Szene. Seit rund fünf
versammelt der Band Aufsätze in sechs
Jahren betreiben sie eine Ausweitung der
Schwerpunktkapiteln.
Kampfzone: Im Block attackieren sie in
Rönneper schreibt daraufhin einen Brief mit der Bitte um einen persönlichen Rat an 175 Prominente. Dieser Band versammelt
Der erste Teil nimmt die „gesellschaft-
die Texte, die zurückkamen: automatische
lichen Wechselbeziehungen und polit-
Kundenservice-Antworten, warmherzige
ökonomischen Wirkungsmechanismen
Anteilnahme, Standardschreiben auf Pres-
der ,neuen‘ Wohnungsnot“ in den Blick,
sesprecherdeutsch, persönliche Beteuerun-
beispielsweise bei der Verflechtung von
gen, sich in Gremien für ihn einzusetzen.
Finanz- und Wohnungsmärkten, im sozi-
Eine Erkenntnis: Prominente bekommen scheinbar viel Post und verstehen die Bitte
alen Wohnungsbau oder im Phänomen Gentrifizierung.
routiniert miss: Journalisten entschuldi-
Ein Überblickstext über die sozialen
gen sich, dem Wunsch nach Berichterstat-
Kämpfe für bezahlbaren Wohnraum
tung nicht nachzukommen, Unternehmer
fungiert als Scharnier zu den folgenden
verweisen darauf, keine Einzelunterstüt-
Kapiteln, die sich mit Strategien auf unter-
zungen leisten zu können. Bundespolitiker
schiedlichen Akteursebenen befassen: von
lassen an den Abgeordneten in Rönnepers
Alternativen jenseits von Markt und Staat
Wahlkreis vermitteln.
über die „Neue Gemeinnützigkeit“ im
Doch es gibt auch persönliche Antworten: Wolfgang Bosbach gibt sich so interessiert
Wohnungswesen bis zu architektonischen und zuletzt kommunalen Strategien.
Dritte Halbzeit
vielen Bundesligastädten antirassistische Ultras, gestählt in „Mixed Martial Arts“ finden sich ihre organisierten Feld-WaldWiese-Prügeleien zu Hunderten bei Youtube, und mit HoGeSa und den wie selbstverständlichen Jobs als Ordner bei Pegida-Veranstaltungen wurden sie selbst zum politischen Akteur. Richard Gebhardt versammelt Fanforscher, Journalisten und Fußballexperten, die wirklich schreiben können und die sich aus unterschiedlichen Perspektiven dem Phänomen nähern: Sie thematisieren die Fankulturkämpfe in der Kurve, Hooligans als Akteure im europäischen Rechtsruck, die Hooligan-Subkultur in der zerbrechenden DDR und die gewalttätige Seite der „friedlichen Revolution“ 1989, Rollen-
wie streitlustig, Gregor Gysi bietet ganz
Trotz der Ausschnitthaftigkeit eines
bilder und Geschlechterwelten – jeder
persönlich Hilfe an und Buchmillionär
Tagungsbandes vermittelt „Wohnen für
Aufsatz lohnt das Lesen, und schon allein
Thilo Sarrazin rechnet vor: „Wenn Sie selbst
alle?!“ auch Nicht-Stadtplanern oder
Gebhardts so kluger wie rockiger Essay
kochen und auf den Kauf von Fertigmahl-
-soziologen die Mechaniken der neuen
über die ambivalente Rolle der Gewalt im
zeiten verzichten, können Sie sich für 120 bis
Wohnungsfrage und Strategien zu ihrer
Fußball lohnt den Kauf.
150 Euro im Monat sehr gesund ernähren.“
Beantwortung.
