bodo Novemer 2014

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2.50 Euro | 1,25 Euro für den Verkäufer

bodo

November 2014

GA DAS STRASSENMA

Z IN

Nermina Kukic | Rottstraße statt Marienhof Moondog | Klassische Musik von der Straße Flaschensammler | Für vielleicht acht Euro am Tag 1


Mehr unter www.sharedichdrum.de

2


INHALT | EDITORIAL

04

Nermina Kukic Nermina Kukic spielt Marilyn, Dennis Hopper, Heidi Klum im Rottstr5-Theater.

Vorher war sie Susi Schäfer in der Serie Marienhof. Ein Porträt der Bochumerin vom Balkan, der Wuppertaler Weltbürgerin, einer deutschen Schauspielerin. Von Tom Thelen

12

„Wir wollen Grenzen verschieben.“ Circa 1,6 Millionen Menschen nutzen in Deutschland einen Roll-

stuhl. Wie gut sie sich damit bewegen können, hat große Bedeutung für ihre Lebensqualität. bodo hat in Dortmund einen Mobilitäts-Workshop besucht.

18

Von Sebastian Sellhorst

Cents im Müll Pfandflaschensammler: Sinnbild für wachsende Armut und Einsamkeit.

Katrin, Ingrid und Klaus sind drei von vielen Tausend in Deutschland. Sie suchen nach Flaschen für 8, 15 oder 25 Cent das Stück. Jetzt ist auch die Wissenschaft auf das Phänomen aufmerksam geworden. Von Volker Macke

34

Moondog Der blinde Musiker Louis Thomas Hardin, Künstlername Moondog,

verbrachte einen Großteil seines Lebens auf der Straße. Manchen gilt er als einer der wegweisenden Künstler des 20. Jahrhunderts. Unter Leitung seines Schülers Stefan Lakatos wird nun in Dortmund eine Auswahl seiner Werke aufgeführt. Von Wolfgang Kienast

03 Inhalt | Editorial 07 Straßenleben | Kongress der Straßenkinder 07 Impressum 08 Neues von bodo

Liebe Leserinnen und Leser,

16 Kultur | „Wir: Echt Nordstadt“ 16 Recht | Sozialleistungen trotz Sparkonto 17 Wilde Kräuter | Vogelmiere 22 Kommentar | Hooligans und Salafisten 22 News

dies ist die zwölfte Ausgabe des Straßenmagazins im Magazinformat. Vor einem Jahr haben wir uns entschieden, bodo eine neue Form geben – eine gute Entscheidung. Der Schritt vom Zeitungs- zum Magazindruck (und damit auch zu einem höheren Preis) war ein Wagnis, das wir aus drei Gründen eingegangen sind:

23 Die Zahl | Das Foto

Zuallererst wollten wir, dass für die harte Arbeit unserer Verkäuferinnen und Verkäufer mehr

24 Netzwelt | Feminismus im Pott

Geld bei ihnen bleibt. Den Preis ohne „Gegenleistung“ zu erhöhen, kam für uns nicht infrage,

24 Kinotipp | Mommy 25 Veranstaltungskalender | Verlosungen 32 bodo geht aus | Latino Sol

auch Sie sollten für ihr Geld mehr bekommen. Erleichtert können wir in der Rückschau sagen: Es hat funktioniert. Unsere Verkäufer haben viele positive Rückmeldungen erhalten und neue Kunden gewonnen, wir freuen uns über einen stetigen Zuwachs an neuen Verkäufern.

33 Kultur | Kinofest Lünen 39 Verkäuferporträt | Sonia, Christian und Flavius 40 Reportage | Anime, Manga und Cosplay 44 Bücher

An zweiter Stelle hatten wir uns erhofft, dass ein Magazin länger auf dem Küchen- oder Wohnzimmertisch verweilt als eine Zeitung. Für unsere längeren Geschichten braucht es Muße und den passenden Zeitpunkt, um noch einmal „hinein zu blättern“. Die gestiegene

45 Rätsel

Zahl Ihrer Leserbriefe lässt uns vermuten, dass auch das funktioniert hat.

46 Leserpost, Comic

Drittens wünschten sich unsere Verkäufer, dass wir uns klar absetzen von „Schein“-Straßenzeitungen, die Kooperation mit uns verweigern, und die statt wirklicher Hilfe Profite von

bodo SCHA FFT CHAN CEN

Machern oder Zwischenhändlern als Ziel haben. Die gibt es leider. Und auch hier ist es uns gelungen, durch das ganz andere Erscheinungsbild nicht mehr verwechselt zu werden. In diesem Monat werden wir uns zusammensetzen, um zu sehen, was wir im zweiten Magazinjahr besser machen können. Wir freuen uns auf Ihre Anregungen. Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de 3


MENSCHEN

Nermina Kukic:

Nie mehr Susi Schäfer

„Ich wusste aber lange nicht, dass Kultur ein Beruf sein kann.“

4


Nermina Kukic spielt Marilyn, Dennis Hopper, Heidi Klum in einem kleinen Bochumer Off-Theater. Vorher war sie Susi Schäfer in der Serie „Marienhof“. Ein Porträt der Bochumerin vom Balkan, der Wuppertaler Weltbürgerin, einer deutschen Schauspielerin. Von Tom Thelen | Fotos: Daniel Sadrowski

„Die Aufgabe des Schauspielers ist Einfüh-

ser, die Mutter, nur 21, Fabrikarbeiterin – die

sie nicht getan. „Bist Du stolz auf mich?“

lung“, sagt sie. Ein Statement, ein Credo,

Kinder sollten es besser haben. Nermina das

– Nermina musste ihren Vater zwingen, sie

etwas altmodisch wirkend, doch so wie es

erste, dann noch drei Mädchen, bis dann als

anzuschauen und zu antworten. Schwer

die 43-Jährige sagt, klingt es überzeugend.

fünftes Kind der erwünschte Sohn kam.

erkämpfte, gelebte Emanzipation. Von

Blickt man auf die Lebensgeschichte dieser

der Gastarbeitertochter zur diplomierten

so überaus wach wirkenden Frau, so passt

Schnell wurde bemerkt, dass die Erstgebo-

das. Denn die 1971 im damals jugosla-

rene sprachbegabt war. Deutsch lernte sie

wischen, heute mazedonischen Skopje gebo-

auf der Straße „von den netten Cronenber-

Einer freien Theaterbühnenkarriere in

rene Nermina, Tochter albanischer Eltern

ger Kindern“, in der Grundschule war sie

Darmstadt, Aachen, Wuppertal, Frankfurt

mit serbokroatischem Hintergrund aus

spitze, das Gymnasium schaffte sie leicht,

und weiteren Häusern folgte bald die nächs-

dem südlichen Montenegro, muslimischen

und doch war das Leben nicht leicht für so

te Identitätsfrage: Was will ich sein, wie will

Glaubens, die mit drei Jahren nach Wupper-

eine wie die Nermina: „Wir durften nichts,

ich leben? Schauspielerin, Mutter, Ehefrau.

tal kam, kennt sich aus mit Identität und mit

vieles musste heimlich geschehen, das

Ausrufezeichen, Fragezeichen. Die Antwort

Zuschreibung. Mit Masken und mit Schein

zerrt an der Psyche.“

war keine, sondern Pragmatismus. Sieben

und Sein. „Jetzt siehst du aus wie ein rich-

deutschen Theaterschauspielerin.

Jahre „Marienhof“, Susi Schäfer. Sieben Jahre

tiges Gastarbeiterkind“, soll die Aufpass-

Wie eine Befreiung dann das Theater: „Ich

Vorabend-TV, Boulevard, Flachsinn, Comedy.

Oma mit jüdischem Hintergrund einmal im

wusste aber lange nicht, dass Kultur ein

„Was mach‘ ich hier überhaupt?“ Eine Rolle

beschaulichen Wuppertal-Cronenberg zur

Beruf sein kann“, so Kukic. Sie studierte

aber, die im Tagesablauf zu den anderen

kleinen Nermina gesagt haben. Aber wie

ein wenig, sammelte Erfahrungen im

Rollen im realen Leben passte. Aber eben

zum Teufel sieht ein Gastarbeiterkind aus,

Off-Theater TiC, sah Pina-Bausch-Tanz-

nicht unbedingt zur Künstlerin Kukic, auch

fragte sich Klein-Kukic.

Stücke und fand ihren Weg: der führte

wenn diese der aufstrebenden kölschen Su-

auf die Schauspielschule in Bochum. „Hier

permarktkassiererin schon mal Shakespeare

Gastarbeiter waren ihre Eltern zweifellos.

gefiel es mir, es war so schön hässlich.“ Das

oder Garcia Lorca in den Mund legte.

Deshalb wohnte man auch explizit „nicht

Schauspielhaus führte damals Leander

da, wo die Gastarbeiter wohnten“. Der Vater,

Haußmann und seine wilde Truppe – „laute

Susi Schäfer ging auf Weltreise, als Nermina

erst 23, als er nach Deutschland kam, Schlos-

Leute, ohne Benehmen, lustig.“ Beim Ab-

ein zweites Kind bekam. Dann verließ Susi

schlussstück dann: Nermina nackt auf der

ihren Mann, zog weg nach Bremen, eröff-

Bühne, der Vater im 800-köpfigen Publi-

nete einen Kosmetiksalon, und Nermina

kum. Mutter sollte es ihm vorher sagen, hat

weiter. Raus auch aus der bunten Presse, weg von Autogrammkarten. Dahin, wo sie heute noch spielt: in das Off-Theater an der Rottstraße in Bochum.

Geboren in Skopje lebt mit Mann und zwei Kindern in Düsseldorf Beruf: Schauspielerin Literatur: D.F. Wallace, Clemens Meyer, Siegfried Lenz Musik: Bob Dylan, Emmylou Harris Hobbies: „Lesen, wachen, lange Briefe schreiben und in den Alleen unruhig wandeln, wenn die Blätter treiben“

5


MENSCHEN

„An der Schauspielschule in Bochum gefiel es mir, es war so schön hässlich.“

Wieder Bochum, ihre Theaterstadt. Zunächst holten Arne Nobel und Martin Fendrich – gute alte Bekannte aus der Zeit am Schauspielhaus – sie dahin, aber auch deren Nachfolger Hans Dreher und Oliver Thomas halten an ihr fest. Ihr Debüt im Rottstr5-Theater feierte sie mit einer Rezitation von „The Waste Land“ von T.S. Eliot. „Ich wollte wissen, ob ich das noch kann.“ Sie konnte. Bravourös. 433 auswendig gelernte Zeilen voller literaturgeschichtlicher Zitate und Anspielungen. Persönliche Krisenerfahrungen Eliots, Bilder der Zerstörung, des Verdorrens der Welt, erschienen 1922. Ein Kraftakt, der vor allem zeigte: Ich bin eine Schauspielerin, ich beherrsche Texte, ich sage nicht nur Quatsch vor der Kamera auf. Seither ist sie im Hause vor allem Spezialistin für Biografie-Projekte und andere experimentelle Formate. Immer wieder stellen sich ihre Abende die Frage: „Warum sind die so? Warum wird ein Superstar depressiv? Was liegt darunter?“ Gekennzeichnet sind sie oft von stupender Belesenheit, glänzender Recherche und einem bitteren Humor, oft schonungslos und enorm treffend. Dazu präzise Musikeinrichtung, wilde Inszenierung. Große Kunst im kleinen Theater. Das muss nicht, das soll nicht so bleiben. Die Kukic will auch gerne wieder auf die große Bühne. Aber: „Schauspieler sind die Arschlöcher des Betriebs.“ Das sonnenkönigzentrierte Stadttheatersystem wartet beileibe nicht auf eine wie Nermina Kukic. Aber das ist nichts Neues für sie.

Nächste Action-Lesung „50 Shades of Grey“ am 28. November 2014 um 19.30 Uhr Rottstr5 Theater, Bochum Eintritt 13 Euro inkl. Freigetränk/ erm. 7 Euro www.rottstr5-theater.de

6


STRASSENLEBEN

IMPRESSUM

„Mein Name ist Mensch“ Respekt, unbürokratische Unterstützung, Bildungszugang und qualifizierteres Personal bei Behörden, Jugendämtern und Polizei, das die speziellen Sorgen von jungen Obdachlosen kennt – so die Forderungen von über 120 Jugendlichen auf dem 1. Bundeskongress der Straßenkinder in Berlin. Von Antje Mosebach | Foto: Karuna e.V.

Herausgeber, Verleger, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign 0231 – 106 38 31, info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Wolfgang Kienast, Volker Macke, Antje Mosebach, Bastian Pütter, Petra von Randow, Rosi, Susanne Schröder, Sebastian Sellhorst, Tom Thelen Titelfoto: Daniel Sadrowski Fotos: Bianka Boyke (16), Andreas Düllick (20), Klaus Dürger (11), Günther Goldstein / Kinofest (33), Homeless World Cup (46), Felix Huesmann (22), Karuna e.V. (7), Mara Klein (19), Stefan Lakatos (3, 34, 37), pixelio.de (22), REUTERS/Kai Pfaffenbach (23), Sabrina Richmann (3, 12, 13), Daniel Sadrowski (3, 4, 5, 6, 32, 36, 38 ), Sebastian Sellhorst (3, 8, 9, 14, 15, 18, 39, 40, 41, 42, 43), Claudia Siekarski (9, 11), Stefan Tuschy, Bande – für Gestaltung (17), Dietmar Wäsche (16) Cartoon: Volker Dornemann Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare (BO, DO und Umgebung) Redaktions- und Anzeigenschluss: für die Dezember-Ausgabe 10.11.2014 Anzeigen: Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8, Juli 2012

Ziel des Kongresses unter dem Motto „Mein

zum Teil ungewöhnlich konkrete und kon-

Name ist Mensch“ war, auf die Situation

struktive Vorschläge erarbeitet, darunter

der schätzungsweise 20.000 Kinder und

verpflichtende Weiterbildungsmaßnahmen

Jugendlichen aufmerksam zu machen, die

für Jugendamtsmitarbeiter und Lehrer, die

in Deutschland auf der Straße leben. „Der

Einführung einer unabhängigen Beschwer-

Kongress bietet erstmalig die Chance, dass

destelle, wo Beschwerden gegen Polizisten

sich die betroffenen Jugendlichen bei der

ernst genommen werden, oder die Modifi-

Politik Gehör verschaffen“, so Jörg Richert

zierung des Jugendstrafsystems.

vom Jugendhilfeverein KARUNA, einer der Organisatoren.

Am 12. November übergeben die KongressteilnehmerInnen ihren Forderungskatalog

In 11 Arbeitsgruppen haben junge Menschen

offiziell dem Bundesministerium für Fa-

aus ganz Deutschland zwei Tage lang über

milie, Senioren, Frauen und Jugend – und

ihre Situation und Zukunft diskutiert und

werden ab da zusammen mit Ministeriums-

einen

mitarbeiterInnen an der Umsetzung konti-

mehrseitigen

Forderungskatalog

aufgestellt: Straßenkinder wollen am ge-

nuierlich arbeiten.

sellschaftlichen Miteinander teilhaben. Sie wehren sich gegen Behördenwillkür, Dis-

Eine zweite Konferenz, diesmal sogar mit in-

kriminierung und Stigmatisierung durch

ternationaler Beteiligung, ist für das nächste

Polizei und Passanten auf der Straße. Sie

Jahr bereits in Planung.

wissen, dass sie mit ihren Erfahrungen wie häuslicher Gewalt, Missbrauch und Sucht besondere Hilfe bei der Bewältigung ih-

Alle Infos unter

rer Traumata benötigen. Hierfür haben sie

www.karunaberlin.de

Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kostenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert eingesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehalten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund, 0231 – 950 978 0 www.bodoev.de, facebook.com/bodoev Vorstand: Andre Noll, Nicole Hölter, Marcus Parzonka vorstand@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Bastian Pütter, 0231 – 950 978 12 , redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft BLZ: 370 205 00, Konto-Nr.: 722 39 00 IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00 BIC: BFSWDE33XXX

7


NEUES VON BODO

bodo auf der Buchmesse

Feiern unterm Biobaum

„Die Stadt gehört allen!“

Die Welt des Buches – hautnah: Mit unse-

Nach dem erfolgreichen Start im letzten

„Vertreibung ist keine Lösung!“ – am 17. Ok-

ren Auszubildenden und Mitarbeiterinnen

Jahr findet am Samstag, 13. Dezember, der 2.

tober, dem UNO-Welttag für die Beseitigung

von bodos Buchladen haben wir die Frank-

Bio-Weihnachtsbaumverkauf des Öko-

der Armut, machten Mitglieder und Freunde

furter Buchmesse besucht. Ein beeindru-

Netzwerks Dortmund statt. Der Erlös wird

der Suppenküche Kana in der Dortmunder

ckendes Erlebnis.

wieder für einen guten Zweck gespendet –

Innenstadt auf die wachsende Vertreibung

diesmal dürfen wir, bodo e.V., uns freuen.

und Ausgrenzung obdachloser Menschen in

„Ich hatte gar keine Vorstellung von so einer

Europa und in der Stadt aufmerksam.

Veranstaltung“, so Susanne Meyer, „ich war

Das ÖkoNetzwerk ist ein regionaler Zusam-

ganz aufgeregt – und es war einfach toll!“ Die

menschluss von Betrieben, die ökologische

Mit einer Mahnwache forderten sie Solidarität

Größe der Messehallen, die Menge an neuen

Produkte und Dienstleistungen anbieten

mit den Ärmsten, es gelte, die „Not der Betrof-

Büchern, interessanten Menschen und Veran-

– mit mittlerweile 17 Mitgliedern u.a. aus

fenen anzunehmen“, statt sie durch Verdrän-

staltungen hatten alle vier so nicht erwartet.

den Bereichen Lebensmittel, Architektur,

gung vermeintlich unsichtbar zu machen.

„Das ist viel zu groß für einen Tag“, stellte

Energie, Kleidung und Baustoffe.

Julia Cöppicus am Ende des Tages fest.

Während die europäische Finanzkrise vor

Dazu gehört der bewusste Umgang mit der

allem in Südeuropa Hunderttausende

Aber trotzdem haben sie viel mitgenommen

Natur – auch beim Weihnachtsbaum: Statt

obdachlos gemacht habe, die statt mit einer

– für sich und unseren Buchladen: Sie konn-

Chemiekeule und Monokultur werden ohne

gerechten Sozialpolitik oft mit Sanktionen

ten ungezwungen stöbern, sich in Bücher

Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger ge-

und Vertreibung aus den Innenstädten kon-

einlesen und durch Leseexemplare neue

zogene Blaufichten und Nordmanntannen

frontiert seien, wachse auch in Deutschland

Autoren und Themengebiete kennenlernen.

zwischen 1 bis 2,20 m verkauft .

die Zahl der Wohnungslosen wieder.

