2.50 Euro | 1,25 Euro für den Verkäufer
bodo
November 2014
GA DAS STRASSENMA
Z IN
Nermina Kukic | Rottstraße statt Marienhof Moondog | Klassische Musik von der Straße Flaschensammler | Für vielleicht acht Euro am Tag 1
Mehr unter www.sharedichdrum.de
2
INHALT | EDITORIAL
04
Nermina Kukic Nermina Kukic spielt Marilyn, Dennis Hopper, Heidi Klum im Rottstr5-Theater.
Vorher war sie Susi Schäfer in der Serie Marienhof. Ein Porträt der Bochumerin vom Balkan, der Wuppertaler Weltbürgerin, einer deutschen Schauspielerin. Von Tom Thelen
12
„Wir wollen Grenzen verschieben.“ Circa 1,6 Millionen Menschen nutzen in Deutschland einen Roll-
stuhl. Wie gut sie sich damit bewegen können, hat große Bedeutung für ihre Lebensqualität. bodo hat in Dortmund einen Mobilitäts-Workshop besucht.
18
Von Sebastian Sellhorst
Cents im Müll Pfandflaschensammler: Sinnbild für wachsende Armut und Einsamkeit.
Katrin, Ingrid und Klaus sind drei von vielen Tausend in Deutschland. Sie suchen nach Flaschen für 8, 15 oder 25 Cent das Stück. Jetzt ist auch die Wissenschaft auf das Phänomen aufmerksam geworden. Von Volker Macke
34
Moondog Der blinde Musiker Louis Thomas Hardin, Künstlername Moondog,
verbrachte einen Großteil seines Lebens auf der Straße. Manchen gilt er als einer der wegweisenden Künstler des 20. Jahrhunderts. Unter Leitung seines Schülers Stefan Lakatos wird nun in Dortmund eine Auswahl seiner Werke aufgeführt. Von Wolfgang Kienast
03 Inhalt | Editorial 07 Straßenleben | Kongress der Straßenkinder 07 Impressum 08 Neues von bodo
Liebe Leserinnen und Leser,
16 Kultur | „Wir: Echt Nordstadt“ 16 Recht | Sozialleistungen trotz Sparkonto 17 Wilde Kräuter | Vogelmiere 22 Kommentar | Hooligans und Salafisten 22 News
dies ist die zwölfte Ausgabe des Straßenmagazins im Magazinformat. Vor einem Jahr haben wir uns entschieden, bodo eine neue Form geben – eine gute Entscheidung. Der Schritt vom Zeitungs- zum Magazindruck (und damit auch zu einem höheren Preis) war ein Wagnis, das wir aus drei Gründen eingegangen sind:
23 Die Zahl | Das Foto
Zuallererst wollten wir, dass für die harte Arbeit unserer Verkäuferinnen und Verkäufer mehr
24 Netzwelt | Feminismus im Pott
Geld bei ihnen bleibt. Den Preis ohne „Gegenleistung“ zu erhöhen, kam für uns nicht infrage,
24 Kinotipp | Mommy 25 Veranstaltungskalender | Verlosungen 32 bodo geht aus | Latino Sol
auch Sie sollten für ihr Geld mehr bekommen. Erleichtert können wir in der Rückschau sagen: Es hat funktioniert. Unsere Verkäufer haben viele positive Rückmeldungen erhalten und neue Kunden gewonnen, wir freuen uns über einen stetigen Zuwachs an neuen Verkäufern.
33 Kultur | Kinofest Lünen 39 Verkäuferporträt | Sonia, Christian und Flavius 40 Reportage | Anime, Manga und Cosplay 44 Bücher
An zweiter Stelle hatten wir uns erhofft, dass ein Magazin länger auf dem Küchen- oder Wohnzimmertisch verweilt als eine Zeitung. Für unsere längeren Geschichten braucht es Muße und den passenden Zeitpunkt, um noch einmal „hinein zu blättern“. Die gestiegene
45 Rätsel
Zahl Ihrer Leserbriefe lässt uns vermuten, dass auch das funktioniert hat.
46 Leserpost, Comic
Drittens wünschten sich unsere Verkäufer, dass wir uns klar absetzen von „Schein“-Straßenzeitungen, die Kooperation mit uns verweigern, und die statt wirklicher Hilfe Profite von
bodo SCHA FFT CHAN CEN
Machern oder Zwischenhändlern als Ziel haben. Die gibt es leider. Und auch hier ist es uns gelungen, durch das ganz andere Erscheinungsbild nicht mehr verwechselt zu werden. In diesem Monat werden wir uns zusammensetzen, um zu sehen, was wir im zweiten Magazinjahr besser machen können. Wir freuen uns auf Ihre Anregungen. Viele Grüße von bodo, Bastian Pütter – redaktion@bodoev.de 3
MENSCHEN
Nermina Kukic:
Nie mehr Susi Schäfer
„Ich wusste aber lange nicht, dass Kultur ein Beruf sein kann.“
4
Nermina Kukic spielt Marilyn, Dennis Hopper, Heidi Klum in einem kleinen Bochumer Off-Theater. Vorher war sie Susi Schäfer in der Serie „Marienhof“. Ein Porträt der Bochumerin vom Balkan, der Wuppertaler Weltbürgerin, einer deutschen Schauspielerin. Von Tom Thelen | Fotos: Daniel Sadrowski
„Die Aufgabe des Schauspielers ist Einfüh-
ser, die Mutter, nur 21, Fabrikarbeiterin – die
sie nicht getan. „Bist Du stolz auf mich?“
lung“, sagt sie. Ein Statement, ein Credo,
Kinder sollten es besser haben. Nermina das
– Nermina musste ihren Vater zwingen, sie
etwas altmodisch wirkend, doch so wie es
erste, dann noch drei Mädchen, bis dann als
anzuschauen und zu antworten. Schwer
die 43-Jährige sagt, klingt es überzeugend.
fünftes Kind der erwünschte Sohn kam.
erkämpfte, gelebte Emanzipation. Von
Blickt man auf die Lebensgeschichte dieser
der Gastarbeitertochter zur diplomierten
so überaus wach wirkenden Frau, so passt
Schnell wurde bemerkt, dass die Erstgebo-
das. Denn die 1971 im damals jugosla-
rene sprachbegabt war. Deutsch lernte sie
wischen, heute mazedonischen Skopje gebo-
auf der Straße „von den netten Cronenber-
Einer freien Theaterbühnenkarriere in
rene Nermina, Tochter albanischer Eltern
ger Kindern“, in der Grundschule war sie
Darmstadt, Aachen, Wuppertal, Frankfurt
mit serbokroatischem Hintergrund aus
spitze, das Gymnasium schaffte sie leicht,
und weiteren Häusern folgte bald die nächs-
dem südlichen Montenegro, muslimischen
und doch war das Leben nicht leicht für so
te Identitätsfrage: Was will ich sein, wie will
Glaubens, die mit drei Jahren nach Wupper-
eine wie die Nermina: „Wir durften nichts,
ich leben? Schauspielerin, Mutter, Ehefrau.
tal kam, kennt sich aus mit Identität und mit
vieles musste heimlich geschehen, das
Ausrufezeichen, Fragezeichen. Die Antwort
Zuschreibung. Mit Masken und mit Schein
zerrt an der Psyche.“
war keine, sondern Pragmatismus. Sieben
und Sein. „Jetzt siehst du aus wie ein rich-
deutschen Theaterschauspielerin.
Jahre „Marienhof“, Susi Schäfer. Sieben Jahre
tiges Gastarbeiterkind“, soll die Aufpass-
Wie eine Befreiung dann das Theater: „Ich
Vorabend-TV, Boulevard, Flachsinn, Comedy.
Oma mit jüdischem Hintergrund einmal im
wusste aber lange nicht, dass Kultur ein
„Was mach‘ ich hier überhaupt?“ Eine Rolle
beschaulichen Wuppertal-Cronenberg zur
Beruf sein kann“, so Kukic. Sie studierte
aber, die im Tagesablauf zu den anderen
kleinen Nermina gesagt haben. Aber wie
ein wenig, sammelte Erfahrungen im
Rollen im realen Leben passte. Aber eben
zum Teufel sieht ein Gastarbeiterkind aus,
Off-Theater TiC, sah Pina-Bausch-Tanz-
nicht unbedingt zur Künstlerin Kukic, auch
fragte sich Klein-Kukic.
Stücke und fand ihren Weg: der führte
wenn diese der aufstrebenden kölschen Su-
auf die Schauspielschule in Bochum. „Hier
permarktkassiererin schon mal Shakespeare
Gastarbeiter waren ihre Eltern zweifellos.
gefiel es mir, es war so schön hässlich.“ Das
oder Garcia Lorca in den Mund legte.
Deshalb wohnte man auch explizit „nicht
Schauspielhaus führte damals Leander
da, wo die Gastarbeiter wohnten“. Der Vater,
Haußmann und seine wilde Truppe – „laute
Susi Schäfer ging auf Weltreise, als Nermina
erst 23, als er nach Deutschland kam, Schlos-
Leute, ohne Benehmen, lustig.“ Beim Ab-
ein zweites Kind bekam. Dann verließ Susi
schlussstück dann: Nermina nackt auf der
ihren Mann, zog weg nach Bremen, eröff-
Bühne, der Vater im 800-köpfigen Publi-
nete einen Kosmetiksalon, und Nermina
kum. Mutter sollte es ihm vorher sagen, hat
weiter. Raus auch aus der bunten Presse, weg von Autogrammkarten. Dahin, wo sie heute noch spielt: in das Off-Theater an der Rottstraße in Bochum.
Geboren in Skopje lebt mit Mann und zwei Kindern in Düsseldorf Beruf: Schauspielerin Literatur: D.F. Wallace, Clemens Meyer, Siegfried Lenz Musik: Bob Dylan, Emmylou Harris Hobbies: „Lesen, wachen, lange Briefe schreiben und in den Alleen unruhig wandeln, wenn die Blätter treiben“
5
MENSCHEN
„An der Schauspielschule in Bochum gefiel es mir, es war so schön hässlich.“
Wieder Bochum, ihre Theaterstadt. Zunächst holten Arne Nobel und Martin Fendrich – gute alte Bekannte aus der Zeit am Schauspielhaus – sie dahin, aber auch deren Nachfolger Hans Dreher und Oliver Thomas halten an ihr fest. Ihr Debüt im Rottstr5-Theater feierte sie mit einer Rezitation von „The Waste Land“ von T.S. Eliot. „Ich wollte wissen, ob ich das noch kann.“ Sie konnte. Bravourös. 433 auswendig gelernte Zeilen voller literaturgeschichtlicher Zitate und Anspielungen. Persönliche Krisenerfahrungen Eliots, Bilder der Zerstörung, des Verdorrens der Welt, erschienen 1922. Ein Kraftakt, der vor allem zeigte: Ich bin eine Schauspielerin, ich beherrsche Texte, ich sage nicht nur Quatsch vor der Kamera auf. Seither ist sie im Hause vor allem Spezialistin für Biografie-Projekte und andere experimentelle Formate. Immer wieder stellen sich ihre Abende die Frage: „Warum sind die so? Warum wird ein Superstar depressiv? Was liegt darunter?“ Gekennzeichnet sind sie oft von stupender Belesenheit, glänzender Recherche und einem bitteren Humor, oft schonungslos und enorm treffend. Dazu präzise Musikeinrichtung, wilde Inszenierung. Große Kunst im kleinen Theater. Das muss nicht, das soll nicht so bleiben. Die Kukic will auch gerne wieder auf die große Bühne. Aber: „Schauspieler sind die Arschlöcher des Betriebs.“ Das sonnenkönigzentrierte Stadttheatersystem wartet beileibe nicht auf eine wie Nermina Kukic. Aber das ist nichts Neues für sie.
Nächste Action-Lesung „50 Shades of Grey“ am 28. November 2014 um 19.30 Uhr Rottstr5 Theater, Bochum Eintritt 13 Euro inkl. Freigetränk/ erm. 7 Euro www.rottstr5-theater.de
6
STRASSENLEBEN
IMPRESSUM
„Mein Name ist Mensch“ Respekt, unbürokratische Unterstützung, Bildungszugang und qualifizierteres Personal bei Behörden, Jugendämtern und Polizei, das die speziellen Sorgen von jungen Obdachlosen kennt – so die Forderungen von über 120 Jugendlichen auf dem 1. Bundeskongress der Straßenkinder in Berlin. Von Antje Mosebach | Foto: Karuna e.V.
Herausgeber, Verleger, Redaktion: bodo e.V. , Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Redaktionsleitung und V.i.S.d.P.: Bastian Pütter, redaktion@bodoev.de 0231 – 950 978 12, Fax 950 978 20 Layout und Produktion: Andre Noll, Büro für Kommunikationsdesign 0231 – 106 38 31, info@lookatnoll.de Veranstaltungskalender: Petra von Randow, redaktion@bodoev.de Anzeigenleitung: Susanne Schröder, anzeigen@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Vertriebsleitung: Oliver Philipp, vertrieb@bodoev.de 0231 – 950 978 0, Fax 950 978 20 Autoren dieser Ausgabe: René Boyke, Wolfgang Kienast, Volker Macke, Antje Mosebach, Bastian Pütter, Petra von Randow, Rosi, Susanne Schröder, Sebastian Sellhorst, Tom Thelen Titelfoto: Daniel Sadrowski Fotos: Bianka Boyke (16), Andreas Düllick (20), Klaus Dürger (11), Günther Goldstein / Kinofest (33), Homeless World Cup (46), Felix Huesmann (22), Karuna e.V. (7), Mara Klein (19), Stefan Lakatos (3, 34, 37), pixelio.de (22), REUTERS/Kai Pfaffenbach (23), Sabrina Richmann (3, 12, 13), Daniel Sadrowski (3, 4, 5, 6, 32, 36, 38 ), Sebastian Sellhorst (3, 8, 9, 14, 15, 18, 39, 40, 41, 42, 43), Claudia Siekarski (9, 11), Stefan Tuschy, Bande – für Gestaltung (17), Dietmar Wäsche (16) Cartoon: Volker Dornemann Druck: LN Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien Auflage, Erscheinungsweise: 20.000 Exemplare (BO, DO und Umgebung) Redaktions- und Anzeigenschluss: für die Dezember-Ausgabe 10.11.2014 Anzeigen: Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 8, Juli 2012
Ziel des Kongresses unter dem Motto „Mein
zum Teil ungewöhnlich konkrete und kon-
Name ist Mensch“ war, auf die Situation
struktive Vorschläge erarbeitet, darunter
der schätzungsweise 20.000 Kinder und
verpflichtende Weiterbildungsmaßnahmen
Jugendlichen aufmerksam zu machen, die
für Jugendamtsmitarbeiter und Lehrer, die
in Deutschland auf der Straße leben. „Der
Einführung einer unabhängigen Beschwer-
Kongress bietet erstmalig die Chance, dass
destelle, wo Beschwerden gegen Polizisten
sich die betroffenen Jugendlichen bei der
ernst genommen werden, oder die Modifi-
Politik Gehör verschaffen“, so Jörg Richert
zierung des Jugendstrafsystems.
vom Jugendhilfeverein KARUNA, einer der Organisatoren.
Am 12. November übergeben die KongressteilnehmerInnen ihren Forderungskatalog
In 11 Arbeitsgruppen haben junge Menschen
offiziell dem Bundesministerium für Fa-
aus ganz Deutschland zwei Tage lang über
milie, Senioren, Frauen und Jugend – und
ihre Situation und Zukunft diskutiert und
werden ab da zusammen mit Ministeriums-
einen
mitarbeiterInnen an der Umsetzung konti-
mehrseitigen
Forderungskatalog
aufgestellt: Straßenkinder wollen am ge-
nuierlich arbeiten.
sellschaftlichen Miteinander teilhaben. Sie wehren sich gegen Behördenwillkür, Dis-
Eine zweite Konferenz, diesmal sogar mit in-
kriminierung und Stigmatisierung durch
ternationaler Beteiligung, ist für das nächste
Polizei und Passanten auf der Straße. Sie
Jahr bereits in Planung.
wissen, dass sie mit ihren Erfahrungen wie häuslicher Gewalt, Missbrauch und Sucht besondere Hilfe bei der Bewältigung ih-
Alle Infos unter
rer Traumata benötigen. Hierfür haben sie
www.karunaberlin.de
Der Abdruck von Veranstaltungshinweisen ist kostenfrei, aber ohne Gewähr. Für unaufgefordert eingesandte Fotos oder Manuskripte wird keine Haftung übernommen. Das Recht auf Kürzung bleibt vorbehalten. Abdruck und Vervielfältigung von redaktionellen Beiträgen und Anzeigen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung der Redaktion. Leserbriefe und namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Verein: bodo e.V. ist als gemeinnützig eingetragen im Vereinsregister Dortmund Nr. 4514 Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund, 0231 – 950 978 0 www.bodoev.de, facebook.com/bodoev Vorstand: Andre Noll, Nicole Hölter, Marcus Parzonka vorstand@bodoev.de Geschäftsleitung, Verwaltung: Tanja Walter, 0231 – 950 978 0, verein@bodoev.de Öffentlichkeitsarbeit: Bastian Pütter, 0231 – 950 978 12 , redaktion@bodoev.de Transporte, Haushaltsauflösungen: Brunhilde Dörscheln, 0231 – 950 978 0, transport@bodoev.de bodos Bücher, Modernes Antiquariat: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund 0231 – 950 978 0, Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Dortmund: Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund Mo. – Fr. 10 – 18 Uhr, Sa. 10 – 14 Uhr Anlaufstelle und Vertrieb Bochum: Stühmeyerstraße 33, 44787 Bochum Mo. bis Do. 10 – 13 Uhr, Fr. 14 – 17 Uhr Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft BLZ: 370 205 00, Konto-Nr.: 722 39 00 IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00 BIC: BFSWDE33XXX
7
NEUES VON BODO
bodo auf der Buchmesse
Feiern unterm Biobaum
„Die Stadt gehört allen!“
Die Welt des Buches – hautnah: Mit unse-
Nach dem erfolgreichen Start im letzten
„Vertreibung ist keine Lösung!“ – am 17. Ok-
ren Auszubildenden und Mitarbeiterinnen
Jahr findet am Samstag, 13. Dezember, der 2.
tober, dem UNO-Welttag für die Beseitigung
von bodos Buchladen haben wir die Frank-
Bio-Weihnachtsbaumverkauf des Öko-
der Armut, machten Mitglieder und Freunde
furter Buchmesse besucht. Ein beeindru-
Netzwerks Dortmund statt. Der Erlös wird
der Suppenküche Kana in der Dortmunder
ckendes Erlebnis.
wieder für einen guten Zweck gespendet –
Innenstadt auf die wachsende Vertreibung
diesmal dürfen wir, bodo e.V., uns freuen.
und Ausgrenzung obdachloser Menschen in
„Ich hatte gar keine Vorstellung von so einer
Europa und in der Stadt aufmerksam.
Veranstaltung“, so Susanne Meyer, „ich war
Das ÖkoNetzwerk ist ein regionaler Zusam-
ganz aufgeregt – und es war einfach toll!“ Die
menschluss von Betrieben, die ökologische
Mit einer Mahnwache forderten sie Solidarität
Größe der Messehallen, die Menge an neuen
Produkte und Dienstleistungen anbieten
mit den Ärmsten, es gelte, die „Not der Betrof-
Büchern, interessanten Menschen und Veran-
– mit mittlerweile 17 Mitgliedern u.a. aus
fenen anzunehmen“, statt sie durch Verdrän-
staltungen hatten alle vier so nicht erwartet.
den Bereichen Lebensmittel, Architektur,
gung vermeintlich unsichtbar zu machen.
