Willkommen/beim/Klimawandel/Ganzheitsbericht 2009/10
s/ t i e ht h z n eric 10 a G b 09/ 20
n / l e l m i Wom k eim a/ b lim del K an w
. en v i kt pe s r e eP u e .N n e ng u r e ord f s u era H ue Ne
Das Klima wandelt sich. wird’s wärmer. Ökono Willkommen beim Kli die EVN nimmt die Her
Meteorologisch misch ist’s stßrmisch. mawandel? Ja! Denn ausforderungen an.
lt/ a Inh
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EVN in Kürze.
Verwurzelt in Niederösterreich, erfolgreich in Europa – die aktuellen Projekte und Zahlen der EVN im Überblick.
Gerüstet für die Zukunft.
Die Mitglieder des EVN Vorstands, Dr. Burkhard Hofer, Dipl.-Ing. Dr. Peter Layr und Dipl.-Ing. Herbert Pöttschacher, im Gespräch über aktuelle Herausforderungen und die neue EVN Strategie 2020.
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EVN am Kapitalmarkt.
Die wichtigsten Daten, Fakten und Entwicklungen rund um die EVN Aktie.
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Der Wandel ist gewaltig.
Zahlen & Fakten.
Die EVN inszeniert Zahlen & Fakten erstmals als Foto-Stillleben.
Prof. Nebojsa Nakicenovic, einer der weltweit führenden Energieökonomen, über Wandel und Herausforderungen.
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Klimaschutz im Dilemma.
Prof. Mojib Latif über die Klimaerwärmung, Lösungswege und Szenarien, falls keine Auswege gefunden werden.
Vorzeigeprojekt Dürnrohr. Im Kraftwerk Dürnrohr wird Strom erzeugt, Abfall ökologisch verwertet, und zudem werden zahlreiche Haushalte mit Fernwärme versorgt. Ein Investment im EVN Kernmarkt, das sich für alle lohnt!
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Wasserkraft für Südosteuropa.
An den albanischen Flüssen Devoll und Drin sowie am Fluss Gorna Arda in Bulgarien entstehen drei Projekte der EVN, die ein Ziel gemeinsam haben: die nachhaltige Verbesserung der Versorgung ganzer Regionen mit erneuerbarer Energie.
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Wandel als Chance.
Die EVN wird immer internationaler: Der Group HR-Day zeigt Chancen für die Mitarbeitenden der EVN auf.
Strom und Gas – aber sicher!
Mit der neuen „Südschiene“ sorgt die EVN für eine sichere Gasversorgung in Niederösterreich.
Vielfalt des Lebens.
So setzt sich die EVN konkret für den Erhalt der Artenvielfalt ein.
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EVN Powerteam 2010.
36 fünfköpfige Teams aus 33 niederösterreichischen Gemeinden kämpften um den Titel „EVN Powerteam 2010“.
Klares Wasser für Istanbul.
Dank der Großkläranlage Ataköy, die von der EVN errichtet wurde, gewinnt Istanbul an Lebensqualität.
Die Wachau ist e-mobil.
In der Wachau hat die EVN 2010 ein E-Mobilität-Projekt gestartet. Ab sofort kann jeder bequem und ökologisch verträglich durch das UNESCO-Weltkulturerbe radeln. Ein Pilotprojekt mit großem Potenzial!
06 Editorial 37 Kurznachrichten aus Niederösterreich 46 News aus den EVN Auslandsmärkten 54 Mitarbeiter-News 60 Versorgungssicherheit: die Projekte 65 Artenvielfalt: die Kurzmeldungen 70 Sozial-gesellschaftliches Engagement 76 News aus dem Segment Umwelt 82 Innovations-News 83 Impressum
Editorial Sehr geehrte Damen und Herren! Der EVN liegen die Aspekte der Nachhaltigkeit seit Jahren am Herzen. Die Ansprüche an die damit verbundene Berichterstattung steigen kontinuierlich und verlangen nach innovativen Ansätzen. Mit dem nun vorliegenden Ganzheitsbericht 2009/10 schlagen wir einen neuen Weg ein. Unter dem Motto „Willkommen beim Klimawandel“ werden nicht nur Aspekte des für uns so wichtigen Klimaschutzes erörtert. Wandel beginnt in unseren Köpfen, verlangt eine laufende Erweiterung des eigenen Horizonts. Auch deshalb legen wir großen Wert auf eine profunde Aus- und Weiterbildung aller Mitarbeitenden.
Ganzheitlich zu agieren bedeutet auch, die Schwächsten unserer Gesellschaft nicht zu vergessen und der Unternehmensverantwortung gegenüber allen Stakeholdern gerecht zu werden. Nur im Gleichklang zwischen Umwelt, sozialen Aspekten und wirtschaftlichem Erfolg ist langfristig eine gesunde Unternehmensentwicklung möglich. Wir freuen uns über Ihre Anregungen und wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Generaldirektor Dr. Burkhard Hofer Sprecher des Vorstands In der Publikation „EVN Zahlen, Daten, Fakten 2009/10“ finden Sie den Corporate-Governance-Bericht, den Finanzbericht sowie Fakten zur Nachhaltigkeit entlang der Leitlinien der Global Reporting Initiative (GRI). Sollte Ihnen dieser Bericht nicht vorliegen, können Sie ihn unter www.investor.evn.at anfordern.
EVN in Kürze Verwurzelt in Niederösterreich, erfolgreich in Europa – die aktuellen Projekte der EVN.
Energie- und Umweltdienstleistungen aus einer Hand EVN Geschäftssegmente. Als internationales, börsenotiertes Energie- und Umweltdienstleistungsunternehmen mit Sitz in Niederösterreich, dem größten österreichischen Bundesland, decken wir zentrale tägliche Bedürfnisse unserer Kunden/innen ab. Auf Basis modernster Infrastruktur erhalten Kunden/innen Strom, Gas, Wärme, Wasser, Abwasserreinigung, thermische Abfallverwertung und damit verbundene Dienstleistungen „aus einer Hand“. Mit diesem verlässlichen und hochwertigen Angebot sichert und verbessert die EVN die Lebensqualität von über 3,6 Millionen Kunden/innen in der Energieversorgung. Weiters verfügt die EVN aufgrund von 82 Anlagen, die die EVN in den letzten 20 Jahren errichtet hat, über umfassende Expertisen in der Planung und Errichtung von Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsanlagen, Entsalzungs- und thermischen Abfallverwertungsanlagen. Insgesamt ist die EVN in 19 Ländern tätig. Die Versorgungssicherheit, der schonende Umgang mit Ressourcen und die Schaffung einer modernen Infrastruktur sowie höchste Qualitätsansprüche stehen bei allen Aktivitäten im Mittelpunkt. Stromerzeugung aus thermischen Produktionskapazitäten Erzeugung und erneuerbarer Energie (Wasser-, Windkraft, Photovoltaik) Unter Beachtung des ab dem Geschäftsjahr 2009/10 verpflichtend anzuwendenden IFRS 8 Netzinfrastruktur Betrieb der regionalen Strom- und Erdgasnetze „Geschäftssegmente“ erfolgt die Identifizierung Inland sowie der Netze für Kabel-TV und Telekommunikation der operativen Segmente nunmehr ausschließlich basierend auf der internen OrganisationsHandel und Beschaffung von Strom und PrimärenergieEnergiehandel trägern, Verkauf am Großhandelsmarkt und an Endkunden, und Berichtsstruktur. Der Bereich Energie und -vertrieb Wärmeerzeugung und -verkauf umfasst aus regionaler Sicht die Aktivitäten in Österreich und Deutschland sowie SüdostEnergieversorgung Betrieb von Stromnetzen, Stromverkauf an Endkunden, europa mit Bulgarien, Mazedonien, Albanien Südosteuropa Wärmeerzeugung und -verkauf, Gasnetze und Kroatien sowie in funktionaler Hinsicht die gesamte Wertschöpfungskette des EnergieTrinkwasserver- und Abwasserentsorgung, Umwelt thermische Abfallverwertung geschäfts (Erzeugung, Verteilung und Versorgung). Das Umweltgeschäft umfasst die Strategische RAG, BEGAS, BEWAG, VERBUND AG und Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung sowie Beteiligungen u. Sonst. zentrale Konzernfunktionen thermische Abfallverwertung in 15 Ländern. 06
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Märkte im Überblick EVN in Zentral-, Ost- und Südosteuropa (seit 2003) Trink- und Abwasserprojekte in 15 Ländern Abfallverwertungsanlage in Moskau
EVN in Deutschland Stromerzeugung (ab 2011)
EVN in Bulgarien (seit 2004) Stromverteilung und -versorgung Wärmeverteilung und -versorgung Strom- und Wärmeerzeugung Kraftwerksprojekt in Vorbereitung
EVN in Österreich Höchste Integrationsstufe in allen Segmenten
EVN Präsenz Energieversorgung Trink- bzw. Abwasserprojekte Neu akquiriert Fertig gestellte Großprojekte
EVN in Kroatien (seit 2009) Drei Konzessionen für Gasversorgung
In Bau
EVN in Albanien Kraftwerksprojekte in Bau bzw. Vorbereitung
Thermische Abfallverwertung Kraftwerke in Bau
EVN in Mazedonien (seit 2006) Stromverteilung und -versorgung Stromerzeugung
Konzernzentrale Regionaler Standort
Kennzahlen im Plus
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+
+ 0,9 %
Umsatzerlöse auf 2.752,1 Mio. Euro
% EBIT auf
187,3 Mio. Euro
64,5
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Finanzergebnis auf 83,6 Mio. Euro
%
16,3
+
%
Konzernergebnis auf 207,0 Mio. Euro
11,6 %
+
EBITDA auf 416,6 Mio. Euro
Massive Investitionen Versorgungssicherheit. Die EVN investierte im Jahr 2009/10 394,0 Mio. Euro, wobei die Schwerpunkte in Niederösterreich auf dem Ausbau und der Modernisierung der Netze – allen voran des Gasnetzes mit der „Südschiene“ – liegen. Zur Verbesserung der Versorgungssicherheit in Südosteuropa wurde weiter massiv in den Ausbau der Netz- und Zählertechnik investiert.
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Energie für Niederösterreich Klimaschutz, ganz konkret. Während der letzten Jahre investierte die EVN über 200 Mio. Euro in das Energiekonzept für den niederösterreichischen Zentralraum und leistete damit einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz. 2009 wurde eine neue Dampfturbine im Kraftwerk Dürnrohr in Betrieb genommen, mit der aus dem Dampf des Kraftwerks und der Abfallverwertungsanlage nicht nur Strom, sondern auch Fernwärme für die Landeshauptstadt St. Pölten erzeugt wird. Zudem wurde der Wirkungsgrad durch eine neue Leittechnik weiter optimiert. Die 3,2 km lange Rohrgurtförderanlage, mit der Kohle von der Donaulände zum Kraftwerk Dürnrohr transportiert wird, wurde 2010 eröffnet. Rund die Hälfte der für den Kraftwerksbetrieb erforderlichen Energieträger bzw. entstehenden Restprodukte werden nun auf dem Wasserweg angeliefert bzw. abtransportiert und so der LKW-Verkehr erheblich minimiert. 07
EVN in Kürze
Mehr Energie aus erneuerbaren Quellen Wind, Wasser und Sonne im Fokus. Beim Ausbau der eigenen Erzeugungskapazitäten stehen erneuerbare Energieträger im Fokus. Langfristig verfolgt die EVN das Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien am Erzeugungsmix auf 50 Prozent zu steigern. Dafür werden alleine in den Bau neuer Windkraftanlagen in Niederösterreich bis zu 200 Mio. Euro investiert werden. Auch in Südosteuropa werden die Kapazitäten ständig ausgebaut. Am Fluss Drin im Norden Albaniens errichtet die EVN derzeit gemeinsam mit der VERBUND AG das Laufwasserkraftwerk Ashta. 2012 soll das Hydromatrix-Kraftwerk mit einer Kapazität von 50 MW in Betrieb gehen. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf rund 200 Mio. Euro. Für die Errichtung von drei Speicherkraftwerken am Devoll-Fluss in Albanien werden derzeit Machbarkeitsstudien durchgeführt. In Bulgarien werden am Fluss Arda in mehreren Ausbauschritten Speicherkraftwerke mit einer Gesamtleistung von bis zu 170 MW geplant. Nach dem Baubeginn des Windparks Kavarna wurde im Mai 2010 eine Photovoltaikanlage im bulgarischen Blatets in Betrieb genommen. Mit einer Kapazität von rund 0,8 MW ist diese Photovoltaikanlage die leistungsstärkste der EVN.
Hohe Servicestandards Preis für engagierte Mitarbeitende. Die Zufriedenheit ihrer über 3,6 Millionen Kunden/innen in der Energieversorgung liegt der EVN besonders am Herzen. 2009 wurden erstmals Mitarbeitende mit dem EVN Service-Stern für ihre außerordentlich engagierte Arbeit ausgezeichnet.
Wasser und Abfall – ein Job für Profis Projekte in Niederösterreich – und international. Über Tochtergesellschaften bietet die EVN europaweit die Planung, Finanzierung, Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur Wasserver- und Abwasserentsorgung und zur thermischen Verwertung von Abfällen an und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität. In Moskau beispielsweise betreibt die EVN bereits seit 2007 eine Abfallverwertungsanlage; im Geschäftsjahr 2009/10 wurde die EVN mit dem Bau einer weiteren Abfallverwertungsanlage beauftragt. Auch auf Zypern wurde die EVN mit der Umsetzung eines zweiten Umweltprojekts beauftragt, bis 2012 wird dort eine Abwasseranlage für 10.000 Kunden/innen errichtet. Im Geschäftsjahr 2009/10 wurden unter anderem die Kläranlagen in Stettin, Polen, der türkischen Metropole Istanbul und in Tulln, Niederösterreich, in Betrieb genommen. Weitere Details finden Sie ab Seite 72. Anfang 2010 ging die Linie 3 der thermischen Abfallverwertungsanlage in Dürnrohr in Betrieb. Durch die zusätzliche Kapazität von 200.000 t kann künftig ökologisch verträglich aus dem angelieferten Abfall Strom für 170.000 Haushalte sowie Fernwärme für die Gemeinde Zwentendorf und zwei Drittel der Landeshauptstadt St. Pölten gewonnen werden. 08
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Unfälle im Berichtsjahr Soziales Engagement Sozialfonds. Die Förderung von Kindern und Jugendlichen bildet den Schwerpunkt des sozialen Engagements der EVN. Zahlreiche Projekte wurden durch den EVN Sozialfonds, der jährlich mit 100.000 Euro dotiert ist, gefördert. Auch in Bulgarien und Mazedonien unterstützt die EVN lokale Einrichtungen.
EVN Akademie Weiterbildung. Der Erfolg der EVN basiert auf dem Engagement und dem Know-how ihrer 8.536 Mitarbeitenden. Im Geschäftsjahr 2009/10 wurden 2,7 Mio. Euro in die Ausund Weiterbildung investiert. Das Angebot wird ständig angepasst und reicht von Schulungen zur Arbeitssicherheit über EDV- und Sprachkurse bis hin zur Führungskräfteentwicklung.
Zu ihrem größten Bedauern musste die EVN im Berichtsjahr insgesamt 17 Todesfälle verzeichnen (drei Mitarbeitende, 14 Todesfälle von Kunden/innen, Anrainern bzw. der allgemeinen Öffentlichkeit). In Niederösterreich wurde ein Mitarbeiter der Bezirksleitung in Scheibbs bei einem schweren Verkehrsunfall getötet. In Bulgarien erlag ein Mitarbeiter den schweren Verletzungen, die er sich bei Reparaturarbeiten an einer beschädigten Leitung zugezogen hat. Ein weiterer Mitarbeiter in Bulgarien verunglückte am Nachhauseweg tödlich. Bei einer Gasexplosion in St. Pölten im Berichtsjahr kamen fünf Personen ums Leben. Ein Zusammentreffen mehrerer Zufälligkeiten dürfte zu dem Unfall geführt haben. Die Ursache war vermutlich ein Kurzschluss in einem 20-kV-Erdkabel, durch welchen eine Gas-Hauszuleitung beschädigt wurde. Eine vollständige Klärung durch die Behörden steht noch aus. Im Rahmen der verschuldensunabhängigen Haftung für Schäden in Zusammenhang mit Erdgas hat die EVN einen Großteil der entstandenen Sachschäden bereits abgewickelt. Ein weiterer tödlicher Stromunfall war in Österreich zu verzeichnen. Aus dem Titel „Gas- bzw. Stromunfallversicherung der EVN für ihre Optimakunden/innen“ erhalten die Hinterbliebenen in beiden Fällen Entschädigungen. In Südosteuropa sind beim Versuch Kabel zu stehlen fünf Personen ums Leben gekommen und drei weitere Menschen haben ihr Leben ebenfalls ohne Fremdverschulden verloren. Die EVN bedauert alle diese Vorfälle aufrichtig und setzt alle in ihrem Ermessen liegenden Maßnahmen, um solche Unfälle zu verhindern.
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Interview/ EVN Strategie/ Fotos Michael Kammeter
Gerüstet für die Zukunft Die Mitglieder des EVN Vorstands, Dr. Burkhard Hofer, Dipl.-Ing. Dr. Peter Layr und Dipl.-Ing. Herbert Pöttschacher, im Gespräch über aktuelle Herausforderungen und ambitionierte Zukunftsprojekte.
____ Die EVN veröffentlicht für das Geschäftsjahr 2009/10 erstmals einen integrierten Geschäfts- und Nachhaltigkeitsbericht. Warum? HOFER: Für uns ist Nachhaltigkeit ein integraler Bestandteil unseres täglichen Geschäfts; bei der Weiterentwicklung der Unternehmensstrategie hat sich das im Geschäftsjahr 2009/10 einmal mehr bestätigt. Als Energieversorger müssen wir langfristig denken, und als Umweltdienstleister sind wir per definitionem eng mit Aspekten der Nachhaltigkeit verbunden. Unser Ziel ist es, diese Aspekte in allen Unternehmensbereichen noch stärker zu verankern. Die Neuausrichtung der Berichterstattung spiegelt diese Haltung auch nach außen wider. LAYR: Dazu kommt, dass die externen Anforderungen an die Berichterstattung immer umfangreicher werden, beim Jahresabschluss ebenso wie bei den Indikatoren der Global Reporting Initiative. Nicht für alle Leser sind diese oft sehr dichten Informationen von Interesse. Deshalb haben wir uns eine Lösung überlegt, die unseres Erachtens besser auf die Bedürfnisse der unterschiedlichen Zielgruppen eingeht. Mit dem vorliegenden Magazin wollen wir eine breitere Zielgruppe ansprechen, mit dem Berichtsteil jedoch die bisherige Tradition, möglichst ausführlich und transparent zu berichten, fortsetzen. Das entspricht unserer Philosophie, möglichst effiziente Lösungen zu entwickeln – nicht jedem das Gleiche zu bieten, sondern möglichst individuell und zielgruppengerecht das, was er braucht, in bestmöglicher Qualität. ____ Im Magazin werden unterschiedliche Aspekte des Wandels beleuchtet. Wie wandlungsfähig ist die EVN, wie sehr hat sie sich während der vergangenen Jahre verändert? 10
> EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Dipl.-Ing. Herbert Pöttschacher, Dr. Burkhard Hofer, Dipl.-Ing. Dr. Peter Layr (v.l.n.r.)
© Credits Blindtext
„2020 sehe ich eine EVN, die noch weiter gewachsen, gleichzeitig aber auch ertragreicher geworden ist. Wir werden die Früchte unserer aktuellen Investitionen in den nächsten Jahren ernten.“ Dr. Burkhard Hofer EVN Ganzheitsbericht 2009/10
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HOFER:
Noch vor wenigen Jahren waren wir ein regionaler Energieversorger für Niederösterreich mit Strom und Gas und Wärme. Mittlerweile sind wir ein führendes international tätiges Unternehmen sowohl im Energie- als auch im Umweltbereich. Der Wandel in der EVN war und ist sehr deutlich für alle zu spüren. LAYR: Wobei man nicht außer Acht lassen darf, dass Wandel immer zwei Seiten hat – eine interne und eine externe. Die interne Seite betrifft unsere eigene Weiterentwicklung. Aber wir müssen uns auch den Veränderungen und dem Wandel in unserem Umfeld stellen. 12
Hier haben sich die Rahmenbedingungen stark verändert, vor allem beim Stellenwert der erneuerbaren Energien oder auch im Umweltgeschäft. Das hat den Wandel der EVN noch beschleunigt. PÖTTSCHACHER: Kurz gesagt, haben wir uns von einem regionalen Anbieter zu einem international tätigen Konzern gewandelt – die EVN ist heute in 19 Ländern aktiv. Das ist eine entscheidende Veränderung, hat aber nichts an unseren Werten geändert. Verlässlichkeit, Partnerschaftlichkeit, Fairness und Verantwortung sind fest in der Unternehmensstrategie der EVN verankert. Für mich ist das Nachhaltigkeit im besten Sinne des Wortes. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
EVN Strategie
Generaldirektor Dr. Burkhard Hofer
Q Geboren 1944, Doktor der Rechtswissenschaften. 1980 Eintritt in die EVN, März 2005 Berufung zum Mitglied und Sprecher des Vorstands der EVN AG, Mai 2008 Ernennung zum Generaldirektor. Bestellung bis zum Ende der Hauptversammlung, die über das Geschäftsjahr 2011/12 entscheidet. Verantwortlich für das Segment Umwelt sowie Energiehandel und -vertrieb, weiters für die Konzernfunktionen Beschaffung und Einkauf, Controlling, Customer Relations, Finanzwesen, Rechnungswesen (inkl. Investor Relations), Generalsekretariat und Corporate Affairs, Information und Kommunikation sowie Personalwesen.
Vorstandsdirektor Dipl.-Ing. Dr. Peter Layr Q Geboren 1953, Doktor der Technischen Wissenschaften. 1978 Eintritt in die EVN, Oktober 1999 Berufung in den Vorstand der EVN AG. Bestellung bis 30. September 2014. Verantwortlich für das Segment Netzinfrastruktur Inland sowie Südosteuropa und für die Konzernfunktionen Informationsverarbeitung sowie Umweltcontrolling und Sicherheit.
Die Vorstandsmitglieder der EVN blicken optimistisch in die Zukunft.
Vorstandsdirektor Dipl.-Ing. Herbert Pöttschacher
–––– Welche Konsequenzen waren mit dieser Internationalisierung verbunden? HOFER: Sehr deutlich zeigt sich diese Internationalisierung bei unseren Mitarbeitenden. Die Anzahl hat sich seit dem Geschäftsjahr 2003/04 mehr als verdreifacht. Von den knapp 9.000 Mitarbeitenden, die die EVN heute beschäftigt, sind über zwei Drittel außerhalb Österreichs tätig. Daraus ergibt sich eine neue Situation, die von interkulturellen Aspekten geprägt ist und uns auch vor neue Herausforderungen stellte. Die Chancen zu nutzen, die mit dieser Vielfalt verbunden sind, ist deshalb ein wichtiges Ziel des Personalmanagements – den Wissensaustausch zu fördern, Sprachbarrieren, EVN Ganzheitsbericht 2009/10
>
Q Geboren 1949, Diplomstudium aus Vermessungswesen, Raumplanung und Raumordnung. Von 1991 bis 1995 Mitglied des Aufsichtsrats der EVN AG. Juli 1995 Berufung in den Vorstand der EVN AG. Bestellung bis 30. Juni 2013. Verantwortlich für das Segment Erzeugung, die Konzernfunktionen Revision sowie Verwaltung und Bauwesen.