Beeindruckt waren sie auch von den guten

Vorbestellungen der Weihnachtsbäume sind

Allein bei „Kana“ erhalten täglich 300 Gäste

Gesprächen, die sie mit „netten Menschen“

möglich bei: Kornhaus Naturkost, FairBlei-

ein warmes Mittagessen, das sie sich sonst

an den Ständen geführt haben. So viele Ein-

ben, Naturmöbelhaus Ökologia, Weinblatt.

nicht leisten können. Der ehemalige Woh-

drücke verlangten allerdings auch Pausen:

Verkaufsort ist in Dortmund vor der Nicolai-

nungslosenseelsorger Reinhart Ellbracht

Bei den Kochshows in der Gourmet-Gallery

kirche an der Lindemannstraße 70.

warb dafür, sich an die „Seite der Armen zu

oder draußen an der frischen Luft.

www.oekonetzwerk-dortmund.de

stellen“, denn: „Die Stadt gehört allen!“

„Ich würde alles noch mal genauso machen.“

8

Am 1. Oktober verstarb bodo-Verkäufer

zu erzählen, dauerte es nicht lange, bis

Franz-Wilhelm im Alter von 70 Jahren nach

wir gemeinsam vor einem Globus saßen,

langer Krankheit. Vier Jahre lang ver-

während Franz-Wilhelm von den vielen

kaufte er das Straßenmagazin, sowohl in

aufregenden Stationen seines Lebens

Dortmund als auch in Bochum. Trotz seiner

berichtete: Mit dem Schiff in die USA, mit

Lungenkrankheit, die ihn zwang, eine

dem Wohnmobil durch Mexiko und Süd-

Sauerstoffflasche mit sich zu führen, war

amerika, beruflich in Indien. Über alle fünf

Franz-Wilhelm immer viel unterwegs – und

Kontinente führte ihn seine spannende

das schon sein ganzes Leben lang.

Lebensgeschichte.

Als er uns vor zwei Jahren in seine Woh-

Wieder im Ruhrgebiet kam er zu bodo.

nung in der Dortmunder Nordstadt einlud,

Auch an Tagen, an denen er nicht das

um uns von seinem ereignisreichen Leben

Straßenmagazin verkaufte, besuchte


www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev

Benefiz mit „Minor Swing“ Ganz im Stile Django Reinhardts wird die Dortmunder Gruppe „Minor Swing“ am 14. November in unserer Benefizreihe „2. Freitag“ Rhythmus in die bodo-Buchhandlung am Schwanenwall bringen.

Perspektivenwechsel

Die Besetzung besteht aus drei Gitarren, Akkordeon, Posaune, Kontrabass und Gesang.

Soziale Stadtführungen durch bodo-Verkäufer

Informationen zu den Hilfe- und Selbsthilfe-

– in Bochum ein eingespieltes Format, in Dort-

netzen in der Stadt.

mund ganz neu auf dem Veranstaltungsplan. Nach einer Premiere im Rahmen des FavoritenTheaterfestivals geht es nun an jedem zweiten Samstagvormittag u.a. zu Übernachtungsstelle, „Brückentreff“ und Bahnhofsmission.

aber auch schnellere Songs bis hin zu Tangostücken oder selbstkomponierten Musette-

in Dortmund ein Stadtführer-Team und eine

walzern. Wer jedoch braven Rollkragenjazz

Route durch Innen- und Nordstadt, auf der

erwartet, wird enttäuscht: Geboten wird ein

sich an jedem zweiten Samstag Türen öffnen,

höchst unverkrampfter und unterhaltsamer

die dem „Normalbürger“ sonst verschlossen

Umgang mit dem musikalischen Material.

bleiben und auf der neue Einsichten und Pers-

dritten Samstag – das nächste Mal am 15. No-

pektiven gewonnen werden können.

in der Stühmeyerstraße. Auf dem Programm steht ein zweistündiger Stadtrundgang mit unseren Experten, die mit Ihnen die Orte besuchen, an denen sich Menschen ohne Woh-

ges“, „Tears“, „J‘attendrai“ und „Küss mich“,

Nach langer Vorbereitung haben wir nun auch

In Bochum treffen sich Interessierte an jedem vember – um 11 Uhr vor der bodo-Anlaufstelle

Zum Repertoire gehören Stücke wie „Nua-

Und am 12.12. freuen wir uns auf Sascha Bisley. Der Dortmunder Autor und Blogger mit

Auch individuelle Führungen für Gruppen

bewegter Biografie blättert für uns in seinem

können gebucht werden. Für beide Führungen

„dortmund-diary“ mit Texten „zwischen total

bitten wir um telefonische Anmeldung in

asozial und erschreckend eloquent“.

Dortmund unter 0231 – 950 97 80.

Die Veranstaltungen starten um 19.30 Uhr

nung aufhalten, und Einrichtungen, die den

Dortmund, 12 Uhr, bodo Buchhandlung,

in unserem Buchladen am Schwanenwall 36

Menschen auf der Straße Hilfe anbieten. Sie

Schwanenwall 36 – 38

– 38. Der Eintritt ist frei, Spenden kommen

beschreiben eigene Erfahrungen und liefern

Bochum, 11 Uhr, bodo, Stühmeyerstraße 33

den Beratungsangeboten von bodo zugute.

Rosi, bodo-Verkäuferin in Dortmund Liebe Leserinnen und Leser, er uns oft auf einen Kaffee. Für ein Verkäuferporträt erzählte er uns vor zwei Jahren: „Mir hilft der Verkauf sehr. Aber eigentlich geht es mir gar nicht nur um das Geld, mittlerweile sind meine Kunden, die Kollegen und bodo richtig

nun ist der wunderschöne Herbst da. Das Blattwerk hat wundervolle Farben. Da denke ich manches Mal daran, wie oft ich früher mit meinem Enkelkind im Wald war und Blätter gesammelt habe. Ich habe jetzt einen Stromtest machen lassen, um herauszufinden, wo meine Stromfresser sind. Es ist der Boiler unter der Spüle, der heizt und heizt. Jetzt habe ich den Stecker gezogen – und spare eine Menge Strom.

wichtig geworden.“

Hier noch ein Rezept, Möhren-Fisch-Topf: 1 gr. Zwiebel, 1 EL Fett, 50 g Speck (dünne Scheiben), 375 g

Trotz seiner schweren Krankheit kam sein

gewürfelte Zwiebel in dem erhitzten Fett dünsten. Den Boden eines Topfes mit den Speckscheiben

Tod für uns alle völlig überraschend. Wir trauern mit Franz-Wilhelms Familie und seinen Freunden.

Kartoffeln, 375 g Möhren, 500 g Fischfilet, 2 EL Tomatenmark, 0,5 l Wasser, Salz, gehackte Kräuter.Die auslegen, darauf die Zwiebel, die geschälten und in Scheiben geschnittenen Kartoffeln und Möhren sowie die leicht gesalzenen Fischstücke. Tomatenmark und Wasser verquirlen und über das Gericht gießen. Zugedeckt langsam kochen und vor dem Auftragen mit den Kräutern bestreuen. Ich wünsche einen guten Appetit! Ihre Rosi 9


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ordneteres Leben zu starten, darum geht es bei bodo. Mit Ihrer Spende helfen Sie helfen. Weder öffentliche Mittel noch große Unternehmensspenden tragen unsere Arbeit, sondern die vielfache Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger der Region. Unsere Beratungs- und Betreuungsangebote sowie die Versorgung unserer Verkäuferinnen und Verkäufer – von den bodo-Aufwärmcafés bis zur Neuanschaffung warmer Verkäuferjacken und Kapuzenpullover – werden allein durch Spenden finanziert. Mit Ihrer Unterstützung machen Sie unsere Arbeit erst möglich. Durch den sparsamen Umgang mit unseren Mitteln gelingt es uns, den Spendenbedarf relativ gering zu halten, trotzdem sind Bereiche wie die Betreuung und Beratung unserer mehr als 100 Verkäufer allein auf Ihre Mithilfe angewiesen. bodo ist als gemeinnützig und mildtätig anerkannt.

Nachhaltig helfen Es gibt viele Wege, durch eine regelmäßige Unterstützung unsere Arbeit planbarer zu machen und auf Dauer sicherzustellen. Werden Sie Fördermitglied und unterstützen Sie uns mit einem monatlichen oder jährlichen Betrag. Oder schließen Sie für Ihre Firma, Ihre Praxis oder Ihre Mitarbeiter bodo-Abos ab, die Ihr Verkäufer zum Monatsanfang vorbeibringt. Vielleicht möchten Sie auch im Straßenmagazin werben? Sprechen Sie uns an, wir freuen uns. Bank für Sozialwirtschaft BLZ: 370 205 00 Konto-Nr.: 722 39 00 IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00 BIC: BFSWDE33XXX 10


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Kochen, Backen, Bücher kaufen

15 Jahre „ObdachlosenKaffee“

In unserem Dortmunder Buchladen ist

An fünf Sonntagen der Wintermonate lädt

eine ganze Wagenladung neuwertiger

die Dortmunder Gemeinde St. Reinoldi

oder „unbenutzter“ Kochbücher einge-

Menschen in Not in ihre Kirche zu Kaffee,

troffen. Es ist ja bald Weihnachten…

Kuchen und belegten Brötchen, Gesprächen und Gesang. Seit 15 Jahren. Anlass für das

Neben Krimis und Romanen aus zweiter

Ausstellungsprojekt „Ziele unseres Lebens“.

Hand, Sach- und Fachbüchern, Seltenem und Antiquarischem gibt es bei bodo

Die „gelebte Gastlichkeit“ startete im Herbst

immer gute, aktuelle Bücher aus den Berei-

1999 – als ein ökumenisches Projekt von

chen Kochen, Backen, Hobby und Freizeit.

Gemeinden der Dortmunder Innenstadt in

Nun ist ein besonders schöner Schwung veganer, mediterraner oder regionaler

Zusammenarbeit mit der katholischen Wohnungslosenseelsorge Dortmund. Mittlerweile werden bis zu 150 Bedürftige ehrenamt-

Rezeptsammlungen eingetroffen: Von „Essbare Stadt“, einem passenden Kochbuch zu unserer Wilde-Kräuter-Kolumne,

fentliche Wahrnehmung um die Realität der Armut in einem reichen Land schärfen. Dazu

bestimmt fündig.

zählt die aktuelle Ausstellung „Ziele unseres

Mo. bis Fr. von 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr, Schwanenwall 36 – 38, Dortmund

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Weitere Informationen unter: www.tuv.com/umschulungen

ners – bei bodo werden HobbyköchInnen

Öffnungszeiten:

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und kath. Kirchengemeinden.

zu den letzten Mälzers, Lichters und Wie-

Lebens“, für die verschiedene Künstler ihre

Buchgeschenk auszuwählen: Bei bodo gibt

J Industrie

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Darüber hinaus möchten die Akteure die öf-

Wer nicht sicher ist, bei uns das richtige

Mit einer Umschulung bei der TÜV Rheinland Akademie in den Bereichen:

lich bewirtet – abwechselnd mit anderen ev.

über „Rezepte für eine bessere Welt“ bis

es auch Geschenkgutscheine.

Zeit zu handeln – Zeit sich zu entwickeln.

Vorstellung davon in Bildern, Fotos und Objekte umgesetzt haben (bis zum 23.11., Mo. bis Sa. von 10 – 18 Uhr und So. 13 – 18 Uhr). Das „ObdachlosenKaffee“ ist jeden 3. Sonn-

Eine Übernahme der Umschulungskosten ist im Rahmen einer Förderung über einen Bildungsgutschein der Agenturen für Arbeit und Jobcenter möglich. Kontakt: Markus Klein Tel. 0231 97615 313 markus.klein2@de.tuv.com

tag der Monate Okt., Nov., Jan., Feb., März von 15 – 17 Uhr geöffnet.

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bodo ist für Sie da montags bis freitags

von 9 bis 16 Uhr unter dieser

zentralen Rufnummer: 0231 – 950 978 0 Mail: info@bodoev.de

Geschäftsleitung Tanja Walter verein@bodoev.de

bodos Bücher Suzanne Präkelt buch@bodoev.de

Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit Bastian Pütter redaktion@bodoev.de

bodos Bücher Online Gordon Smith basar@bodoev.de

Vertrieb Oliver Philipp vertrieb@bodoev.de

Transporte und Sachspenden Brunhilde Dörscheln transport@bodoev.de

Fax: 0231 – 950 978 20

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REPORTAGE

„Wir wollen Grenzen verschieben.“ Circa 1,6 Millionen Menschen nutzen in Deutschland einen Rollstuhl. Wie gut sie sich damit bewegen können, ist von entscheidender Bedeutung für ihre Lebensqualität. Dabei spielt nicht nur der Rollstuhl selbst, die Barrierefreiheit ihrer Umgebung, sondern vor allem das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten eine entscheidende Rolle. bodo hat einen Mobilitäts-Workshop der „Reha- und Behindertensport-Gemeinschaft Dortmund 51“ ein Wochenende lang begleitet. Von Sebastian Sellhorst | Fotos: Sabrina Richmann, Sebastian Sellhorst

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Startschuss für das Wochenende auf vier

Die nächste, weitaus kompliziertere Station

Rädern ist an einem Samstag im Kindersani-

der Stadt-Rallye, ist der Dortmunder Haupt-

tätshaus „4ma3ma“ in der Dortmunder Nord-

bahnhof. Ein Desaster in Sachen Barrierefrei-

stadt. Von hier aus geht es für die insgesamt

heit. Allein um von der Nordseite des Bahn-

14 Teilnehmer, die aus ganz Deutschland an-

hofs als Rollstuhlfahrer zum gewünschten

gereist sind, in drei Gruppen auf eine Schnit-

Gleis zu kommen, muss man einen fast einen

zeljagd in die Dortmunder Innenstadt. Beglei-

Kilometer langen Umweg in Kauf nehmen, um

tet werden sie jeweils von zwei Anleitern, die

sich dann am Infopoint zu melden, wo einen

hilfreiche Tipps und Hilfestellung geben. Auf

Bahnmitarbeiter in Empfang nehmen und mit

dem Programm stehen verschiedene Ram-

dem Lastenaufzug ans Gleis transportieren.

pen, Rolltreppen, Bordsteinkanten und alles,

Wer kann, behilft sich mit einem Weg über

was der öffentliche Raum an Hindernissen für

die Rolltreppe, der aber aus versicherungs-

Rollstuhlfahrer bereithält.

technischen Gründen für Personen im Rollstuhl nicht zugelassen ist. Wer dazu nicht in

Die erste Station ist bereits nach wenigen

der Lage ist, versucht sich auf seiner Odyssee

Metern erreicht. An der Rampe, die aus

zumindest an der 2011 für 23 Millionen Euro

den Räumlichkeiten des Treffpunkts hi-

renovierten Eingangshalle zu erfreuen.

nausführt, stellen die Trainer die besten Techniken vor, mit denen man die Steigung

Wieder etwas einfacher wird es dann an der

hoch- und wieder runterkommt. Wichtigstes

Katharinentreppe. Die angrenzende Rampe

Manöver für fast alle Aktionen mit dem Roll-

ist für alle Teilnehmer keine wirkliche Hür-

stuhl ist das „Ankippen“ des Gefährts auf die

de. Was den Architekten allerdings dazu ge-

beiden großen Hinterräder. Mit viel Gleich-

bracht hat, die Rampe mit Kopfsteinpflaster

gewichtsgefühl geht es bergab und mit viel

zu planen, will sich den Teilnehmern jedoch

Kraft oder mit Hilfe der Hände am Geländer

nicht erschließen: „Eigentlich jeder Rollstuhl-

wieder hinauf.

fahrer hasst Kopfsteinpflaster, aber im End13


REPORTAGE

effekt sind wir nicht wählerisch und nehmen alles so, wie es kommt“, sagt Petra Opitz, Geschäftsführerin der RBG-Dortmund 51, die auch bei der Renovierung des Eingangs des Dortmunder Südbads beratend zur Seite stand. „Das sind aber keine 6 Prozent“, schimpfen

Ihrer Freunde“ in Darmstadt vergeben wird,

währenddessen die Teilnehmer. Rollstuhl-

ermöglicht europaweit Zugang zu 25.000

an einem Samstagnachmittag in der belebten

rampen sollen in Deutschland eine Steigung

Toiletten mit einer behindertengerechten

Dortmunder Innenstadt auf. Die Kommen-

von 6 Prozent nicht übersteigen. Oft ist das

Ausstattung. „Das einzige Problem ist, dass

tare sind nicht nur freundlich: „Die machen

aber baulich nicht umzusetzen. Nach der An-

die meisten Lokalitäten die Behindertentoi-

bestimmt einen Ausflug“, „Gut, dass die auch

strengung an der Rampe geht es weiter mit

lette als Abstellraum nutzen oder vor der Tür

mal rauskommen“, „Die sind bestimmt von

Fahrtraining auf Kopfsteinpflaster. Wer das

Putzmittel lagern. Die meisten sind dann

einer Werkstatt“. Rollstuhlfahren ist immer

nötige Gleichgewicht mitbringt, fährt dabei

aber sehr freundlich und machen einem Platz,

noch stark stigmatisiert. „Kinder, die von Ge-

nur auf den Hinterreifen, damit sich die klei-

wenn man sie anspricht“, so eine der Teilneh-

burt an auf den Rollstuhl angewiesen sind,

nen Vorderreifen nicht in den Fugen und Rit-

merinnen. Schön sei es trotzdem nicht, für

werden oft noch sehr lange von ihren Eltern

zen verhaken.

jeden Toilettengang erst jemanden um Hilfe

im Kinderwagen durch die Gegend geschoben.

bitten zu müssen.

Das mag den Eltern vielleicht helfen, die sich

Nächster Halt: Toilettenpause. Ein Universal-

14

noch daran gewöhnen müssen, dass ihr Kind

schlüssel, der gegen Vorlage des Behinder-

Selbst mit einer kleinen Gruppe von vier Roll-

einen Rollstuhl benötigt. Für die Kinder selbst

tenausweises vom „Club Behinderter und

stuhlfahrern und zwei Fußgängern fallen wir

ist es alles andere als hilfreich. Je eher sie sich


an den Rolli gewöhnen, desto besser. Gerade in

Frisbee in eine Endzone zu befördern. „Men-

jungen Jahren kann man da gar nicht früh ge-

schen, die durch einen Unfall auf einen Roll-

nug anfangen“, so Julia Verbeek, Orthopädie-

stuhl angewiesen sind, lernen während der

meisterin und Übungsleiterin zweier Kinder-

Rehabilitationsphase eine Menge darüber,

Rollstuhlsportgruppen des Vereins.

wie mit ihm umzugehen ist. Wer von Geburt an rollt, bekommt nur die Technik von den

Ging es am ersten Tag des Workshops noch

Krankenkassen, wie er sie benutzt, muss er

um das Überwinden alltäglicher Hürden und

oder sie sich dann selbst zusammenreimen.

