1.80 Euro November 2013 | 90 Cent für den Verkäufer
bodo Das Straßenmagazin
14 | Marjana Gaponenko | Chamisso-Preisträgerin liest bei bodo 04 | Ludger Pistor | Tarantino, Bond und Sachsenklinik 08 | Rollstuhlrugby | »Ein körperbetonter Mix aus Autoscooter und Schach« 21 | 24 Verlosungen | z.B. »Der Ruhrsstadtschnüffler« im Varieté et cetera, Bochum
1
02 EDITORIAL
Liebe Leserinnen und Leser, dieses Heft war bisher unser schwierigstes. Wir
besseren, angemesseneren Rahmen gibt – und mehr
vermissen unseren guten Freund und langjährigen
Platz. bodo wird besser, schöner, bunter, mehr: um
Kollegen Benedikt von Randow. Zum ersten Mal
Ihnen und vielleicht neu hinzukommenden Leserin-
seit fast zwölf Jahren erscheint bodo ohne seinen
nen und Lesern mehr zu bieten. Und eben auch, um
Veranstaltungskalender. Bene starb am 14. Oktober
es unseren VerkäuferInnen leichter zu machen.
– richtig fassen können wir es immer noch nicht. Wir haben einen Kalender in seinem Stil, in seinem Sinne zusammengestellt.
Wir möchten, dass die gut 100 Menschen auf der Straße, die bodo anbieten, mehr vom Verkauf profitieren. Sie stehen – und vor allem in der
Der schmerzliche Abschied trifft uns mitten in ei-
kalten Jahreszeit – im Schnitt sehr lange für jedes
nem Aufbruch. Seit Wochen arbeiteten wir parallel
verkaufte Heft. Wir möchten, dass mehr als bisher
zu diesem Heft an etwas Neuem.
bei ihnen bleibt.
Vier Jahre ist es her, dass wir beim Straßenmaga-
Dafür muss bodo etwas teurer werden, und das
zin eine Art Neustart wagten. Wir erneuerten das
wollen wir nicht ohne Gegenleistung. Die einzige
Layout, erweiterten das Heft und erhöhten die Ein-
Lösung für uns: Ein deutlich besseres Produkt, das
nahmen unserer Verkäufer – denn der Verkauf des
einen höheren Preis bereits auf den ersten Blick
Straßenmagazins war und ist harte Arbeit. Seitdem
wert ist.
haben wir bodo Stück für Stück verändert, erwei-
Wir freuen uns darauf und wir hoffen, dass Sie mit
tert und verbessert, sind immer mehr ein kleines
uns und unseren VerkäuferInnen diesen Weg gehen.
Magazin geworden – im Zeitungsformat.
Schreiben Sie uns, was Sie sich von bodo wüschen, was Ihnen zusagt und was nicht.
Sie, unsere Leserinnen und Leser, haben das begleitet und angenommen. Beinahe doppelt so viele Menschen wie vor vier Jahren kaufen inzwischen
Doch nun erst einmal viel Freude an der letzten „alten“ bodo – die ein wirklich schönes Heft ge-
bodo, und die stetig gewachsene Resonanz zeigt uns, dass wir nicht nur Käufer-, sondern Leserinnen
worden ist.
und Leser gewonnen haben.
Viele Grüße von bodo,
Dennoch stoßen wir immer wieder an Grenzen. Viel
Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de
von dem, was wir wollen, und auch Wünsche, die VerkäuferInnen an uns richten, können wir in der bisherigen Form nicht umsetzen. Also haben wir uns entschlossen, den nächsten Schritt zu gehen: Das Dezemberheft der bodo wird sich grundlegend von den vorangegangenen unterscheiden. bodo wird ein wirkliches Magazin, das den Geschichten und den Fotos der großartigen JournalistInnen und FotografInnen, die für uns arbeiten, einen
IMPRESSUM
2
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Schwanenwall 36 – 38 | 44135 Dortmund
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03
INHALT
02 Editorial | Impressum 04 Menschen Ludger
Pistor von Dr. Birgit Rumpel
Ludger Pistor lässt sich nicht festlegen. Heute sieht man ihn in Tarantinos
Unser Titelbild der November-Ausgabe:
„Inglorious Basterds“, drei Wochen später in der Sachsenklinik. Von sich
Marjana Gaponenko, Hauptpreisträgerin des
selbst sagt er mit Nachdruck: „Ich bin der Schauspieler, der die meisten
Chamisso-Literatur-Preises 2013 (S. 14)
Filme in Dortmund gedreht hat.“ Ein Besuch in Berlin.
Foto: Yves G. Noir
06 Neues von bodo 08 Reportage Rollstuhlrugby von Wolfgang Kienast Ein harter, schneller Sport, bei dem es ordentlich kracht. Aber auch einer mit Köpfchen, erklärt Heiko Te Neues, Spielertrainer der Bochumer Roadrunners: „Neben der Physis gehört taktisches Verständnis dazu. Ich erkläre das immer als Mischung aus Autoscooter und Schach.” 11 Neues von bodo bodo
Kultur im November von Bastian Pütter
Dieser November ist ein für uns ganz besonderer Monat. Nie zuvor organisierten wir mehr Veranstaltungen. Und es ist Großartiges dabei… 12 Recht Abmahnungen 12 Kultur Ilias
werden billiger von René Boyke
Ntais von Wolfgang Kienast
20 Netzwelt bochumschau.de von Lisa Sänger Eine Art filmisches Gedächtnis und virtuellen Guckkasten für Bochum, das ist es, was Jens Tampier und Patrick Lambertus mit der Seite bochum-
Ilias Ntais denkt und schafft auf der Überholspur. Derzeit arbeitet er als Produzent (zuletzt für „Jazzsoup”, einen Film über The Dorf), entwickelt mit „Orchestar“ die Software für ein völlig neuartiges Orchestermanagement und macht weiterhin Musik: Am 29.11. ist er bei bodo zu Gast. 13 Wilde Kräuter Wiesenlabkraut von Wolfgang Kienast
schau.de geschaffen haben. 20 Kinotipp
Scherbenpark im endstation.kino
21 Veranstaltungskalender | Verlosungen von Susanne Schröder 28 Kultur New Industries Festival von Wolfgang Kienast
Das weiße Wiesenlabkraut könnte man rein theoretisch auf den ovalen Grün-
Heute ist jeder seine eigene Fabrik. Die Kuratoren des Festivals im Dort-
flächen vorm U in Dortmund sammeln, doch es gibt appetitlichere Stadtorte.
munder U, Inke Arns und Fabian Saavedra-Lara, suchen die Auseinander-
14 Kultur Chamisso-Literaturpreis von Bastian Pütter Die Preisträger 2013 lesen bei bodo. Sie stehen stellvertretend für die Idee, die Wolfgang Herles in seiner Laudatio auf Marjana Gaponenko so formulier-
setzung mit einer Realität, die uns alle angeht: Sie gehen den Zuständen und Auswüchsen der heutigen Arbeitswelt auf den Grund. 32 Soziales Pfand gehört daneben von Sabrina Burbach
te: „Was wäre geschehen, hätte sich in Europa die Demokratie nicht unse-
Eine Geste. Nicht mehr und nicht weniger. Mathias Gößling meint:
ligerweise mit dem Nationalismus verbündet! Das ist es, was sich die Genera-
„Kein Mensch soll im Müll wühlen müssen.“
tion Marjana Gaponenkos heute nicht mehr nehmen lässt: ein weitgehend grenzenloses, freies Europa, frei auch von den verheerenden Ideologien.“ 16 Interview Irvine
Welsh von Billy Briggs
von Kennern der Szene: Machern und Mitarbeitern der Straßenzeitung 36 bodo geht aus Knut‘s von Wolfgang Kienast En passant verrät die Karte, dass man im Knut‘s die Welt mit offenen Au-
als eine Bäckerei von Bastian Pütter
„Es stimmt nicht, dass man nichts machen kann“, hatte uns Dirk Planert Anfang des Jahres im Interview gesagt. Wieder hat er Recht behalten. Seit wenigen Wochen hat Srebrenica eine Bäckerei, die einzige. Nach Geschäftsschluss verteilt sie Brot an die Ärmsten – und neue Hoffnung.
12
Obdachlosigkeit im Unterricht: Seit wenigen Tagen steht Lehrern, die das
„Abseits!?“ in Osnabrück.
Druck steigt von Bastian Pütter
18 News | Skotts Seitenhieb 19 Soziales Mehr
Straße!?« von Volker Macke
Thema behandeln wollen, erstmals ein Schulbuch zur Seite. Geschrieben
Der Trainspotting-Autor im Gespräch über seine Sucht und die seiner Helden. 18 Kommentar Der
34 Soziales »Ausweg
28
gen betrachtet. Anspruch, Humor und Kreativität dienen als Koordinaten in einem Lokal, das eigentlich ein Vereinsheim ist. 37 Rätsel | Cartoon von Volker Dornemann 38 Leserseite | Cartoon
08
16
04
3
04 MENSCHEN | von Dr. Birgit Rumpel | Fotos: Jim Rakete
Ludger Pistor Der ewig Unterschätzte Groß, etwas schlaksig, den Schal in leuchtendem
rekt in die Tiefgarage des nächsten Supermarkts
Dortmund gedreht wurde, machte ihn einem breiten
Orange flüchtig über den schwarzen Mantel ge-
fahren.“ Verwundert frage ich nach und erfahre,
Publikum bekannt. Für die Figur des immer korrek-
worfen – so kommt mir Ludger Pistor in der Lob-
dass Ludger Pistor nicht gerade das pulsierende
ten, aber etwas umständlich wirkenden Kommissar
by einer schicken Wohnanlage in Berlin entgegen.
Straßenleben der Hauptstadt sucht. „Ich lebe
Krapp wurde er mit dem Grimme-Preis und dem
Trotz Sonnenschein ist es an diesem Tag zu kalt
eher zurückgezogen. So war ich aber schon im-
deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Zahlreiche
für einen Spaziergang, also führt er mich in ein
mer, ich gehe nicht so gern unter Leute.“
weitere Filme hat Ludger Pistor im Ruhrgebiet und
nahegelegenes Restaurant.
speziell in Dortmund gedreht. Jüngstes Produkt ist „Ich bin der Schauspieler, der die meisten Fil-
der TV-Film „Schnitzel für alle“, für den er im ver-
„Früher habe ich in dem Hotel dort drüben gewohnt“,
me in Dortmund gedreht hat“, behauptet Ludger
gangenen Frühjahr gemeinsam mit Armin Rohde hier
erzählt er und zeigt aus dem Fenster. „Da hatte ich
Pistor mit Nachdruck und beginnt, aufzuzählen.
vor der Kamera stand.
es noch bequemer, konnte aus der Tiefgarage di-
Die Krimiserie „Balko“, die von 1994 bis 2003 in Geboren wurde Ludger Pistor 1959 in Recklinghausen, aufgewachsen ist er im benachbarten Herten. Schon als kleiner Junge ging er mit der filmbegeisterten Oma ins Kino; sie war als junge Frau während der Stummfilmära Platzanweiserin gewesen und gab ihre Leidenschaft Jahrzehnte später an den Enkel weiter: „Omma war Kino.“ Kein Wunder also, dass der kleine Ludger schon in der Grundschule mit dem Theaterspielen anfing. Seine Erinnerungen daran sind noch sehr präsent, denn schon früh wurde er mit der Härte des Berufs konfrontiert. „Bei dem ersten Stück durfte ich nur bei den summenden Bienen hinter der Bühne mitmachen. Ich durfte nicht einmal probieren, das hat mich so geärgert.“ Aus irgendwelchen Gründen kam es dann aber nicht zur Aufführung, und im folgenden Schuljahr hat er als Zehnjähriger während einer Freizeit im Schullandheim das Stück komplett neu inszeniert und selbst mitgespielt. Insgesamt sind die Erinnerungen an die Schulzeit sehr gemischt. „Ach, was soll ich denn jetzt sagen.“ Eine nachdenkliche Pause, ein tiefer Seufzer folgen. „Wir hatten noch das alte System. Es wurde geprügelt auf Deufel komm raus. Erst die jüngeren Lehrer, die in den 70er Jahren kamen, waren Pädagogen.“ Die Lust am Spielen hat er sich zum Glück nicht nehmen lassen. Auch als man ihm Jahre später in der Schultheater-AG seine Wunschrolle nicht zutraute, ließ er sich nicht beirren. Er studierte sie trotzdem ein und schaffte damit die Aufnahmeprüfung am ehrwürdigen Max-Reinhardt-Seminar in Wien. „Da hab ich’s denen gezeigt“, triumphiert er schmunzelnd. Nach der Schauspielausbildung in Wien studierte Ludger Pistor zwei weitere Jahre in New York, bevor er nach Deutschland zurückkam. Am Theater hat es
4
05
ihn als jungen Schauspieler nicht lange gehalten.
Wochen später in der Sachsenklinik. Seit er 2006 im
diese schlechte Energie nicht mag, und jeder Zorn
„Ich wollte immer zum Film. Ich habe den Theater-
James-Bond-Film „Casino Royal“ mitspielte, haben
geht ja auf einen selbst zurück.“
alltag kennengelernt, aber die Strukturen dort ha-
die internationalen Anfragen zugenommen. In einer
ben mich immer aufgeregt.“
aktuellen BBC-Produktion spielt er die historische
„Der Inder arbeitet daran, ewig tot zu sein. Ich will
Figur des Reichskanzlers Bethmann-Hollweg, im ge-
erstmal nachgucken, was im Jenseits so los ist,
Der erste Kinofilm, in dem Pistor 1986 mitwirkte, war
rade angelaufenen Kinofilm „Inside Wikileaks – die
ich glaube, da ist einiges los.“ Doch bis dahin gibt
„Der Name der Rose“. Es war eine kleine Rolle, „ich
fünfte Gewalt“ sieht man ihn als Büroleiter an der
es auch im Diesseits noch viel zu tun. „Ich plane
war der dritte Mönch hinten links. Ich glaube, ich
Seite von Daniel Brühl.
nicht, irgendwann in Rente zu gehen, ich will gar
habe auch einen Satz gesagt“, erinnert er sich an die
nicht aufhören zu arbeiten.“ Derzeit dreht Ludger
Dreharbeiten im Kloster Eberbach. Bald folgten En-
Ins Ruhrgebiet kommt er nur noch, um zu arbeiten
Pistor gleich zwei Fernsehfilme in Berlin. Für eine
gagements in verschiedenen Tatort-Produktionen und
oder um die Familiengräber zu besuchen. „Ich muss
Szene nimmt er gerade Tangounterricht. „Ich will
ganz unterschiedlichen TV-und Kinofilmen. Loriots
ja sehen, ob der Gärtner alles richtig gemacht hat.“
das schon gut können, damit nicht alles gedoubelt
„Pappa ante Portas“ ist ebenso dabei wie „Schindlers
Unterwegs macht er dann gern einen Abstecher
werden muss.“
Liste“ oder „Lola rennt“. Die Vorliebe für die Komödie
zum großen Sri Kamadchi Ampal Tempel in Hamm-
ist nicht zu übersehen; nach einem Vorbild gefragt,
Uentrop. Seit mehr als zehn Jahren beschäftigt sich
Schließlich erkundigt sich Ludger Pistor, was wir bei
nennt er Stan Laurel, den er als Künstler verehrt. „Nur
Pistor mit dem Hinduismus, reist regelmäßig nach
bodo denn so machen. Auch wenn er nicht mehr als
in Deutschland werden Oliver Hardy und Stan Laurel
Indien und pilgert dort zu ausgesuchten Tempeln.
nötig in der Stadt unterwegs ist, besucht er hin und
„Dick und Doof“ genannt, sie werden hier gar nicht
„Der Mensch ist ein spirituelles Wesen. Ich glaube,
wieder die Bahnhofsmission am Bahnhof Zoo. „Das
richtig gewürdigt, das ist schade.“ Umso mehr freut
dass wir eine Wahrnehmung von der Welt haben,
ist nicht zu übersehen, dass dort immer mehr Leute
es ihn, wenn sein Zusammenspiel mit Armin Rohde
aber die Welt muss ja gar nicht so sein, wie wir sie
anstehen, und auffällig viele junge Leute.“ (biru)
mittlerweile mit den großen Vorbildern verglichen
wahrnehmen.“
wird, wie bei der Premiere von „Schnitzel für alle“. „Ja, das freut mich sehr, so etwas zu hören. Mit Armin
Während er so philosophiert, wirkt er angenehm ru-
zu spielen ist immer ein Riesenspaß.“ Obwohl sie sich
hig und ausgeglichen. Doch das täuscht. „Ich bin
seit 20 Jahren kennen, haben sie privat kaum Kon-
gar nicht in Ruhe, das sieht nur so aus, vielleicht
takt. „Wenn man befreundet ist, ist es viel schwieri-
durch die Körperlichkeit. Ich mache mir ständig Ge-
ger, zusammen zu spielen.“
danken, bin nervös und mein Blutdruck ist zu hoch.“ Ob er denn auch mal aus der Haut fahren kann, will
Ludger Pistor lässt sich nicht festlegen. Heute sieht
ich wissen. „Ja, ich kann auch ausrasten, aber nicht
man ihn in Tarantinos „Inglorious Basterds“, drei
mehr so häufig. Ich möchte das gar nicht, weil ich
5
06 NEUES VON BODO | www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Café Berta und Kober
Dank für Unterstützung
Ein Magazin? Ein Magazin.
Am 17. Oktober, dem UN-Welttag zur Bekämp-
Der gemeinnützige bodo e.V. erhält keine
Die Ausgabe des Straßenmagazins, die Sie in
fung der Armut, organisierten Suppenküche
regelmäßigen öffentlichen Fördermittel, wir
Händen halten, wird die letzte im bekannten
Kana e.V., die ökumenische Wohnungslosen-
finanzieren unsere Beratungsangebote allein
Format sein. Nach langen Beratungen und
Initiative Gast-Haus e.V. und bodo e.V. einen
durch Spendenmittel und versuchen den
Befragungen haben wir uns entschieden, den
„Kreuzweg der Armut“ durch Dortmund.
Spendenbedarf mit Einnahmen in unseren
nächsten Schritt zu gehen und die Form der
Arbeitsbereichen möglichst gering zu halten.
bodo ihrem Inhalt anzupassen.
An mehreren Stationen wurde an Armut und Unrecht erinnert, beginnend am Mahnmal für die im Holocaust ermordeten Sinti und Roma am ehemaligen Ostbahnhof – einem kaum wahrgenom-
Trotzdem haben wir den Eindruck, etwas zu bewegen und erfreuen uns an den vielen kleinen und großen Erfolgen unserer Arbeit.
Seit fast 19 Jahren erscheint bodo auf Zeitungspapier, lange mit 32, zuletzt mit 40 Seiten. Mit Blick auf die letzten Jahre ist das beinahe alles,
menen Erinnerungsort. Weitere Stationen waren
Es ist schön zu sehen, dass so vielen von Ihnen
was gleich geblieben ist. Inzwischen schreiben
bodos Vereinssitz am Schwanenwall, die Reinol-
der Erhalt unserer Projekte einen Griff in den
renommierte Journalistinnen und Journalisten für
dikirche – hier sprach Wohnungslosenseelsorger
eigenen Geldbeutel wert ist. Es sind keine großen
bodo, wir arbeiten mit großartigen Fotografen
Alfons Wiegel – und die Deutsche Bank.
Unternehmensspenden, die unsere Arbeit tragen,
zusammen, über unser internationales Netzwerk
sondern eine breite, bürgerschaftliche Unterstüt-
und die Agentur Reuters Pictures, die uns Stra-
zung, über die wir uns jeden Monat freuen.
ßenzeitungen unterstützt, haben wir Zugriff auf
Zwei Petitionen an die Stadt wurden am Ende der Kundgebung im Rathaus übergeben: Als freie
exklusive Geschichten, Interviews und Fotos.