Joachim Rönneper
Barbara Schönig, Justin Kadi, Sebastian
Fankulturen. Die Rückkehr der Hooligans
Mein Bettelbrief – Prominente antworten
Schipper (Hg.) | Wohnraum für alle?!
auf der Straße und im Stadion
ISBN 978-3-932005-66-4
ISBN 978-3-8376-3729-8
ISBN 978-3-89438-634-4
Arachne | 9,50 Eur
transcript | 29,99 Euro
PapyRossa | 13,90 Euro
Richard Gebhardt (Hg.) | Fäuste, Fahnen,
37
REPORTAGE
Ein Tag in der Halte-Stelle
Der Umgang miteinander
38
Der Bau fällt auf. Zwei moderne Kuben, der eine holzverkleidet, öffnen sich freundlich zur Blücherstraße im Dortmunder Hafenquartier. Von der schlichten Wohnbebauung hebt sich die Halte-Stelle selbstbewusst und einladend ab. Und so geht es weiter. Von Bastian Pütter | Fotos: Daniel Sadrowski
S
ozialarbeiter Hendrik Zülz
empfängt uns, doch ei-
gentlich ist das nicht richtig: Wir treffen ihn zufällig als Ersten, als wir an der Halte-Stelle
ankommen. Hier wird nicht
hereingebeten – die Tür steht einfach jedem offen. Im hellen
und modern eingerichteten
Erdgeschoss ist die Kontaktstelle untergebracht, ein offener
Treffpunkt für Menschen mit psychischen Erkrankungen.
Schnell ist man im Hauptraum, mit einem großzügigen Café-
bereich mit Tischen aus hellem
Holz und Sofas. Von hier gehen die weiteren Räume ab: Die große Küche, die Holzwerkstatt, ein Besprechungsraum voller
Bilder, die die Besucher gemalt
haben, und hinter den Verwaltungsbüros ein großer Raum für Sport, Tanz und Chorproben.
In der ersten Etage ist mit der
Tagesstätte das teilstationäre Angebot des gemeinnützigen
Verein Halte-Stelle e.V. untergebracht, im Stockwerk darüber arbeitet das
Team des Fachbereichs Ambulant Betreutes Wohnen, das Klienten in eigenen Wohnungen unterstützt.
„Wir machen Dinge gemeinsam.“ Hendrik erklärt: „Unsere Besucher kommen auf Empfehlungen aus dem Helfernetzwerk – durch die LWL-Kliniken, Psychiater, Werkstätten usw. – oder weil
sie uns durch Bekannte, Freunde oder Nachbarn kennen.“ Währenddessen betreten fast im Minutentakt Besucher die Räume der Kontaktstelle, grüßen Oben: Annette bei der Gartenarbeit. Sie hilft auch bei den Frühstücksvorbereitungen und singt im Chor: „Wir unternehmen hier wirklich viel.“ Rechts: Carmen Krüger (Bild) und Hendrik Zülz empfangen die Besucher der Halte-Stelle. Die Türen stehen allen offen.
freundlich. Dieter ist einer von ihnen. Er kommt dienstags und donnerstags
hierher, mit dem Motorroller aus Huckarde. Er freut sich, uns zu treffen, denn schließlich ist er „familiär mit bodo verbunden“, erklärt er lachend. Sein Cousin Klaus verkauft das Straßenmagazin, wir versprechen, ihn zu grüßen. „Ich gehe auch in die Kontaktstelle der Diakonie an der Sternstraße, mag aber hier vor allem die Spiele und die Ausflüge. Und den Umgang miteinander.“
39
REPORTAGE
In der Tat fällt der herzliche Ton gleich auf, die
Stimmung ist heiter, es wird viel gelacht. Das hätten wir so vielleicht nicht erwartet, ebenso wie die Betriebsamkeit: Viele Aktivitäten laufen hier bereits am Morgen gleichzeitig.