Probleme, steht am zweiten Tag der Spaß im

Dabei ist jede Form von Sport im Rollstuhl von

Mittelpunkt. Im Skatepark am Keuninghaus

nutzen“, so der Wissenschaftler.

lernen die Teilnehmer, wie man – anstatt sich über Kopfsteinpflaster zu ärgern – in einem

Nach zwei anstrengenden Tagen treffen dann

Skatepark als Rollstuhlfahrer Spaß hat und

alle Gruppen zur Abschlussbesprechung wie-

dabei eine Menge über sich und seinen Roll-

der zusammen. Schnell ist klar: Jeder hat an

stuhl lernt. Angeleitet werden sie dabei von

diesem Wochenende was gelernt. Während

Rollstuhl-Skater David Lebuser. Seit einem

die Teilnehmer sich über ihre Erfahrungen

Unfall vor sechs Jahren sitzt der Dortmunder

austauschen, traue ich mich dann auch mal,

im Rollstuhl. Fast genauso lange ist er bereits

in einem Rollstuhl Platz zu nehmen. Trotz Si-

in Halfpipe und Co. unterwegs. „Das Skaten

cherung und vielen Tipps will mir das Balan-

zeigt mir immer wieder, dass persönliche

cieren auf den Hinterrädern aber nicht recht

Grenzen nicht fest sind, sondern man sie

gelingen. Vielleicht im nächsten Jahr, denn

immer wieder verschieben kann. Durch das

auch 2015 soll es eine ähnliche Workshop-Rei-

Skaten habe ich gelernt, meinen Rollstuhl so

he geben, um wieder gemeinsam die eigenen

gut zu beherrschen, dass im Alltag viele Bar-

Grenzen zu verschieben.

rieren für mich nichtig sind“, sagt der 27-Jährige, der im Juli 2014 die Weltmeisterschaft im Rollstuhl-Skaten in Los Angeles gewann. Während drinnen geskatet wird, stellt draußen Daniel Schliessmann vom Quer-

Mehr Informationen zu den Angeboten der Reha- und Behindertensport-Gemeinschaft Dortmund 51 finden Sie auf www.rbg-dortmund51.de

schnittszentrum des Universitätsklinikums

Ein Film über David Lebuser bei der

Heidelberg den „Wheelchair-Flying-Disc-

Rollstuhl-Skate-Weltmeisterschaft 2014

Sport“ vor. Bei einer Mischung aus Frisbee,

wird zurzeit über eine Crowdfunding-

Völkerball und Rugby geht es darum, durch

Plattform finanziert:

präzises Passen und geschickte Taktik einen

www.gofundme.com/fa2t0o 15


KULTUR

Vielfalt im Bild – „Wir: Echt Nordstadt“ Es kursieren viele Wahrheiten über die Dortmunder Nordstadt, in den Medien werden meist die negativen transportiert. Einen positiven Ausschnitt der „echten“ Nordstadt zeigt ein gerade erschienener Bildband: Eine Projektgruppe um das Quartiersmanagement hat 106 Gruppen, die sich in unterschiedlichsten Bereichen in der Nordstadt engagieren, an den Orten ihres Schaffens aufgesucht und sie in Bild und Text portraitiert. Von Antje Mosebach | Foto: Dietmar Wäsche

Eine von 106 Gruppen, die im Buch vorgestellt werden: Die Tonbande.

Herausgekommen ist ein 168-seitiges Buch,

der leckeren internationalen Küchen oder

Sitz hat und jede Menge Gartenfreunde,

das das Bunte und Vielfältige der Nordstadt

Szenetreffs bekannt sein, auch vielleicht

Musikschaffende, kirchliche und nachbar-

widerspiegelt – und bei dem selbst „echte

die ein oder andere kulturelle Einrichtung

schaftliche Initiativen aktiv sind? National,

Nordstadtkenner Lust auf mehr bekom-

wie das „depot“.

international oder interkulturell, alles ist

men“, versprechen die Autoren, die fast alle

vertreten – und für alle offen.

selbst im Stadtteil leben. Ein liebenswertes

Aber wussten Sie, dass Sie hier Ihr Fahrrad

Mosaik der Nordstadt, bei dem der meist

mit Lernfaktor reparieren lassen und gleich-

Die Inspiration zur Idee bekamen die

eingeschränkte Blick unweigerlich erwei-

zeitig vegane Küche kennenlernen können?

Mitarbeiter des Quartiersmanagement

tert wird. Den meisten werden die Adressen

Dass hier eine Medienakademie ihren

Nordstadt bei einem Besuch von Stadteil-

RECHT: Sozialleistungen trotz Sparkonto Wer Grundsicherung für Arbeitssu-

toinhaber über sein Vermögen verfügen

der Schluss zu ziehen sei, dass sich der

chende (vulgo: Hartz IV) erhalten will, der

kann. Dies ist z.B. nicht unbedingt der Fall,

Zuwendende die Verfügung über das

muss gemäß §7 SGB II hilfebedürftig sein.

wenn Großeltern für ihre Enkelkinder

Sparguthaben vorbehalten will und es

Hilfebedürftig ist normalerweise nicht,

Sparbücher anlegen – etwa dann, wenn

deshalb nicht dem Kind zuzurechnen sei.

wer ein Geldvermögen innehat, aus dem

die Großeltern das Geld nicht freigeben

Nur dann, wenn die Eltern oder nahen

der Lebensunterhalt bestritten werden

wollen. Solches Geldvermögen darf bei

Angehörigen bei Volljährigkeit des Kindes

kann. Das klingt nachvollziehbar – mein-

der Versagung von Grundsicherung nicht

diesem das Sparbuch zur Verfügung ge-

te auch ein hessisches Jobcenter und ver-

berücksichtigt werden. Dies entschied

stellt und es somit aus der Hand gegeben

sagte einer Mutter die Grundsicherung

nun das Sozialgericht Gießen (Az. S 22

haben, ist das entsprechende Spargutha-

für ihre minderjährige Tochter, da diese

AS 341/12) und hob einen Versagungsbe-

ben Vermögen des Kindes und nicht der

Inhaberin eines Sparguthabens von fast

scheid des beklagten Jobcenters auf.

Eltern oder nahen Angehörigen.

10.000 Euro sei.

16

von Rechtsanwalt René Boyke

Das Gericht betonte ausdrücklich,

Aus der Inhaberschaft des Sparbu-

Zu Unrecht. Denn das Jobcenter

dass bei Sparbüchern oder Konten, die

ches ergibt sich also nicht immer zwangs-

übersah, dass es für eine Entscheidung

von Eltern oder nahen Angehörigen auf

läufig die Zuordnung des Sparguthabens

über die Bewilligung von Grundsiche-

den Namen eines Kindes angelegt und

zum Hilfebedürftigen.

rung auch darauf ankommt, ob der Kon-

niemals aus der Hand gegeben werden,

www.kanzlei-boyke.de


WILDE KRÄUTER

initiativen im niederländischen Rotterdam. Die hatten es mit ähnlichen Projekten geschafft, das Image eines vergleichbaren

VOGELMIERE

von Wolfgang Kienast

Stadtteils zu verbessern und gleichzeitig den Zusammenhalt zu stärken. „Da schwappte sofort Begeisterung über“, so die Dortmunder Quartierskümmerer. „Jeder, der mit der Idee in Verbindung kam, zögerte nicht, sie

Das grün-alternative Lager ist für mis-

getroffen werden soll, kommt inzwi-

zu unterstützen“, zeigen sie sich in ihrem

sionarischen Eifer bekannt, im Kampf

schen mit Lebensbedingungen unter

Vorwort begeistert. So erhielten sie Mittel

um eine politisch korrekte Sprache

Herbiziden bestens klar. In den Ver-

der EU, des Bundes, der Länder und der

beispielsweise. Da wäre das schwer

einigten Staaten, Vorreiter in Sachen

Stadt aus ihrem Topf des Förderprogramms

stolpernde Binnen-„I“ zu nennen. Oder

Gentechnik, sind bereits 145 Unkräuter

„Soziale Stadt NRW – Nordstadt“, und OB

der umgeschriebene Kinderbuchklassi-

resistent gegen Glyphosat, Roundup,

Sierau sieht durch das Engagement der

ker, weil Pippi Langstrumpfs Vater als

Clearfield etc. Für die Agrarindustrie

Macher Hoffnung für einen Stadtteil, „der

„Negerkönig“ einen unkorrekten Titel

ein Albtraum. Man spricht in diesem

eine große gesellschaftliche Aufgabe für die

führte. Oder meinethalben diese Kolum-

Zusammenhang von „Superweeds“,

Gesamtstadt“ leistet.

ne, die eben nicht von Un-, sondern von

übersetzt: „ungewolltes Grünzeug mit

Wildkräutern handelt. Ich fühle mich da-

beängstigenden Eigenschaften“. Fälle

Die Fotografen, Texter und Mitarbeiter

bei oft an die „Raider heißt jetzt Twix“-

von Resistenz können hierzulande bei

machten sich mit „Feuereifer“ an die

Kampagne erinnert: „Sonst ändert sich

mehr als 30 Arten nachgewiesen wer-

Arbeit. Mehrfach suchten sie die beteilig-

nix“. Doch gestritten wird verbissen.

den. Unter anderem bei Vogelmiere.

Wenn heuer Martin Häusling als

Die Pflanze ist offensichtlich nicht vom

Mitglied der Grünen im Europäischen

Aussterben bedroht. Doch kann ich

Parlament eine Studie veröffentlicht, in

mich unter diesen Umständen nicht

welcher explizit von Unkräutern die Rede

richtig freuen, obschon das „Super-

ist, muss Ungewöhnliches im Gange sein.

weed“ ein Superheld der Wildkräuter-

Ist es augenscheinlich auch. In der be-

küche ist. Die ganzjährig verfügbare

sagten Studie geht es um Monsanto und

Vitaminbombe enthält Mineralstoffe

Co. und die industrielle Landwirtschaft.

und Spurenelemente in hoher Konzen-

Das Angebot der Konzerne lautet in Kurz-

tration, lässt sich einfach verarbeiten

form: „Wir geben Euch Gifte, die alles tö-

und erinnert im Geschmack ein wenig

ten, mit Ausnahme der von uns speziell

an frischen Mais. Richtig lecker ist die

entwickelten, resistenten Nutzpflanzen.

folgende Suppe.

ten Gruppen auf, um ein „echtes“ Bild der Menschen zu zeigen, die sie porträtieren. Wenn Fotograf Klaus Hartmann auf die vergangenen drei Monate zurückblickt, in denen er mit Kollege Dietmar Wäsche und den Journalisten Claudia Behlau, Alexander Völkel und Irmine Skelnik das Projekt umgesetzt hat, kommt er ins Nachdenken: „Es war eine anspruchsvolle Aufgabe, die ich in diesem Umfang bisher nicht erlebt habe ... oft brauchte es mehrere Termine, um das nötige Vertrauen aufzubauen und die nötige Entspannung herzustellen.“ Mit Erfolg: 2.500 Menschen zeigen „ihr sympathisches Gesicht“ in die Kamera, 106 Gruppen erzählen ihre Geschichte – sie alle sind „Wir: Echt Nordstadt“. Der von der Stadtteil-Schule Dortmund e.V. herausgegebene Bildband ist käuflich nicht zu erwerben. Erhältlich ist er, solange der Vorrat reicht, über das Quartiersmanagement (info@nordstadt-qm.de) und bei uns: bodo verlost 10 Exemplare (siehe S.25) Eine großformatige Fotoausstellung zum Buch gibt es bis zum 31. März 2015, frei zugänglich auf der Kulturinsel am Phoenix See, Am Kai.

Ihr sät und spritzt und wenn Ihr erntet, wächst da nichts als das Gewollte. Am

REZEPT

liebsten wäre es uns, Ihr würdet Euch

2 Möhren, in Scheiben geschnitten, in

für unsere gentechnisch veränderten

Öl und Butter andünsten. 150 g frisch

Züchtungen entscheiden. Da ist es für

geriebenen Meerrettich und den Saft

uns einfacher, die Eigenschaften von Gift

von 1 Zitrone zugeben, mit Mehl be-

und Pflanze aufeinander abzustimmen.

stäuben, umrühren und 3/4 l Gemüse-

Unsere Produkte funktionieren aber

brühe angießen. 20 Minuten köcheln

auch im konventionellem Anbau. Wir

lassen. 175 g gehackte Vogelmiere

machen das schon.“

zugeben, pürieren, mit Salz und Pfeffer

Klingt verlockend einfach. Jetzt aber hat sich herausgestellt, dass die Natur ein gewiefter Gegner ist. Sie passt sich an und das sehr schnell und gut. Zugegeben, viele Tiere und Pflanzen krepieren

abschmecken und kurz aufwallen lassen. 250 ml Sahne mit etwas Zitronensaft und 25 g gehackter Vogelmiere steif schlagen und vor dem Servieren in die Suppe geben.

kollateral noch immer, fragen Sie mal einen Imker oder Biodiversität-Experten. Aber vor allem das, was eigentlich 17


SOZIALE REPORTAGE

18


Cents im Müll Pfandflaschensammler: Sinnbild für wachsende Armut und Einsamkeit. Katrin, Ingrid und Klaus sind drei von vielen Tausend in Deutschland. Sie suchen nach Flaschen für 8, 15 oder 25 Cent das Stück. Jetzt ist auch die Wissenschaft auf das Phänomen aufmerksam geworden. Von Volker Macke | Fotos: Sebastian Sellhorst, Mara Klein, Andreas Düllick

Schmale Lichtkegel durchschneiden das abendliche Dunkel im Park. Für Sekunden nur. Dann ist es wieder finster unter den großen alten Bäumen. Wenige Minuten später steht der Schein der Taschenlampe an anderer Stelle auf den Sockel einer Holzbank gerichtet. Am Ende lauer Spätsommerabende, wenn die Party im Park vorbei ist und die Picknickdecken eingerollt sind, beginnt für Katrin* die Suche. Mit Lampe, Rucksack und ihren beiden Mischlingshunden macht sich die 50-Jährige dann auf den Weg von Bank zu Bank, von Mülleimer zu Mülleimer. Immer auf der Suche nach Flaschen und Dosen. 8, 15 oder 25 Cent sind die Fundstücke wert, die andere neben Grillresten und Hundekotbeuteln zurückgelassen haben. Wenn Katrin Glück hat, stehen die Pfandgebinde, wie der Fachmann sie nennt, neben den Abfallbehältern. Aber auch tief hineinzugreifen macht Katrin wenig aus – jahrelange Übung.

Sebastian Moser hat als Erster und bisher Einziger in Deutschland das „Phänomen Flaschensammler“ wissenschaftlich untersucht. Der Soziologe vom Centre Max Weber der Université Lyon hat jüngst eine Arbeit vorgelegt, die er im Untertitel „Erkundungen einer urbanen Sozialfigur“ nennt.

Pfand auf Mehrwegflaschen gibt es schon lange in Deutschland. Vor zehn Jahren kam das Pflichtpfand auf Einweggetränkeverpackungen hinzu. Und spätestens als 2006 die EU zudem dafür sorgte, dass Supermärkte nicht nur die bei ihnen gekauften, sondern alle leeren Einwegflaschen zurücknehmen müssen, war ein neuer Markt eröffnet. Und hat binnen weniger Jahre eine ganz neue Facette prekärer Einkommenssicherung entstehen lassen. Wie Katrin, die mehrmals die Woche „allein der Hunde wegen“ auf Tour ist. Katrin ist arm, krank, arbeitslos und zierlich. Und fühlt sich allein. „Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner“, ist ihr Credo. Am gesamten Hartz-IV-System lässt sie kein gutes Haar: „Die ganze verwaltete Armut hier: Alles nur damit sie keiner sieht und keiner aufmuckt“, ätzt sie. Wütend hört sich das an, vielleicht auch eher bitter.

Acht Euro aus dem Müll „Die Bierflaschen von den ganzen Jugendlichen hier sind eigentlich das Schlechteste, das Glas ist schwer und das Pfand dafür mickrig“, sagt Katrin und streckt ihren schmalen Rücken unter der Last. „25 Flaschen machen gerade mal zwei Euro.“ Cola- und Wassertrinker sind ihr die Liebsten, schon

19


SOZIALE REPORTAGE

allein deshalb, weil sie seit einigen Jahren das exzessive Trinken selbst aufgegeben hat. Aber auch, weil die großen Einwegflaschen leicht sind, gut zu erkennen und pro Stück immerhin 25 Cent einbringen. Findet sie davon mehrere, ist der Tag für sie ein guter Tag. Bis zu acht Euro kratzt sie dann aus dem Müll anderer Leute zusammen. „Leider sind solche Tage selten.“ Die acht Euro allein aus Bierflaschen zusammenzubringen sei illusorisch. Schon allein wegen des Gewichts. Beinahe 30 Kilo hätte die schmale Katrin dann zu schultern. Katrin sammelt nicht für sich. Das ist ihr wichtig zu betonen. Ihre Hunde sind Katrin „Familie, meine Geschwister.“ Sind sie krank – und das sind sie in letzter Zeit aufgrund ihres Alters häufiger – dann sucht Katrin intensiver, dann werden die Touren ausgeweitet. Stundenlang kann sie unterwegs sein, wenn ein neues Medikament für die Leber bezahlt oder die anstehende OP finanziert werden muss. „Wir sind Überlebenskünstler, irgendwie geht es immer“, sagt sie trotzig. Sebastian Moser hat Menschen wie Katrin wissenschaftlich untersucht. Als Erster und bisher Einziger in Deutschland. Der Soziologe vom Centre Max Weber der Université Lyon hat jüngst eine Arbeit vorgelegt, die sich mit der enorm wachsenden Gruppe der Flaschensammler beschäftigt. „Erkundungen einer ur-

Pudding oder Kuchen

banen Sozialfigur“ nennt er das im Untertitel.

20

Ingrid* hat eine kleine Rente. Wenn die Seni-

Eine Aufgabe hat sich auch Klaus* aus dem

Eine sehr heterogene Gruppe, „die weit über

orin, die ihr Alter nicht verrät, früh morgens

Flaschensammeln geschnitzt. Die zumindest

die Grenzen des Obdachlosenmilieus hinaus“

mit ihrem kleinen Einkaufstrolley loszieht,

in der warmen Jahreszeit vielen herrenlosen

geht, die zunächst ein Motiv eint: In erster

dann möchte man kaum glauben, dass diese

Flaschen neben einem Veranstaltungsgelän-

Linie gibt es handfeste ökonomische Gründe,

Frau nebenbei – fast unmerklich – in die

de schon tagsüber einzusammeln, genaues-

die die Menschen zu den Mülleimern, Par-

Mülleimer linst. Bluse, Mantel, Halstuch, Bro-

tens zu sortieren und mit dem Fahrrad oder

tywiesen und Bänken in Fußgängerzonen

sche, Haare: alles akkurat. Allein den Schu-

Einkaufswagen täglich der Wiederverwer-

treibt. Als wäre es geplant gewesen: Genau

hen merkt man deutlich ihre Jahre an. Ingrid

tung zuzuführen, das ist mehr als ein biss-

mit Einführung des neuen Pfandsystems in

ist „nicht arm“, sagt sie ganz bestimmt. „Man

chen Zubrot für ihn. „Das ist Arbeit“, sagt

Deutschland im Jahr 2006 ist nach Jahren des

muss halt sparsam sein.“ Dass sie trotzdem

der Langzeitarbeitslose. Von Verantwortung

Rückgangs die Armutsquote laut Mikrozen-

die eine oder andere Flasche mitnimmt, die

spricht er. Von Ordnung und Sauberkeit. Ob

sus des Statistischen Bundesamtes wieder

am Wegesrand herrenlos wartet, widerspre-

ihm das denn nichts ausmacht, sich damit

kontinuierlich angestiegen. Von gesamtge-

che dem nicht, findet sie. Die paar Euro, die

für alle sichtbar offen zu seiner Armut

sellschaftlich 14 Prozent im Jahr 2006 auf

ihr der Pfandautomat später für ihre Fund-

zu bekennen? „Nie drüber nachgedacht“,

15,2 Prozent im Jahr 2012. Bundesdeutsche

stücke ausspuckt, reichten für „gelegentlich

versichert er.