„Das ist viel zu groß für einen Tag“, stellte
Energie, Kleidung und Baustoffe.
Julia Cöppicus am Ende des Tages fest.
Während die europäische Finanzkrise vor
Dazu gehört der bewusste Umgang mit der
allem in Südeuropa Hunderttausende
Aber trotzdem haben sie viel mitgenommen
Natur – auch beim Weihnachtsbaum: Statt
obdachlos gemacht habe, die statt mit einer
– für sich und unseren Buchladen: Sie konn-
Chemiekeule und Monokultur werden ohne
gerechten Sozialpolitik oft mit Sanktionen
ten ungezwungen stöbern, sich in Bücher
Einsatz von Pestiziden und Kunstdünger ge-
und Vertreibung aus den Innenstädten kon-
einlesen und durch Leseexemplare neue
zogene Blaufichten und Nordmanntannen
frontiert seien, wachse auch in Deutschland
Autoren und Themengebiete kennenlernen.
zwischen 1 bis 2,20 m verkauft .
die Zahl der Wohnungslosen wieder.
Beeindruckt waren sie auch von den guten
Vorbestellungen der Weihnachtsbäume sind
Allein bei „Kana“ erhalten täglich 300 Gäste
Gesprächen, die sie mit „netten Menschen“
möglich bei: Kornhaus Naturkost, FairBlei-
ein warmes Mittagessen, das sie sich sonst
an den Ständen geführt haben. So viele Ein-
ben, Naturmöbelhaus Ökologia, Weinblatt.
nicht leisten können. Der ehemalige Woh-
drücke verlangten allerdings auch Pausen:
Verkaufsort ist in Dortmund vor der Nicolai-
nungslosenseelsorger Reinhart Ellbracht
Bei den Kochshows in der Gourmet-Gallery
kirche an der Lindemannstraße 70.
warb dafür, sich an die „Seite der Armen zu
oder draußen an der frischen Luft.
www.oekonetzwerk-dortmund.de
stellen“, denn: „Die Stadt gehört allen!“
„Ich würde alles noch mal genauso machen.“
8
Am 1. Oktober verstarb bodo-Verkäufer
zu erzählen, dauerte es nicht lange, bis
Franz-Wilhelm im Alter von 70 Jahren nach
wir gemeinsam vor einem Globus saßen,
langer Krankheit. Vier Jahre lang ver-
während Franz-Wilhelm von den vielen
kaufte er das Straßenmagazin, sowohl in
aufregenden Stationen seines Lebens
Dortmund als auch in Bochum. Trotz seiner
berichtete: Mit dem Schiff in die USA, mit
Lungenkrankheit, die ihn zwang, eine
dem Wohnmobil durch Mexiko und Süd-
Sauerstoffflasche mit sich zu führen, war
amerika, beruflich in Indien. Über alle fünf
Franz-Wilhelm immer viel unterwegs – und
Kontinente führte ihn seine spannende
das schon sein ganzes Leben lang.
Lebensgeschichte.
Als er uns vor zwei Jahren in seine Woh-
Wieder im Ruhrgebiet kam er zu bodo.
nung in der Dortmunder Nordstadt einlud,
Auch an Tagen, an denen er nicht das
um uns von seinem ereignisreichen Leben
Straßenmagazin verkaufte, besuchte
www.bodoev.de | www.facebook.com/bodoev
Benefiz mit „Minor Swing“ Ganz im Stile Django Reinhardts wird die Dortmunder Gruppe „Minor Swing“ am 14. November in unserer Benefizreihe „2. Freitag“ Rhythmus in die bodo-Buchhandlung am Schwanenwall bringen.
Perspektivenwechsel
Die Besetzung besteht aus drei Gitarren, Akkordeon, Posaune, Kontrabass und Gesang.
Soziale Stadtführungen durch bodo-Verkäufer
Informationen zu den Hilfe- und Selbsthilfe-
– in Bochum ein eingespieltes Format, in Dort-
netzen in der Stadt.
mund ganz neu auf dem Veranstaltungsplan. Nach einer Premiere im Rahmen des FavoritenTheaterfestivals geht es nun an jedem zweiten Samstagvormittag u.a. zu Übernachtungsstelle, „Brückentreff“ und Bahnhofsmission.
aber auch schnellere Songs bis hin zu Tangostücken oder selbstkomponierten Musette-
in Dortmund ein Stadtführer-Team und eine
walzern. Wer jedoch braven Rollkragenjazz
Route durch Innen- und Nordstadt, auf der
erwartet, wird enttäuscht: Geboten wird ein
sich an jedem zweiten Samstag Türen öffnen,
höchst unverkrampfter und unterhaltsamer
die dem „Normalbürger“ sonst verschlossen
Umgang mit dem musikalischen Material.
bleiben und auf der neue Einsichten und Pers-
dritten Samstag – das nächste Mal am 15. No-
pektiven gewonnen werden können.
in der Stühmeyerstraße. Auf dem Programm steht ein zweistündiger Stadtrundgang mit unseren Experten, die mit Ihnen die Orte besuchen, an denen sich Menschen ohne Woh-
ges“, „Tears“, „J‘attendrai“ und „Küss mich“,
Nach langer Vorbereitung haben wir nun auch
In Bochum treffen sich Interessierte an jedem vember – um 11 Uhr vor der bodo-Anlaufstelle
Zum Repertoire gehören Stücke wie „Nua-
Und am 12.12. freuen wir uns auf Sascha Bisley. Der Dortmunder Autor und Blogger mit
Auch individuelle Führungen für Gruppen
bewegter Biografie blättert für uns in seinem
können gebucht werden. Für beide Führungen
„dortmund-diary“ mit Texten „zwischen total
bitten wir um telefonische Anmeldung in
asozial und erschreckend eloquent“.
Dortmund unter 0231 – 950 97 80.
Die Veranstaltungen starten um 19.30 Uhr
nung aufhalten, und Einrichtungen, die den
Dortmund, 12 Uhr, bodo Buchhandlung,
in unserem Buchladen am Schwanenwall 36
Menschen auf der Straße Hilfe anbieten. Sie
Schwanenwall 36 – 38
– 38. Der Eintritt ist frei, Spenden kommen
beschreiben eigene Erfahrungen und liefern
Bochum, 11 Uhr, bodo, Stühmeyerstraße 33
den Beratungsangeboten von bodo zugute.
Rosi, bodo-Verkäuferin in Dortmund Liebe Leserinnen und Leser, er uns oft auf einen Kaffee. Für ein Verkäuferporträt erzählte er uns vor zwei Jahren: „Mir hilft der Verkauf sehr. Aber eigentlich geht es mir gar nicht nur um das Geld, mittlerweile sind meine Kunden, die Kollegen und bodo richtig
nun ist der wunderschöne Herbst da. Das Blattwerk hat wundervolle Farben. Da denke ich manches Mal daran, wie oft ich früher mit meinem Enkelkind im Wald war und Blätter gesammelt habe. Ich habe jetzt einen Stromtest machen lassen, um herauszufinden, wo meine Stromfresser sind. Es ist der Boiler unter der Spüle, der heizt und heizt. Jetzt habe ich den Stecker gezogen – und spare eine Menge Strom.
wichtig geworden.“
Hier noch ein Rezept, Möhren-Fisch-Topf: 1 gr. Zwiebel, 1 EL Fett, 50 g Speck (dünne Scheiben), 375 g
Trotz seiner schweren Krankheit kam sein
gewürfelte Zwiebel in dem erhitzten Fett dünsten. Den Boden eines Topfes mit den Speckscheiben
Tod für uns alle völlig überraschend. Wir trauern mit Franz-Wilhelms Familie und seinen Freunden.
Kartoffeln, 375 g Möhren, 500 g Fischfilet, 2 EL Tomatenmark, 0,5 l Wasser, Salz, gehackte Kräuter.Die auslegen, darauf die Zwiebel, die geschälten und in Scheiben geschnittenen Kartoffeln und Möhren sowie die leicht gesalzenen Fischstücke. Tomatenmark und Wasser verquirlen und über das Gericht gießen. Zugedeckt langsam kochen und vor dem Auftragen mit den Kräutern bestreuen. Ich wünsche einen guten Appetit! Ihre Rosi 9
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Durch eigenes Tun und unsere Begleitung,
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mit neuem Selbstwertgefühl und Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit in ein ge-
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ordneteres Leben zu starten, darum geht es bei bodo. Mit Ihrer Spende helfen Sie helfen. Weder öffentliche Mittel noch große Unternehmensspenden tragen unsere Arbeit, sondern die vielfache Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger der Region. Unsere Beratungs- und Betreuungsangebote sowie die Versorgung unserer Verkäuferinnen und Verkäufer – von den bodo-Aufwärmcafés bis zur Neuanschaffung warmer Verkäuferjacken und Kapuzenpullover – werden allein durch Spenden finanziert. Mit Ihrer Unterstützung machen Sie unsere Arbeit erst möglich. Durch den sparsamen Umgang mit unseren Mitteln gelingt es uns, den Spendenbedarf relativ gering zu halten, trotzdem sind Bereiche wie die Betreuung und Beratung unserer mehr als 100 Verkäufer allein auf Ihre Mithilfe angewiesen. bodo ist als gemeinnützig und mildtätig anerkannt.
Nachhaltig helfen Es gibt viele Wege, durch eine regelmäßige Unterstützung unsere Arbeit planbarer zu machen und auf Dauer sicherzustellen. Werden Sie Fördermitglied und unterstützen Sie uns mit einem monatlichen oder jährlichen Betrag. Oder schließen Sie für Ihre Firma, Ihre Praxis oder Ihre Mitarbeiter bodo-Abos ab, die Ihr Verkäufer zum Monatsanfang vorbeibringt. Vielleicht möchten Sie auch im Straßenmagazin werben? Sprechen Sie uns an, wir freuen uns. Bank für Sozialwirtschaft BLZ: 370 205 00 Konto-Nr.: 722 39 00 IBAN: DE44 370 205 00 000 722 39 00 BIC: BFSWDE33XXX 10
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An fünf Sonntagen der Wintermonate lädt
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die Dortmunder Gemeinde St. Reinoldi
oder „unbenutzter“ Kochbücher einge-
Menschen in Not in ihre Kirche zu Kaffee,
troffen. Es ist ja bald Weihnachten…
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Ausstellungsprojekt „Ziele unseres Lebens“.
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Die „gelebte Gastlichkeit“ startete im Herbst
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1999 – als ein ökumenisches Projekt von
chen Kochen, Backen, Hobby und Freizeit.
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Nun ist ein besonders schöner Schwung veganer, mediterraner oder regionaler
Zusammenarbeit mit der katholischen Wohnungslosenseelsorge Dortmund. Mittlerweile werden bis zu 150 Bedürftige ehrenamt-
Rezeptsammlungen eingetroffen: Von „Essbare Stadt“, einem passenden Kochbuch zu unserer Wilde-Kräuter-Kolumne,
fentliche Wahrnehmung um die Realität der Armut in einem reichen Land schärfen. Dazu
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REPORTAGE
„Wir wollen Grenzen verschieben.“ Circa 1,6 Millionen Menschen nutzen in Deutschland einen Rollstuhl. Wie gut sie sich damit bewegen können, ist von entscheidender Bedeutung für ihre Lebensqualität. Dabei spielt nicht nur der Rollstuhl selbst, die Barrierefreiheit ihrer Umgebung, sondern vor allem das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten eine entscheidende Rolle. bodo hat einen Mobilitäts-Workshop der „Reha- und Behindertensport-Gemeinschaft Dortmund 51“ ein Wochenende lang begleitet. Von Sebastian Sellhorst | Fotos: Sabrina Richmann, Sebastian Sellhorst
12
Startschuss für das Wochenende auf vier
Die nächste, weitaus kompliziertere Station
Rädern ist an einem Samstag im Kindersani-
der Stadt-Rallye, ist der Dortmunder Haupt-
tätshaus „4ma3ma“ in der Dortmunder Nord-
bahnhof. Ein Desaster in Sachen Barrierefrei-
stadt. Von hier aus geht es für die insgesamt
heit. Allein um von der Nordseite des Bahn-
14 Teilnehmer, die aus ganz Deutschland an-
hofs als Rollstuhlfahrer zum gewünschten
gereist sind, in drei Gruppen auf eine Schnit-
Gleis zu kommen, muss man einen fast einen
zeljagd in die Dortmunder Innenstadt. Beglei-
Kilometer langen Umweg in Kauf nehmen, um
tet werden sie jeweils von zwei Anleitern, die
sich dann am Infopoint zu melden, wo einen
hilfreiche Tipps und Hilfestellung geben. Auf
Bahnmitarbeiter in Empfang nehmen und mit
dem Programm stehen verschiedene Ram-
dem Lastenaufzug ans Gleis transportieren.
pen, Rolltreppen, Bordsteinkanten und alles,
Wer kann, behilft sich mit einem Weg über
was der öffentliche Raum an Hindernissen für
die Rolltreppe, der aber aus versicherungs-
Rollstuhlfahrer bereithält.
technischen Gründen für Personen im Rollstuhl nicht zugelassen ist. Wer dazu nicht in
Die erste Station ist bereits nach wenigen
der Lage ist, versucht sich auf seiner Odyssee
Metern erreicht. An der Rampe, die aus
zumindest an der 2011 für 23 Millionen Euro
den Räumlichkeiten des Treffpunkts hi-
renovierten Eingangshalle zu erfreuen.
nausführt, stellen die Trainer die besten Techniken vor, mit denen man die Steigung
Wieder etwas einfacher wird es dann an der
hoch- und wieder runterkommt. Wichtigstes
Katharinentreppe. Die angrenzende Rampe
Manöver für fast alle Aktionen mit dem Roll-
ist für alle Teilnehmer keine wirkliche Hür-
stuhl ist das „Ankippen“ des Gefährts auf die
de. Was den Architekten allerdings dazu ge-
beiden großen Hinterräder. Mit viel Gleich-
bracht hat, die Rampe mit Kopfsteinpflaster
gewichtsgefühl geht es bergab und mit viel
zu planen, will sich den Teilnehmern jedoch
Kraft oder mit Hilfe der Hände am Geländer
nicht erschließen: „Eigentlich jeder Rollstuhl-
wieder hinauf.
fahrer hasst Kopfsteinpflaster, aber im End13
REPORTAGE
effekt sind wir nicht wählerisch und nehmen alles so, wie es kommt“, sagt Petra Opitz, Geschäftsführerin der RBG-Dortmund 51, die auch bei der Renovierung des Eingangs des Dortmunder Südbads beratend zur Seite stand. „Das sind aber keine 6 Prozent“, schimpfen
Ihrer Freunde“ in Darmstadt vergeben wird,
währenddessen die Teilnehmer. Rollstuhl-
ermöglicht europaweit Zugang zu 25.000
an einem Samstagnachmittag in der belebten
rampen sollen in Deutschland eine Steigung
Toiletten mit einer behindertengerechten
Dortmunder Innenstadt auf. Die Kommen-
von 6 Prozent nicht übersteigen. Oft ist das
Ausstattung. „Das einzige Problem ist, dass
tare sind nicht nur freundlich: „Die machen
aber baulich nicht umzusetzen. Nach der An-
die meisten Lokalitäten die Behindertentoi-
bestimmt einen Ausflug“, „Gut, dass die auch
strengung an der Rampe geht es weiter mit
lette als Abstellraum nutzen oder vor der Tür
mal rauskommen“, „Die sind bestimmt von
Fahrtraining auf Kopfsteinpflaster. Wer das
Putzmittel lagern. Die meisten sind dann
einer Werkstatt“. Rollstuhlfahren ist immer
nötige Gleichgewicht mitbringt, fährt dabei
aber sehr freundlich und machen einem Platz,
noch stark stigmatisiert. „Kinder, die von Ge-
nur auf den Hinterreifen, damit sich die klei-
wenn man sie anspricht“, so eine der Teilneh-
burt an auf den Rollstuhl angewiesen sind,
nen Vorderreifen nicht in den Fugen und Rit-
merinnen. Schön sei es trotzdem nicht, für
werden oft noch sehr lange von ihren Eltern
zen verhaken.
jeden Toilettengang erst jemanden um Hilfe
im Kinderwagen durch die Gegend geschoben.
bitten zu müssen.
Das mag den Eltern vielleicht helfen, die sich
Nächster Halt: Toilettenpause. Ein Universal-
14
noch daran gewöhnen müssen, dass ihr Kind
schlüssel, der gegen Vorlage des Behinder-
Selbst mit einer kleinen Gruppe von vier Roll-
einen Rollstuhl benötigt. Für die Kinder selbst
tenausweises vom „Club Behinderter und
stuhlfahrern und zwei Fußgängern fallen wir
ist es alles andere als hilfreich. Je eher sie sich
an den Rolli gewöhnen, desto besser. Gerade in
Frisbee in eine Endzone zu befördern. „Men-
jungen Jahren kann man da gar nicht früh ge-
schen, die durch einen Unfall auf einen Roll-
nug anfangen“, so Julia Verbeek, Orthopädie-
stuhl angewiesen sind, lernen während der
meisterin und Übungsleiterin zweier Kinder-
Rehabilitationsphase eine Menge darüber,
Rollstuhlsportgruppen des Vereins.
wie mit ihm umzugehen ist. Wer von Geburt an rollt, bekommt nur die Technik von den
Ging es am ersten Tag des Workshops noch
Krankenkassen, wie er sie benutzt, muss er
um das Überwinden alltäglicher Hürden und
oder sie sich dann selbst zusammenreimen.
Probleme, steht am zweiten Tag der Spaß im
Dabei ist jede Form von Sport im Rollstuhl von
Mittelpunkt. Im Skatepark am Keuninghaus
nutzen“, so der Wissenschaftler.
lernen die Teilnehmer, wie man – anstatt sich über Kopfsteinpflaster zu ärgern – in einem
Nach zwei anstrengenden Tagen treffen dann
Skatepark als Rollstuhlfahrer Spaß hat und
alle Gruppen zur Abschlussbesprechung wie-
dabei eine Menge über sich und seinen Roll-
der zusammen. Schnell ist klar: Jeder hat an
stuhl lernt. Angeleitet werden sie dabei von
diesem Wochenende was gelernt. Während
Rollstuhl-Skater David Lebuser. Seit einem
die Teilnehmer sich über ihre Erfahrungen
Unfall vor sechs Jahren sitzt der Dortmunder
austauschen, traue ich mich dann auch mal,
im Rollstuhl. Fast genauso lange ist er bereits
in einem Rollstuhl Platz zu nehmen. Trotz Si-
in Halfpipe und Co. unterwegs. „Das Skaten
cherung und vielen Tipps will mir das Balan-
zeigt mir immer wieder, dass persönliche
cieren auf den Hinterrädern aber nicht recht
Grenzen nicht fest sind, sondern man sie
gelingen. Vielleicht im nächsten Jahr, denn
immer wieder verschieben kann. Durch das
auch 2015 soll es eine ähnliche Workshop-Rei-
Skaten habe ich gelernt, meinen Rollstuhl so
he geben, um wieder gemeinsam die eigenen
gut zu beherrschen, dass im Alltag viele Bar-
Grenzen zu verschieben.
rieren für mich nichtig sind“, sagt der 27-Jährige, der im Juli 2014 die Weltmeisterschaft im Rollstuhl-Skaten in Los Angeles gewann. Während drinnen geskatet wird, stellt draußen Daniel Schliessmann vom Quer-
Mehr Informationen zu den Angeboten der Reha- und Behindertensport-Gemeinschaft Dortmund 51 finden Sie auf www.rbg-dortmund51.de
schnittszentrum des Universitätsklinikums
Ein Film über David Lebuser bei der
Heidelberg den „Wheelchair-Flying-Disc-
Rollstuhl-Skate-Weltmeisterschaft 2014
Sport“ vor. Bei einer Mischung aus Frisbee,
wird zurzeit über eine Crowdfunding-
Völkerball und Rugby geht es darum, durch
Plattform finanziert:
präzises Passen und geschickte Taktik einen
www.gofundme.com/fa2t0o 15
KULTUR
Vielfalt im Bild – „Wir: Echt Nordstadt“ Es kursieren viele Wahrheiten über die Dortmunder Nordstadt, in den Medien werden meist die negativen transportiert. Einen positiven Ausschnitt der „echten“ Nordstadt zeigt ein gerade erschienener Bildband: Eine Projektgruppe um das Quartiersmanagement hat 106 Gruppen, die sich in unterschiedlichsten Bereichen in der Nordstadt engagieren, an den Orten ihres Schaffens aufgesucht und sie in Bild und Text portraitiert. Von Antje Mosebach | Foto: Dietmar Wäsche
Eine von 106 Gruppen, die im Buch vorgestellt werden: Die Tonbande.