Gemeinsam mit Carmen Krüger organisiert Hendrik ein kaum überschaubares Programm von Koch- und Kreativgruppen,
Mal- und Holzwerkstätten, Gedächtnistraining und ab September einem Theaterprojekt, Gartenarbeit und Bewegungsangebote,
dazu Ausflüge, Kino- und Ausstellungsbesu-
che. Ein monatliches Besucherplenum diskutiert neue Vorschläge. „Alle unsere Besucher haben Fremdbestimmung erlebt, unser Ziel
ist: bei uns möglichst nicht“, sagt Hendrik. „Wir machen Dinge gemeinsam und spielen auch in der Beratung den Besuchern den Ball
„Menschen kommen mit ihren akuten psy-
nungstage und ein umfangreiches Angebot
lasse sich mit Gesprächen erreichen. „Dass
wirklich dahinterstehen.“
zu: Wenn Du das willst, machen wir das.“
chischen Krisen, dafür sind wir da.“ Viel
Anlaufstelle und Familienersatz
wir gemeinsam mit dem Besucher entschei-
Carmen erklärt die unterschiedlichen An-
rufen, ist absolut selten. Laut kann es mal
Akutsituationen Anlaufstelle, wir bieten
letzten acht Jahren aber ganze zwei.“
seltsam das klingt: Für viele ist das hier ein
Carmen wird kurz unterbrochen. Die Diens-
einen Hut, Gemeinschaft zu organisieren
Geld für den Einkauf. Es wird einen vegeta-
mesituationen zu reagieren? „Natürlich
haben sich auf der Essensliste eingetragen.
Halte-Stelle e.V. zur Unterstützung
interveniert werden muss“, sagt Carmen.
fährt Carmen fort. Wir haben sechs Öff-
Tel. 0231 – 532011-30 | www.halte-stelle.de
forderungen der Einrichtung: „Wir sind in einen Weg aus der Vereinsamung und – so
den, einen Krankenwagen zur LWL-Klinik zu
Und das tun sie vielleicht ein bisschen mehr
werden, Polizeieinsätze hatten wir in den
grüßt Hendriks Vater, der gemeinsam mit
Familienersatz.“ Bekommt man das unter
tagsköche Dirk und Christoph brauchen
und gleichzeitig auf psychische Ausnah-
rischen Gemüseauflauf geben, 30 Besucher
gibt es auch heikle Situationen, wo viel
für die Besucher, das geht nur, wenn beide
als üblich. Als wir den Garten betreten,
Mitgliedern der Gartengruppe das Beton-
fundament für ein neues Hochbeet legt. „Ich kann sowas nicht, aber ich kenne Leute, die sowas können“, grinst Hendrik.
„Hendrik und ich harmonieren sehr gut“,
psychisch Kranker in Dortmund
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bodo DAS STRASSE NMAGAZI
40
N
Der Garten steht den liebevoll gestalteten
ich viel hier im Garten“ – „Und nicht nur im
Gartengruppe die letzten Vorbereitungen
beigehen. „Ja, auch die Deko im Haus. Und
Räumen in nichts nach. Wir kommen, als die
für das Sommerfest der Einrichtung trifft. Es wird gemäht, geharkt, gejätet, und das
bei geradezu tropischen Temperaturen
schon am Vormittag. Carmen bastelt mit Brigitte „Seedbombs“, aus Erde geformte Kugeln, die Blumensamen enthalten, als
kleines Geschenk für die Gäste des Sommerfestes. Am Tag darauf wird Hendrik im Gar-
ten noch einen Sinnespfad anlegen. Barfuß können dort unterschiedliche Untergründe erfühlt werden.
Garten“, ruft Praktikant Matthias im Vorzur Frühstücksvorbereitung komme ich
meist schon um 7.15 Uhr. Wir unternehmen hier wirklich viel. Donnerstags beim Sport
mach ich mit. Und im Chor singe ich auch.“ Was singt ihr denn hier? – „Nur Halleluja“,
sagt Annette augenzwinkernd. Alle lachen. „Nein, das ist wirklich toll, was es hier alles gibt. Und alles ist besser, als zu Hause vor sich
hinzuvegetieren. Hier hat man was zu tun. Und wenn es einem nicht gut geht, sind sie gleich da und beraten einen. Das ist mir ja
noch nie passiert, dass sich Menschen Sorgen
„Nicht depressiv – verzaubert!“
um mich machen – und die machen das hier.“
Die Materialien dafür hat er bereits am Tag
Ela nickt bestätigend. Auch sie kommt zwei-
te am Gartentisch und sagt entschuldigend:
such ich noch ein festes Angebot, hier ist ja
zuvor mit Annette eingekauft. Die sitzt heu„Ich bin ja auch in der Gartengruppe, aber
heute geht’s mir nicht so gut. Sonst mach
mal die Woche her. „Seit September 2013. Jetzt
alles offen und freiwillig, ich denke, ich brauche auch etwas Verpflichtendes.“ Auch sie schwärmt: „Die haben offene Arme, du wirst
gleich einbezogen, kommst ins Gespräch. Hilfe in akuten psychischen Krisen und eine Gemeinschaft zu bieten, die auffängt, ist die Aufgabe des Vereins. Im eigenen Garten wird gepflanzt, geharkt und gefeiert, in den Obergeschossen sind Beratungsräume und Wohnungen. „Hier hat man was zu tun“, sagt eine Besucherin.