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EVN Strategie
„Wir arbeiten derzeit an sehr wesentlichen Projekten in Niederösterreich im Bereich mittlere und kleine Wasserkraft, aber auch neue Windparks sind in Planung.“ Dipl.-Ing. Dr. Peter Layr
aber auch kulturelle Unterschiede zu überwinden. Wir sind hier auf einem guten Weg, müssen aber weiterhin an einer gemeinsamen Unternehmenskultur arbeiten. LAYR: Ein weiterer Aspekt in diesem Zusammenhang ist der Trend zu höheren Qualifikationen bei den Mitarbeitenden – sowohl breiter in der Ausprägung, als auch tiefer im Fachwissen. Mit unseren umfangreichen Aus- und Weiterbildungsangeboten unterstützen wir die Entwicklung unserer Belegschaft, wo immer wir können. PÖTTSCHACHER: Trotz unseres Engagements im Ausland bleiben wir stark in unserem Heimatmarkt Niederösterreich verwurzelt. Das zeigt sich auch in der Ausrichtung unserer Strategie. ____ Wenn Sie auf das Geschäftsjahr 2009/10 zurückblicken, wie lautet Ihr Resümee? HOFER: Trotz einiger negativer Effekte, insbesondere im Erzeugungsbereich, konnten wir ein wirklich gutes Ergebnis erzielen – mit 207,0 Mio. Euro liegt das Konzernergebnis um 16,3 Prozent über dem des Vorjahres. Der wesentliche Faktor bei einem Energieversorger ist nun einmal das Wetter. Wir hatten einen sehr kalten Winter, der sich auf den Energieverbrauch auswirkte. Bei der Energiebeschaffung war die Situation für uns vorteilhaft. Positiv ausgewirkt haben sich auch Wachstumsprojekte im Wärmebereich – insbesondere die Fernwärmeleitung nach St. Pölten. Parallel dazu waren wir auf der Ausgabenseite sehr sparsam und haben zwei Programme zur Steigerung der Effizienz im Unternehmen erfolgreich umgesetzt. PÖTTSCHACHER: Bei der Beurteilung der Geschäftsentwicklung darf man aber auch nicht vergessen, dass das Vorjahr durch die Wirtschaftskrise geprägt war. Die EVN spürte die Krise weniger stark im Absatzbereich als in der Energiebeschaffung und beim Finanzergebnis. LAYR: Unsere Erfolgsmischung beruht in Summe auf einer Kombination von Konsolidieren und selektivem Wachsen. Wir haben es einerseits geschafft, die Ausgaben im Griff zu haben, andererseits haben wir die richtigen Investitionen gesetzt. ____ Was waren im Geschäftsjahr 2009/10 die „richtigen“ Investitionen? PÖTTSCHACHER: Richtig, weil für die Energieversorgung Niederösterreichs von grundlegender Bedeutung, waren fünf Projekte, die wir im Berichtsjahr abschließen konnten: die Fertigstellung der Fernwärmeleitung nach St. Pölten, die Linie 3 der Abfallverwertungsanlage sowie die neue Dampfturbine – die „Energieverwertungszentrale 2“ – in Dürnrohr, die die Abwärme der Abfallverwertung nutzt, um Energie zu erzeugen. 14
Fertig gestellt wurde auch die Rohrgurtförderanlage, die rund die Hälfte der benötigten Brennstoffe von der Donau zum Kraftwerksstandort bringt und damit den LKW-Verkehr deutlich reduziert. Und es wurden die Testreihen auf der BiomassePyrolyse-Versuchsanlage erfolgreich abgeschlossen. Nun folgen Versuche, auch Klärschlamm energetisch zu verwerten, um die Palette unserer Entsorgungsleistungen zu erweitern. LAYR: Wir arbeiten derzeit auch an sehr wesentlichen Projekten in Niederösterreich im Bereich mittlere und kleine Wasserkraft. Die Arbeiten in Schütt und der Ausbau an der Ybbs schreiten zügig voran und sollen nächstes Jahr fertig gestellt werden. Auch weitere Windparks in Niederösterreich sind in Planung. Die dafür notwendigen Genehmigungsverfahren sind bereits abgeschlossen, und mit dem Bau wird noch 2010 begonnen. Die Inbetriebnahme ist für 2011 geplant. HOFER: Von enormer Bedeutung sind auch die großen Gasleitungsprojekte der EVN, die „Süd-“ und die „Westschiene“, die der sicheren Versorgung unserer Kunden/innen, aber auch unserer Kraftwerksstandorte dienen. Erste Abschnitte der „Südschiene“, die mit ihren 120 km das größte Gasleitungsprojekt unserer Unternehmensgeschichte darstellt, wurden bereits fertig gestellt. Aber auch im Trinkwasserbereich wurde massiv investiert, beispielsweise in eine Verbindungsleitung zwischen dem Wald- und Weinviertel zur Verbesserung der Versorgung mit hochwertigem Wasser. ____ Welche Investitionsprojekte realisiert die EVN aktuell im Ausland? PÖTTSCHACHER:
Aktuell arbeiten wir an mehreren Projekten, die sich in sehr unterschiedlichen Stadien befinden. Das Kraftwerk Ashta in Albanien, das gemeinsam mit der VERBUND AG errichtet wird, ist derzeit in Bau und soll 2012 in Betrieb gehen. Am Fluss Devoll verfolgen wir ein zweites Wasserkraftprojekt in Albanien, das sich derzeit in der Endphase der Planung befindet, die Machbarkeitsstudien sollen bis Ende des Jahres fertig gestellt werden. Das dritte Wasserkraftprojekt – Gorna Arda in Bulgarien – wurde bereits vor mehreren Jahren geplant und wird derzeit von uns auf die heutigen Gegebenheiten adaptiert. Der Vorteil dieses Projekts ist, dass es in Bulgarien liegt und damit in unserem Versorgungsgebiet. ____ Wie finanziert die EVN diese Vorhaben? HOFER:
Die EVN hat eine sehr klare Finanzierungsstrategie, die sowohl auf den Einsatz des Free Cash Flow, aber auch auf eine breit gestreute Finanzierung durch die Kapitalmärkte abstellt.
„Auch wenn wir während der nächsten Jahrzehnte einen Übergang von fossiler zu erneuerbarer Erzeugung erleben werden, kann auf Primärenergieträger wie Steinkohle nicht zur Gänze verzichtet werden.“ Dipl.-Ing. Herbert Pöttschacher
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
report
Dr. Burkhard Hofer, Sprecher des Vorstands der EVN Zudem finanzieren wir die genannten Projekte ja nicht im Alleingang, sondern gemeinsam mit den jeweiligen Partnern bzw. Konsortien. Wir achten dabei darauf, die finanzielle Stabilität der EVN und die positiven Ratings nicht zu gefährden. Dass die EVN einen guten Ruf auf den Kapitalmärkten genießt, hat auch die jüngste Kapitalerhöhung gezeigt, die wir im November 2010 erfolgreich abschließen konnten. ____ Was sind die wichtigsten Eckpfeiler der Strategie 2020, die Sie im Berichtsjahr definiert haben? HOFER: Der wesentlichste Punkt ist die deutliche Neuausrichtung im Erzeugungsbereich. Nach der für 2011 geplanten Inbetriebnahme des Steinkohlekraftwerks Duisburg-Walsum in Deutschland, an dem wir zu 49 Prozent beteiligt sind, wollen wir in Zukunft ausschließlich erneuerbare Energieprojekte umsetzen. Die laufenden Projekte in Niederösterreich und im Ausland wurden ja bereits erwähnt. In Summe wollen wir bis 2020 in der Lage sein, ein Verhältnis von 50:50 zwischen erneuerbaren Energien und thermischer Erzeugung herzustellen. Gleichzeitig verfolgen wir das Ziel, die Eigenerzeugungsquote auf 40 bis 60 Prozent der Absatzmengen zu erhöhen. ____ Wie passt das Steinkohlekraftwerk Duisburg-Walsum in die Nachhaltigkeitsstrategie der EVN? EVN Ganzheitsbericht 2009/10
PÖTTSCHACHER: Auf den ersten Blick mag das widersprüchlich wirken. Auch wenn wir während der nächsten Jahrzehnte einen Übergang von fossiler zu erneuerbarer Erzeugung erleben werden, kann auf Primärenergieträger wie Steinkohle nicht zur Gänze verzichtet werden. Der Schalter von fossiler auf erneuerbare Energie lässt sich nicht von heute auf morgen umlegen, ohne dabei die Versorgungssicherheit zu gefährden. Und die Gewährleistung der Versorgungssicherheit muss Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie sein. Das Steinkohlekraftwerk Duisburg-Walsum zählt zu den modernsten seiner Art in Europa, der Wirkungsgrad liegt mit 46 Prozent deutlich über dem Durchschnitt. Gleichzeitig schaffen wir damit eine weitere Diversifikation unserer Erzeugungskapazitäten.
____ Die EVN hilft ihren Kunden, Energie zu sparen, steht das nicht im Widerspruch zum Geschäftsmodell eines Energieversorgers? HOFER: Auf der einen Seite ist es das Bestreben, unsere Kunden/innen durch eine fundierte Beratung in allen Energiefragen an uns zu binden. Andererseits sind wir uns der langfristigen Verantwortung bewusst, die wir als Energieversorger haben. Diese Verantwortung verlangt nicht nur nach einer sicheren Versorgung, sondern auch nach einer effizienten Energienutzung – in unseren eigenen Anlagen aber durch 15
EVN Strategie
Die Eckpunkte der Strategie 2020
Q Ausbau der Erzeugungskapazitäten mit starkem Fokus auf erneuerbare Energiequellen – Der Anteil erneuerbarer Energieträger soll bis 2020 auf 50 Prozent gesteigert werden, der konzernweite Eigendeckungsgrad auf 40 bis 60 Prozent.
unsere Kunden/innen. Mittelfristig sehen wir in den Beratungsleistungen aber auch ein Geschäftsfeld. Davon unabhängig ist es angesichts beschränkter Ressourcen das Gebot der Stunde, diese Ressourcen sparsam und sinnvoll zu nutzen. LAYR: Eine effiziente Energienutzung unserer Kunden/innen trägt auch dazu bei, Nachfragespitzen zu glätten und damit die Auslastung unserer Erzeugungsanlagen zu verbessern. Daraus resultieren auch positive wirtschaftliche Effekte für die EVN in Form von geringeren Aufwendungen je produzierte bzw. transportierte Kilowattstunde. ____ Welche neuen Geschäftsfelder ergeben sich daraus für die EVN? HOFER: Die Möglichkeiten sind sehr vielfältig – einige Produkte und Dienstleistungen bieten wir schon seit geraumer Zeit an, andere sind noch in Vorbereitung. Beispiele dafür sind das Sanierservice, das Sonnenkraftwerk, aber auch Dienstleistungen wie das Lichtservice oder Thermografien und „Blower-DoorTests“, die die Winddichtheit eines Hauses messen. Wir planen Dipl.-Ing. Herbert Pöttschacher, Vorstandsmitglied der EVN
– In Niederösterreich liegt der Schwerpunkt auf dem Ausbau der Wasserkraft und dem Bau neuer Windparks. – Im Ausland sind mehrere Wasserkraftprojekte in Planung: Das Kraftwerk Ashta in Albanien, das gemeinsam mit der VERBUND AG
realisiert wird, soll 2012 in Betrieb gehen. Am Devoll-Fluss in Albanien sollen drei Speicherkraftwerke gebaut werden. In Bulgarien sollen am Fluss Arda in mehreren Ausbauschritten Speicherkraftwerke mit einer Gesamtleistung von bis zu 170 MW entstehen. Mach-
aber auch Konzepte für die energieeffiziente Betriebsführung von Anlagen im gewerblichen Bereich anzubieten. Bei allen Fragen geht es darum, unseren Kunden/innen die bestmögliche und effizienteste Energielösung offerieren zu können. ____ Verfolgt die EVN auch Forschungsprojekte, die darüber hinausgehen? PÖTTSCHACHER: Selbstverständlich, besonders aktiv verfolgen wir derzeit zum Beispiel die Entwicklungen auf dem Gebiet der Smart Grids. Die Fragestellung zielt darauf ab, wie einzelne Aspekte der Energieversorgung smart, also intelligent, miteinander kombiniert werden können, damit insgesamt weniger Investitionen notwendig sind und dezentral erzeugte erneuerbare Energie in die Netze aufgenommen werden kann. Das ist ein spannendes Thema, mit dem wir uns intensiv beschäftigen. ____ Welchen Stellenwert nimmt E-Mobilität für die EVN ein? HOFER:
Wir engagieren uns in diesem Themenfeld sehr intensiv und in Abstimmung und Kooperation mit unseren Partnern.
barkeitsstudien für diese Projekte werden derzeit durchgeführt. Q Weitere Forcierung des Umweltgeschäfts – Die Nachfrage im Segment Umwelt ist ungebrochen hoch. Derzeit beläuft sich der Auftragswert auf rund 1,2 Mrd. Euro. Durch
den hohen Auftragsbestand soll der Anteil am Gesamtergebnis mittelfristig auf ein Drittel gesteigert werden. Q Halten der Marktführerschaft am Kernmarkt Niederösterreich Q Erhalt der finanziellen Stabilität
Unser Ansatz ist es, bereits vorhandene Möglichkeiten zu nutzen. Deshalb haben wir unseren Fokus zunächst auch auf einspurige Fahrzeuge gelegt. Der Sturm auf die Elektrofahrräder und -roller ist ungebrochen, unser Konzept mit dem Donauradweg in der Wachau wurde sehr gut angenommen. In einem ersten Schritt wollen wir Elektromobilität dort anbieten, wo es sinnvoll und auch praktikabel ist. LAYR: Wir planen auch, unsere Dienstleistungen zur Betankung mit erneuerbarem Strom auszubauen. Unsere Hauptaufgabe ist es, eine funktionierende Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, die einen schnellen Aufladevorgang ermöglicht. Deshalb investieren wir beachtliche Mittel in die niederösterreichischen Netze, um fit zu sein – für Smart Grids, aber auch für E-Mobilität. ____ Wie schätzen Sie die Zukunft und das weitere Wachstumspotenzial im Segment Umwelt ein? HOFER: Das Segment Umwelt ist von hoher strategischer Bedeutung für die EVN und nach wie vor ein Wachstumsmarkt. Dipl.-Ing. Dr. Peter Layr, Vorstandsmitglied der EVN
Der Bedarf und die Nachfrage nach Anlagen zur Trinkwasseraufbereitung bzw. Abwasserklärung, die sich durch eine hochentwickelte Technik auszeichnen, vor allem in Ost- und Südosteuropa, ist ungebrochen hoch. Im Berichtsjahr konnten wir mehrere neue Projekte akquirieren, und wir weisen aktuell einen Auftragswert von rund 1,2 Mrd. Euro per 30. September 2010 aus. Mittelfristig soll das Segment Umwelt etwa ein Drittel zum Gesamtergebnis beitragen. PÖTTSCHACHER: Wichtig zu erwähnen ist meines Erachtens, dass wir bei diesen Projekten besondere Finanzierungs- und Betreibermodelle anbieten, die unser Gesamtrisiko minimieren und gleichzeitig einen langfristigen Ergebnisbeitrag liefern. Die jahrelange Erfahrung und der ausgezeichnete Ruf der EVN machen sich hier im wahrsten Sinne des Wortes bezahlt. ____ Wie ist der aktuelle Status zur Integration der Tochtergesellschaften in Bulgarien und Mazedonien? LAYR: Die Integration verläuft planmäßig. In Bulgarien ist die Restrukturierung abgeschlossen, und wir befinden uns in der Optimierungsphase. In Mazedonien ist die Restrukturierungsphase noch nicht ganz abgeschlossen, wird es aber nächstes Jahr sein. Erfreulich ist auch die Entspannung in den Beziehungen zur mazedonischen Regierung. Wir haben gemeinsam eine Roadmap erarbeitet, um die Bewältigung der anstehenden Probleme umzusetzen. Wir blicken demnach auch hier optimistisch in die Zukunft. ____ Wie passt der Aufbau der Gasnetze in drei kroatischen Gespanschaften in die Gesamtstrategie der EVN? LAYR: Wir errichten für Zadar, Sibenik-Knin und Split von Grund auf ein neues Gasnetz. Bislang wird dort vorwiegend mit Strom geheizt, Gas in dem Sinne ist noch nicht vorhanden. Für die EVN ist das ein gut kalkulierbares Netzbetreibergeschäft mit regulierten Tarifen, das wir sehr gut beherrschen. Weiteres Potenzial besteht in einigen Ballungsräumen Dalmatiens, wo eine Gasversorgung unter sehr wirtschaftlichen Bedingungen hergestellt werden könnte. PÖTTSCHACHER: Es ist auch Teil unserer Strategie, die Palette an Leistungen, die wir hier in Niederösterreich anbieten – insbesondere im Energiebereich –, auf ausländische Märkte auszudehnen. Zum Beispiel die Wärmeversorgung, die wir nun auch in Bulgarien mit der Errichtung einer Cogeneration-Anlage in Plovdiv forcieren. Das passt gut zusammen, und Synergien aus Wärme- und Stromversorgung können gehoben werden. ____ Eine abschließende Frage: Wo sehen Sie die EVN im Jahr 2020? HOFER: Ich sehe eine EVN, die noch weiter gewachsen, gleichzeitig aber auch ertragreicher geworden ist. Wir werden die Früchte unserer aktuellen Investitionen in den nächsten Jahren ernten, das gilt auch für die Investitionen in Südosteuropa. Insbesondere im Umweltbereich erwarten wir in den nächsten Jahren gute Ertragsmöglichkeiten. In Summe sehe ich eine EVN mit unverändertem Portfolio, aber in einer anderen Dimension. _____________________________________________ 17
Investor Relations
EVN am Kapitalmarkt
Seit November 1989 notieren Aktien der EVN AG an der Wiener Börse. Bei allen Turbulenzen, die die internationalen Kapitalmärkte seither durchlebt haben, konnten sich die EVN Aktien in Summe gut behaupten. Anleger, die vor mehr als 20 Jahren EVN Aktien gezeichnet haben, können sich über eine Rendite von rund 355 Prozent freuen. Inklusive der jährlichen Dividende errechnet sich daraus ein Total Shareholder Return von 8,86 Prozent pro Jahr.
Kontinuierliche Dividendenpolitik Die EVN strebt bei ihrer Mittelverwendung eine Balance aus Wachstumsinvestitionen und einer attraktiven Aktionärsvergütung an. Während der letzten Jahre lag die Ausschüttungsquote zwischen 25 und 35 Prozent des Konzernergebnisses. Für das Geschäftsjahr 2009/10 wird der Vorstand der Hauptversammlung am 20. Jänner 2011 eine Dividende von 0,40 Euro je Aktie vorschlagen. Die im Rahmen der Kapitalerhöhung 2010 ausgegebenen Aktien sind ebenfalls dividendenberechtigt.
Die EVN Aktie
2009/10
2008/09
Kurs per 30.9.
Euro
11,45
13,68
Höchstkurs
Euro
13,75
16,00
Tiefstkurs
Euro
10,61
10,11
Aktienumsatz1)
Mio. Euro
Durchschnittlicher Tagesumsatz1)
Stück
197
209
63.724
69.031
Börsenkapitalisierung per 30.9.
Mio. Euro
1.872
2.237
Ergebnis je Aktie3)
Euro
1,27
1,09 0,37
Dividende je Aktie3)
Euro
0,402)
Cash Flow je Aktie3)4)
Euro
2,87
2,73
Buchwert je Aktie3)
Euro
18,56
19,18
Kurs-Gewinn-Verhältnis
X
9,0
12,5
Kurs-Cash-Flow-Verhältnis4)
X
4,0
5,0
Kurs-Buchwert-Verhältnis
X
0,7
0,8
Dividendenrendite
%
3,5
2,7
1) Wiener Börse, Einmalzählung 2) Vorschlag an die Hauptversammlung 3) Im Handel befindliche Aktien per 30. September 2010 4) Cash Flow aus dem Ergebnis
EVN – Nachhaltiges Investment Die EVN ist seit 2002 im FTSE4Good Index und seit 2005 in der Ethibel-Sustainability-Index-Gruppe (ESI) sowie im VÖNIX, einem österreichischen Nachhaltigkeitsindex, vertreten.
Aktionärsstruktur 16,5 %
51,0 %
Kapitalerhöhung im Oktober 2010 Die EVN hat im Oktober und November 2010 eine Kapitalerhöhung durchgeführt. In der ursprünglich geplanten Vorgehensweise war ein zumindest teilweiser Ausstieg der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) geplant. Nachdem die EnBW dieses Vorhaben verworfen hatte, gelang es der EVN innerhalb weniger Tage eine Kapitalerhöhung in Höhe von 10 Prozent des Grundkapitals zu 11,00 Euro pro Aktie zu platzieren. Der Mehrheitseigentümer ist aufgrund verfassungsrechtlicher Bestimmungen weiterhin das Land Niederösterreich, das 51 Prozent über die NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH hält. Der Anteil der EnBW hat sich auf 32,5 Prozent verwässert. Die restlichen Aktien entfallen auf den Streubesitz. Die EVN wird den Nettoemissionserlös von rund 173 Mio. Euro zur Stärkung der Bilanzstruktur sowie für Investitionen in erneuerbare Energieprojekte in Niederösterreich und den Ausbau von Wasserkraft in Österreich und den angrenzenden Ländern verwenden. 18
13,3 % 51,0 % per 30.9.2010
35,7 %
32,5 %
per 15.11.2010
NÖ Landes-Beteiligungsholding GmbH 51,0 % EnBW 32,5 %
Streubesitz 16,5 %
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Aktive Investor Relations
Kursentwicklung EVN Aktie 100
90
80
70
60
50
01 .1 0. 01 08 .1 1 01 .08 .1 2 01 .08 .0 1. 01 09 .0 2. 01 09 .0 3. 01 09 .0 4. 01 09 .0 5. 01 09 .0 6. 01 09 .0 7. 01 09 .0 8. 01 09 .0 9. 01 09 .1 0. 01 09 .1 1. 01 09 .1 2. 01 09 .0 1. 01 10 .0 2. 01 10 .0 3. 01 10 .0 4. 01 10 .0 5. 01 10 .0 6. 01 10 .0 7. 01 10 .0 8. 01 10 .0 9. 01 10 .1 0. 10
40
EVN
ATX
ATX Prime
Dow Jones Euro Stoxx Utilities
Kursentwicklung EVN Aktie im relativen Vergleich Im Geschäftsjahr 2009/10 erholten sich die meisten internationalen Kapitalmärkte vom massiven Einbruch des Vorjahres, der mit der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise einhergegangen ist. Der deutsche Leitindex DAX verzeichnete einen Anstieg von etwas mehr als 12 Prozent, der Euro Stoxx 50 hingegen einen Rückgang von knapp 2,2 Prozent. An der Wiener Börse schloss der Leitindex ATX per Ende September 2010 mit 2.542 Punkten und damit um 1,4 Prozent unter dem Stichtag des Vorjahres. Mit einem Schlusskurs von 11,45 Euro verlor die EVN Aktie im Berichtsjahr 16,3 Prozent und entwickelte sich damit identisch zum relevanten Branchenindex DJ Euro Stoxx Utilities. Die Marktkapitalisierung der EVN beträgt per 30. September 2010 rund 1.872 Mio. Euro. Das tägliche Handelsvolumen in EVN Aktien hat sich im Vergleich zum Vorjahr etwas abgeschwächt und belief sich auf 63.724 Stück (Einmalzählung). Daraus resultiert in Summe ein Umsatzvolumen an der Wiener Börse in Höhe von 197 Mio. Euro (Einmalzählung), womit auf die EVN Aktie 0,52 Prozent des Gesamtumsatzes an der Wiener Börse entfallen. Im ATX war die EVN per Ende September 2010 mit einem Gewicht von 1,05 Prozent vertreten.