Durchschnittswerte – für das Ruhrgebiet

Pudding und Kuchen“, das zumindest ginge

sehen die Quoten noch einmal teils deutlich

sonst nicht. Außerdem und viel wichtiger:

problematischer aus.

„Man hat eine Aufgabe.“


ANZEIGEN

ist unser Strom.

Die Sozialforschung sei viel zu sehr fokussiert auf die rein materielle Armut der Armen, findet denn auch Soziologe Moser. In Ländern ohne soziale Grundsicherungssysteme stehe das gewiss zu Recht im Vordergrund. In Deutschland aber verdienten die Effekte der relativen Armut wie gesellschaft-

rom n St e u e en n n und n. e t ein r Jetz en werb ft siche i d rben kun Gutschr w e/ e 21.d 20 €

licher und kultureller Ausschluss, Einsamkeit und Gefühle von Nutzlosigkeit besondere Beachtung. „Pfandsammeln vermag das

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Gefühl von Einsamkeit beiseite zu schieben, indem ein kompensatorisches Objekt gefun-

Viele Dinge sind für Dortmund typisch – ein Lokalpatriot zu sein gehört dazu. Und genau diese Lokalpatrioten suchen wir. Werben Sie einen Stromkunden und unterstützen Sie uns dabei, Dortmund weiterhin so lebenswert zu gestalten. Dafür setzen wir uns mit unseren

den wird, das Nähe zu anderen Menschen zulässt“, sagt Moser. Und in einer Gesellschaft, die Erwerbslosigkeit als unnormalen Zustand klassifiziert, könne Pfandsammeln

mehr als 1000 Mitarbeitern täglich ein. Nicht nur durch Ihre sichere Versorgung mit Strom, Gas und Wasser, sondern vor allem auch durch die Förderung zahlreicher Projekte, Initiativen und Vereine. Im Großen wie im Kleinen. Für Dortmund und die Region.

ein Gefühl von Wertigkeit vermitteln. Immerhin mache man sich auch als Flaschensammler regelmäßig auf zur Arbeitsstelle Park

oder Platz, sammle mit Akribie und werde bitte stellen!

d 1

Wo echte Liebe zählt,

Auf Suche nach Nähe

DEW21_AZ_130x140_BoDo.indd 1

30.08.13 16:32

am Ende am Automaten zumindest wie ein Tagelöhner für die erbrachte Dienstleistung entlohnt. Viele entwickelten dabei ein regelrechtes Pfandsammlerethos. „Diese Mendass sie arbeiten wollen, dass sie es freiwillig machen, nicht unter Zwang, dass sie sich ihre Arbeit sogar selber suchen. Und vor allem, vor dem Hintergrund von ,Drecksarbeit‘, dass sie sich für nichts zu schade sind", sagt Moser. Klaus* könnte sich in solchen Beschreibungen gewiss gut wiederfinden. Doch bald ist

programm 2014 | halbjahr 02 programm 2014 | halbjahr 02

schen zeigen in den Innenstädten jeden Tag,

Schluss für den Mann mit dem ausgeprägten Ordnungssinn. Jüngst habe er beschlossen, „den Job“ über kurz oder lang an den Nagel zu hängen. Das Geld aus den Pfandautomaten hat er gespart, und mit 65 gehe man normal ja auch „in Rente“. Genug Nachwuchs gibt es längst im Sammlermilieu. Die guten

Vielfalt!

Plätze sind umkämpft, und jeder Fußballfan kann es samstags sehen: Die Nachbarschaft von Großveranstaltungen ist längst professionell aufgeteilt. Doch auch im Park „gibt's Konkurrenz, ganz klar“, sagt auch Katrin. „Ganz normal im Kapital.“ *Namen von der Redaktion geändert www.street-papers.org / Asphalt – Germany

www.vhs·dortmund·de 13.06.2014 10:24:39 Uhr

21


DER KOMMENTAR

Hooligans und Salafisten

von Bastian Pütter

Medienprofis, die Musik verbieten,

Schließlich seien nach dem Bekannt-

350 z.T. eigentlich verfeindeten Grup-

cebook-Likes der Gruppe, sondern vor

Agitatoren, die die Unterwerfung un-

werden seiner Verstrickungen in den

pen und den Dortmunder Nazis um

allem die intensive Vernetzungsarbeit

ter die Scharia als Freiheit verkaufen

NSU-Skandal zu viele Mitarbeiter ab-

Siegfried Borchardt.

weit über die Landesgrenzen hinaus.

und die Reise in den Tod nach Syrien

gezogen worden, um sich dann doch

als Event – dass der Salafismus, diese

einmal dem Thema Rechtsextremis-

Dass da etwas Großes heranwächst, do-

In Köln kam es am letzten Oktober-

so steinzeitliche wie moderne Perver-

mus zu widmen.

kumentierten nicht nur die 40.000 Fa-

Sonntag dann zur Machtdemonstra-

tierung des Islam, brandgefährlich ist, weiß auch der Verfassungsschutz und warnt vor bald 7.000 radikalen Islamisten, vermutlich 1.800 seien bereits von Deutschland aus in den Jihad gezogen. Machen könne man da nichts.

Wie die Erfolge dieser Arbeit aussehen, konnte man sich am 26.10. in Köln ansehen. Seit Monaten formiert sich eine neue Bewegung aus rechten Hooligans, „Gewalttätern Sport“ und organisierten Neonazis. Unter dem Motto „Hooligans gegen Salafisten

Der weiterhin dysfunktionale Ge-

(HoGeSa)“ hatte die Bewegung Ende

heimdienst hat auch eine perfide Be-

September ihren ersten Auftritt in

gründung für die eigene Hilflosigkeit.

Dortmund, ein buntes Treffen von Foto: Felix Huesmann

NEWS

8 Monate unbezahlt Die Bochumer Rewe-Praktikantin, die vor dem Bochumer Ar-

Die Klägerin habe zwar reguläre Arbeitstätigkeiten ver-

beitsgericht nachträglichen Lohn für 1.728 Arbeitsstunden zu-

richtet, dies sei allerdings „im Rahmen eines sozialversi-

gesprochen bekommen hatte, geht nun doch leer aus.

cherungsrechtlich geprägten Praktikantenverhältnisses“

Die junge Frau hatte in dem Supermarkt in Vollzeit ein mehr-

geschehen. Ein Arbeitsverhältnis zwischen Markt und Prakti-

fach verlängertes unbezahltes Praktikum absolviert, in der

kantin sei jedoch nicht begründet worden. Als Teilnehmerin

Hoffnung, in dem Betrieb einen Ausbildungsvertrag zu er-

einer berufsvorbereitenden Maßnahme der Bundesagentur

halten. Das Bochumer Gericht hatte ihr 17.281 Euro nachträg-

für Arbeit habe die Praktikantin in dieser Zeit Leistungen

lichen Arbeitslohn zugesprochen. Das Landesarbeitsgericht

der Arbeitsagentur erhalten. Die Revision ließ das Landes-

Hamm urteilte nun gegenteilig.

arbeitsgericht nicht zu.

Hilfe für Flüchtlinge Nach den Misshandlungen von Flüchtlingen durch Sicher-

Millionen Euro mehr an die Kommunen fließen, darunter

heitsleute in mindestens drei Landesunterkünften, darun-

für psychologische und soziale Betreuung und einen Fonds

ter die Erstaufnahmeeinrichtung in Dortmund, lud NRW-

für schwerkranke Flüchtlinge. Die zentrale Verwaltung der

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Politiker, Vertreter von

Unterbringung wird um 23 Mitarbeiter aufgestockt, die neue

Kirchen, kommunalen Verbänden und Wohlfahrtsorganisati-

Taskforce, die die Qualität der Unterkünfte überprüfen soll,

onen zu einem Flüchtlingsgipfel nach Essen ein. Mit positiven

erweitert, unter anderem von Mitgliedern der Flüchtlings-

Ergebnissen für die Kommunen: Die erhalten nun von der

organisationen. Flüchtlinge selbst sollen künftig in jeder

Landesregierung mehr Geld, mehr Personal, mehr Betten und

Unterkunft einen Ansprechpartner für Beschwerden haben.

ein dezentrales Beschwerdemanagement. 2015 sollen 46,5

Ein Schritt nach vorne, weitere sollen folgen.

742 Euro Rente Von den Deutschen ab 65 Jahren gelten 12,5 Prozent als ar-

Überstunden im Schnitt Bruttogehälter, die nur wenig unter

mutsgefährdet. Unter Gastarbeitern im Rentenalter aus NRW

denen der Deutschen lagen. Der Niedergang der Montanin-

ist dagegen beinahe die Hälfte von Armut bedroht, bei tür-

dustrie betraf zuerst die Jobs der Zuwanderer, so eine Stu-

kischstämmigen Migranten sind es fast 60 Prozent. Aus der

die des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts.

Türkei zugewanderte Männer ab 65 kommen im Schnitt nur

„Die Zahlen demonstrieren, dass ein scharfer industrieller

auf eine gesetzliche Rente von 742 Euro.

Strukturwandel, wie ihn Nordrhein-Westfalen durchmachen

Als „Gastarbeiter“ waren sie meist in den untersten Lohn-

musste, die Beschäftigten aus dem Ausland besonders hart

gruppen beschäftigt, erreichten aber in überdurchschnittlich

getroffen hat“, erklärt WSI-Forscher Dr. Eric Seils.

zahlenden Großunternehmen, mit Schwerstarbeit und vielen 22


DIE ZAHL

tion. Statt der von der Polizei erwar-

erklärte, die Neonazis seien quasi nur

teten höchstens 1.500 Gewalttäter

Trittbrettfahrer einer (dann wohl un-

kamen mehr als 4.000. Massive An-

politischen) Hooligan-Veranstaltung

griffe auf Polizisten, Journalisten und

gewesen, auch den Verlauf habe man

Passanten – Steinwürfe, Feuerwerks-

vorausgesehen. NRW-Innenminister

körper, Naziparolen, Hitlergrüße und

Jäger lobte sich für die präzise La-

eine hoffnungslos unterlegene Poli-

geeinschätzung, das Polizeikonzept

zei, die als letztes Aufgebot gar das

habe funktioniert. Dann ist ja gut.

Abspielen von Helene-Fischer-Songs zur Deeskalation einsetzte. Der größte Aufmarsch von Rechtsradikalen seit Jahren – eine Gewaltorgie.

Das Versagen als Erfolg zu verkaufen und Tätergruppen in solche umzudefinieren, für die man nicht zuständig ist – das ist zwar nicht das innovativ-

In den Chefetagen der Landessicher-

ste Konzept, vermutlich aber auch die

heit saßen hingegen am Montag da-

Lösung im Kampf gegen die Jihadis-

rauf ausschließlich Herren der Lage.

ten vor der eigenen Haustür.

NRW-Verfassungsschutz-Chef Freier

23

Brandanschläge auf Flüchtlingsheime in diesem Jahr zählen Pro Asyl und die Amadeu Antonio Stiftung bislang. Bis September gab es 47 gewalttätige Angriffe und 200 Demonstrationen gegen Flüchtlingsheime.

DAS FOTO

Foto: REUTERS / Kai Pfaffenbach

Flüchtlingsfamilien aus dem kurdischen Kobane an der türkisch-syrischen Grenze in einem türkischen Flüchtlingslager. Mehr als 3 Millionen Syrer sind auf der Flucht vor dem syrischen Bürgerkriegs und dem Terror der Miliz Islamischer Staat (IS). Türkei und Libanon haben jeweils mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen, in Deutschland stellten dieses Jahr 23.575 Syrer Anträge auf Asyl.

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NETZWELT

KINOTIPP

endstation.kino & bodo präsentieren: Mommy Die resolute Diane liebt ihren 15-jährigen Sohn Steve über alles, obwohl er sie mit seinen extremen Wut- und Gewaltausbrüchen in den Wahnsinn und in den Ruin treibt. Seit dem Tod seines Vaters hat Steve eine Reihe von Heimen für schwer erziehbare Kinder durchlaufen. Nun kommt er zurück zu seiner Mutter, weil niemand sonst mit ihm fertig wird.

Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:

www.feminismus-im-pott.de

Mit seinem fordernden Anspruch auf die Rolle des Mannes im Haus und seiner

Seit Anfang Juli gibt es eine neue feministische Stimme im Ruhrgebiet. Auf dem Weblog

überbordenden Liebe zu ihr stellt er seine

feminismus-im-pott.de veröffentlicht eine Gruppe von zehn Autorinnen ganz unter-

Mutter auf die Probe. Dabei ist Diane

schiedliche Inhalte zu im weitesten Sinne feministischen Themen. Neben Meinungstex-

auch ohne ihren unbändigen Sohn längst

ten findet man auf der Webseite spannende Fotoreportagen und Essays.

überfordert mit sich und der Welt. In

Die Auswahl der Themen richtet sich in erster Linie an den persönlichen Interessen der jeweiligen Autorinnen aus. In der Rubrik „Pottraits“ werden Persönlichkeiten aus dem Ruhrgebiet vorgestellt, während unter der Überschrift „Aktiv im Pott“ die Arbeit von Gruppen und Vereinen beleuchtet wird. Der Veranstaltungskalender versammelt Termine von Partys, Lesungen, Diskussionen und anderen Veranstaltungen, die zum Themenfeld „Feminismus“ passen. Neben regionalen Themen wird aber auch internationalen Themen, wie zum Beispiel dem Feminismus in der Türkei, Beachtung geschenkt. Die Idee für den Blog entstand vor einigen Jahren, als einer der Gründerinnen der Mangel an einer Plattform für feministische Themen im Ruhrgebiet auffiel. „Es gibt kein Magazin und auch keine Internetseite, wo zum Beispiel Veranstaltungen mit einem Fokus auf feministische Themen gebündelt zu finden wären. Daher ist unser Anliegen, Veranstaltungen, Initiativen, Projekte und einzelne engagierte Menschen im Ruhrgebiet zusammenzuführen und sichtbarer zu machen.“, so Lilli Boheme, die in Bochum Sozialpsychologie und Geschlechterforschung studiert. Im Internet veröffentlicht die 25-Jährige ihre Beiträge unter Pseudonym. „Das Internet bietet die Möglichkeit, sich zu vernetzen, subversiv zu sein, aber gleichzeitig birgt es auch eine brutale Eigendynamik, die oft in feministischen Diskussionen entsteht, und das Ergebnis sind nicht selten persönliche Beleidigungen und auch Drohungen“, so die Autorin. Bisher sei die Resonanz aber durchweg positiv. Über 700 Leute haben die Facebook-Seite des Blogs bisher angeklickt, und in den Kommentaren werden überwiegend konstruktive Diskussionen geführt. „Wir hoffen, dass unser Blog mitsamt seinen Rubriken weiterhin wächst und gedeiht. Nach wie vor suchen wir Menschen,

Lilli Boheme

ihrem Bemühen, ihr Schicksal zu meistern, bekommt sie unverhofft Hilfe von der schweigsamen Nachbarin Kyla, der es gelingt, eine Balance in der Mutter-SohnBeziehung zu schaffen und eine zarte Hoffnung auf eine vielleicht doch noch glückliche Zukunft aufkeimen zu lassen. Mit ungeheurer Wucht erzählt „Mommy“ von einer außergewöhnlichen MutterSohn-Beziehung, in der Zärtlichkeit und Brutalität nur einen Herzschlag voneinander entfernt sind. Regiewunderkind Xavier Dolan feiert mit großem stilistischen Wagemut, mitreißender Musik und viel Liebe zu seinen Figuren die Möglichkeiten des Kinos. Dolan ist für „Mommy“ 2014 in Cannes mit dem Preis der Jury ausgezeichnet worden. OmU: Do. 13.11. – Di. 18.11. um 20.30 Uhr DF: So. 23.11. – Di. 25.11. u. Do. 27.11. um 20.30 Uhr Fr. 28.11. u. Sa., 29.11. um 21 Uhr | So. 30.11., um 19.30 Uhr | Mo. 01.12. u. Di. 02.12. um 20.30 Uhr Mi., 03.12. um 21 Uhr

die Lust haben, sich individuell einzubringen und unser Projekt auf

Endstation Kino im Bahnhof Langendreer

ihre Art zu bereichern.“ (sese)

Wallbaumweg 108, 44894 Bochum Telefon 0234 – 68 71 620 www.endstation-kino.de

24


VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2014

Elaiza Alte Traditionen des osteuropäischen Folks verschmelzen mit modernen Popmelodien!

Am 19.11. im FZW, Dortmund bodo verlost 2 x 2 Karten

VERANSTALTUNGEN | VERLOSUNGEN 15.11. | Kinofest Lünen – „Journey to Jah“ | Cineworld, Lünen | 2 x 2 Karten 19.11. | Elaiza | FZW, DO | 2 x 2 Karten 19. – 23.11. | blicke. filmfestival des ruhrgebiets | Endstation Kino, BO | 2 x 2 Karten Auch diesmal gibt es wieder Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen. Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff

21.11. | Ladies Night – Ganz oder gar nicht | Fritz-Henßler-Haus, DO | 5 x 2 Karten 23.11. | The Great Democracy Show | Theater im Depot, DO | 3 x 2 Karten

„bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an:

23.11. – 03.12. | Mommy | endstation.kino, BO | 1 x 2 Karten

redaktion@bodoev.de. Oder schicken Sie uns eine frankierte

26.11. | Dikanda | Bahnhof Langendreer, BO | 2 x 2 Karten

Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer

28.11. | Spirit of Moondog | Pauluskirche, DO | 2 x 2 Karten

an: bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund

Bildband | Wir: Echt Nordstadt | 10 Exemplare

Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren. Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss für Veranstaltungen ist jeweils zwei Werktage vor dem Termin. Einsendeschluss für terminunabhängige Verlosungen ist der 25.11.2014 Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!