Carmen und Hendrik sind schon was Besonderes.“ Ela erzählt: „Ich war bis Mai stationär,
eine schwere depressive Phase, direkt im Anschluss in einer Tagesklinik und jetzt hier. Das
ist dann jeweils schon ein großer Sprung wie-
der in die Selbstständigkeit, aber dank der Betreuung durch die Halte-Stelle läuft das gut.“
Und wie zur Bestätigung scherzt sie weiter
mit den anderen am Gartentisch: „Wir sind nicht depressiv, wir sind verzaubert.“
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REPORTAGE
Gemüse, Schweine, Nashornkäfer
Zwischen Bochum-Laer und Querenburg liegt Hof Bergmann. Das Gehöft, das im 19. Jahrhundert für die Versorgung des Ritterguts Laer zuständig war, beherbergt heute eine Wohngemeinschaft und einen der größten Gemeinschaftsgärten im Ruhrgebiet. Wir haben die grüne Oase besucht und uns zeigen lassen, wie ein Garten aussehen kann, in dem 400 Menschen im Jahr gemeinsam gärtnern. Text und Fotos: Sebastian Sellhorst
N
ördlich der Bochumer Ruhr-Universität, im ländlichen Laer, liegt seit mehr als 200 Jahren der Hof Berg-
mann. Über der Haustür des alten Haupthauses zeugt ein verwittertes Schild vom Richtfest im Jahre 1798. Doch die Geschichte des Bergmannshofs in seiner heutigen Form
beginnt 2012: Eine Gruppe angehender Ingenieure sucht
Räumlichkeiten für eine gemeinsame Werkstatt. Sie finden den Hof Bergman, der zu dem Zeitpunkt noch als Lager
eines Antiquitätenhandels genutzt wird. Schnell ist der
Eigentümer ausfindig gemacht, man wird sich einig und
ein Pachtvertrag kommt zustanden. Was ursprünglich als
reine Arbeitsstätte einiger Studierender geplant war, wird zur WG. Mittlerweile leben sieben Leute in dem alten, mit Holz geheizten Fachwerkhaus, und die angeschlossenen
Ländereien sind ein großes Gemeinschaftsgartenprojekt.
Tomate, Bohne, Venusfliegenfalle Geht man vorbei an den alten Stallungen und folgt einem schmalen Weg eine kleine Anhöhe hinauf, lässt ein gro-
ßer Plastikhai auf der Spitze eines mehrere Meter hohen Dreibeins erahnen, dass man auf dem Weg zu etwas
Besonderem ist. Wenige Meter weiter empfängt der große Garten seine Gäste mit zwei selbstgemalten Schildern:
„Gemeinschaftsgarten Hof Bergmann“ und „feel welcome“. Aus einem der beiden großen Gewächshäuser kommt
uns Johannes entgegen. Seit 2012 wohnt er auf dem Hof. Schnell wurde ihm nach seinem Einzug klar, dass er die
angeschlossenen Ländereien bewirtschaften will. „Ich hab damals Geografie und Biologie auf Lehramt studiert, mit
dem Ziel, Waldorflehrer zu werden. Schnell wurde mir aber klar, dass ich viel lieber direkt anpacken und Leuten vor
Ort Wissen vermitteln möchte“, erzählt er uns, während
wir durch die Beete spazieren. Seitdem ist der Garten für alle Menschen der Region geöffnet, und er wird ange42
Ein Besuch auf dem Hof Bergmann
„…andere Gäste wollen einfach nur mal eine Stunde Holz hacken oder haben zu Hause keinen Garten und möchten einfach ein bisschen in die Natur.“
nommen. „Die Leute kommen aus ganz unterschiedlichen Beweggründen hierher. Es gibt Besucher, die sich freu-
en, wenn sie ihr eigenes Gemüse auf dem Teller haben, andere Gäste wollen einfach nur mal eine Stunde Holz
hacken oder haben zu Hause keinen Garten und möchten einfach ein bisschen in die Natur“, erzählt Johannes.