Finanzkalender
82. ordentliche Hauptversammlung
20.1.2011
Ex-Dividendentag
25.1.2011
Dividendenzahltag
28.1.2011
Ergebnis 1. Quartal 2010/11
24.2.2011
Ergebnis 1. Halbjahr 2010/11
26.5.2011
Ergebnis 1.–3. Quartal 2010/11 Jahresergebnis 2010/11
25.8.2011 15.12.2011
EVN Anleihen Im Sinne einer möglichst breit angelegten Finanzierungsstrategie hat die EVN in den Vorjahren mehrere Anleihen emittiert. In Summe beläuft sich der Marktwert der ausstehenden Anleihen zum Bilanzstichtag 30. September 2010 auf 902,5 Mio. Euro und ihr durchschnittlicher Effektivzinssatz auf 4,3 Prozent. Detaillierte Informationen zum EVN Anleihenprogramm finden Sie auf der Website www.evn.at/Investoren/Anleihen.aspx. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Als Grundprinzipien der Investor-Relations-Aktivitäten von EVN gelten die zeitgleiche, offene und umfassende Kommunikation mit allen Kapitalmarktteilnehmenden, hohe Transparenz und eine aktive Berichterstattung. Im Geschäftsjahr 2009/10 wurden auf Pressekonferenzen, Conference Calls, Roadshows und auf internationalen Konferenzen der Branche zahlreiche Gelegenheiten genutzt, über die Geschäftsentwicklung und Strategie der EVN zu informieren. Für Rückfragen steht das Investor-Relations-Team von EVN jederzeit zur Verfügung. Kontakt: Investor Relations, Dr. Klára Székffy Telefon: +43 2236 200-12745 Telefax: +43 2236 200-82745 investor.relations@evn.at Service-Telefon für Anleger/ innen: 0800 800 200
Externe Kredit-Ratings Die EVN wird regelmäßig von den beiden führenden internationalen RatingAgenturen Moody‘s und Standard & Poor‘s bewertet. Im Berichtsjahr blieb die Einstufung von Standard & Poor‘s mit A-, Ausblick „negativ“ unverändert; Moody‘s bewertete die EVN im September 2010 mit A3, Ausblick „stabil“. Im Vergleich zu anderen Unternehmen des europäischen Energiesektors verfügt die EVN mit diesen Bewertungen über ein sehr gutes Rating.
19
Highlights/ Fotos Miriam Höhne
Bilder des Erfolgs Auch in Zeiten des Wandels bleibt die EVN erfolgreich. Aber sehen Sie selbst!
Starkes Team in 19 Ländern Im Durchschnitt hat die EVN im Geschäftsjahr 2009/10 8.536 Mitarbeitende beschäftigt, wobei Österreich, Bulgarien und Mazedonien den Schwerpunkt bilden. Eine gemeinsame Kultur- und Wertevorstellung zu entwickeln, ohne dabei regionale Unterschiede zu vernachlässigen, steht im Zentrum aller Bemühungen, die den interkulturellen Austausch fördern. Länderübergreifende Projektteams stellen sich bereits seit Jahren zentralen Herausforderungen und ermöglichen den wertvollen internen Know-how-Transfer. Die fachliche Aus- und Weiterbildung wird den Mitarbeitenden regional in den EVN Akademien angeboten, wofür die EVN 2009/10 in Summe rund 2,7 Mio. Euro aufgewendet hat. Neben Kooperationen mit Fachhochschulen und Universitäten zur Absicherung des zukünftigen Bedarfs an Fach- und Führungskräften hat auch die Lehrlingsausbildung der EVN eine lange Tradition – im Jahr 2009/10 waren im Durchschnitt 64 Lehrlinge in Niederösterreich beschäftigt.
Österreich:
2.546 Mitarbeitende
Ausland:
5.990 Mitarbeitende
20
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Erdgas:
40% Wasserkraft:
23%
Sonstige erneuerbare Energien (u. a. Photovoltaik, Biogas):
Windkraft:
6%
4%
Kohle: Biomasse: Thermische Abfallverwertung:
2%
18%
7%
Ausgewogener Energiemix der EVN – Ausbau erneuerbarer Energiequellen Die EVN hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, den Anteil erneuerbarer Energiequellen an der Gesamterzeugungskapazität bis zum Jahr 2020 auf 50 Prozent zu steigern. Im Geschäftsjahr 2009/10 belief sich die gesamte Stromproduktion der EVN auf 3,7 TWh, wovon rund 36 Prozent auf erneuerbare Energie entfallen. Den Schwerpunkt dabei bilden Wasserkraft und Windkraft, von zunehmender Bedeutung sind aber auch Biomasse und Photovoltaik. Im Heimatmarkt Niederösterreich ist für die nächsten Jahre vor allem die Realisierung von Windkraftanlagen geplant; inbesondere das Weinviertel und der niederösterreichische Zentralraum sind aufgrund ihrer topografischen Gegebenheiten für derartige Vorhaben geeignet. Im Ausland werden aktuell mehrere Projekte im Bereich Wasserkraft verfolgt: Am Fluss Drin in Albanien wird gemeinsam mit der VERBUND AG das Projekt Ashta realisiert, das bis 2012 fertig gestellt wird. Weitere Projekte in Albanien und in Bulgarien werden aktuell geprüft. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
21
Strategische Beteiligungen und Sonstiges:
Erzeugung:
118,6
91,4
Mio. Euro
Mio. Euro
Umwelt:
285,4 Mio. Euro
Energieversorgung Südosteuropa:
862,2 Mio. Euro
Netzinfrastruktur Inland:
488,9 Mio. Euro Energiehandel und -vertrieb:
1.187,2 Mio. Euro
Stabile Umsatzerlöse Trotz geringerer Beiträge der Segmente Erzeugung und Energieversorgung Südosteuropa konnte die EVN mit Umsatzerlösen in Höhe von 2.752,1 Mio. Euro (nach Konsolidierung) das Vorjahresniveau leicht übertreffen. Besonders positiv zeigte sich die Entwicklung im Segment Umwelt, das dank der Fertigstellung der Linie 3 der Abfallverwertungsanlage in Dürnrohr und höherer Volumina im Projektgeschäft einen Umsatzanstieg um 15,4 Prozent auf 285,4 Mio. Euro verzeichnen konnte. Das größte Segment der EVN, Energiehandel und -vertrieb, lag mit Umsatzerlösen in Höhe von 1.187,2 Mio. Euro nahezu gleichauf mit dem Vorjahr. Das Segment Netzinfrastruktur Inland profitierte hingegen von Mengensteigerungen im Stromund Gasnetzbereich und höheren Gasnetztarifen; so konnte ein Umsatzanstieg um 4,5 Prozent auf 488,9 Mio. Euro realisiert werden. Ebenfalls ein Anstieg von 5,0 Prozent konnte im Segment Strategische Beteiligungen und Sonstiges verzeichnet werden, womit Umsatzerlöse in Höhe von 91,4 Mio. Euro ausgewiesen werden. 22
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Ergebnis vor Ertragsteuern
Deutliche Ergebnisverbesserung Die Entwicklung des Geschäftsverlaufs 2009/10 war zum einen von höheren Absatzmengen bei gleichzeitig geringeren Aufwendungen für Fremdstrombezug und Energieträger geprägt und zum anderen von höheren Material-, Personal- und Abschreibungsaufwendungen. Per Saldo konnte das EBIT um 6,9 Prozent auf 187,3 Mio. Euro verbessert werden. Unterstützt von einem höheren Beteiligungsergebnis der at Equity einbezogenen Unternehmen und einem verbesserten Zinsergebnis konnte die EVN das Finanzergebnis um 64,5 Prozent auf 83,6 Mio. Euro steigern. Das Ergebnis nach Ertragsteuern in Höhe von 228,7 Mio. Euro lag somit um 15,5 Prozent und das Konzernergebnis nach Anteilen anderer Gesellschafter mit 207,0 Mio. Euro um 16,3 Prozent über dem Vorjahresniveau. Basierend auf diesem Erfolg wird der Vorstand der Hauptversammlung eine Erhöhung der Dividende je Aktie von 0,37 Euro auf 0,40 Euro vorschlagen. Strategische Beteiligungen und Sonstiges:
Netzinfrastruktur Inland:
81,5
91,9
Mio. Euro
Mio. Euro
Energiehandel und -vertrieb:
51,4 Mio. Euro
Umwelt:
46,5 Mio. Euro
Erzeugung:
11,4
© Credits Blindtext
Mio. Euro
Energieversorgung Südosteuropa: –10,5 Mio. Euro EVN Ganzheitsbericht 2009/10
23
Interview/ Klima und Energie/ Fotos Michael Kammeter
Der Wandel ist gewaltig!
Unsere Gesellschaft steht vor einer der größten Wendezeiten ihrer Geschichte. So zumindest die Hypothese von Prof. Nebojsa Nakicenovic, einem der weltweit führenden Energieökonomen. Das Interview über Herausforderungen, Chancen und Gefahren.
Prof. Nebojsa Nakicenovic vor der Parkanlage in Laxenburg. Im Schloss befindet sich das renommierte IIASA-Institut, dessen stv. Direktor er ist. 24
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
U
nsere Welt steht am Anfang einer gewaltigen Transformation – so die These des renommierten Energieökonomen Nebojsa Nakicenovic. Im Interview erklärt er, warum das fossile Zeitalter zu einem Ende kommen muss. Und welche Herausforderungen auf die Energieversorger zukommen werden. ____ Sie haben schon öfters in Ihren Arbeiten betont, dass wir in einer Zeit des Wandels leben. Was kommt in den nächsten Jahren tatsächlich auf uns zu? Meine Hypothese ist, dass wir vor einer großen Wende stehen. Unsere Welt steht am Anfang einer gewaltigen Transformation, die nur mit dem Wandel von der Jäger- und Sammlergesellschaft hin zur landsässigen Gesellschaft zu vergleichen ist. Oder mit der industriellen Revolution.
____ Das heißt konkret? Das fossile Zeitalter muss zu einem Ende kommen. Wir können es uns nicht leisten, mit den jetzigen Technologien und Methoden weiterzuarbeiten. ____ Sie sprechen von globalen Herausforderungen ... Ja, denn wir müssen die Menschheit in zwei Gruppen teilen. Die eine Hälfte – etwa 2,8 Milliarden Menschen – hat noch nicht einmal die industrielle Revolution mitgemacht. Die kochen mit landwirtschaftlichen Abfällen, Holz oder Holzkohle bei offenem Feuer – alles sehr ineffizient und ungesund. Es gibt keine Kanalisation, kein sauberes Wasser. Zwei Milliarden haben überhaupt keinen Zugang zur modernen Technologie, keinen Strom.
© Credits Blindtext
____ Dabei spielt die Energiefrage eine entscheidende Rolle? Ja, denn der weltweite Energieverbrauch wächst seit Jahren exponentiell. Dass so eine Entwicklung nicht ewig funktionie-
ren kann, ist ein Naturgesetz: Exponentielle Phasen münden zwangsläufig in einer Sättigung. Danach muss etwas völlig Neues kommen. Deshalb: Wir müssen jetzt erstmals nicht nur langfristig, sondern auch wirklich global denken und handeln.
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
25
>
Klima und Energie
____ Welche Herausforderung leiten Sie daraus ab? Es liegt in unserer Verantwortung, in den nächsten 50 Jahren diesen fast drei Milliarden Menschen die Entwicklung hin zu einer modernen Gesellschaft zu ermöglichen. Die andere Hälfte der Menschheit, zu der auch Österreich gehört, muss auf einen nachhaltigen Entwicklungspfad übergehen. Damit muss man sofort anfangen. Denn was beispielsweise das Klima betrifft, sind wir bereits zu spät dran. ____ Weil? Der Klimawandel ist da. Die weltweite Temperatur ist schon um 0,6 bis 0,7 Grad Celsius gestiegen. Ein großer Teil hat mit unseren Emissionen zu tun, da gibt es wenig Zweifel. Grundsätzlich ist die Lösung einfach: Um die Klimaerwärmung auf 2 Grad Celsius zu stabilisieren, brauchen wir einen Emissionspfad, der sofort – jedenfalls innerhalb dieser Dekade – weltweit das Maximum erreicht. In 20 Jahren muss man auf die Hälfte der Emissionen kommen. Bis 2050 müssen wir die Emissionen um 80 Prozent reduzieren. Und wir wissen, dass Österreich dabei eine Vorreiterrolle einnehmen sollte. ____ Internationale Vergleiche zeigen aber, dass wir eher zu den Nachzüglern gehören ...? Ja. Das hat politische Gründe. Großbritannien, Schweden oder Kalifornien sind viel weiter, haben ihre Klimaschutzziele zum Teil gesetzlich verankert. Das fehlt bei uns. ____ Was ist also zu tun? Das wichtigste Schlagwort ist „Effizienz“. Etwa 50 Prozent der Emmissionsminderung kann man durch Effizienzsteigerung erzielen, vor allem bei den Endnutzern. Dieser Punkt ist für Unternehmen wie die EVN sehr wichtig, weil Energieversorgungsunternehmen neue Geschäftsmodelle erfinden müssen.
lingt, daraus ein Geschäftsmodell zu entwickeln, dann wäre das Problem sofort gelöst. ____ Ein weiterer Vorschlag? Kohlenstoffabtrennung und -speicherung, sprich CCS. Denn es ist nicht denkbar, dass wir bis 2050 die fossilen Energieträger auf null senken und den Anteil erneuerbarer Energien auf 100 Prozent hinaufschrauben können. Aber: Wir wissen noch nicht, ob CCS tatsächlich im großen Stil funktionieren wird. ____ Stichwort „erneuerbare Energien“: Ihre Einschätzung? Weltweit fehlen uns bei erneuerbaren Energien Kapazitäten in der Höhe von Faktor 1.000 bis 10.000. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht: Die Kosten bei erneuerbaren Energien gehen nach unten. Das Geschäft mit erneuerbaren Energien soll ja irgendwann lukrativ werden. Dabei müssten die Kosten für Photovoltaik etwa um den Faktor 10, bei Wind ungefähr um 50 Prozent sinken. ____ Im Umkehrschluss: Energie wird teurer werden? Ja. Deshalb brauchen wir deutliche Verbesserungen in der Technologie, um die Kosten in Schach zu halten.
„Etwa 50 Prozent der schädlichen CO2-Emissionen können durch Effizienzsteigerung vermieden werden.“
____ Konkret? Man könnte den Energieverbrauch in Häusern um ungefähr 90 Prozent verringern. Wenn es den Energieversorgern ge-
Prof. Nebojsa Nakicenovic: Zur Person
26
Q TU & IIASA. Nebojsa Nakicenovic ist Ordinarius für Energiewirtschaft an der Technischen Universität Wien, amtierender stellvertretender Direktor am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) und Direktor der Globalen Energie Studie (Global Energy Assessment, GEA). Q Arbeiten. Nakicenovic ist Mitherausgeber des „International Journal on Technological Forecasting and Social Change“, des „International Journal on Climate Policy“ und „International Journal of Energy Sector Management“.
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
____ Welche Hoffnungen setzen Sie in erneuerbare Energien? Wir können eindeutig Wind noch ausbauen. Ich habe auch Hoffnung, dass wir bei Photovoltaik, die noch sehr teuer ist, einen großen Durchbruch feiern können. Kernenergie ist in Österreich kein Thema, da ist der Widerstand zu groß. Wichtig ist, dass wir Einspeisetarife haben, die plausibel sind. Und dass es ein klares, langfristiges Zeitprofil für Investitionen gibt. Wir brauchen eine glaubwürdige Energiepolitik. Weltweit haben wir übrigens 2009 ein 40-prozentiges Minus bei Investitionen in erneuerbare Energien verzeichnet. Das darf nicht passieren! ____ Ein Vorwurf, der ja direkt die Energieversorger trifft ... Ja. Aber was soll eine Firma machen, die von Shareholder Value abhängt? Die muss so handeln, sonst wird das Management gewechselt. Aber da sind wir bei einem grundsätzlichen Problem unserer Zeit des Wandels: Die Zukunft ist ungewiss, viel ungewisser als vor einigen Jahren. Unsere ökonomische Atmosphäre ist definitiv nicht „pro langfristige Investitionen“. ____ Muss sich also auch unser Wirtschaftssystem wandeln? Wir sind mit diesem Cowboykapitalismus zu weit gegangen.
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Wir müssen lernen, langfristig zu denken. Leider haben wir die Krise nicht genutzt, unser System zu hinterfragen. Wir haben Geld in ein altes System gepumpt, haben es gestärkt. ____ Was raten Sie als Energieexperte einem Unternehmen wie der EVN? Beratung, Effizienzsteigerung beim Endkunden – da sollte auch die EVN mehr machen. Aber wie schaffen es die Unternehmen mit dieser Strategie, Gewinn zu erzielen? Denn klarerweise verkaufen sie – etwa wenn jeder in gut isolierten Häusern und Wohnungen lebt – weniger Energie. Das Ziel muss sein: weniger Energie zu verkaufen, dafür mehr Knowhow und Dienstleistungen. Aber die Politik macht es den Managern derzeit nicht leicht: Es ist schwierig, eine 20-jährige Unternehmensstrategie zu entwickeln, wenn die Rahmenbedingungen nicht klar sind. Aber Fakt ist: Derzeit wird im Energiesektor zu wenig investiert. _________________________ Die EVN hat Prof. Nakicenovic zu diesem Interview eingeladen, um eine fundierte externe Sicht auf zentrale Fragestellungen in die Berichterstattung aufzunehmen. Diese Ansichten müssen sich nicht mit jenen der EVN decken. Als Gegenleistung für dieses Interview wünschte sich Prof. Nakicenovic ein Energieberatungsgespräch – gerne ist die EVN diesem Wunsch nachgekommen.
27
Reportage/ Energiekonzept Niederösterreich/ Fotos Michael Kammeter, EVN
Internationales Vorzeigeprojekt Dürnrohr
Am Standort Dürnrohr betreibt die EVN ein Wärmekraftwerk und eine Abfallverwertungsanlage. 28
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Am Standort Dürnrohr wird nicht „nur“ Strom erzeugt, sondern auch Abfall ökologisch verwertet. Der entstehende Dampf versorgt Tausende Haushalte mit Fernwärme und wird als Prozessdampf in der nahegelegenen Bioethanolanlage genutzt. Die Reportage über ein internationales Vorzeigeprojekt.
R
egelmäßig besuchen internationale Gäste den Standort Zwentendorf/Dürnrohr im Tullnerfeld. Auf dem ca. 115 ha großen Areal in der Nähe zur Donau betreibt die EVN ein Wärmekraftwerk sowie eine thermische Abfallverwertungsanlage. Besonders mit japanischen Kollegen hat die EVN „eine enge und freundschaftliche Beziehung“ aufgebaut, wie Dipl.-Ing. (FH) Rudolf Gutscher erzählt. Gutscher arbeitet im
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
technischen Dienst und ist als diensthabender Ingenieur für den reibungslosen Betrieb der Wärmekraftwerke der EVN zuständig. „Die Partnerschaft mit Japan hat sich bis dato oft bewährt“, so Gutscher weiter. „Japan ist ein hochtechnologisches Land. Durch die gute Beziehung zu Japan bekommen wir die Möglichkeit, im technischen Bereich auch mit Partnern außerhalb Europas und den USA zu kooperieren.“
29
>
Energiekonzept Niederösterreich
Dipl.-Ing. (FH) Rudolf Gutscher erklärt die Funktionsweise des Dampfkraftwerks.
Sichere Stromversorgung
30
Q Erzeugungsmix. Ein hoher Anteil elektrischer Energie wird im Frühjahr und Sommer aus Wasserkraft gewonnen. Aber in der kälteren Jahreszeit und bei geringem Niederschlag sind Wärmekraftwer-
ke unerlässlich, um nicht von Stromimporten und damit stark von Marktpreisen abhängig zu sein. Auch im Tagesverlauf schwankt der Stromverbrauch: Am Morgen und am Abend ist er am höchsten.
Man spricht von Grund-, Mittelund Spitzenlast. Die Grundlast, also jener Teil des Stromangebots, der gleichmäßig den Tag über benötigt wird, kann nur zum Teil durch Wasserkraft abgedeckt wer-
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
„Wir bieten hier eine einzigartige Kombination aus Kraftwerks- und Umwelttechnik an.“
Dass Dürnrohr als Vorzeigebeispiel gilt, zeigen das hohe Interesse und der Wunsch des Voneinander-Lernens. Einmal im Jahr kommen japanische Techniker zu einem Traineeprogramm, um sich ein Bild der Anlagen und eingesetzten Technologien zu machen. Im Gegenzug erfolgt ein Erfahrungsaustausch mit den japanischen Kollegen. Die in Dürnrohr eingesetzte Katalysatorentechnologie stammt aus Japan und ist die derzeit immer noch Beste der Welt.
Energie- und Umwelttechnik. Das Kraftwerk Dürnrohr gehört zu den modernsten Kraftwerken in Europa. „Wir bieten hier eine einzigartige Kombination aus Kraftwerksund Umwelttechnik an, um die Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren“, berichtet Gutscher nicht ohne Stolz. Bei der Absicherung der Stromversorgung in Niederösterreich hat das Kraftwerk eine tragende Rolle. Außerdem werden durch die Nutzung des Dampfes aus der Abfallverwertungsanlage Tausende Haushalte und Industriekunden in St. Pölten mit Wärme versorgt. 1986 wurde das Kraftwerk in Betrieb genommen, 2004 die Abfallverwertungsanlage. Für den Standort ausschlaggebend war die Nähe zur Donau sowie zu dem nie in Betrieb gegangenen Atomkraftwerk Zwentendorf. Dadurch war es möglich, die bereits errichteten elektrischen Leitungen und Schaltanlagen zu nutzen. Auch der vorhandene Bahnanschluss war ein Argument für den Standort. Im Inneren des Wärmekraftwerks. Das
den. Schon im „mittleren Bereich“ ist Strom aus thermischen Kraftwerken notwendig, um die Versorgung zu sichern. Zu den Spitzenzeiten werden Speicherkraftwerke – die EVN betreibt solche am Kamp EVN Ganzheitsbericht 2009/10
und an der Erlauf – aktiviert. Aus dem schwankenden Strombedarf ergibt sich, dass kein Kraftwerkstyp alleine die Versorgung vollständig abdecken kann. Eine sinnvolle Kombination ist notwendig.
Wärmekraftwerk kann sowohl mit Steinkohle als auch mit Erdgas betrieben werden, womit eine zu große Abhängigkeit von einem Rohstoff verhindert wird. Tatsächlich kommt aber vor allem Kohle aus Russland und Polen zum Einsatz. Das Kraftwerk Dürnrohr ist ein Dampfkraftwerk. Das bedeutet, dass die Generatoren von Dampfturbinen angetrieben werden. Die Kohle wird in vier Kohlemühlen staubfein gemahlen, mit vorgewärmter Frischluft getrocknet und dann im Kessel verbrannt. Durch Strahlung und Berührung von den heißen Rauchgasen und dem Dampferzeuger entsteht Dampf. Beim Durchströmen der Hochdruckturbine leistet der Dampf mechanische Arbeit, die von dem an die Turbine angekoppelten Generator in elektrische Energie umgewandelt wird. Über Transformatoren wird dieser Strom in das 110-kV-Netz eingespeist. 31
>
Das Herzstück des Kraftwerks ist die 2008 modernisierte Warte.