Träger der Wohnungslosenhilfe fordern Kana,
Fördermitgliedschaften, Unterstützung über die
Gast-Haus und bodo den Erhalt des erfolgrei-
dem Straßenmagazin beiliegenden Überweisungs-
Unser verkaufte Auflage konnten wir – ganz
chen Projekts Café Berta, des sogenannten
träger, Geburtstagsspenden oder Sammlungen
gegen den allgemeinen Trend – in den letzten
„Trinkraums“ am Dortmunder Nordmarkt, dessen
von Vereinen und Gemeinden sind es, die die
Jahren verdoppeln und mehr Menschen in Armut
sozialarbeiterisches Angebot längst auch die
Kontinuität unserer Arbeit sicherstellen.
zu der Chance verhelfen, ihr Leben wieder selbst
schärfsten Kritiker überzeugt hat. Trotzdem will die Stadt das Angebot nicht weiterführen.
Wir danken allen Unterstützerinnen und Unter-
in die Hand zu nehmen.
stützern herzlich und in diesem Monat beson-
Nun möchten wir dieser erreichten Qualität auch
Ebenso fordern die Unterzeichner eine Weiterfi-
ders Richard Süper und dem Kolping Dortmund
eine äußere Form geben: Die neue bodo wird
nanzierung der auch nach dem Verbot der Stra-
Sozial- und Entwicklungshilfe e.V., der uns aus
handlicher, aber viel umfangreicher, schöner, besser
ßenprostitution dringend benötigten Prostitu-
Erlösen aus dem Verkauf von Altkleidern 3.000
– und etwas teuer sein. Im Interesse unserer Leser,
tiertenberatungsstelle Kober. Wir sind uns einig:
Euro überreichte! Geld, mit dem die Anschaf-
aber vor allem im Interesse unserer Verkäuferinnen
Beide Einrichtungen leisten wichtige Arbeit im
fung eines neuen (gebrauchten) Transporters
und Verkäufer. Denn für sie soll mehr übrig bleiben,
am stärksten belasteten Quartier der Stadt am
wieder ein großes Stück näher rückt. Vielen,
für sie soll es einfacher sein, das Geld für den Tag
Dortmunder Nordmarkt.
vielen Dank!
zu verdienen. Mit bodo als echtem Magazin.
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6
MAIKES VERKÄUFERTAGEBUCH
Förderpreis Soziale Stadt
Kiloweise Bücher!
„Stadt Dortmund – PSD Bank Förderpreis Sozi-
„Darf´s ein bisschen mehr sein?“ An allen
ale Stadt 2013“ heißt die Auszeichnung, über
Samstagen im November gibt es Lektüre für
die sich bodo e.V. in diesem Jahr freuen darf.
die dunkle Jahreszeit zu Kilopreisen! Auf
In einer Feierstunde am 10. Oktober übergaben Oberbürgermeister Ullrich Sierau und PSD-Vorstandsmitglied August-Wilhelm Albert den Preis –
Guten Morgen, liebe Leser! Wenn man an liebe Menschen und ihren Geburtstag denkt und sich etwas vornimmt, ist es (immer) noch nicht damit getan, eine Geburtstagskarte abzuschi-
großen Sonderflächen bieten wir gute, saubere
cken. Dafür habe ich einem weiteren
und oft neuwertige Bücher an, die wir sonst
Geburtstagskind per Telefon gratuliert.
auf Buchmärkten verkaufen.
Trotzdem ist dieser Monat für mich ein
verbunden mit einem Preisgeld in Höhe von 2.000
Aus Tausenden Büchern kann ausgewählt werden,
trauriger Monat. Meine Großmütter und
Euro – an bodo-Geschäftsführerin Tanja Walter.
an der Kasse wird mit einer richtigen Metzgerwaa-
mein Mann sind vor 14 und 15 Jahren
ge ausgewogen: 1,99 Euro pro angefangenes Kilo.
verstorben. Eine lange Zeit schon.
Die Gelegenheit, sich mit Herbst- und Winterle-
Etwas Schönes gab es am Ende des
Bei dem Wettbewerb hatten sich 56 Antragstellerinnen und Antragsteller um einen der Preise beworben. Eine Jury, bestehend aus Vertretern der Stadt Dortmund, PSD Bank, Migranten-Selbstorganisationen und Trägern der Freien Wohl-
sestoff einzudecken: Eine ganze Palette Krimis,
Monats doch. Eine Geburtstags-Garten-
Romane, Kochbücher und hochwertige Bildbände
party, die sehr schön und gut war. Das
haben die bodo-Auszubildenen ausgewählt.
war super!
fahrtsverbände, hatten die Anträge bewertet und
Auch wochentags lohnt der Besuch am Schwa-
Ja, so ist es, wenn es das Ende des
sich für 15 Projekte entschieden.
nenwall. 10.000 Bücher von 1 bis 50 Euro warten
Monats ist und wir die Zeitung erst
in den gut gefüllten Regalen. Die ganze Woche
einen Tag später holen können. Wer
über kosten Bücher auf den Aktionsflächen nur
weiß, was es für Neuigkeiten in der
zwei Euro. Im Laden findet sich auch ein großer
Verkäuferversammlung gibt. Einfach
Anteil Neuware, zum Beispiel das Sortiment des
drauf ankommen lassen.
Besonders freut uns, dass die Jury ihren Fokus auf die Nachhaltigkeit der Bewerbungen legte. Oft sind Projektförderungen gekoppelt an Neuentwicklungen mit „innovativem Charakter“ statt bewährte und erfolgreiche Arbeit zu fördern. bodo e.V. erhielt die Unterstützung für seine Beschäftigungsinitiative „Transport“, die seit mehr als 10 Jahren erfolgreich ehemals Wohnungslose und Langzeitarbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt.
07
Dortmunder „grafit“-Verlages und die Bücher der
Euro Bodoline Maike
Autorinnen und Autoren, die bei unseren monatlichen Kulturveranstaltungen lesen, so z.B. die
PS: Bitte nicht böse sein über meinen
Chamisso-Preisträger Marjana Gaponenko, Anila
Bericht, dieser Monat verlief für mich
Wilms und Matthias Nawrat. (Lesung am Donners-
relativ ruhig.
tag, den 14. November, s.S. 11 und 14).
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bodo schafft Chancen
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ten lassen.“ „Nicht ärgern. Bera
Mieter schützen · Mietern nützen!
Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V.
Mieterverein
Bochum, Hattingen und Umgegend e.V.
Brückstraße 58 44787 Bochum Tel.: 0234 / 96 11 40 mieterverein-bochum.de
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7
08 REPORTAGE | von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski
Rollstuhlrugby Ein kรถrperbetonter Mix aus Autoscooter und Schach
8
09
Tilmann bleiben als Quarterback noch wenige
Standort eines renommierten Querschnittszen-
0,5 und 3,5 Punkten. Je schwerer der Grad der
Sekunden, den Spielzug zu beenden. Der Ball
trums. Es folgten Karlsruhe und Bochum.
Behinderung, desto niedriger ist dieser Wert. Acht
liegt auf seinen Oberschenkeln. Kraftvoll
„Wir bekamen damals Besuch eines Teams aus
Punkte maximal darf eine Mannschaft gleichzeitig
spurtet er Richtung gegnerische Grundlinie.
Heidelberg“, erinnert sich Te Neues. „Wir waren
auf den Platz bringen. Das zieht eine Vielzahl tak-
Überquert er sie mit dem Ball, hat er ein Tor
sofort fasziniert. Da war viel mehr Action im
tischer Möglichkeiten nach sich, und da während
für seine Mannschaft erzielt.
Spiel als beim Tischtennis. Und, viel wichtiger:
des Spiels fliegend gewechselt wird, muss ein
Es war ein echter Mannschaftssport. Wir haben
Trainer gut im Kopfrechnen sein.
Um das zu verhindern, rollen ihm Anna und
ein Team gegründet und sind selbst zu Demozwe-
Johanna entgegen. Es kracht, als Tilmann und
cken durchs Land getourt. Den ganzen Norden
„Sozialpädagogen kommen ins Rotieren, wenn
Johanna zusammenrasseln. Der Schlag wirft
haben wir abgegrast und sind schnell an neue
eine Kampfmaschine mit hoher Punktzahl etwas
Johanna beinahe aus ihrem Stuhl. Doch Tilmann
Leute gekommen. Anfangs haben Spieler aus
Kleines umwirft“, sagt Te Neues. „Vor allem,
sitzt jetzt fest. Anna versucht, an den Ball zu
Köln, Düsseldorf und Paderborn bei uns trai-
weil gilt, dass selbst schuld ist, wer umkippt.
kommen. Sie darf weder den Gegner noch dessen
niert. Später haben die eigene Vereine gegrün-
Der kommt nämlich auf die Strafbank. Rollstuhl-
Stuhl berühren. Der Quarterback nimmt den Ball,
det. Untereinander wurden zunächst Turniere
rugby ist sehr physisch und verlangt einem viel
will einen Rückpass werfen. Jetzt hat er keine
ausgetragen, um in Kontakt zu bleiben und sich
ab. Aber das will man ja auch. Man will den
Hand mehr an den Rädern seines Gefährts und
zu messen. Seit 1999 ist der Spielbetrieb in vier
Körper spüren. So kann man wieder Selbstbe-
das Bett nicht mehr verlassen hätten. Dann
Ligen organisiert, von der Championsleague
wusstsein aufbauen. Die meisten bei uns sind
der Vietnamkrieg. Aufgrund des medizinischen
runter zu Regionalligen im Süden, Norden, Osten
querschnittsgelähmt infolge eines Unfalls. Wenn
Fortschritts überlebten Verwundete, die in den
und Westen. Derzeit gibt es in Deutschland etwa
du im Krankenhaus aufwachst und hörst diese
Jahrzehnten zuvor chancenlos gewesen wären;
dreihundert aktive Spielerinnen und Spieler, und
Diagnose, bist du im Arsch. Alles, wirklich alles
oft aber hatte die Schwere ihrer Verletzungen zu
im November richtet Johanna Meredith bei uns
ist jetzt anders. Das gilt erst recht für später,
noch weitergehenden Ausfällen des Bewegungs-
das weltweit erste reine Frauenturnier aus.”
für das Leben mit Behinderung in der Öffent-
keine Chance, sich zu befreien. Abpfiff. Zeitfehler. Er hätte den Ball nicht länger als zehn Sekunden halten dürfen. Einwurf für das andere Team. Auch dafür bleiben nur zehn Sekunden. Rollstuhlrugby ist ein sehr schneller Sport. Die Roadrunners Bochum trainieren jeden Mittwoch in der Sporthalle am Klinikum Bergmannsheil. Heiko Te Neues ist Spielertrainer der Mannschaft, eine Koryphäe dieser Sportart. Von 2002 bis 2005 coachte er die deutsche Nationalmannschaft, nahm an Weltmeisterschaften teil und an den Paralympics in Sydney und Athen. Auf internationalem Parkett hätte er Karriere machen können, doch zog es ihn zurück nach Bochum, wo er 1995, gemeinsam mit drei ebenfalls querschnittsgelähmten Bekannten, die Roadrunners gegründet hatte. Davor hatten sie Tischtennis gespielt. Auch okay, wie er heute sagt, doch wäre Rollstuhlrugby in mehrfacher Hinsicht das attraktivere Spiel. Vorreiter der Praxis, mit Querschnittsgelähmten Sport zu treiben, war nach dem Zweiten Weltkrieg ein englischer Arzt namens Dr. Goodman. Er erzielte beachtliche Erfolge bei Patienten, die sonst vermutlich bis ans Ende ihres Lebens
lichkeit. Denn wie man sich selbst fühlt und wie
apparats geführt. Sie nach Goodmans Methode zu therapieren, brauchte es eine neue Sportart.
Grundsätzlich aber spielt beim Rollstuhlrugby das
man wahrgenommen wird, hängt von lebenslang
Diese wurde in Kanada entwickelt, ihre Regeln
Geschlecht keine Rolle. Ebenso wenig das Alter.
verinnerlichten und unbewusst ablaufenden
ähneln einer Mixtur aus Basketball, Rugby und
Tobias, der jüngste Roadrunner, ist fünfzehn, Rolf
Prozessen ab. Man agiert, man reagiert und
Eishockey auf Rädern: Murderball.
wird im kommenden Jahr sechzig. Entscheidendes
findet so seine Position. Sobald man behindert
Kriterium bei der Zusammenstellung der Mann-
ist, funktionieren diese Mechanismen nicht mehr
Mit wachsender Popularität wurde der wenig
schaften ist der Grad des jeweiligen Handikaps,
und du verlierst den Halt. Die anderen wissen
vertrauenerweckende Name geändert. Von
weil jede Behinderung andere Auswirkungen auf
nicht mit dir umzugehen, weil du selber nicht
Wheelchair-Rugby war bald die Rede oder eben
den Bewegungsapparat nach sich zieht. Um die
weißt, wo du bist. Dann bietet der Verein ein
Rollstuhlrugby. Ende der 80er Jahre gelangte
Teams, jeweils vier Spieler, gleich stark aufzustel-
funktionierendes Sozialgefüge, so, wie es das
der Sport nach Europa, 1992 wurden erste Spiele
len, wird mit einem Punktesystem gerechnet. Die
Umfeld früher war. Weil hier jeder behindert
in Deutschland ausgetragen, in Heidelberg,
individuellen Klassifizierungen liegen zwischen
ist. Man lernt ganz neu, sich in einer Gruppe zu 9
10
verhalten, transferiert das nach außen und ist
zwei taktische Grundtypen unterscheiden. Das
endlich wieder in der Lage, sich eindeutig zu
Gefährt eines Ballführers oder Quarterbacks ist
positionieren. Das Selbstbewusstsein, das man
vorn abgerundet, zum besseren Blockieren haben
hier aufbaut, ist die Grundvoraussetzung, sich
Stühle für die Defensive eine Art Rammvorrich-
selbstsicher in der Öffentlichkeit zu bewegen.”
tung. „Zwei 0,5er können damit gut einen 3,5er aufhalten“, sagt Te Neues. „Vorausgesetzt, sie
Heiko Te Neues hat Informatik studiert und
sind in der Lage, Spielzüge vorherzusehen. Man
einen sicheren Arbeitsplatz gefunden. Ohne den
muss das Spiel lesen können, um sich strategisch
Sport, sagt er, wäre das kaum möglich gewesen.
auf dem Feld zu positionieren. Neben der Physis
Seit einiger Zeit aber versperren Sparmaßnah-
gehört taktisches Verständnis zu diesem Sport.
men im Gesundheitssystem vielen Behinderten
Ich erkläre das immer als Mischung aus Autoscoo-
den Weg, über sportliche Aktivitäten ein selbst-
ter und Schach.”
bestimmtes Leben zu lernen. „Heute bietet sich kaum noch die Möglichkeit, während der Reha
Gespielt wird netto vier mal acht Minuten, was
mit Sport in Kontakt zu kommen, weil nach
eine Gesamtdauer von etwa neunzig Minuten
drei Monaten Reha Schluss damit ist. In dieser
ergibt. Die Zeit wird gestoppt, sobald der Ball im
kurzen Zeit hat man wirklich andere Sorgen,
Aus oder ein Tor gefallen ist. Dann muss er inner-
als sich um Sport zu kümmern. Anschließend
halb von zwölf Sekunden über die Mittellinie ge-
hängen die zu Hause rum, schauen fern oder
bracht werden, nach spätestens vierzig Sekunden
spielen den ganzen Tag mit der Playstation. Wie
muss das nächste Tor gefallen sein. Wenn nicht, bekommt die Gegenseite den Ball. Der, ob gefah-
soll man da vermitteln, dass das Leben Spaß machen kann? Dass es Gleichgesinnte gibt, mit
Spielertrainer Heiko Te Neues.
ren, gerollt oder geworfen, ist immer unterwegs. Entsprechend engagiert geht es auf dem Spielfeld
denen man sich messen kann? Die erreichen wir ja kaum. Doch wer einmal hier ist, der bleibt
Mit gewöhnlichen Rollstühlen hat ein rugbytaug-
zur Sache. „Wo sollte der denn hin?“ beschwert
auch. Nur ein Prozent kommt nicht wieder.
licher Sportrollstuhl nur noch die Grundfunktion
sich Rolf. „Zu einem schlechten Wurf gehören
Anna haben wir auf einer Messe angesprochen,
gemein. Die großen Antriebsräder stehen schräg
immer zwei”, kontert Tobias cool. (wk)
der Rehacare. Vorher war sie über Jahre nur zu
zur Grundfläche, was die Wendigkeit verbessert.
Hause. Tobias kam vor wenigen Monaten mit
Spezielle Lager vermindern Reibungsverluste. Als
seiner Mutter und war sehr schüchtern. Das hat
Kippschutz dient an jeder Ecke eine Rolle, wie
INFO
sich schon mit der ersten Fahrübung im Sport-
man sie von Inlinern kennt, mit dem Unterschied,
Die Roadrunners Bochum trainieren mittwochs
rollstuhl geändert. Da hatte er dieses gewisse
dass diese hier auch um sich selbst drehbar sind.
ab 17.30 Uhr in der Sporthalle des Klinikums
Glänzen in den Augen. Tobi ist ehrgeizig, lässt
Normiert sind Maximallänge, Reifengröße und
Bergmannsheil, Bürkle-de-la-Camp-Platz 1 in
sich jetzt nichts mehr gefallen. Er fragt täglich,
der Abstand der Kontaktflächen vom Boden. An
Bochum. Dort findet am 9. und 10. November
wann endlich wieder Mittwoch ist. Ein Trainer,
diesen Stoßstangen, deren Macken und Kratzer
auch das weltweit erste Rollstuhlrugby-Frauen-
der so etwas hört, freut sich natürlich.”
von unzähligen Karambolagen zeugen, lassen sich
turnier statt. rolf.gronemeyer@web.de
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NEUES VON BODO | von Bastian Pütter
bodo – Kultur im November Dieser November ist ein für uns ganz besonderer Monat. Nie zuvor organisierten wir mehr Veranstaltungen. Und es ist Großartiges dabei, sehen Sie selbst:
¬ Am „Zweiten Freitag“ im November, dem 8.11., hat unser Buchladen am Dortmunder Schwanenwall Gäste aus Bochum und Herne. Unter dem Titel „Endlich Ruhrlaub“ veranstaltet die Gruppe „Treibgut – Literatur von der Ruhr“ eine musikalische Herbstlesung, begleitet vom poetisch-bluesigen Ruhr-Rocker Edy Edwards. Beginn ist 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei.
¬
Zwei Tage vorher, am 6.11., liest „Treibgut“ mit dem Göttinger
Gastleser und Liedermacher Bastian Mayerhofer im Kultur-Café an der Ruhruni Bochum – präsentiert von bodo.
¬
Am Donnerstag, dem 14. 11., freuen wir uns auf
Gute Arbeit
hochliterarischen Besuch. bodo ist stolz, die Preisträger des Adelbert-von-Chamisso-Preises 2013 begrüßen zu dürfen. Marjana Gaponenko, Anila Wilms und Matthias Nawrat lesen im Rahmen der Chamisso-Tage an der Ruhr in unserem Buchladen am Schwanenwall. Mit dem mit insgesamt 29.000 Euro dotierten Preis ehrt die Robert Bosch Stiftung herausragende Beiträge zur deutschsprachigen Literatur von AutorInnen, deren Werk von einem Sprach- oder Kulturwechsel geprägt ist. Der Preis ist einer der wichtigen Literaturpreise und der einzige seiner Art in Deutschland. Der Eintritt beträgt fünf Euro, es wird einen Büchertisch mit Werken der Autoren geben, Beginn ist 19.30 Uhr.
¬
Kultur bei bodo, die Dritte: Am Freitag, 29. 11. spielt „ra-
dioaisle“ ein Benefizkonzert in unserem Buchladen. Beginn ist 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei.
FREI!