Neben klassischen Beeten, auf denen Tomaten, Bohnen
oder Salat wachsen, bietet die zwei Hektar große Fläche
Raum für Experimente. In einem kleinen, selbst angelegten Hochmoor finden exotische Pflanzen wie Wollgräser, Sonnentau oder die fleischfressende Venusfliegenfalle
einen Platz. Ein paar Meter weiter wird mit Rindenmulch
Wärme erzeugt, die genutzt wird, um ein kleines Gewächshaus zu betreiben, in dem verschiedene Stecklinge bereits in der kalten Jahreszeit angezogen werden können. Auf
einem der vielen Komposthaufen verwesen alte Daunendecken und Baumwollteppiche. „Noch sieht das ein bisschen aus wie Sperrmüll, aber bald ist das feinste Biomasse“,
erzählt Johannes, während er mit einem Feuerstein einen Funken schlägt, den er mit einem Pilzschwamm auffängt und sich daran eine selbstgedrehte Zigarette entzündet.
43
REPORTAGE INTERVIEW
Neben einer alten Badewanne stehen gesta-
Pablo eingeübten Tricks zu präsentieren:
„Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen,
läuft. Im Winter erhitzt ein Holzfeuer hierin
Johannes uns das „Mensch-Schwein-Be-
Leute pro Tag arbeiten.“ Nur so könne ein
pelte Autofelgen, durch die ein Kupferrohr das Wasser für ein heißes Bad. „Alles lebt
hier von Spenden“, erzählt Johannes. „Die Badewanne hat uns ein Altmetallhändler
geschenkt.“ Auch die Gewächshäuser sind
Spenden. Die Jurte, mit Holzofen und meh-
reren Sofas, die den Mittelpunkt des Gartens bildet, besteht aus gespendeter LKW- und Werbeplane. „Bei einem Wettbewerb der
Stadtwerke haben wir ein wenig Geld ge-
wonnen, mit dem wir eine Menge realisieren und zum Beispiel eine Bewässerungsanlage
„Sitz“, „Platz“, „totes Schwein“. Darauf zeigt gegnungszentrum“. Ein selbstgebauter Bauwagen, in dem die beiden Tiere leben. „Für alles andere hätten wir eine Baugenehmi-
gung benötigt“, so der Gärtner. Die sei aber für die Flächen hier kaum zu bekommen. Darum der Kompromiss mit dem fahrba-
ren Schweinestall. „Es ist unglaublich, mit
dass hier vielleicht im Schnitt vier bis fünf so großer Garten bewirtschaftet werden.
Größere Projekte oder Bauvorhaben werden
an den regelmäßig stattfindenden Hoftagen realisiert. Wer Interesse hat, auf dem Hof
mitzuarbeiten, kann einfach nach kurzer Absprache mit Johannes vorbeischauen. „Wir wollen den Leuten zeigen, wie un-
wie viel Bürokratie alles verbunden ist in
glaublich gut eigenes Gemüse schmecken
den Elektrozaun anstellt, zu dessen Betrieb
Fläche als auch das Leben der Menschen,
Deutschland“, erzählt Johannes, während er der Gemeinschaftsgarten verpflichtet ist.