Geringe Emissionen. „In Summe werden im Kraftwerk Dürnrohr deutlich über 90 Prozent der Schadstoffe abgeschieden. Damit liegen wir im internationalen Spitzenfeld“, so Gutscher. Das Rauchgas, welches bei der Verbrennung der Kohle entsteht, wird in einer mehrstufigen Reinigungsanlage gefiltert, sodass die enthaltenen Schadstoffe zum Teil nicht mehr mit Messinstrumenten nachgewiesen werden können. Der Anteil von Schwefeldioxid und Stickstoffoxiden liegt bei etwa 0,1 Prozent der gesamten Rauchgasmenge. Das Produkt aus der Rauchgasentschwefelungsanlage (REAProdukt) wird in einem einsturzgefährdeten Bergwerk (Preinsfeld) verfüllt; die ausgefilterte Flugasche findet Verwendung in der Zementproduktion. Auch für das Kohlendioxid sucht die EVN nach industriellen Verwertungsmöglichkeiten. Gutscher weiter: „Wir haben uns bereits 2008 freiwillig zu einer Reduktion der Stickoxid-Emissionen verpflichtet.“ Das bedeutet: Das Kraftwerk Dürnrohr hat sich dazu verpflichtet, sich bei den NOx-Emissionen sogar unter den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerten zu bewegen. Während die maximal tolerierte Emission bei 200 mg Stickoxid/m3 Rauch-
Müll als erneuerbarer Energieträger
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Q Waste to energy. In ihren thermischen Abfallverwertungsanlagen verwirklicht die EVN ihr weltweit einzigartiges Konzept „Waste to energy“. Im Mittelpunkt steht die ökologisch bestmögliche Behandlung von Abfällen. Das heißt
gas liegt, emittiert Dürnrohr höchstens 150 mg/m3 Rauchgas. Möglich wird dies vor allem durch einen speziellen Katalysator, erklärt Gutscher und schlägt wieder die Brücke zu den japanischen Partnern: „Schon beim Bau des Kraftwerks hat man sich für ein selektives katalytisches Reduktionsverfahren entschieden. Das Konzept für den damals und auch heute noch hochmodernen Katalysator stammt von der japanischen Hitachi. Dürnrohr war die erste Anlage außerhalb Japans, die diese Technologie anwendete – und somit das Interesse ganz Europas auf sich zog.“ Das Besondere an diesem Verfahren ist, dass der Katalysator Stickstoffoxide durch Einsprühen von Ammoniak in Wasserdampf und Stickstoff umwandelt – zwei umweltneutrale Stoffe. Gutscher: „79 Prozent der Atemluft bestehen aus Stickstoff. Unser Katalysator wandelt Stickstoffoxide also wieder in den Luftbestandteil zurück, den es schon vorher gab.“ Zahlreiche Messstellen im Tullnerfeld kontrollieren laufend den Gehalt an Schadstoffen in der Luft. Zudem werden bereits seit Jahrzehnten die Bäume rund um das Kraftwerk wissenschaftlich mittels Nadel- und Laubproben untersucht. Das Ergebnis: Das Kraftwerk hat keinerlei negativen Einfluss auf die Vegetation.
die Zerstörung der Schadstoffe im Müll bei Verbrennungstemperaturen von über 1.000 Grad Celsius, die Extraktion der nicht zerstörbaren Schadstoffe durch eine moderne Rauchgasreinigungsanlage und die Ablagerung der Reststoffe
unter kontrollierten Bedingungen. Das Volumen der Abfälle wird auf etwa 10 Prozent reduziert, die gefahrlos deponiert werden. Die EVN betreibt neben der Abfallverwertungsanlage in Dürnrohr auch eine Anlage in Moskau.
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Energiekonzept Niederösterreich
Das Problem der Kohlendioxide. Für eine sichere Versorgung ist Strom aus fossilen Energieträgern eine Notwendigkeit. Eine Lösung für die klimaschädlichen Emissionen wurde noch nicht gefunden, neue Technologien für eine sinnvolle Verwertung des CO2 werden aber erprobt. „Leider haben wir bei der Produktion von thermischer Energie den Nachteil von CO2-Emissionen. Die Mengen, die wir abscheiden, sind aber vergleichsweise äußerst gering, da unsere Anlagen einen sehr hohen Wirkungsgrad haben, wodurch der Einsatz des Brennstoffs optimiert ist!“, so Gutscher. Weiters wird durch die Nutzung des Dampfes der benachbarten Abfallverwertung weniger Brennstoff eingesetzt und damit weniger CO2 emittiert – gleichzeitig erhöht sich der Wirkungsgrad der Anlage. Klimaschonende Logistik. Ressourcen zu schonen steht bei allen Aktivitäten im Mittelpunkt. So wird die Kohle seit März 2010 über eine rund 3 km lange Rohrgurtförderanlage vom Donauhafen zum Kraftwerk transportiert. Etwa die Hälfte der eingesetzten Kohle kommt umweltschonend per Schiff nach Zwentendorf und wird nach der Entladung mithilfe einer Art Rohrgurtförderband („Pipe Conveyor“) zum Kraftwerk transportiert. Anders als bei einem herkömmlichen Förderband verhindert die Röhrenform, dass Kohlestaub austritt. „Mit dem neuen Pipe Conveyor verringert sich nicht nur die Zahl der LKWs, sondern auch die CO2Emissionen“, erklärt Gutscher. Das Investitionsvolumen betrug 16 Mio. Euro. Die eingesetzte Technologie und auch das Logistiksystem der Abfallverwertung sind weltweit einzigartig: Etwa 90 Prozent des Abfalls werden in Spezialcontainern mit der Bahn
angeliefert und mit einer automatischen Krananlage entladen. Ebenso werden nahezu alle Reststoffe mit der Bahn abtransportiert. „Das spart rund 40.000 LKW-Fahrten im Jahr“, so Dipl.-Ing. Felicitas Gruber, Kommunikationsleiterin der EVN Umweltholding.
Verantwortungsvolle Mitarbeitende. Insgesamt sind die Mitarbeitenden im Kohlekraftwerk dafür verantwortlich, dass jedes Glied dieser Kette reibungslos funktioniert. Der Großteil von ihnen hat die Meisterprüfung für den Gasturbinen-, Kessel- und Dampfturbinenwärter absolviert. Gearbeitet wird in drei Schichten. „Die Anforderungen an die Mitarbeitenden sind sehr hoch“, gibt Gutscher zu. Das „Basis-Grundwissen“ über die Technik des Kraftwerks muss einwandfrei beherrscht werden, so Gutscher, auch wenn es natürlich „Detail-Spezialisten“ gibt, die sich auf einen bestimmten Bereich fokussiert haben. Er selbst ist Maschinenbauingenieur und spezialisiert auf Kohleverbrennung und -feuerungsanlagen.
Kommandozentrale des Kraftwerks. Die Steuerung des Kraftwerks erfolgt in der sogenannten Warte, die 2008 modernisiert wurde. Rund um die Uhr wird hier auf zahlreichen Bildschirmen überwacht, ob jeder Bestandteil des Kraftwerks und alle Messwerte im wahrsten Sinne des Wortes „im grünen Bereich“ sind. „Innerhalb kürzester Zeit musste ich sehr viel lernen“, erzählt der technische Mitarbeiter Jürgen Hoffmann über seine rund sechsmonatige Ausbildung zum „Anlagen-PultFahrer“, wie die Berufsbezeichnung in der Warte heißt. „Man muss die gesamte Technik des Kraftwerks detailgenau kennen
90 Prozent des Abfalls werden mit der Bahn angeliefert und mit der automatischen Krananlage entladen. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
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Industriekraftwerk Dürnrohr. Auf einem der großen Schirme an der Wand werden die Abfallverwertung, die Dampfturbinen und die verschiedenen Leitungen angezeigt. Die Steuerung dieses komplexen Systems erfolgt über die Warte. „Ich kenne keine vergleichbare Anlage, die so komplex ist – und mit so vielen Verknüpfungen ausgestattet wurde“, resümiert Gutscher. „Das Kraftwerk Dürnrohr ist nicht mehr nur eine Stromerzeugungsanlage. Es hat sich immer mehr zu einem Wärmeproduzenten und einem Industriekraftwerk gewandelt.“ Ein Kraftwerk also, das nicht nur Strom erzeugt, sondern auch den Dampf der Abfallverwertung nutzt, um Fernwärme zu liefern und Prozessdampf an umliegende Industriebetriebe wie die Bioethanolanlage der AGRANA. Gutscher spielt auf das synergetische Zusammenspiel mit der in unmittelbarer Nähe des Wärmekraftwerks liegenden thermischen Abfallverwertungsanlage der EVN an. In der Anlage, die seit April 2010 um die Linie 3 erweitert wurde, werden mehr als 500.000 t Hausrest- und Sperrmüll sowie Industrie- und Gewerbeabfälle pro Jahr ökologisch bestmöglich behandelt. „Müll gibt es überall. Wir nutzen ihn sinnvoll und ersetzen dadurch fossile Energieträger“, erklärt Gruber. Die EVN verfolgt bereits seit 2004 dieses Konzept in ihrer Abfallverwertungsanlage in Dürnrohr – „Waste to energy“. Stark vereinfacht erklärt, wird aus Beim täglichen Rundgang werden alle Anlagen genau kontrolliert. Müll wertvolle Energie erzeugt – alle Schadstofund trägt eine sehr große Verantwortung, wenn man in der fe im Abfall werden dabei ökologisch bestmöglich beseitigt. Warte arbeitet.“ Hoffmann, der wie seine Kollegen eine Aus Müll wird Energie. Die unmittelbare Nähe zum beinahe stoische Ruhe und zugleich höchste Konzentration Wärmekraftwerk ermöglicht es, die Energie im Abfall zu nutzen: ausstrahlt, verfolgt auf den über 200 Anlagenbildern (SchemaDer Dampf, der bei der Abfallverwertung entsteht, wird mittels ta und Überwachungsbilder), die auf Bildschirmen angezeigt Rohrleitungen in die Dampfturbinen „EVZ 1“ und „EVZ 2“ im werden, die verschiedenen Messwerte und Parameter. ZusätzKraftwerksblock weitergeleitet oder direkt in den Kraftwerkslich wird bei einem täglichen Rundgang durch das Kraftwerk, kessel zugespeist. Dort kann er optimal „verwertet“ werden. der bis zu acht Stunden dauern kann, alles genau kontrolliert „Wir können sehr flexibel agieren. In erster Linie nutzen wir den und dokumentiert. Abweichungen und Warnungen, wie zum Dampf für die Fernwärmeversorgung von St. Pölten und der Beispiel eine zu hohe Temperatur an der Turbine, werden Gemeinde Zwentendorf“, so Gutscher. Der Dampf kann aber sofort auf den Bildschirmen angezeigt. Jeder Bestandteil des auch entweder als Substitut für Kohle (oder Gas) genutzt werden Kraftwerks – vom Kabel bis zum Ventil – hat eine eigene Erkenoder direkt verstromt werden – die Verwendung hängt von den nungsnummer. „Wir müssen schnell reagieren, wenn es techniaktuellen Marktpreisen für Kohle und Strom ab. Über eine eigesche Probleme gibt“, so Hoffmann. Wirkliche Notfälle kommen ne Leitung wird die Bioethanolanlage der AGRANA, welche sich dank der Modernisierung der Leittechnik und einer laufenden in der Nähe des Kraftwerks befindet, mit Prozessdampf versorgt. Wartung jedoch nur selten vor, berichtet Hoffmann.
Im Dialog
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Q Partizipation. Information wird ganz groß geschrieben. Vor allem die lokale Bevölkerung wird bei allen Projekten schon lange vor Projektstart miteinbezogen. Dank dieser aktiven Information haben
sich bei der Volksbefragung 1997 74 Prozent der Bürger/innen von Zwentendorf für den Bau der thermischen Abfallverwertungsanlage ausgesprochen. Aber auch Besucher/innen – von internationa-
len Delegationen bis hin zu Schuloder Seniorengruppen – kommen nach Dürnrohr, um das Kraftwerk und die Abfallverwertungsanlage zu besichtigen. „Jährlich empfangen wir zahlreiche Besucher“,
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Energiekonzept Niederösterreich
Dipl.-Ing. Herbert Pöttschacher
Q Dipl.-Ing. Herbert Pöttschacher: „Mit dem Energiekonzept für den niederösterreichischen Zentralraum haben wir in den letzten Jahren ein einzigartiges Konzept umgesetzt. Durch das Zusammenspiel der Anlagen am Standort Dürnrohr – des Kohlekraftwerks und der Abfallverwertung – konnten wir die Effizienz deutlich steigern. So wird zum Beispiel die Abwärme der Abfallverwertungsanlage, des Wärmekraftwerks und der Biomasseanlage zur Fernwärmeversorgung von St. Pölten genutzt. Wir haben dafür eine 31 km lange Fernwärme-
Mitglied des Vorstands der EVN
leitung errichtet – die längste in Österreich. Auch unsere Versuche, Biomasse in Form von Biogas als Alternativenergieträger zu nutzen, waren erfolgreich, daher starten wir ein neues Projekt und erproben die Verwertung von Klärschlamm zur Energieerzeugung. Mit der Eröffnung der Linie 3 haben wir die Kapazitäten der Abfallverwertung beinahe verdoppelt: 500.000 t statt bisher 300.000 t Abfall jährlich werden in wertvolle Energie umgewandelt. Insgesamt haben wir über 200 Mio. Euro in dieses Energiekonzept investiert.“
Fernwärme für St. Pölten. Seit 1. Oktober 2009 liefert die EVN zwei Drittel des gesamten Wärmebedarfs der Landeshauptstadt St. Pölten über die neu errichtete 31 km lange Fernwärmeleitung. Die Leitung von Dürnrohr über den Perschlingkanal und das Traisental bis nach St. Pölten ist die längste ihrer Art in ganz Österreich und hat einen Durchmesser von 400 mm. Dank spezieller Isolierung kommt es trotz der Länge nur zu einem minimalen Wärmeverlust: Das mit rund 140 Grad in die Leitung abgegebene Wasser kommt im Fernheizkraftwerk St. Pölten Nord mit 138 Grad an. Mag. Matthias Stadler, Bürgermeister von St. Pölten, ist voll des Lobes und bezeichnet die Fernwärmeleitung als „Meilenstein in der Energieversorgung von St. Pölten“. Er betont, neben der größeren Unabhängigkeit und höheren Versorgungssicherheit auch den Beitrag zum Klimaschutz: Durch die Fernwärmeleitung können 21 Mio. m3 Erdgas eingespart und die CO2-Emissionen um 40.000 t reduziert werden.
Jeder Bestandteil im Kraftwerk hat eine Erkennungsnummer.
erzählt Dipl.-Ing. Felicitas Gruber, Kommunikationsleiterin der EVN Umweltholding. Ein eigenes Besucherzentrum zeigt den „Weg des Mülls“ und bietet faszinierende Einblicke in den 40.000 m3 EVN Ganzheitsbericht 2009/10
fassenden Müllbunker ebenso wie in das Kesselhaus mit seinen drei 40 m hohen Verbrennungskesseln. Parallel zum Bau der Linie 3 wurde auch das Informationszentrum erweitert und neu gestaltet.
Ökologie und Ökonomie. Auch im Kraftwerk Dürnrohr selbst entstehen erhebliche Einsparungsmöglichkeiten aufgrund der Dampf-Kopplung mit der Abfallverwertungsanlage: Jährlich werden 100.000 t Kohle und 10 Mio. m3 Erdgas eingespart. Die thermische Abfallverwertungsanlage ist ein internationales Vorzeigebeispiel für ökologisch und wirtschaftlich optimale Müllentsorgung. „Zu uns kommen Delegationen aus der ganzen Welt. Demnächst erwarten wir Besuch aus Ulan Bator (Mongolei). Auch chinesische Gruppen waren bereits bei uns zu Gast“, so Gruber. Für ihre Kunden/innen erstellt die EVN maßgeschneiderte Konzepte, je nach den Gegebenheiten des jeweiligen Standorts. Nicht überall werden die gleichen technischen Lösungen eingesetzt: „In Moskau zum Beispiel erfolgt eine trockene Rauchgasreinigung, weil die Anlage in der Stadt liegt“, erklärt Gruber. Auch ist der Heizwert des Abfalls unterschiedlich und in Österreich aufgrund der Mülltrennung höher (durchschnittliche 11 MJ/kg) als in der Anlage in Moskau (7,5 MJ/kg). 35
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Energiekonzept Niederösterreich
Erfolgreiche Versuche. Ein Versuch, Biomasse in Gasform im Wärmekraftwerk zu verwerten, wurde erfolgreich abgeschlossen. Verschiedene Getreide- und Maisstrohqualitäten, Elefantengras und andere biogene Stoffe wurden untersucht und bei Eignung als Biorohgas im Kessel des Kraftwerks Dürnrohr verfeuert. Das Biorohgas dient somit als Ersatz für Kohle und Erdgas, was die Flexibilität im Produktionsmix des Kraftwerks weiter erhöht. „Die Versuche waren erfolgreich. Wir werden auch weiterhin Biomasse nutzen“, berichtet Gutscher. Das ist aber noch nicht alles: Als neues Projekt soll die Anlage in eine KlärschlammVerwertungsanlage umgebaut werden, um Klärschlamm zur ökologischen Wärmeerzeugung zu nutzen.
CO2: Wertstoff statt Umweltgift Forschung. Wenn von Kohlendioxid (CO2) die Rede ist, dann meist nur in Zusammenhang mit dem Klimawandel. Doch CO2 ist ein für unser Ökosystem unentbehrliches Gas und wertvoller Grundstoff mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten. Oft wird das CO2 für technische Anwendungen eigens aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Bald könnte ein erheblicher Teil durch CO2-Mengen ersetzt werden, die direkt aus dem Rauchgas von Kraftwerken kommen. „International wird derzeit da-
Dr. Gerald Kinger sucht nach der geeigneten Waschlösung.
Auf höchstem Niveau. Das Kraftwerk Dürnrohr hat sich von einem reinen Stromproduzenten zu einem Dienstleister für die Industrie entwickelt. Insbesondere die eingesetzten Technologien haben sich gewandelt, dabei war die EVN an der Entwicklung von innovativen Konzepten und Technologien maßgeblich beteiligt: Die Abfallverwertung ist ein Vorzeigebeispiel – weltweit! Immer im Mittelpunkt stehen dabei die Versorgungssicherheit und der schonende Umgang mit Ressourcen. „Es gibt keinen vergleichbaren Kraftwerksstandort in ganz Europa. Die Verknüpfung der einzelnen Anlagen ist einzigartig“, resümiert Gutscher und fügt hinzu: „Wir bewegen uns auf höchstem Niveau, insbesondere was die Regelfähigkeit der Gesamtanlage betrifft, zum Teil schon an der Grenze des Machbaren.“________
ran geforscht, wie Kohlendioxid industriell verwendet werden kann, damit es erst gar nicht in die Atmosphäre gelangt“, sagt Dr. Gerald Kinger, Chemiker bei der EVN mit dem Schwerpunkt „Power Plants Construction“. Eine Technologie, die CO2 aus dem Rauchgas abscheidet, ist derzeit in Entwicklung. Laut Kinger steckt sie jedoch noch in den Kinderschuhen. Auch die EVN forscht in diesem Bereich und hat 2009 im Kraftwerk Dürnrohr eine Versuchsanlage zur CO2-Abscheidung in Betrieb genommen. Das CO2 wird mit einer Waschlösung aus dem Rauchgas abgetrennt und die angereicherte Waschlösung anschließend in einem separaten Behälter erwärmt. Dabei wird CO2 freigesetzt, das eine sehr hohe Reinheit hat. Die regenerierte Waschlösung wird in den Prozess zurückgeführt und der Kreislauf beginnt von neuem. Ziel der Versuche ist es, geeignete Waschlösungen für die CO2-Abtrennung zu ermitteln und gleichzeitig mögliche Wechselwirkungen zwischen dem Betrieb der Abscheideanlage und dem Kraftwerk zu untersuchen. In der Versuchsanlage werden bis zu 20 Nm3 (Normkubikmeter) Rauchgas pro Stunde behandelt, die bis zu 5 kg CO2 stündlich abscheiden. Auch wenn die emittierte Menge an CO2 deutlich über dem Bedarf der Industrie liegt, leistet die Abscheidung des CO2 einen Beitrag zum Klimaschutz. Wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeiten werden derzeit evaluiert. Kinger: „Wir wollen aus dem Kohlendioxid einen gefragten Rohstoff für die Industrie machen.“
CCS – ein heiß diskutiertes Thema
Q Carbon Capture and Storage (CCS) soll zukünftig ermöglichen, CO2 aus Abgasen abzutrennen und in unterirdischen Speichern zu lagern. Derzeit arbeiten die Europäische Union und die einzelnen
Mitgliedsländer daran, rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Einsatz dieser Technologie ermöglichen. Parallel dazu wird in mehreren Demonstrationsanlagen gezeigt, dass diese Technologie
reif für die großtechnische Umsetzung ist. Die EVN beteiligt sich an Forschungsprojekten im Bereich CO2-Abscheidung und hat zum Ziel, das dabei gewonnene CO2 einer Verwertung zuzuführen.
CO2 als Rohstoff
Q Mithilfe von CO2 werden Mikroalgen gezüchtet, die in der Medizin und Kosmetik eingesetzt werden sowie als Nahrungsmittel und als Energielieferant dienen. Q Gelöstes CO2 sorgt als Kohlen-
säure für das Prickeln in Limonaden, Champagner oder Bier. Q CO2 ist Grundstoff für die Düngemittelproduktion und dient auch als Rohstoff für die Industrie, z. B. zur Kunststofferzeugung oder
bei der Herstellung von Salicylsäure, dem Hauptwirkstoff in Aspirin®. Q CO2 wird in der Düngemittel- & Lebensmittelindustrie eingesetzt. Q In Feuerlöschern hilft CO2 Leben zu retten.
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Sonnenenergie statt Atomstrom Die Kraft der Sonne nutzen. Am Standort des nie in Betrieb genommenen Atomkraftwerks Zwentendorf betreibt die EVN seit Juni 2009 eine der größten Photovoltaikanlagen Österreichs. Es wurden 300 Photovoltaikpaneele an der Fassade und am Dach des Reaktorgebäudes angebracht sowie 700 Photovoltaikelemente im Freigelände montiert. Hier kommen neben fix montierten Solargeneratoren auch der Sonne nachgeführte Solarsysteme zum Einsatz. Die Anlage mit einem Investitionsvolumen von 1,2 Mio. Euro erzeugt 180.000 kWh Sonnenstrom pro Jahr und versorgt einige tausend Haushalte. In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Wien wurde zudem das Photovoltaik-Forschungszentrum Zwentendorf gegründet, in dem sich seit Oktober 2010 acht Mitarbeitende diesem Thema widmen.
EVNews
Gute Nachrichten für und aus Niederösterreich.
Mehr Wind- und Wasserkraft! Projekte in Niederösterreich. Langfristig soll der Anteil erneuerbarer Energien am Erzeugungsmix auf 50 Prozent gesteigert werden. Der Ausbau der Wind- und Wasserkraft nimmt dabei einen wichtigen Stellenwert ein. Die beiden ergänzen sich optimal, denn wenn die Wasserkraft in den Wintermonaten auf ein Minimum fällt, drehen sich die Windräder auf Hochtouren. Dieses Potenzial nutzt die EVN mit ihren derzeit 63 Windrädern in sieben Windparks. Der Ausbau wird forciert: Aktuell sind Windparks im Weinviertel bzw. im niederösterreichischen Zentralraum geplant; bis zu 200 Mio. Euro werden investiert. Im Bereich Wasserkraft wird das fast 100 Jahre alte Kraftwerk Schütt an der Ybbs revitalisiert und zu einer modernen Anlage mit einer Leistung von 1.980 KW umgebaut. Trotz Stauzielerhöhung wurden die ökologischen Verhältnisse durch die Wiederherstellung „fließgewässerähnlicher“ Verhältnisse erhalten. Die Inbetriebnahme ist im April 2011 geplant. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Biogas als Zukunftschance Innovative Biogasaufbereitung. Ende 2010 soll die größte Biogas-Aufbereitungsanlage Niederösterreichs am Gelände des Abwasserverbands Wiener Neustadt-Süd in Betrieb gehen. In dem Gemeinschaftsprojekt der EVN mit dem Abwasserverband Wiener Neustadt wird Biogas aus Kofermenten erzeugt und nach Abtrennung von Schwefelwasserstoff (H2S) und Kohlendioxid (CO2) zu einspeisefähigem Biomethan aufbereitet. Dabei kommen diverse innovative Techniken zum Einsatz. Mehr als 1 Mio. m3 aufbereitetes Biogas (Biomethan) sollen jährlich erzeugt werden und über eine 2,5 km lange Leitung in das Gasnetz der EVN eingespeist werden. 37
Interview/ Klimawandel/ Fotos Michael Kammeter
Klimaschutz im Dilemma Mit welchen Szenarien die Menschheit rechnen muss, wenn kein Ausweg aus der Klimaerw채rmung gefunden wird, beleuchtet Dr. Mojib Latif im Interview.