25


02 | 11 | 14 KING. A street story

01 | 11 | 14 Holocaust im Comic

SA 01 | 11 | 14

Musik | Tauben vergiften im Park

SO 02 | 11 | 14

Ausstellung | Holocaust im Comic

Georg Kreisler, der 2011 verstorben ist, war Satiriker, Kabarettist und Komponist. Mit sei-

Theater | KING. A street story

Die vom Comicforscher und Kommunikati-

Wovon KING erzählt, kann sich überall (nicht

nen „bösen Liedern“ hat er deutschsprachige

onswissenschaftler Ralf Palandt zusammen-

nur) in Europa ereignen. Geschildert wird

Chansongeschichte geschrieben. Seit Jahr-

gestellte

„Holocaust

ein Tag in der Obdachlosensiedlung Saint

zehnten haben sie nicht an Aktualität und

im Comic“ macht bis zum 31.1.2015 erstmals

Valéry. Vico und Vica sind hier zu Hause und

Schärfe verloren. Bastian Kopp greift diese

Station im Ruhrgebiet. Die Ausstellung

auch ihr Hund King, aus dessen Perspekti-

Lieder auf und stellt sie in unsere Zeit: eine

zeigt, wie sich verschiedene Comics mit der

ve berichtet wird. Dabei stehen komische

Zeit der Arbeitsämter, der Armut an Perspek-

Darstellung des Holocaust auseinanderset-

Episoden neben berührenden. Trotz aller

tiven. Eine Zeit der politischen Beschwich-

zen, und geht der Frage nach, wie sich diese

Schwierigkeiten geben die Bewohner der

tigungen und des Zweckoptimismus. Dass

Werke im Spannungsfeld zwischen Notwen-

Siedlung ihren Lebensmut nicht auf. Und als

diese jedoch keine neuen Phänomene sind,

digkeit und Unzulänglichkeit der Repräsen-

die Siedlung einem Fußballstadion weichen

sondern schon seit langer Zeit die Konturen

tation des Holocaust positionieren können.

soll, widersetzen sich die Bewohner von

der deutschen Seele schleifen, zeigen die Lie-

Hierzu laden großformatige Tafeln sowie

Saint Valéry ihrer Vertreibung. Eine Produk-

der von Georg Kreisler immer aufs Neue.

Detailausschnitte von Comics ein.

tion von Theater Gegendruck.

Café Schrader, Dortmund, 11 Uhr

Bibliothek Ruhr-Uni, Bochum,

Ruhrfestspielhaus, Hinterbühne,

Mo. – Fr. 8 – 24 Uhr, Sa. 11 – 20 Uhr, So. 11 – 18Uhr

Recklinghausen, 18 Uhr

Wanderausstellung

MO 03 | 11 | 14

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Jugendtheater | Lumpenpott Herrmann, genannt Lumpenpott, lebt davon, dass er mit seinem Karren durchs Ruhrgebiet zieht, Lumpen und Trödel sammelt und verkauft. Manches behält er aber auch, Stücke mit Geschichte. Geschichten von denen, die damals mitgemacht, angezettelt, weggehört, an- und brandgestiftet haben. Aber auch von denen, die verschwunden sind, verfolgt und verschleppt wurden... Damals, als die rote Ruhr kackbraun war. Ein Theaterstück, das über den Geschichtsunterricht hinaus lebendige Geschichte in Geschichten liefert. KiJuKuMa, Bochum, 10 Uhr (auch 4., 5. & 6.11.)

Wir sind in jedem Vorort

zu Hause

DO 06 | 11 | 14

Verbindungen • zahlreiche NachtExpress-Netz • dichtes • zentrale Anschlussmöglichkeiten

Musik | Letzte Instanz Fünf intensive Monate nahm sich „Letzte Instanz“ Zeit, um neue Songs zu komponieren. In Zeiten, in denen es normal zu sein scheint, Drums nicht mehr aufzunehmen, sondern zu programmieren, Streicher durch Samples zu ersetzen und nicht vorhandenes instrumentales Können durch Elektronik-Spielereien

Weitere Infos: www.bus-und-bahn.de Mobiles Internet: bub.mobi

zu kaschieren, entschied man sich ganz bewusst, diesen Weg nicht gehen zu wollen. Jede einzelne Note des neuen Albums „Im

26

DSW21_ANZ_Vorort_130x140_4c_01.indd 1

22.10.12 09:20


08 | 11 | 14 Soziale Stadtführung Dortmund

07 | 11 | 14 ONKeL fISCH

Auge des Sturms“ wird eigenhändig gespielt

Sinn für Humor und seine Fähigkeit, das Pub-

dem Barock, aber auch ein „Nachschlagewerk

oder gesungen. Der neue Instanz-Sound ist

likum zu begeistern, verschafft ihm jedes Mal

der menschlichen Seele“. Diese Aufzeichnun-

rauer, direkter, lebendiger, emotionaler.

wieder neue Freunde. Der Australier in Euro-

gen gibt es nun als kurzweiligen, amüsanten

Matrix, Bochum, 20 Uhr

pa weiß, wie man Spannungsbögen hält und

Theaterabend mit dem lesenden und singen-

Bekanntes auf einmal ganz neu klingen lässt.

den Hans Peter Wöhler, begleitet von der, für

Hilde ihr Salon Café, Bochum, 19 Uhr

jeden Spaß zu habenden, Berliner Lautten

FR 07 | 11 | 14 Kabarett | ONKeL fISCH

Compagney, die auch noch einige instrumenMusik | Knoxville Morning

tale „Schmankerl“ beizusteuern weiß.

Deutschland – einig Lobbythek. „Do it your-

Knoxville Morning kommen aus der irischen

self“ ist das Gebot der Stunde. Auch bei Ge-

Provinz und spielen feinsten Americana, ver-

setzen. Die macht man allerdings nach der

mischt mit Folk- und Country-Einflüssen. Im

Musik | Bodo Wartke & The Capital Dance Orchestra

Methode „Lobby and Paste“. ONKeL fISCH

März 2013 veröffentlichte die Band um Front-

Mit „Swingende Notwendigkeit“ betritt Bodo

analysieren die besten Lobbyisten-Tricks:

man Ciaran Dwyer ihr Debütalbum auf dem

Wartke Neuland. Neben gewitztem Klavierka-

Schmieren, kungeln und in den Puff einladen,

deutschen Markt und ist seitdem regelmäßig

barett und dem gefeierten Debüt als Schau-

was die Kriegskasse hergibt. Chlorhühnchen?

zu Gast auf hiesigen Bühnen. Eintritt frei.

spieler in seinem Solo-Theater „König Ödipus“

Zu negativ. Besser: Aktives Pool-Geflügel mit

subrosa, Dortmund, 20 Uhr

erlebt man nun einen singenden, tanzenden

Freischwimmer. Und noch bevor wir uns darüber aufregen können, gibt’s dagegen schon was von Ratiopharm. Ein generationengerechter Action-Kabarett-Abend mit flächen-

und steppenden Entertainer, der mit seiner

SA 08 | 11 | 14 Soziales | Stadtführung Dortmund

deckendem Mindestgehalt.

Bei bodos sozialer Stadtführung zeigen Ver-

Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr

käufer des Straßenmagazins „ihr“ Dortmund. Nach der Premiere Ende Oktober findet dieser

Theater | Sonate für 4 Hunde

Schauspielhaus, Bochum, 20 Uhr

zweistündige Stadtrundgang nun monatlich

Der Titel des Stückes könnte auch ohne Be-

jeden zweiten Samstag statt. Entlang des Ta-

griffe wie „Sonate“ oder „Hunde“ auskom-

gesablaufs eines Menschen ohne Wohnung

men – schließlich haben die Protagonisten

besuchen die Stadtführer Orte und Einrich-

weder mit Hunden noch mit klassischer Kul-

tungen, beschreiben eigene Erfahrungen

tur etwas am Hut. Wie alle hundeartigen

und liefern Informationen zu den Hilfe- und

Spezies haben sie aber ihre Nageknochen, in

Selbsthilfenetzen in der Stadt. Anmeldung bit-

diesem Fall ihre Masten. Und auch mit der

te unter 0231 – 950 97 80. Treffpunkt ist die bo-

Sonate verbindet sie eines: Ihre musikalische

do-Buchhandlung. Die Teilnahmegebühr für

Form ist undefinierbar. Ein schweißtreiben-

neue An- und Einsichten ist 5 Euro, ermäßigt

des Spiel mit komplexen Regeln, die die Ar-

2,50 Euro. Im Anschluss gibt es heiße Getränke

tisten zu ständigem Ortswechsel und perma-

bei bodo und Gelegenheit zum Austausch und

nenter Anpassung zwingen. Eine Produktion

zu weiteren Fragen an unseren Verkäufer.

der französischen Kompagnie „100 Issues“.

bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, DO, 12 Uhr

Spontanität auch die ganz große Revue locker aufs Parkett zaubert. RuhrCongress, Bochum, 20 Uhr

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Dabei sein hat viele

Vorteile Mehr Schutz im Betrieb, mehr Sicherheit im Leben und dadurch mehr persönliche Freiheit. Wäre doch schade, Sie würden darauf verzichten, oder?

Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr Theater | Gustav Peter Wöhler Musik | Tim McMillan & Friends

und die Lautten Compagney

Tim McMillan bringt viele Stile zusammen:

Als „literarisches Wunder“ und „einzigarti-

Folk, Jazz, Klassik, Blues und eine gesunde

ges Monument der Weltgeschichte“ wurden

Die IG Metall finden Sie 3 x in Ihrer Region:

Prise Heavy Metal. Und dazu kommt noch

die Tagebücher des englischen Politikers und

das, was er selbst „Goblincore“ genannt hat

Lebemanns Samuel Pepys bezeichnet. In ei-

44793 Bochum, Alleestraße 80 Tel. 0234 – 96 44 60

(Goblin bedeutet Kobold) und was für das un-

nem endlosen Zeitkontinuum lässt er eine

gezähmte, fantastische Element in seiner Mu-

schier unermessliche Fülle von Details und

sik steht. Seine Auftritte sind lebendig, sein

Gedanken aufblühen. Eine „Daily Soap“ aus

44135 Dortmund, Ostwall 17 – 21 Tel. 0231 – 57 70 60 44623 Herne, Schulstraße 24 Tel. 02323 – 14 63 80

27


07 | 11 | 14 Sonate für 4 Hunde

08 | 11 | 14 Bodo Wartke & The Capital Dance Orchestra

SO 09 | 11 | 14

Songwriter, Dream Pop, Broken Soul und dem

krampfter und unterhaltsamer Umgang mit

Hang zum Ausbruch, dem Blick fürs Detail,

dem musikalischen Material. Der Eintritt ist

Ausstellung | Architektierisch

aufregend gesungenen Farben und Berlin im

frei, Spenden sind willkommen.

In der Mitmach-Ausstellung „Architektie-

Hintergrund. Der Eintritt ist frei.

bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, DO, 19.30 Uhr

risch“ haben Kinder alle Hände voll zu tun.

Goldkante, Bochum, 20 Uhr Musik | Schandmaul

Hier geht es um die Parallelen zwischen den Bauten von Menschen und Tieren. Die Kinder lernen beim eigenen Bauen, Konstruieren und Gestalten viel über Architektur und

DO 13 – SO 16 | 11 | 14 BODO VERLOSUNG | Kinofest Lünen

Im Spätsommer 2013 feierten Schandmaul ihr 15-jähriges Bestehen. Nur wenige Monate später meldeten sich die Sechs mit dem

Baukultur. Kleinere Kinder, die noch nicht

Seit 25 Jahren wird Lünen im November zur

Album „Unendlich“ zurück und knackten

lesen können, erfahren an 19 Stationen mehr

Hochburg des deutschsprachigen Films. 54

die Top 3 der deutschen Albumcharts. Bunte

darüber, wie Biene, Eisbär und Co. bauen.

aktuelle Filme, die zu

Spielmannskunst, lebenslustiger Folk, don-

Die „Großen“ lösen komplexe Aufgaben: Sie

einer Reise von Berlin

nernder Rock und magische Mittelalterklän-

errichten Häuserfassaden nach ihrem Ge-

über Skandinavien, Pa-

ge sind darauf vereint. Nach dem ersten Teil

schmack, bauen eine Brücke oder ein Baum-

lästina und Afrika nach

der vielfach ausverkauften Tournee ist die

haus. Öffnungszeiten und weitere Infos un-

Mexiko und zurück in

Band nun erneut zu erleben – in Bochum

ter www.dasa-dortmund.de

den Pott einladen. Einer davon ist „Journey

spielt sie einmalig das gesamte Album live.

DASA, Dortmund

to Jah“ und erzählt vom Suchen und Finden

RuhrCongress, Bochum, 20 Uhr

einer spirituellen Heimat in einem fremden

MI 12 | 11 | 14 Ausstellung | Island – Ferdin min

Kulturkreis und begleitet dabei Menschen, die eines verbindet und erfüllt: Musik. Sieben Jahre lang folgten die zwei Regisseure

Soziales | Stadtführung Bochum

Sven Weber trampte 2013 Tausende Kilometer

Gentleman und Alborosie auf der Suche nach

Am dritten Samstag findet wieder unsere

durch Island. Seine Reise setzte er in eine Aus-

Authentizität jenseits der westlichen Kon-

bodo-Stadtführung in Bochum statt. Unse-

stellung um, die zwischen Landschaftsfotogra-

sumgesellschaften im Land von Rastafari

re Experten geben ihr Wissen weiter, zeigen

fie, Alltagsreportagen und verspielten Serien

und Reggae: Jamaika. Alle Infos zum Festival

die Orte, an denen Menschen ohne Wohnung

ein vielschichtiges Bild von dem Island zeigt,

gibt es unter www.kinofest-lünen.de

sich aufhalten und besuchen mit Ihnen Ein-

das der Fotograf auf seiner Reise gefunden hat.

Cineworld, Lünen

richtungen, die den Menschen auf der Stra-

Die Ausstellungseröffnung ist der erste Teil

bodo verlost 2 x 2 Karten für „Journey to Jah“

ße Hilfe anbieten: von der Suppenküche bis

des Projekts „endstation.goldkante“. Das end-

am 15.11. um 21.30 Uhr. Teilnahmebedingungen

zur Notschlafstelle, vom Tagesaufenthalt bis

station.kino im Bahnhof Langendreer und die

auf Seite 25.

zu unserem Verkäufer-Café. Anmeldung bitte unter 0231 – 950 97 80. Treffpunkt ist die

Goldkante suchen in Zukunft regelmäßig den pop- und fimkulturellen Austausch. Passend zu „Island – Ferdin min“ zeigt das endstation.kino am 14.11. (21 Uhr) den Konzertfilm „Biophilia“

FR 14 | 11 | 14 2. Freitag | Minor Swing

bodo-Anlaufstelle in der Stühmeyerstraße 33. „Teilnahmegebühr“ ist der Kauf eines Straßenmagazins bei unserem Stadtführer. Im

der isländischen Poplegende Björk.

In unserer monatlichen Benefizreihe „2. Frei-

Anschluss gibt es heiße Getränke bei bodo

Goldkante, Bochum, 20 Uhr

tag“ spielen im November Minor Swing aus

und Gelegenheit zum Austausch und zu wei-

Dortmund Swing und Gypsy-Jazz im Stile

teren Fragen an unsere Stadtführer.

Django Reinhardts. Die Besetzung besteht

bodo-Anlaufstelle, Bochum, 11 Uhr

DO 13 | 11 | 14 Musik | Earnest and Without You

28

SA 15 | 11 | 14

aus drei Gitarren, Akkordeon, Posaune, Kontrabass und Gesang. Zum Repertoire

Kunst und Kultur | Kunstmarkt

Daniella Grimm und Antonio Passacantilli

gehören Reinhardt-Klassiker wie „Nuages“,

Der Kunstmarkt der Werkstatt und der Edition

a.k.a. Earnest and Without You zeichnen mit

„J'attendrai“, „Tears“, „Undecided“ und „All

Wort und Bild hat schon eine über 30-jährige

wundersamer Lyrik, elektronischen Textu-

of me“ bis hin zu Tangostücken und selbst-

Tradition. Wie immer ist er, in anheimelnder

ren, gebrochener Rhythmik, gleitenden Gi-

komponierten Musettewalzern. Wer jedoch

Atelieratmosphäre,

tarrenlinien und geschichteten Violinspuren

braven Rollkragenjazz erwartet, wird ent-

Möglichkeit, sich auf Kunst und Literatur ein-

verschwommene Bilder – zwischen Singer-

täuscht. Geboten wird ein höchst unver-

zulassen. Im Mittelpunkt des diesjährigen

eine

unkonventionelle


08 | 11 | 14 Gustav Peter Wöhler und die Lautten Compagney

Marktes stehen illustrierte Buchwerke des im

14 | 11 | 14 Minor Swing

Musik | Aretha Brown & James Franklyn

anonymen Absender, der sich „citizen four“

Mai verstorbenen Revier-Autors Hugo Ernst

Die Geschichte des Soul erzählen Aretha

nannte und behauptete, im Besitz von Be-

Käufer. „Kultur für alle“, der Aufruf der 70er

Brown und James Franklyn in ihrem Pro-

weisen für illegale verdeckte Massenüber-

Jahre, war Käufers Anliegen.

gramm. Angefangen auf den Baumwollfel-

wachungsprogramme der NSA und ande-

Werkstatt Wort und Bild, Lothringer Str. 36c,

dern und den staubigen Straßen von Georgia,

rer Nachrichtendienste zu sein: Edward

Bochum, 14 – 19 Uhr (auch 16.11., 11 – 19 Uhr)

spinnen die beiden Erzähler die Fäden der Ge-

Snowden. Im Frühjahr 2013 flogen Poitras

schichte der Black Music bis in die Gegenwart.

und der Journalist Glenn Greenwald nach

Sie zelebrieren Soulklassiker von Aretha Frank-

Hongkong, um Snowden zu treffen. Poitras

Manchmal muss man im Leben loslassen, um

lin, grooven sich durch Stevie Wonder und den

nahm ihre Kamera mit.

die Dinge wieder in den Griff zu bekommen.

Motown und enden bei Amy Winehouse und

Kino im U, Dortmund, 20 Uhr

Das galt auch für Milow. Der Singer/Song-

ihrem R&B. Der Eintritt ist frei.

(auch 20.11., 18 Uhr und 22.11., 17.30 Uhr)

writer aus Belgien landete ab 2006 einen Hit

Biercafe, Bochum, 20.15 Uhr

Musik | Milow

nach dem anderen, triumphierte in unzähligen Konzerten als Storyteller und Musiker.