Union-Busting= systematische Bekämpfung von Gewerkschaften und Beschäftigten
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schwanenstraße 30 44135 dortmund t: 0231/5860915 f: 0231/5860921
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„radioaisle“, das ist Multitalent Ilias Ntais – Ingenieur und Programmierer, Musiker, Komponist und Filmemacher („Jazzsoup“ über das Jazzorchester „The Dorf“). Ein Live-Musikerlebnis zwischen melancholischen Songs und polyphoner Improvisation: 1 Mann, 1 Gitarre, 2 Mikrofone, 3 Verstärker und eine große Anzahl Effektgeräte. Der ganze Raum wird zur Installation: „radioaisle“ kreiert seine loopbasierten Klangstrukturen in einem Ozean von leuchtenden Papierbooten. Wir freuen uns auf ein einzigartiges Konzerterlebnis.
¬ Wie an jedem dritten Samstag findet auch im November unsere soziale Stadtführung in Bochum statt. Am 16.11. beginnt um 11 Uhr an der bodo-Anlaufstelle Stühmeyerstraße 33 eine Stadttour der anderen Art. Wie verbringen eigentlich Menschen auf der Straße ihren Tag? Wo halten sie sich auf, welche Angebote und Hilfen gibt es? Wie sieht die Stadt aus der Sicht der „Menschen am Rand“ aus? Bei bodos sozialer Stadtführung zeigen Verkäufer des Straßenmagazins „ihr“ Bochum. „Teilnahmegebühr“ ist der Kauf eines Straßenmagazins bei einem unserer Stadtführer. Telefonische Anmeldung unter: 0231 – 950 978 0.
INFORMIERT Wir behaupten von uns, dass wir der günstigste Bastelladen in ganz NRW sind. Wir führen ein umfangreiches Sortiment an: SCHMUCKZUBEHÖR z.B. Swarovskisteine, Roncalliperlen, Strass, Glas- und Holzperlen u.v.m. BASTELZUBEHÖR z.B. Tonpapier -karton, Styropor, Acryl, Streuartikel u.v.m. KÜNSTLERBEDARF z.B. Keilrahmen, Farben, Pinsel u.v.m.
ACHTUNG Wir haben die größte und günstigste Wollabteilung der Firma „Max Gründl“ in Dortmund.
Unser Weihnachtsmarkt ist eröffnet !
¬ bodo präsentiert: Koch und Gast. Am 28.11. ist bei Thomas Kochs Lesereihe im Fritz-HenßlerHaus gegenüber dem bodo-Vereinssitz am Schwanenwall Fritz Eckenga zu Gast: „Ein Abend mit mindestens zwei Dortmunder Silberrücken auf freier Wildbahn.“ Karten an allen Vorverkaufsstellen.
¬ Und weil sich die Weihnachtszeit bereits ankündigt: Vom 25. – 28.11. sind wir auf dem Herner Weihnachtsmarkt mit unseren motorgesägten Weihnachtssternen, toller Deko, Taschen und Bü-
Da wir so günstig sind und über große Mengen verfügen, sind ein Großteil unserer Kunden Kindergärten, Schulen, Jugend- und Seniorenheime, Kirchengemeinden aber auch Privatpersonen.
chern. Weitere Weihnachtsmarkt-Termine im Dezember. Mehr auf www.bodoev.de 11
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RECHT | von Rechtsanwalt René Boyke
Verbraucherschutz: Abmahnungen werden billiger
Ilias Ntais Musiker, Ingenieur, Teil des griechischen Braindrains
An dieser Stelle habe ich bereits darüber be-
„Man verlässt ein brennendes Haus dann, wenn
nagement und macht, wie könnte es anders sein,
richtet, wie man auf Abmahnungen wegen
man keine Möglichkeit mehr sieht, etwas zu
weiterhin Musik. In Griechenland war seine be-
privaten Herunterladens urheberrechtlich
retten”. Ilias Ntais, in Graz geborenes Multita-
kannteste Band das Familyguys-Quartett. Die vier
geschützter Werke reagieren kann. Seitdem
lent, Mutter Österreicherin, Vater Grieche, leb-
Musiker brachten es zu regionalem Ruhm, wurden
hat sich einiges getan, denn im Oktober sind
te seit seinem fünften Lebensjahr auf Kreta.
in Campusradios gespielt und traten bei Festivals
endlich neue Regelungen für derartige Abmahnungen in Kraft getreten.
Er studierte, wurde Ingenieur, spielte in Bands, hatte eine Radiosendung, war politisch aktiv. Vor
auf. Allerdings dachte im Quartett niemand außer Ntais an eine größere Zukunft.
Während für das private Herunterladen ei-
etwa sechs Jahren fasste er den für ihn unum-
Die Radiosendung, die er zur gleichen Zeit mit
ner Serienepisode, eines Kinofilms oder ei-
kehrbaren Entschluss, Griechenland den Rücken
einem Kostas Karamix genannten Partner mode-
nes Hörbuchs jahrelang Streitwerte in Höhe
zu kehren. Viele glaubten ihm damals nicht, dass
rierte, hieß „Radioaisle“, nach dem einzigen Ins-
von 10.000 Euro gerichtlich abgesegnet
es dort so schlimm werden könnte, wie er es
trumentalstück der von beiden hoch geschätzten
wurden, gilt nun für die erste Abmahnung
ihnen prophezeite. „In mancherlei Hinsicht kam
Band Radiohead. „Aisle ist ein selten benutztes
in der Regel nur noch ein Streitwert in Höhe
es schlimmer“, sagt er heute.
englisches Wort für Flur oder Warteraum”, über-
von 1.000 Euro. Konkret bedeutet dies sehr viel geringere Anwaltskosten: Eine erste urheberrechtliche Abmahnung wird damit grundsätzlich nicht mehr Anwaltsgebühren als 147,56 Euro – statt zuvor 887,03 Euro – hervorrufen. Doch Obacht: Ein gerichtlich ausgetragener Rechtsstreit kann dennoch weiterhin sehr kostenintensiv werden.
Ilias Ntais denkt und schafft auf der Überholspur. Auch in seiner Wahlheimat zwischen Rhein und Ruhr hat ihn seine immense Umtriebigkeit des öfteren an den Rand des Burnouts gebracht. Manchmal darüber hinaus. Kaum jemand kann das besser einschätzen als er selbst. „Mein Sternzeichen ist der Zwilling”, erklärt er die scheinbare Zwangsläufigkeit, mit welcher behauptete Unver-
setzt Natis. „Orte, wo Menschen zusammenkommen, um dort mit gemeinsamer Intention eine gewisse Zeit zu verbringen, ohne sich zu kennen. Eine solche Atmosphäre wollten wir kreieren. Es waren die letzten Jahre, in denen das Radio Entdeckungscharakter hatte. Internet killed the radiostar. Wir waren bei einem engagierten Privatsender beschäftigt, der auch deswegen gehört wurde, weil er sich politisch positionierte. Es gab
Weiterhin positiv: Die Abmahner können nun
einbarkeiten unter seiner Regie in oft aufreiben-
nicht mehr vor jedes beliebige deutsche Ge-
der, öfter fruchtbarer Symbiose zueinanderfinden.
richt ziehen, sondern müssen – so wie es bei
Derzeit arbeitet er als Produzent (zuletzt für
den meisten anderen Rechtsstreitigkeiten
„Jazzsoup”, einen Film über The Dorf, vgl. bodo
völlig normal ist – den Abgemahnten nun
2/13), entwickelt mit „Orchestar“ die Software
Ntais berichtet in diesem Zusammenhang von öko-
an dessen Wohnort verklagen. Damit dürfte
für ein vollkommen neuartiges Orchesterma-
nomischen und psychologischen Auswirkungen der
wirksam verhindert werden, dass die Abmahner sich weiterhin massenhaft die Gerichte mit der allein für sie günstigen Rechtsauffassung aussuchen. Wurden früher Verbraucher durch Unternehmen unberechtigt oder unwirksam abgemahnt, dann hatte der Abgemahnte, der sich durch einen Rechtsanwalt beraten ließ, praktisch keine Chance, sich die Rechtsanwaltsgebühren von dem Abmahner erstatten zu lassen. Auch dies wurde zugunsten der Verbraucher geändert. Durch das sogenannte Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken wurden erfreulicherweise noch weitere Verbraucherärgernisse beseitigt. Beispielsweise sind nun Werbeanrufe durch automatische Telefonanrufmaschinen verboten. Auch sind telefonisch geschlossene Verträge über Gewinnspiele nur noch wirksam, wenn der Vertrag dem Verbraucher in Textform – beispielsweise per Telefax oder E-Mail – angezeigt worden ist. (rb) www.kanzlei-boyke.de 12
KULTUR | von Wolfgang Kienast | Foto: Daniel Sadrowski
einflussreiche Leute, denen das missfiel, woraufhin dem Sender die Frequenz entzogen wurde und er verkauft werden musste.”
13
WILDE KRÄUTER | von Wolfgang Kienast
Nato-Basis Kreta auf die ansässige Bevölkerung, den Folgen der Olympischen Spiele 2004, in denen er, was
wildkraeuter.bodo/36_wiesenlabkraut/
niemand zugeben würde, einen wesentlichen Faktor für den wirtschaftlichen Niedergang des Landes
Jemand hatte mir vor einigen Jahren
Wildkräuterführungen über Bürgersteige
sieht, vom Leben dort, wo nur wenigen, vor der Krise
„Das Ölschieferskelett“ von Bernhard
und Bordsteinkanten geleitet. Ich war
bereits Wohlhabenden, eine gesicherte Existenz
Kegel empfohlen, und nach der Lektü-
überrascht, wie viele Arten wir gefun-
gegeben sei und das selbst für ihn in der Vehemenz
re sollte mir dieser Jemand keine Tipps
den haben, ohne lang suchen zu müssen.
unerwartet heftige Auftreten paramilitärischer Nazi-
mehr geben und ich wollte von Kegel
Darunter viele essbare. Mehr als zwanzig
organisationen. Seine Gründe, das Land zu verlassen,
nichts mehr lesen. Allerdings hat der ne-
waren es an einem Karree in der Dort-
die Insel Kreta, die auf der anderen Seite Flüchtlin-
ben Romanen auch ein paar Sachbücher
munder Nordstadt. Okay, ich würde nicht
gen aus Afrika als Ort der Hoffnung gilt.
geschrieben und ein Interview anlässlich
mit Gänseblümchen kochen wollen, die
der Veröffentlichung seines aktuellen
an der Münsterstraße wachsen, aber es
„Tiere in der Stadt“ fand ich ansprechend
ist schön zu wissen, dass sie dort stehen.
genug, es noch einmal mit ihm zu versu-
Wiesenlabkraut könnte man rein theore-
chen. Ich habe es nicht bereut.
tisch auf den ovalen Grünflächen vorm
Ein solcher war zur Zeit der industriellen Revolution für viele Einwanderer das Ruhrgebiet, weswegen Ntais durchaus Parallelen zu Kreta sieht, er dem Revier eine gewisse Inselsituation attestiert.
„U“ in Dortmund sammeln, doch gibt es
Hier tritt er, erneut unter dem Namen Radioais-
Kegel sei ein Meister darin, komplizier-
le, seit einigen Jahren auch als Solomusiker in
te Sachverhalte in spannende Geschich-
Erscheinung. Auf der Bühne begleitet er sich mit
ten zu verwandeln, meinte ein Kritiker.
Für das folgende Rezept benötigen Sie
Loop- und Effektgeräten. Dabei entstehen Song-
Ja, auch das ist richtig. Allein, weil er
neben besagtem Kraut ein halbes Kilo
Mutationen, mäandernde Geräuschlandschaften
antiinflationär keinen gefühlt tausend-
Pellkartoffeln. Teilen Sie diese mit der
und Audioschleifen von suggestiver Kraft. 2010
sten Beitrag zu hauptstädtischen Wild-
Gabel in mundgerechte Stücke und geben
erschien mit „Postscript“ eine erste LP, zwei wei-
schweinrotten geliefert hat, konnte der
Sie sie in eine gebutterte Auflaufform.
tere sind in Arbeit. „Schallplatten sind für mich
Berliner Autor bei mir punkten. Statt
Darüber verteilen Sie 50g Wiesenlab-
wie Postkarten. Eine Mischung aus Haiku-Gedicht,
dessen: Füchse und Vögel. Und Insek-
krauttriebspitzen – Labkräuter habe ich
Polaroid-Fotografie und einer Musik, die hoffent-
ten. Und Parasiten. Ökosystem Bett – die
in der September-bodo vorgestellt. Ver-
lich universell interessante Geschichten erzählt.”
Renaissance der Bettwanze. Ein Kaleido-
quirlen Sie zuletzt ein Ei mit 200g Sah-
Nicht nur unser Pressefoto, auch das Cover von
skop an Empfindungen fächert sich auf.
ne, schmecken Sie die Mischung mit Salz,
„Postscript” entstand im Dortmunder Hafen. Wasser, Inseln, Schiffe. Es braucht seine Zeit, doch bei Ntais schließen sich die Kreise. (wk)
Doch der eigentliche Grund, weswegen ich dieses Buch in meiner Kolumne lobend erwähne, sind die Anmerkungen zur städti-
INFO Live am Freitag, 29. 11., 19.30 Uhr, bodos
schen Flora. Sich eine Stadt ohne Tiere zu
Bücher, Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund
denken, sei schwierig genug, schreibt Ke-
bodo verlost je 3 x „Postscript“ als LP und CD
gel, aber eine ohne Blumen und Bäume?
(siehe S. 21).
Im Gegensatz zu vielen ländlichen Regionen seien Städte mittlerweile ein Garant für botanische Artenvielfalt, belegt allein durch die deutlich höhere Anzahl Samen unterschiedlicher Pflanzen an stadtauswärts führenden Fahrspuren im Vergleich zur Gegenrichtung. In ökologischer Hinsicht sei es wohl ratsamer, statt Mittelstreifen und Baumscheiben mit Hübschem aus dem Gartencenter zu begrünen, hier die Natur sich selbst zu überlassen.
klar appetitlichere Stadtorte.
schwarzem Pfeffer und etwas Muskat ab und gießen Sie alles über die Kartoffeln. Nach etwa 15 Minuten bei 200 Grad im vorgeheizten Backofen haben Sie eine Beilage zu Fisch oder hellem Fleisch, die mit ihrem frischen Charakter schon im November an das kommende Frühjahr denken lässt. Es gibt sonst nicht viele essbare Wildkräuter, welche nahezu das ganze Jahr über gesammelt werden können; andere wären zum Beispiel Vogelmiere oder eben das Gänseblümchen. Ein Rezept mit letzterem verrate ich Ihnen in unserer Dezember-Ausgabe. Denn dem „Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens“ zufolge erhielt das hübsche Pflänzchen seine Farbe nach einem Kuss vom Jesus-
Während der letzten
kind, was ja irgendwie zu Weihnachten
Monate habe ich
passt. (wk)
gelegentlich
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KULTUR | von Bastian Pütter | Foto: Markus Kirchgessner
Europäer sein Chamisso-Preisträger lesen bei bodo
„Und Dich, mein lieber Chamisso, hab ich zum Bewahrer meiner wundersamen Geschichte erkoren, auf dass sie vielleicht, wenn ich von der Erde verschwunden bin, manchen ihrer Bewohner zur nützlichen Lehre gereichen könne. Du aber, mein Freund, willst Du unter den Menschen leben, so lerne verehren zuvörderst den Schatten, sodann das Geld. Willst Du nur Dir und Deinem bessern Selbst leben, o so brauchst Du keinen Rat.“ So endet „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“, der wohl bekannteste Text des Deutsch-Franzosen Adelbert von Chamisso (geb. 1781), des adeligen Flüchtlings und eigensinnigen Aufklärers. Peter Schlemihl hat seinen Schatten eingetauscht gegen Reichtum – und das Ausgeschlossensein. Mit ihm geht es so lange bergab, wie er hofft, alles würde irgendwann wieder beim Alten sein. Am Ende verzichtet Schlemihl auf den Reichtum und seinen Schatten, wird belohnt mit den märchenhaften Siebenmeilenstiefeln und lebt ein freies, neues Leben. Chamisso war ein Grenzgänger, im wahrsten Sinne. Ein privilegierter Adliger, der seine Heimat verlassen musste, und ein liberaler Bürger, der drastische sozialkritische Gedichte verfasste. Ein Franzose, der auf Deutsch schrieb und als erster die Gedichte von Hans Christian Andersen aus dem Dänischen übersetzte. Ein Europäer. Ihm widmete die Robert Bosch Stiftung bereits 1985 einen in seiner Art einzigartigen Literaturpreis, der Autorinnen und Autoren ehrt, die „vor dem Hintergrund ihres eigenen Sprach- und Kulturwechsels Aspekte interkultureller Existenz sprachkünstlerisch gestalten“. Migration ist der Normalfall menschlicher Existenz. Wie wir das in unseren jeweiligen Lebensumfeldern immer wieder aus dem Blick geraten lassen, vergisst auch die Behauptung von „Nationalkulturen“ zu oft, dass diese alles andere sind als Inseln, sondern durchzogen von Einflüssen des vermeintlich „Fremden“, das sie erst zu dem werden lässt, was sie sind. Gerade am Beispiel des Chamisso-Preises lässt sich nachzeichnen, wie innerhalb weniger Jahrzehnte aus „Gastarbeiterliteratur“ „Migrationsliteratur“ und dann ein unverzichtbarer Bestandteil deutscher Gegenwartsliteratur geworden ist – „Chamisso-Literatur“. Die diesjährigen Preisträger sind exemplarisch für die junge Generation von Europäern: Marjana Gaponenko, die Hauptpreisträgerin, wurde 1981 in Odessa in der Ukraine geboren und studierte dort Germanistik. Sie lebte in Krakau und Dublin und nun in Wien und Mainz, seit 1996 schreibt sie auf Deutsch. Ihr Roman „Wer ist Martha?“ bringt scheinbar Unvereinbares zusammen: Er ist ein Schelmenroman über das Sterben – eine Entdeckung des letzten Jahres. Die aus Tirana in Albanien stammende Anila Wilms kam 1994 als Stipendiatin nach Berlin und verfasste hier ihren ersten Roman „Das albanische Öl oder Mord auf der Straße des Nordens" – auf Albanisch und auf Deutsch. Matthias Nawrat, 1979 in Opole, Polen, geboren, kam als Zehnjähriger nach Bamberg, studierte Biologie und arbeitet als Wissenschaftsjournalist, Kulturkritiker und Autor. Er lebt in Berlin. Sein Roman „Wir zwei allein“, ein Liebesroman aus der „Generation der Unentschlossenen“, erzählt von einem „vegetarischen Amour fou in Freiburg“, wie die FAZ es formuliert.
¬
Die Preisträger stehen stellvertretend für die Idee, die Wolfgang Herles in seiner Laudatio auf
Am 14. November sind Anila Wilms,
Marjana Gaponenko so formulierte: „Was wäre geschehen, hätte sich in Europa die Demokratie
Marjana Gaponenko und Matthias
nicht unseligerweise mit dem Nationalismus verbündet! Das ist es, was sich die Generation Marjana
Nawrat zu Gast am Schwanenwall.
Gaponenkos heute nicht mehr nehmen lässt: ein weitgehend grenzenloses, freies Europa, frei auch von den verheerenden Ideologien.“
INFO 14. November, 19.30 Uhr: Lesung von Marjana Gaponenko, Anila Wilms und Matthias Nawrat bei bodo, Schwanenwall 36 – 38. Eintritt: 5 Euro. Im Rahmen der Chamisso-Tage an der Ruhr, die der Verein für Literatur Dortmund e.V. mit dem Kulturbüro und der Robert Bosch Stiftung organisiert, gibt es eine Vielzahl spannender Veranstaltungen. Die Chamisso-Tage werden abgeschlossen mit einer großen Gala am 15. November innerhalb des LesArt.Festivals in den Räumen des Jazzclubs domicil. Mehr auf www.chamissoruhr.de bodo verlost 2 Exemplare des Romans „Wer ist Martha?“ von Marjana Gaponenko (siehe S. 21).
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Ungeliebte Nachbarn Roma in Duisburg Duisburg w채chst: Dank der ungebrochenen Zuwanderung aus Bulgarien und Rum채nien hat die Stadt nach Jahrzehnten des Einwohnerverlustes den Trend umgekehrt. Die Freude dar체ber h채lt sich indes in Grenzen.