Dr. Mojib Latif am Kieler Hafen. Seine Berechnungen haben ergeben: Wird die Klimaerw채rmung nicht gestoppt, steigt der Meeresspiegel langfristig um 80 m. 38
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er Meereswissenschafter Dr. Mojib Latif befasst sich seit Jahren mit dem Klimawandel und den Auswirkungen auf unsere Ökosysteme. Im Interview kritisiert er das Versagen der Politik, glaubt aber, dass Partnerschaften zwischen Regionen, aber auch Unternehmen, neue Lösungsansätze bieten. ____ Knapp ein Jahr ist seit der UN-Klimakonferenz in
____ Erkennen Sie einen Ausweg aus diesem Dilemma? Es gilt als sicher, dass es auf der nächsten Konferenz in Cancún kein Nachfolgeabkommen zu Kyoto geben wird. Und selbst dieses Abkommen, das 2012 ausläuft und einen völkerrechtlichen Vertrag darstellt, bleibt bei Nichteinhaltung ohne Konsequenzen. Nur einige Länder wie etwa Deutschland können auf eine passable Entwicklung verweisen. Die USA haben das Protokoll damals erst gar nicht ratifiziert, und südeuropäische Länder wie Spanien oder Italien haben den zugestandenen Nachholbedarf bei weitem überschritten. Deshalb sollten wir
© Credits Blindtext
Kopenhagen vergangen – was ist zwischenzeitlich passiert? Die Konflikte sind seit dem Scheitern dieser Klimakonferenz offen zutage getreten. Ich habe damals bereits von einem Klima-Mikado gesprochen: Der, der sich zuerst bewegt, hat verloren. So der Irrglaube der verantwortlichen Akteure. Und tatsächlich hat sich seither keine Nation wesentlich in ihrer Einstellung bewegt. Vor allem die US-Amerikaner nicht – und
damit hatten auch die Inder und Chinesen eine willkommene Ausrede, nicht reagieren zu müssen. Und warum sollten die Europäer im Alleingang etwas unternehmen?
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„Wir müssen intelligent genug sein, uns rechtzeitig eine Alternative zu fossilen Brennstoffen zu überlegen.“
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Klimawandel
erst gar nicht auf ein weiteres globales Abkommen warten, sondern es gilt nun, Partnerschaften zu schmieden. ____ Partnerschaften welcher Art? Zwischen einzelnen Regionen, aber auch Kooperationen zwischen Unternehmen. Ein guter Ansatz könnte beispielsweise das Wüstenstrom-Projekt Desertec werden, das den Bau von Solarkraftwerken in Nordafrika zum Ziel hat und damit die Energieversorgung vor Ort, aber auch jene in Europa revolutionieren würde. Die größten deutschen Industriekonzerne beabsichtigen, während der nächsten zehn Jahre Investitionen in Höhe von bis zu 400 Mrd. Euro dafür zu tätigen. Um den aktuellen Gesamtenergiebedarf der Menschen abdecken zu können, müssten etwa 0,6 Prozent der Landfläche mit Solaranlagen bebaut werden. Und es gibt ja auch noch Windkraft, Erdwärme usw. Da tun sich völlig neue Ansätze auf. ____ Und wenn es nicht gelingt, die Klimaerwärmung bis 2050 auf 2 Grad Celsius einzudämmen? Der Weg ist vorgezeichnet, die Klimaerwärmung können wir ja heute schon messen – auch wenn wir mit einem Plus von 0,7 Grad Celsius während der letzten 100 Jahre noch am Anfang stehen. Wenn die Menschheit so weitermacht wie bisher, wird es gegen Ende dieses Jahrhunderts um 4 bis 6 Grad Celsius wärmer sein als vor der Industrialisierung. Das wäre ein Niveau, das die Menschheit noch nie erlebt hat. Die Auswirkungen wären in jeder Hinsicht fatal.
Dr. Mojib Latif: Zur Person
Q Dr. Mojib Latif ist Professor am Leibniz-Institut für Meereswissenschaften IFM-GEOMAR an der Universität Kiel. Für seine Forschungsarbeit hat er zahlreiche wissenschaftliche Auszeichnungen erhalten, zuletzt den Deutsche-Bank-IFM-GEOMARMeeresforschungspreis. Zudem bringt er seine Expertise in nationalen und internationalen Organisationen und dem CAU Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ ein. In den Jahren 2001 und 2007 war Latif Mitautor der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, Weltklimarat)-Berichte.
vermehrten Umschichtungen und Murenabgängen zu rechnen. Höhere Temperaturen bedeuten aber auch, dass aufgrund höherer Verdunstung mehr Wasser im Umlauf ist. Die Starkniederschläge werden zunehmen. Wie massiv diese Auswirkungen tatsächlich das Leben der Menschen in Europa beeinflussen werden, ist natürlich schwer prognostizierbar. ____ Manche sprechen von einer temporären Abkühlung ... Das Klima unterliegt natürlichen Schwankungen. Es macht aber keinen Sinn, diese kurzen Zeiträume zu fokussieren. Der längerfristige Trend der Erwärmung gilt als unbestritten.
____ Können Sie dazu Beispiele nennen? Die Erde wäre letztlich eisfrei und der Meeresspiegel um 80 m höher als heute; nicht sofort, aber im Laufe der darauf folgenden Jahrtausende. Entscheidend dabei ist, dass die heutige Einflussnahme auf das Klima irreversibel ist. Wenn wir es nicht schaffen, die treibhausrelevanten Emissionen zu stoppen, wird das Klima Kipppunkte erreichen – eine Umkehrung der Entwicklung wäre nicht mehr möglich. Wir wissen nicht, ob diese Schwellwerte bei einer Erwärmung von 2, 3 oder 1,5 Grad Celsius liegen. Wir fahren also mit Höchstgeschwindigkeit im Nebel und können nicht erkennen, ob da eine Wand steht oder nicht. Die genannten 2 Grad Celsius sind der Ausdruck einer Hoffnung, dass wir mit einer Schramme davonkommen – und dahinter steckt auch ein gehöriges Maß an Pragmatismus; eine geringere Erwärmung bis 2100 ist faktisch nicht mehr zu erreichen.
____ Gibt es für Unternehmen in diesem Umfeld Chancen?
____ Was bedeutet diese Erwärmung um 2 Grad Celsius?
____ Das Ende des fossilen Zeitalters bringt eine Trendwende?
Auch die damit verbundenen Auswirkungen auf den Menschen wären völlig neu. Während der letzten Million Jahre lag die höchste Temperatur bei 16 Grad Celsius, während der Eiszeit bei 10 Grad Celsius. Heute liegt die Erdmitteltemperatur bei 15 Grad Celsius und – wenn wir es schaffen, die Erwärmung einzudämmen – im Jahr 2100 bei 17 Grad Celsius. In Europa wird es keine Gletscher mehr geben, die Arktis im Sommer eisfrei sein.
Selbst wenn mit dem erwarteten Peak Oil, dem Ölfördermaximum, das wir in etwa 20 Jahren erreichen werden, die Preise explodieren, ist es dann meines Erachtens für eine Trendwende zu spät. Gleichzeitig wäre damit eine weltweite Rezession verbunden. Das kann nicht unser Ziel sein. Wir müssen intelligent genug sein, uns rechtzeitig eine Alternative zu überlegen. _____
____ Was heißt das für die Menschen in Europa? Wenn Gebirgszüge keinem Frost ausgesetzt sind, ist mit EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Absolut, vor allem für solche, die es schaffen, Wachstum von Umweltauswirkungen zu entkoppeln. Die Wirtschaftskrise hat gezeigt, dass mit einem Rückgang des BIP auch die Emissionen stark zurückgehen. Diese Korrelation müssen wir durchbrechen. Der Bereich der erneuerbaren Energien ist ein gutes Beispiel dafür. Mir ist es aber auch wichtig zu betonen, dass es CO2-Einsparmöglichkeiten gibt, die in der öffentlichen Diskussion regelmäßig ausgeblendet werden. Alleine auf die kontinuierliche Abholzung und Verbrennung von Regenwäldern entfällt global gesehen ein Emissionsanteil von 15 Prozent. Hier kann ich die Notwendigkeit absolut nicht erkennen; die Interessen von wenigen Großkonzernen, die hinter diesem Wahnsinn stehen, sind nicht zu vertreten.
Die EVN hat Dr. Latif zu diesem Interview eingeladen, um die Sicht eines externen Experten in die Berichterstattung aufzunehmen. Seine Ansichten müssen sich nicht mit jenen der EVN decken. Als Gegenleistung für dieses Interview wünschte sich Dr. Latif eine Spende an UNICEF.
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Reportage/ Südosteuropa/
Fotos Gerald Rücker (EVN)
Werfen wir einen Blick auf die Wasserkraftprojekte an den albanischen Flüssen Devoll und Drin sowie am Fluss Gorna Arda in Bulgarien. Drei internationale Projekte der EVN, die ein Ziel gemeinsam haben: die nachhaltige Verbesserung der Energieversorgung der ganzen Region.
Wasserkraft für Südosteuropa
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or der beeindruckenden Kulisse der verwunschenen Berge, die auch Albanische Alpen genannt werden, schlängelt sich im Norden Albaniens der Fluss Drin durch die wildromantische Landschaft. Ein Gebiet von knapp 12.000 km2 wird von der Drin entwässert, der Norden und Osten Albaniens ebenso wie Regionen im Westen Mazedoniens und des Kosovo. Doch
bevor die Wassermengen etwa 50 km weiter südlich in die Adria gelangen, werden sie zur Energieerzeugung genutzt. Bereits seit Jahren sind die Wasserkraftwerke Vau-Deja, Koman und Fierza in Betrieb. In Form einer Kooperation zwischen der EVN und der VERBUND AG wird nun das letzte Kraftwerk dieser Kette errichtet. Unweit des Dorfes Ashta, das südlich von Shkoder,
Die Bauarbeiten in Ashta schreiten zügig voran, ab 2012 soll Strom in das Netz eingespeist werden. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
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Südosteuropa
„Mit Ashta setzt die EVN einen strategischen Meilenstein.“ Dipl.-Ing. Dr. Peter Layr, Mitglied des Vorstands der EVN
Was ist Hydromatrix®?
Q Turbinen-Lösung. Dieses Konzept ist eine führende Lösung des österreichischen Unternehmens ANDRITZ AG, das für Wasserkraft-
werke im Niederdruckbereich bei bereits bestehenden Damm- oder Wehranlagen entwickelt wurde. Die kleinen Propellerturbinen-Generator-
Einheiten sind in Form einer Matrix angeordnet und kommen auch bei den beiden Abschnitten im Kraftwerk Ashta zum Einsatz.
der viertgrößten Stadt des Landes, liegt, entsteht bis 2012 ein Flusskraftwerk mit zwei Staustufen.
holt werden. Seit März 2010 wird gebaut. Ab 2012 soll Strom in das 110-kV-Netz von Albanien eingespeist werden.
Das Kraftwerk Ashta. Nachdem die VERBUND AG im Juli 2008 die internationale Ausschreibung für sich gewinnen konnte, wurde nur wenige Monate später im Beisein des albanischen Ministerpräsidenten Sali Ram Berisha der Konzessionsvertrag unterzeichnet. Die Projektgesellschaft Energji Ashta SHPK wurde gegründet. Im April 2010 wurde ein Syndikatsvertrag zwischen der EVN und der VERBUND AG abgeschlossen, der beiden Unternehmen je 50 Prozent der Anteile am Wasserkraftwerk Ashta sichert. Der Zeitplan zur Realisierung war von jeher ambitioniert. Alle Genehmigungen für das Projekt konnten in der Rekordzeit von nur einem Jahr einge-
In beiden Kraftwerksabschnitten kommen keine konventionellen Kaplanturbinen zum Einsatz, sondern jeweils 45 kleinere, sogenannte Matrix-Turbinen. Sie ermöglichen den Betrieb auch bei einer geringeren Strömungsgeschwindigkeit und steigern so die Effizienz bzw. die Erzeugungskapazität der Anlagen. Der erste Kraftwerksabschnitt nutzt die Fallhöhe des Spathara-Staubeckens, das bereits vor rund 30 Jahren mit Überlaufwehr und kleineren Bewässerungsanlagen für landwirtschaftliche Zwecke errichtet wurde. Pro Sekunde werden mehr als 500 m3 Wasser die 45 Matrix-Turbinen antreiben. Die zweite Turbinenreihe
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Weltweit größtes Hydromatrix-Kraftwerk.
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wird nach einem rund 5 km langen und sehr tief liegenden Ausleitungskanal installiert, der unweit des Dorfes Ashta verläuft.
Strom für 100.000 Haushalte. Mit einer installierten Gesamtleistung von 50 MW werden die beiden Turbinenanlagen jährlich rund 240 GWh Strom erzeugen und damit etwa 100.000 albanische Haushalte mit sauberem Strom aus Wasserkraft versorgen. „Wir nutzen die Wasserkraft des Flusses Drin auf eine sehr effiziente Weise“, betont Peter Stelzer, Projektverantwortlicher der EVN und Geschäftsführer von Energji Ashta. „Das Projekt Ashta liefert aber nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung des Landes, sondern auch wichtige gesamtwirtschaftliche Impulse für die Region“, so Stelzer weiter. In Summe investieren die VERBUND AG und die EVN rund 200 Mio. Euro. Nach Ablauf der Konzessionslaufzeit von 35 Jahren geht das Kraftwerk Ashta in das Eigentum der Republik Albanien über.
Wasserkraftwerke am Fluss Devoll. Eine gänzlich andere Dimension erreicht ein weiteres Projekt der EVN in Albanien, das in Form eines 50:50-Joint-Ventures mit dem norwegischen Partner Statkraft, dem größten europäischen Stromproduzenten im Bereich erneuerbarer Energie, während der nächsten Jahre realisiert wird. Nachdem die EVN bereits im Jahr 2007 der albanischen Regierung erste Machbarkeits-
Dipl.-Ing. Dr. Peter Layr Mitglied des Vorstands der EVN
Q Dr. Layr: „Die EVN ist seit mehreren Jahren in Südosteuropa aktiv und für die Energieversorgung von rund 2,5 Millionen Kunden/ innen in Bulgarien und Mazedonien verantwortlich. Mit unserer Beteiligung an der Errichtung des albanischen Wasserkraftwerks Ashta werden wir erstmals auch über nennenswerte Produktionskapazitäten in dieser Region verfügen. Wir sind nach wie vor vom Wachstumspotenzial dieser Region überzeugt. Der wirtschaftliche Aufholbedarf ist enorm; bis 2020 wird für Albanien ein jährlicher Anstieg des Stromverbrauchs von 4 Prozent prognostiziert! An diesem Wachstum wollen wir partizipieren und gleichzeitig einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes leisten.“
studien zur Nutzung der Wasserkraft der Devoll unterbreitet hatte, ging sie aus dem anschließenden internationalen Vergabeverfahren als Bestbieter hervor. Der Konzessionsvertrag wurde im Dezember 2008 unterzeichnet. Seither laufen die Vorbereitungsarbeiten auf Hochtouren, mit einem Baustart wird für Ende 2012 gerechnet. In Summe wird sich das Investitionsvolumen je nach Ausbaustufe in einer Bandbreite von 735 Mio. Euro bis knapp 1.000 Mio. Euro bewegen. Errichtet werden während eines voraussichtlichen Realisierungszeitraums von vier bis sechs Jahren drei Spitzenlast-Speicherkraftwerke mit einer geplanten Kapazität von 255 MW bis knapp über 380 MW.
Wasserkraft für Bulgarien. In einem vergleichsweise frühen Stadium befindet sich das dritte Wasserkraftprojekt, das die EVN aktuell im südosteuropäischen Raum verfolgt. Im Juli 2010 wurde eine Absichtserklärung zur Errichtung eines Joint Venture mit dem staatlichen bulgarischen Stromkonzern NEK abgeschlossen. Ziel dieses Unternehmens ist der Bau von drei Wasserkraftwerken am Fluss Arda im Südosten Bulgariens. Zur Versorgung von rund 140.000 bulgarischen Haushalten ist die Errichtung einer Gesamtkapazität von bis zu 170 MW in mehreren Ausbauschritten geplant. EVN beabsichtigt in einem ersten Schritt 30 Prozent am Projekt zu erwerben und in einem zweiten Schritt auf 70 Prozent zu erhöhen. Aktuell werden fundierte Machbarkeitsstudien erstellt.
Grenzüberschreitend. Die EVN strebt zur sicheren
Arbeiter in Ashta im Norden Albaniens EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Versorgung ihrer Kunden/innen in Südosteuropa einen flexiblen Energiemix aus Wasser- und Wärmekraft sowie Alternativenergie nach dem erfolgreichen Muster Niederösterreichs an. Die Realisierung der Wasserkraftwerke in Albanien und Bulgarien liefert dazu einen wichtigen Beitrag. Zum Wohle der Bevölkerung, der wirtschaftlichen Entwicklung, aber ebenso als Beitrag zum Klimaschutz. ___________________________ 45
Arbeit, aber sicher Verantwortungsvoller Arbeitgeber. Die EVN beschäftigt in Bulgarien und Mazedonien rund 5.600 Mitarbeitende und ist damit einer der wichtigsten Arbeitgeber in dieser Region. Interkulturelle Treffen und Arbeitsgemeinschaften stellen einen länderübergreifenden Know-how- und Erfahrungsaustausch sicher. Dank umfangreicher Sicherheitsschulungen und neuer Schutzausrüstungen konnte die Zahl der Arbeitsunfälle in den vergangenen Jahren erheblich gesenkt werden. Trotz aller Bemühungen waren 2009 drei Arbeitsunfälle mit Todesfolge zu verzeichnen. Die EVN bedauert dieses Unglück aufrichtig. Auch in Zukunft wird die EVN die Initiativen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit intensiv fortführen.
EVNews
Die wichtigsten Informationen und News aus den
Wasserkraft für Mazedonien
Produktionssteigerung. Die EVN investierte während der letzten Jahre massiv in die Revitalisierung von elf Kleinwasserkraftwerken in Mazedonien und konnte so die Produktion erheblich steigern. Während in den Jahren vor 2009 rund 100 GWh Strom pro Jahr erzeugt wurden, waren es 2009 bereits 150 GWh. Dieser Wert wurde 2010 schon in den ersten sechs Monaten erreicht. Der Einsatz neuer Technologien, die einen automatisierten Betrieb ermöglichen, und die Erhöhung der Kapazitäten in den Wasserkraftwerken Matka und Pena sind besonders hervorzuheben.
Erneuerbare Energie in Bulgarien Leistungsstärkste Photovoltaikanlage der EVN. Der im Mai 2010 in Betrieb genommene Photovoltaikpark im bulgarischen Blatets weist eine Gesamtleistung von knapp 840 Kilowatt Peak (kWp) aus und ist damit die leistungsstärkste Photovoltaikanlage der EVN. Durch dieses Projekt wird ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz geleistet. Windkraft wird zukünftig im Nordosten Bulgariens, in Kavarna, genutzt, wo die EVN im Rahmen eines Joint Venture einen Windpark errichtet. Die Inbetriebnahme ist für 2012 geplant. 46
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Südosteuropa
Kroatien gibt Gas Gasnetze für Kroatien. In internationalen Bieterverfahren um drei Konzessionen für die Errichtung und den Betrieb des Erdgasnetzes in den kroatischen Gespanschaften Zadar, Sibenik-Knin und Split ging die EVN als Bestbieter hervor. Bis 2012 wird ein Verteilnetz mit einer Gesamtlänge von knapp 1.450 km errichtet. Dafür werden zwischen 72 und 105 Mio. Euro investiert. Rund 130.000 Haushalte werden so künftig mit Gas versorgt.
kurz & gut Q EVN in Südosteuropa. Seit 2004 ist die EVN in Bulgarien und seit 2006 in Mazedonien aktiv. Aufgrund des wirtschaftlichen Aufholprozesses besteht in dieser Region beachtliches Wachstumspotenzial. Mit steigendem Lebensstandard wird auch ein erhöhter Energieverbrauch einhergehen. Die EVN investiert daher in den Aufbau eigener Produktionskapazitäten in Südosteuropa, wobei Wasserkraftprojekte in Albanien und Bulgarien fokussiert werden.
Märkten Albanien, Bulgarien, Kroatien und Mazedonien. Stromnetzanlagen der EVN 1.635.000
813.000
807.000
EVN in Österreich
3,6 Millionen Kunden
EVN in Bulgarien
EVN in Mazedonien
Bulgarien und Mazedonien. Während die EVN in Österreich rund 807.000 Kunden/innen mit Strom versorgt, sind es in Bulgarien und Mazedonien in Summe fast dreimal so viele – zuletzt wurden rund 2,4 Millionen Stromnetzanlagen gezählt. In Bulgarien versorgt die EVN zusätzlich rund 35.000 Kunden/innen mit Fernwärme.
Modernste Cogeneration-Anlage am Balkan Erhöhung der Versorgungssicherheit. Am Areal eines bestehenden Fernheizkraftwerks im bulgarischen Plovdiv errichtet die EVN eine Cogeneration-Anlage zur kombinierten Erzeugung von Strom und Wärme. Der große Vorteil dieser modernen Technologie: Bei konventionellen Methoden der Energieerzeugung wird die Abwärme in Form von Kondenswärme ungenutzt in die Umwelt abgegeben. Die Cogeneration-Technologie nutzt hingegen diese Abwärme und erzeugt Wärme und Strom in einem kombinierten Prozess. Mit reinem Erdgas wird nach Fertigstellung Ende 2011 eine hocheffiziente Kombination aus Gas- und Dampfturbine mit einer elektrischen Leistung von 55 MW angetrieben. Das TEZ Plovdiv Sever wird dann die modernste Cogeneration-Anlage auf dem gesamten Balkan sein und die Versorgungssicherheit deutlich verbessern. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Q Wichtiger Investor. Seit dem Markteintritt in Bulgarien und Mazedonien hat die EVN in Summe rund 489,0 Mio. Euro in die Verbesserung der Infrastruktur und des Kundenservices investiert – alleine im Berichtsjahr waren es 100,7 Mio. Euro. Die Investitionsschwerpunkte bildeten die weitere Modernisierung der Netzinfrastruktur und der Zähleranlagen. Q Konflikt mit Republik Mazedonien. Vor dem Hintergrund der am 8. Mai 2009 von der EVN AG gegen die mazedonische Regierung eingebrachten Schiedsgerichtsklage zum Schutz der getätigten Investitionen haben am 28. Juli 2010 die Regierung Mazedoniens und die EVN einer schrittweisen, gemeinsamen Klärung aller zurzeit offenen Fragen und Probleme zwischen den beiden Parteien zugestimmt. Durch die Festlegung von Kriterien und eines Zeitplans für die Umsetzung soll in den nächsten Monaten durch intensive Verhandlungen auf bilateraler Ebene zwischen den Parteien eine Win-win-Situation sowohl für die Regierung als auch für die Bürger/innen und die EVN geschaffen und Vertrauen gestärkt werden.