Herausgekommen ist ein 168-seitiges Buch,
der leckeren internationalen Küchen oder
Sitz hat und jede Menge Gartenfreunde,
das das Bunte und Vielfältige der Nordstadt
Szenetreffs bekannt sein, auch vielleicht
Musikschaffende, kirchliche und nachbar-
widerspiegelt – und bei dem selbst „echte
die ein oder andere kulturelle Einrichtung
schaftliche Initiativen aktiv sind? National,
Nordstadtkenner Lust auf mehr bekom-
wie das „depot“.
international oder interkulturell, alles ist
men“, versprechen die Autoren, die fast alle
vertreten – und für alle offen.
selbst im Stadtteil leben. Ein liebenswertes
Aber wussten Sie, dass Sie hier Ihr Fahrrad
Mosaik der Nordstadt, bei dem der meist
mit Lernfaktor reparieren lassen und gleich-
Die Inspiration zur Idee bekamen die
eingeschränkte Blick unweigerlich erwei-
zeitig vegane Küche kennenlernen können?
Mitarbeiter des Quartiersmanagement
tert wird. Den meisten werden die Adressen
Dass hier eine Medienakademie ihren
Nordstadt bei einem Besuch von Stadteil-
RECHT: Sozialleistungen trotz Sparkonto Wer Grundsicherung für Arbeitssu-
toinhaber über sein Vermögen verfügen
der Schluss zu ziehen sei, dass sich der
chende (vulgo: Hartz IV) erhalten will, der
kann. Dies ist z.B. nicht unbedingt der Fall,
Zuwendende die Verfügung über das
muss gemäß §7 SGB II hilfebedürftig sein.
wenn Großeltern für ihre Enkelkinder
Sparguthaben vorbehalten will und es
Hilfebedürftig ist normalerweise nicht,
Sparbücher anlegen – etwa dann, wenn
deshalb nicht dem Kind zuzurechnen sei.
wer ein Geldvermögen innehat, aus dem
die Großeltern das Geld nicht freigeben
Nur dann, wenn die Eltern oder nahen
der Lebensunterhalt bestritten werden
wollen. Solches Geldvermögen darf bei
Angehörigen bei Volljährigkeit des Kindes
kann. Das klingt nachvollziehbar – mein-
der Versagung von Grundsicherung nicht
diesem das Sparbuch zur Verfügung ge-
te auch ein hessisches Jobcenter und ver-
berücksichtigt werden. Dies entschied
stellt und es somit aus der Hand gegeben
sagte einer Mutter die Grundsicherung
nun das Sozialgericht Gießen (Az. S 22
haben, ist das entsprechende Spargutha-
für ihre minderjährige Tochter, da diese
AS 341/12) und hob einen Versagungsbe-
ben Vermögen des Kindes und nicht der
Inhaberin eines Sparguthabens von fast
scheid des beklagten Jobcenters auf.
Eltern oder nahen Angehörigen.
10.000 Euro sei.
16
von Rechtsanwalt René Boyke
Das Gericht betonte ausdrücklich,
Aus der Inhaberschaft des Sparbu-
Zu Unrecht. Denn das Jobcenter
dass bei Sparbüchern oder Konten, die
ches ergibt sich also nicht immer zwangs-
übersah, dass es für eine Entscheidung
von Eltern oder nahen Angehörigen auf
läufig die Zuordnung des Sparguthabens
über die Bewilligung von Grundsiche-
den Namen eines Kindes angelegt und
zum Hilfebedürftigen.
rung auch darauf ankommt, ob der Kon-
niemals aus der Hand gegeben werden,
www.kanzlei-boyke.de
WILDE KRÄUTER
initiativen im niederländischen Rotterdam. Die hatten es mit ähnlichen Projekten geschafft, das Image eines vergleichbaren
VOGELMIERE
von Wolfgang Kienast
Stadtteils zu verbessern und gleichzeitig den Zusammenhalt zu stärken. „Da schwappte sofort Begeisterung über“, so die Dortmunder Quartierskümmerer. „Jeder, der mit der Idee in Verbindung kam, zögerte nicht, sie
Das grün-alternative Lager ist für mis-
getroffen werden soll, kommt inzwi-
zu unterstützen“, zeigen sie sich in ihrem
sionarischen Eifer bekannt, im Kampf
schen mit Lebensbedingungen unter
Vorwort begeistert. So erhielten sie Mittel
um eine politisch korrekte Sprache
Herbiziden bestens klar. In den Ver-
der EU, des Bundes, der Länder und der
beispielsweise. Da wäre das schwer
einigten Staaten, Vorreiter in Sachen
Stadt aus ihrem Topf des Förderprogramms
stolpernde Binnen-„I“ zu nennen. Oder
Gentechnik, sind bereits 145 Unkräuter
„Soziale Stadt NRW – Nordstadt“, und OB
der umgeschriebene Kinderbuchklassi-
resistent gegen Glyphosat, Roundup,
Sierau sieht durch das Engagement der
ker, weil Pippi Langstrumpfs Vater als
Clearfield etc. Für die Agrarindustrie
Macher Hoffnung für einen Stadtteil, „der
„Negerkönig“ einen unkorrekten Titel
ein Albtraum. Man spricht in diesem
eine große gesellschaftliche Aufgabe für die
führte. Oder meinethalben diese Kolum-
Zusammenhang von „Superweeds“,
Gesamtstadt“ leistet.
ne, die eben nicht von Un-, sondern von
übersetzt: „ungewolltes Grünzeug mit
Wildkräutern handelt. Ich fühle mich da-
beängstigenden Eigenschaften“. Fälle
Die Fotografen, Texter und Mitarbeiter
bei oft an die „Raider heißt jetzt Twix“-
von Resistenz können hierzulande bei
machten sich mit „Feuereifer“ an die
Kampagne erinnert: „Sonst ändert sich
mehr als 30 Arten nachgewiesen wer-
Arbeit. Mehrfach suchten sie die beteilig-
nix“. Doch gestritten wird verbissen.
den. Unter anderem bei Vogelmiere.
Wenn heuer Martin Häusling als
Die Pflanze ist offensichtlich nicht vom
Mitglied der Grünen im Europäischen
Aussterben bedroht. Doch kann ich
Parlament eine Studie veröffentlicht, in
mich unter diesen Umständen nicht
welcher explizit von Unkräutern die Rede
richtig freuen, obschon das „Super-
ist, muss Ungewöhnliches im Gange sein.
weed“ ein Superheld der Wildkräuter-
Ist es augenscheinlich auch. In der be-
küche ist. Die ganzjährig verfügbare
sagten Studie geht es um Monsanto und
Vitaminbombe enthält Mineralstoffe
Co. und die industrielle Landwirtschaft.
und Spurenelemente in hoher Konzen-
Das Angebot der Konzerne lautet in Kurz-
tration, lässt sich einfach verarbeiten
form: „Wir geben Euch Gifte, die alles tö-
und erinnert im Geschmack ein wenig
ten, mit Ausnahme der von uns speziell
an frischen Mais. Richtig lecker ist die
entwickelten, resistenten Nutzpflanzen.
folgende Suppe.
ten Gruppen auf, um ein „echtes“ Bild der Menschen zu zeigen, die sie porträtieren. Wenn Fotograf Klaus Hartmann auf die vergangenen drei Monate zurückblickt, in denen er mit Kollege Dietmar Wäsche und den Journalisten Claudia Behlau, Alexander Völkel und Irmine Skelnik das Projekt umgesetzt hat, kommt er ins Nachdenken: „Es war eine anspruchsvolle Aufgabe, die ich in diesem Umfang bisher nicht erlebt habe ... oft brauchte es mehrere Termine, um das nötige Vertrauen aufzubauen und die nötige Entspannung herzustellen.“ Mit Erfolg: 2.500 Menschen zeigen „ihr sympathisches Gesicht“ in die Kamera, 106 Gruppen erzählen ihre Geschichte – sie alle sind „Wir: Echt Nordstadt“. Der von der Stadtteil-Schule Dortmund e.V. herausgegebene Bildband ist käuflich nicht zu erwerben. Erhältlich ist er, solange der Vorrat reicht, über das Quartiersmanagement (info@nordstadt-qm.de) und bei uns: bodo verlost 10 Exemplare (siehe S.25) Eine großformatige Fotoausstellung zum Buch gibt es bis zum 31. März 2015, frei zugänglich auf der Kulturinsel am Phoenix See, Am Kai.
Ihr sät und spritzt und wenn Ihr erntet, wächst da nichts als das Gewollte. Am
REZEPT
liebsten wäre es uns, Ihr würdet Euch
2 Möhren, in Scheiben geschnitten, in
für unsere gentechnisch veränderten
Öl und Butter andünsten. 150 g frisch
Züchtungen entscheiden. Da ist es für
geriebenen Meerrettich und den Saft
uns einfacher, die Eigenschaften von Gift
von 1 Zitrone zugeben, mit Mehl be-
und Pflanze aufeinander abzustimmen.
stäuben, umrühren und 3/4 l Gemüse-
Unsere Produkte funktionieren aber
brühe angießen. 20 Minuten köcheln
auch im konventionellem Anbau. Wir
lassen. 175 g gehackte Vogelmiere
machen das schon.“
zugeben, pürieren, mit Salz und Pfeffer
Klingt verlockend einfach. Jetzt aber hat sich herausgestellt, dass die Natur ein gewiefter Gegner ist. Sie passt sich an und das sehr schnell und gut. Zugegeben, viele Tiere und Pflanzen krepieren
abschmecken und kurz aufwallen lassen. 250 ml Sahne mit etwas Zitronensaft und 25 g gehackter Vogelmiere steif schlagen und vor dem Servieren in die Suppe geben.
kollateral noch immer, fragen Sie mal einen Imker oder Biodiversität-Experten. Aber vor allem das, was eigentlich 17
SOZIALE REPORTAGE
18
Cents im Müll Pfandflaschensammler: Sinnbild für wachsende Armut und Einsamkeit. Katrin, Ingrid und Klaus sind drei von vielen Tausend in Deutschland. Sie suchen nach Flaschen für 8, 15 oder 25 Cent das Stück. Jetzt ist auch die Wissenschaft auf das Phänomen aufmerksam geworden. Von Volker Macke | Fotos: Sebastian Sellhorst, Mara Klein, Andreas Düllick
Schmale Lichtkegel durchschneiden das abendliche Dunkel im Park. Für Sekunden nur. Dann ist es wieder finster unter den großen alten Bäumen. Wenige Minuten später steht der Schein der Taschenlampe an anderer Stelle auf den Sockel einer Holzbank gerichtet. Am Ende lauer Spätsommerabende, wenn die Party im Park vorbei ist und die Picknickdecken eingerollt sind, beginnt für Katrin* die Suche. Mit Lampe, Rucksack und ihren beiden Mischlingshunden macht sich die 50-Jährige dann auf den Weg von Bank zu Bank, von Mülleimer zu Mülleimer. Immer auf der Suche nach Flaschen und Dosen. 8, 15 oder 25 Cent sind die Fundstücke wert, die andere neben Grillresten und Hundekotbeuteln zurückgelassen haben. Wenn Katrin Glück hat, stehen die Pfandgebinde, wie der Fachmann sie nennt, neben den Abfallbehältern. Aber auch tief hineinzugreifen macht Katrin wenig aus – jahrelange Übung.
Sebastian Moser hat als Erster und bisher Einziger in Deutschland das „Phänomen Flaschensammler“ wissenschaftlich untersucht. Der Soziologe vom Centre Max Weber der Université Lyon hat jüngst eine Arbeit vorgelegt, die er im Untertitel „Erkundungen einer urbanen Sozialfigur“ nennt.
Pfand auf Mehrwegflaschen gibt es schon lange in Deutschland. Vor zehn Jahren kam das Pflichtpfand auf Einweggetränkeverpackungen hinzu. Und spätestens als 2006 die EU zudem dafür sorgte, dass Supermärkte nicht nur die bei ihnen gekauften, sondern alle leeren Einwegflaschen zurücknehmen müssen, war ein neuer Markt eröffnet. Und hat binnen weniger Jahre eine ganz neue Facette prekärer Einkommenssicherung entstehen lassen. Wie Katrin, die mehrmals die Woche „allein der Hunde wegen“ auf Tour ist. Katrin ist arm, krank, arbeitslos und zierlich. Und fühlt sich allein. „Hilf dir selbst, sonst hilft dir keiner“, ist ihr Credo. Am gesamten Hartz-IV-System lässt sie kein gutes Haar: „Die ganze verwaltete Armut hier: Alles nur damit sie keiner sieht und keiner aufmuckt“, ätzt sie. Wütend hört sich das an, vielleicht auch eher bitter.
Acht Euro aus dem Müll „Die Bierflaschen von den ganzen Jugendlichen hier sind eigentlich das Schlechteste, das Glas ist schwer und das Pfand dafür mickrig“, sagt Katrin und streckt ihren schmalen Rücken unter der Last. „25 Flaschen machen gerade mal zwei Euro.“ Cola- und Wassertrinker sind ihr die Liebsten, schon
19
SOZIALE REPORTAGE
allein deshalb, weil sie seit einigen Jahren das exzessive Trinken selbst aufgegeben hat. Aber auch, weil die großen Einwegflaschen leicht sind, gut zu erkennen und pro Stück immerhin 25 Cent einbringen. Findet sie davon mehrere, ist der Tag für sie ein guter Tag. Bis zu acht Euro kratzt sie dann aus dem Müll anderer Leute zusammen. „Leider sind solche Tage selten.“ Die acht Euro allein aus Bierflaschen zusammenzubringen sei illusorisch. Schon allein wegen des Gewichts. Beinahe 30 Kilo hätte die schmale Katrin dann zu schultern. Katrin sammelt nicht für sich. Das ist ihr wichtig zu betonen. Ihre Hunde sind Katrin „Familie, meine Geschwister.“ Sind sie krank – und das sind sie in letzter Zeit aufgrund ihres Alters häufiger – dann sucht Katrin intensiver, dann werden die Touren ausgeweitet. Stundenlang kann sie unterwegs sein, wenn ein neues Medikament für die Leber bezahlt oder die anstehende OP finanziert werden muss. „Wir sind Überlebenskünstler, irgendwie geht es immer“, sagt sie trotzig. Sebastian Moser hat Menschen wie Katrin wissenschaftlich untersucht. Als Erster und bisher Einziger in Deutschland. Der Soziologe vom Centre Max Weber der Université Lyon hat jüngst eine Arbeit vorgelegt, die sich mit der enorm wachsenden Gruppe der Flaschensammler beschäftigt. „Erkundungen einer ur-
Pudding oder Kuchen
banen Sozialfigur“ nennt er das im Untertitel.
20
Ingrid* hat eine kleine Rente. Wenn die Seni-
Eine Aufgabe hat sich auch Klaus* aus dem
Eine sehr heterogene Gruppe, „die weit über
orin, die ihr Alter nicht verrät, früh morgens
Flaschensammeln geschnitzt. Die zumindest
die Grenzen des Obdachlosenmilieus hinaus“
mit ihrem kleinen Einkaufstrolley loszieht,
in der warmen Jahreszeit vielen herrenlosen
geht, die zunächst ein Motiv eint: In erster
dann möchte man kaum glauben, dass diese
Flaschen neben einem Veranstaltungsgelän-
Linie gibt es handfeste ökonomische Gründe,
Frau nebenbei – fast unmerklich – in die
de schon tagsüber einzusammeln, genaues-
die die Menschen zu den Mülleimern, Par-
Mülleimer linst. Bluse, Mantel, Halstuch, Bro-
tens zu sortieren und mit dem Fahrrad oder
tywiesen und Bänken in Fußgängerzonen
sche, Haare: alles akkurat. Allein den Schu-
Einkaufswagen täglich der Wiederverwer-
treibt. Als wäre es geplant gewesen: Genau
hen merkt man deutlich ihre Jahre an. Ingrid
tung zuzuführen, das ist mehr als ein biss-
mit Einführung des neuen Pfandsystems in
ist „nicht arm“, sagt sie ganz bestimmt. „Man
chen Zubrot für ihn. „Das ist Arbeit“, sagt
Deutschland im Jahr 2006 ist nach Jahren des
muss halt sparsam sein.“ Dass sie trotzdem
der Langzeitarbeitslose. Von Verantwortung
Rückgangs die Armutsquote laut Mikrozen-
die eine oder andere Flasche mitnimmt, die
spricht er. Von Ordnung und Sauberkeit. Ob
sus des Statistischen Bundesamtes wieder
am Wegesrand herrenlos wartet, widerspre-
ihm das denn nichts ausmacht, sich damit
kontinuierlich angestiegen. Von gesamtge-
che dem nicht, findet sie. Die paar Euro, die
für alle sichtbar offen zu seiner Armut
sellschaftlich 14 Prozent im Jahr 2006 auf
ihr der Pfandautomat später für ihre Fund-
zu bekennen? „Nie drüber nachgedacht“,
15,2 Prozent im Jahr 2012. Bundesdeutsche
stücke ausspuckt, reichten für „gelegentlich
versichert er.
Durchschnittswerte – für das Ruhrgebiet
Pudding und Kuchen“, das zumindest ginge
sehen die Quoten noch einmal teils deutlich
sonst nicht. Außerdem und viel wichtiger:
problematischer aus.
„Man hat eine Aufgabe.“
ANZEIGEN
ist unser Strom.