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16 DAS INTERVIEW | von Billy Briggs | Foto: Trond Ola Tilseth
»Sucht ist nicht nur die Droge selbst« Trainspotting-Autor Irvine Welsh im Interview
Für den schottischen Autor Irvine Welsh ist das
Gründe zu finden und die großen Veränderungen
sie waren entfremdet, deshalb gab es eine riesi-
Konzept der sozialen Straßenzeitungen „eine
zu zeigen: das Ende der schottischen und briti-
ge Nachfrage.
der größten sozialen Errungenschaften der ver-
schen Großindustrie, die Dominanz rechter und
gangenen 20 Jahre“. Welsh, der heute in Chi-
neoliberaler Ideen. Wie sich das auf Gesellschaft
INSP Auch Sie waren süchtig – wie kamen Sie
cago lebt, war zu Besuch in seiner Heimatstadt
und auf Familien ausgewirkt hat, unter welchem
da heraus?
Edinburgh in Schottland. Dort sprach er mit dem
Druck die standen.
Internationalen Netzwerk der Straßenzeitungen über seinen neuen Roman „Skagboys“, der die Vorgeschichte der Figuren aus seinem Bestseller „Trainspotting“ beschreibt, und über die Bewältigung seiner Drogenabhängigkeit. INSP War es für Sie schwierig, nach so langer Zeit die Figuren aus Trainspotting für Skagboys wiederzubeleben? Irvine Welsh Schon, aber ich hatte so viel Material übrig, das ich immer schon verwenden wollte. Es war irgendwie seltsam, weil ich die Figuren ja ein paar Jahre vor der Geschichte von Trainspotting zeige, ein paar Jahre jünger. Bei Trainspotting war ich 28 und schrieb über 24jährige. Bei Skagboys war ich ein 50 Jahre alter Typ, der über
Welsh Weil ich jetzt älter bin, kann ich dar-
All das machte aus einer Arbeitergesellschaft auf
auf zurückblicken und erkennen, was dahinter
eine Art eine Drogengesellschaft, wo die Haupt-
stand: Sucht ist nicht nur die Droge selbst.
einnahmequellen in den Wohnanlagen, in denen
Jede Art Abhängigkeit hat einen Hintergrund,
ich aufgewachsen bin, heute aus dem Untergrund
der nicht von der Droge selbst stammt.
kommen. Ich kann mich erinnern, in meiner Kindheit haben alle gearbeitet. Nur wenige bezogen Arbeitslosengeld, lebten vom Staat, und wenige waren für all die fragwürdigen Geschäfte verantwortlich und dealten mit allem, was sich dealen ließ.
Ich hatte Probleme – Todesfälle in der Familie, zerbrochene Beziehungen. Und ich hatte nicht wirklich das emotionale Vokabular, um meine Gefühle darüber zu artikulieren. Heute weiß ich, zum Beispiel, wenn mich meine Frau verlassen würde: Das Allerletzte, das mir einfallen würde,
Als der Arbeitsmarkt kollabierte und es keine
wäre, mir Drogen zu beschaffen oder auch nur,
Lehrstellen mehr gab, waren auf einmal alle ar-
mich in einer Bar sinnlos zu betrinken. Damals
beitslos und nur die Untergrundwirtschaft war
kannte ich einfach nichts anderes.
noch da: Diebstahl, Betrug und vor allem Drogen, denn den Menschen ging es schlecht und
Viele Menschen, die das irgendwie durchgestanden haben – Leute wie ich, deren Probleme sich
das Leben von 22jährigen schrieb. Eigentlich ist
mit der Zeit gelindert haben – mussten erst mal
es ein historischer Roman, weil sich die Situa-
die körperliche Sucht loswerden, aber das ist
tion so verändert hat. Ich musste viel über die
nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, wenn
1980er recherchieren, um mich wieder einleben
es nach dem Entzug keinen neuen Weg gibt. Kei-
zu können, obwohl ich das Jahrzehnt doch selbst
ne Alternative im Leben, keine Möglichkeiten,
durchlebt habe.
etwas aus sich zu machen, keine Arbeit – wie
INSP Wovon handelt Skagboys?
Irvine Welsh | Skagboys Heyne Verlag | 832 Seiten
findet man da einen neuen Platz im Leben, in der Welt?
Welsh Wir wissen ja, was den Figuren in Trainspot-
24,99 Euro
(Billy Briggs, übersetzt von Susanne Koch,
ting passiert, also war Skagboys eher ein Versuch, 16
ISBN: 978-3453268876
www.street-papers.org, INSP)
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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt
Es gibt Namen, die muss man sich nicht merken. Gewinner von Castingshows. Oder finnische Firmenzerstörer wie Outokumpu. Die Schweraussprechliche hatte kürzlich erst die großartige Nirosta-Produktion von ThyssenKrupp in Bochum übernommen. Nirosta, das hatte Klang, das strahlte wie die gleichnamige Spüle, nachdem Oma mit Ata noch mal drangegangen war. Hatte, hatte, Holzzaunlatte. Hatte auch vertraglich, also mit einem nahezu heiligen Tarifvertrag, zugesichert die Arbeitsplätze bis mindestens 2016 zu erhalten, wofür man sich jetzt bei Outokumpu nicht mehr interessiert. Allein, die spinnen, die Finnen. Sie sprechen eine merkwürdige Sprache, die kaum jemand versteht. Je nach Tageszeit nicht mal sie selbst. In Finnland ist es oft dunkel, weshalb der Finne in der Sauna sitzt und selbstgebrannten Wodka säuft. In dem Zustand gründet er die Firma Nokia, die zunächst Gummistiefel herstellt, mit denen man später auch telefonieren kann. So wird man Marktführer, geht dann aus Bochum weg und ist kurz darauf praktisch pleite. Welch ein Vorbild für die Edelstahlzerstörer, auf das sie vielleicht dezent mal jemand von der IG Metall hinwiesen sollte. Nokia, Opel, Outokumpu, der Steiger Award und Wolfgang Clement. Sie alle zog und zieht es weg aus Bochum und quasi postwendend in den Abgrund. Bochum aber hat eine Oberbürgermeisterin, die all das stellvertretend überlebt. Als Trümmerfrau des 21. Jahrhunderts schon jetzt Stilikone. Niederlagen trägt sie mit Würde. Selbst wenn der VfL in der zweiten Liga ergraut, man verzweifelt nicht. Man trägt mit Ironie. Wo andere Städte sich mit Hochglanzbroschüren zu Metropolen hochlügen, gibt das Presseamt hier ein Buch heraus, Titel: „Trotz Cholera, Krieg und Krisen – Bochum“. Man bleibt bei aller Verachtung für das finnische Firmengebaren gelassen. Unruhe käme erst auf, wenn Outokumpu Peter Neururer zum Personalchef ernennt.
Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.
Je mehr Mitglieder die AWO hat, desto mehr kann sie in der Gesellschaft bewirken. Desto eher kann sie Menschen helfen, die Hilfe brauchen.
Werden auch Sie Mitglied in der AWO! Unterbezirk Dortmund
Unterbezirk Ruhr-Mitte
Unterbezirk Unna
Klosterstraße 8 -10 44135 Dortmund 0231- 99 340
Bleichstr. 8 44787 Bochum 0234 - 96 47 70
Unnaer Straße 29a 59174 Kamen 02307- 91 22 10
www.awo-ww.de
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DER KOMMENTAR | von Bastian Pütter
NEWS | von Bastian Pütter
Der Druck steigt
Freie Szene: „Macht euren Job!“
Raumkampf im Fanblock
Vorfälle im Oktober
Schreiben sie so dahin, die KollegInnen
Die freie Bochumer Kulturszene,
In den letzten Monaten häufen sich
In der Nacht zum 9. Oktober wurde
von WAZ bis Welt. Der Druck steigt. Sobald
darunter etwa Frank Goosen, Ben
Angriffe rechter Hooligans auf zivil-
in einem ausschließlich von Roma
es um Flucht und Vertreibung geht, wird
Redelings, Thomas Zehnter und
couragierte Fangruppen.
bewohnten Haus in Duisburg-Hoch-
die Sprache blumig und Dinge handeln,
Organisationen wie Kulturbahnhof
Als Auslöser gilt die erfolgreiche
heide Feuer gelegt. Die Feuerwehr
nicht Menschen. Bislang saßen wir ja meist
Langendreer, prinz regent theater
gewaltsame Vertreibung der antiras-
konnte 42 Bewohner retten. Die Po-
im Boot, das war gern voll. Aber seit die
und der Bochumer Kulturrat, kriti-
sistischen Aachen Ultras (ACU) aus
lizei sieht „keinen Hinweis auf frem-
Ertrinkenden im Mittelmeer zumindest
sieren das neue Sponsoringkonzept
dem Stadion durch die rechtsextre-
denfeindlichen Hintergrund“.
streckenweise mediale Aufmerksamkeit be-
der Stadtwerke Bochum.
me „Karlsbande” – ohne Widerstand
In Güstrow (Landkreis Rostock) wur-
kommen, sitzt Afrika im Boot und wir im
Nach der Affäre um Medienunterneh-
der Vereinsführung. In Braunschweig
de am Morgen des 12. Oktober ein
Kessel. Unter Druck.
mer Hellen sahen sich die Stadtwerke
griffen beim Auswärtsspiel in Glad-
Flüchtlingsheim mit Feuerwerkskör-
dem Vorwurf der Verschwendung öf-
bach 60 rechte Hooligans die Fan-
pern angegriffen. Die Polizei teilte
fentlicher Gelder ausgesetzt. Nach-
gruppe „Ultras Braunschweig" (UB)
mit, dass lediglich „die Beschaffen-
dem die Stadtwerke „über Jahrzehn-
unter antisemitischen Beschimpfun-
heit des Raumes“ eine Ausbreitung
te in lobenswerter Weise Projekte in
gen an. Der Verein untersagte darauf
des Feuers verhindert habe. Sie er-
den Bereichen Kultur, Bildung, Sozi-
den Opfern, weiterhin als Gruppe im
mittelt in der rechten Szene.
ales und Sport gefördert” hätten, so
Stadion aufzutreten.
Am 15. Oktober versuchten Unbe-
die Kritik, sei dies durch eine schein-
Im Oktober überfielen nach dem
kannte, eine ehemalige Berufsschu-
demokratische Internet-Abstimmung
Drittligaspiel MSV Duisburg gegen
le im brandenburgischen Premnitz
ersetzt worden, „bei der es vor allem
den 1. FC Saarbrücken rund dreißig
anzuzünden, die für den Bezug von
um die größtmögliche Demutsgeste
Schläger der rechten „Division” eine
Flüchtlingen vorgesehen ist.
gegenüber der Öffentlichkeit” ge-
andere Duisburger Fan-Gruppe, die
Am 18. Oktober wurde die Walter-
gangen sei. Langjährig geförderte
„Kohorte”, die sich gegen Homo-
Pleitgen-Schule in Essen-Frintrop
Institutionen, mit deren überregio-
phobie, Rassismus und Diskriminie-
zum wiederholten Mal mit Metall-
nalen Erfolgen sich die Stadtoberen
rung positioniert. Es gab mehrere
geschossen beschädigt. Die Stadt
gern schmücken, fielen dabei plötz-
Verletzte, unter der Tätern waren
plant, in der Schule Flüchtlinge un-
Und hier steigt der Druck? Deutschland
lich durchs Raster.
wohl auch Mitglieder des verbote-
terzubringen.
hat Flüchtlingsunterkünfte geschlossen,
Die Unterzeichner fordern den Dia-
nen „Nationalen Widerstands Dort-
In der Nacht zum 21. Oktober wurde
personelle Ressourcen abgebaut und pole-
log mit Stadtwerken und Stadt ein:
mund”. Mitte Oktober verhinderten
in einem Obdachlosen- und Asylbe-
misiert nun in Gestalt seiner „Innenexper-
„Wir wünschen uns ein kulturpoliti-
Hooligans des Regionalligisten Rot-
werberheim in Wehr (Baden) ein Brand
ten“ gegen Wirtschaftsflüchtlinge, Schleu-
sches Konzept, das die handelnden
Weiss Essen die Vorführung der Na-
gelegt, in der gleichen Nacht gab es ei-
ser und EU-Partner. Leichtes Spiel, denn
Personen mit ins Boot nimmt. Wir
zimusik-Dokumentation „Blut muss
nen Brandanschlag auf ein Kulturzen-
seit Deutschlands Asyltrick vor zwanzig
fordern Dialog und Transparenz.”
fließen“ durch das AWO-Fanprojekt.
trum für Sinti und Roma in Oldenburg.
Aber was heißt das eigentlich? Nach Deutschland kommen wieder mehr Flüchtlinge. Inzwischen so viele wie 2003, bei weitem nicht so viele wie in den 15 Jahren davor. Allein aus Afghanistan, Somalia, Irak und Syrien sind weit über sechs Millionen Menschen geflohen. Kriegsflüchtlinge aus Ländern, in denen die internationale Gemeinschaft, mit oder ohne Beteiligung der Bundeswehr, kläglich versagt hat, das Leiden einzudämmen. Sie kommen unter in den ärmsten Ländern der Welt. Mehr als eine halbe Million in Kenia, eineinhalb Millionen in Pakistan. Einige schaffen es nach Europa.
Jahren ist es umgeben von einem Schutzwall vermeintlich sicherer „Drittstaaten“. Wer nicht in Frankfurt landet oder mit dem Fallschirm abspringt, hat fast keine Chance, hier zu bleiben. Unbeeindruckt davon wird der Notstand inszeniert, und in Internetkommentaren kommt der Deutsche zu sich selbst: Hundertfach werden auf den Internetportalen und Facebook-Seiten von N24, RTL oder Stern die Toten von Lampedusa verhöhnt („ein paar hundert Schmarotzer, die uns nichts mehr kosten“) und die Brandreden der Innenminister in Umgangssprache übersetzt („Raus aus unserem Land mit dem Abschaum“). Der Druck steigt. Aber vielleicht ist, was hier aus den Fugen gerät, die deutsche Zivilgesellschaft, und der Druck kommt von innen. (bp)
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SKOTTS SEITENHIEB
SOZIALES | von Bastian Pütter | Fotos: Dirk Planert
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Mehr als eine Bäckerei Neue Hoffnung für Srebrenica
Srebrenica, die vergessene Stadt der Über-
viert und der Laden eingerichtet, Wasser-
lebenden des Bosnienkrieges, hat seit we-
leitungen und die gesamte Elektrik wurden
nigen Wochen eine Bäckerei, die einzige.
erneuert. Die Maschinen für die Bäckerei
Nach Geschäftsschluss verteilt sie Brot an
habe ich hier besorgt – als Spenden.“
die Ärmsten – und neue Hoffnung. Dafür verantwortlich: ein Dortmunder Journalist.
Sechs Arbeitsplätze wird es geben, vorerst. Die zusätzliche Ausgabe von Brot an Arme
„Es stimmt nicht, dass man nichts machen
möchte Planert mit Patenschaften finanzie-
kann“, hatte uns Dirk Planert Anfang des
ren. „Avdo und sein Team werden ihre Ar-
Jahres im Interview gesagt (bodo 01.13).
beitskraft und die Bäckerei zur Verfügung
Und er wusste, wovon er sprach. Als junger
stellen und wir das Mehl zahlen, um einfach
Mann hatte er Anfang der 1990er Jahre in
mehr Brot verteilen zu können.“ Inzwischen
den Balkankriegen als humanitärer Hel-
stehen 27 serbische und 33 muslimische Fa-
fer sein Leben riskiert. Allein hatte er eine
milien auf der Liste für kostenloses Brot.
Hilfsorganisation mit 400 Ehrenamtlichen Die gespendeten Bäckereimaschinen werden geliefert.
aus dem Boden gestampft und unter Be-
Das Vertrauen der Menschen vor Ort gewon-
schuss Medikamente und Lebensmittel unter
nen zu haben, sei das Entscheidende, sein
anderem in den Kessel von Bihac‘ gefahren.
eigentliches Kapital. „Ich sag es so: Dahin
Gezeichnet vom Krieg war er zurückgekehrt
zu gehen, irgendwas abzuladen und dann zu
und hatte versucht, Bosnien zu vergessen. In
gucken, wie andere es verteilen, funktioniert
Dortmund kannte man ihn 14 Jahre lang als
definitiv nicht!“ Die Erfahrungen mit den in-
eine Radiostimme des Lokalsenders 91.2.
ternationalen Hilfsleistungen nach den Kriegen zeigten: Man müsse es selbst tun, direkt
Vor einem Jahr entschied er, als Journalist
und gemeinsam mit den Menschen vor Ort.
noch einmal zurückzukehren nach Bosnien
Avdo Suljic, Srebrenicas neuer Bäcker.
und an den Ort des schrecklichsten Kriegs-
Und es geht weiter. Sein zweites Ziel ist es,
verbrechens in Europa seit dem Zweiten
das marode Krankenhaus stückweise auszu-
Weltkrieg: Srebrenica. 8.000 Jungen und
bauen. Dazu kommen Einzelfallhilfen. Pla-
Männer liegen auf dem riesigen Friedhof der
nert versorgt Familien mit Medikamenten
Kleinstadt, systematisch ermordet von der
und organisiert die Operation einer jungen
Armee der Republika Srpska unter der Füh-
Frau. Und er erzählt von Vahid Mesanovic,
rung von Ratko Mladic‘ .
der in seinem kleinen Haus ohne Strom lebt und hungert. Statt Brot erhielt er 200 Küken
Dirk Planert reiste als Journalist und kam
und Futter – eine winzige Startinvestition
zurück als Helfer. Erschüttert berichtete
für einen kleinen landwirtschaftlichen Be-
er uns im Januar von der Stadt, die außer
trieb und eine wirkliche Chance.
dem Friedhof nur aus Hoffnungslosigkeit
Das erste Brot wird gebacken.
zu bestehen schien: „Einmal im Jahr ist
„Mit dem einfachen Gedanken: Es ist sicher-
Srebrenica voller Menschen: Wenn man der
lich sinnvoll, die arbeitslosen Menschen in
Toten gedenkt. Nur die Lebenden hat man
den Dörfern, die ihre Kinder nicht ernähren
vergessen.“ Es fehlt an vielem, vor allem an
können, mit Soforthilfe zu unterstützen.
Arbeit. Nicht einmal eine Bäckerei gab es.
Langfristig ist es aber sinnvoller, dafür zu
Er kündigte seinen festen Job, um als freier
sorgen, dass sie arbeiten können. Das hat ja
Journalist mehr Zeit für seine neue Aufgabe
auch was mit Menschenwürde zu tun.“
zu haben: „Help Srebrenica“. In einer Region, in der der Hass zwischen Planert erzählte uns, er habe Menschen
Serben und Muslimen sich tief in alle sozi-
getroffen, die im Müll nach Essbarem such-
alen Beziehungen gefressen hat, wirkt Pla-
ten, und er habe Avdo kennengelernt, ei-
nerts Bedingung für die Arbeit vor Ort fast
nen arbeitslosen Bäcker. Ihm versprach er:
naiv: „Zajedno“ – „Gemeinsam“. Bei ihm ar-
„Wir machen eine Bäckerei auf.“ Nicht ein-
beiten Serben und Muslime Hand in Hand.
mal ein Jahr ist vergangen. „Geglaubt hat
Ein Anfang für ein ganzes Land. – Es stimmt
mir am Anfang niemand“, lacht Planert.
nicht, dass man nichts machen kann. (bp)
„Aber letzten Freitag haben wir eröffnet. „Humnanitäres Brot“ für die Armen der Stadt.