kann. Und dabei versuchen wir, sowohl die die hierher kommen, zu bereichern.“
„Ich will hier praktisches Kulturwissen vermitteln für jedermann.“
installieren konnten.“ Aufkommende Über-
„Vielfalt statt Einfalt“
shops oder einer Gemüsekiste zu kommerzi-
Insgesamt haben über 200 Nutz- und Zier-
legungen, den Garten in Form von Work-
alisieren, wurden schnell wieder verworfen. „Ich möchte nicht, dass eine Jugendgruppe
aus der Hustadt nicht zu uns kommen kann, weil es Geld kostet. Ich will hier praktisches Kulturwissen vermitteln für jedermann.“
„Uns war schon immer klar, dass wir hier auch Tiere haben wollten. Wir hatten zu Beginn des Gartens zehn Hühner. Leider fielen die Fuchs und Habicht zum Op-
fer.“ Am Ende fällt die Entscheidung auf
zwei „Kunekune-Schweine“. Zwei Brüder einer vom Hausschwein abstammenden
Schweinerasse, deren Name in der Sprache der Maori so viel bedeutet wie „fett und
rund“. Und schlau dazu, wird sofort klar, als Johannes anfängt, die mit Kalle und
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pflanzen auf dem Hof Bergman ihren Platz gefunden. In der fünften Saison werden
dieses Jahr fast drei Tonnen Gemüse dort
geerntet. Und das, obwohl alle auf Hof Bergmann auf möglichst große Vielfalt achten
statt Erträge zu maximieren. Diese Vielfalt
scheint nicht nur den Besuchern zu gefallen. Auch der in der Region fast verschwundene und unter besonderem Schutz stehende
Nashornkäfer ist auf dem Hof anzutreffen. In den überall für Insekten ausgelegten
Haufen Totholz hat er sich neben Wildbienen und vielen weiteren Insekten angesiedelt. Das Konzept „Vielfalt statt Einfalt“ funkti-
Hof Bergmann e.V.
Hof, die sich an der Gartenarbeit beteiligen.
gemeinschaftsgarten@quernetz.de
oniert. Fast täglich sind Besucher auf dem
Höfestraße 71, 44803 Bochum
Mein Verkaufsplatz
Christian Geisental Bochum
A
uch bei der Vorstellung der Juli-Aus-
gabe ist es voll bei bodo. Im Anschluss
an die Präsentation der neuen Ausgabe werden beim gemeinsamen Frühstück in großer Runde die Probleme des Ver-
kaufsalltags besprochen, Neuigkeiten
ausgetauscht, oder auch mal nur über das Wetter geklagt. Nach der Versammlung
Wenn zur bodo-Verkäuferversammlung die neue Ausgabe des Straßenmagazins vorgestellt wird, ist es meist eng in unserer Anlaufstelle in der Stühmeyerstraße in Bochum. Die Neugier darauf, was auf dem neuen Titelbild und im nächsten Heft sein wird, ist groß. Fast immer ist auch Christian mit dabei, und das nicht selten in Begleitung seines zwei Jahre alten Sohns Kevin. Text und Foto: Sebastian Sellhorst
dürfen wir Christian zu seinem Verkaufsplatz in Bochum-Harpen begleiten.
Während wir auf dem Weg zur Bahn
gemeinsam durch die Stadt laufen, treffen wir einige seiner Kolleginnen und Kolle-
gen, die bereits an ihren Verkaufsplätzen in der Innenstadt stehen. „Auch wenn es
bei der Verkäuferversammlung mal etwas lauter wird – eigentlich verstehen wir
uns alle ganz gut, und man hält zusam-
men“, erzählt Christian auf dem Weg zum
Hauptbahnhof. In der Innenstadt würde er
aber trotzdem nicht verkaufen wollen. „Ich bin mit meinem jetzigen Verkaufsplatz
am Einkaufspark in Harpen schon recht zufrieden. Da habe ich meine Stamm-
kunden und alle kennen mich. Außerdem komme ich aus Herne gut dahin.“ Drei-
oder viermal pro Woche fährt er aus Herne mit dem Bus zu seinem Verkaufsplatz.
Heute fahren wir gemeinsam mit der Bahn vom Hauptbahnhof aus nach Harpen.
„Wie oft ich in der Woche verkaufen gehen kann, hängt auch ein bisschen davon ab,
wie oft ich mich um meine beiden Söhne
kümmern muss. Kevin ist zwei und Flavius
tian, während er seine Magazine und
viel los. Mit meiner Frau, die auch das
Er hat noch nicht ganz mit dem Verkauf
wird im November fünf, da ist immer
Straßenmagazin verkauft, wechsele ich
mich ab, damit sich immer einer um die Jungs kümmern kann“, erzählt Christian, während wir die Castroper Straße
entlangfahren. An seinem Verkaufsplatz zwischen Supermarkt und Imbissbude
angekommen, treffen wir Anna, mit der
sich Christian seinen Verkaufsplatz teilt.