Die Sozialforschung sei viel zu sehr fokussiert auf die rein materielle Armut der Armen, findet denn auch Soziologe Moser. In Ländern ohne soziale Grundsicherungssysteme stehe das gewiss zu Recht im Vordergrund. In Deutschland aber verdienten die Effekte der relativen Armut wie gesellschaft-
rom n St e u e en n n und n. e t ein r Jetz en werb ft siche i d rben kun Gutschr w e/ e 21.d 20 €
licher und kultureller Ausschluss, Einsamkeit und Gefühle von Nutzlosigkeit besondere Beachtung. „Pfandsammeln vermag das
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Gefühl von Einsamkeit beiseite zu schieben, indem ein kompensatorisches Objekt gefun-
Viele Dinge sind für Dortmund typisch – ein Lokalpatriot zu sein gehört dazu. Und genau diese Lokalpatrioten suchen wir. Werben Sie einen Stromkunden und unterstützen Sie uns dabei, Dortmund weiterhin so lebenswert zu gestalten. Dafür setzen wir uns mit unseren
den wird, das Nähe zu anderen Menschen zulässt“, sagt Moser. Und in einer Gesellschaft, die Erwerbslosigkeit als unnormalen Zustand klassifiziert, könne Pfandsammeln
mehr als 1000 Mitarbeitern täglich ein. Nicht nur durch Ihre sichere Versorgung mit Strom, Gas und Wasser, sondern vor allem auch durch die Förderung zahlreicher Projekte, Initiativen und Vereine. Im Großen wie im Kleinen. Für Dortmund und die Region.
ein Gefühl von Wertigkeit vermitteln. Immerhin mache man sich auch als Flaschensammler regelmäßig auf zur Arbeitsstelle Park
oder Platz, sammle mit Akribie und werde bitte stellen!
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Wo echte Liebe zählt,
Auf Suche nach Nähe
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am Ende am Automaten zumindest wie ein Tagelöhner für die erbrachte Dienstleistung entlohnt. Viele entwickelten dabei ein regelrechtes Pfandsammlerethos. „Diese Mendass sie arbeiten wollen, dass sie es freiwillig machen, nicht unter Zwang, dass sie sich ihre Arbeit sogar selber suchen. Und vor allem, vor dem Hintergrund von ,Drecksarbeit‘, dass sie sich für nichts zu schade sind", sagt Moser. Klaus* könnte sich in solchen Beschreibungen gewiss gut wiederfinden. Doch bald ist
programm 2014 | halbjahr 02 programm 2014 | halbjahr 02
schen zeigen in den Innenstädten jeden Tag,
Schluss für den Mann mit dem ausgeprägten Ordnungssinn. Jüngst habe er beschlossen, „den Job“ über kurz oder lang an den Nagel zu hängen. Das Geld aus den Pfandautomaten hat er gespart, und mit 65 gehe man normal ja auch „in Rente“. Genug Nachwuchs gibt es längst im Sammlermilieu. Die guten
Vielfalt!
Plätze sind umkämpft, und jeder Fußballfan kann es samstags sehen: Die Nachbarschaft von Großveranstaltungen ist längst professionell aufgeteilt. Doch auch im Park „gibt's Konkurrenz, ganz klar“, sagt auch Katrin. „Ganz normal im Kapital.“ *Namen von der Redaktion geändert www.street-papers.org / Asphalt – Germany
www.vhs·dortmund·de 13.06.2014 10:24:39 Uhr
21
DER KOMMENTAR
Hooligans und Salafisten
von Bastian Pütter
Medienprofis, die Musik verbieten,
Schließlich seien nach dem Bekannt-
350 z.T. eigentlich verfeindeten Grup-
cebook-Likes der Gruppe, sondern vor
Agitatoren, die die Unterwerfung un-
werden seiner Verstrickungen in den
pen und den Dortmunder Nazis um
allem die intensive Vernetzungsarbeit
ter die Scharia als Freiheit verkaufen
NSU-Skandal zu viele Mitarbeiter ab-
Siegfried Borchardt.
weit über die Landesgrenzen hinaus.
und die Reise in den Tod nach Syrien
gezogen worden, um sich dann doch
als Event – dass der Salafismus, diese
einmal dem Thema Rechtsextremis-
Dass da etwas Großes heranwächst, do-
In Köln kam es am letzten Oktober-
so steinzeitliche wie moderne Perver-
mus zu widmen.
kumentierten nicht nur die 40.000 Fa-
Sonntag dann zur Machtdemonstra-
tierung des Islam, brandgefährlich ist, weiß auch der Verfassungsschutz und warnt vor bald 7.000 radikalen Islamisten, vermutlich 1.800 seien bereits von Deutschland aus in den Jihad gezogen. Machen könne man da nichts.
Wie die Erfolge dieser Arbeit aussehen, konnte man sich am 26.10. in Köln ansehen. Seit Monaten formiert sich eine neue Bewegung aus rechten Hooligans, „Gewalttätern Sport“ und organisierten Neonazis. Unter dem Motto „Hooligans gegen Salafisten
Der weiterhin dysfunktionale Ge-
(HoGeSa)“ hatte die Bewegung Ende
heimdienst hat auch eine perfide Be-
September ihren ersten Auftritt in
gründung für die eigene Hilflosigkeit.
Dortmund, ein buntes Treffen von Foto: Felix Huesmann
NEWS
8 Monate unbezahlt Die Bochumer Rewe-Praktikantin, die vor dem Bochumer Ar-
Die Klägerin habe zwar reguläre Arbeitstätigkeiten ver-
beitsgericht nachträglichen Lohn für 1.728 Arbeitsstunden zu-
richtet, dies sei allerdings „im Rahmen eines sozialversi-
gesprochen bekommen hatte, geht nun doch leer aus.
cherungsrechtlich geprägten Praktikantenverhältnisses“
Die junge Frau hatte in dem Supermarkt in Vollzeit ein mehr-
geschehen. Ein Arbeitsverhältnis zwischen Markt und Prakti-
fach verlängertes unbezahltes Praktikum absolviert, in der
kantin sei jedoch nicht begründet worden. Als Teilnehmerin
Hoffnung, in dem Betrieb einen Ausbildungsvertrag zu er-
einer berufsvorbereitenden Maßnahme der Bundesagentur
halten. Das Bochumer Gericht hatte ihr 17.281 Euro nachträg-
für Arbeit habe die Praktikantin in dieser Zeit Leistungen
lichen Arbeitslohn zugesprochen. Das Landesarbeitsgericht
der Arbeitsagentur erhalten. Die Revision ließ das Landes-
Hamm urteilte nun gegenteilig.
arbeitsgericht nicht zu.
Hilfe für Flüchtlinge Nach den Misshandlungen von Flüchtlingen durch Sicher-
Millionen Euro mehr an die Kommunen fließen, darunter
heitsleute in mindestens drei Landesunterkünften, darun-
für psychologische und soziale Betreuung und einen Fonds
ter die Erstaufnahmeeinrichtung in Dortmund, lud NRW-
für schwerkranke Flüchtlinge. Die zentrale Verwaltung der
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Politiker, Vertreter von
Unterbringung wird um 23 Mitarbeiter aufgestockt, die neue
Kirchen, kommunalen Verbänden und Wohlfahrtsorganisati-
Taskforce, die die Qualität der Unterkünfte überprüfen soll,
onen zu einem Flüchtlingsgipfel nach Essen ein. Mit positiven
erweitert, unter anderem von Mitgliedern der Flüchtlings-
Ergebnissen für die Kommunen: Die erhalten nun von der
organisationen. Flüchtlinge selbst sollen künftig in jeder
Landesregierung mehr Geld, mehr Personal, mehr Betten und
Unterkunft einen Ansprechpartner für Beschwerden haben.
ein dezentrales Beschwerdemanagement. 2015 sollen 46,5
Ein Schritt nach vorne, weitere sollen folgen.
742 Euro Rente Von den Deutschen ab 65 Jahren gelten 12,5 Prozent als ar-
Überstunden im Schnitt Bruttogehälter, die nur wenig unter
mutsgefährdet. Unter Gastarbeitern im Rentenalter aus NRW
denen der Deutschen lagen. Der Niedergang der Montanin-
ist dagegen beinahe die Hälfte von Armut bedroht, bei tür-
dustrie betraf zuerst die Jobs der Zuwanderer, so eine Stu-
kischstämmigen Migranten sind es fast 60 Prozent. Aus der
die des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts.
Türkei zugewanderte Männer ab 65 kommen im Schnitt nur
„Die Zahlen demonstrieren, dass ein scharfer industrieller
auf eine gesetzliche Rente von 742 Euro.
Strukturwandel, wie ihn Nordrhein-Westfalen durchmachen
Als „Gastarbeiter“ waren sie meist in den untersten Lohn-
musste, die Beschäftigten aus dem Ausland besonders hart
gruppen beschäftigt, erreichten aber in überdurchschnittlich
getroffen hat“, erklärt WSI-Forscher Dr. Eric Seils.
zahlenden Großunternehmen, mit Schwerstarbeit und vielen 22
DIE ZAHL
tion. Statt der von der Polizei erwar-
erklärte, die Neonazis seien quasi nur
teten höchstens 1.500 Gewalttäter
Trittbrettfahrer einer (dann wohl un-
kamen mehr als 4.000. Massive An-
politischen) Hooligan-Veranstaltung
griffe auf Polizisten, Journalisten und
gewesen, auch den Verlauf habe man
Passanten – Steinwürfe, Feuerwerks-
vorausgesehen. NRW-Innenminister
körper, Naziparolen, Hitlergrüße und
Jäger lobte sich für die präzise La-
eine hoffnungslos unterlegene Poli-
geeinschätzung, das Polizeikonzept
zei, die als letztes Aufgebot gar das
habe funktioniert. Dann ist ja gut.
Abspielen von Helene-Fischer-Songs zur Deeskalation einsetzte. Der größte Aufmarsch von Rechtsradikalen seit Jahren – eine Gewaltorgie.
Das Versagen als Erfolg zu verkaufen und Tätergruppen in solche umzudefinieren, für die man nicht zuständig ist – das ist zwar nicht das innovativ-
In den Chefetagen der Landessicher-
ste Konzept, vermutlich aber auch die
heit saßen hingegen am Montag da-
Lösung im Kampf gegen die Jihadis-
rauf ausschließlich Herren der Lage.
ten vor der eigenen Haustür.
NRW-Verfassungsschutz-Chef Freier
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Brandanschläge auf Flüchtlingsheime in diesem Jahr zählen Pro Asyl und die Amadeu Antonio Stiftung bislang. Bis September gab es 47 gewalttätige Angriffe und 200 Demonstrationen gegen Flüchtlingsheime.
DAS FOTO
Foto: REUTERS / Kai Pfaffenbach
Flüchtlingsfamilien aus dem kurdischen Kobane an der türkisch-syrischen Grenze in einem türkischen Flüchtlingslager. Mehr als 3 Millionen Syrer sind auf der Flucht vor dem syrischen Bürgerkriegs und dem Terror der Miliz Islamischer Staat (IS). Türkei und Libanon haben jeweils mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen, in Deutschland stellten dieses Jahr 23.575 Syrer Anträge auf Asyl.
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NETZWELT
KINOTIPP
endstation.kino & bodo präsentieren: Mommy Die resolute Diane liebt ihren 15-jährigen Sohn Steve über alles, obwohl er sie mit seinen extremen Wut- und Gewaltausbrüchen in den Wahnsinn und in den Ruin treibt. Seit dem Tod seines Vaters hat Steve eine Reihe von Heimen für schwer erziehbare Kinder durchlaufen. Nun kommt er zurück zu seiner Mutter, weil niemand sonst mit ihm fertig wird.
Soziales, Kultur, Politik – Jeden Monat stellt bodo ein Online-Projekt vor, das die Welt ein bisschen besser macht:
www.feminismus-im-pott.de
Mit seinem fordernden Anspruch auf die Rolle des Mannes im Haus und seiner
Seit Anfang Juli gibt es eine neue feministische Stimme im Ruhrgebiet. Auf dem Weblog
überbordenden Liebe zu ihr stellt er seine
feminismus-im-pott.de veröffentlicht eine Gruppe von zehn Autorinnen ganz unter-
Mutter auf die Probe. Dabei ist Diane
schiedliche Inhalte zu im weitesten Sinne feministischen Themen. Neben Meinungstex-
auch ohne ihren unbändigen Sohn längst
ten findet man auf der Webseite spannende Fotoreportagen und Essays.
überfordert mit sich und der Welt. In
Die Auswahl der Themen richtet sich in erster Linie an den persönlichen Interessen der jeweiligen Autorinnen aus. In der Rubrik „Pottraits“ werden Persönlichkeiten aus dem Ruhrgebiet vorgestellt, während unter der Überschrift „Aktiv im Pott“ die Arbeit von Gruppen und Vereinen beleuchtet wird. Der Veranstaltungskalender versammelt Termine von Partys, Lesungen, Diskussionen und anderen Veranstaltungen, die zum Themenfeld „Feminismus“ passen. Neben regionalen Themen wird aber auch internationalen Themen, wie zum Beispiel dem Feminismus in der Türkei, Beachtung geschenkt. Die Idee für den Blog entstand vor einigen Jahren, als einer der Gründerinnen der Mangel an einer Plattform für feministische Themen im Ruhrgebiet auffiel. „Es gibt kein Magazin und auch keine Internetseite, wo zum Beispiel Veranstaltungen mit einem Fokus auf feministische Themen gebündelt zu finden wären. Daher ist unser Anliegen, Veranstaltungen, Initiativen, Projekte und einzelne engagierte Menschen im Ruhrgebiet zusammenzuführen und sichtbarer zu machen.“, so Lilli Boheme, die in Bochum Sozialpsychologie und Geschlechterforschung studiert. Im Internet veröffentlicht die 25-Jährige ihre Beiträge unter Pseudonym. „Das Internet bietet die Möglichkeit, sich zu vernetzen, subversiv zu sein, aber gleichzeitig birgt es auch eine brutale Eigendynamik, die oft in feministischen Diskussionen entsteht, und das Ergebnis sind nicht selten persönliche Beleidigungen und auch Drohungen“, so die Autorin. Bisher sei die Resonanz aber durchweg positiv. Über 700 Leute haben die Facebook-Seite des Blogs bisher angeklickt, und in den Kommentaren werden überwiegend konstruktive Diskussionen geführt. „Wir hoffen, dass unser Blog mitsamt seinen Rubriken weiterhin wächst und gedeiht. Nach wie vor suchen wir Menschen,
Lilli Boheme
ihrem Bemühen, ihr Schicksal zu meistern, bekommt sie unverhofft Hilfe von der schweigsamen Nachbarin Kyla, der es gelingt, eine Balance in der Mutter-SohnBeziehung zu schaffen und eine zarte Hoffnung auf eine vielleicht doch noch glückliche Zukunft aufkeimen zu lassen. Mit ungeheurer Wucht erzählt „Mommy“ von einer außergewöhnlichen MutterSohn-Beziehung, in der Zärtlichkeit und Brutalität nur einen Herzschlag voneinander entfernt sind. Regiewunderkind Xavier Dolan feiert mit großem stilistischen Wagemut, mitreißender Musik und viel Liebe zu seinen Figuren die Möglichkeiten des Kinos. Dolan ist für „Mommy“ 2014 in Cannes mit dem Preis der Jury ausgezeichnet worden. OmU: Do. 13.11. – Di. 18.11. um 20.30 Uhr DF: So. 23.11. – Di. 25.11. u. Do. 27.11. um 20.30 Uhr Fr. 28.11. u. Sa., 29.11. um 21 Uhr | So. 30.11., um 19.30 Uhr | Mo. 01.12. u. Di. 02.12. um 20.30 Uhr Mi., 03.12. um 21 Uhr
die Lust haben, sich individuell einzubringen und unser Projekt auf
Endstation Kino im Bahnhof Langendreer
ihre Art zu bereichern.“ (sese)
Wallbaumweg 108, 44894 Bochum Telefon 0234 – 68 71 620 www.endstation-kino.de
24
VERANSTALTUNGEN NOVEMBER 2014
Elaiza Alte Traditionen des osteuropäischen Folks verschmelzen mit modernen Popmelodien!
Am 19.11. im FZW, Dortmund bodo verlost 2 x 2 Karten
VERANSTALTUNGEN | VERLOSUNGEN 15.11. | Kinofest Lünen – „Journey to Jah“ | Cineworld, Lünen | 2 x 2 Karten 19.11. | Elaiza | FZW, DO | 2 x 2 Karten 19. – 23.11. | blicke. filmfestival des ruhrgebiets | Endstation Kino, BO | 2 x 2 Karten Auch diesmal gibt es wieder Karten für tolle Veranstaltungen zu gewinnen. Senden Sie uns eine Email mit dem Betreff
21.11. | Ladies Night – Ganz oder gar nicht | Fritz-Henßler-Haus, DO | 5 x 2 Karten 23.11. | The Great Democracy Show | Theater im Depot, DO | 3 x 2 Karten
„bodo-Verlosung“ und der Angabe Ihres Wunschgewinns an:
23.11. – 03.12. | Mommy | endstation.kino, BO | 1 x 2 Karten
redaktion@bodoev.de. Oder schicken Sie uns eine frankierte
26.11. | Dikanda | Bahnhof Langendreer, BO | 2 x 2 Karten
Postkarte mit Ihrem Wunsch, Absender und Telefonnummer
28.11. | Spirit of Moondog | Pauluskirche, DO | 2 x 2 Karten
an: bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, 44135 Dortmund
Bildband | Wir: Echt Nordstadt | 10 Exemplare
Unter allen Emails und eingesandten Postkarten entscheidet das Losverfahren. Alle Gewinner werden rechtzeitig telefonisch oder per Email benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss für Veranstaltungen ist jeweils zwei Werktage vor dem Termin. Einsendeschluss für terminunabhängige Verlosungen ist der 25.11.2014 Viel Glück, wünscht Ihr bodo-Team!
25
02 | 11 | 14 KING. A street story
01 | 11 | 14 Holocaust im Comic
SA 01 | 11 | 14
Musik | Tauben vergiften im Park
SO 02 | 11 | 14
Ausstellung | Holocaust im Comic
Georg Kreisler, der 2011 verstorben ist, war Satiriker, Kabarettist und Komponist. Mit sei-
Theater | KING. A street story
Die vom Comicforscher und Kommunikati-
Wovon KING erzählt, kann sich überall (nicht
nen „bösen Liedern“ hat er deutschsprachige
onswissenschaftler Ralf Palandt zusammen-
nur) in Europa ereignen. Geschildert wird
Chansongeschichte geschrieben. Seit Jahr-
gestellte
„Holocaust
ein Tag in der Obdachlosensiedlung Saint
zehnten haben sie nicht an Aktualität und
im Comic“ macht bis zum 31.1.2015 erstmals
Valéry. Vico und Vica sind hier zu Hause und
Schärfe verloren. Bastian Kopp greift diese
Station im Ruhrgebiet. Die Ausstellung
auch ihr Hund King, aus dessen Perspekti-
Lieder auf und stellt sie in unsere Zeit: eine
zeigt, wie sich verschiedene Comics mit der
ve berichtet wird. Dabei stehen komische
Zeit der Arbeitsämter, der Armut an Perspek-
Darstellung des Holocaust auseinanderset-
Episoden neben berührenden. Trotz aller
tiven. Eine Zeit der politischen Beschwich-
zen, und geht der Frage nach, wie sich diese
Schwierigkeiten geben die Bewohner der
tigungen und des Zweckoptimismus. Dass
Werke im Spannungsfeld zwischen Notwen-
Siedlung ihren Lebensmut nicht auf. Und als
diese jedoch keine neuen Phänomene sind,
digkeit und Unzulänglichkeit der Repräsen-
die Siedlung einem Fußballstadion weichen
sondern schon seit langer Zeit die Konturen
tation des Holocaust positionieren können.
soll, widersetzen sich die Bewohner von
der deutschen Seele schleifen, zeigen die Lie-
Hierzu laden großformatige Tafeln sowie
Saint Valéry ihrer Vertreibung. Eine Produk-
der von Georg Kreisler immer aufs Neue.
Detailausschnitte von Comics ein.
tion von Theater Gegendruck.