Für nicht einmal 8.000 Euro wurde reno-
INFO www.helpsrebrenica.org
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KINOTIPP | von endstation.kino
NETZWELT | von Lisa Sänger
endstation.kino & bodo präsentieren: Scherbenpark Im Scherbenpark nimmt man sich, was man haben will. Es braucht eine große Klappe und ein dickes Fell, wenn harte Sprüche von der Seite kommen und die eigene Mutter ermordet wird. Sascha (Jasna Fritzi Bauer) ist eine junge Frau, furchtlos, verdammt schlau und im Scherbenpark zu Hause. Wer ihre Mutter auf dem Gewissen hat, weiß Sascha genau: ihr Stiefvater Vadim E. Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:
www.bochumschau.de Eine Art filmisches Gedächtnis und virtuellen Guckkasten für Bochum, das ist es, was Jens Tampier und Patrick Lambertus mit der Seite bochumschau.de geschaffen haben. Fast 200 Dokumentarfilme, die Schauplätze der Stadt beleuchten und deren Geschich-
Dass ihn die Justiz kassiert hat, tröstet sie
ten erzählen, haben die beiden bereits produziert und kostenlos online gestellt.
nicht. Und dann erscheint in der Zeitung auch
Jens Tampier ist Dokumentarfilmer. 2010 kam er auf die Idee, seine Werke online zugänglich zu machen. Im Jahr der Kulturhauptstadt hatte er für die Stadt Bochum eine große Reportage sowie zwanzig kleinere Dokumentationen gedreht, die sich mit Schachtzeichen, Stillleben A40 und Co befassten. Mediale Aufmerksamkeit bekam aber nur das große Werk. Also setzte er sich mit seinem Bekannten Patrick Lambertus zusammen und rief die Bochumschau ins Leben. „Unser Ziel war es, einmal in der Woche einen neuen Film online zu stellen, und diesen Schnitt halten wir grob noch heute ein“, berichtet Tampier.
als geläuterten, reumütigen Sünder darstellt. Der verantwortliche Redakteur Volker Trebur (Ulrich Noethen) bekommt Saschas geballte Wut zu spüren. Dem tut die Sache jedoch ehrlich leid und er will das Geschehene wieder gut machen. Sascha landet mitten im bildungsbürgerlichen Leben, als sie Trebur beim Wort nimmt und spontan zu ihm und seinem
Die Dokumentationen stammen meist von ihm, sein Kollege Patrick Lambertus ist
Sohn Felix (Max Hegewald) ins ökologische
hauptberuflich Inhaber einer Internetagentur und kümmert sich schwerpunktmä-
Passivhaus zieht. Hier gelten ganz andere Re-
ßig um die Betreuung der Seite. Bis ein Film fertig abgedreht und geschnitten ist,
geln als im Scherbenpark. Sascha fühlt sich
dauert es etwa zwei Tage. Die Arbeit an der Seite braucht nochmal zwei Tage in
sowohl zu Felix als auch zu dem charisma-
der Woche. Alles Zeit, die sich Lambertus und Tampier in ihrer Freizeit nehmen.
tischen Volker hingezogen und eine sanfte
„Manche der Filme machen wir für Unternehmen oder Institutionen, sodass wir
Dreiecksgeschichte entspinnt sich.
gleichzeitig dafür bezahlt werden, tragen tut sich die Seite aber bisher nicht.“
Drehbuchautorin Katharina Kress wurde mit
Thematisch sind die Filme breit gefächert: So finden sich hier unter anderem
dem Max Ophüls Preis für das beste Drehbuch
Dokumentationen zum VFL oder zu weniger bekannten Sportarten, wie Poledance
ausgezeichnet. Hauptdarstellerin Jasna Frit-
oder zu alten Talsperren und Bunkeranlagen. Ein Film, für den es besonders viel
zi Bauer erhielt für ihre Rolle als Sascha den
Feedback gab, war der über das mittlerweile abgerissene und sagenumwobene
Preis für die Beste Darstellerin.
Hotel Eden am Südring. „Da sind viele auf mich zu und meinten, toll, da wollte ich immer mal rein.“ Wer einen Film zu einem ganz bestimmten Ort sucht, kann über die Kartenfunktion schauen, ob ein passender Film auf der Seite zu finden ist. Anders als YouTube ist die bochumschau kein Mitmachportal, das ist neben dem sonst zu hohen betreuerischen Aufwand auch eine Frage des Niveaus: „Alle unsere Filme haben Fernsehqualität und könnten so auch ausgestrahlt werden,“ betont Tampier. „Etwas Vergleichbares gibt es für eine andere deutsche Jens Tampier und Patrick Lambertus
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noch ein Artikel, der den Mörder ihrer Mutter
Stadt kaum.“ (Lisa Sänger)
Do. 28.11. bis Mi. 04.12. um 19.15 Uhr Do. 05.12. bis Mi. 11.12. (Uhrzeit bitte dem Dezember-Programm entnehmen) Endstation Kino im Bahnhof Langendreer Wallbaumweg 108, 44894 Bochum Telefon 0234 – 68 71 620 www.endstation-kino.de
VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2013 | VERLOSUNGEN von Susanne Schröder
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»Der Ruhrsstadtschnüffler« Varieté et cetera – Artistik & Comedy vom 1. November bis zum 26. Januar Do. bis Sa. um 20 Uhr, So. um 19 Uhr bodo verlost 3 x 2 Karten für Donnerstag, den 28.11. um 20 Uhr
Auch diesmal gibt es wieder Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen. Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff „bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an: redaktion@bodoev.de Oder schicken Sie uns eine frankierte Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer an: bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren. Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss für Veranstaltungen ist jeweils zwei Werktage vor dem Termin. Einsendeschluss für terminunabhängige Verlosungen ist der 25.11.2013 18.11. | Joe Bausch liest aus „Knast“ | Hansesaal Lünen | 2 Exemplare des Romans „Knast“ 21. – 24.11. | 24. Kinofest Lünen | Cineworld, Lünen | 3 x 2 Karten (freie Wahl, ohne Galas) 22.11. | Nico Semsrott | Fritz-Henßler-Haus, Dortmund | 3 x 2 Karten 26.11. | Moop Mama | Bahnhof Langendreer, Bochum | 2 x 2 Karten 28.11. | Der Ruhrstadtschnüffler | Varieté et cetera, Bochum | 3 x 2 Karten 28.11. – 11.12. | Scherbenpark | endstation.kino, Bochum | 1 x 2 Karten 29.11. | Gleis 8 | FZW, Dortmund | 2 x 2 Karten Wer ist Martha? | Roman von Marjana Gaponenko | 2 Exemplare Postscript | CD/LP von Radioaisle | 3 CDs und 3 LPs Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!
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22 VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2013
FR 01 | 11 | 13 Theater | Das Goldene Zeitalter Mit der fulminanten Eröffnung der Spielzeit manifestiert das Schauspiel Dortmund seinen Ruf als deutschsprachiges Theaterlabor. In „100 Wege, dem Schicksal die Show zu stehlen“, begehrt ein Schauspielen-
01 | 11 | 13 Das Goldene Zeitalter
03 | 11 | 13 Kindermuseum Adlerturm
DI 05 | 11 | 13
ter nicht, sie schlagen ihm ins Gesicht, zwingen ihn
semble auf: Es strampelt im Strom der Fließbandunterhaltung und kämpft gegen die Windmühlenflügel der medialen Dauerloops – auf der Suche nach jenen Momenten, die das Attribut „wahrhaftig“ wirklich verdienen! Stefan Keim im Deutschlandfunk: „Es hat eigentlich mehr mit Instal-
zum Hinsehen und Ertragen. Bisley will nicht gefallen,
Lesung | Abbas Khider
das wird einem schnell klar. Sein Blog www.dortmund-
lation zu tun als mit Stadttheater. Das ist fast bildende
Oktober 1999 – in der arabischen Welt herrschen Hus-
diary.de, entstand aus einer Laune und ist innerhalb
Kunst, was die Dortmunder da machen. (...) Es geht in
sein, Gaddafi, Mubarak, Al-Assad und König Abdullah II
kürzester Zeit zu einem stark frequentierten Lesespaß
diesem Abend auch um die Kernaussage, dass es keine
bin Hussein. Die Facebook und Twitter-Revolution gegen
geworden. Die Texte changieren zwischen total asozi-
Originalität mehr geben kann – natürlich ist das eine ganz
die Despoten ist noch fernste Zukunft. Einen Brief an
al und erschreckend eloquent.
absurde Sache, denn es ist einer der originellsten Theater-
der Zensur vorbeizuschicken, ist ein langwieriges und
Sissikingkong, Dortmund, 20 Uhr
abende, die ich seit langem gesehen habe.“
gefährliches Abenteuer. Abbas Khiders Romanheld ist
Schauspielhaus, Dortmund, 19 Uhr
ein junger Iraker im Exil, der seiner Geliebten Samia ei-
So 03 | 11 | 13 Geschichte | Happy Birthday Kindermuseum Adlerturm Das Kindermuseum Adlerturm feiert seinen ersten Geburts-
nen Brief in die Heimat sendet. Der 1996 aus dem Irak
David Lemaitre stammt ursprünglich aus La Paz in Boli-
geflohene Autor wurde in den vergangenen Jahren für
vien. Er wuchs mit den Volksliedern des südamerikani-
seine Romane Der falsche Inder (2008) und Die Orangen
schen Hochlands, Gitarre inklusive virtuosen Klischee-
des Präsidenten (2011) vielfach ausgezeichnet.
Lehrern und den 70er-Jahre-Platten des Vaters auf.
Buchhandlung Transfer, Dortmund-Hörde, 20 Uhr
Anfang zwanzig verschlug es David, der heute in Berlin
tag. Kleine Filmsequenzen sagen mehr als tausend Worte, und durch zahlreiche Mitmachstationen wie Kleider- und
Musik | David Lemaitre
lebt, nach Europa. Nach diversen Bandprojekten erLesung | Sascha Bisley
scheint Anfang 2013 mit Latitude das Debüt-Soloalbum
Rüstkammer oder Hör- und Riechstationen können Kinder
Der Dortmunder Junge mit sauerländischem Migrati-
des 28 jährigen Weltenbummlers. „Geduldige Popmusik“,
das Mittelalter im wahrsten Sinne des Wortes „begreifen“.
onshintergrund, lebt, liebt, arbeitet und produziert
wie er selbst sagt, bei der Folk-Klänge auf Lemaitres hin-
Zur Feier des Tages führen Kinder durch die Ausstellung,
seit mehr als zehn Jahren in der Bierstadt. Das Mul-
gebungsvollen Gesang und akustische Spielereien tref-
und eine Saftbar im Adlerstübchen sorgt für Erfrischung.
titalent ist Fotograf, Filmemacher, Autor, AGT-Trainer,
fen. So samplet der Künstler beispielsweise den Klang
Kindermuseum Adlerturm, Dortmund, 10 – 17 Uhr
Künstler. Seine Bilder erschließen sich dem Betrach-
von Cornflakes und fallenden Münzen. Wer sich mit so
Wir trauern um unseren Freund und Kollegen
Benedikt von Randow Seit der Dezemberausgabe 2001 war Bene unverzichtbarer Teil unserer Redaktion. Zum ersten Mal seit fast zwölf Jahren erscheint bodo ohne seinen Veranstaltungskalender. Am 14. Oktober starb Benedikt von Randow nach schwerer Krankheit. Unsere Gedanken sind bei seiner Frau Petra und bei seiner Familie. Wir werden Dich vermissen, Bene!
Tanja, Andre, Bastian, die Redaktion und der gesamte bodo e.V.
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05 | 11 | 13 Abbas Khider
viel Liebe dem Detail widmet, der darf für sein Debüt
06 | 11 | 13 Tommy Finke
Lesung | Matthias Praxenthaler
07 | 11 | 13 Kopf oder Zahl
der Organist Andy Lutter und der Perkussionist Gregor
auch mal ein paar Jahre brauchen.
„Froschschenkel auf Kraut“ ist eine Reise ans Ende der
Hilbe. „Die Ekstase wohnt in den Zwischenräumen“ ver-
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
deutsch-französischen Freundschaft. Praxenthaler zu
rät Enders und vom ersten Ton an wird deutlich, nach
seinem dritten Werk: „Nehmen wir einmal an, in die-
welcher Art von Resonanz er gesucht hat. Was klanglich
Musik | Tommy Finke
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die Deutschen und die Franzosen sich eigentlich mögen. Ob der deutsche Michel sagen würde: ‚Mensch,
Unter der Regie von Kay Voges komponierte Finke die
der François, das ist ein echt dufter Typ.‘ Und ob der
Musik zum Stück „Das Goldene Zeitalter – 100 Wege
François darauf antworten könnte: ‚Mais oui, le Mi-
dem Schicksal die Show zu stehlen“. An diesem Abend
chel, c’est aussi un type vraiment sympa.‘ Wenn das so
spielt Tommy Finke solo ein kleines, intimes Konzert.
wäre, wenn es hier also tatsächlich nur um die Frage
Laut Musikexpress „…ein versierter Musiker, der zeitlo-
der deutsch-französischen Freundschaft ginge, dann
sen Gitarrenpop in bester Beatles-Manier spielt, seinen
hätte dieser Roman von Anfang an ein dramatisches
Bob Dylan ebenso beherrscht wie seinen Rio Reiser, mal
Problem. Er würde keine Sau interessieren. Kein deut-
mit großen Orchestersounds und Folkpunk laboriert
sches Schwein und kein Cochon français.“
und unpeinliche deutsche Texte singt.“ Behagliches
Goldkante, Bochum, 19 Uhr
Dortmunder Weihnachtsmarkt 21. Nov – 23. Dez 2 4. N o v g e s c h l o s s e n
mo – do 10 – 21 Uhr fr u. sa 10 – 22 Uhr so 12 – 21 Uhr
Lauschen beim Italiener um die Ecke.
Theater | Kunst
FR 08 | 11 | 13 Musik | The Dorf
„Kunst“ war die Komödie der 1990er Jahre, ein Riesener-
Zum Start der diesjährigen 20. Internationalen Jazz-
folg, der nicht nur in Europa für Furore sorgte. Zwanzig
tage Dortmund (8. – 30.11.) wird zum zweiten Mal
Jahre danach hat Yasmina Rezas scharfsinniges Stück,
der Jazz Preis Ruhr im domicil verliehen. Ausgezeich-
eine „Mischung aus Botho Strauß und Woody Allen“
net wird diesmal das Avantgarde-Ensemble The Dorf.
(Hans Christoph Blumenberg) nichts von seinem Witz
Seit 2006 trifft das unter der Leitung von Jan Klare
verloren: Das Stück handelt davon, dass eine langjährige
gegründete working orchestra monatlich im domicil
Freundschaft dreier Männer durch ein Bild auf die Probe
zusammen und hat sich zu einem musikalisch einzig-
gestellt wird. Einer der drei hat ein „weißes Bild mit wei-
artigen und urbanen Projekt entwickelt, das über das
ßen Streifen“ gekauft – für nicht weniger als 200.000
Ruhrgebiet hinaus bejubelt wird. Unter dem Motto hin-
Francs. Er verteidigt sich und seine Entscheidung, der
terland goes shopping eröffnen Bands aus den Reihen
zweite attackiert ihn, der dritte versucht zu vermitteln.
des Dorfs in Läden um das domicil den Abend und wei-
Ihre langjährige Freundschaft gerät ins Wanken.
sen den Weg in den Club. Nach der Preisverleihung um
Prinz-Regent-Theater, Bochum, 20 Uhr Premiere
22.30 Uhr spielt die dynamische Großformation auf. Im
(auch 8., 9., 29. & 30.11.)
Anschluss Mitternachtssuppe und Party. domicil, Dortmund, ab 18 Uhr
DO 07 | 11 | 13 Theater | Kopf oder Zahl
Verkaufsoffener Sonntag in der City: 1. Dezember
www.44511.de
8 ½, Dortmund, 19.30 Uhr
www.dortmunderweihnachtsmarkt.de
MI 06 | 11 | 13
sem Buch würde es lediglich um die Frage gehen, ob
Lesung | „wir sind – helden von hier“ Im Rahmen des LesArt Literaturfestivals entfaltet sich
Christopher, 15 Jahre alt, war im Jugendarrest, er hat-
auf der Bühne des Theaters Fletch Bizzel die Dortmun-
te einen Jungen brutal zusammengeschlagen. Doch
der Kultur in einer Fülle wie sonst nirgends. Drei Studie-
nun will er es besser machen. Er will nicht mehr sau-
rende der TU Dortmund, Laura Konieczny, Naoumi Scott
fen und klauen. Er strengt sich an, wechselt die Schule
und Tino Perlick, stellen ein Programm zusammen, bei
und sagt sich von seinen ehemaligen Freunden los.
dem einem Hören und Sehen vergeht. Ein Abend mit
Doch seine Vergangenheit bestimmt die Gegenwart.
Poeten, Singer/Songwritern, Performern, Musikern und
Zunächst ignoriert er das erfolgreich, doch es gibt
vielen Überraschungen – und alle von hier.
einen hartnäckigen Anderen, der provoziert, kommen-
Fletch Bizzel, Dortmund, 19.30 Uhr
tiert, sabotiert. Christoph und der Andere liefern sich einen zähen Kampf: Kopf oder Zahl. Im Rahmen des Kinder- und Jugendtheater Festival NRW, Spielarten 2013 (3. – 8.11.), präsentiert vom theaterkohlenpott
Sa 09 | 11 | 13 Musik | Enders Dome feat. Nils Peter Molvaer
für alle ab 14 Jahren.
Ja, es stimmt, sie werden spielen: Johannes Enders,
Flottmann-Hallen/Theatersaal, Herne, 10 Uhr
der norwegische Trompetenstar Nils Petter Molvaer,
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24 VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2013
in einem Studio möglich ist, ist eine Sache, was in einer Kirche möglich ist, eine ganz andere. Was geschieht, wenn sich beide Welten begegnen, enthüllt Dome. Diese asketische, den Raum ausschreitende linde pulsierende Musik ist ohne Vergleich! Enders ist ein Kleinod zwischen Jazz, Ambient, Electro, Avant-
08 | 11 | 13 The Dorf
10 | 11 | 13 Mely Kiyak & Arno Widmann
garde und kontemplativer Schönheit gelungen. Christuskirche, Bochum, 20 Uhr Lesung und Gespräch | Mely Kiyak & Arno Widmann Anläßlich des LesArt Literaturfestivals treffen zwei der
SO 10 | 11 | 13
Energie wird losgetreten und welche ungeahnte Stärken werden befreit, wenn das Bekannte plötzlich bedrohlich
ganz Großen des Journalismus in Deutschland zusam-
und der Alltag eine Herausforderung wird? Die Tanzcom-
men: Mely Kiyak und Arno Widmann. Die politischen
pany DIN A 13 gehört zu einer der wenigen mixed-abled
Wie prägen Geld und freier Markt unser Leben und Den-
Kolumnen der Publizistin und Schriftstellerin Mely Kiyak
Ensembles weltweit, die über den Tanz einen Austausch
ken, Fühlen und Handeln? Wie wirken sich ökonomische
sind im Band „Briefe an die Nation und andere Unge-
der Kulturen schaffen. Das Projekt Umbruch untersucht
Abhängigkeiten auf unsere individuelle Entwicklung und
reimtheiten“ versammelt und liefern den Gesprächsstoff
künstlerisch emotionale Umstände in Umgebungen, die
unsere persönlichen Beziehungen aus? Welchen Einfluss
für den Abend mit Arno Widmann. Der studierte Philo-
geschichtlich, gesellschaftlich und geografisch weit
haben Reichtum und Schulden auf unseren individuellen
soph war Mitbegründer der taz, Feuilletonchef der Zeit
voneinander entfernt sind: Sri Lanka (I), Venezuela (II),
Möglichkeitsraum – in monetärer ebenso wie in mora-
und nun der Frankfurter Rundschau. Zudem ist er Leiten-
Israel (III) und Deutschland.
lischer Perspektive? Ausgehend von diesen Fragen er-
der Redakteur der Berliner Zeitung.