47
Reportage/ Group HR-Day/ Fotos Michael Kammeter
Wandel als Chance
In den vergangenen Jahren entwickelte sich die EVN vom regionalen Energieanbieter zum internationalen Energie- und Umweltdienstleister. Durch diesen Wandel wurde das Team der EVN internationaler. Dank des aktiven und laufenden Dialogs profitieren die Mitarbeitenden und damit das Unternehmen von dieser kulturellen Vielfalt.
48
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
EVN Personalmanager aus vier Ländern treffen einander zum Erfahrungsaustausch.
E
s geht um Kultur, Neugier und den Austausch von Knowhow“, betont Mag. Stefan Szyszkowitz, Leiter der strategischen Geschäftseinheit Südosteuropa, gleich zu Beginn des ersten „Group HR-Day 2010“ („HR“ steht für „Human Resources“). Am 21. und 22. Oktober 2010 trafen einander die Personalmanager aus den EVN Niederlassungen in Österreich, Bulgarien, Mazedonien und Deutschland in der Unternehmenszentrale in Maria Enzersdorf, um in Workshops und Gesprächen ihre Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam Lösungen für die bevorstehenden Herausforderungen zu erarbeiten. Neben dem Erfahrungsaustausch und dem Wissenstransfer stand vor allem eines im Mittelpunkt: die Förderung des Dialogs mit und zwischen den Gesellschaften. Dass dies auch im
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Sinne der 18 Teilnehmenden des „Group HR-Day“ war, spiegelte sich in den individuellen Wünschen wider, die zu Beginn der Tagung abgefragt wurden: „Professionelles Networking“, „Austausch von Ideen“, „Voneinander lernen“ und „Verschiedene Ansichtsweisen kennen lernen“ wurden hier genannt. Das Interesse war groß und die Stimmung hervorragend. Neben Vorträgen über die Highlights der HR-Arbeit in den einzelnen Ländern wurden in Workshops aktuelle Themen des Personalwesens diskutiert und gemeinsam Lösungen erarbeitet. Um das EVN Motto „Immer für Sie da“ konzernweit leben zu können, „braucht es die richtigen und die besten Leute im Unternehmen“, wie Szyszkowitz betont. Diese zu finden ist eine der fundamentalen Aufgaben des Personalmanagements. 49
>
Der rege interkulturelle Austausch führt zu einem Know-how-Transfer, der allen zugutekommt.
Spannende Vorträge und aktive Diskussion standen auf dem Programm.
Internationalisierung. Seit der Akquisition der WTE im Jahr 2003 ist die EVN in Deutschland tätig, wie auch international. 2004 trat die EVN in den bulgarischen Markt ein, 2006 expandierte sie auch nach Mazedonien. Durch diese Erweiterung über die österreichischen Grenzen hinaus erhöhte sich auch die Zahl der Mitarbeitenden: Im Geschäftsjahr 2000/2001 zählte die EVN noch 2.204 Mitarbeitende, nach den Akquisitionen der vergangenen Jahre stieg der Personalstand auf 9.973. Durchschnittlich 8.536 Mitarbeitende waren im Berichtsjahr tätig. Davon sind 5.990 Mitarbeitende im Ausland. Neben 807.000 Netzkunden am Heimatmarkt Niederösterreich versorgt die EVN 2,4 Millionen Kunden/innen
Schwerpunkt Arbeitssicherheit
50
Q Integration. Ein Schwerpunkt bei der Integration der Tochtergesellschaften in Bulgarien und Mazedonien liegt auf der Verbesserung der Arbeitssicherheit. Neben Schulungen haben alle Mitarbeitenden moderne und
in Bulgarien und Mazedonien mit Strom. Im Geschäftsbereich Umwelt ist die EVN in 15 Ländern aktiv und realisiert Projekte wie Trinkwasseraufbereitungsanlagen und Kläranlagen (siehe ab Seite 72).
Die EVN als attraktiver Arbeitgeber. Bestens qualifizierte und engagierte Arbeitskräfte sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor, betont Mag. Wolfgang Maier, Personalleiter der EVN: „Wir müssen die richtigen Leute für unser Unternehmen gewinnen.“ Kontakte zu geeigneten Bewerbern herzustellen und zu pflegen darf daher nicht dem Zufall überlassen bleiben und ist eine wichtige Aufgabe des Personalmanagements.
standardisierte Schutzausrüstungen und Isolierwerkzeug erhalten. Wichtig ist, die Einstellung der Mitarbeitenden zum Thema Arbeitssicherheit zu verbessern und Bewusstsein zu schaffen. Dies ist das vorrangige Ziel der
Schulung „Arbeiten unter Spannung“, die neben der Theorie auch praktisches Arbeiten beinhaltet. Trainiert werden unter anderem Arbeiten an Standgerüsten, an Freileitungen und an bzw. in Mess- und Steuerverteilern. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Group HR-Day
Die EVN ist hier sehr aktiv und präsentiert sich als attraktiver Arbeitergeber, pflegt enge Kontakte zu Universitäten und nimmt regelmäßig an Karrieremessen im In- und Ausland teil. Anfang November 2009 wurde beim Karrieretag an der Technischen Universität in Plovdiv über Praktika und Karrieremöglichkeiten bei der EVN informiert. Zur selben Zeit fand im Austria Center Vienna die Career Calling 09 statt, eine Veranstaltung der Technischen Universität Wien, der Wirtschaftsuniversität Wien und der Universität für Bodenkultur mit über 130 Ausstellern und mehr als 5.000 Besuchern.
Austausch über Landesgrenzen. Seit der Übernahme der bulgarischen und mazedonischen Gesellschaften kommt es zu einem regen Dialog und Know-howTransfer. Die Entwicklung einer gemeinsamen Unternehmenskultur steht dabei im Mittelpunkt. Ausgehend von Niederösterreich werden die Grundsätze einer nachhaltig orientierten Unternehmensführung auch in den bulgarischen und mazedonischen Märkten eingeführt und umgesetzt. Um ein hohes Qualitätsniveau auch in der Aus- und Weiterbildung sicherstellen zu können, wurden nach niederösterreichischem Vorbild auch in Bulgarien und Mazedonien sogenannte „EVN Akademien“ eingerichtet: Die EVN Bulgaria Academy und die EVN Macedonia Academy bieten eine breite Palette an Seminaren und Schulungen an. Neben Sprach- und EDV-Kursen reicht das Angebot über fachspezifische Schulungen bis hin zu Programmen zur Führungskräfteentwicklung. Um den Dialog mit und zwischen den Tochtergesellschaften zu fördern, setzt die EVN auf eine offene Informationspolitik: Dazu gehören neben einer Mitarbeiterzeitschrift, in der über alle Neuerungen in der EVN
berichtet wird, auch regelmäßige internationale Treffen von Mitarbeitenden einzelner Bereiche. Neben dem „Group HR-Day“, dem internationalen Zusammentreffen aller Personalexperten, finden regelmäßig konzernweite Informationsplattformen wie das „Group Forum Legal/Insurance“, das „Commercial Group Forum“ sowie das „Energy Group Forum“ statt. Bei diesen Veranstaltungen kommt es zu einem konzernübergreifenden Austausch von Know-how. Neben dem Austausch von fachlichem Wissen stehen bei solchen Veranstaltungen die Pflege und der Ausbau von interkulturellen Kontakten im Mittelpunkt.
Dynamisches Arbeitsumfeld. Alle diese Bemühungen haben dazu geführt, dass sich die Mitarbeitenden unserer Einschätzung nach stark mit dem Unternehmen identifizieren. In Teilbereichen konnte dies auch durch bereits stattgefundene Mitarbeiterbefragungen evaluiert werden. Aus der Praxis der vergangenen Jahre berichtet Dipl.-Ing. Werner Hengst, der seit 2005 als Vorstandsmitglied der EVN Bulgaria Gruppe tätig war und seit Frühjahr 2010 als vorsitzendes Vorstandsmitglied in Mazedonien tätig ist: „Das Arbeitsumfeld hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt und war maßgeblich von der Integration der EVN Bulgaria sowie der EVN Macedonia in die EVN Gruppe geprägt. Im Rahmen der Integration kommt es regelmäßig zu „Auslandseinsätzen“ – niederösterreichische Mitarbeitende sind in Südosteuropa tätig und umgekehrt.“ Ing. Mag. Wolfgang Schäffer, Vorstandskollege von Hengst bei der EVN Macedonia, stellt fest: „Auch an Nachwuchskräften fehlt es nicht. Im Sommer hatten mehr als 30 Praktikanten die Gelegenheit, die EVN kennenzulernen. So gewinnen wir die besten Köpfe für uns.“
Mitarbeitende nach Regionen 7.667
7.170
6.874
6.374
5.990
2.563
2.546 2009/10
10.000
2008/09
12.000
8.000 6.000 4.000 2.000 2.306
2.365
2.468
Österreich
2007/08
2006/07
2005/06
0
Ausland
In Makedonski Brod in Mazedonien wurde im Geschäftsjahr 2008/09 ein eigenes Schulungszentrum eröffnet, wo seither die Schulung „Arbeiten unter Spannung“ abgehalten wird. Konzernweit wurde die Schulung „Arbeiten EVN Ganzheitsbericht 2009/10
unter Spannung“ im Berichtsjahr 52-mal abgehalten, 1.092 Mitarbeitende haben daran teilgenommen. Insgesamt wurden 436 Schulungen mit sicherheitsrelevanten Inhalten von 6.120 Teilnehmenden absolviert.
51
>
Themen wie Talentemanagement und Mitarbeitermotivation wurden in Workshops bearbeitet.
Aus- und Weiterbildung. Mag. Jörg Sollfelner, vorsitzendes Vorstandsmitglied der EVN Bulgaria Gruppe meint, dass zur erfolgreichen Integration sicherlich die vielfältigen Maßnahmen im Bereich der Aus- und Weiterbildung beitragen. Neben Sprachkursen (Deutsch, Englisch), Seminaren für Mitarbeitende im Kundendienst sowie Projektmanagementkursen, lag im Berichtsjahr ein Schwerpunkt auf Schulungen, die mit den neuesten Technologien vertraut machen. So wurden die Mitarbeitenden insbesondere im Umgang mit dem neuen Software-Programm „SAP“ geschult. SAP, eine Software für kaufmännische Bereiche, wurde im Berichtsjahr implementiert.
der ausländischen Märkte, in denen wir tätig sind, bestmöglich auszuschöpfen“, so Dipl.-Ing. Dr. Peter Layr, Vorstand der EVN. Bei der EVN Bulgaria und der EVN Macedonia lagen die Schwerpunkte der Aus- und Weiterbildung neben Sprachkursen und Präsentations- und Moderationsseminaren auf Schulungen für Führungskräfte und der Schulung „Arbeiten unter Spannung“ zur Verbesserung der Sicherheit. Layr ergänzt: „Die Versorgungssicherheit und -qualität sowie die Arbeitssicherheit konnten deutlich gesteigert werden. Personell wie auch organisatorisch verfügen wir über eine solide Basis und sind gut gerüstet für die Zukunft.“
Ausschöpfen des Potenzials. „Die Restrukturierung wurde erfolgreich abgeschlossen, und wir befinden uns in der Optimierungsphase. Unser Ziel ist es nun, das große Potenzial
Wandel als Chance. Die Veränderungen innerhalb
Über kulturelle Unterschiede und erfolgreiche Frauen 52
der EVN in den letzten Jahren bieten eine Chance. Dazu ist es aber wichtig, Veränderungen positiv anzunehmen. Deshalb
„In Bulgarien ist es üblich, dass Frauen berufstätig sind und Verantwortung tragen“, kommentiert Mag. Jeanette Stoitschewa ihren Aufstieg zur Leiterin der konzernweiten Customer Relations. „Aus meiner Erfahrung entscheidet die
Qualifikation.“ Benachteiligungen musste sie in ihrer Laufbahn keine erfahren: „Ich hatte bisher die Möglichkeit, meinen Interessen zu folgen.“ Der Wechsel nach Österreich bedeutete Auseinandersetzung mit kulturellen UnterEVN Ganzheitsbericht 2009/10
Group HR-Day
steht die Weiterentwicklung der Führungskräfte ganz oben auf der Agenda der Personalverantwortlichen. Denn auch nach langjähriger Berufserfahrung hat man noch nicht ausgelernt, wie Maier beim „Group HR-Day“ bestätigt. „Die Zeiten haben sich geändert, daher müssen sich auch die Führungskräfte ständig weiterentwickeln.“ Spezielle Angebote für das Management und für qualifizierte Nachwuchskräfte werden von allen EVN Akademien angeboten.
Bildung als Schlüssel zum Erfolg
Q Der Erfolg der EVN basiert auf dem Engagement und der Qualifikation der 8.536 Mitarbeitenden, weshalb im Berichtsjahr rd. 2,7 Mio. Euro alleine in deren Aus- und Weiterbildung investiert wurden.
Durchschnittliches Bildungsbudget pro Mitarbeitenden (in Euro)
350 300
„EVN SUN 2010“. Neben der Führungskräfteentwicklung steht das Talentemanagement – und damit die Absicherung des Nachwuchses – im Fokus. Ein maßgeschneidertes Angebot für vielversprechende Kandidaten feierte im Berichtsjahr seine Premiere: Vom 14. bis 19. September 2010 wurde erstmals die EVN Summer University „EVN SUN 2010“ veranstaltet. Der Sommerkurs fand in Ottenstein statt und richtete sich an junge Führungskräfte und Manager/innen aus Österreich, Bulgarien und Mazedonien. Gemeinsam mit der Executive Academy der Wirtschaftsuniversität Wien wurde ein Seminarprogramm entwickelt, das den insgesamt 20 Teilnehmenden die Möglichkeit gab, in Form von Fallstudien und praktischen Aufgabenstellungen weit über ihr tägliches Aufgabengebiet hinauszublicken. Der Aufbau bzw. die Förderung von talentierten Mitarbeitenden und Führungskräften ist ein wichtiges strategisches Ziel und stand bei der „EVN SUN 2010“ im Mittelpunkt, bestätigt Maier: „Wir müssen Talente finden und fördern, sodass sie sich für höhere Positionen qualifizieren.“ Auf ein klassisches Auswahlverfahren – eine Nominierung durch den Vorgesetzten – wurde verzichtet. Die Teilnahme erfolgte auf freiwilliger Basis. Das notwendige Engagement, sich in den Seminaren einzubringen, wurde durch diese Selbstselektion sichergestellt. Das Bewerbungsverfahren umfasste ein Motivationsschreiben sowie Recherche- und Vorbereitungsaufgaben. Bereits mit ihrer Anmeldung zur EVN Summer University haben die Teilnehmenden ein deutliches Zeichen für ihr Interesse an neuen künftigen Verantwortungsbereichen und Herausforderungen gesetzt. Das Programm wurde in englischer Sprache abgehalten, was für alle Teilnehmenden eine Herausforderung darstellte, da niemand Englisch als Muttersprache sprach. In den Seminaren, die von internationalen Vortragenden geleitet wurden, standen Themen wie „Strategie“, „Change Management“, „Innovation“ und „Leadership“ im Mittelpunkt. Um einen Praxisbezug sicherzustellen, wurden Fallstudien behandelt und diskutiert. Weiters gab es die Möglichkeit,
schieden. „Es hat mich beeindruckt, dass Frauen – und mittlerweile auch Männer – zuhause bei ihren Kindern bleiben. In Bulgarien ist das kaum üblich. Abgesehen von der Karenzzeit, strebt man eine Vollzeitbeschäftigung an, nicht nur aus EVN Ganzheitsbericht 2009/10
finanziellen Gründen.“ Dies erklärt die geringe Zahl der Teilzeitbeschäftigten in den ausländischen Töchtern. Positiv hebt Stoitschewa das Arbeitsklima hervor: „Der Umgang miteinander ist sehr freundlich. Man begegnet einander mit Achtung.“
250 200 150
314,9
324,5
314,1
2007/08
2008/09
2009/10
100 50 0
Mag. Wolfgang Maier, Personalchef der EVN, Group HR-Day Fragen mit dem Managementteam der EVN zu diskutieren, auch Generaldirektor Dr. Hofer stand bei einem Kamingespräch Rede und Antwort. Wichtiger Hintergrund der „EVN SUN“ ist neben der Förderung talentierter Führungskräfte das Etablieren eines internationalen konzerninternen Netzwerks. Am Ende des Programms wurde der EVN SUN Alumniverband ins Leben gerufen, der unter der Führung von Frau Aneta Petrovska aus Mazedonien steht. Damit der Kontakt nicht abreißt und alle durch die kulturelle Vielfalt bereichert werden. _______________________ 53
Ausgezeichnete Ideen EVN Ideenmanagement. In den Mitarbeitenden schlummert viel kreatives Potenzial. Dieses nutzt die EVN im Rahmen des Ideenmanagements bereits seit über zehn Jahren. Die Mitarbeitenden der EVN kennen die Arbeitsabläufe, Produkte und Services am besten und wissen, wo Verbesserungsund Einsparungspotenzial gegeben ist. Engagiert bringen sie laufend Ideen aus allen Bereichen des Arbeitsalltags ein. Zusätzlich findet jährlich ein Themenwettbewerb statt, der unter ein Motto gestellt wird: 2009 war es „Gemeinsam für noch mehr Nachhaltigkeit“. Insgesamt 33 Ideen wurden eingereicht, zwei herausragende Ideen wurden prämiert – die Fernsteuerung der Trafostationen bei Stromausfällen sowie eine Montagehilfe zur sichereren und einfacheren Kabelmontage.
EVNews
In Zeiten des Wandels sind motivierte und fachlich
Karriere mit Lehre
Nachwuchs. Die Ausbildung von Jugendlichen hat bei der EVN eine lange Tradition. Einerseits um den künftigen Bedarf an qualifizierten Fachkräften aus eigener Kraft decken zu können, andererseits als Ausdruck des Verantwortungsbewusstseins gegenüber der Gesellschaft. Mit 1. September 2010 konnten sieben Lehrlinge ihre Lehre als Elektroinstallationstechniker/in bei der EVN beginnen, womit im Berichtsjahr im Durchschnitt 64 Auszubildende beschäftigt waren. Die theoretische Ausbildung in der Berufsschule und der praktische Einsatz im Unternehmen werden durch Seminare begleitet. Zudem fördert die EVN fachübergreifende Qualifikationen, wie etwa die Lehrausbildungen zum Gasund Wärmetechniker/in. Nach dem Lehrabschluss unterstützen erfahrene Kollegen/innen den Technikernachwuchs und stellen sicher, dass das Know-how im Unternehmen bleibt.
Zeit für Reflexion Mitarbeitermotivation. Einmal im Jahr bewusst die eigene Leistung und die Zusammenarbeit reflektieren – das ist Zweck der neuen Feedback- und Orientierungsgespräche (FOG). Ziel eines FOG ist aber mehr als die bloße Beurteilung durch den Vorgesetzten. Es geht neben Arbeitsverhalten und -qualität vor allem um die Vereinbarung konkreter Entwicklungsziele und -maßnahmen. Geführt werden die Gespräche von den unmittelbaren Vorgesetzten, die speziell dafür geschult wurden. Nach einer Pilotphase werden seit Februar 2010 die Feedbackgespräche in allen größeren österreichischen Konzernunternehmen durchgeführt. Regelmäßige Mitarbeitergespräche finden auch in Bulgarien statt. Die Rückmeldungen sind durchaus positiv. 54
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Mitarbeiter
Talente gesucht Berufseinstieg bei der EVN. Junge Talente für die EVN zu gewinnen ist eine der wichtigsten Aufgaben des Personalmanagements. Daher werden jährlich über 200 Praktikumsplätze an Schüler/ innen und Studenten/innen in Österreich vergeben. Für ihr Engagement wurde die EVN bei dem Wettbewerb „place to perform“, der jährlich die besten Praktikumsangebote österreichischer Unternehmen prämiert, mit dem 4. Platz ausgezeichnet. Auch in Bulgarien und Mazedonien bietet die EVN Studenten/ innen im Rahmen von Praktika und Traineeprogrammen die Möglichkeit, Praxiserfahrung zu sammeln.
kurz & gut Q EVN Service-Stern für Mitarbeitende. Hohe Qualitätsstandards und zufriedene Kunden/innen sind für die EVN besonders wichtig. 2009 wurden daher erstmalig Mitarbeitende mit dem EVN Service-Stern ausgezeichnet. Verliehen wurde er an jene, die sich so außerordentlich um ihre Kunden/innen bemüht haben, dass sie von ihnen sogar schriftliches Lob erhielten. Die Mitarbeitenden bekamen den Stern direkt von den zufriedenen Kunden/ innen überreicht. Q Gesund im Gleichgewicht bleiben. Um in dem oft stressigen Arbeitsalltag im Gleichgewicht zu bleiben, darf auch die Gesundheit nicht vernachlässigt werden. Die EVN setzt daher im Rah-
versierte Mitarbeitende ein großes Kapital. Daran arbeitet die EVN.
Beruf und Familie Flexible Modelle. Vor allem Mitarbeitenden mit Kindern versucht die EVN die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern. Flexible Arbeitszeiten (Gleitzeit ohne Kernzeit) und Teilzeitmodelle gehören ebenso dazu wie das Kontakthalten während der Karenzzeit. Regelmäßig finden informelle Treffen von Müttern und Vätern mit den Personalverantwortlichen statt, um den Wiedereinstieg nach der Karenz zu besprechen, aber auch um über aktuelle Entwicklungen im Unternehmen am Laufenden zu sein. Dank individuell gestaltbarer Lösungen bleibt das Wissen qualifizierter Mitarbeitender dem Unternehmen erhalten. Der Großteil der Mütter und Väter kehrt nach der Karenz wieder ins Unternehmen zurück. Auch immer mehr Männer nutzen die Väterkarenz: Im Berichtsjahr waren drei Männer zur Kinderbetreuung freigestellt. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
men ihres Gesundheitsmanagements viele Aktionen. Neu starten im Herbst 2010 die EVN Akademie-Seminare zum Thema Burnout-Prävention. Q Stolz und motiviert. Das Ergebnis der vom GfK-Institut durchgeführten Zufriedenheitsstudie bei der EVN Macedonia ist äußerst erfreulich: Demnach sind über 80 Prozent der Mitarbeitenden stolz darauf, für die EVN zu arbeiten. Positiv hervorgehoben wurden die Führungspersönlichkeiten im Unternehmen sowie die gute Teamarbeit. Die EVN hat in Mazedonien eine derartige Umfrage zum ersten Mal durchgeführt. 86 Prozent aller Mitarbeitenden haben daran teilgenommen und damit einen wertvollen Beitrag zur kontinuierlichen Verbesserung geleistet.
55
Reportage/ Versorgungssicherheit/ Fotos Gerald Rücker, EVN
Strom und Gas, aber sicher!
Mit der 120 km langen „Südschiene“ sorgt die EVN für eine sichere Gasversorgung in Niederösterreich und über die Landesgrenzen hinaus. Das größte Gasleitungsprojekt der Unternehmensgeschichte!
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EVN Ganzheitsbericht 2009/10
F
ür die EVN ist die sichere und störungsfreie Versorgung ihrer Kunden/innen mit Strom und Gas eine der wichtigsten Aufgaben. Laufende Investitionen in die Modernisierung der Infrastruktur, exzellentes Know-how und hohe Effizienz sind dabei unabdingbar. Am Beispiel des Projekts „Südschiene“ zeigt sich, wie weitere positive Effekte – neben der Steigerung der Versorgungssicherheit – generiert werden können. So wird die lokale Wirtschaft gefördert, und archäologische Funde, die während der Arbeiten gehoben wurden, bereichern die Kulturgeschichte Niederösterreichs. Auch werden durch zahlreiche begleitende Maßnahmen die Eingriffe in die Natur möglichst gering gehalten.