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MI 19 – SO 23 | 11 | 14

Nach längerer Tour-Pause präsentiert der präsentiert:

Künstler nun seine neuen Songs – wie na-

BODO VERLOSUNG |

türlich auch all die großen Hits. Gemeinsam

blicke. filmfestival des ruhrgebiets

mit seiner Band will Milow seinen Status als

Vom 19. – 23. November heißt es wieder „Film

großartiger Musiker und charismatischer

ab“ beim 22. blicke filmfestival des ruhrge-

Live-Performer erneut untermauern.

biets. An fünf Tagen wird

FZW, Dortmund, 20 Uhr

das Medium Film in all seinen Facetten in den

20. Comedy-Festival 01.11.-14.12. 2014 Sa, 01.11.2014, 20.00 Uhr

MI 19 | 11 | 14

Mittelpunkt gerückt. Banalitäten und Spektakel,

So, 02.11.2014, 19.00 Uhr FZW

BODO VERLOSUNG | Elaiza

Unbekanntes und Altbewährtes, Wahrheit,

Mi, 05.11.2014, 20.00 Uhr

Carmela De Feo Maybebop

Wladimir Kaminer

Manchmal passieren sie noch, diese kleinen,

Erfindung und Empfindung, hautnah und re-

überraschenden Wunder. Ein solches Wun-

alitätsfern: Thematisch sind den Beiträgen

der ist der Newcomer-Band

keine Grenzen gesetzt. Allein die Verbindung

Fr, 07.11.2014, 20.00 Uhr

Elaiza passiert. Die vorher völ-

des Gezeigten oder der Filmemacher zum

Do, 13.11.2014, 20.00 Uhr

lig unbekannten Frauen ge-

Ruhrgebiet, bringt die teilnehmenden Werke

wannen den Vorentscheid und

auf einen gemeinsamen Nenner. Neben den

Fr, 14.11.2014, 20.00 Uhr

fuhren für Deutschland zum

Filmen stehen Diskussionen, Installationen,

Eurovision Song Contest nach

eine interaktive Tanz-Performance und am

Do, 20.11.2014, 20.00 Uhr

Dänemark. Elaiza (sprich: Ela-

Samstagabend nach der Preisverleihung eine

Fr, 21.11.2014, 20.00 Uhr

i-sa) ist ein junges weibliches Trio um Sän-

Party auf dem Programm. Alle Filme der Preis-

Sa, 22.11.2014, 20.00 Uhr

gerin und Songwriterin Ela Steinmetz. Zu-

träger werden am Sonntagvormittag noch

sammen verbinden Ela, Yvonne Grünwald

einmal zu sehen sein. www.blicke.org

und Natalie Plöger alte Traditionen des

endstation.kino, Bochum

Fr. 28.11.2014, 20.00 Uhr

osteuropäischen Folks mit modernen Pop-

bodo verlost 2 x 2 Tageskarten (die Gewinner

Sa. 29.11.2014, 20.00 Uhr

melodien zu einer einzigartigen Ohrwurm-

können sich einen Festivaltag aussuchen). Teil-

Mischung. „Neo-Folklore“ nennt die Presse

nahmebedingungen auf Seite 25.

ihren außergewöhnlichen Roots-Pop-Crossover, mit dem Elaiza nun die europäische Musiklandschaft bereichern. FZW, Dortmund, 20 Uhr

FR 21 | 11 | 14 Film | Citizenfour – Die Edward Snowden Doku

bodo verlost 2 x 2 Karten.

Im Januar 2013 erhielt Regisseurin Laura

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

Poitras verschlüsselte E-Mails von einem

Do, 06.11.2014, 20.00 Uhr

Markus Maria Profitlich die feisten Marek Fis

Heinz Gröning

Sa, 15.11.2014, 20.00 Uhr

Hennes Bender Fritz Eckenga Ladies Night Caveman

Do, 27.11.2014, 20.00 Uhr

Jan Weiler

Vince Ebert

Markus Krebs

Do. 11. - Sa. 13.12.2014, 20.00 Uhr So. 14.12.2014, 11.00 Uhr Frühschoppen

Fritz Eckenga, Peter Großmann u.a.

Fritz-Henßler-Haus Haus der Jugend

Geschwister-Scholl-Str. 33-37 44135 Dortmund · www.fhh.de 29


21 | 11 | 14 Citizenfour – Die Edward Snowden Dokumentation

15 | 11 | 14 Milow

BODO VERLOSUNG |

cke, selbstgebackene Plätzchen und Präsente

noch feiern wir ständig die Errungenschaften

Ladies Night – Ganz oder gar nicht

für Tier und Mensch erworben werden. 100

unserer demokratischen Ordnung. „The Great

Kein Job, kein Geld, keine Unterhosen. Aus

Prozent des Erlöses kommen dem Verein zu-

Democracy Show“ ist eine kritische Auseinan-

lauter Not kommen fünf arbeitslose Män-

gute, der die kostenlose Grundversorgung für

dersetzung mit Manipulations- und Überwa-

ner mit Rettungsrin-

die Tiere durch eine regelmäßige ambulante

chungsmethoden, dem Angriff auf das Recht

gen und Hühnerbrüs-

Sprechstunde sicherstellt. In den Räumlichkei-

auf Privatsphäre und der Gleichgültigkeit der

ten auf die waghalsige

ten der Firma Lack-X-Press, Hannöversche Stra-

Entscheidungsträger und Bevölkerung.

Idee, es den erfolgrei-

ße 18 d – e (am schwarzen Nashorn gegenüber

Theater im Depot, Dortmund, 18 Uhr

chen

reinfahren) findet der Weihnachtsmarkt statt.

bodo verlost 3 x 2 Karten.

Lack-X-Press, Dortmund, 10 – 17 Uhr

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

SO 23 | 11 | 14

MI 26 | 11 | 14

„Chippendales“

gleich zu tun. Sie strippen. Als nur noch ein knapper String als letzte Schamgrenze bleibt, stellt sich die alles entscheidende Frage: Ganz oder gar nicht?!

BODO VERLOSUNG | The Great Democracy Show

Fritz Henßler Haus, Dortmund, 20 Uhr

BODO VERLOSUNG | Dikanda

bodo verlost 5 x 2 Karten

Unsere Freiheit ist nicht erst seit den NSA-

Leidenschaftliche Freude am Singen und Mu-

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

Lauschangriffen in Gefahr geraten. Die Unter-

sizieren, Spontanität und Energie sind die

haltungsindustrie

ver-

Markenzeichen des Sextetts

SA 22 | 11 | 14

mittelt uns, was und wie

„Dikanda“ aus dem polnischen

wir zu begehren haben.

Stettin. Ihre Eigenkompositi-

Weihnachtsmarkt | DoDog e.V.

Die Werbeindustrie pro-

onen schöpfen aus der maze-

Die 2009 gegründete Initiative DoDog, die

duziert Lebensgefühle,

donischen, polnischen, russi-

sich der Betreuung von Tieren obdachloser

die uns glauben machen, unsere angebliche

schen, jüdischen, griechischen,

und suchtkranker junger Menschen widmet,

Individualität entsprechend eingekleidet zu

bulgarischen, türkischen und

lädt in Körne zur Weihnachtsfeier. Neben der

haben. Wir befinden uns in einem morali-

arabischen Musiktradition. Ob feuriger Czar-

Stärkung durch herzhafte Gerichte und Kaf-

schen Vakuum, in dem Traditionalismus an

das oder krachende Polka, zartschmelzende

fee & Kuchen können weihnachtliche Geste-

die Stelle des Bewusstseins getreten ist. Den-

Balladen oder hypnotisierender Ausflug in

ANZEIGE

Über Tier und Mensch in der Kunst

30

MUSEUM OSTWALL IM DORTMUNDER U 15.11.2014–12.04.2015

Abb.: Christiane Möbus, Auf dem Rücken der Tiere, 1990/1994, Installationsansicht Kunstverein Hannover 1997, Museum Wiesbaden, © VG Bild-Kunst, Bonn 2014, Foto: Olaf Hauschulz, Hamburg

ARCHE NOAH


28 | 11 | 14 Helmut Sanftenschneider

den Orient, Dikanda spielt voller Emotionali-

28 | 11 | 14 Szenen einer Ehe

Lesung | Frank Goosen

Leidenschaft“ mit „trockenem Ruhrgebietshu-

tät und unverblümter Lebensfreude.

Frank Goosen erzählt in seinem neuen Buch

mor“. Immer wieder überzeugt der langjäh-

Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr

„Raketenmänner“ von Männern mitten im Le-

rige Bühnenpartner von Comedystar Johann

bodo verlost 2 x 2 Karten.

ben. Von solchen, die ausbrechen wollen, und

König mit kleinen, aber feinen Details, Wort-

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

von jenen, die Halt suchen. Von Musik und al-

witz und dem einen oder anderen prominen-

ter Freundschaft. Von der Sehnsucht nach der

ten Überraschungsgast.

einen, der wahren Liebe. Von Verlassenen und

Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr

Film | Festung Anlässlich des „Internationalen Tages zur

Suchenden, von Ängstlichen und Mutigen.

Beendigung der Gewalt gegen Frauen“ prä-

Alle wären sie gern Raketenmänner und müs-

sentiert der Zonta Club Dortmund den Film

sen sich doch mit sich selbst begnügen.

Johan und Marianne, seit zehn Jahren ein

„Festung“ mit Peter Lohmeyer und Karoline

Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr

Paar, zwei Kinder, private Harmonie und

Herfurth. Der Film setzt sich mit einem täglich inmitten unserer Gesellschaft abspielenden Drama auseinander: häusliche Gewalt gegen Frauen. Der Zonta Club Dortmund, Vertre-

Theater | Szenen einer Ehe

beruflicher Erfolg – eine Bilderbuchehe, so

FR 28 | 11 | 14 BODO VERLOSUNG | Spirit of Moondog

scheint es. Als Johan jedoch seiner Frau nicht nur eine Affäre gesteht, sondern auch, dass er seit mehreren Jahren über eine Trennung

terinnen des Frauenhauses und eine Opfer-

Expressive Saxofonklänge, erdiger Groove

nachdenke, gerät alles ins Wanken. Auf Tren-

schutzbeauftragte laden anschließend zum

der Trimba... das ist der Sound von Spirit of

nung folgt Nähe – bis Zärtlichkeiten von De-

Gespräch ein. Es wird um eine Spende zuguns-

Moondog. Das Ensemble

mütigungen und Gewalt zerrieben werden.

ten des Dortmunder Frauenhauses gebeten.

widmet sich ausschließ-

Regie führt Claudia Bauer, die in Dortmund

Kino im U, Dortmund, 20 Uhr

lich dem verstorbenen

bereits „Welt am Draht“ und das Märchen-

Komponisten Moondog

massaker mit Live-Musik „Republik der Wöl-

(Louis Hardin). Seine

fe“ in Szene gesetzt hat.

DO 27 | 11 | 14 Vortrag | Die Welt Alexanders des Großen

Musik ist dem musikalischen Prinzip des Kon-

Schauspiel, Dortmund, 19.30 Uhr

trapunkts untergeordnet und wirkt in gera-

Alexander gilt als der größte Eroberer der Ge-

den und ungeraden Metren archaisch und

schichte, in nur elf Jahren veränderte er die

modern zugleich. „Die Mischung aus Klassik,

damals bekannte Welt. Sein Ziel war es, Eu-

Jazz und Weltmusik lässt Moondogs Tonspra-

ropa und Asien miteinander zu verschmelzen

che zeitlos erscheinen. Die eingängigen Me-

Und sie tun es wieder! Das außergewöhn-

und dadurch eine friedliche, ökumenische

lodien mit Ohrwurmqualität, getragen vom

liche Musikfestival MUKKEFUX geht nun

Welt mit der Toleranz zwischen den unter-

Herzschlag der Trimba, garantieren ein außer-

schon in die dritte Runde. Erneut zeigt das

schiedlichen Kulturen zu schaffen. Kein an-

gewöhnliches Konzerterlebnis.“ Die Trimba ist

MUK an der Güntherstraße die Bandbreite

derer hat die Welt so beeindruckt und wird

das von Moondog entwickelte Perkussions-

der dort probenden Bands, dieses Mal in der

heute noch so oft erwähnt und geehrt wie

instrument, in dessen Bau- und Spielweise er

Großmarktschänke mit Acts zwischen Gitar-

Alexander. Ein Vortrag (mit Bildern) von Dr.

seinen Freund Stefan Lakatos unterwies und

renpop und Alternative wie Alaska, Blomqist,

Stamatis Lymperopoulos.

das dieser weltweit als Einziger beherrscht!

Clox, The Roughtones und vielen weiteren.

Auslandsgesellschaft NRW, DO, 19 Uhr

Pauluskirche, Dortmund, 20 Uhr

Einzigartig in der Festivalwelt bleibt: Alles

bodo verlost 2 x 2 Karten.

kommt aus einem einzigen Haus.

Teilnahmebedingungen auf Seite 25.

Großmarktschänke, Dortmund, 18 Uhr

Musik | Ludwig van Beethoven

SA 29 | 11 | 14 Musik | MUKKEFUX 14

Ein Abend von und mit Lutz Görner Seit drei Jahren begeistert Lutz Görner sein

Kabarett | Helmut Sanftenschneider

Publikum mit den von ihm erfundenen Kla-

Pilsbier und Sangria, Schrebergarten und

vierabenden. Diese Abende sind immer eine

Finca oder einfach nur „Currywurst und Kas-

Mischung aus Literatur und Musik. Literatur

tagnetten“: Man könnte Helmut Sanften-

von und über den Komponisten, dessen Mu-

schneider als „Spanier“ unter den deutschen

sik von der Konzertpianistin Nadja Singer

Komikern bezeichnen, denn der Ruhrgebietler

dargeboten wird.

ist nicht nur Komiker, sondern auch studierter

Kunstmuseum, Bochum, 19.30 Uhr

Flamencogitarrist und verbindet „spanische 31


BODO GEHT AUS

Latino Sol | Dortmund Tapas und Tanz

Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski

2011 gründeten sie das „Yellow Peppers“ auf der Schützenstraße. Dieser Name wurde

Tapas, sagt das Küchenlexikon, sind warme

jedoch häufig mit Tex-Mex-Franchise asso-

und kalte Vorspeisen von der Iberischen

ziiert. Aus diesem Grund kam es jüngst zur

Halbinsel. Was es verschweigt: In genü-

Umbenennung in „Latino Sol“. Der spanische

gender Menge machen sie auch ohne

Name passt nicht nur wesentlich besser zum

Sauce aus Olivenöl, Zwiebeln, Weinessig

Hauptspeise selig. Insbesondere in geselli-

Charakter des Hauses, er liefert gleichzeitig

und Basilikum) besonders gut geschmeckt.

ger Runde ist das unkomplizierte Naschen

einen Hinweis auf die lateinamerikanische

Selbstverständlich muss man es im Latino

und Probieren ein Vergnügen. Wer dann

Ausrichtung der Speisekarte. Schließlich

Sol nicht bei Tapas belassen. Von Salat über

Lust auf Salsa tanzen oder Spanisch lernen

stammen die Brüder aus Ecuador. „Auf der

Paella bis zu „Bife de Chorizo“ (Argentini-

bekommt, dem sei das Latino Sol in der

Karte finden Sie alles, was wir selber gern

sches Rumpsteak mit typisch hausgemach-

Dortmunder Nordstadt empfohlen.

essen“, sagt Angel Figueroa. „Natürlich gibt

ter Chimichurri-Sauce) reicht die Karte,

es hier die klassischen spanischen Tapas.

Vegetarier werden ebenfalls glücklich. „So-

Uns war es aber wichtig, darüber hinaus die

weit es möglich ist, stellen wir die Speisen in

Vielseitigkeit der Küche Lateinamerikas zu

unserer eigenen Küche her“, sagt Figueroa.

zeigen. Empanadas aus Chile oder Flautas

Wenn man weiß, dass die Zutaten frisch

aus Mexiko sollten unbedingt dabei sein.“

sind, verzeiht man gern, dass gelegentlich

Angel Figueroa stammt aus Ecuador. Seit 1998 lebt er in Deutschland und arbeitet als Dozent für Salsatanz und spanische Sprache. Nach dem Unterricht ist er mit seinen Schülerinnen und Schülern des öfteren Essen

32

ein Gericht ausverkauft ist. Zumal es viele

gegangen. Sein Bruder Antonio arbeitete

Bei der Zahl der Vorspeisen ist es nicht

zu der Zeit als Koch in Spanien. Als dort die

einfach, einen persönlichen Favoriten zu

Auswirkungen der Wirtschaftskrise immer

finden. Uns hat „Pavo Maya“ aus Guatemala

Bei den Getränken steht man ebenfalls vor

bedrohlichere Züge annahmen, fassten sie

(frisches Truthahnfilet in Spezial-Mais-Boh-

der Qual der Wahl. Ein Umstand, der im

den Entschluss, in Deutschland gemeinsam

nen-Sauce nach altem Indianerrezept) und

Zusammenhang mit den Tanzkursen stehen

ein Lokal zu eröffnen.

„Yuca al Mojo“ (gekochter Maniok mit einer

dürfte, beziehungsweise damit, dass im Lati-

Alternativen gibt.


KULTUR

25 Jahre Kinofest Lünen Ein kleiner Ort für großes Kino: Vom 13. bis 16. November wird Lünen wieder zur Hochburg des deutschsprachigen Films. 54 aktuelle Produktionen wetteifern um Filmpreise im Wert von 39.500 Euro, ob als Komödie, Thriller, Drama oder Dokumentation. Von Susanne Schröder | Foto: Günther Goldstein/Kinofest

Michael Wiedemann leitet das Kinofest Lünen seit 2005.

no Sol an jedem ersten Samstag im Monat

Tom Tykwer beschrieb die Besonderheit des

In diesem Jahr gehen sieben Spielfilme

eine Party gefeiert wird. „Tapas & Fiesta

Festivals in der westfälischen Provinz ein-

und drei Dokumentarfilme ins Rennen:

de Salsa“ verspricht karibisches Flair mit

mal so: „Lünen ist einzigartig, weil es eisern

Die Spanne reicht von der westfälischen

Salsa, Merengue, Bachata, Kizomba und

an Kino mit lokaler Identität glaubt – die

„Fear and Loathing“-Version bis zum bis-

Reggaeton. Anfänger können zuvor an ei-

zentral ist für Filme, die uns etwas über die

lang ältesten Kinofest-Debütanten.

nem Schnupperkurs teilnehmen, um sich

Welt vermitteln.“ So laden die vorgeführten

anschließend mit den soeben gelernten

Filme mit teils prominenter Besetzung zu

Schritten aufs Parkett zu wagen.

einer Reise von Berlin über Skandinavien,

In den Tanzsaal mit riesigen Spiegeln an der Wand gelangt man vom Restaurant aus durch eine eher unscheinbare Tür, hinter welcher man eine solche Dimension kaum vermutet. Dabei ist auch der Gastronomiebereich alles andere als

Palästina und Afrika nach Mexiko und zurück in den Pott ein. Am Ende warten zwölf Filmpreise im Wert von 39.500 Euro auf die Wettbewerbsteilnehmer, Hauptpreis ist der mit 10.000 Euro dotierte Regie-Nachwuchspreis LÜDIA, der seit 1997 vergeben wird.

Der junge Regisseur Felix Maxim Eller aus Unna beleuchtet in „Young and wild“ als Autor, Regisseur, Produzent, Kameramann und Cutter in Personalunion die verrückten Folgen des Heranwachsens. Benedikt Kubys Dokumentarfilm „Der Bauer bleibst du“ erzählt vom 82-jährigen kinderlosen Heinz Wanner, der seinen Bergbauernhof in Tirol alleine bewirtschaftet. Seit 1620 gehört er

klein. Behaglich wirkt er dennoch. Dafür

Mit Edward Berger, Regisseur des Er-

seiner Familie. Nun soll der junge Nachbars-

sorgen die warmen Farbtöne und nicht

öffnungsfilms „Jack“, kehrt ein LÜDIA-

sohn den Hof übernehmen. Ein berührender

zuletzt das freundliche, spanisch und

Preisträger (1998) zum Kinofest zurück.