Theater im Depot, Dortmund, 20 Uhr
arbeitete der Künstler Jens Heitjohann (Leipzig/Berlin)
Taranta Babu, Dortmund, 19.30 Uhr
Performativer Rundgang | I promise I am the Future
gemeinsam mit Dortmunder BürgerInnen einen Rundgang durch das Unionviertel – vorbei an Stätten des alten, gegenwärtigen und zukünftigen Wirtschaftens. Ab 13 Uhr findet alle 30 Minuten ein Rundgang statt, Dauer
FR 15 | 11 | 13
DO 14 | 11 | 13
Musik | Romberg Klezmer
Tanztheater | Umbruch III
Klezmer war ursprünglich die Musik jüdischer Wander-
ca. 3 Stunden. Der letzte Rundgang beginnt um 17 Uhr.
Wie reagiert der Mensch, wenn das bekannte Umfeld sich
musikanten im osteuropäischen Raum. Von vielen Ein-
Anmeldung unter www.hmkv.de
ändert und nicht mehr sicher zu sein scheint? Wie fra-
flüssen geprägt gilt sie als die „Weltsprache der Seele“.
HMKV - 3. Etage , DO, 13 – 18 Uhr, (auch 3. & 17.11.)
gil erscheint dann die eigene Existenz? Wieviel kreative
Seit den 1970er Jahren hauchte eine neue Musiker-Generation diesem Musikstil wieder neues Leben ein. Die Gruppe Romberg Klezmer wurde vor 15 Jahren von der
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Dortmunder Kulturbühne gegründet. In ihrem Programm „Die Welt des Klezmer – vom osteuropäischen Schtetl ins
Wo echte Liebe zählt, ist unser Strom.
neuzeitliche New York“ präsentiert die Gruppe Musik, die Freude und Trauer des Lebens zum Ausdruck bringt. Dietrich-Keuning-Haus, Dortmund, 19.30 Uhr Quiz | Kennen Sie Kino? „Kenn ich! … Warte! … Ich komm gleich drauf!“ „James Bond? … oder … Der Kommissar?“ Erinnern Sie sich? Raten Sie mit und durchleben Sie noch einmal Ihre ganz persönlichen Kino-Momente. Eine quirlige Quizmasterin und die drei Musiker des Großen Kennen Sie Kino – Filmorchesters nehmen Sie mit auf eine Reise zu den Klassikern der Filmmusik aus 70 Jahren Hollywood und 60 Jahren Fernsehgeschichte.
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Viele Dinge sind für Dortmund typisch – ein Lokalpatriot zu sein gehört dazu. Und genau diese Lokalpatrioten suchen wir. Werben Sie einen Stromkunden und unterstützen Sie uns dabei, Dortmund weiterhin so lebenswert zu gestalten. Dafür setzen wir uns mit unseren
Schauburg, Dortmund, 20 Uhr
SA 16 | 11 | 13 Kabarett | Hennes Bender Hennes Bender ist weder groß noch leise. Deswegen trägt
mehr als 1000 Mitarbeitern täglich ein. Nicht nur durch Ihre sichere Versorgung mit Strom, Gas und Wasser, sondern vor allem auch durch die Förderung zahlreicher Projekte, Initiativen und Vereine. Im Großen wie im Kleinen. Für Dortmund und die Region.
seine neueste Show auch den treffenden Titel „Klein/ Laut!“ Damit jeder weiß: Da vorne steht der Comedy-Hobbit der deutschen Bühnen, stets auf 180 und immer kurz vorm Explodieren. Bender braucht keine Pyroshow – er ist selber eine. Er holt nicht lange aus, sondern beißt sich direkt und ohne Umwege im Wahnsinn der Realität und ihrer Nebenwirkungen fest! Ein kurzer Kracher, der lange nachhallt – oder wie Jochen Malmsheimer ihn nennt: „Das Cornichon des deutschen Kabaretts!“ Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr (auch 15.11.)
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15 | 10 | 13 Kennen Sie Kino?
16 | 11 | 13 Hennes Bender
17 | 11 | 13 In Arbeit
rundgang wird an einigen Orten und Stolpersteinen
25jährigen Jubiläum des Kinos sind alle Gäste dazu
Bei welchem Show Act sonst findet auf der Bühne ein
in der Innenstadt aufzeigen, wie die Diskriminierung,
eingeladen, sich mit eigenen Platten und ihren
so merkwürdiges Gipfeltreffen statt? Da treffen virtuose
Verfolgung, Flucht oder Deportation und Ermordung
Geschichten in musikalischen und filmischen Erin-
Musikalität und französische Pantomime mit clownesker
jüdischer Menschen in Bochum abgelaufen ist. Die
nerungen zu schwelgen. Als Gast geladen ist die
Spielfreude und Visual-Comedy aufeinander, beraten sich
Teilnehmer erfahren exemplarisch, wie Feindbilder und
Bochumer Band Tim & Toto & Die Freedes. Noch
und entsenden einen Mann, der zudem noch seinen Kopf
rassistische Ideologien konstruiert werden und immer
immer zählt musikalische Vielfalt mit wechselnden
mit dem fehlenden Haupthaar als multimediale Oberflä-
noch nicht Geschichte sind.
Akteuren zu den Hauptanliegen des Duos Tim Lorenz
che musikalisch-künstlerischen Ausdrucks entdeckt hat.
VHS Bochum, Treffpunkt Rathaus Bochum, 14 Uhr
und Toto Heymann. Und nicht vergessen: Eigene
Musikcomedy | Klaus Renzel
Soundtrack-Schallplatten mitbringen!
Heute Märchenstunde mit Renzel und Gretel. Ausstellung | In Arbeit
Zauberkasten, Bochum, 20.30 Uhr
endstation-kino, Bochum, 20 Uhr
Die DASA wird in diesem Jahr 20 und lädt zur Geburtstagsparty: Um 11 Uhr eröffnet die Ausstellung
Theater | Nachtasyl IV. Akt
BODO VERLOSUNG | Joe Bausch liest „Knast“
Stellwerk, ein Zusammenschluss von Kreativen in Wit-
„In Arbeit“. Was macht eine Spaghetti-Züchterin?
Er ist seit 25 Jahren Gefängnisarzt in Werl, einer
ten, die Räume an der Schnittstelle zwischen Kultur,
Wie funktioniert die Teddybären-Fabrik? Was spuckt
der größten deutschen Justizvollzugsanstalten,
Wirtschaft und Stadtentwicklung schaffen, präsentiert
die „Traumberufmaschine“ aus? Die mit viel Phantasie
und ständiger Rechts-
Nachtasyl IV: Für eine Nacht bespielen bundesweit
und Witz gepaarte Schau aus dem Technischen Museum
mediziner Dr. Roth im
freie Theaterensembles, Off-Theater und Schauspiel-
Wien lädt insbesondere Kinder von sechs bis zwölf Jah-
Kölner Tatort. Persön-
studenten leerstehende Ladenlokale in Witten. Die
ren zur interaktiven Entdeckungsreise ein. „In Arbeit“
lich und eindringlich
Innenstadt wird zum improvisierten Schauspielhaus,
lädt aber auch Erwachsene ein, sich ihrer beruflichen
wird Joe Bausch aus
in dem Sie von Ladenlokal zu Ladenlokal – von Theater-
Situation zu stellen und gemeinsam mit den Kindern
seinem Buch „Knast“
stück zu Theaterstück bummeln können.
über die Arbeitswelt zu philosophieren.
lesen und von einer Welt erzählen, die nach eigenen
Knut's, Witten, 17 – 22 Uhr
DASA, Dortmund, 10 – 18 Uhr
Regeln funktioniert, einem Kosmos, in dem alles aufschlägt, was draußen nicht mehr funktioniert – einer abgeriegelten Welt. „Ich bin der Hausarzt von
MO 18 | 11 | 13
SO 17 | 11 | 13 Stadtrundgang | Jüdisches Leben in Bochum
Betrügern, Totschlägern und Erpressern.“
Musik | Vinyl Café
Hansesaal Lünen, Lünen, 20 Uhr
Am Beispiel Ottilie Schoenewalds und ihrem Leben
Das Vinyl-Café, das vom Endstation Kino, Bochums Lieb-
bodo verlost 2 Exemplare von „Knast“.
lässt sich manches über jüdisches Leben in Bochum in
lingsplattenladen DISCover und dem Bahnhof Langen-
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
der Weimarer Republik, während und nach der faschis-
dreer veranstaltete Live-Magazin mit Musik, beschäftigt
tischen Herrschaft in Deutschland erfahren. Der Stadt-
sich im November mit Filmsoundtracks. Passend zum ANZEIGE
präsentiert
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Die neuen Komödien „Kunst“ // 6 Tanzstunden in 6 Wochen
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26 VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2013
MI 20 | 11 | 13 Musik | Royal Republic Sie sind nicht nur die tanzbarste Rock-Formation der Neuzeit, sondern auch bis zum gut frisierten 20 | 11 | 13 Royal Republic
20 | 11 | 13 Fräulein Nina und Martin Kaysh
The Nation ein zwar schwer zu eroberndes, aber völlig
ihrem Kleinkunstwagen, es gibt Mitmachspiele fürs Pu-
realistisches Ziel anvisiert: Das Herz der Massen. Mit ih-
blikum und – wenn man so gut drauf ist, wie die beiden
FR 22 | 11 | 13
rer nur schwer zu toppenden Live-Show schlagen Royal
Gastgeber – eine Menge zu lachen.
Republic auch eine optisch gelungene Brücke zwischen
Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr
Haaransatz voller Adrenalin und Selbstvertrauen. Royal Republic, ein sympathisches und bodenständiges Quartett aus Malmö, das mit seinem neuen Album Save
BODO VERLOSUNG | Nico Semsrott Warum er immer über Depressionen redet? Weil man sich an dem Thema so gut aufhängen kann. Woher er kommt?
der Energie der Hives, der Härte von Metallica und dem
DO 21 – SO 24 | 11 | 13
Aus Versehen. Wie man ihn
Figurentheater | FIDENA zu Gast im Thealozzi
be „scheitern“ eingibt, ist er
Charisma von Social Distortion. FZW, Dortmund, 20 Uhr Show | Fräulein Nina und Martin Kaysh
findet? Wenn man bei Youtu-
Alle zwei Jahre versammelt der Fritz-Wortelmann-Preis
der erste Treffer. In seinem
Die Fifties-Chansonette und der Steiger präsentieren
der Stadt Bochum spielfreudige Amateure aus dem Be-
ersten Soloprogramm „Freu-
einen Kabarett-Talk der Extraklasse. Das frisch vereinte
reich Figurentheater zum großen Showdown. Bis zu zehn
de ist nur ein Mangel an In-
Duo will mit „Hey, du da!“ ein schwarzes Loch erhellen.
teilnehmende Gruppen präsentieren ihre Inszenierungen,
formation“ stellt sich Nico Semsrott gleich der wichtigs-
Regelmäßig wollen „die Schöne und der Biest“ künftig
tauschen sich aus und wetteifern miteinander. Im aktuel-
ten Frage überhaupt: Was ist Freude? Was ist das Leben?
dem Dortmunder Publikum im Fletch Bizzel einen kaba-
len Figurentheater steht nicht zwingend die Puppe im Fo-
Worum geht es im Leben? Nico Semsrott ist nach dem
rettistischen Unterhaltungsabend bieten. Sie werden
kus, wie auch in der Bildenden Kunst das gemalte Bild fast
großen Erfolg der letzten Jahre auf deutschsprachigen
sich selbst immer wieder neu vorstellen, vor allem aber
schon die Ausnahme darstellt. Heute rückt eher die Wahr-
Poetry Bühnen ein fulminantes Kabarett-Debüt gelun-
ihren Gast des Abends. Den Auftakt macht Christoph Tie-
nehmung selbst in den Mittelpunkt. Programm in Kürze
gen. Kritisch, absurd, und – „zum Heulen komisch“.
mann, seines Zeichens Kabarettist und Sprecher bei WDR
auf www.fidena.de und www.thealozzi.de. Eintritt frei.
Fritz-Henßler-Haus, Dortmund, 20 Uhr
und NDR. Zwischendurch dudelt Fräulein Nina Musik auf
Thealozzi, Bochum
bodo verlost 3 x 2 Karten. Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
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Ticket-Hotline:
0234 13003
Musik | Small Beast Small Beast ist der Name des Musik-Salons, den Paul Wallfisch seit Januar 2009 wöchentlich in Manhattan/New York organisierte, benannt nach dem kleinen Piano auf der Bühne. Als musikalischer Leiter setzt Wallfisch diese
01. Nov. 2013 - 26. Jan. 2014
Reihe seit der Spielzeit 2010/11 am Schauspiel Dortmund fort. Alexander Hacke von den Einstürzenden Neubauten und Loveparade-Mitbegründerin Danielle de Picciotto präsentieren ihr Graphic Diary „We are gypsies now“: Eine „poetische Performance“ (Kölner Stadt-Anzeiger). Mit dabei: der New Yorker Indie-Artist Martin Bisi: Klassischer Rock mit kryptisch-intelligenten Texten! Studio im Schauspiel, Dortmund, 22.30 Uhr
SA 23 | 11 | 13 Kabarett | Helmut Schleich Aus, Schluss, vorbei. Protest, Widerstand, Revolution, das alles ist ihm nicht mehr radikal genug. Helmut Schleich verkündet in seinem neuen Programm „Nicht mit mir!“ die ultimative Form persönlichen Protests. Brunch & Varieté
Schon seit längerer Zeit gilt der Münchner Kabarettist
am (So.) 10.11., 01.12., 08.12.; 15.12., (Do.) 26.12.2013 sowie 05.01., 12.01., 19.01. und 26.01.2014 um 10.30 Uhr
als eine der markantesten Größen in der deutschspra-
Show mit Brunchbüfett
Satt & Lustig
Show mit Schlemmerbüfett
07.11.2013 und 16.01.2014 um 18.30 Uhr
chigen Kabarett-Landschaft. Dem Fernsehpublikum ist er nicht nur als genialer Strauß-Imitator ans Herz gewachsen, sondern auch als regelmäßiger Gast bei „Neues aus der Anstalt“, „Ottis Schlachthof“, „Mitternachtsspitzen“ und „Grünwald Freitagscomedy“ sowie als phlegmatisch-liebenswerter Getränkefachhändler
26
Showzeiten: Do.-Sa. 20.00 Uhr, So. 19.00 Uhr & Mi. 4.12. und 11.12. 20.00 Uhr
Heinzi in der BR-Serie „Spezlwirtschaft“.
Varieté et cetera Herner Str. 299 44809 Bochum
Cabaret Queue, Dortmund, 20 Uhr
www.variete-et-cetera.de
21 – 24 | 11 | 13 FIDENA zu Gast im Thealozzi
BODO VERLOSUNG | Kinofest Lünen...
22 | 11 | 13 Small Beast
23 | 11 | 13 Helmut Schleich
wollen: Sie mussten erfahren, wie die Auto- und Stah-
zum Album fanden in Berlin und Hamburg statt. Und
...zeigt „Soldate Jeannette“. Fanni und Anna, Soldatin-
lindustrie ihre Fabriken schloss, abwanderte, eine Ru-
da die Züge nach Hamburg am Berliner Hauptbahnhof
nen auf ihren inneren Feldzügen, gelingt es, die Ketten
inenlandschaft hinterließ. Das im Oktober gestartete,
stets von GLEIS 8 abfahren, ist auch die Frage nach
ihrer geknebelten Freiheit
ein Jahr laufende Projekt „This is not Detroit“, veran-
dem Namen der Band geklärt.
zu sprengen. Nicht, weil sie
staltet vom Schauspielhaus Bochum und Urbane Künste
bodo verlost 2 x 2 Karten.
andere bekämpfen, sondern
Ruhr, stellt Fragen und sucht Antworten zur Zukunft der
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
weil sie aufhören, das zu tun
Stadt und der Arbeit. In den Stadtgesprächen werden
was sie nicht tun wollen. Da-
Visionen für die Zukunft der Region diskutiert.
niel Hoesl, acht Jahre lang
Tanas im Schauspielhaus, Bochum, 20 Uhr
Regieassistent von Ulrich Seidl, ist mit „Soldate Jeannette“ ein frecher, durchtriebener, aber auch von Res-
BODO VERLOSUNG | Der Ruhrstadt-Schnüffler
pekt gegenüber ausgewählten Größen des Autorenkinos
Ein Super-Auftrag erreicht Detektiv Robert Woi-
getragener Film gelungen. In subversivem Ton schwelgt
tas, den Ruhrstadt-Schnüffler: Superheld Archie
diese Punkparabel in der Vorstellung von abdankendem
Clapp will heiraten! Nur fehlt
Materialismus und Rückeroberung ungehinderter Frei-
ihm dazu noch die passende Frau.
heit, den süßen Duft von Revolte und Rekonstruktion
Im Auftrag der Liebe begibt sich
auskostend. Hoesls Regiedebüt läuft im Rahmen des Lü-
der Ruhrstadt-Schnüffler an ver-
dia Wettbewerbs während des Kinofestes Lünen.
schiedenste Orte im Ruhrgebiet.
Cineworld, Lünen, 19.15 Uhr (bis 24.11.)
Bei der komischen wie tragi-
bodo verlost 3 x 2 Karten (freie Filmauswahl).
schen Suche unterstützt ihn ein
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
motiviertes
Team
von
echten
Freunden und internationalen Spezialisten: Mr.
DI 26 | 11 | 13
Dyvinetz gibt mit seinem Cyr-Ring Einblick in ein artistisches 360 Grad-Universum. Mit Eleganz und
BODO VERLOSUNG | Moop Mama
scheinbarer Mühelosigkeit verhilft Alexey Chayni-
„Alle, die den Namen nicht kennen: Wir sind eine Mar-
kov dem Hula-Hoop zum Kult-Status. Katrina gibt
ching Band“, heißt es in einem der Songs auf ihrem
sich ihrem Lieblingselement Luft leidenschaftlich
sensationellen Debütalbum
hin, Jean-Marc Lehmann verspricht eine Jonglage
„Deine Mutter“. Und wirk-
der besonderen Art, und das Duo Laos verzaubert
lich: 10 Leute, 7 Bläser, 2
mit einer eindrucksvollen Partnerakrobatik.
Schlagzeuger und ein Sän-
Varieté et cetera, Bochum, 20 Uhr
ger sind auf dem Weg, mit
bodo verlost 3 x 2 Karten.
ihrer absolut neuartigen
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
Mischung aus Brass, HipHop und deutschem Rap alles über den Haufen zu laufen, was eben noch da stand und „Das gibt‘s doch gar nicht“ gemurmelt hat. Sich der Energie dieser Band zu entziehen ist eine unlösbare
Nov.
HAUS DER JUGEND
So, 03.11.2013, 19.00 Uhr • FZW Maybebop – „Weniger sind mehr“ Mi, 06.11.2013, 20.00 Uhr Ingo Börchers – „Die Welt ist eine Google“ Do, 07.11.2013, 20.00 Uhr Markus Krebs – „Literatur unter Betäubung“ Fr, 08.11.2013, 20.00 Uhr Sekt and the City – „4 Frauen mit Mumm“ Mi, 13.11.2013, 20.00 Uhr Annamateur & Außensaiter – „Screamshots“ Do, 14.11.2013, 20.00 Uhr Wladimir Kaminer – „Onkel Wanja kommt…“ Fr, 15.11.2013, 20.00 Uhr Medlz – „Unsere Zeit“ Sa, 16.11.2013, 20.00 Uhr Mundstuhl – „Ausnahmezustand“ Mi, 20.+21.11.2013, 20.00 Uhr Jochen Malmsheimer - „Ermpftschnuggn trødå!“ Fr, 22.11.2013, 20.00 Uhr Nico Semsrott –
„Freude ist nur ein Mangel an Information“
FR 29 | 11 | 13
Sa, 23.11.2013, 20.00 Uhr Caveman – „Du sammeln, ich jagen!“
BODO VERLOSUNG | Gleis 8
Di, 26.11.2013, 20.00 Uhr Dietmar Wischmeyer –
Aufgabe, der selbst die einzementiertesten Vollpfosten
AnNa R. war zwanzig Jahre lang die Stimme von
der Rockpolizei nicht gewachsen sind. Die Texte sind
Rosenstolz. Im vergangenen Jahr beschloss das Duo
„Deutsche Helden Live 2013“
von einer Güte und Vielschichtigkeit, dass sich sowohl
aus Berlin, neue Wege
der Deutschlehrer als auch der ebenso schweißnasse
zu gehen und, jeder für
Mi, 27.11.2013, 20.00 Uhr Torsten Sträter –
Punker beim Zuhören in den Armen liegen können.
sich, neue Herausforde-
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
rungen zu suchen. In der
bodo verlost 2 x 2 Karten.