Das Projekt „Südschiene“. Um die Gasversorgung im Süden Österreichs auch in Zukunft gewährleisten zu
können, errichtet die EVN Netz GmbH zurzeit die „Südschiene FL Süd3“ – eine überregionale Erdgashochdruckleitung. Die 120 km lange Gasleitung führt von Gänserndorf über Velm, Eggendorf und Peisching/Hohe Wand bis zum Semmering. Vorstand Dipl.-Ing. Dr. Peter Layr betont die Wichtigkeit dieses Projekts: „Die „Südschiene“ trägt wesentlich zur Erhöhung der Versorgungssicherheit in Niederösterreich und weit über die Landesgrenzen hinaus bei.“ Mit dem Spatenstich im September 2009 wurden die Arbeiten am bis dato größten Gasleitungsprojekt in der Unternehmensgeschichte der EVN – die Investitionskosten betragen rund 114 Mio. Euro – offiziell begonnen, bis Ende September 2011 soll die „Südschiene“ fertig gestellt sein. Rund 90 Personen arbeiten daran, dass das Projekt zeitgerecht fertig wird – und sie sind dabei sehr erfolgreich. Layr: „Wir gehen davon aus,
Rund 90 Personen arbeiten mit Hochdruck. So kann die Gasleitung früher als geplant fertig gestellt werden.
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
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Versorgungssicherheit
dass die Fertigstellung und Inbetriebnahme des letzten etwa 30 km langen Leitungsabschnitts bis zum Semmering deutlich vor dem vertraglich fixierten Endtermin stattfindet.“ Da die EVN auch bei diesem Großprojekt dem Natur- und Umweltschutz große Bedeutung beimisst, begleitet eine ökologische Bauaufsicht von Beginn an die Arbeiten an der „Südschiene“. Auch wurden während der Bauarbeiten faszinierende archäologische Funde entdeckt und im Sinne der Erhaltung von Kulturgütern bewahrt.
Sichere Versorgung. Schon jetzt wird an einem neuen Projekt für eine Erdgasfernleitung gearbeitet, dessen Startschuss Anfang 2011 erfolgen soll. Die etwa 150 km lange „Westschiene FL West4“ führt von Auersthal über Tulln und Loosdorf nach Amstetten. Die Bauarbeiten sollen 2014 finalisiert werden. Rund 125 Mio. Euro betragen hier die Investitionskosten. Diese neue Leitung wird auf weiten Strecken parallel zur bestehenden West2-Leitung verlegt, um die Versorgungssicherheit im westlichen Niederösterreich weiter zu erhöhen. Grundlage für die Errichtung der „West-“ als auch der „Südschiene“ war die auf Basis der E-Control genehmigte
Langfristplanung der Regelzone Ost (Österreich ohne Tirol und Vorarlberg) für den Zeitraum 2008 bis 2012 mit Ausblick auf das Gasjahr 2030. Ohne den Bau dieser zwei Erdgasleitungen wäre es nicht möglich, den Bedarf sämtlicher Kraftwerke, Großverbraucher und Haushalte in dieser Region langfristig zu sichern.
Ausbau von Speicheranlagen. Einen substanziellen Beitrag zur Absicherung der Gasversorgung Niederösterreichs bzw. ganz Österreichs liefert die Rohöl-Aufsuchungs AG, kurz RAG, an der die EVN indirekt eine Mehrheitsbeteiligung von 50,03 Prozent hält. Neben der Suche und Förderung von Erdgas und -öl betreibt die RAG seit 1982 den Erdgasspeicher Puchkirchen, Oberösterreich und konnte sich seither wertvolles Know-how aneignen. Mit der Inbetriebnahme des Erdgasspeichers im Salzburger Haidach, einer der größten Europas, und dem Projekt „7Fields“ konnte sich die RAG unter den führenden Speicherbetreibern Europas einreihen. Weitere Investitionen sind geplant. Bis 2017 werden die Erdgasspeicher in Haidach und in Puchkirchen erweitert. In Summe wird die RAG dann Gesamtspeicherkapazitäten von rund 6 Mrd. m3 betreiben.
Die 120 km lange „Südschiene“ ist das größte Gasleitungsprojekt der Unternehmensgeschichte. 58
Die EVN bewahrt Kulturgüter
Q Archäologische Funde. Während der Bauarbeiten an der „Südschiene“ wurden insgesamt 35 archäologische Fundstellen gequert. Schon vor dem Baubeginn nahm die EVN Kontakt mit dem
Der gesamte Gasbezug und -handel der EVN wird über die EconGas, ein Gemeinschaftsunternehmen der im Erdgasbereich tätigen EnergieAllianz-Austria-Partner sowie der EGBV Beteiligung GmbH und der OMV, abgewickelt. Langfristige Gaslieferverträge (Verlängerung über das Jahr 2020 hinaus) werden angestrebt, um die langfristige Verfügbarkeit von Primärenergieträgern abzusichern. Die Abhängigkeit von wenigen Lieferländern – allen voran Russland – birgt Gefahren in sich, wie sich in den letzten Jahren vermehrt gezeigt hat. So kam es Anfang 2009 sogar zu einem kurzfristigen Gaslieferstopp Russlands. Die Versorgung der EVN war jedoch zu keinem Zeitpunkt gefährdet.
Investitionen ins Bestandsnetz. Das Instandhalten des Bestandnetzes ist Grundvoraussetzung für eine hohe Versorgungssicherheit. Dipl.-Ing. Robert Essbüchl, Geschäftsführer der EVN Netz GmbH: „Die Qualität der Netzinfrastruktur der EVN ist ein wichtiger Garant zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit für unsere Kunden/innen. Voraussetzung dafür sind kontinuierliche Investitionen in die Erneuerung und den Ausbau der Anlagen.“ Die EVN unterhält insgesamt 51.205 km Stromnetz, rund 13.540 km Gasnetz sowie ein Wärmenetz von rund 434 km in Niederösterreich. Im Berichtsjahr investierte die EVN in Summe 156,5 Mio. Euro in Wartungen, Ausbesserungen, Renovierungen sowie den Ausbau der österreichischen Strom-, Gas- und Telekommunikationsnetze. Davon wurden 51,2 Mio. Euro für das Gasnetzprojekt „Südschiene“ aufgewendet. Entwicklung der Netztarife. Um eine hohe Versorgungssicherheit garantieren zu können, verfügt die EVN über
Welche Vorteile hat Erdgas?
Q Gut für die Umwelt. Erdgas ist universell einsetzbar (z. B. zum Heizen, Kochen, Autofahren) und der umweltschonendste aller fossilen Energieträger.
Durchschnittliche Emissionsfaktoren (CO2-Äquivalente, g/kWh)
800
550 440
Erdgas
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Erdöl
Kohle
Bundesdenkmalamt auf, um eine reibungslose Bergung sicherzustellen. Es wurden hunderte Objekte (u. a. Brenntöpfe, Pfostengruben, Tier- und Menschengräber) aus der Bronze-, Eisen- und Römerzeit
freigelegt und geborgen. „Der wohl bedeutendste Fund war eine langobardische Körperbestattung mit Schild und Schwert als Grabbeigabe“, so EVN Pressesprecher Mag. Stefan Zach, MAS.
eine langfristige Beschaffungsstrategie und kauft Primärenergie und Strom auf dem Terminmarkt. Bei den Gas- und Stromnetzen erfolgte 2002 bzw. 2003 die Marktliberalisierung, das heißt, die Netze müssen auch für andere Anbieter geöffnet werden. Die Preise werden von der E-Control festgesetzt. Zur Förderung des Wettbewerbgedankens, aber auch zur Förderung der Effizienz in der Netzunterhaltung wurden in den letzten sechs Jahren die Stromnetztarife um rund 40 Prozent gesenkt. Im Sinne der Planungs- und Investitionssicherheit wurde die Tarifgestaltung 2010 angepasst: Der Netzregulator berücksichtigt nun auch Kosten für Neuinvestitionen – vorerst allerdings nur für einen Zeitraum von vier Jahren. Um dauerhafte und vorausschauende Investitionen sichern zu können, müsste jedoch ein deutlich längerer Planungshorizont in Aussicht gestellt werden.
Steigerung der Produktionskapazitäten. Um die Abhängigkeit vom Stromzukauf über den Markt zu reduzieren, investiert die EVN in den Ausbau eigener Erzeugungskapazitäten. Der konzernweite Eigendeckungsgrad soll mittelfristig auf 40 bis 60 Prozent der Stromabsatzmenge gesteigert werden; für das Geschäftsjahr 2009/10 lag er inklusive Bulgarien und Mazedonien bei 18,2 Prozent und isoliert für Niederösterreich bei 52,1 Prozent. Beim Ausbau der Erzeugungskapazitäten achtet die EVN darauf, dass das Verhältnis von fossilen Primärenergieträgern (Erdgas, Steinkohle) und erneuerbaren Energieträgern (Wasser, Photovoltaik, Wind und Biomasse) ausgewogen ist. Dieser flexible Erzeugungsmix bildet die Basis einer nachhaltigen Stromversorgung Niederösterreichs. Spannungsfeld: Klimaschutz. Die EVN strebt in der Ausrichtung ihrer Erzeugungskapazitäten ein ausgewogenes Verhältnis zwischen unterschiedlichen Primärenergieträgern an. Äußerst sensibel wird dabei eine Balance zwischen einer Reduktion klimarelevanter Emissionen und etwaigen Eingriffen in die Natur sowie der Gewährleistung der Versorgungssicherheit angestrebt. Langfristig ist geplant, den Anteil der erneuerbaren Energie an der Gesamtproduktion von 30 bis 35 Prozent der letzten Jahre auf 50 Prozent zu erhöhen (Details zu aktuellen Projekten siehe Seite 37 bzw. 42–45.)
Sichere Zukunft. Kunden/innen schätzen die hohe Versorgungssicherheit sowie die schnelle Behebung von Störungen als wichtige Stärken der EVN. Damit das so bleibt, investiert die EVN laufend in die Netzinfrastruktur und ihre Erzeugungsanlagen – zum Wohle ihrer 3,6 Millionen Kunden/ innen in Österreich, Bulgarien und Mazedonien._____________ 59
EVNews
Die Versorgungssicherheit aller Kunden/innen zu
Viermal um den Globus
EVN Stromnetze 131.905 km davon Österreich
51.205 km
davon Bulgarien
55.500 km
davon Mazedonien
25.200 km
Gasnetze (Österreich) 13.540 km Wärme 586 km davon Österreich
434 km
davon Bulgarien
152 km
EVN Netze. Die EVN unterhält in Summe ein Netzwerk für die Strom-, Gas-, Wärme- und Wasserversorgung ihrer Kunden/innen von knapp 148.000 km. Die laufende Inspektion und Wartung dieses dicht gespannten Netzwerks verlangt nach kontinuierlichen Investitionen, um die Versorgungssicherheit nicht zu gefährden. Die EVN kommt dieser Verantwortung mit Akribie und Weitblick nach.
Trinkwasserleitungen (Österreich) 2.110 km
Verbesserte Netzinfrastruktur Rund 489 Mio. Euro für Bulgarien und Mazedonien. Seit der Privatisierung 2005 bzw. 2006 investierten EVN Bulgaria bzw. EVN Macedonia massiv in die Verbesserung und den Ausbau der Stromnetze und Anlagen in ihren Versorgungsgebieten – und konnten damit die Privatisierungsauflagen mehr als erfüllen. In Bulgarien wurden in den letzten Jahren mehr als 1,6 Mio. Stromzähler getauscht, die Netzverluste in Bulgarien konnten von 17 Prozent auf rund 13 Prozent gesenkt werden, in Mazedonien wurden die Netzverluste von 24 Prozent auf rund 17 Prozent reduziert.
Großrevision des Kraftwerks Theiß Leistungsfähig und umweltschonend. Mit einer installierten Leistung von 790 MW ist Theiß das leistungsstärkste Kraftwerk der EVN; gleichzeitig zählt es zu den modernsten Wärmekraftwerken Europas. Zur Sicherstellung der Leistungsfähigkeit und der hohen Umweltstandards – bereits im Jahr 2000 wurden modernste Rauchgasreinigungs- und Entschwefelungsanlagen installiert – erfolgte im dritten Quartal 2010 eine Großrevision der Anlagen. Neben einer umfangreichen Materialprüfung und der Kontrolle der Sicherheits- und Regeleinrichtungen aller Anlagenteile erfolgte auch eine Demontage der Turbinenisolierung, damit die Dampfturbine geöffnet und die Turbinenteile gereinigt bzw. erneuert werden konnten. Bis zu 100 Fachkräfte waren etwa acht Wochen mit diesen Aufgaben beschäftigt und sicherten so Wertschöpfung für die Region. Am Standort Theiß befindet sich seit Jänner 2008 auch der größte Fernwärmespeicher Europas. Mit einem Fassungsvermögen von 50.000 m3 Wasser nutzt er die Abwärme der Stromerzeugung und versorgt so die Umlandgemeinden energieeffizient mit Wärme. 60
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Versorgungssicherheit
gewährleisten erfordert zahlreiche Maßnahmen und Investitionen.
Gegen Netzausfälle! Infrastruktur. Die EVN hat im Berichtsjahr insgesamt 394 Mio. Euro in den Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur sowie in den Erzeugungsbereich zur Verbesserung der Versorgungssicherheit investiert. In Bulgarien und Mazedonien wird weiter an der Verbesserung der Netzqualität gearbeitet, langfristig wird eine Reduktion der Netzverluste in Bulgarien auf knapp 10 Prozent angestrebt, in Mazedonien auf rund 11 Prozent.
kurz & gut Q 50. Biomasseheizwerk. Am 10. September 2010 erfolgte die feierliche Eröffnung eines der größten kommunalen Hackschnitzel-Fernheizwerke Österreichs. Die Anlage versorgt insgesamt 4.500 Haushalte in den Klimabündnisgemeinden Ternitz, Neunkirchen und Wimpassing mit Naturwärme. Durch den Einsatz von 75.000 Schüttraummetern Hackschnitzel aus der Region werden rund 14.000 t CO2 pro Jahr vermieden. Die EVN betreibt derzeit 50 Biomasseanlagen in ganz Niederösterreich und ist damit der größte Naturwärmeversorger in Österreich.
Modernste Kraftwerkstechnik Duisburg-Walsum. Parallel zum Ausbau der erneuerbaren Energiequellen setzt die EVN auch auf neue thermische Erzeugungsanlagen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Nur so kann mittelfristig die steigende Energienachfrage befriedigt werden. Ein Meilenstein ist dabei das Steinkohlekraftwerk im deutschen Duisburg-Walsum, das gemeinsam mit der Evonik Steag GmbH errichtet wird. Die EVN ist an diesem Projekt zu 49 Prozent beteiligt; das Gesamtinvestitionsvolumen für das 790-MW-Kraftwerk beläuft sich auf rund 820 Mio. Euro. Mit einem Wirkungsgrad von rund 46 Prozent zählt es zu den modernsten Steinkohlekraftwerken Europas; seine CO2-Emissionen werden etwa 35 Prozent geringer sein als die eines durchschnittlichen Steinkohlekraftwerks. Aufgrund baulicher Verzögerungen erfolgt die Inbetriebnahme voraussichtlich Mitte 2011.
Q Was tun bei Stromausfall? Um im Störungsfall gerüstet zu sein, halten Sie Kerzen und Zündhölzer bzw. eine Taschenlampe an einem Ort bereit, den Sie auch im Dunkeln finden. Trotz umfangreicher Vorsichtsmaßnahmen lassen sich Stromausfälle nicht ganz verhindern, sind aber in Österreich vergleichsweise selten. Sie resultieren meist aus extremen Witterungsbedingungen. Im Ernstfall ist der Störungsdienst der EVN rasch zur Stelle.
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
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Reportage/ Artenvielfalt/ Fotos EVN
Vielfalt des Lebens
2010 wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Biodiversität erklärt. Auch die EVN setzt sich dafür ein, die Artenvielfalt zu erhalten. Beispiele für ihr erfolgreiches Engagement, Tier- und Pflanzenarten sowie deren Lebensraum zu schützen, bieten die beiden Kraftwerksstandorte Theiß und Zwentendorf.
Rund um Dürnrohr gibt es ein gesundes Ökosystem.
L
aut der „Roten Liste“ der Internationalen Union für die Erhaltung der Natur (IUCN) sind knapp ein Viertel der Säugetiere, ein Drittel der Amphibien und mehr als jede achte Vogelart vom Aussterben bedroht. Auch bei den Pflanzen drohen etliche Arten für immer zu verschwinden. Dies hat weitreichende Folgen für unser ökologisches, aber auch ökonomisches System. Denn der Artenverlust gefährdet nicht nur die Regulierung des Klimas und des Wasserhaushalts, sondern auch die Versorgung mit (neuen) Medikamenten und Nahrungsmitteln (im Sinne der landwirtschaftlichen Sortenzüchtung) wird erschwert. Für die Biotechnologie ist eine reiche Artenvielfalt ebenfalls von großer Bedeutung. Insgesamt bilden die Biodiversität und ein gesundes Ökosystem die Grundlage für das ökonomische und gesellschaftliche Wohlergehen zukünftiger Generationen und sind damit ein wertvolles Gut, das nachhaltig geschützt werden muss.
Jahr der Biodiversität. Es ist daher ein großes Anliegen, die Vielfalt an Pflanzen- und Tierarten, ihre genetischen Grundlagen sowie unterschiedlichste Lebensräume zu erhalten. Das Internationale Jahr der Biodiversität 2010 soll das Bewusstsein dafür stärken. Über Maßnahmen gegen die anhaltende Zerstörung der Natur beriet die Weltgemeinschaft vom 18. bis 29. Oktober 2010 im japanischen Nagoya. Ziel der 10. Biodiversitätskonferenz (Convention on Biological Diversity, CBD) ist es, konkrete Maßnahmen und Ziele zu setzen, 62
Unerwartet vielfältig ist die Tier- und Pflanzenwelt am Standort Dürnrohr: 389 Arten wurden gezählt.
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Das Schaf in der Landschaftspflege
Q Ökologisch. Schafe eignen sich gut für den Einsatz in der Landschaftspflege. Insbesondere die alten, bodenständigen Rassen wie das Bentheimer Landschaf kommen zum Einsatz. Aufgrund ihres geringen Körpergewichts gibt es
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
keine Schädigung der Grasnarbe. Daher spricht man bei den Schafen von der „goldenen Klaue“. Schafe ziehen auf der Weide ständig hin und her und verdichten somit die Grasnarbe gleichmäßig. Das Grünland bleibt so in seiner
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
ursprünglichen Form erhalten. Gleichzeitig kommt es zu einer gleichmäßigen Verteilung des Kots und somit zu einer flächendeckenden Düngung – eine zusätzliche Düngergabe ist nicht notwendig. Die Kotstellen sind außerdem eine
Bereicherung für die Tierwelt. Zahlreiche kotfressende Insekten wie Mistkäfer, Dungkäfer oder Dungfliege sind auf die Exkremente von Weidetieren angewiesen. Diese Insekten stellen ihrerseits wieder Nahrungsquellen für Vögel und
andere Wirbeltiere dar. Der Einsatz moderner Mähgeräte, die zahlreiche Tiere töten, kann vermieden werden. Insekten (z. B. Ameisen) werden dadurch verschont. Sie wiederum sind Nahrung für andere Tierarten.
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Artenvielfalt
Was ist Biodiversität?
Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens und lässt sich auf drei Ebenen beschreiben: Q Vielfalt der Ökosysteme (Lebensräume wie Wasser, Wald, alpiner Raum) Q Vielfalt der Arten (Tiere, Pflanzen, Pilze, Mikroorganismen) Q Vielfalt der Gene (Rassen oder Sorten von wildlebenden und genutzten Arten)
um den Verlust der Artenvielfalt zu bremsen. Bereits in der „Biodiversitätskonvention“ von 1992 haben die mehr als 180 Vertragsstaaten des internationalen Übereinkommens zur biologischen Vielfalt beschlossen, den Verlust der Biodiversität zu reduzieren. Auch Österreich bekennt sich dazu, die Artenvielfalt zu erhalten.
Die EVN schützt Tiere und Lebensräume. Auch die EVN leistet in ihrem Wirkungsbereich einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Biodiversität. Zu einer verantwortungsvollen Projektplanung gehört für die EVN neben dem aktiven Dialog mit unterschiedlichen Interessengruppen auch die Berücksichtigung von ökologischen Gesichtspunkten über die gesetzlich vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung hinaus. Die EVN ist im Rahmen jedes Projekts bemüht, die Eingriffe in die Natur so gering wie möglich zu halten und die im Umfeld der Projekte lebenden Tiere und Pflanzen zu schützen. Weitere Initiativen werden an den Kraftwerksstandorten Theiß und Dürnrohr gesetzt.
Schafe übernehmen Grünpflege in Theiß. 65 Schafe weiden auf dem fünf ha großen Kraftwerksareal. Die Idee, Schafe zur Landschaftspflege einzusetzen, hatte Herr Fries, ein Mitarbeiter der EVN in Theiß, vor drei Jahren. Im Rahmen eines EVN-internen Ideenwettbewerbs wurde nach Möglichkeiten zur „internen Ressourcenschonung“ gesucht. Im Abweiden der Flächen durch Schafe sahen Herr Fries und seine Frau, die einen Biobauernhof betreibt, Potenzial. Zu Recht, wie die Umsetzung ihrer Idee zeigt: Dies spart nicht nur rund 50 Prozent der Kosten der Gründlandpflege, sondern senkt auch die Emissionen, da der Einsatz von Rasenmähern reduziert wird. Da das gesamte Areal eingezäunt ist, kann kein Schaf abhandenkommen. Es werden jeweils kleinere Weideflächen von 500 m2 bis 1,5 ha eingezäunt, damit diese Flächen gezielt von den Schafen abgeweidet werden können. Bei der Tierherde der Biobäuerin Irene Fries handelt es sich 64
um eine ganz besondere Rasse – nämlich um Bentheimer Landschafe, eine alte und gefährdete Nutztierrasse. Die Schafherde der Familie Fries ist die einzige dieser Art in ganz Österreich. 2011 ist geplant, die Zahl der Tiere auf den Grünflächen rund um das Kraftwerk Theiß auf 90 Stück zu erhöhen. Da der Hof der Familie Fries ein anerkannter Biobetrieb und Mitglied des Verbands „BIO AUSTRIA“ ist, zählen die Weideflächen ab Anfang 2011 zu den biologisch anerkannten Weideflächen – eine besondere Auszeichnung für einen Kraftwerksstandort.