Film über einen Generationenwechsel.

deutsch sprechende Personal.

„Jack“ lief in diesem Jahr als deutscher Beitrag im Berlinale-Wettbewerb. Berger

Kinofest Lünen vom 13. – 16. November Cineworld Lünen, Im Hagen 3, 44532 Lünen

Latino Sol

erzählt geradlinig und ungeschönt aus

Schützenstraße 46, 44147 Dortmund

der Perspektive eines Jungen, der durch

täglich ab 17 Uhr, Montag Ruhetag

die Umstände gezwungen wird, früh

bodo verlost 2 x 2 Karten für den Film

www.dospasos.de

erwachsen zu werden.

„Journey to Jah“ am 15.11. (siehe Seite 25)

Programm: www.kinofest-luenen.de

33


REPORTAGE

34


MOONDOG Klassische Musik von der Straße

Es ist ungewöhnlich, den Lebensmittelpunkt von New York nach Oer-Erkenschwick zu verlegen. Bei Louis Thomas Hardin, bekannt geworden unter seinem Künstlernamen Moondog, ist es nur ein Aspekt unter vielen, die seine Biografie einzigartig machen. Manchen gilt der blinde Musiker, der einen Großteil seines Lebens auf der Straße zugebracht hat, als einer der wegweisenden Künstler des 20. Jahrhunderts. Unter Leitung seines ehemaligen Schülers Stefan Lakatos wird am 28. November in der Dortmunder Pauluskirche eine Auswahl seiner Werke aufgeführt. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Stefan Lakatos, Daniel Sadrowski

35


REPORTAGE

H

ardin wurde am 26. Mai 1916 als

der Hilfsorganisation für Blinde bekam er

Sohn eines Wanderpredigers in

bald keine Unterstützung mehr. Die wollten,

Kansas geboren. Sein Augenlicht

dass er Bürsten bindet. Dafür hatte er keine

verlor er im Alter von sechzehn Jahren bei

Zeit. Also wurde ihm das Geld gestrichen. Für

der Explosion einer Dynamitkapsel aus dem

seine Musik hat er viele Opfer gebracht, das

Eisenbahnbau. An der Blindenschule entdeck-

ist sicher.”

te er die Welt der klassischen Musik, wurde in Harmonielehre unterrichtet und lernte diverse Instrumente zu spielen. „Wir wissen nicht, ob er dieser Komponist geworden wäre,

Besuchen Sie das Hilton – „gegenüber von Moondog“

hätte es den Unfall nicht gegeben“, meint La-

Nahezu täglich stand er an der Ecke 6th

katos. „Moondog konnte seine Noten nicht

Avenue/54th Street. Alte Fotos zeigen die im-

mit dem Stift notieren. Er musste alles im

posante Erscheinung. Man sieht einen sehr

Kopf komponieren. Jedes fertige Musikstück

großen Mann in Wikinger-Kluft, mit weitem

stanzte er mit einer Presse in Braille-Schrift.

Umhang, Helm, Speer und wallendem Bart,

Dafür benötigte er Streifen aus Spezialpa-

Ausdruck seines Faibles für nordische Mythen.

pier. Die waren nicht sehr lang, aber ziemlich

Im Straßenbild galt er als Institution. Erzählt

teuer. Häufig schrieb er kurze Melodien, die

wird, das Hilton-Hotel habe in jener Zeit An-

als Kanon aufgeführt werden sollten. Seine

noncen geschaltet und als Adresse „gegenüber

Kompositionstechnik perfektionierte er und

von Moondog“ angegeben. Die Kleidung, vom

entwickelte einen unverkennbaren Stil. Ich

Umhang bis zu den Schuhen, entwarf und näh-

finde es erstaunlich, wie man ein Handicap

te er selbst. Grundform des Materials war stets

überwinden kann, wenn man nicht aufgibt,

ein Quadrat. Beim Interview zeigt uns Stefan

seiner Profession nachzugehen.“

Lakatos ein von Moondog gefertigtes Cape. „Im Grunde genommen ist es simpel. Man

Obdachlosigkeit ist nie romantisch

muss nur auf die Idee kommen, den quadratischen Stoff auf diese Weise zu falten. Mich erinnert es an eine Eule. Eulen sehen bei Nacht.“

Hardin/Moondog. Zwischen Privatleben und

36

Künstlerdasein gab es bei ihm eine klare Tren-

Moondog hatte Charisma. Er war optisch ein

nung. Ging es um die Kunst, war er Moondog.

Ereignis. Er spielte einzigartige Musik. Das

Der Künstlername bezieht sich auf einen

Phänomen an der Straßenecke fand damals die

Hund, den er besessen hatte und von dem

Aufmerksamkeit prominenter Künstler. Neben

er sagte, kein anderer hätte derart inbrüns-

Bernstein, Strawinsky und Toscanini lernte er

tig den Mond angeheult. Lakatos erzählt, im

Artur Rodzinski kennen. Der Chefdirigent der

hohen Norden Europas wäre Moondog die Be-

New Yorker Philharmoniker gestattete ihm,

zeichnung für einen nächtlichen Regenbogen,

Orchesterproben in der Carnegie Hall beizu-

der im Mondlicht durch Eiskristalle hervorge-

wohnen. Charlie Parker wollte eine Platte mit

rufen wird. Hardin wusste das nicht. Es hätte

ihm aufnehmen. Leider verstarb der Saxofo-

ihm gefallen.

nist, bevor der Plan realisiert werden konnte.

In den 40er und 50er Jahren lebte er in New

Bei einfachen Menschen war er ebenso be-

York, ohne festen Wohnsitz, gelegentlich

liebt. Er mochte Kinder. Lakatos erzählt von

hatte er Geld für ein billiges Zimmer. „Über

einem Brief, den er lesen durfte. Darin erin-

sein Leben auf der Straße hat er nicht gern

nert sich eine ältere Dame an ein prägendes

geredet“, sagt Lakatos. „Mag sein, dass eini-

Erlebnis ihrer Kindheit. Sie schreibt, sie müs-

ge Leute romantische Vorstellungen haben,

se fünf oder sechs Jahre alt gewesen sein.

Stefan Lakatos: „Ich weiß nicht, woher

aber Obdachlosigkeit ist nie romantisch, son-

Ihre Eltern seien streng gewesen und hätten

er die Energie nahm. Er schaute im-

dern hart. Im Sommer eventuell zu ertragen,

sie oft und grundlos geschlagen, sogar auf

mer nur nach vorn.“ Aus seinem ers-

im Winter wird es brutal. Betteln kam für ihn

offener Straße. Bestimmt habe Moondog

ten Treffen mit Moondog resultierte

nicht in Frage. Er war Künstler, er trug seine

sich nähernde schimpfende Erwachsene

eine lebenslange Freundschaft. Der

Werke vor und verkaufte seine Gedichte und

und ein laut weinendes Mädchen gehört.

junge Schwede wurde sein Schüler.

Kompositionen. Das war seine Arbeit. Von

Bei ihm angelangt, seien sie verstummt. Da


„Betteln kam für ihn nicht in Frage. Er war Künstler, er trug seine Werke vor und verkaufte seine Gedichte und Kompositionen. Das war seine Arbeit.“

37


REPORTAGE

habe sich der Riese hingekniet und ihr zugeflüstert: „I am on your side“ (Ich bin auf deiner

Nachlassverwalter mit der Trimba

Seite). „Das hat sie nie vergessen“, sagt Lakatos. „Denn jetzt war klar, nicht sie hatte Mist

Im Dezember 1977, in Recklinghausen, wurde er

gebaut, sondern ihre Eltern.“

an seinem Stammplatz in der Fußgängerzone von Ilona Goebel angesprochen. Die Studen-

„Nie zuvor hatte ich so etwas gehört.“

tin konnte es nicht fassen, dass jemand, der so schöne Musik macht, derart ärmlich leben muss. Sie fragte ihn, ob er Weihnachten nicht

Als Stefan Lakatos Moondogs Musik erstmals

im Kreis ihrer Familie in Oer-Erkenschwick ver-

hörte, war er dreizehn. In Schweden, seiner

bringen wolle. Hardin nahm die Einladung an.

Heimat. Frank Zappa hatte in einer Radiosen-

Und durfte bleiben. Goebel, spätere Sommer,

dung ihm wichtige Schallplatten vorgestellt.

brach ihr Studium ab und wurde seine Mana-

„Zwei Stücke von Moondog waren dabei. Die

gerin. Eine Reihe neuer Schallplatten erschien.

haben mich ungeheuer beeindruckt. Nie zu-

Der klar strukturierte, repetitive Charakter

vor hatte ich so etwas gehört.“ Bis zur ersten

seiner Musik brachte ihm den Ruf ein, Wegbe-

Begegnung der beiden sollten aber noch mehr

reiter der Minimal-Musik von Steve Reich oder

als zehn Jahre vergehen. Die Gelegenheit ergab

Philip Glass zu sein. Aus seiner Perspektive ein

sich 1980. In Oer-Erkenschwick. Lakatos, inzwi-

Missverständnis, er fühlte sich der klassischen

schen Mitte zwanzig, hatte ein Interrail-Ticket

Musiktradition zugehörig.

und von einem schwedischen Radiosender den Auftrag, ein Interview mit dem sagenumwo-

Aus dem ersten Treffen zwischen Lakatos und

benen Künstler zu führen.

Hardin resultierte eine lebenslange Freundschaft. Der junge Schwede wurde sein Schüler,

1974 hatte Moondog eine Einladung zu einem

dem er sogar half, eine Trimba zu bauen. Die

Festival in Frankfurt erhalten. Neben ihm stan-

Trimba ist eine Moondog-Erfindung, ein Per-

den unter anderem die Elektronik-Pioniere

kussionsinstrument, das aus vier unterschied-

Kraftwerk auf dem Programm. Eine Verknüp-

lich großen Trommeln besteht, die mit Rassel

fung mit Bach hätte ihm eher zugesagt, die

und Klangholz angeschlagen werden. Sie dient

Möglichkeit aber, nach Europa zu reisen, dem

als Basis für den typischen Moondog-Sound.

Ursprung der von ihm geschätzten Mythen näherzukommen, ließ er nicht ungenutzt. Und

Lakatos hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese

er wollte langfristig bleiben. Obwohl er in den

Musik im Sinne des Komponisten lebendig zu

Staaten jetzt einen gewissen Bekanntheits-

halten. „Seine Stücke fußen auf Kontrapunkt

grad besaß und bei Jazz- und Klassikfirmen

und Kanon. Es sieht auf den ersten Blick so

einige Platten veröffentlichen konnte, verkauf-

einfach aus. Nur eine kleine Melodie. Wie ver-

Stefan Lakatos an der Trimba, einer

te oder verschenkte er sein Eigentum, trennte

zwickt es tatsächlich ist, merkt man erst beim

Moondog-Erfindung. Lakatos hat es

sich sogar von einem kleinen Stück Land, das

Spielen. Man muss seinen Geist spüren kön-

sich zur Aufgabe gemacht, Hardins

er zwischenzeitlich geerbt hatte, und verließ

nen, sonst hat man etwas falsch gemacht. Ich

Musik im Sinne des Komponisten

New York. Als man ihn dort nicht mehr an

war Zeuge zahlreicher Interpretationen. Viele

lebendig zu halten.

seiner Kreuzung sah, wurde im Rundfunk ein

Musiker richten ein Massaker an.“

Nachruf gesendet. Hardin starb am 8. September 1999. Zum NachDem Konzert in Frankfurt sollten noch weitere

lass gehört ein Kanon für 1.000 Stimmen. Auf-

folgen, doch für eine gesicherte Existenz reich-

grund seiner Komplexität wurde er nie aufge-

te das nicht. Er wohnte bei Selbsthilfegruppen

führt. „Er wollte beweisen, dass er einen Mount

und in Hippiekommunen, lebte in Hamburg,

Everest bezwingen kann“, sagt Lakatos.

im Wendland, in Marl. Er machte wieder Straßenmusik und verkaufte seine Gedichte. Wenn etwas Schlechtes passierte, meinte er nur, ,Ich freue mich auf nächsten Montag, dann haben wir das hinter uns‘. Ich habe ihn nie verbittert erlebt.“

38

Freitag, 28. November 2014 Pauluskirche, Schützenstr. 35, Dortmund Einlass 19.30 Uhr, Beginn 20 Uhr bodo verlost 2 x 2 Karten (siehe Seite 25)


VERKÄUFERPORTRÄT

„Mit etwas Glück haben wir nächstes Jahr feste Arbeit.“ Sonia, Christian und Flavius

„Wir kommen beide aus Bacaˇu, einer großen Stadt mit 140.000 Einwohnern im Nordosten von Rumänien bzw. aus kleinen Dörfern ganz in der Nähe. Mittlerweile leben wir aber seit drei Jahren im Ruhrgebiet. In Rumänien haben wir für uns einfach keine Zukunft mehr gesehen. Die Situation dort ist nicht besonders gut. Es gibt kaum

Vor drei Jahren sind Sonia und Christian aus Rumänien nach Herne gezogen. Letztes Jahr kam ihr Sohn Flavius zur Welt. Wir haben uns mit der jungen Familie im Verkäufercafé in Bochum getroffen und über ihren Weg zu bodo, ihre aktuelle Situation und ihre Wünsche für die Zukunft gesprochen. protokolliert von Sebastian Sellhorst | Foto: Sebastian Sellhorst

Arbeit, und viele Menschen dort sind sehr arm. Aus dieser Not heraus haben wir uns

etwas zu unterhalten, haben wir schon

darauf, möglichst sparsam zu leben. Das

nach der Schule dazu entschlossen, nach

eine Menge gelernt. Deutsch sprechen

ist natürlich mit einem Kind oft gar nicht

Deutschland zu kommen, in der Hoffnung,

klappt daher schon ganz gut, aber wenn

so einfach. Viel muss angeschafft werden.

hier einen Job und die Chance auf eine

wir Formulare ausfüllen oder Bewerbun-

bodo hat uns da sehr geholfen. Natürlich

bessere Zukunft zu finden.

gen schreiben müssen, wird es schwierig.

in erster Linie, indem wir die Möglichkeit

Im Dezember beginnt aber auch endlich

haben, uns ein bisschen was dazu zu ver-

Da einige Bekannte von uns schon länger

unser Deutschkurs, in dem wir hoffentlich

dienen. Aber auch mit Kinderkleidung und

hier im Ruhrgebiet leben, haben wir uns

noch viel dazulernen können.

Möbeln war bodo eine große Hilfe.

noch sehr schwierig, als wir hierhergekom-

Mittlerweile wohnen wir in einer kleinen

Unser Ziel ist es, auf jeden Fall erst einmal

men sind. Wir sprachen kaum Deutsch,

Wohnung in Herne, in der wir uns sehr

hier zu bleiben, um uns etwas aufzubau-

hatten keine Arbeit, kein Geld und wohn-

wohl fühlen. Seit fast zwei Jahren sind wir

en, um unserem Sohn später eine vernünf-

ten bei Verwandten. Über den Tipp eines

dort zu dritt. Letztes Jahr ist unser Sohn

tige Zukunft zu bieten, damit er zur Schule

Bekannten sind wir dann zu bodo gekom-

Flavius zur Welt gekommen. Er ist unser

gehen kann und es irgendwann vielleicht

men. Anfangs waren wir noch skeptisch.

Ein und Alles. Seit diesem Sommer geht er

etwas leichter hat als wir, eine Arbeit zu

Aber es funktionierte auf Anhieb recht gut,

schon in den Kindergarten. So besonders

finden. Mit ein bisschen Glück haben wir

und die Leser waren sehr freundlich. Seit-

gut gefällt es ihm da allerdings nicht, und

nächstes Jahr auch eine feste Arbeit. Viele

dem verkaufen wir das Straßenmagazin in

er würde morgens lieber bei uns bleiben.

Kunden haben uns schon gute Tipps gege-

Bochum-Gerthe.

Aber das wird sich bestimmt noch geben.

ben. Wenn das klappt, dann kommen wir

Dieses Jahr im August haben wir dann

nur noch zu Besuch bei bodo vorbei.“

auch hierher orientiert. Anfangs war es

Unsere Situation ist zwar noch immer

auch endlich in Rumänien geheiratet.

nicht einfach, aber wenigstens können wir jetzt schon ein wenig Deutsch. Im

Geld vom Arbeitsamt bekommen wir nicht.

Gespräch mit den Kunden, von denen die

Wir bekommen Kindergeld. Es ist also bei

meisten auch mal stehen bleiben, um sich

uns schon sehr eng, und wir achten sehr

39


REPORTAGE

Anime, Manga und Cosplay Zu Besuch in einer anderen Welt Wenn einem in Dortmund junge Menschen mit bunten Perücken, langen Mänteln und ausgefallenen Kostümen begegnen, kann es gut sein, dass sie auf dem Weg zur „DoJaKu“ sind. Einmal im Monat pilgern Jugendliche aus ganz NRW ins Dortmunder Fritz-Henßler-Haus zum „Dortmunder Japan-Kultur“Treffen. Wir haben uns in dem bunten Treiben zwischen verkleideten „Cosplayern“, „Trading-Card“Spielern und Manga-Fans umgesehen und einen Blick in eine für Außenstehende sehr fremde, aber freundliche und knallbunte Welt geworfen. Von Sebastian Sellhorst | Fotos: Sebastian Sellhorst, Saskia Namako Jansen

40


Ausgefallene Kostüme, extravagante Perücken und Accessoires. Einmal im Monat wird das Fritz-Henßler-Haus zur Spielwiese für Manga- und Comic-Fans.

D

ie Anfänge der „DoJaKu“ liegen erst fünf

aus asiatischen Comicbüchern, den Mangas,

„Das Schöne ist, das wir unser Programm

Jahre zurück. Was als kleines Treffen von

oder in Verfilmungen dieser sogenannten

komplett selbst organisiert und unkom-

einigen japanbegeisterten Jugendlichen im

Animes. Aber auch westliche Comic-, Zei-

merziell auf die Beine stellen“, so Stefan

Rombergpark begann, ist mittlerweile zum

chentrick- und Videospiel-HeldInnen sind

Bahr, „DoJaKu“-Besucher der ersten Stunde

größten monatlich stattfindenden Manga-

beliebte Verkleidungs-Motive.

und einer der Hauptorganisatoren. „Eine

D

feste Ausrichtung gibt es bei uns nicht.

und Cosplay-Treffen in Deutschland, mit 600 bis 900 regelmäßigen Besuchern angewachsen. Die Zeiten, in denen sich die Jugendlichen

och bei der „DoJaKu“ geht es nicht nur

Wenn jemand eine gute Idee hat, kann er

um Verkleidungen und Kostümierung.

sich mit dem ehrenamtlich arbeitenden

in Parks, zuerst im Rombergpark, danach im

In einem eigenen Bereich, der „Künstler-

Organisations-Team absprechen. Solange

Fredenbaumpark trafen, sind vorbei. Mitt-

meile“, stellen Zeichnerinnen und Zeichner

es Spaß macht und sich genug Leute dafür

lerweile trifft sich die Gruppe in Räumlich-

eigene Comics vor, Buttons mit beliebten

interessieren, lässt es sich meist realisieren.“

keiten, die vom Dortmunder Jugendamt im

Serien-Charakteren werden hergestellt und

Zusammen mit 18 weiteren Organisatoren

Fritz-Henßler-Haus zur Verfügung gestellt

Einträge in Poesiealben, sogenannten „Con-

und vielen freiwilligen Helfern organsiert

werden. Erhalten haben sich die Japan-Fans

Hons“, werden getauscht. Auf zwei Bühnen

der 29-jährige Gelsenkirchener jeden Monat

den nichtkommerziellen Charakter und

wird ein großes Programm mit Tanzeinla-

die Convention.

die Selbstverwaltung ihres Treffens. Viele

gen, Karaoke-Shows und Bands angeboten.