Zusammenarbeit mit Lo-
Teilnahmebedingungen auf Seite 21.
renz Allacher, der als Saxophonist bei den Rosenstolz-Tourneen dabei war,
DO 28 | 11 | 13 Gespräch | Stadtgespräch 1: Bochum – Detroit
und den Hamburgern Timo Dorsch und Manne Uhlig erschien im Frühjahr 2013 das erste Album „Bleibt das immer so“ – neben vielen Gitarren, dem trei-
Im fernen Detroit wird nicht nur über die Zukunft
benden Schlagzeug, auch Bläser und Streicher und
des Bochumer Opel-Werks entschieden, dort haben
neben Piano und Orgel auch mal ein Xylophon und
die Menschen bereits erlitten, was wir nicht erleben
eine paraguayische Harfe. Die gemeinsamen Proben
„Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben“
Do, 28.11.2013, 20.00 Uhr Thomas Koch und Gast – Gast: Fritz Eckenga Fr, 29.11.2013, 20.00 Uhr Wilfried Schmickler –
„Ich weiß es doch auch nicht“
Sa, 30.11.2013, 20.00 Uhr Tobias Mann – „Durch den Wind“
Fritz-Henßler-Haus
Geschwister-Scholl-Str. 33-37 44135 Dortmund · www.fhh.de 27
28
Heute ist jeder seine eigene Fabrik Forschen mit dem New Industries Festival
28
29
KULTUR | von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski
Wenn die Komplexität der Materie es erfor-
Wand des Raumes ist eine nahezu maßstabsge-
derlich macht, dient ein Festival in Film-,
rechte Kopie der erwähnten Bahnhofsfenster.
Musik- und Theaterkreisen als probate, gern
Eine Installation des Künstlers Axel Braun do-
genutzte Organisationsform. Auf diese wird
miniert die dritte Etage. Seine begehbare Arbeit
im Kontext von Kunstausstellungen seltener
„Zugunsten einer Gesellschaft von morgen, für
zurückgegriffen. Das Dortmunder „U“ nutzt
die wir heute schon bauen“ beschäftigt sich mit
jetzt das Format, um im Rahmen des New In-
der 1969 gegründeten WestLB, konkret mit der
dustries Festivals den Ursachen für Zustände
Geschichte und Architektur der ehemaligen Dort-
und Auswüchse der heutigen Arbeitswelt auf
munder Niederlassung an der Kampstraße und
den Grund zu gehen. Mitte September wurden
fragt nach sozialen und ökonomischen Utopien
die ersten von fünf Ausstellungen eröffnet,
aus deren Anfangstagen. Bei der Ausstellung „Re-
das Festival endet im März nächsten Jahres.
quiem für eine Bank“ auf der selben Etage ist die
Wir sprachen mit den Kuratoren Inke Arns und
Finanzwelt gleichfalls zentrales Thema.
Fabian Saavedra-Lara über die Entwicklung von
Viele der beachtenswerten Arbeiten aus
alten hin zu neuen Industrien, den jeweiligen
den Bereichen der bildenden und perfor-
Spielregeln sowie deren Auswirkungen auch
mativen Künste, Medienkunst und Archi-
auf das private Leben.
tektur spüren dabei Prozessen nach, die ihre Wurzeln in den 70er Jahren haben.
Silhouetten
von
Fabrikgebäuden,
Maschinen
und Werkzeugen auf Postkarten, Flyern, Anzei-
Unserer Frage nach dem Neuen an den
gen, Plakaten und Transparenten: Für das New
New Industries folgte ein lebhafter Di-
Industries Festival wird mit einer ins Auge fal-
alog der Kuratoren:
lenden Marketingkampagne geworben. Wer genau hinsieht und wer mit der neueren Dortmunder Stadt- und Architekturgeschichte einigermaßen vertraut ist, dem dürften einzelne Elemente im Design bekannt vorkommen. Sie sind den großen Fenstern des Hauptbahnhofs entliehen. Mitte der 1950er Jahre von dem Stuttgarter Glaskünstler Hans Klein realisiert, symbolisieren sie die damals wichtigen Industriezweige der Stadt. Mit einer Ausnahme, denn ausgerechnet der Bergbau ist nicht vertreten. Keine Zeche war bereit, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Aber man findet das Gebäude der Unionbrauerei. Freilich ohne „U“, das erst in der 60er Jahren auf die Spitze des
Arns „Ein magisches Datum bei der Antwort auf die Frage, was die Schwerindustrie abgelöst hat, ist das Jahr 1973. Es steht nicht nur für die Ölkrise, die die Stahlkrise nach sich gezogen hat, die den Todesstoß für die Schwerindustrie der Region bedeutete. 1973 wurde auch das Abkommen von Bretton Woods aufgekündigt, durch welches der Dollar an den Goldstandard gebunden war. Mit dieser Ablösung begann vor exakt vierzig Jahren die Virtualisierung der Finanzmärkte.“
Kellerhochhauses gesetzt wurde und vielen Dort-
Saavedra-Lara „Das ist die Geburtsstun-
mundern bis heute als eigentliches Wahrzeichen
de der neoliberalen Wirtschaftstheorie.
der Stadt gilt – auch wenn nach dem Um- und
Und der PC wurde erfunden. Ganz neue
Innenausbau zum Zentrum für Kunst und Kreativi-
Arbeitsplätze entstanden. Damals setz-
Ω
tät dem Bauwerk seine Geschichte und ehemalige
ten Entwicklungen ein, die dazu geführt haben,
„Forschungsabteilung“ auf
Funktion kaum noch anzusehen ist.
dass wir heute nicht mehr am Fließband stehen,
Ebene 6 im „U“.
sondern mit unserem Netbook im Coworking-Café Ein Umstand, den Arns und Saavedra-Lara bedau-
sitzen. Man ging nicht mehr in die Fabrik, um als
∆
ern. Sie knüpfen in mehrfacher Hinsicht an lo-
schwitzender Proletarier seine Dienste zu verrich-
Kurator Fabian Saveedra-Lara.
kale und regionale Verhältnisse an und möchten
ten und ausgebeutet zu werden. Man war jetzt
weiterführend zeigen, welche – und warum diese
eigener Fabrikdirektor mit Spaß an der Selbstaus-
– den auf den Fenstern dargestellten Technolo-
beutung. Die betreffenden Schlagworte sind Ini-
gien folgten. Flankierende Materialien dazu sind
tiative, Kreativität, Mobilität, Flexibilität, Eigen-
auf Ebene sechs im „U“ bereitgestellt. Dort kön-
verantwortung, Selbstoptimierung, Lebenslanges
nen sich Besucher im Rahmen einer „Industrial
Lernen, Fitsein für Alles. Das sind die Forderun-
(Research)“ betitelten Forschungsabteilung an
gen an jedes Individuum, in den 70er Jahren nah-
einem riesigen Tisch anhand von chronologisch
men sie ihren Anfang. Es gibt Leute, für die ist
geordneten Fundstücken einer künstlerischen
das ein Super-Lebensstil, und es gibt Leute, für
Auseinandersetzung mit der (De-)Industrialisie-
die ist das eine permanente Überforderung. Eine
rung seit 1970 beschäftigen. Ausgestellt und zum
Frage, die wir beim Festival stellen, ist die nach
Studieren freigegeben sind Schallplatten, Videos,
den Machtverhältnissen. Zwar ist alles viel liqui-
Bücher, Kataloge und Objekte. Blickfang auf einer
der geworden, aber nichtsdestotrotz wird heute
29
30
ganz massiv Macht und Kontrolle ausgeübt. Es
der sechsten Etage ausstellen. Es geht um Diszip-
Einsicht, dass nur mit gegenseitiger Hilfestellung
gibt noch immer die Herrscher und die Beherrsch-
lin, Standardisierungen, Normierungen, das Gefü-
das Projekt realisiert werden konnte. Denn seit
ten, die Gewinner und die Verlierer.”
gigmachen des Körpers, das Einpassen des Körpers
vor drei Jahren die Idee beim HMKV geboren wur-
in die Maschine. In der westlichen Welt spielt heu-
de, versuchte der Verein vergeblich, nötige Gelder
Arns „Heute ist jeder seine eigene Fabrik. Es gibt
te die fabrikmäßige körperliche Arbeit zwar keine
zu generieren. Anträge zur Finanzierung wurden
keine
Angestelltenverhältnisse
große Rolle mehr. Aber die Gewalt, die dennoch
abgelehnt, die Kulturstiftung des Bundes erklärte
mehr, statt dessen die permanente Ausdehnung
ausgeübt wird, ist eine sehr ähnliche. Sie wurde
nicht, warum sie es für nicht förderungswürdig
von Projekten. Wenn dabei jeder Unternehmer
nur ins Unterbewusstsein verlagert.”
hält, wenn sich eine Kulturinstitution im Revier
unbefristeten
mit regionalen Wirtschaftsthemen auseinander-
ist, ist jeder für sich verantwortlich. Und wenn du scheiterst, ist es deine Schuld. Weil du nicht das
Um sich mit der notwendigen Ruhe auf die einzel-
Beste aus dir herausgeholt hast, um der Gesell-
nen Exponate einzulassen, benötigt der Besucher
schaft zurückzugeben, was sie verdient.”
Zeit. Allein mit „Industrial (Research)“ könnte
Saavedra-Lara „Damit steigt der Erfolgsdruck, der auf den Einzelnen lastet. Aber der ist sehr subtil, denn Konsens ist, dass das alles Spaß machen soll. Man muss nur an die Besoffenheit denken,
man Tage verbringen. Die Veranstaltungsreihe erweiternd sind neben dem Hartware MedienKunstVerein (HMKV) mit seinen Beiträgen die TU Dortmund und „U2_Kulturelle Bildung“ am Festi-
setzt. Der HMKV hält genau dieses für wichtig: Saavedra-Lara „Wir ermöglichen bewusst viele Anknüpfungspunkte an die Stadtgeschichte, weil es unser Anliegen ist, mit den Ausstellungen ein breites Publikum weit über das klassische Kunstund Kulturpublikum hinaus anzusprechen.“
val beteiligt. Es gibt ein umfangreiches Neben-
Arns „Der HMKV versucht immer zu vermitteln,
programm mit Matineen, performativen Aktionen
dass zeitgenössische Kunst nicht irgend etwas
(noch im November zum Beispiel „I promise, I
ist, was schräge Vögel in ihren Elfenbeintürmen
am the future – Eine Begegnung über Geld und
entwickeln. Wir suchen die spannende Ausein-
Schuld“ von Jens Heitjohann) und einer Konfe-
andersetzung mit einer Realität, die uns alle
Arns „Der Titel ,New Industries Festival‘ ist ein
renz im Januar. Aus diesem Grund erhalten Be-
etwas angeht. Es gibt andere Ausstellungsor-
deutlicher, augenzwinkernder, sehr ironischer Ver-
sucher mit dem Erwerb ihrer Eintrittskarte eine
te, die sich in reinen Formalismen ergehen. Das
weis auf die sogenannten Creative Industries, um
Anstecknadel, die fortan freien Zugang in die
ist okay, aber das empfinden wir hier nicht als
es mal ganz direkt und kurz zu fassen. Europaweit
Ausstellungsbereiche gewährt.
dringlichste Aufgabe.“ (wk)
die in den 90ern geherrscht hat. Die T-Aktie. Jeder lässt das Geld für sich arbeiten, jeder ist Aktionär, seine eigene Bank. Keiner muss mehr arbeiten, wenn er nur ein bisschen schlau ist.”
wird versucht, Creative Industries mit hippen kleinen Wirtschafts- und Wissenschaftsunternehmen
Dass das „U“ im Zuge des Festivals als kooperie-
INFO New Industries Festival, bis zum 2. März 2014
an ehemaligen Standorten der Schwerindustrie an-
rende Einheit funktioniert, ist kurzen Wegen zu
im Dortmunder U | Programm, Öffnungszeiten und
zusiedeln. Die Gewalt in der Industriegesellschaft
verdanken, regelmäßigen Treffen, dem Wissen
Eintrittspreise unter www.dortmunder-u.de oder auf
wird von vielen Künstlern thematisiert, die wir in
um die Planungen der Partner im Haus und der
den Websites der jeweiligen Veranstalter.
30
31
EIN GESCHENK FÜR UNS ALLE
Ab dem nächsten Heft erscheint das Straßenmagazin in neuem Gewand: Ein wirkliches Magazin, schöner und hochwertiger, mit mehr Seiten und mehr Platz für Geschichten von hier. bodo wird etwas teurer – und ist es wert: Unsere Verkäufer haben es verdient.
bodo GA ZIN DA S ST RA SS EN MA
31
32 SOZIALES | von Sabrina Burbach | Fotos: REUTERS / Thomas Peter · Sabrina Burbach
Die zweitbeste Lösung Die Initiative „Pfand gehört daneben“
Für den einen sind 8, 15 oder 25 Cent Pfand
fischten sie wieder heraus. Und da dachte er
bereitgestellt, die neben dem Mülleimer auf-
nichts. Für jemand anderen bedeutet dieses
sich, es wäre doch besser, wenn man sie gleich
gehängt werden kann. Eine andere Möglichkeit
Geld ein wichtiges Zubrot zum geringen
daneben stellt. So muss keiner im Müll wühlen.
ist der Pfandring, den der Kölner Student Paul
Einkommen. Matthias Seeba-Gomille, Ma-
Natürlich ist klar, dass das nicht die Lösung
Ketz erfunden hat. Eine Art orangener Schal,
thias Gößling und Mischa Karafiat fordern
der sozialen Probleme ist, sondern erstmal nur
der um den Mülleimer gelegt wird. Außerdem
mit ihrer Initiative „Pfand gehört daneben“
eine Geste, die sagt, ich habe das Problem er-
haben wir vor kurzem entdeckt, dass es in
dazu auf, sich mit den Pfandsammlern zu so-
kannt. Ich bemerke den Pfandsammler, nehme
Schweden schon seit zwei Jahren ein etab-
lidarisieren und haben bereits viele Verbün-
Rücksicht auf ihn, respektiere ihn und darum
liertes Pfandsammelsystem gibt. „Börje das
dete gefunden. Ihr Motto: „Kein Mensch soll
schmeiße ich Pfand nicht in den Müll. So
Pantrör“, heißt es, typisch schwedisch irgend-
im Müll wühlen müssen.“ Sabrina Burbach
entstand unsere Facebookseite „Pfand gehört
wie. Das ist ein grünes Rohr, das am Mülleimer
hat mit Mathias Gößling über den Wert von
daneben“.
angebracht wird und in das jeder oben seine leeren Flaschen hineinschieben kann.
Pfand, den Respekt vor Anderen und moderne Pfandsammelsysteme gesprochen.
bodo Mittlerweile haben Sie mehr als 25.500 Facebook-Fans und viele Unterstützer vor Ort.
bodo Unmengen an Pfandflaschen landen über's Jahr im Müll. Was passiert eigentlich damit?
Was bedeutet das für die ursprüngliche Idee? M.G. In ganz Deutschland lag scheinbar schon so eine Stimmung in der Luft, dass irgendwas
M.G. Es sind schätzungsweise 172 Millionen
passieren muss in diesem Bereich. Je mehr
Euro, die zu großen Teilen in öffentlichen Müll-
Leute mitmachen, desto deutlicher wird aber,
eimern enden. Aus den Plastikflaschen wird
dass wir eine offizielle Lösung brauchen. Also
noch Energie erzeugt. Die Glasflaschen werden
einen Behälter oder ein Sammelsystem. Hier
verbrannt und damit einfach verschwendet.
sind die verantwortlichen Politiker gefragt,
Insofern ist es für die Volkswirtschaft, für die
solche Systeme zu installieren. Natürlich kön-
Umwelt und natürlich für die Pfandsammler
nen die Städte keine irgendwie am Müll ange-
bodo Wer würde dann die Kosten für das
eine gute Sache, wenn das Pfand gar nicht erst
brachten Behälter tolerieren. Das ist uns klar.
Herstellen und Anbringen dieser Behälter über-
in der Mülltonne landet. Aber bisher gab es in
Nachher passiert irgendwas und sie müssen
nehmen, die Städte selbst?
Deutschland kein vernünftiges Pfandsammel-
dafür haften. Deshalb haben wir in verschiede-
system, keine wirklich ernsthafte Initiative,
nen Städten Petitionen gestartet, in denen wir
die das verhindert.
die Städte dazu aufrufen, sich eine Lösung zu überlegen, die für sie praktikabel ist. Weil sich
bodo Deshalb gründeten Sie im Winter 2011
einige damit aber noch schwertun, schlagen
selbst eine Pfandinitiative?
wir ihnen selbst Lösungen vor.
M.G. Ja, so ungefähr. Die Idee dazu kam Matthias Seeba-Gomille, als er an einem Freitagabend in Berlin beobachtete, wie die Leute
32
bodo Wie sehen denn solche Sammelsysteme aus?
M.G. Ja genau. Sie bringen ja auch die Mülleimer an. Und wenn man einmal hochrechnet, dass so ein Pfandsammelsystem im Laufe seines Lebens etwa 1.000 Flaschen für acht Cent rettet, dann wären das schon 80 Euro. Das Pantrör kostet 70 Euro. Und 1.000 Flaschen sind jetzt an einer belebten Stelle nicht viel. Volkswirtschaftlich hätte es sich damit schon gerechnet. Natürlich muss die Stadt
ihre Pfandflaschen einfach in die Mülleimer
M.G. Das ist ganz unterschiedlich. In Hamburg
das irgendwie finanzieren. Aber hinsichtlich
warfen. Kurz darauf kamen die Sammler und
hat ein Limonadenhersteller eine Pfandkiste
umwelttechnischer und volkswirtschaftlicher
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GEMEINSAM LERNEN EIN LEBEN LANG! Aspekte ist das eine sinnvolle Sache. Zum ersten Ausprobieren stellen wir den Städten auch ein paar kostenlose Exemplare, etwa vom Pantrör, zur Verfügung. bodo Wo funktioniert das Ganze denn schon? M.G. In neun Städten gibt es bisher Probeläufe mit verschiedenen Sammelsystemen. Am Weitesten ist sicherlich Wiesbaden. Dort gibt es einen sehr aktiven Unterstützer von „Pfand gehört daneben“. Er hat zuerst Pfandkisten angebracht. Die Stadt fand die Idee gut. Jetzt wurde dort ein Pfandhaltersystem, ähnlich dem Pfandring, entwickelt und probeweise an 14 Mülleimern angebracht. In Bamberg wird der Pfandring von Paul Ketz eingeführt. Die Stadt will ihn an zwei Stellen austesten. Und hier in Münster starten wir gerade erste Versuche mit dem schwedischen Pantrör. bodo Was sagt ihr zu der Kritik, dass das Danebenstellen an sich mehr zerbrochenes Glas verursacht, an dem sich andere verletzen können? M.G. An stark frequentierten Orten werden die Flaschen sofort eingesammelt. Das haben
Wir sind in jedem Vorort
zu Hause
wir selbst beobachtet. Aus meiner eigenen Erfahrung kenne ich es auch, dass die Leute di-
Verbindungen • zahlreiche NachtExpress-Netz • dichtes • zentrale Anschlussmöglichkeiten
rekt auf mich zukommen und fragen: Kann ich die Flasche haben? Deshalb glaube ich nicht, dass da mehr Bruch entsteht. Tendenziell hoffe ich sogar, dass es weniger wird, weil die Leute bewusster mit der Ressource umgehen. Betrunken sein heißt ja noch lange nicht, dass ich meine Flasche auf den Boden schmeißen darf. Denn sie besitzt einen Wert und andere
Weitere Infos: www.bus-und-bahn.de Mobiles Internet: bub.mobi
Menschen leben davon. 33 DSW21_ANZ_Vorort_130x140_4c_01.indd 1
22.10.12 09:20
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LITERATUR | von Volker Macke | Foto: Egmont Seiler
bodo Wie finanziert sich „Pfand gehört daneben“? M.G. Zum einen durch private Spenden und wir investieren selbst viel Zeit in das Projekt. Matthias und Mischa haben anfangs bis zu 20 Stunden pro Woche daran gearbeitet, alles auf die Beine zu stellen. Dann erhalten wir noch Spenden von Unternehmen. Als Gegenleistung drucken wir, wenn sie uns zum Beispiel Aufkleber finanzieren, ihr Logo mit drauf. Aber sie reden uns nicht mit in unser Projekt rein oder sagen, das dürft ihr machen oder nicht. bodo Was sagen eigentlich die Pfandsammler selbst zu der Aktion?