Café Schrader, Dortmund, 11 Uhr
Bibliothek Ruhr-Uni, Bochum,
Ruhrfestspielhaus, Hinterbühne,
Mo. – Fr. 8 – 24 Uhr, Sa. 11 – 20 Uhr, So. 11 – 18Uhr
Recklinghausen, 18 Uhr
Wanderausstellung
MO 03 | 11 | 14
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Jugendtheater | Lumpenpott Herrmann, genannt Lumpenpott, lebt davon, dass er mit seinem Karren durchs Ruhrgebiet zieht, Lumpen und Trödel sammelt und verkauft. Manches behält er aber auch, Stücke mit Geschichte. Geschichten von denen, die damals mitgemacht, angezettelt, weggehört, an- und brandgestiftet haben. Aber auch von denen, die verschwunden sind, verfolgt und verschleppt wurden... Damals, als die rote Ruhr kackbraun war. Ein Theaterstück, das über den Geschichtsunterricht hinaus lebendige Geschichte in Geschichten liefert. KiJuKuMa, Bochum, 10 Uhr (auch 4., 5. & 6.11.)
Wir sind in jedem Vorort
zu Hause
DO 06 | 11 | 14
Verbindungen • zahlreiche NachtExpress-Netz • dichtes • zentrale Anschlussmöglichkeiten
Musik | Letzte Instanz Fünf intensive Monate nahm sich „Letzte Instanz“ Zeit, um neue Songs zu komponieren. In Zeiten, in denen es normal zu sein scheint, Drums nicht mehr aufzunehmen, sondern zu programmieren, Streicher durch Samples zu ersetzen und nicht vorhandenes instrumentales Können durch Elektronik-Spielereien
Weitere Infos: www.bus-und-bahn.de Mobiles Internet: bub.mobi
zu kaschieren, entschied man sich ganz bewusst, diesen Weg nicht gehen zu wollen. Jede einzelne Note des neuen Albums „Im
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22.10.12 09:20
08 | 11 | 14 Soziale Stadtführung Dortmund
07 | 11 | 14 ONKeL fISCH
Auge des Sturms“ wird eigenhändig gespielt
Sinn für Humor und seine Fähigkeit, das Pub-
dem Barock, aber auch ein „Nachschlagewerk
oder gesungen. Der neue Instanz-Sound ist
likum zu begeistern, verschafft ihm jedes Mal
der menschlichen Seele“. Diese Aufzeichnun-
rauer, direkter, lebendiger, emotionaler.
wieder neue Freunde. Der Australier in Euro-
gen gibt es nun als kurzweiligen, amüsanten
Matrix, Bochum, 20 Uhr
pa weiß, wie man Spannungsbögen hält und
Theaterabend mit dem lesenden und singen-
Bekanntes auf einmal ganz neu klingen lässt.
den Hans Peter Wöhler, begleitet von der, für
Hilde ihr Salon Café, Bochum, 19 Uhr
jeden Spaß zu habenden, Berliner Lautten
FR 07 | 11 | 14 Kabarett | ONKeL fISCH
Compagney, die auch noch einige instrumenMusik | Knoxville Morning
tale „Schmankerl“ beizusteuern weiß.
Deutschland – einig Lobbythek. „Do it your-
Knoxville Morning kommen aus der irischen
self“ ist das Gebot der Stunde. Auch bei Ge-
Provinz und spielen feinsten Americana, ver-
setzen. Die macht man allerdings nach der
mischt mit Folk- und Country-Einflüssen. Im
Musik | Bodo Wartke & The Capital Dance Orchestra
Methode „Lobby and Paste“. ONKeL fISCH
März 2013 veröffentlichte die Band um Front-
Mit „Swingende Notwendigkeit“ betritt Bodo
analysieren die besten Lobbyisten-Tricks:
man Ciaran Dwyer ihr Debütalbum auf dem
Wartke Neuland. Neben gewitztem Klavierka-
Schmieren, kungeln und in den Puff einladen,
deutschen Markt und ist seitdem regelmäßig
barett und dem gefeierten Debüt als Schau-
was die Kriegskasse hergibt. Chlorhühnchen?
zu Gast auf hiesigen Bühnen. Eintritt frei.
spieler in seinem Solo-Theater „König Ödipus“
Zu negativ. Besser: Aktives Pool-Geflügel mit
subrosa, Dortmund, 20 Uhr
erlebt man nun einen singenden, tanzenden
Freischwimmer. Und noch bevor wir uns darüber aufregen können, gibt’s dagegen schon was von Ratiopharm. Ein generationengerechter Action-Kabarett-Abend mit flächen-
und steppenden Entertainer, der mit seiner
SA 08 | 11 | 14 Soziales | Stadtführung Dortmund
deckendem Mindestgehalt.
Bei bodos sozialer Stadtführung zeigen Ver-
Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr
käufer des Straßenmagazins „ihr“ Dortmund. Nach der Premiere Ende Oktober findet dieser
Theater | Sonate für 4 Hunde
Schauspielhaus, Bochum, 20 Uhr
zweistündige Stadtrundgang nun monatlich
Der Titel des Stückes könnte auch ohne Be-
jeden zweiten Samstag statt. Entlang des Ta-
griffe wie „Sonate“ oder „Hunde“ auskom-
gesablaufs eines Menschen ohne Wohnung
men – schließlich haben die Protagonisten
besuchen die Stadtführer Orte und Einrich-
weder mit Hunden noch mit klassischer Kul-
tungen, beschreiben eigene Erfahrungen
tur etwas am Hut. Wie alle hundeartigen
und liefern Informationen zu den Hilfe- und
Spezies haben sie aber ihre Nageknochen, in
Selbsthilfenetzen in der Stadt. Anmeldung bit-
diesem Fall ihre Masten. Und auch mit der
te unter 0231 – 950 97 80. Treffpunkt ist die bo-
Sonate verbindet sie eines: Ihre musikalische
do-Buchhandlung. Die Teilnahmegebühr für
Form ist undefinierbar. Ein schweißtreiben-
neue An- und Einsichten ist 5 Euro, ermäßigt
des Spiel mit komplexen Regeln, die die Ar-
2,50 Euro. Im Anschluss gibt es heiße Getränke
tisten zu ständigem Ortswechsel und perma-
bei bodo und Gelegenheit zum Austausch und
nenter Anpassung zwingen. Eine Produktion
zu weiteren Fragen an unseren Verkäufer.
der französischen Kompagnie „100 Issues“.
bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, DO, 12 Uhr
Spontanität auch die ganz große Revue locker aufs Parkett zaubert. RuhrCongress, Bochum, 20 Uhr
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Dabei sein hat viele
Vorteile Mehr Schutz im Betrieb, mehr Sicherheit im Leben und dadurch mehr persönliche Freiheit. Wäre doch schade, Sie würden darauf verzichten, oder?
Flottmann-Hallen, Herne, 20 Uhr Theater | Gustav Peter Wöhler Musik | Tim McMillan & Friends
und die Lautten Compagney
Tim McMillan bringt viele Stile zusammen:
Als „literarisches Wunder“ und „einzigarti-
Folk, Jazz, Klassik, Blues und eine gesunde
ges Monument der Weltgeschichte“ wurden
Die IG Metall finden Sie 3 x in Ihrer Region:
Prise Heavy Metal. Und dazu kommt noch
die Tagebücher des englischen Politikers und
das, was er selbst „Goblincore“ genannt hat
Lebemanns Samuel Pepys bezeichnet. In ei-
44793 Bochum, Alleestraße 80 Tel. 0234 – 96 44 60
(Goblin bedeutet Kobold) und was für das un-
nem endlosen Zeitkontinuum lässt er eine
gezähmte, fantastische Element in seiner Mu-
schier unermessliche Fülle von Details und
sik steht. Seine Auftritte sind lebendig, sein
Gedanken aufblühen. Eine „Daily Soap“ aus
44135 Dortmund, Ostwall 17 – 21 Tel. 0231 – 57 70 60 44623 Herne, Schulstraße 24 Tel. 02323 – 14 63 80
27
07 | 11 | 14 Sonate für 4 Hunde
08 | 11 | 14 Bodo Wartke & The Capital Dance Orchestra
SO 09 | 11 | 14
Songwriter, Dream Pop, Broken Soul und dem
krampfter und unterhaltsamer Umgang mit
Hang zum Ausbruch, dem Blick fürs Detail,
dem musikalischen Material. Der Eintritt ist
Ausstellung | Architektierisch
aufregend gesungenen Farben und Berlin im
frei, Spenden sind willkommen.
In der Mitmach-Ausstellung „Architektie-
Hintergrund. Der Eintritt ist frei.
bodo e.V., Schwanenwall 36 – 38, DO, 19.30 Uhr
risch“ haben Kinder alle Hände voll zu tun.
Goldkante, Bochum, 20 Uhr Musik | Schandmaul
Hier geht es um die Parallelen zwischen den Bauten von Menschen und Tieren. Die Kinder lernen beim eigenen Bauen, Konstruieren und Gestalten viel über Architektur und
DO 13 – SO 16 | 11 | 14 BODO VERLOSUNG | Kinofest Lünen
Im Spätsommer 2013 feierten Schandmaul ihr 15-jähriges Bestehen. Nur wenige Monate später meldeten sich die Sechs mit dem
Baukultur. Kleinere Kinder, die noch nicht
Seit 25 Jahren wird Lünen im November zur
Album „Unendlich“ zurück und knackten
lesen können, erfahren an 19 Stationen mehr
Hochburg des deutschsprachigen Films. 54
die Top 3 der deutschen Albumcharts. Bunte
darüber, wie Biene, Eisbär und Co. bauen.
aktuelle Filme, die zu
Spielmannskunst, lebenslustiger Folk, don-
Die „Großen“ lösen komplexe Aufgaben: Sie
einer Reise von Berlin
nernder Rock und magische Mittelalterklän-
errichten Häuserfassaden nach ihrem Ge-
über Skandinavien, Pa-
ge sind darauf vereint. Nach dem ersten Teil
schmack, bauen eine Brücke oder ein Baum-
lästina und Afrika nach
der vielfach ausverkauften Tournee ist die
haus. Öffnungszeiten und weitere Infos un-
Mexiko und zurück in
Band nun erneut zu erleben – in Bochum
ter www.dasa-dortmund.de
den Pott einladen. Einer davon ist „Journey
spielt sie einmalig das gesamte Album live.
DASA, Dortmund
to Jah“ und erzählt vom Suchen und Finden
RuhrCongress, Bochum, 20 Uhr
einer spirituellen Heimat in einem fremden
MI 12 | 11 | 14 Ausstellung | Island – Ferdin min
Kulturkreis und begleitet dabei Menschen, die eines verbindet und erfüllt: Musik. Sieben Jahre lang folgten die zwei Regisseure
Soziales | Stadtführung Bochum
Sven Weber trampte 2013 Tausende Kilometer
Gentleman und Alborosie auf der Suche nach
Am dritten Samstag findet wieder unsere
durch Island. Seine Reise setzte er in eine Aus-
Authentizität jenseits der westlichen Kon-
bodo-Stadtführung in Bochum statt. Unse-
stellung um, die zwischen Landschaftsfotogra-
sumgesellschaften im Land von Rastafari
re Experten geben ihr Wissen weiter, zeigen
fie, Alltagsreportagen und verspielten Serien
und Reggae: Jamaika. Alle Infos zum Festival
die Orte, an denen Menschen ohne Wohnung
ein vielschichtiges Bild von dem Island zeigt,
gibt es unter www.kinofest-lünen.de
sich aufhalten und besuchen mit Ihnen Ein-
das der Fotograf auf seiner Reise gefunden hat.
Cineworld, Lünen
richtungen, die den Menschen auf der Stra-
Die Ausstellungseröffnung ist der erste Teil
bodo verlost 2 x 2 Karten für „Journey to Jah“
ße Hilfe anbieten: von der Suppenküche bis
des Projekts „endstation.goldkante“. Das end-
am 15.11. um 21.30 Uhr. Teilnahmebedingungen
zur Notschlafstelle, vom Tagesaufenthalt bis
station.kino im Bahnhof Langendreer und die
auf Seite 25.
zu unserem Verkäufer-Café. Anmeldung bitte unter 0231 – 950 97 80. Treffpunkt ist die
Goldkante suchen in Zukunft regelmäßig den pop- und fimkulturellen Austausch. Passend zu „Island – Ferdin min“ zeigt das endstation.kino am 14.11. (21 Uhr) den Konzertfilm „Biophilia“
FR 14 | 11 | 14 2. Freitag | Minor Swing
bodo-Anlaufstelle in der Stühmeyerstraße 33. „Teilnahmegebühr“ ist der Kauf eines Straßenmagazins bei unserem Stadtführer. Im
der isländischen Poplegende Björk.
In unserer monatlichen Benefizreihe „2. Frei-
Anschluss gibt es heiße Getränke bei bodo
Goldkante, Bochum, 20 Uhr
tag“ spielen im November Minor Swing aus
und Gelegenheit zum Austausch und zu wei-
Dortmund Swing und Gypsy-Jazz im Stile
teren Fragen an unsere Stadtführer.
Django Reinhardts. Die Besetzung besteht
bodo-Anlaufstelle, Bochum, 11 Uhr
DO 13 | 11 | 14 Musik | Earnest and Without You
28
SA 15 | 11 | 14
aus drei Gitarren, Akkordeon, Posaune, Kontrabass und Gesang. Zum Repertoire
Kunst und Kultur | Kunstmarkt
Daniella Grimm und Antonio Passacantilli
gehören Reinhardt-Klassiker wie „Nuages“,
Der Kunstmarkt der Werkstatt und der Edition
a.k.a. Earnest and Without You zeichnen mit
„J'attendrai“, „Tears“, „Undecided“ und „All
Wort und Bild hat schon eine über 30-jährige
wundersamer Lyrik, elektronischen Textu-
of me“ bis hin zu Tangostücken und selbst-
Tradition. Wie immer ist er, in anheimelnder
ren, gebrochener Rhythmik, gleitenden Gi-
komponierten Musettewalzern. Wer jedoch
Atelieratmosphäre,
tarrenlinien und geschichteten Violinspuren
braven Rollkragenjazz erwartet, wird ent-
Möglichkeit, sich auf Kunst und Literatur ein-
verschwommene Bilder – zwischen Singer-
täuscht. Geboten wird ein höchst unver-
zulassen. Im Mittelpunkt des diesjährigen
eine
unkonventionelle
08 | 11 | 14 Gustav Peter Wöhler und die Lautten Compagney
Marktes stehen illustrierte Buchwerke des im
14 | 11 | 14 Minor Swing
Musik | Aretha Brown & James Franklyn
anonymen Absender, der sich „citizen four“
Mai verstorbenen Revier-Autors Hugo Ernst
Die Geschichte des Soul erzählen Aretha
nannte und behauptete, im Besitz von Be-
Käufer. „Kultur für alle“, der Aufruf der 70er
Brown und James Franklyn in ihrem Pro-
weisen für illegale verdeckte Massenüber-
Jahre, war Käufers Anliegen.
gramm. Angefangen auf den Baumwollfel-
wachungsprogramme der NSA und ande-
Werkstatt Wort und Bild, Lothringer Str. 36c,
dern und den staubigen Straßen von Georgia,
rer Nachrichtendienste zu sein: Edward
Bochum, 14 – 19 Uhr (auch 16.11., 11 – 19 Uhr)
spinnen die beiden Erzähler die Fäden der Ge-
Snowden. Im Frühjahr 2013 flogen Poitras
schichte der Black Music bis in die Gegenwart.
und der Journalist Glenn Greenwald nach
Sie zelebrieren Soulklassiker von Aretha Frank-
Hongkong, um Snowden zu treffen. Poitras
Manchmal muss man im Leben loslassen, um
lin, grooven sich durch Stevie Wonder und den
nahm ihre Kamera mit.
die Dinge wieder in den Griff zu bekommen.
Motown und enden bei Amy Winehouse und
Kino im U, Dortmund, 20 Uhr
Das galt auch für Milow. Der Singer/Song-
ihrem R&B. Der Eintritt ist frei.
(auch 20.11., 18 Uhr und 22.11., 17.30 Uhr)
writer aus Belgien landete ab 2006 einen Hit
Biercafe, Bochum, 20.15 Uhr
Musik | Milow
nach dem anderen, triumphierte in unzähligen Konzerten als Storyteller und Musiker.
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MI 19 – SO 23 | 11 | 14
Nach längerer Tour-Pause präsentiert der präsentiert:
Künstler nun seine neuen Songs – wie na-
BODO VERLOSUNG |
türlich auch all die großen Hits. Gemeinsam
blicke. filmfestival des ruhrgebiets
mit seiner Band will Milow seinen Status als
Vom 19. – 23. November heißt es wieder „Film
großartiger Musiker und charismatischer
ab“ beim 22. blicke filmfestival des ruhrge-
Live-Performer erneut untermauern.
biets. An fünf Tagen wird
FZW, Dortmund, 20 Uhr
das Medium Film in all seinen Facetten in den
20. Comedy-Festival 01.11.-14.12. 2014 Sa, 01.11.2014, 20.00 Uhr
MI 19 | 11 | 14
Mittelpunkt gerückt. Banalitäten und Spektakel,
So, 02.11.2014, 19.00 Uhr FZW
BODO VERLOSUNG | Elaiza
Unbekanntes und Altbewährtes, Wahrheit,
Mi, 05.11.2014, 20.00 Uhr
Carmela De Feo Maybebop
Wladimir Kaminer
Manchmal passieren sie noch, diese kleinen,
Erfindung und Empfindung, hautnah und re-
überraschenden Wunder. Ein solches Wun-
alitätsfern: Thematisch sind den Beiträgen
der ist der Newcomer-Band
keine Grenzen gesetzt. Allein die Verbindung
Fr, 07.11.2014, 20.00 Uhr
Elaiza passiert. Die vorher völ-
des Gezeigten oder der Filmemacher zum
Do, 13.11.2014, 20.00 Uhr
lig unbekannten Frauen ge-
Ruhrgebiet, bringt die teilnehmenden Werke
wannen den Vorentscheid und
auf einen gemeinsamen Nenner. Neben den
Fr, 14.11.2014, 20.00 Uhr
fuhren für Deutschland zum
Filmen stehen Diskussionen, Installationen,
Eurovision Song Contest nach
eine interaktive Tanz-Performance und am
Do, 20.11.2014, 20.00 Uhr
Dänemark. Elaiza (sprich: Ela-
Samstagabend nach der Preisverleihung eine
Fr, 21.11.2014, 20.00 Uhr
i-sa) ist ein junges weibliches Trio um Sän-
Party auf dem Programm. Alle Filme der Preis-
Sa, 22.11.2014, 20.00 Uhr
gerin und Songwriterin Ela Steinmetz. Zu-
träger werden am Sonntagvormittag noch
sammen verbinden Ela, Yvonne Grünwald
einmal zu sehen sein. www.blicke.org
und Natalie Plöger alte Traditionen des
endstation.kino, Bochum
Fr. 28.11.2014, 20.00 Uhr
osteuropäischen Folks mit modernen Pop-
bodo verlost 2 x 2 Tageskarten (die Gewinner
Sa. 29.11.2014, 20.00 Uhr
melodien zu einer einzigartigen Ohrwurm-
können sich einen Festivaltag aussuchen). Teil-
Mischung. „Neo-Folklore“ nennt die Presse
nahmebedingungen auf Seite 25.
ihren außergewöhnlichen Roots-Pop-Crossover, mit dem Elaiza nun die europäische Musiklandschaft bereichern. FZW, Dortmund, 20 Uhr
FR 21 | 11 | 14 Film | Citizenfour – Die Edward Snowden Doku
bodo verlost 2 x 2 Karten.