„Wenn ich gegen Mittag hierher komme,
wechseln wir uns ab. Da sie nur vormittags
und ich in der Regel nachmittags Zeit habe,
seinen Ausweis aus der Tasche holt.
begonnen, da bleibt auch schon eine der Stammkundinnen stehen, von denen
Christian erzählt hat. Ein Heft nimmt
sie zwar nicht mit, das habe sie schon
zu Beginn des Monats gekauft, aber für
ein kurzes Gespräch bleibt sie trotzdem stehen. Ob die Schuhe, die sie ihm für seine Söhne mitgebracht hat, passen,
möchte sie wissen. „Tun sie“, antwortet
Christian. Ob er ihr noch helfen soll, ihre Einkäufe die Treppe hinauf zur Bahnhal-
passt das ganz gut, und die Leute wissen,
testelle zu tragen. Sie lehnt dankend ab,
bei dem sie das Magazin bekommen.“
tian und schließen uns ihr an. „So ein
dass sie hier immer jemanden antreffen,
Während Christian sich bei Anna er-
kundigt, wie der Verkauf heute bei ihr
aber wir verabschieden uns von Chris-
netter junger Mann, schreiben Sie das“, verabschiedet sie sich auch von uns.
lief, beginnt es zu regnen. „Noch so
ein Vorteil dieses Platzes hier: Wäh-
rend man an vielen anderen Plätzen
nur bei gutem Wetter verkaufen kann, bleibe ich hier trocken“, erzählt Chris-
45
LESERSEITE bodo dankt: Sparkasse Bochum
Dr. Josef Balzer, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg,
Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Grünbau gGmbH, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koes-
ter-Wais, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner,
Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Micha-
el Stange, Nicole Goralski, Erika Janssen, Marlis
Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Thomas Schröder, Snezka Barle,
Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra
und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnow-
ski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annet-
te Kritzler, Jutta Meklenborg, Sandra Rettemeyer, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno
Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christian Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, HansGeorg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter
In der ganzen Region stehen lebendige Zeugen des vorindustriellen Ruhrgebiets. Im nächsten Heft
besuchen wir die Napoleonsbuche (Bild) zwischen Dortmund und Lünen, an der der französische Kaiser 1813 Rast gemacht haben soll, „tausendjährige“ Linden und eine Platane in Marten, gepflanzt am 25. Januar 1790. Foto: Jochen Heinrich
Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike
Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat,
Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowy, Daniela Gerull, Karl-Heinz Schwieger, Barbara
Bokel, Sandra Wortmann, Dirk Schmiedeskamp,
LESERPOST
Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda,
Dorothea Staudinger, Tamara Vorwald-Piepke,
Sehr geehrte Redaktion,
alles richtig gemacht haben wollen – und der (meist)
vielen Dank für das sehr berührende Interview mit
Herren, die in der Elbphilharmonie sitzen, während
Kareem und den Bericht über die Konferenz der Stra-
es draußen kracht. Danke für ein auch sonst überaus
hard Heiart, Kathrin Bohr, Elsemarie Bork, Dieter
ßenkinder. Ich wusste gar nicht, dass es eine solche
informatives Heft „mit Haltung“, Eure S.R.
Gisela Bzdzion, Christine Dahms, Petra Danielsen-
Selbstorganisation von jungen Wohnungslosen gibt, habe mich nach Ihrem Artikel weiter im Internet informiert und bin sehr beeindruckt von der Arbeit von „Momo“ und „Karuna“. Für solche Artikel schätze
Liebe bodo-Redaktion, ich möchte mich noch recht herzlich für die gewonnenen Karten zum Geierabend bei Tante Amanda
Daniela Schmitz-Häbler, Gero Krause, Friederike Claassen, Sulamith Frerich, Nicole Hölter, Ger-
Brinker, Andreas Bürgel, Daniel Buning, Susanne Hardt, Wolfgang Döneke, Christina Dolkemeyer,
Annette Düe, Tatjana Dyherrn, Silvia Eidt, Irmhild Engelhardt, Tobias Eule, Helga Fox, Ina und Gabri-
el Fuhler, Christa Fuhrländer, Marco Groger, Udo
Grunewald, Esther Hagemann, Ruth Margarete
bedanken. Es war ein wunderschöner Abend. Das
Hanke, Kersten und Hans-Jürgen Hansel, Silke
man nur in bodo! Weiter so, H.W.