Obdachlosigkeit im Unterricht: Seit wenigen Tagen steht Lehrern, die das Thema behandeln wollen, erstmals ein Schulbuch zur Seite. Geschrieben von Kennern der Szene: Machern und Mitarbeitern der Straßenzeitung „Abseits!?“ in Osnabrück. bodo hat mit dem Sozialpädagogen Thomas Kater, Co-Autor dieses neuen Schul- und Arbeitsbuches „Ausweg Straße!?“, gesprochen. Ein Schulbuch über Wohnungslosigkeit, warum gerade jetzt? Man sieht doch kaum noch Obdachlose in den Städten? Tatsächlich sind Obdachlose in den Straßen nicht mehr so sichtbar wie vor 20 Jahren, weil es mehr Tagestreffs, Unterkünfte, gut ausgestattete Klei-
M.G. Die meisten finden es gut, weil das Sam-
derkammern gibt. Aber das Problem
meln dadurch einfacher wird. Bei einigen ist diese
verschärft sich wieder. Nach jüngsten
Sorge da, dass es wiederum zu leicht wird, die
Schätzungen
Flaschen „abzugreifen“ und dass es dann auch
meinschaft Wohnungslosenhilfe ist
andere Leute machen, die es nicht bräuchten.
die Zahl in den letzten drei Jahren um
Das wäre jetzt aber nicht meine Intention, einen
15 Prozent gestiegen. Aktuell 284.000
Ekeltest zu haben, dass die Flaschen nur Leute
Menschen in Deutschland. Bis 2016 wird mit 380.000 Wohnungslosen gerechnet. Grund genug,
kriegen, die bereit sind, dafür im Müll zu wühlen.
Obdachlosigkeit im Unterricht zu thematisieren, finden wir.
bodo Wie können Helfer Sie unterstützen?
der
Bundesarbeitsge-
Sozialpädagoge Thomas Kater (r.) stellt das Arbeitsbuch vor.
Das Buch steigt ein mit dem Kapitel „Den typischen Wohnungslosen gibt es nicht“. Wie ist denn der untypische Wohnungslose?
M.G. Zum Beispiel indem sie unsere Aufkleber
Die Vorstellungen sind häufig noch die bärtigen Berber, die mit Sack und Pack von Stadt zu Stadt
auslegen, Plakate anbringen, unser Anliegen auf
ziehen. Die aber gibt es immer weniger. Wer wohnungslos wird, bleibt in seiner Stadt. Da gibt es
Facebook verbreiten, Pfandkisten basteln oder
auf der einen Seite den ganz Abgerissenen und auf der anderen den, der im Anzug und guter Le-
mit ganz eigenen neuen Ideen zu uns kommen.
dertasche durch die Fußgängerzone streift. Und alles dazwischen. Mit höchst unterschiedlichen,
Die Städte haben uns aber schon darauf auf-
ganz persönlichen Gründen für die eigene Wohnungslosigkeit: ob Überschuldung, Krankheit, feh-
merksam gemacht, dass wir die Aufkleber nicht
lender Wohnraum oder einfach unterschiedliche Fähigkeiten zur Bewältigung gesellschaftlicher
einfach auf ihre Mülleimer kleben dürfen. Wer
Härten. Vielfach sind neuerdings auch sehr junge Menschen obdachlos.
helfen will, kann aber Plakate und Aufkleber verteilen, wenn er vorher gefragt hat. Ein weiterer Weg ist, einfach die Verwaltung und die Politiker in der eigenen Stadt anzusprechen und zu sagen: Macht mal was! bodo Wie viele Flaschen haben Sie selbst schon daneben gestellt? M.G. Ich persönlich? Vielleicht so fünf. bodo Das muss aber noch mehr werden...
Das Buch stellt Aspekte des Wohnungslosendaseins in Arbeitsmodulen vor. Neben Lebensunterhalt, Drogen, Gesundheit, Tieren oder auch Weihnachten entsprechend auch das Modul Straßenkids. Wie reagieren Schüler darauf? Wir haben das Buch und einzelne Module vor der Fertigstellung in Schulen getestet. In Realschulen, berufsbildenden Schulen und Gymnasien. Tatsächlich geht das den Schülern häufig sehr nah, besonders wenn wir mit ehemals wohnungslosen Menschen im Unterricht sind. Sie sagen zwar nicht so deutlich, oh, das haben wir alles gar nicht gewusst, wir bemerken ihre Betroffenheit aber an ihren Reaktionen und Nachfragen. Ein Buch über Obdachlosigkeit ist das eine, aber ein Schulbuch darüber muss anderen Ansprüchen genügen. Was macht aus dem Buch ein Schulbuch? Neben der schon angesprochenen Aufteilung in zwölf Module – das Modul „Auswege“ sollte
M.G. Ich bringe mein Pfand in der Regel eher
man übrigens nicht unterschlagen – gibt es zu jedem Modul Arbeitsanregungen und Frage-
selbst weg, zurück zur Abgabe. Das ist, glaub
stellungen. Um das zu vertiefen, haben wir dem Buch eine CD beigefügt. Mit viel Material für
ich, die bessere Lösung. Es geht uns ja nicht
den Unterricht. Da gibt es Arbeitsblätter, Rollenspielvorschläge, ein Armutsspiel, Bilder einer
darum, dass jeder möglichst viele Flaschen
Ausstellung und Meditationen.
auf die Straße stellt, damit die Pfandsammler etwas zum Leben haben. Dafür muss es vielmehr vernünftige Sozialgesetze geben, so dass jeder versorgt ist. Aber wenn man jetzt unterwegs ist und sich nicht anders zu helfen weiß, dann bitte die Pfandflaschen nicht in den Mülleimer werfen, sondern daneben stellen. Sozusagen als zweitbeste Lösung. (Sabrina Burbach www.street-papers.org, Draussenseiter – Germany) 34
Platte machen im Curriculum
Meditationen? Ja, uns ist sehr wichtig, dass die Jugendlichen sich einfühlen in die Welt der Wohnungslosen. Das Buch hat nicht in erster Linie Faktenwissen zum Ziel, sondern Empathie. Da sind Meditationen hilfreich. Nicht jede ist für jede Altersgruppe geeignet. Aber unsere ersten Erfahrungen zeigen, dass vieles passt. Wir sind übrigens an weiterem Feedback von Lehrern sehr interessiert, um eine eventuelle zweite Auflage noch zu verbessern. (Volker Macke) Ausweg Straße!? | Arbeitsbuch zum Thema Wohnungslosigkeit Mit Hintergrundinformationen, Lebensbeschreibungen, Aufgaben für Einzel- und Gruppenarbeit mit Jugendlichen und Erwachsenen, inklusive CD mit Vorlagen für Arbeitsblätter und anderen Materialien dialogverlag Münster | 136 Seiten, broschiert | 19,80 Euro.
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Dabei sein hat viele
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Die IG Metall finden Sie 3 x in Ihrer Region: 44793 Bochum, Alleestraße 80 Tel. 0234 – 96 44 60 44135 Dortmund, Ostwall 17 – 21 Tel. 0231 – 57 70 60 44623 Herne, Schulstraße 24 Tel. 02323 – 14 63 80 35
36 BODO GEHT AUS | von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski
Mittwochs bietet das Knut‘s seinen Gästen einen Mittagstisch. Spezialität des Tages sind dann Eintöpfe, die noch richtig klassisch zubereitet werden. Am Montag wird die Brühe angesetzt, dienstags auf eben dieser Basis gekocht und erst am Mittwoch kommt das fertige Gericht auf den Tisch. „Ein Eintopf muss mindestens einen Tag ziehen“, sagt Waldemar Riedel, als er uns das Lokal und seine Besonderheiten erklärt.
Es darf etwas Meer sein
Knut‘s | Witten „Klar lieben wir das Meer“, bestätigt Waldemar
renden Köpfen des Kulturvereins „Stellwerk“, der
Riedel. „Auch Knut ist ja ein typischer Matrosen-
seit einigen Jahren mit Straßenfesten, Theater-
name.“ Wer auf Details achtet, entdeckt weitere
aufführungen und Festivals im Wittener kulturel-
Belege: Schiffslampen hängen von der Decke und
len Leben Akzente setzt. Ihre im März letzten
bunte Dreieckswimpel, neben der Bar prangt in
Jahres eröffnete Bar soll als inspirierende Ein-
Öl gemalt ein Lastkahn, auf dem Bild über einem
richtung jungen und junggebliebenen Menschen
gemütlichen Sofa segnet Jesus das Gefolge aus ei-
im Stadtteil ein Treffpunkt sein. Eingeladen sind
nem Nachen, die Speisekarte ziert ein Ankermotiv.
alle „Menschen, die etwas bewegen wollen und
Dort findet sich unter anderem die „Kaperfahrt“,
Gleichgesinnte suchen. Menschen, die einfach
eine Buddel Rum mit sechs Kola für 26,00 Euro.
den kreativen Trubel genießen.“
Vier Euro weniger kostet das Gedeck, wenn jeder, der mittrinkt, einen seebärigen Vollbart trägt.
Deswegen finden hier unter dem Motto „Klein Knut´s Abend“ mehrmals im Monat Konzerte oder
Sollte an dieser Stelle der Eindruck entstanden
Lesungen statt. Als Bühne dient dabei das bereits
sein, beim Knut‘s handele es sich um eine origi-
erwähnte Sofa. Und deswegen wurde vor zwei
näre Vollrauschförderungsanstalt, dieser Anschein
Monaten außerdem in Räumlichkeiten hinter dem
trügt. Neben einer mustergültig zusammengestell-
Lokal „Knut‘s Studiobühne“ eröffnet, ein kleines
ten Palette an Softdrinks, angefangen bei Viva
Off-Theater mit fünfzig Plätzen. Das kann von an-
con Agua über diverse Säfte (auch als Schorle zu
sässigen Theaterinitiativen angemietet werden,
Wir können bei unserem Besuch zwischen einem
haben), Fritz Kola, Bionade, Malzbier, Club Mate
engagiert werden Gruppen von Außerhalb, das
Ungarischen Paprikaeintopf (6,50 Euro) und ei-
bis hin zum immer beliebter werdenden Thomas
Bochumer Rottstraßen-Theater beispielsweise,
ner Blumenkohl-Gorgonzola-Suppe (5,10 Euro)
Henry Sortiment, gibt es eine erkleckliche Reihe
zukünftig sollen aber auch eigene Produktionen
wählen. Und, so viel sei verraten, wo mit dieser
Tee- und Kaffeespezialitäten. Und Chai Latte und
auf die Beine gestellt werden. Wozu sonst hat man
Hingabe gekocht wird, schmeckt das Ergebnis ent-
heiße Schokolade. Alles zu fairen Preisen.
einen Theaterpädagogen an Bord? Der gab auf der
sprechend. Mit einigem Recht sind sie im Knut´s
36
Bühne vor einiger Zeit einen wuseligen Briefträ-
ziemlich stolz auf ihre Suppen und Eintöpfe, der
En passant verrät die Karte, dass man im Knut‘s
ger namens Knut Schmitt. Das ist im Übrigen die
Schwerpunkt der Karte aber liegt bei vielseitig
die Welt mit offenen Augen betrachtet. An-
inoffizielle Herleitung von „Knut‘s”. Offiziell aber,
belegten und kombinierbaren „Brettchen“, Bio-
spruch, Humor und Kreativität dienen als Koor-
lässt man den Apostroph mal weg, ist es das Ana-
Landbroten mit Dips, diversem Aufschnitt und me-
dinaten. Alles kein Wunder, wenn man weiß, dass
gramm von Kunst. (wk)
diterranen Beilagen aus der Antipasti-Abteilung.
die Betreiber in der Kulturszene zu Hause sind
Dazu wird eine Karaffe Wein gereicht. Was nicht
und ihr Lokal, auch wenn es gar nicht danach
Knut‘s
heißen soll, dass es kein Bier gäbe, Astra unter
aussieht, eigentlich ein entsprechendes Vereins-
Wiesenstraße 25 | 58452 Witten
anderem, denn Astra kommt aus Hamburg, die
heim ist. Waldemar Riedel (Veranstalter), Gabriel
Mi. und Sa. ab 12 Uhr
Hamburger haben einen Hafen und die Betreiber
Schunck (Theaterpädagoge) und Philip Asshauer
Do., Fr. und So. ab 16 Uhr
vom Knut‘s eine Vorliebe für alles Maritime.
(Kunstpädagoge) gehören nämlich zu den füh-
02302 – 203 89 21 | www.knuts-witten.de
37 Fehlersuchbild – Lösung: 1) Die Kennzeichnung des Computers ist "HAL 90000" statt 9000, 2) oben hat er einen rechteckigen Knopf zu viel 3) unten fehlt ihm ein kleiner Lüftungsschlitz 4) und über seiner roten Augenlinse fehlt die schwebende Augenbraue, 5) Bowmans Haare sind im Nacken länger, 6) er ist unrasiert, 7) auf dem Rücken seines Raumanzuges fehlt die Quernaht 8) und der Stiel seines Schraubenschlüssels ist etwas länger, 9) die zentrale Sprechblase ist größer und 10) in einer Sprechblase fehlt ein Rufzeichen.
Finde die 10 Unterschiede im rechten Bild. Viel Erfolg! Rätsel-Lösung: PAARLAUF
RÄTSEL | von Volker Dornemann
37
38 LESERSEITE
bodo dankt:
Sparkasse Bochum
Christian Müller, Oliver Stiller, Esther Hagemann, Udo Nagel, Wolf Stammnitz, Christoph Neumann, Hardeep Singh und Elisabeth Malassa, Dr. Rinnert Siemssen, Volker Schaika, Erika Maletz, Thorsten Baulmann, Hannelore Thimm-Rasch, Gerhard Volpers, Elsemarie Bork, Peter Lasslop, Christina Kolivopoulos, Jutta und Wido Wagner, Kathrin Bohr, Klara Lehmann, Olaf Authorsen, Christine und Johannes Sock, Sabine Raddatz, Petra DanielsenHardt, Thomas Kirschdorf, Silke Harborth, Hildegard Reinitz, Dolf Mehring, Timo Zimmermann, Iris Springer, Ruth Hanke, Soth-Dykers, Doris Buderus, Annette Düe, Christian Müller, Gerd Schlitzer, Lieselotte Markgraf, Udo Möller, Dr. Thomas Kriedel, Liane Göbel, Brigitte VossOlschewski, Heinz-Jürgen Wiemers, Barbara Steffens-Urban und Dieter Urban, Dr.med.vet. Karen Elisabeth, Ina Krebs und Dieter Gröne-Krebs, Christiane Ebbert, Christa Fuhrländer, Hanne und Kurt Kriegesmann, Irmela Witte, Eduard Kock, Wolfgang Schlesiger, Uwe Lück, Ida Zurek, Margarete Kissing, U. Zschoche, Siegmar Welski, Dr. Josef Balzer, Alexander Barbian-Steinfort, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix
Dortmund, Alter Markt: Junggesellinnen-Abschiede sind zwar nicht jedermanns Sache. Unser Verkäufersprecher Günter lässt sich allerdings gern zu einem Tänzchen bitten. Alles Gute, Justyna!
Zulechner, Ingeborg Schumacher, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals,
LESERBRIEFE
Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stan-
Liebe bodo-Leute,
ge, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis
ich muss euch einmal ein großes Lob für euren Buch-
en Ausgabe... Eure Verkäufer sind nett und freundlich
Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula
laden machen. Ich hatte euch früher schon mal Bücher
(superklasse fand ich, als ich mich vor ein paar Wochen
vorbei gebracht, als ihr noch an der Mallinckrodtstraße
mit schwerem Gepäck Richtung Parkhaus begab, eine
er, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd
wart. Jetzt war ich zum ersten Mal „stöbern“ in eurem
bodo auf dem Weg kaufte und der bodo-Verkäufer mir
Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank
Laden in der Stadt: wirklich ein tolles Angebot.
anbot, die Tüten für mich zu tragen) und gewonnen
Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R.
Nur eine Bitte: Könnt Ihr deutlicher auf eure Home-
habe ich auch schon was bei Euch. Kurz gesagt: Macht
Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo
page schreiben, dass der Buchladen nicht um 9 Uhr
weiter so, ich freue mich, dass es Euch gibt.
aufmacht, wie euer Büro, sondern erst um 10 Uhr. Ich
Viele liebe Grüße, Cornelia Seifer
Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheu-
Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Krtizler, Ursula Machatschek, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge
war nämlich zu früh da (aber eure nette Mitarbeiterin
Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno
hat mich trotzdem reingelassen :-)
Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer,
Liebe Grüße, Kerstin
Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn,
Liebe bodo Redaktion, den Kommentar „Hartz fear“ über die „ständige Angst, da reinzugeraten und nie wieder rauszukommen“, fand ich
Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz,
Hallo, liebe bodos,
sehr gut. Jegliche Abwiegelung solcher Statistiken als
Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber,
lange schiebe ich es schon vor mich her, heute komme
nicht „aussagekräftig“ empfinde ich als völlig verlogen.
ich endlich dazu, bzw. denke daran und tue es auch.
Ich war vor kurzem genau in dieser Situation. Als Bezie-
kel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan
Ich muss Euch nun endlich mal schriftlich loben und
herin von Arbeitslosengeld entwickelte sich der Sommer
Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowny, Daniela Gerull,
es nicht immer „nur“ über meine bodo-Verkäufer in der
zum reinen Horrortrip. Irgendeinen Job finden, bevor der
Dieter Schibilski, Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger,
Dortmunder City ausrichten lassen: Ihr habt Euch in
Gang zum Amt droht – Hartz fear. Absolute Ausweglosig-
den letzten Jahren inhaltlich toll entwickelt und die
keit, zum Verrücktwerden. Kein „Konstrukt“ einer Statis-
schadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst,
bodo lese ich richtig gerne... das merke ich daran, dass
tik sondern Lebensrealität und nicht nur meine.
Christoph Grüter, Jörg Gruda
ich Anfang des Monats Ausschau halte nach der neu-
Vielen Dank für diesen ehrlichen Text, Susanne
Monika Bender, Petra Bender, Eberhard Garburg, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Mär-
Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dieter Zawodniak, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Po-
CARTOON | Idee und Zeichnung: Volker Dornemann
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Zum Tode von
19.000 Bootsflüchtlingen 1988 bis 2013 Wir gedenken der Tausenden Frauen, Kinder und Männer, die vor den Toren Europas ihre Leben verloren und trauern mit ihren Familien. In den vergangenen 25 Jahren starben schätzungsweise 19.000 Menschen auf der Flucht nach Europa. Wir fordern die Regierungen der EU auf, ihre systematischen Menschenrechtsverletzungen im Rahmen ihrer europäischen Asyl- und Flüchtlingspolitik der militarisierten Abschottung, der Entrechtung und Kriminalisierung von Menschen umgehend zu beenden. Frontex muss abgeschafft werden. Abschiebungen müssen gestoppt werden. Wir fordern offene Grenzen für Menschen in Not.
Jürgen Klute im Namen der Delegation
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