Im Januar 2013 erhielt Regisseurin Laura
Teilnahmebedingungen auf Seite 25.
Poitras verschlüsselte E-Mails von einem
Do, 06.11.2014, 20.00 Uhr
Markus Maria Profitlich die feisten Marek Fis
Heinz Gröning
Sa, 15.11.2014, 20.00 Uhr
Hennes Bender Fritz Eckenga Ladies Night Caveman
Do, 27.11.2014, 20.00 Uhr
Jan Weiler
Vince Ebert
Markus Krebs
Do. 11. - Sa. 13.12.2014, 20.00 Uhr So. 14.12.2014, 11.00 Uhr Frühschoppen
Fritz Eckenga, Peter Großmann u.a.
Fritz-Henßler-Haus Haus der Jugend
Geschwister-Scholl-Str. 33-37 44135 Dortmund · www.fhh.de 29
21 | 11 | 14 Citizenfour – Die Edward Snowden Dokumentation
15 | 11 | 14 Milow
BODO VERLOSUNG |
cke, selbstgebackene Plätzchen und Präsente
noch feiern wir ständig die Errungenschaften
Ladies Night – Ganz oder gar nicht
für Tier und Mensch erworben werden. 100
unserer demokratischen Ordnung. „The Great
Kein Job, kein Geld, keine Unterhosen. Aus
Prozent des Erlöses kommen dem Verein zu-
Democracy Show“ ist eine kritische Auseinan-
lauter Not kommen fünf arbeitslose Män-
gute, der die kostenlose Grundversorgung für
dersetzung mit Manipulations- und Überwa-
ner mit Rettungsrin-
die Tiere durch eine regelmäßige ambulante
chungsmethoden, dem Angriff auf das Recht
gen und Hühnerbrüs-
Sprechstunde sicherstellt. In den Räumlichkei-
auf Privatsphäre und der Gleichgültigkeit der
ten auf die waghalsige
ten der Firma Lack-X-Press, Hannöversche Stra-
Entscheidungsträger und Bevölkerung.
Idee, es den erfolgrei-
ße 18 d – e (am schwarzen Nashorn gegenüber
Theater im Depot, Dortmund, 18 Uhr
chen
reinfahren) findet der Weihnachtsmarkt statt.
bodo verlost 3 x 2 Karten.
Lack-X-Press, Dortmund, 10 – 17 Uhr
Teilnahmebedingungen auf Seite 25.
SO 23 | 11 | 14
MI 26 | 11 | 14
„Chippendales“
gleich zu tun. Sie strippen. Als nur noch ein knapper String als letzte Schamgrenze bleibt, stellt sich die alles entscheidende Frage: Ganz oder gar nicht?!
BODO VERLOSUNG | The Great Democracy Show
Fritz Henßler Haus, Dortmund, 20 Uhr
BODO VERLOSUNG | Dikanda
bodo verlost 5 x 2 Karten
Unsere Freiheit ist nicht erst seit den NSA-
Leidenschaftliche Freude am Singen und Mu-
Teilnahmebedingungen auf Seite 25.
Lauschangriffen in Gefahr geraten. Die Unter-
sizieren, Spontanität und Energie sind die
haltungsindustrie
ver-
Markenzeichen des Sextetts
SA 22 | 11 | 14
mittelt uns, was und wie
„Dikanda“ aus dem polnischen
wir zu begehren haben.
Stettin. Ihre Eigenkompositi-
Weihnachtsmarkt | DoDog e.V.
Die Werbeindustrie pro-
onen schöpfen aus der maze-
Die 2009 gegründete Initiative DoDog, die
duziert Lebensgefühle,
donischen, polnischen, russi-
sich der Betreuung von Tieren obdachloser
die uns glauben machen, unsere angebliche
schen, jüdischen, griechischen,
und suchtkranker junger Menschen widmet,
Individualität entsprechend eingekleidet zu
bulgarischen, türkischen und
lädt in Körne zur Weihnachtsfeier. Neben der
haben. Wir befinden uns in einem morali-
arabischen Musiktradition. Ob feuriger Czar-
Stärkung durch herzhafte Gerichte und Kaf-
schen Vakuum, in dem Traditionalismus an
das oder krachende Polka, zartschmelzende
fee & Kuchen können weihnachtliche Geste-
die Stelle des Bewusstseins getreten ist. Den-
Balladen oder hypnotisierender Ausflug in
ANZEIGE
Über Tier und Mensch in der Kunst
30
MUSEUM OSTWALL IM DORTMUNDER U 15.11.2014–12.04.2015
Abb.: Christiane Möbus, Auf dem Rücken der Tiere, 1990/1994, Installationsansicht Kunstverein Hannover 1997, Museum Wiesbaden, © VG Bild-Kunst, Bonn 2014, Foto: Olaf Hauschulz, Hamburg
ARCHE NOAH
28 | 11 | 14 Helmut Sanftenschneider
den Orient, Dikanda spielt voller Emotionali-
28 | 11 | 14 Szenen einer Ehe
Lesung | Frank Goosen
Leidenschaft“ mit „trockenem Ruhrgebietshu-
tät und unverblümter Lebensfreude.
Frank Goosen erzählt in seinem neuen Buch
mor“. Immer wieder überzeugt der langjäh-
Bahnhof Langendreer, Bochum, 20 Uhr
„Raketenmänner“ von Männern mitten im Le-
rige Bühnenpartner von Comedystar Johann
bodo verlost 2 x 2 Karten.
ben. Von solchen, die ausbrechen wollen, und
König mit kleinen, aber feinen Details, Wort-
Teilnahmebedingungen auf Seite 25.
von jenen, die Halt suchen. Von Musik und al-
witz und dem einen oder anderen prominen-
ter Freundschaft. Von der Sehnsucht nach der
ten Überraschungsgast.
einen, der wahren Liebe. Von Verlassenen und
Zauberkasten, Bochum, 20 Uhr
Film | Festung Anlässlich des „Internationalen Tages zur
Suchenden, von Ängstlichen und Mutigen.
Beendigung der Gewalt gegen Frauen“ prä-
Alle wären sie gern Raketenmänner und müs-
sentiert der Zonta Club Dortmund den Film
sen sich doch mit sich selbst begnügen.
Johan und Marianne, seit zehn Jahren ein
„Festung“ mit Peter Lohmeyer und Karoline
Fletch Bizzel, Dortmund, 20 Uhr
Paar, zwei Kinder, private Harmonie und
Herfurth. Der Film setzt sich mit einem täglich inmitten unserer Gesellschaft abspielenden Drama auseinander: häusliche Gewalt gegen Frauen. Der Zonta Club Dortmund, Vertre-
Theater | Szenen einer Ehe
beruflicher Erfolg – eine Bilderbuchehe, so
FR 28 | 11 | 14 BODO VERLOSUNG | Spirit of Moondog
scheint es. Als Johan jedoch seiner Frau nicht nur eine Affäre gesteht, sondern auch, dass er seit mehreren Jahren über eine Trennung
terinnen des Frauenhauses und eine Opfer-
Expressive Saxofonklänge, erdiger Groove
nachdenke, gerät alles ins Wanken. Auf Tren-
schutzbeauftragte laden anschließend zum
der Trimba... das ist der Sound von Spirit of
nung folgt Nähe – bis Zärtlichkeiten von De-
Gespräch ein. Es wird um eine Spende zuguns-
Moondog. Das Ensemble
mütigungen und Gewalt zerrieben werden.
ten des Dortmunder Frauenhauses gebeten.
widmet sich ausschließ-
Regie führt Claudia Bauer, die in Dortmund
Kino im U, Dortmund, 20 Uhr
lich dem verstorbenen
bereits „Welt am Draht“ und das Märchen-
Komponisten Moondog
massaker mit Live-Musik „Republik der Wöl-
(Louis Hardin). Seine
fe“ in Szene gesetzt hat.
DO 27 | 11 | 14 Vortrag | Die Welt Alexanders des Großen
Musik ist dem musikalischen Prinzip des Kon-
Schauspiel, Dortmund, 19.30 Uhr
trapunkts untergeordnet und wirkt in gera-
Alexander gilt als der größte Eroberer der Ge-
den und ungeraden Metren archaisch und
schichte, in nur elf Jahren veränderte er die
modern zugleich. „Die Mischung aus Klassik,
damals bekannte Welt. Sein Ziel war es, Eu-
Jazz und Weltmusik lässt Moondogs Tonspra-
ropa und Asien miteinander zu verschmelzen
che zeitlos erscheinen. Die eingängigen Me-
Und sie tun es wieder! Das außergewöhn-
und dadurch eine friedliche, ökumenische
lodien mit Ohrwurmqualität, getragen vom
liche Musikfestival MUKKEFUX geht nun
Welt mit der Toleranz zwischen den unter-
Herzschlag der Trimba, garantieren ein außer-
schon in die dritte Runde. Erneut zeigt das
schiedlichen Kulturen zu schaffen. Kein an-
gewöhnliches Konzerterlebnis.“ Die Trimba ist
MUK an der Güntherstraße die Bandbreite
derer hat die Welt so beeindruckt und wird
das von Moondog entwickelte Perkussions-
der dort probenden Bands, dieses Mal in der
heute noch so oft erwähnt und geehrt wie
instrument, in dessen Bau- und Spielweise er
Großmarktschänke mit Acts zwischen Gitar-
Alexander. Ein Vortrag (mit Bildern) von Dr.
seinen Freund Stefan Lakatos unterwies und
renpop und Alternative wie Alaska, Blomqist,
Stamatis Lymperopoulos.
das dieser weltweit als Einziger beherrscht!
Clox, The Roughtones und vielen weiteren.
Auslandsgesellschaft NRW, DO, 19 Uhr
Pauluskirche, Dortmund, 20 Uhr
Einzigartig in der Festivalwelt bleibt: Alles
bodo verlost 2 x 2 Karten.
kommt aus einem einzigen Haus.
Teilnahmebedingungen auf Seite 25.
Großmarktschänke, Dortmund, 18 Uhr
Musik | Ludwig van Beethoven
SA 29 | 11 | 14 Musik | MUKKEFUX 14
Ein Abend von und mit Lutz Görner Seit drei Jahren begeistert Lutz Görner sein
Kabarett | Helmut Sanftenschneider
Publikum mit den von ihm erfundenen Kla-
Pilsbier und Sangria, Schrebergarten und
vierabenden. Diese Abende sind immer eine
Finca oder einfach nur „Currywurst und Kas-
Mischung aus Literatur und Musik. Literatur
tagnetten“: Man könnte Helmut Sanften-
von und über den Komponisten, dessen Mu-
schneider als „Spanier“ unter den deutschen
sik von der Konzertpianistin Nadja Singer
Komikern bezeichnen, denn der Ruhrgebietler
dargeboten wird.
ist nicht nur Komiker, sondern auch studierter
Kunstmuseum, Bochum, 19.30 Uhr
Flamencogitarrist und verbindet „spanische 31
BODO GEHT AUS
Latino Sol | Dortmund Tapas und Tanz
Von Wolfgang Kienast | Fotos: Daniel Sadrowski
2011 gründeten sie das „Yellow Peppers“ auf der Schützenstraße. Dieser Name wurde
Tapas, sagt das Küchenlexikon, sind warme
jedoch häufig mit Tex-Mex-Franchise asso-
und kalte Vorspeisen von der Iberischen
ziiert. Aus diesem Grund kam es jüngst zur
Halbinsel. Was es verschweigt: In genü-
Umbenennung in „Latino Sol“. Der spanische
gender Menge machen sie auch ohne
Name passt nicht nur wesentlich besser zum
Sauce aus Olivenöl, Zwiebeln, Weinessig
Hauptspeise selig. Insbesondere in geselli-
Charakter des Hauses, er liefert gleichzeitig
und Basilikum) besonders gut geschmeckt.
ger Runde ist das unkomplizierte Naschen
einen Hinweis auf die lateinamerikanische
Selbstverständlich muss man es im Latino
und Probieren ein Vergnügen. Wer dann
Ausrichtung der Speisekarte. Schließlich
Sol nicht bei Tapas belassen. Von Salat über
Lust auf Salsa tanzen oder Spanisch lernen
stammen die Brüder aus Ecuador. „Auf der
Paella bis zu „Bife de Chorizo“ (Argentini-
bekommt, dem sei das Latino Sol in der
Karte finden Sie alles, was wir selber gern
sches Rumpsteak mit typisch hausgemach-
Dortmunder Nordstadt empfohlen.
essen“, sagt Angel Figueroa. „Natürlich gibt
ter Chimichurri-Sauce) reicht die Karte,
es hier die klassischen spanischen Tapas.
Vegetarier werden ebenfalls glücklich. „So-
Uns war es aber wichtig, darüber hinaus die
weit es möglich ist, stellen wir die Speisen in
Vielseitigkeit der Küche Lateinamerikas zu
unserer eigenen Küche her“, sagt Figueroa.
zeigen. Empanadas aus Chile oder Flautas
Wenn man weiß, dass die Zutaten frisch
aus Mexiko sollten unbedingt dabei sein.“
sind, verzeiht man gern, dass gelegentlich
Angel Figueroa stammt aus Ecuador. Seit 1998 lebt er in Deutschland und arbeitet als Dozent für Salsatanz und spanische Sprache. Nach dem Unterricht ist er mit seinen Schülerinnen und Schülern des öfteren Essen
32
ein Gericht ausverkauft ist. Zumal es viele
gegangen. Sein Bruder Antonio arbeitete
Bei der Zahl der Vorspeisen ist es nicht
zu der Zeit als Koch in Spanien. Als dort die
einfach, einen persönlichen Favoriten zu
Auswirkungen der Wirtschaftskrise immer
finden. Uns hat „Pavo Maya“ aus Guatemala
Bei den Getränken steht man ebenfalls vor
bedrohlichere Züge annahmen, fassten sie
(frisches Truthahnfilet in Spezial-Mais-Boh-
der Qual der Wahl. Ein Umstand, der im
den Entschluss, in Deutschland gemeinsam
nen-Sauce nach altem Indianerrezept) und
Zusammenhang mit den Tanzkursen stehen
ein Lokal zu eröffnen.
„Yuca al Mojo“ (gekochter Maniok mit einer
dürfte, beziehungsweise damit, dass im Lati-
Alternativen gibt.
KULTUR
25 Jahre Kinofest Lünen Ein kleiner Ort für großes Kino: Vom 13. bis 16. November wird Lünen wieder zur Hochburg des deutschsprachigen Films. 54 aktuelle Produktionen wetteifern um Filmpreise im Wert von 39.500 Euro, ob als Komödie, Thriller, Drama oder Dokumentation. Von Susanne Schröder | Foto: Günther Goldstein/Kinofest
Michael Wiedemann leitet das Kinofest Lünen seit 2005.
no Sol an jedem ersten Samstag im Monat
Tom Tykwer beschrieb die Besonderheit des
In diesem Jahr gehen sieben Spielfilme
eine Party gefeiert wird. „Tapas & Fiesta
Festivals in der westfälischen Provinz ein-
und drei Dokumentarfilme ins Rennen:
de Salsa“ verspricht karibisches Flair mit
mal so: „Lünen ist einzigartig, weil es eisern
Die Spanne reicht von der westfälischen
Salsa, Merengue, Bachata, Kizomba und
an Kino mit lokaler Identität glaubt – die
„Fear and Loathing“-Version bis zum bis-
Reggaeton. Anfänger können zuvor an ei-
zentral ist für Filme, die uns etwas über die
lang ältesten Kinofest-Debütanten.
nem Schnupperkurs teilnehmen, um sich
Welt vermitteln.“ So laden die vorgeführten
anschließend mit den soeben gelernten
Filme mit teils prominenter Besetzung zu
Schritten aufs Parkett zu wagen.
einer Reise von Berlin über Skandinavien,
In den Tanzsaal mit riesigen Spiegeln an der Wand gelangt man vom Restaurant aus durch eine eher unscheinbare Tür, hinter welcher man eine solche Dimension kaum vermutet. Dabei ist auch der Gastronomiebereich alles andere als
Palästina und Afrika nach Mexiko und zurück in den Pott ein. Am Ende warten zwölf Filmpreise im Wert von 39.500 Euro auf die Wettbewerbsteilnehmer, Hauptpreis ist der mit 10.000 Euro dotierte Regie-Nachwuchspreis LÜDIA, der seit 1997 vergeben wird.
Der junge Regisseur Felix Maxim Eller aus Unna beleuchtet in „Young and wild“ als Autor, Regisseur, Produzent, Kameramann und Cutter in Personalunion die verrückten Folgen des Heranwachsens. Benedikt Kubys Dokumentarfilm „Der Bauer bleibst du“ erzählt vom 82-jährigen kinderlosen Heinz Wanner, der seinen Bergbauernhof in Tirol alleine bewirtschaftet. Seit 1620 gehört er
klein. Behaglich wirkt er dennoch. Dafür
Mit Edward Berger, Regisseur des Er-
seiner Familie. Nun soll der junge Nachbars-
sorgen die warmen Farbtöne und nicht
öffnungsfilms „Jack“, kehrt ein LÜDIA-
sohn den Hof übernehmen. Ein berührender
zuletzt das freundliche, spanisch und
Preisträger (1998) zum Kinofest zurück.
Film über einen Generationenwechsel.
deutsch sprechende Personal.
„Jack“ lief in diesem Jahr als deutscher Beitrag im Berlinale-Wettbewerb. Berger
Kinofest Lünen vom 13. – 16. November Cineworld Lünen, Im Hagen 3, 44532 Lünen
Latino Sol
erzählt geradlinig und ungeschönt aus
Schützenstraße 46, 44147 Dortmund
der Perspektive eines Jungen, der durch
täglich ab 17 Uhr, Montag Ruhetag
die Umstände gezwungen wird, früh
bodo verlost 2 x 2 Karten für den Film
www.dospasos.de
erwachsen zu werden.
„Journey to Jah“ am 15.11. (siehe Seite 25)
Programm: www.kinofest-luenen.de
33
REPORTAGE
34
MOONDOG Klassische Musik von der Straße
Es ist ungewöhnlich, den Lebensmittelpunkt von New York nach Oer-Erkenschwick zu verlegen. Bei Louis Thomas Hardin, bekannt geworden unter seinem Künstlernamen Moondog, ist es nur ein Aspekt unter vielen, die seine Biografie einzigartig machen. Manchen gilt der blinde Musiker, der einen Großteil seines Lebens auf der Straße zugebracht hat, als einer der wegweisenden Künstler des 20. Jahrhunderts. Unter Leitung seines ehemaligen Schülers Stefan Lakatos wird am 28. November in der Dortmunder Pauluskirche eine Auswahl seiner Werke aufgeführt. Von Wolfgang Kienast | Fotos: Stefan Lakatos, Daniel Sadrowski
35
REPORTAGE
H
ardin wurde am 26. Mai 1916 als
der Hilfsorganisation für Blinde bekam er
Sohn eines Wanderpredigers in
bald keine Unterstützung mehr. Die wollten,
Kansas geboren. Sein Augenlicht
dass er Bürsten bindet. Dafür hatte er keine
verlor er im Alter von sechzehn Jahren bei
Zeit. Also wurde ihm das Geld gestrichen. Für
der Explosion einer Dynamitkapsel aus dem
seine Musik hat er viele Opfer gebracht, das
Eisenbahnbau. An der Blindenschule entdeck-
ist sicher.”
te er die Welt der klassischen Musik, wurde in Harmonielehre unterrichtet und lernte diverse Instrumente zu spielen. „Wir wissen nicht, ob er dieser Komponist geworden wäre,
Besuchen Sie das Hilton – „gegenüber von Moondog“
hätte es den Unfall nicht gegeben“, meint La-
Nahezu täglich stand er an der Ecke 6th
katos. „Moondog konnte seine Noten nicht
Avenue/54th Street. Alte Fotos zeigen die im-
mit dem Stift notieren. Er musste alles im
posante Erscheinung. Man sieht einen sehr
Kopf komponieren. Jedes fertige Musikstück
großen Mann in Wikinger-Kluft, mit weitem
stanzte er mit einer Presse in Braille-Schrift.