Wetter hat sich glücklicherweise gehalten, die Vor-
Hochsattel, Claudia und Markus Holtkamp, Ni-
Liebe Redaktion,
Spaß. Vielen Dank ;-) T.D.
ich Ihr Magazin besonders: Es gibt Dinge, die erfährt
Glückwunsch zur „hellsichtigen“ Wahl des Fotos auf
46
Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret
stellung war super und wir hatten einfach ganz viel
Harborth, Brigitte und Wilhelm Hast, Annegret kolas Huperz, Petra Karmainski, Doris und Man-
fred Kater, Ursula Koert, Christina Kolivopoulos,
Peter Lasslop, Uwe Lück, Erika Maletz, Mechthild
Maschetzke, Verena Mayer, Dolf Mehring, Detlef
S. 17 im Juli-Heft. (Es zeigte die eigens gebaute Gefan-
Hallo Frau Dörscheln,
genensammelstelle zum G20-Gipfel in Hamburg, d.
noch einmal recht herzlichen Dank. Ich bin sehr be-
Mittler, Christoph Neumann, Wiltraud Pohl, Sigrid
Red.) Manchmal braucht es keine langen Texte. Auch
eindruckt von der Verlässlichkeit und der tollen Ar-
Wochen danach bin ich immer noch erschrocken über
beit vor Ort und kann Sie nur weiterempfehlen. Ganz
gard Reinitz, Ingo Rosner, Volker Schaika, Kathrin
die Bilder der Gewalt. Aber auch empört, einerseits
große Klasse! Alles prima gelaufen, und ich hätte es
Wolf-Dieter Schumacher, Karin Seidel, Dr. Sabi-
über die Angriffe von Polizisten auf Unbeteiligte und
ja selbst nicht geschafft, umso mehr hat es mich ge-
Steur, Oliver Stiller, Peter Thanscheidt, Hannelore
Journalisten und sogar die Misshandlung von Gefan-
freut, wie alles gelaufen ist, als ich in die leergeräum-
genen, andererseits über die unglaubliche Arroganz:
te Wohnung kam. Noch einmal herzlichsten Dank für
der Hamburger Regierung, der Polizeiführung – die
die tolle Arbeit des bodo-Teams. Viele Grüße E.S.
Meklenburg, Jan Wolfgang Meydam, Dr. Hubert Quenter, Sabine Raddatz, Marion Rapsch, Hilde-
Scherbauer, Herbert Schnier, Larissa Schulze, Dr. ne Siebel, Ute Soth-Dykgers, Wolf Stammnitz, J. Thimm-Rasch, Rita Timmerbeil, Christel und Ger-
hard Volpers, Jutta und Wido Wagner, Siegmar Welski, Lena Wessler, Ursula Wiedemann, Gabriele Winker, Timo Zimmermann
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Energie ist Kunst Lichtkunst ist für uns die schönste Form, Energie zum Ausdruck zu bringen. Sie ist innovativ und Anlass für interdisziplinäre Diskussionen. Mehr Licht oder ein Recht auf Dunkelheit? Andere Energie oder weniger? Wie wollen wir zukünftig leben und mit unseren Ressourcen umgehen? Die innogy Stiftung sucht Antworten auf gesellschaftliche Fragen rund um die Energiewende.
Lichtgeschwindigkeit, Brigitte Kowanz, Dauerleihgabe der innogy Stiftung im Zentrum für Internationale Lichtkunst Unna. Seit 2010 sind wir Kooperationspartner dieses ganz besonderen Museums in den Gewölbekellern einer alten Brauerei. Gemeinsam haben wir einen Skyspace von James Turrell realisieren können und den ersten International Light Art Award ins Leben gerufen.
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