ähnliche Veranstaltungen kosten mittlerweile

Schwerpunkt bei den männlichen Besu-

Eintritt, die „DoJaKu“ ist kostenlos und erfreut

chern ist der „Trading-Card“-Bereich und

sich wachsender Beliebtheit.

der „Gamesroom“. Werden in dem einen

A

Videospiel-Charakteren haben sich die

uf das Schneidern von Kostümen nach dem Vorbild von Comic- oder

Sammelkartenspiele wie „Yu-Gi-Oh“ oder

beiden Freundinnen Franziska und Sarah

Das bunte Programm der „DoJaKu“ be-

„Magic“ gespielt, geht es im „Gamesroom“

spezialisiert, die fast jeden Monat die

schäftigt sich mit ganz unterschiedlichen

in Videospielen auf mitgebrachten Compu-

„Dojaku“ besuchen. Mittlerweile über

Facetten japanischer Jugend- und Popkul-

tern und Konsolen zur Sache. Sehr viel tradi-

30 verschiedene Kostüme haben die

tur. Zentrales Element der Veranstaltung

tioneller geht es wiederum bei klassischen

beiden im Schrank hängen. „Natürlich

sind aber immer die Verkleidungen, die

Angeboten wie Kimono-Anproben, dem

macht es Spaß, sein fertiges Kostüm zu

von vielen der TeilnehmerInnen getragen

Origami-Workshop oder einem Japanisch-

präsentieren. Aber eigentlich ist es der

werden. Die meisten Besucher schlüpfen

Kurs für Anfänger, veranstaltet von der

ganze Prozess von der ersten Idee zum

beim Cosplay in die Rolle eines Charakters

Deutsch-Japanischen Gesellschaft, zu.

fertigen Kostüm, der den Reiz an Cosplay

41


REPORTAGE

Franziska (l.) und Sarah kommen fast jeden Monat aus Mülheim und Bochum zur „DoJaKu“ im Fritz-Henßler-Haus.

für mich ausmacht“, so Franziska. „Zuerst

Utensilien wie Make-up auch schnell mal

Charaktere sind die beiden nicht auf eine

sucht man sich einen Charakter aus, in

mehrere hundert Euro ausgeben.

bestimmte Stilrichtung festgelegt. „Man

dessen Rolle man gerne schlüpfen würde.

A

kann alles machen, was man möchte. Das ist

Dann überlegt man, wie und mit welchen Mitteln man den Charakter darstellen kann, um dann die benötigten Utensilien,

uf Cosplay aufmerksam geworden

ja gerade das Tolle an Cosplay. Ich hab auch

sind die beiden auf dem Düsseldorfer

schon ,Draco Malfoy‘, den Gegenspieler von

Japan-Tag. „Da wir uns schon immer gerne

Harry Potter, dargestellt“, erzählt Franziska.

Stoffe und Perücken zu besorgen“, erzählt

verkleidet haben und uns schon immer sehr

die Studentin, die als die amerikanische

für Japan interessiert haben, war der Weg

So locker und offen wie die beiden Mülhei-

Action-Heldin „Cat-Woman“ verkleidet

zum Cosplay dann eigentlich nicht mehr

merinnen gehen nicht alle Besucher der

ist. Nicht ganz billig sei das Hobby. Lassen

weit“, so Sarah. „Meine Eltern waren an-

„DoJaKu“ mit ihrem Hobby um. „In welche

sich einfache Ideen schon für wenige Euro

fangs noch skeptisch, mittlerweile hilft mir

Zeitung kommt das denn“, hören wir bei un-

umsetzen, könne man bei komplexeren

meine Mutter aber sogar beim Nähen vieler

serem Besuch öfter. Nach einigen Reportagen

Kostümen zusammen mit allen benötigten

Kostüme.“ In der Auswahl der dargestellten

im Privatfernsehen zum Thema Cosplay, die

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Zwischen 600 und 900 Besucher kommen regelmäßig zur größten monatlich stattfindenden Manga- und Cosplay-Convention.

eher mit wenig Begeisterung von der Szene aufgenommen wurden, ist man misstrau-

A

ls offizieller Veranstalter des Treffens

Raum zu Verfügung zu stellen, in dem sie

fungiert das Jugendamt Dortmund,

sich und ihre Wirkung auf andere auspro-

isch. Viele Besucher trennen aus Angst vor

bei dem die „DoJaKu“ als Jugendgruppe

bieren können“, so Rüdiger Jordan, Sozi-

Mobbing oder Unverständnis für ihr Hobby

geführt wird. Das Fritz-Henßler-Haus stellt

alpädagoge vom Jugendamt. „Wir stellen

ihren Cosplay-Freundeskreis von ihren

die benötigte Technik und kümmert sich

die Infrastruktur und moderieren, wenn es

Schulfreunden. „Früher habe ich auch zwei

um professionelle Security, die darauf

irgendwo Probleme gibt. Den Rest überlas-

Facebook-Profile gepflegt. Eins für meine

achtet, dass die Jugendlichen und Kinder in

sen wir den Jugendlichen selbst, und das ist

Cosplay-Freunde und eins für alle anderen.

geschützter Umgebung ihrem Hobby nach-

schon beeindruckend, was die Kids da jeden

Seit ich an der Uni bin, sehe ich das aber alles

gehen können. „In erster Linie geht es uns

Monat auf die Beine stellen.“

viel lockerer“, erzählt Franziska.

darum, den Jugendlichen einen sicheren

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Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an:

Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Friedensplatz 7 | 44135 Dortmund Telefon: (02 31) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org

Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Austausch mit Gleichgesinnten

www.dortmund.paritaet-nrw.org 43


BÜCHER

Gelesen von Bastian Pütter

Warum auch Dachdecker? Raúl Aguayo-Krauthausen ist ein Macher. Wer sich mit Inklusion und innovativen Konzepten, die Welt und unser Denken barrierefreier zu machen,

Paprikaschnitzel

Welt, Bochum

Auch der Buchmarkt ist ungerecht. Der

Wolfgang Welt, gefürchtetster Musikjour-

Sein „Sozialhelden e.V.“ war hier ebenso

bigotte Fernsehonkel Peter Hahne recycelt

nalist der frühen 80er, Marabo-Mann,

schon Thema wie das Projekt „wheelmap.

seine für die „Bild am Sonntag“ hinge-

Irgendwie-Erfinder der Popliteratur, das

org“, eine interaktive Landkarte für roll-

wischten, zum Schämen schlimmen Ko-

große Vorbild, „unser Mann bei Suhrkamp“,

stuhlgerechte Orte. Auch die „Leidmedien“

lumnen, sein Verlag wählt den Titel „Rettet

verrückt geworden unter den Ansprüchen

haben wir vorgestellt, eine „Internetseite

das Zigeunerschnitzel“, und die geneigte

gnadenloser Subjektivi- und Authentizität

für Journalistinnen und Journalisten, die

Leserschaft hievt das „dadaistische Spaß-

und jetzt Nachtportier im Bochumer Schau-

über Menschen mit Behinderungen be-

ereignis“ (Dennis Scheck) für Monate auf

spielhaus, hat was Neues raus.

richten wollen“, so die nüchterne Selbstbe-

die Spiegel-Bestsellerliste. Ressentiment

schreibung.

plus Herrgott plus „wird man doch wohl

beschäftigt, stößt unweigerlich auf den 34-jährigen Berliner.

Ironisch, pragmatisch und mit einer

Peter Engstler Verlag, zwar einen „Roman“, aber mit ganzen 82 Seiten brutto. „Fisch-

ansteckenden positiven Energie erklären

Sei‘s drum. Wie das mit dem Schnitzel

suppe“ heißt der Text, ist die Fortsetzung

die „Leidmedien“, dass man jemanden,

eigentlich ist, und dass auch aus einem

von „Doris hilft“, so konkret – also „wahr“

den man „an den Rollstuhl gefesselt“ vor-

bunten Patchwork kurzer, persönlicher,

– wie auch irgendwie fahrig und liest sich

findet, besser losbinden sollte, und dass

politischer Texte etwas wirklich Schönes

so: „Meine Mutter sollte montags rauskom-

Menschen mit Behinderung weder Helden

entstehen kann, zeigt die Jazzmusikerin

men. Meine Schwester hatte eine polnische

sind, die „tapfer ihr Schicksal meistern“,

Dotschy Reinhardt in ihrem zweiten Buch.

Putzfrau bestellt. Abends lief Michael

noch Opfer und „Sorgenkinder“ mit „tra-

In „Everybody‘s Gypsy“ begibt sich die in

Jackson durchs Münchener Olympiastadion

gischem Schicksal“.

Ravensburg geborene Sinteza auf eine Reise

und schoss auf mich.“

Mit dieser Grundhaltung hat Raúl seine Biografie geschrieben, die Geschichte eines Berliner Jungen mit peruanischem Vater, geboren mit der Glasknochenkrankheit als

durch die Gegenwartskultur der europäischen Sinti und Roma, legt sich mit Rappern und Tütensuppenherstellern an und wundert sich über die Gypsy-Romantik im Pop.

Aber eigentlich ist die Nachricht ja eine andere. Wer jahrelang auf den neuen „Welt“ gewartet hat, wird ihn eh lesen. Wer nicht, sollte anders anfangen: Bei Suhrkamp liegt

einer Eigenschaft von vielen. Kein Manifest

Geschichte trifft auf Reinhardts Erfahrun-

mit „Buddy Holly auf der Wilhelmshöhe“

und keine Leidensgeschichte, sondern

gen im Wanderzirkus der Fernsehtalk-

Welts Trilogie des Scheiterns im Taschen-

Erfahrungen und Alltagserlebnisse eines

shows und auf Interviews mit Künstlern

buch vor: Drei großartige Romane zum Preis

Aktivisten, dem die Mutter früh erklärte:

wie Goran Bregovic. Hinter allem steht

von einem. Im Klartext-Verlag gibt es mit

„Du musst kein Abitur machen. Aber dir

die Forderung Dotschy Reinhardts nach

„Ich schrieb mich verrückt“ eine Anthologie,

muss klar sein: Dachdecker kannst du auch

einer Aneignung der eigenen Geschichte

die die Größe des jungen Welt zeigt. Kaufen

nicht werden.“

und des Rechts auf das Bild der eigenen

sollte man die bei einer der raren Lesungen

Kultur. Lesenswert.

Welts im Schauspiel Bochum am 10. Novem-

Raúl Aguayo-Krauthausen

44

noch sagen dürfen“ gleich Geld.

Nicht bei Suhrkamp, sondern im winzigen

ber. Als Einstieg.

Dachdecker wollte ich eh nicht werden.

Dotschy Reinhardt | Everybody‘s Gypsy.

Das Leben aus der Rollstuhlperspektive

Popkultur zwischen Ausgrenzung und Respekt

Wolfgang Welt | Fischsuppe

ISBN 978-3-499-62281-6

ISBN 978-3-8493-0306-8

ISBN 978-3941126572

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Metrolit 2014 | 17,99 Euro

Peter Engstler Verlag | 14 Euro


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Öffnungszeiten Mo - Do 8:30 - 18:00 Fr 8:30 - 14:00

Mitglieder im Deutschen Mieterbund

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LESERSEITE

Chile ist gleich zweimal Weltmeister – gewonnen haben alle: Beim „Homeless World Cup“, der Fußballweltmeisterschaft der Wohnungslosen in Santiago, setzten sich am letzten Oktoberwochenende das Frauen- und das Männerteam der Gastgeber durch. www.homelessworldcup.org

LESERPOST Hallo bodo! Klar, zuerst einmal großes Lob für Euer

interessante Stadt – nicht mehr, aber auch nicht we-

Projekt und Euer Engagement im Allgemeinen!

niger. Wenn man sich damit arrangiert, dass wir kei-

1) Berichte über die Dortmunder Polizei

nen überregionalen Flughafen oder eine sagenhafte

War es im August? Ihr hattet die Zahlen zu der Überwachungstätigkeit der Polizei in Dortmund genannt. Vielen Dank! Ich beschäftige mich mit dem Thema Überwachung und Datenschutz zwar auch sehr inten-

Small is beautiful – wir können nicht überall Champions League spielen. Und wie es im Artikel gesagt wird, die Chancen entstehen ganz woanders.

siv, aber ich muss gestehen, ich habe mich im etwas

Schöne Grüße, Axel Hengemühle

„provinziellen“ Dortmund sichergefühlt... Aber war-

An die bodo-Redaktion

um sollte das Schnüffeln der Obrigkeit nicht auch in Dortmund stattfinden?

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Philharmonie benötigen, lässt es sich hier prima leben.

Ihr Kommentar „Sicher ist sicher“ (EDG hält Pfandringe für gefährlich) in bodo 10/14 trifft den Nagel auf

2) „Recht auf Stadt im Ruhrgebiet“ – Der Artikel hat mir

den Kopf. Für den konkreten Fall des „gefährlichen“

aus der Seele gesprochen! Ich bin in Dortmund geboren

Leerguts im Stadtraum ließen sich gleich zwei Flie-

und habe die meisten Jahre meines Lebens (immerhin

gen mit einer Klappe schlagen: Eine Ausweitung der

nun 44 Jahre) in Dortmund gelebt – aber für mich ist

Glasverbotszonen (bei Fußballspielen) ganzjährig auf

es eine eigenartige Mischung aus Lokalpatriotismus

die gesamte Stadt würde auch die „lästigen“ Flaschen-

und Minderwertigkeitskomplex, wenn alles toll gefun-

sammler vertreiben, pardon: schützen. Auch die laufen

den wird, was hier besteht und jedes Projekt (Theater,

ja Gefahr, sich an den Pfandflaschen zu schneiden, da

Flughafen, Bahnhof, Phoenixsee, „U“ etc.) gleich von

müsste eigentlich ein Gesetz her, oder?

(inter-)nationaler Bedeutung sein muss. Dortmund

Und ganz ohne Ironie: Völlig unwahrscheinlich ist auch

ist eine nicht besonders wichtige oder übermäßig

so ein Irrsinn nicht. MfG, G. Meierhoff

bodo dankt: Sparkasse Bochum Dr. Josef Balzer, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg Schumacher, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Kritzler, Ursula Machatschek, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski, Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dieter Zawodniak, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda, Ute Soth-Dykgers, Ruth Hanke, Annette Düe, Timo Zimmermann, Hildegard Reinitz, Dolf Mehring, Andreas Bürgel, Silke Harborth, Petra Danielsen-Hardt, Sabine Raddatz, Christine+Johannes Sock, Christoph Grohsmann, Elsemarie Bork, Peter Lasslop, Jutta+Wido Wagner, Christina Kolivopoulos, Gerhard Volpers, Thorsten Baulmann, Hannelore Thimm-Rasch, Erika Maletz, Manuela Goedt, Bjoern Maletz, Voker Schaika, Petra Karmainski, Jonas Pasche, Dr. Rinnert-Siemssen, AndreasMartin Kinzel, Wolf Stammnitz, Esther Hagemann, Cäcilia Ida Schröder, Kathrin Bohr, Olaf Jaekel, Oliver Stiller, Dr.Sabine Siebel, Dana und Volker Wessling, Sigrid und Volker Czyrt, Dieter Max Elster, Ulrike Klimach, Birgit Rudolf, Bernhard Ernst, Wolfgang Beese, Dr. med. vet. Karen Elisabeth Jacobsen, Claudia Maria Rudek, Siegmar Welski, Udo Müller ,Ursula Wiedemann, Daniel Büning, Karola Distelkamp, Marc Willmann, Ute Hybza, Inge Aschoff, Christa Fuhrländer, Jens Tuschhoff


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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt

Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.

„European Homecare“ – nur eine Ahnung habe ich, was da wörtlich hinter steckt, vielleicht so eine Art Heimatschutz. Zumindest steht Homecare nicht für Heimkehr, diese schöne Umschreibung fürs Sterben. Auch ist kein mobiler Putzdienst aus Wattenscheid gemeint, der sich englisch gibt, weil er so auf Jobs außerhalb, in Ückendorf hofft. Seit den Übergriffen auf Flüchtlinge in Massenunterkünften in Burbach und Essen wissen wir, was auch dahinter steckt: Eine Putztruppe aus dem Pott für Probleme, für die der Staat sich längst zu fein ist. Aufgefallen ist das Unternehmen erstmals, als es den Saufraum im Dortmunder Norden übernahm, diesen Trinkertreff, den kein etablierter Sozialverband betreiben wollte. Da kamen die Europäischen Heimkehrer recht. So funktioniert Menschlichkeit heute, auf Bestellung. Der Billigste erhält den Zuschlag. Eines können wir: So lange weggucken, bis eine Sache stinkt und die Leichen auf dem Dorftümpel treiben. Nicht vorhersehen konnten wir indes, dass die Zahl der Flüchtlinge steigt, wenn sie nicht mehr vor Lampedusa im Meer versinken, sondern gerettet werden. Man wundert sich auch, dass es für den Mindestlohn Wachdienst, er liegt knapp über dem Futtergeld des begleitenden Schäferhundes, keine von Nächstenliebe getriebenen Samariter gibt. Da tauchen dann auch schon mal schlichte Charaktere auf, die gerne anderen was aufs Maul hauen, weil die dann noch ein wenig weiter unten stehen auf der sozialen Leiter. Man könnte Flüchtlingsheime organisieren wie Seniorenheime. Regelmäßig kontrollierte dann die Heimaufsicht, und im Foyer hinge das aktuelle Zeugnis des Pflege-TÜVs. Für eine gute Gesamtnote könnten einzelne Leistungen miteinander verrechnet werden. Gäbe es dort dann regelmäßige Misshandlungen, zu Weihnachten aber ein rührendes Krippenspiel, käme unterm Strich immer noch ein knappes „Gut“ dabei heraus.

Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.

Je mehr Mitglieder die AWO hat, desto mehr kann sie in der Gesellschaft bewirken. Desto eher kann sie Menschen helfen, die Hilfe brauchen.

Werden auch Sie Mitglied in der AWO! Unterbezirk Dortmund

Unterbezirk Ruhr-Mitte

Unterbezirk Unna

Klosterstraße 8 -10 44135 Dortmund 0231- 99 340

Bleichstr. 8 44787 Bochum 0234 - 96 47 70

Unnaer Straße 29a 59174 Kamen 02307- 91 22 10

info@awo-ww.de | www.awo-ww.de 47


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