Umhang, Helm, Speer und wallendem Bart,
Dafür benötigte er Streifen aus Spezialpa-
Ausdruck seines Faibles für nordische Mythen.
pier. Die waren nicht sehr lang, aber ziemlich
Im Straßenbild galt er als Institution. Erzählt
teuer. Häufig schrieb er kurze Melodien, die
wird, das Hilton-Hotel habe in jener Zeit An-
als Kanon aufgeführt werden sollten. Seine
noncen geschaltet und als Adresse „gegenüber
Kompositionstechnik perfektionierte er und
von Moondog“ angegeben. Die Kleidung, vom
entwickelte einen unverkennbaren Stil. Ich
Umhang bis zu den Schuhen, entwarf und näh-
finde es erstaunlich, wie man ein Handicap
te er selbst. Grundform des Materials war stets
überwinden kann, wenn man nicht aufgibt,
ein Quadrat. Beim Interview zeigt uns Stefan
seiner Profession nachzugehen.“
Lakatos ein von Moondog gefertigtes Cape. „Im Grunde genommen ist es simpel. Man
Obdachlosigkeit ist nie romantisch
muss nur auf die Idee kommen, den quadratischen Stoff auf diese Weise zu falten. Mich erinnert es an eine Eule. Eulen sehen bei Nacht.“
Hardin/Moondog. Zwischen Privatleben und
36
Künstlerdasein gab es bei ihm eine klare Tren-
Moondog hatte Charisma. Er war optisch ein
nung. Ging es um die Kunst, war er Moondog.
Ereignis. Er spielte einzigartige Musik. Das
Der Künstlername bezieht sich auf einen
Phänomen an der Straßenecke fand damals die
Hund, den er besessen hatte und von dem
Aufmerksamkeit prominenter Künstler. Neben
er sagte, kein anderer hätte derart inbrüns-
Bernstein, Strawinsky und Toscanini lernte er
tig den Mond angeheult. Lakatos erzählt, im
Artur Rodzinski kennen. Der Chefdirigent der
hohen Norden Europas wäre Moondog die Be-
New Yorker Philharmoniker gestattete ihm,
zeichnung für einen nächtlichen Regenbogen,
Orchesterproben in der Carnegie Hall beizu-
der im Mondlicht durch Eiskristalle hervorge-
wohnen. Charlie Parker wollte eine Platte mit
rufen wird. Hardin wusste das nicht. Es hätte
ihm aufnehmen. Leider verstarb der Saxofo-
ihm gefallen.
nist, bevor der Plan realisiert werden konnte.
In den 40er und 50er Jahren lebte er in New
Bei einfachen Menschen war er ebenso be-
York, ohne festen Wohnsitz, gelegentlich
liebt. Er mochte Kinder. Lakatos erzählt von
hatte er Geld für ein billiges Zimmer. „Über
einem Brief, den er lesen durfte. Darin erin-
sein Leben auf der Straße hat er nicht gern
nert sich eine ältere Dame an ein prägendes
geredet“, sagt Lakatos. „Mag sein, dass eini-
Erlebnis ihrer Kindheit. Sie schreibt, sie müs-
ge Leute romantische Vorstellungen haben,
se fünf oder sechs Jahre alt gewesen sein.
Stefan Lakatos: „Ich weiß nicht, woher
aber Obdachlosigkeit ist nie romantisch, son-
Ihre Eltern seien streng gewesen und hätten
er die Energie nahm. Er schaute im-
dern hart. Im Sommer eventuell zu ertragen,
sie oft und grundlos geschlagen, sogar auf
mer nur nach vorn.“ Aus seinem ers-
im Winter wird es brutal. Betteln kam für ihn
offener Straße. Bestimmt habe Moondog
ten Treffen mit Moondog resultierte
nicht in Frage. Er war Künstler, er trug seine
sich nähernde schimpfende Erwachsene
eine lebenslange Freundschaft. Der
Werke vor und verkaufte seine Gedichte und
und ein laut weinendes Mädchen gehört.
junge Schwede wurde sein Schüler.
Kompositionen. Das war seine Arbeit. Von
Bei ihm angelangt, seien sie verstummt. Da
„Betteln kam für ihn nicht in Frage. Er war Künstler, er trug seine Werke vor und verkaufte seine Gedichte und Kompositionen. Das war seine Arbeit.“
37
REPORTAGE
habe sich der Riese hingekniet und ihr zugeflüstert: „I am on your side“ (Ich bin auf deiner
Nachlassverwalter mit der Trimba
Seite). „Das hat sie nie vergessen“, sagt Lakatos. „Denn jetzt war klar, nicht sie hatte Mist
Im Dezember 1977, in Recklinghausen, wurde er
gebaut, sondern ihre Eltern.“
an seinem Stammplatz in der Fußgängerzone von Ilona Goebel angesprochen. Die Studen-
„Nie zuvor hatte ich so etwas gehört.“
tin konnte es nicht fassen, dass jemand, der so schöne Musik macht, derart ärmlich leben muss. Sie fragte ihn, ob er Weihnachten nicht
Als Stefan Lakatos Moondogs Musik erstmals
im Kreis ihrer Familie in Oer-Erkenschwick ver-
hörte, war er dreizehn. In Schweden, seiner
bringen wolle. Hardin nahm die Einladung an.
Heimat. Frank Zappa hatte in einer Radiosen-
Und durfte bleiben. Goebel, spätere Sommer,
dung ihm wichtige Schallplatten vorgestellt.
brach ihr Studium ab und wurde seine Mana-
„Zwei Stücke von Moondog waren dabei. Die
gerin. Eine Reihe neuer Schallplatten erschien.
haben mich ungeheuer beeindruckt. Nie zu-
Der klar strukturierte, repetitive Charakter
vor hatte ich so etwas gehört.“ Bis zur ersten
seiner Musik brachte ihm den Ruf ein, Wegbe-
Begegnung der beiden sollten aber noch mehr
reiter der Minimal-Musik von Steve Reich oder
als zehn Jahre vergehen. Die Gelegenheit ergab
Philip Glass zu sein. Aus seiner Perspektive ein
sich 1980. In Oer-Erkenschwick. Lakatos, inzwi-
Missverständnis, er fühlte sich der klassischen
schen Mitte zwanzig, hatte ein Interrail-Ticket
Musiktradition zugehörig.
und von einem schwedischen Radiosender den Auftrag, ein Interview mit dem sagenumwo-
Aus dem ersten Treffen zwischen Lakatos und
benen Künstler zu führen.
Hardin resultierte eine lebenslange Freundschaft. Der junge Schwede wurde sein Schüler,
1974 hatte Moondog eine Einladung zu einem
dem er sogar half, eine Trimba zu bauen. Die
Festival in Frankfurt erhalten. Neben ihm stan-
Trimba ist eine Moondog-Erfindung, ein Per-
den unter anderem die Elektronik-Pioniere
kussionsinstrument, das aus vier unterschied-
Kraftwerk auf dem Programm. Eine Verknüp-
lich großen Trommeln besteht, die mit Rassel
fung mit Bach hätte ihm eher zugesagt, die
und Klangholz angeschlagen werden. Sie dient
Möglichkeit aber, nach Europa zu reisen, dem
als Basis für den typischen Moondog-Sound.
Ursprung der von ihm geschätzten Mythen näherzukommen, ließ er nicht ungenutzt. Und
Lakatos hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese
er wollte langfristig bleiben. Obwohl er in den
Musik im Sinne des Komponisten lebendig zu
Staaten jetzt einen gewissen Bekanntheits-
halten. „Seine Stücke fußen auf Kontrapunkt
grad besaß und bei Jazz- und Klassikfirmen
und Kanon. Es sieht auf den ersten Blick so
einige Platten veröffentlichen konnte, verkauf-
einfach aus. Nur eine kleine Melodie. Wie ver-
Stefan Lakatos an der Trimba, einer
te oder verschenkte er sein Eigentum, trennte
zwickt es tatsächlich ist, merkt man erst beim
Moondog-Erfindung. Lakatos hat es
sich sogar von einem kleinen Stück Land, das
Spielen. Man muss seinen Geist spüren kön-
sich zur Aufgabe gemacht, Hardins
er zwischenzeitlich geerbt hatte, und verließ
nen, sonst hat man etwas falsch gemacht. Ich
Musik im Sinne des Komponisten
New York. Als man ihn dort nicht mehr an
war Zeuge zahlreicher Interpretationen. Viele
lebendig zu halten.
seiner Kreuzung sah, wurde im Rundfunk ein
Musiker richten ein Massaker an.“
Nachruf gesendet. Hardin starb am 8. September 1999. Zum NachDem Konzert in Frankfurt sollten noch weitere
lass gehört ein Kanon für 1.000 Stimmen. Auf-
folgen, doch für eine gesicherte Existenz reich-
grund seiner Komplexität wurde er nie aufge-
te das nicht. Er wohnte bei Selbsthilfegruppen
führt. „Er wollte beweisen, dass er einen Mount
und in Hippiekommunen, lebte in Hamburg,
Everest bezwingen kann“, sagt Lakatos.
im Wendland, in Marl. Er machte wieder Straßenmusik und verkaufte seine Gedichte. Wenn etwas Schlechtes passierte, meinte er nur, ,Ich freue mich auf nächsten Montag, dann haben wir das hinter uns‘. Ich habe ihn nie verbittert erlebt.“
38
Freitag, 28. November 2014 Pauluskirche, Schützenstr. 35, Dortmund Einlass 19.30 Uhr, Beginn 20 Uhr bodo verlost 2 x 2 Karten (siehe Seite 25)
VERKÄUFERPORTRÄT
„Mit etwas Glück haben wir nächstes Jahr feste Arbeit.“ Sonia, Christian und Flavius
„Wir kommen beide aus Bacaˇu, einer großen Stadt mit 140.000 Einwohnern im Nordosten von Rumänien bzw. aus kleinen Dörfern ganz in der Nähe. Mittlerweile leben wir aber seit drei Jahren im Ruhrgebiet. In Rumänien haben wir für uns einfach keine Zukunft mehr gesehen. Die Situation dort ist nicht besonders gut. Es gibt kaum
Vor drei Jahren sind Sonia und Christian aus Rumänien nach Herne gezogen. Letztes Jahr kam ihr Sohn Flavius zur Welt. Wir haben uns mit der jungen Familie im Verkäufercafé in Bochum getroffen und über ihren Weg zu bodo, ihre aktuelle Situation und ihre Wünsche für die Zukunft gesprochen. protokolliert von Sebastian Sellhorst | Foto: Sebastian Sellhorst
Arbeit, und viele Menschen dort sind sehr arm. Aus dieser Not heraus haben wir uns
etwas zu unterhalten, haben wir schon
darauf, möglichst sparsam zu leben. Das
nach der Schule dazu entschlossen, nach
eine Menge gelernt. Deutsch sprechen
ist natürlich mit einem Kind oft gar nicht
Deutschland zu kommen, in der Hoffnung,
klappt daher schon ganz gut, aber wenn
so einfach. Viel muss angeschafft werden.
hier einen Job und die Chance auf eine
wir Formulare ausfüllen oder Bewerbun-
bodo hat uns da sehr geholfen. Natürlich
bessere Zukunft zu finden.
gen schreiben müssen, wird es schwierig.
in erster Linie, indem wir die Möglichkeit
Im Dezember beginnt aber auch endlich
haben, uns ein bisschen was dazu zu ver-
Da einige Bekannte von uns schon länger
unser Deutschkurs, in dem wir hoffentlich
dienen. Aber auch mit Kinderkleidung und
hier im Ruhrgebiet leben, haben wir uns
noch viel dazulernen können.
Möbeln war bodo eine große Hilfe.
noch sehr schwierig, als wir hierhergekom-
Mittlerweile wohnen wir in einer kleinen
Unser Ziel ist es, auf jeden Fall erst einmal
men sind. Wir sprachen kaum Deutsch,
Wohnung in Herne, in der wir uns sehr
hier zu bleiben, um uns etwas aufzubau-
hatten keine Arbeit, kein Geld und wohn-
wohl fühlen. Seit fast zwei Jahren sind wir
en, um unserem Sohn später eine vernünf-
ten bei Verwandten. Über den Tipp eines
dort zu dritt. Letztes Jahr ist unser Sohn
tige Zukunft zu bieten, damit er zur Schule
Bekannten sind wir dann zu bodo gekom-
Flavius zur Welt gekommen. Er ist unser
gehen kann und es irgendwann vielleicht
men. Anfangs waren wir noch skeptisch.
Ein und Alles. Seit diesem Sommer geht er
etwas leichter hat als wir, eine Arbeit zu
Aber es funktionierte auf Anhieb recht gut,
schon in den Kindergarten. So besonders
finden. Mit ein bisschen Glück haben wir
und die Leser waren sehr freundlich. Seit-
gut gefällt es ihm da allerdings nicht, und
nächstes Jahr auch eine feste Arbeit. Viele
dem verkaufen wir das Straßenmagazin in
er würde morgens lieber bei uns bleiben.
Kunden haben uns schon gute Tipps gege-
Bochum-Gerthe.
Aber das wird sich bestimmt noch geben.
ben. Wenn das klappt, dann kommen wir
Dieses Jahr im August haben wir dann
nur noch zu Besuch bei bodo vorbei.“
auch hierher orientiert. Anfangs war es
Unsere Situation ist zwar noch immer
auch endlich in Rumänien geheiratet.
nicht einfach, aber wenigstens können wir jetzt schon ein wenig Deutsch. Im
Geld vom Arbeitsamt bekommen wir nicht.
Gespräch mit den Kunden, von denen die
Wir bekommen Kindergeld. Es ist also bei
meisten auch mal stehen bleiben, um sich
uns schon sehr eng, und wir achten sehr
39
REPORTAGE
Anime, Manga und Cosplay Zu Besuch in einer anderen Welt Wenn einem in Dortmund junge Menschen mit bunten Perücken, langen Mänteln und ausgefallenen Kostümen begegnen, kann es gut sein, dass sie auf dem Weg zur „DoJaKu“ sind. Einmal im Monat pilgern Jugendliche aus ganz NRW ins Dortmunder Fritz-Henßler-Haus zum „Dortmunder Japan-Kultur“Treffen. Wir haben uns in dem bunten Treiben zwischen verkleideten „Cosplayern“, „Trading-Card“Spielern und Manga-Fans umgesehen und einen Blick in eine für Außenstehende sehr fremde, aber freundliche und knallbunte Welt geworfen. Von Sebastian Sellhorst | Fotos: Sebastian Sellhorst, Saskia Namako Jansen
40
Ausgefallene Kostüme, extravagante Perücken und Accessoires. Einmal im Monat wird das Fritz-Henßler-Haus zur Spielwiese für Manga- und Comic-Fans.
D
ie Anfänge der „DoJaKu“ liegen erst fünf
aus asiatischen Comicbüchern, den Mangas,
„Das Schöne ist, das wir unser Programm
Jahre zurück. Was als kleines Treffen von
oder in Verfilmungen dieser sogenannten
komplett selbst organisiert und unkom-
einigen japanbegeisterten Jugendlichen im
Animes. Aber auch westliche Comic-, Zei-
merziell auf die Beine stellen“, so Stefan
Rombergpark begann, ist mittlerweile zum
chentrick- und Videospiel-HeldInnen sind
Bahr, „DoJaKu“-Besucher der ersten Stunde
größten monatlich stattfindenden Manga-
beliebte Verkleidungs-Motive.
und einer der Hauptorganisatoren. „Eine
D
feste Ausrichtung gibt es bei uns nicht.
und Cosplay-Treffen in Deutschland, mit 600 bis 900 regelmäßigen Besuchern angewachsen. Die Zeiten, in denen sich die Jugendlichen
och bei der „DoJaKu“ geht es nicht nur
Wenn jemand eine gute Idee hat, kann er
um Verkleidungen und Kostümierung.
sich mit dem ehrenamtlich arbeitenden
in Parks, zuerst im Rombergpark, danach im
In einem eigenen Bereich, der „Künstler-
Organisations-Team absprechen. Solange
Fredenbaumpark trafen, sind vorbei. Mitt-
meile“, stellen Zeichnerinnen und Zeichner
es Spaß macht und sich genug Leute dafür
lerweile trifft sich die Gruppe in Räumlich-
eigene Comics vor, Buttons mit beliebten
interessieren, lässt es sich meist realisieren.“
keiten, die vom Dortmunder Jugendamt im
Serien-Charakteren werden hergestellt und
Zusammen mit 18 weiteren Organisatoren
Fritz-Henßler-Haus zur Verfügung gestellt
Einträge in Poesiealben, sogenannten „Con-
und vielen freiwilligen Helfern organsiert
werden. Erhalten haben sich die Japan-Fans
Hons“, werden getauscht. Auf zwei Bühnen
der 29-jährige Gelsenkirchener jeden Monat
den nichtkommerziellen Charakter und
wird ein großes Programm mit Tanzeinla-
die Convention.
die Selbstverwaltung ihres Treffens. Viele
gen, Karaoke-Shows und Bands angeboten.
ähnliche Veranstaltungen kosten mittlerweile
Schwerpunkt bei den männlichen Besu-
Eintritt, die „DoJaKu“ ist kostenlos und erfreut
chern ist der „Trading-Card“-Bereich und
sich wachsender Beliebtheit.
der „Gamesroom“. Werden in dem einen
A
Videospiel-Charakteren haben sich die
uf das Schneidern von Kostümen nach dem Vorbild von Comic- oder
Sammelkartenspiele wie „Yu-Gi-Oh“ oder
beiden Freundinnen Franziska und Sarah
Das bunte Programm der „DoJaKu“ be-
„Magic“ gespielt, geht es im „Gamesroom“
spezialisiert, die fast jeden Monat die
schäftigt sich mit ganz unterschiedlichen
in Videospielen auf mitgebrachten Compu-
„Dojaku“ besuchen. Mittlerweile über
Facetten japanischer Jugend- und Popkul-
tern und Konsolen zur Sache. Sehr viel tradi-
30 verschiedene Kostüme haben die
tur. Zentrales Element der Veranstaltung
tioneller geht es wiederum bei klassischen
beiden im Schrank hängen. „Natürlich
sind aber immer die Verkleidungen, die
Angeboten wie Kimono-Anproben, dem
macht es Spaß, sein fertiges Kostüm zu
von vielen der TeilnehmerInnen getragen
Origami-Workshop oder einem Japanisch-
präsentieren. Aber eigentlich ist es der
werden. Die meisten Besucher schlüpfen
Kurs für Anfänger, veranstaltet von der
ganze Prozess von der ersten Idee zum
beim Cosplay in die Rolle eines Charakters
Deutsch-Japanischen Gesellschaft, zu.
fertigen Kostüm, der den Reiz an Cosplay
41
REPORTAGE
Franziska (l.) und Sarah kommen fast jeden Monat aus Mülheim und Bochum zur „DoJaKu“ im Fritz-Henßler-Haus.
für mich ausmacht“, so Franziska. „Zuerst
Utensilien wie Make-up auch schnell mal
Charaktere sind die beiden nicht auf eine
sucht man sich einen Charakter aus, in
mehrere hundert Euro ausgeben.
bestimmte Stilrichtung festgelegt. „Man
dessen Rolle man gerne schlüpfen würde.
A
kann alles machen, was man möchte. Das ist
Dann überlegt man, wie und mit welchen Mitteln man den Charakter darstellen kann, um dann die benötigten Utensilien,
uf Cosplay aufmerksam geworden
ja gerade das Tolle an Cosplay. Ich hab auch
sind die beiden auf dem Düsseldorfer
schon ,Draco Malfoy‘, den Gegenspieler von
Japan-Tag. „Da wir uns schon immer gerne
Harry Potter, dargestellt“, erzählt Franziska.
Stoffe und Perücken zu besorgen“, erzählt
verkleidet haben und uns schon immer sehr
die Studentin, die als die amerikanische
für Japan interessiert haben, war der Weg
So locker und offen wie die beiden Mülhei-
Action-Heldin „Cat-Woman“ verkleidet
zum Cosplay dann eigentlich nicht mehr
merinnen gehen nicht alle Besucher der
ist. Nicht ganz billig sei das Hobby. Lassen
weit“, so Sarah. „Meine Eltern waren an-
„DoJaKu“ mit ihrem Hobby um. „In welche
sich einfache Ideen schon für wenige Euro
fangs noch skeptisch, mittlerweile hilft mir
Zeitung kommt das denn“, hören wir bei un-
umsetzen, könne man bei komplexeren
meine Mutter aber sogar beim Nähen vieler
serem Besuch öfter. Nach einigen Reportagen
Kostümen zusammen mit allen benötigten
Kostüme.“ In der Auswahl der dargestellten
im Privatfernsehen zum Thema Cosplay, die
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Zwischen 600 und 900 Besucher kommen regelmäßig zur größten monatlich stattfindenden Manga- und Cosplay-Convention.
eher mit wenig Begeisterung von der Szene aufgenommen wurden, ist man misstrau-
A
ls offizieller Veranstalter des Treffens
Raum zu Verfügung zu stellen, in dem sie
fungiert das Jugendamt Dortmund,
sich und ihre Wirkung auf andere auspro-
isch. Viele Besucher trennen aus Angst vor
bei dem die „DoJaKu“ als Jugendgruppe
bieren können“, so Rüdiger Jordan, Sozi-
Mobbing oder Unverständnis für ihr Hobby
geführt wird. Das Fritz-Henßler-Haus stellt
alpädagoge vom Jugendamt. „Wir stellen
ihren Cosplay-Freundeskreis von ihren
die benötigte Technik und kümmert sich
die Infrastruktur und moderieren, wenn es
Schulfreunden. „Früher habe ich auch zwei
um professionelle Security, die darauf
irgendwo Probleme gibt. Den Rest überlas-
Facebook-Profile gepflegt. Eins für meine
achtet, dass die Jugendlichen und Kinder in
sen wir den Jugendlichen selbst, und das ist
Cosplay-Freunde und eins für alle anderen.
geschützter Umgebung ihrem Hobby nach-
schon beeindruckend, was die Kids da jeden
Seit ich an der Uni bin, sehe ich das aber alles
gehen können. „In erster Linie geht es uns
Monat auf die Beine stellen.“
viel lockerer“, erzählt Franziska.
darum, den Jugendlichen einen sicheren
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Unter dem Dach des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes in Dortmund haben sich rund 200 gemeinnützige Vereine, Organisationen und Initiativen zusammengeschlossen. Sie bieten Unterstützungsleistungen in allen Lebensbereichen an:
Kontakt über Paritätischer Wohlfahrtsverband NRW Kreisgruppe Dortmund Friedensplatz 7 | 44135 Dortmund Telefon: (02 31) 189989-0, Fax: -30 dortmund@paritaet-nrw.org
Beratung bei Ehe- und Lebenskrisen Unterstützung bei der Betreuung von Kindern Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene Unterstützung bei psychischen Erkrankungen Hilfen für Menschen mit Behinderungen Hilfen in Notlagen und bei besonderen sozialen Schwierigkeiten Austausch mit Gleichgesinnten
www.dortmund.paritaet-nrw.org 43
BÜCHER
Gelesen von Bastian Pütter
Warum auch Dachdecker? Raúl Aguayo-Krauthausen ist ein Macher. Wer sich mit Inklusion und innovativen Konzepten, die Welt und unser Denken barrierefreier zu machen,
Paprikaschnitzel
Welt, Bochum
Auch der Buchmarkt ist ungerecht. Der
Wolfgang Welt, gefürchtetster Musikjour-
Sein „Sozialhelden e.V.“ war hier ebenso
bigotte Fernsehonkel Peter Hahne recycelt
nalist der frühen 80er, Marabo-Mann,
schon Thema wie das Projekt „wheelmap.
seine für die „Bild am Sonntag“ hinge-
Irgendwie-Erfinder der Popliteratur, das
org“, eine interaktive Landkarte für roll-
wischten, zum Schämen schlimmen Ko-
große Vorbild, „unser Mann bei Suhrkamp“,
stuhlgerechte Orte. Auch die „Leidmedien“
lumnen, sein Verlag wählt den Titel „Rettet
verrückt geworden unter den Ansprüchen
haben wir vorgestellt, eine „Internetseite
das Zigeunerschnitzel“, und die geneigte
gnadenloser Subjektivi- und Authentizität
für Journalistinnen und Journalisten, die
Leserschaft hievt das „dadaistische Spaß-
und jetzt Nachtportier im Bochumer Schau-
über Menschen mit Behinderungen be-
ereignis“ (Dennis Scheck) für Monate auf
spielhaus, hat was Neues raus.
richten wollen“, so die nüchterne Selbstbe-
die Spiegel-Bestsellerliste. Ressentiment
schreibung.
plus Herrgott plus „wird man doch wohl
beschäftigt, stößt unweigerlich auf den 34-jährigen Berliner.
Ironisch, pragmatisch und mit einer
Peter Engstler Verlag, zwar einen „Roman“, aber mit ganzen 82 Seiten brutto. „Fisch-
ansteckenden positiven Energie erklären
Sei‘s drum. Wie das mit dem Schnitzel
suppe“ heißt der Text, ist die Fortsetzung
die „Leidmedien“, dass man jemanden,
eigentlich ist, und dass auch aus einem
von „Doris hilft“, so konkret – also „wahr“
den man „an den Rollstuhl gefesselt“ vor-
bunten Patchwork kurzer, persönlicher,
– wie auch irgendwie fahrig und liest sich
findet, besser losbinden sollte, und dass
politischer Texte etwas wirklich Schönes
so: „Meine Mutter sollte montags rauskom-
Menschen mit Behinderung weder Helden
entstehen kann, zeigt die Jazzmusikerin
men. Meine Schwester hatte eine polnische
sind, die „tapfer ihr Schicksal meistern“,
Dotschy Reinhardt in ihrem zweiten Buch.
Putzfrau bestellt. Abends lief Michael
noch Opfer und „Sorgenkinder“ mit „tra-
In „Everybody‘s Gypsy“ begibt sich die in
Jackson durchs Münchener Olympiastadion
gischem Schicksal“.
Ravensburg geborene Sinteza auf eine Reise
und schoss auf mich.“
Mit dieser Grundhaltung hat Raúl seine Biografie geschrieben, die Geschichte eines Berliner Jungen mit peruanischem Vater, geboren mit der Glasknochenkrankheit als
durch die Gegenwartskultur der europäischen Sinti und Roma, legt sich mit Rappern und Tütensuppenherstellern an und wundert sich über die Gypsy-Romantik im Pop.
Aber eigentlich ist die Nachricht ja eine andere. Wer jahrelang auf den neuen „Welt“ gewartet hat, wird ihn eh lesen. Wer nicht, sollte anders anfangen: Bei Suhrkamp liegt
einer Eigenschaft von vielen. Kein Manifest
Geschichte trifft auf Reinhardts Erfahrun-
mit „Buddy Holly auf der Wilhelmshöhe“
und keine Leidensgeschichte, sondern
gen im Wanderzirkus der Fernsehtalk-
Welts Trilogie des Scheiterns im Taschen-
Erfahrungen und Alltagserlebnisse eines
shows und auf Interviews mit Künstlern
buch vor: Drei großartige Romane zum Preis
Aktivisten, dem die Mutter früh erklärte:
wie Goran Bregovic. Hinter allem steht
von einem. Im Klartext-Verlag gibt es mit
„Du musst kein Abitur machen. Aber dir
die Forderung Dotschy Reinhardts nach
„Ich schrieb mich verrückt“ eine Anthologie,
muss klar sein: Dachdecker kannst du auch
einer Aneignung der eigenen Geschichte
die die Größe des jungen Welt zeigt. Kaufen
nicht werden.“
und des Rechts auf das Bild der eigenen
sollte man die bei einer der raren Lesungen
Kultur. Lesenswert.
Welts im Schauspiel Bochum am 10. Novem-
Raúl Aguayo-Krauthausen
44
noch sagen dürfen“ gleich Geld.
Nicht bei Suhrkamp, sondern im winzigen
ber. Als Einstieg.
Dachdecker wollte ich eh nicht werden.
Dotschy Reinhardt | Everybody‘s Gypsy.
Das Leben aus der Rollstuhlperspektive
Popkultur zwischen Ausgrenzung und Respekt
Wolfgang Welt | Fischsuppe
ISBN 978-3-499-62281-6
ISBN 978-3-8493-0306-8
ISBN 978-3941126572
Rowohlt 2014 | 14,99 Euro
Metrolit 2014 | 17,99 Euro
Peter Engstler Verlag | 14 Euro
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Öffnungszeiten Mo - Do 8:30 - 18:00 Fr 8:30 - 14:00
Mitglieder im Deutschen Mieterbund
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LESERSEITE
Chile ist gleich zweimal Weltmeister – gewonnen haben alle: Beim „Homeless World Cup“, der Fußballweltmeisterschaft der Wohnungslosen in Santiago, setzten sich am letzten Oktoberwochenende das Frauen- und das Männerteam der Gastgeber durch. www.homelessworldcup.org
LESERPOST Hallo bodo! Klar, zuerst einmal großes Lob für Euer
interessante Stadt – nicht mehr, aber auch nicht we-
Projekt und Euer Engagement im Allgemeinen!
niger. Wenn man sich damit arrangiert, dass wir kei-
1) Berichte über die Dortmunder Polizei
nen überregionalen Flughafen oder eine sagenhafte
War es im August? Ihr hattet die Zahlen zu der Überwachungstätigkeit der Polizei in Dortmund genannt. Vielen Dank! Ich beschäftige mich mit dem Thema Überwachung und Datenschutz zwar auch sehr inten-
Small is beautiful – wir können nicht überall Champions League spielen. Und wie es im Artikel gesagt wird, die Chancen entstehen ganz woanders.
siv, aber ich muss gestehen, ich habe mich im etwas
Schöne Grüße, Axel Hengemühle
„provinziellen“ Dortmund sichergefühlt... Aber war-
An die bodo-Redaktion
um sollte das Schnüffeln der Obrigkeit nicht auch in Dortmund stattfinden?
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Philharmonie benötigen, lässt es sich hier prima leben.
Ihr Kommentar „Sicher ist sicher“ (EDG hält Pfandringe für gefährlich) in bodo 10/14 trifft den Nagel auf
2) „Recht auf Stadt im Ruhrgebiet“ – Der Artikel hat mir
den Kopf. Für den konkreten Fall des „gefährlichen“
aus der Seele gesprochen! Ich bin in Dortmund geboren
Leerguts im Stadtraum ließen sich gleich zwei Flie-
und habe die meisten Jahre meines Lebens (immerhin
gen mit einer Klappe schlagen: Eine Ausweitung der
nun 44 Jahre) in Dortmund gelebt – aber für mich ist
Glasverbotszonen (bei Fußballspielen) ganzjährig auf
es eine eigenartige Mischung aus Lokalpatriotismus
die gesamte Stadt würde auch die „lästigen“ Flaschen-
und Minderwertigkeitskomplex, wenn alles toll gefun-
sammler vertreiben, pardon: schützen. Auch die laufen
den wird, was hier besteht und jedes Projekt (Theater,
ja Gefahr, sich an den Pfandflaschen zu schneiden, da
Flughafen, Bahnhof, Phoenixsee, „U“ etc.) gleich von
müsste eigentlich ein Gesetz her, oder?
(inter-)nationaler Bedeutung sein muss. Dortmund
Und ganz ohne Ironie: Völlig unwahrscheinlich ist auch
ist eine nicht besonders wichtige oder übermäßig
so ein Irrsinn nicht. MfG, G. Meierhoff
bodo dankt: Sparkasse Bochum Dr. Josef Balzer, Michael Buddenberg, Helmut Buscha, Christian Chammings, Angelika Engelberg, Paul Engelen, Fabian Fluhme, Rolf Geers, Matthias Grigo, Grünbau GmbH, Britta Richter, Manfred Kater, Almuth Keller, Jutta Kemper, Helga Koester-Wais, Birgit Kuehn, Nicola Steinstrass, Wulfhild Tank, Felix Zulechner, Ingeborg Schumacher, Gabriele Steinbrecher, Gabriela Schaefer, Hermann Schroeder, Susanne Mildner, Barbara Meyer, Ute Michler, Ludwig Seitz, Bärbel Bals, Kerstin Bals, Karl Bongardt, Ralf Finke, Michael Stange, Nicole Goralski, Jörg Gruda, Erika Janssen, Marlis Lange, Arne Malmsheimer, Wolfgang Neuhaus, Ursula Remer, Daniela Schmitz, Nadja Schramm, Rainer Stücker, Thomas Terbeck, Linda Wotzlaw, Heinz Schildheuer, Thomas Schröder, Snezka Barle, Ute Börner, Bernd Ewers, Regina Höbel, Sandra und Friedrich Laker, Frank Siewert, Ilona Zarnowski, Rainer Biel, Udo Bormann, R. Dammer, Anita Diehn-Driessler, Christine Ferreau, Udo Greif, Rüdiger Haag, Elsbeth Heiart, Astrid Kaspar, Annette Kritzler, Ursula Machatschek, Jutta Meklenborg, Marlies und Eberhard Piclum, Sandra Rettemeyer, Inge Schaub, Dorothea Bomnüter, Petra Bloch, Ina und Arno Georg, Edith Link, Annemarie Meiling, Christain Scheer, Roswitha Wolf, Ulrike Bornemann, Hans-Georg Schwinn, Isabell Bikowski-Gauchel, Peter Buning, A. und M. Dietz, Klaus-M. Kinzel, Annegret Malessa, Christine Weber, Monika Bender, Petra Bender, Jutta Haring, Lieselotte Koch, Katrin Lichtenstein, Ulrike Märkel, Gerd Pelzer, Renate Krökel, Klaus Kwetkat, Stefan Meyer, Carsten Klink, Thomas Olschowny, Daniela Gerull, Dieter Schibilski, Martin Scholz, Karl-Heinz Schwieger, Barbara Bokel, Sandra Wortmann, Dieter Zawodniak, Friederike Jansen, Dirk Schmiedeskamp, Sebastian Poschadel, Rita Pilenko, Margret und Hansjörg Sellhorst, Christoph Grüter, Jörg Gruda, Ute Soth-Dykgers, Ruth Hanke, Annette Düe, Timo Zimmermann, Hildegard Reinitz, Dolf Mehring, Andreas Bürgel, Silke Harborth, Petra Danielsen-Hardt, Sabine Raddatz, Christine+Johannes Sock, Christoph Grohsmann, Elsemarie Bork, Peter Lasslop, Jutta+Wido Wagner, Christina Kolivopoulos, Gerhard Volpers, Thorsten Baulmann, Hannelore Thimm-Rasch, Erika Maletz, Manuela Goedt, Bjoern Maletz, Voker Schaika, Petra Karmainski, Jonas Pasche, Dr. Rinnert-Siemssen, AndreasMartin Kinzel, Wolf Stammnitz, Esther Hagemann, Cäcilia Ida Schröder, Kathrin Bohr, Olaf Jaekel, Oliver Stiller, Dr.Sabine Siebel, Dana und Volker Wessling, Sigrid und Volker Czyrt, Dieter Max Elster, Ulrike Klimach, Birgit Rudolf, Bernhard Ernst, Wolfgang Beese, Dr. med. vet. Karen Elisabeth Jacobsen, Claudia Maria Rudek, Siegmar Welski, Udo Müller ,Ursula Wiedemann, Daniel Büning, Karola Distelkamp, Marc Willmann, Ute Hybza, Inge Aschoff, Christa Fuhrländer, Jens Tuschhoff
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Martin Kaysh schreibt für die Arbeiterwohlfahrt
Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Westliches Westfalen e.V.
„European Homecare“ – nur eine Ahnung habe ich, was da wörtlich hinter steckt, vielleicht so eine Art Heimatschutz. Zumindest steht Homecare nicht für Heimkehr, diese schöne Umschreibung fürs Sterben. Auch ist kein mobiler Putzdienst aus Wattenscheid gemeint, der sich englisch gibt, weil er so auf Jobs außerhalb, in Ückendorf hofft. Seit den Übergriffen auf Flüchtlinge in Massenunterkünften in Burbach und Essen wissen wir, was auch dahinter steckt: Eine Putztruppe aus dem Pott für Probleme, für die der Staat sich längst zu fein ist. Aufgefallen ist das Unternehmen erstmals, als es den Saufraum im Dortmunder Norden übernahm, diesen Trinkertreff, den kein etablierter Sozialverband betreiben wollte. Da kamen die Europäischen Heimkehrer recht. So funktioniert Menschlichkeit heute, auf Bestellung. Der Billigste erhält den Zuschlag. Eines können wir: So lange weggucken, bis eine Sache stinkt und die Leichen auf dem Dorftümpel treiben. Nicht vorhersehen konnten wir indes, dass die Zahl der Flüchtlinge steigt, wenn sie nicht mehr vor Lampedusa im Meer versinken, sondern gerettet werden. Man wundert sich auch, dass es für den Mindestlohn Wachdienst, er liegt knapp über dem Futtergeld des begleitenden Schäferhundes, keine von Nächstenliebe getriebenen Samariter gibt. Da tauchen dann auch schon mal schlichte Charaktere auf, die gerne anderen was aufs Maul hauen, weil die dann noch ein wenig weiter unten stehen auf der sozialen Leiter. Man könnte Flüchtlingsheime organisieren wie Seniorenheime. Regelmäßig kontrollierte dann die Heimaufsicht, und im Foyer hinge das aktuelle Zeugnis des Pflege-TÜVs. Für eine gute Gesamtnote könnten einzelne Leistungen miteinander verrechnet werden. Gäbe es dort dann regelmäßige Misshandlungen, zu Weihnachten aber ein rührendes Krippenspiel, käme unterm Strich immer noch ein knappes „Gut“ dabei heraus.
Martin Kaysh (Geierabend) schreibt jeden Monat in bodo für die AWO.
Je mehr Mitglieder die AWO hat, desto mehr kann sie in der Gesellschaft bewirken. Desto eher kann sie Menschen helfen, die Hilfe brauchen.
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Unterbezirk Unna
Klosterstraße 8 -10 44135 Dortmund 0231- 99 340
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