Artenvielfalt in Zwentendorf/Dürnrohr. Unerwartet vielfältig präsentiert sich die Tier- und Pflanzenwelt im Gebiet rund um das Kraftwerksgelände Zwentendorf/Dürnrohr. „Das Areal ist ein Refugium für Tiere und Pflanzen, die in dieser Gegend schon selten geworden sind“, so Ökologe Alexander Mrkvicka über die naturbelassene Grünfläche beim Kohlekraftwerk. Insgesamt tummeln sich auf diesem Gebiet 389 Tier- und Pflanzenarten. 35 davon befinden sich auf der „Roten Liste“ in Niederösterreich, vier davon stehen europaweit unter Schutz. Das war das Ergebnis einer von der EVN beauftragten Habitatstudie. Ein Forscherteam aus Botanikern und Zoologen hat die Artenvielfalt ein Jahr lang beobachtet. Unter anderem finden sich hier Turmfalken, Kaninchen, Igel, Unken, Bergflachs, Sanddorn und Pfeifengras. Diese reiche Artenvielfalt wird durch einen doppelten Zaun, der rund um das ca. 115 ha große Gelände verläuft, geschützt. Das Fehlen von Verkehr, Spaziergängern sowie Hunden ist ein wesentlicher Faktor, um diesen Lebensraum vor schädlichen und gefährlichen Einflüssen zu bewahren. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist, dass das Gelände nicht landwirtschaftlich genutzt und weitgehend unberührt ist: „Die Natur kann sich spontan entwickeln, da nicht fünfmal im Jahr gemäht wird“, so Mrkvicka. Einen praktischen Nutzen für das Kraftwerk selbst haben die Turmfalken, welche die Taubenplage gering halten. Denn gerade die empfindlichen Aluminiumteile wären dem Taubenkot schutzlos ausgeliefert. ____________________________________ EVN Ganzheitsbericht 2009/10
EVNews
Artenvielfalt gemeinsam sichern. Die besten Projekte.
Rettung einer aussterbenden Spezies Schutz österreichischer Wildvögel. Gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Großtrappenschutz erarbeitet die EVN Maßnahmen, um diese bedrohte Vogelart zu schützen. Als Beitrag in ihrem Wirkungsbereich verlegte die EVN in den vergangenen fünf Jahren im westlichen Weinviertel rund 31 km Mittelspannungsfreileitungen unter die Erde und schuf dadurch freie Flugflächen für die Vögel – ohne störende Leitungen. Zur besseren Sichtbarkeit wurden rund 22 km 110-kV-Freileitungen mit „Vogelwarnfahnen“ markiert. Mit Erfolg: Der Bestand der Großtrappe in Österreich bzw. der gesamten westpannonischen Population hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht.
Nestplattform für Störche Sicherheit für Störche. Zum Schutz der Storchennester auf den Strommasten trifft die EVN sowohl in Mazedonien als auch in Bulgarien Vorkehrungen. An den Masten werden Metallplattformen montiert, auf die dann die Nester platziert werden. So sind diese aus der Gefahrenzone: Ein Kontakt mit den Leitungen wird vermieden. Das schützt einerseits die Vögel vor elektrischen Schlägen, andererseits wird die störungsfreie Versorgung der Endkunden erhöht, da solche Zusammenstöße Ausfälle verursachen können. Gemeinsam mit lokalen Naturschutzverbänden wurden seit 2009 über 800 Schutzisolationen und rund 650 Plattformen montiert.
kurz & gut Q Igelkrankenhaus im AKW. Das nie in Betrieb genommene Atomkraftwerk Zwentendorf hat eine weitere neue Aufgabe. Auf dem ca. 24 ha großen Gelände wurde ein „Krankenhaus“ für verletzte Igel eingerichtet. In extra dafür angefertigten Boxen bekommen die Tiere Nahrung und Wasser. Q Ökologische Bauweise. Vorzeigeprojekte sowohl in ökologischer als auch technologischer Hinsicht realisiert die EVN bei der Revitalisierung ihrer Kleinwasserkraftwerke. Die Umsetzung der Projekte erfolgt unter strenger Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte. Die Kraftwerke Zwettl und Schütt beispielsweise wurden mit modernen Organismenwanderhilfen ausgestattet. Auch in Mazedonien werden bei der Modernisierung der elf Kleinwasserkraftwerke Maßnahmen wie Filterstationen und Spezialfundamente zum Schutz der Flora und Fauna in und um die Gewässer umgesetzt.
Königsadler & Jagdfalken Vogelschutz in Bulgarien. Stromleitungen stellen für Flugvögel eine Gefahr dar. Die EVN und der Bulgarische Verband für Vogelschutz arbeiten im Rahmen des EU-Programms LIFE+ an Maßnahmen zum Schutz seltener Vogelarten. Um die Nester des Königadlers in den Natura2000-Gebieten zu schützen, werden bis 2013 insgesamt 393 Strommasten isoliert. Im Gebiet der Burgasseen, wo über 300 Vogelarten leben, werden Strommasten in einem Umkreis von 1 km ebenfalls isoliert. Stromleitungen werden zudem mit Vogelwarnfahnen versehen. So wird der Lebensraum von Krauskopfpelikanen, Zwergscharben, Rohrdommeln u. a. erhalten. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
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Reportage/ Gesellschaftliche Verantwortung/ Fotos Michael Kammeter, Gerald Rücker und Ronald Zak (EVN)
EVN nah am kunden, Powerteam EVN powerteam 2010 2010 36 fünfköpfige Teams aus 33 niederösterreichischen Gemeinden kämpften um den Titel „EVN blind PowerBlindvorspann wurde der Generalversammlung teamJahr 2010“. Finale am 5. November texte zum der Beim Biodiversität erklärt. Auch die 2010 Blind ging St. Peter in der Au als Sieger hervor. texte setzt sich dafür ein, die Blindtexte zu erhalten.
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EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Nach einem spannenden Finalspiel ging das Team aus St. Peter in der Au als Sieger hervor.
A
lle Gemeinden Niederösterreichs waren bei dem von der EVN durchgeführten Wettbewerb aufgefordert, Teams zu stellen und von Juli bis Oktober 2010 beim Wettkampf um den Titel „EVN Powerteam 2010“ mitzumachen. Je fünf Mitglieder – Vertreter aus Gemeinde, Wirtschaft, Gastronomie, Feuerwehr und Jugend – bildeten ein „Powerteam“, welches durch Geschicklichkeit, Kreativität und Teamgeist Aufgaben lösen und Punkte sammeln musste. Insgesamt gingen 36 Teams ins Rennen um den Titel, die besten acht Gemeinden kämpften im Finale am 5. November 2010 im EVN Forum in Maria Enzersdorf um den Sieg. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
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Nach sieben Vorrunden – unter anderem ein Kartrennen – qualifizierten sich acht Gemeinden für das Finale im EVN Forum.
EVN Energieberatung
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Q Energie vernünftig nutzen. Als kompetenter Ansprechpartner verfügt die EVN seit Jahren über eine breite Palette an Dienstleistungsund Informationsangeboten sowohl für Haushalts- und Gewerbekunden/ innen als auch für Gemeinden. Die
Energieberater der EVN bieten ihren Kunden/innen praktische Tipps rund um den effizienten Einsatz von Energie sowie ein umfangreiches Angebot an Energiedienstleistungen. Auch bei der Nutzung neuer Technologien wie Photovoltaikanlagen
oder Wärmepumpen als Heizsystem der Zukunft berät die EVN. Erreichen können Sie das Expertenteam der EVN jeweils Montag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 17:00 Uhr gratis unter der Servicehotline 0800 800 333 bzw. unter energieberatung@evn.at.
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Gesellschaftliche Verantwortung
Powerteam auf Facebook
Q Web 2.0. Als Kommunikationsplattform beim EVN Powerteam2010-Wettbewerb diente Facebook. Auf einer eigenen EVN Powerteam-
Facebook-Seite wurden Fans zum Mitspielen aufgefordert, Aufgaben gepostet und aktuelle Rankings veröffentlicht. Fans zu aktivieren war
Sieben Vorrunden. Den teilnehmenden Teams wurden sieben Aufgaben gestellt, die teils im Web, teils in der realen Welt zu lösen waren. Ob bei der Kart-Challenge, der Kreation eines EVN Logos oder dem EVN Energy-Mobility-Quiz – die Teilnehmenden bewiesen „Köpfchen“ und Energie. Nach einem überaus spannenden Wettbewerb zogen die acht Gemeinden Großschönau, Moorbad Harbach, Raabs an der Thaya, Rosenburg-Mold, Sieghartskirchen, St. Peter in der Au, St. Valentin und Viehdorf ins große Finale ein.
gefragt, denn während des Wettbewerbs gab es zwei Fanzählungen, bei denen wichtige Zusatzpunkte gesammelt werden konnten.
Der Top-Favorit aus den Online-Vorrunden – die Gemeinde Rosenburg-Mold – verpasste nur ganz knapp den Aufstieg in die letzte Runde. Das große Finalspiel zwischen den Gemeinden Großschönau und St. Peter in der Au entschied die Gemeinde St. Peter in der Au für sich.
Großes Finale. Insgesamt acht spannende und herausfordernde Spielrunden mussten am 5. November im EVN Forum in Maria Enzersdorf noch absolviert werden, bis schließlich die Siegergemeinde feststand. Unter dem Jubel der anwesenden Fans galt es, Nägel in Baumstämme zu schlagen, mit verbundenen Augen Gegenstände zu erraten, am Ergometer Sportlichkeit zu zeigen sowie einen Stromkreis zusammenzubauen. Der Einsatz der acht Finalistenteams war enorm.
EVN Powerteam 2010. Die Siegergemeinde St. Peter in der Au erhielt neben dem Titel „EVN Powerteam 2010“ und dem Siegerpokal einen Gutschein über 5.000 Euro für die Anschaffung von Elektro- und Erdgas-Fahrzeugen sowie Energie-Gutscheine im Wert von 1.000 Euro für die fünf Teammitglieder. Aber auch die Zweit- und Drittplatzierten gingen nicht leer aus und wurden mit Gutscheinen (SonnenKraft-Potenzialanalyse, Wochenende mit einem Tesla RoadsterElektroflitzer) bedacht. Insgesamt war Niederösterreichs größtes Gemeindespiel ein voller Erfolg! ___________________________________________
Eine der Aufgaben war es, das Logo der EVN auf möglichst kreative Weise darzustellen.
EVN Beratungsleistungen im Überblick EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Q Energieberatung für Haushalte Energieberatungshotline/Kostenlose Energie-Erstberatung/Beratung in Bau- und Energietechnik/Wärmepumpen/Beratung zu sinnvollen Möglichkeiten der Heizung und Warmwasserbereitung/Berechnung
von Energieausweisen/Luftdichtemessungen/Gebäudethermografie
ausweisen/Anlagen- und Gebäudethermografie
Q Energieberatung für Gewerbe-/ Industriekunden/innen Business EnergyCheck/Energiemonitor/Berechnung von Energie-
Q Energieberatung für Gemeinden Gemeinde EnergieCheck/ Berechnung von Energieausweisen/ Gebäudethermografie
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Wissen schafft Bewusstsein Kinder zeichnen Ideen. Auch in Bulgarien stehen Kinder und Jugendliche und die Verbesserung ihrer Lebenssituation im Mittelpunkt des sozialen Engagements der EVN. Neben gezielter Unterstützung von Kindergärten und -heimen wird im Rahmen des Schulprojekts „Energieeffizienz“ das Verständnis der Kinder für den bewussten und sicheren Umgang mit Energie gefördert. Ihre diesbezüglichen Ideen veranschaulichten beispielsweise die Kinder der Grundschule Hristo Botev in Plovdiv in Form von Zeichnungen.
EVNews
Die EVN nimmt ihre Verantwortung gegenüber unserer
Energiesparen beginnt im Kindergarten
Projekt „Energiebündel Joulius“. Auch die Jüngsten will die EVN für das Thema Energiesparen sensibilisieren. Bereits im Herbst 2007 wurde das Kindergartenprojekt „Energiebündel Joulius“ ins Leben gerufen, im Herbst 2010 folgte die zweite Erweiterung des EVN Aktivkoffers, der mit Anschauungsmaterial zum Thema Energiesparen ausgestattet ist. Alle 960 beteiligten Kindergärten erhalten eine JouliusHandpuppe, Energiesparschilder sowie Hintergrundinformationen und Spielanleitungen, um den Kindern spielerisch den sorgsamen Umgang mit Energie im Alltag zu vermitteln. 70
Kinder lernen die Wirtschaft kennen Kinder Business Week 2010. Kinder im Alter von 8 bis 14 Jahren hatten bei der Kinder Business Week 2010 die Gelegenheit, rund 100 Firmen unterschiedlicher Branchen kennenzulernen. Wie man Energiesparprofi wird, erklärte den Kindern und Jugendlichen EVN Generaldirektor Dr. Hofer. In einer Ideenwerkstatt wurden danach mit großem Interesse unterschiedliche Energiethemen behandelt und angeregt diskutiert. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Gesellschaftliche Verantwortung
Energiequiz Schulprojekt in Mazedonien. Bereits zum vierten Mal veranstaltet die EVN Macedonia ein Energiequiz für Schüler/innen: Während des Schuljahres lernen die Kinder in Workshops, die von der EVN organisiert werden, Wissenswertes zum Thema Energie. Am Ende des Schuljahres können die Schüler/innen ihr Wissen unter Beweis stellen. Die Siegerklasse wird zu einer Besichtigung in ein Wasserkraftwerk der EVN eingeladen.
Gesellschaft ernst – gezieltes Engagement für die Schwächsten!
kurz & gut Q EVN Sozialfonds – 100.000 Euro für ausgewählte Projekte. Um die Aktivitäten im Sozialsponsoring zu bündeln und transparenter zu gestalten, hat die EVN einen eigenen Sozialfonds aufgelegt. Im Fokus des jährlich mit 100.000 Euro dotierten Fonds steht die nachhaltige Unterstützung von Jugendinstitutionen in Niederösterreich. Mehrere Projekte wurden 2009/10 unterstützt, drei davon werden nachstehend kurz vorgestellt. Q möwe Kinderschutzzentren. Eine der wichtigsten Aufgaben der möwe Kinderschutzzentren ist die Prävention von Gewalt, insbesondere von sexuellem Missbrauch an Kindern und Jugendlichen. Die EVN unterstützt ein Präventionsprojekt in ausgewählten Klassen niederösterreichischer Schulen, bei dem Schüler/innen in Workshops Maßnahmen zum eigenen Schutz vor sexuellem Missbrauch erarbeiten.
TRIGOS-Preis für Stolipinovo Ausgezeichnetes Engagement. Die EVN meistert die Herausforderungen, die mit der Einführung von europäischen Standards bei der Stromversorgung in der bulgarischen Roma-Siedlung Stolipinovo verbunden waren, erfolgreich. Die sensible und konsensorientierte Vorgehensweise gilt als internationales Vorzeigebeispiel für einen gelungenen Stakeholderdialog und wurde mit dem TRIGOS-Preis 2010 ausgezeichnet. In Gesprächen mit der ansässigen Bevölkerung und in Zusammenarbeit mit lokalen NGOs wurde die Infrastruktur erneuert, der Energieverbrauch reduziert und gleichzeitig die Zahlungsmoral verbessert. 187 km Stromnetz wurden modernisiert, 17 Trafostationen umgerüstet und 6.400 Stromzähler montiert – die Zahlungsrate der Kunden stieg von 3 Prozent auf 85 Prozent. Q Caritas-Werkstätte. Die Caritas betreut in der Region Retz in ihren zwei Werkstätten insgesamt etwa 190 Menschen mit Lernschwäche oder geistiger Behinderung. Für die Fahrzeuge der Organisation wird mit Unterstützung der EVN eine neue Werkstätte errichtet, in der die betreuten Menschen auf ihre Integration in den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Q Trauerbegleitung. Kinder und Jugendliche, deren Unbefangenheit durch ein schweres Verlusterlebnis wie den Tod eines nahestehenden Menschen plötzlich beendet wird, brauchen in dieser Phase helfende und stärkende Begleitung. „Kinder trauern anders – Initiative Schwechat“, ein Projekt der Caritas, dient dabei als Anlaufstelle und Treffpunkt für Betroffene und will auch die Öffentlichkeit für das Tabuthema Trauer und Trauerbegleitung sensibilisieren.
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Reportage/ Innovative Umweltdienstleistungen/ Fotos EVN
Klares Wasser für Istanbul
Wandel, zum Wohl der Menschen: Dank der Großkläranlage Ataköy, die von der EVN errichtet wurde, gewinnt die türkische Metropole an Lebensqualität.
Geschäftsbereich Umwelt der EVN
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Q Geschäftsbereich mit Zukunft. Eine hohe Umweltverträglichkeit und nachhaltiges Handeln – das sind klare Ziele der EVN. Seit den 1990er-Jahren wird das Segment Umwelt aufgebaut. Es umfasst im Wesentlichen die
Geschäftsfelder Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung und thermische Abfallverwertung. Dipl.-Ing. Franz Mittermayer, Leiter des Segments Umwelt der EVN: „Sauberes Trinkwasser und die Entsorgung von Abwasser
und Abfall zählen zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Die EVN konnte sich während der letzten Jahre als kompetenter Partner in diesem verantwortungsvollen Umweltgeschäft positionieren.“
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Mitarbeiterinnen im Labor der größten Kläranlage der Türkei.
I
stanbul gehört zu den größten Metropolen der Welt. Mit der weiterhin steigenden Einwohnerzahl wächst auch das Problem der Wasserver- und Abwasserentsorgung. Denn in Istanbul herrscht Wasserknappheit – nicht zuletzt wegen des stark verunreinigten Abwassers. Die Großkläranlage Ataköy der EVN kämpft gegen dieses Problem an – mithilfe modernster Technik, die sogar einen energieautarken Anlagenbetrieb ermöglicht. „Wir müssen verstehen, dass Wasser eine begrenzte Ressource ist!“, so der eindringliche Appell des türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül im Rahmen des fünften Weltwasserforums, das vom 16. bis 22. März 2009 in Istanbul stattfand. Die Sicherung der Trinkwasserversorgung stand im Mittelpunkt der Tagung, an der hochrangige Vertreter aus mehr als 100 Staaten teilnahmen.
Wasser ist nicht selbstverständlich. Die Sorge des türkischen Staatspräsidenten ist verständlich. Denn Istanbul hat seit Jahrzehnten mit massiven Problemen bei der Trinkwasserversorgung zu kämpfen. Die Einwohnerzahl Istanbuls steigt seit Jahren kontinuierlich an – zurzeit leben rund 13 Millionen Menschen in der türkischen Metropole –, was zu einer starken Verschmutzung des Abwassers und zu einer Trinkwasserknappheit geführt hat. Zwar liegen die Quellgebiete und die Oberläufe der beiden wasserreichsten Flüsse des Nahen Osten, Euphrat und Tigris, in der Türkei, der verschwenderische Umgang und das falsche Management des Wassers haben dieses jedoch zu einer knappen Ressource werden lassen. Ungewöhnlich niedrige Niederschlagsmengen in den vergangenen Jahren haben den Wassermangel weiter verschärft. Sauberes Wasser. Die steigende Verschmutzung,
Europaweit tragen zahlreiche umgesetzte Projekte (u. a. Trinkwasseraufbereitungsund Abfallverwertungsanlagen) zur Verbesserung der Luft- und Trinkwasserqualität bei. Dies bewirkt eine nachhaltige
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Steigerung der Lebensqualität der Kunden/innen. Mittermayer: „Unser Engagement im Umweltbereich sorgt für moderne Infrastruktur als Basis für die Entwicklung einer modernen Gesellschaft.“
beispielsweise durch die zahlreichen Mülldeponien, wirkt sich auf die Qualität des Grundwassers aus. Durch die Nähe zum Meer dringt zudem Salzwasser in das Grundwasser ein. Dazu kommt, dass der Grundwasserspiegel Istanbuls in den letzten Jahren gefährlich gesunken ist. Aus diesem Grund wird für die Trinkwasseraufbereitung Regen- und Flusswasser verwendet. Flüsse und Meere in und um Istanbul sind aber stark verschmutzt: Nach wie vor fließt ungeklärtes Abwasser in das Marmarameer und in den Bosporus. Auch wenn das Volumen 73
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Innovative Umweltdienstleistungen
WTE – Wasser. Technik. Energie.
Q Die WTE ist eine 100%-ige Tochtergesellschaft der EVN und bietet als Komplettanbieter Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Wasserver- und Abwasserentsorgung.
in den letzten Jahren gesunken ist, nimmt die Wasserqualität in beiden Gebieten weiter ab, wie ein Bericht der OECD aus dem Jahr 2008 aufzeigt.
Hilfe dank moderner Großkläranlage. Im Rahmen einer internationalen Ausschreibung vergab die Stadt Istanbul im Jahr 2007 den Auftrag zum Bau einer modernen Kläranlage, um das massive Problem der Wasserver- und Abwasserentsorgung zu lösen. Als Bestbieter wurde die EVN Tochtergesellschaft WTE (Informationen siehe oben) mit der Planung, Errichtung, Finanzierung und Betriebsführung der Kläranlage Ataköy beauftragt. Zusammen mit den beiden türkischen Baufirmen Lidya und Kaylon (WTE übernahm die Konsortialführung) wurde innerhalb von nur zwei Jahren eine
Bei Bedarf übernimmt WTE im Rahmen sogenannter „BOOTModelle“ („Build. Own. Operate. Transfer.“) auch die Finanzierung und Betriebsführung der Anlagen. Durch den Einsatz neuester
Technologien und kreativer Dienstleistungen schafft WTE optimale Lösungen hinsichtlich Energieverbrauch, Ressourceneinsatz und Investitionskosten.
schlüsselfertige Großkläranlage errichtet, die für die Entsorgung des Abwassers von rund zwei Millionen Einwohnern Istanbuls verantwortlich zeichnet. Das entspricht einer Abwassermenge von durchschnittlich 500.000 m3 pro Tag. Damit ist Ataköy die größte Kläranlage in der Türkei. Das Projektvolumen betrug insgesamt 108,5 Mio. Euro.
Großes öffentliches Interesse. Im Juni 2010 wurde die Betriebsführung aufgenommen. Das politische und mediale Interesse war von Anfang an enorm. Neben Dr. Kadir Topbas, Oberbürgermeister von Istanbul, und zahlreichen Vertretern der Presse war auch der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan anwesend, um die Kläranlage Ataköy feierlich zu eröffnen.
Die Großkläranlage entsorgt Abwasser von rund 2 Millionen Einwohnern. 74
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Über die WTE verfügt die EVN über Niederlassungen und Projektgesellschaften in 15 Staaten Europas. Unter dem Motto „Nachhaltiges Wirtschaften im Sinne der Umwelt. Zum Wohle des
Menschen, zum Wohle der Natur.“ versorgen rund 600 Mitarbeitende, darunter zahlreiche Top-Experten, mehr als 15 Millionen Bürger/innen mit Trinkwasser und klären deren Abwässer.
Modernste Technik. Dass die Eröffnung der Anlage als Großereignis gefeiert wurde, überrascht nicht: Die Kläranlage Ataköy leistet einen wichtigen Beitrag, um dem Abwasserproblem Istanbuls wirksam entgegentreten zu können. „Ataköy ist der Schlüssel zur Vermeidung weiterer Verschmutzungen des Mittelmeers“, zeigte sich Bürgermeister Topbas bei einer Führung durch die Anlage begeistert. Die Abwässer aus mehreren Istanbuler Stadtteilen würden endlich „eine umfassende Reinigung“ erfahren, so Bürgermeister Topbas weiter. Moderne Technik ist dafür Grundvoraussetzung – und Ataköy als eines der internationalen Vorzeigebeispiele der EVN kann hier auf voller Linie überzeugen, wie auch Projektleiter Dirk Joormann von der EVN stolz bestätigt: „Im internationalen Vergleich mit Anlagen in anderen Megacities hat die Kläranlage Ataköy einen sehr hohen Stellenwert. Besonders die eingesetzten Armaturen, Pumpen und Antriebe sind auf dem neuesten Stand der Technik.“ Bei der Kläranlage Ataköy wird das verschmutzte Wasser automatisch und weitgehend biologisch gereinigt. Im Detail: Nachdem Abwasser in der mechanischen Vorreinigung von Sand, Steinen, Papier und anderen groben Verunreinigungen befreit wurde, kommt die biologische Reinigung zum Einsatz. Hier imitiert die Anlage die natürliche Selbstreinigung von Gewässern, und die im Abwasser enthaltenen organischen Verbindungen werden einem Abbauprozess unterzogen. Mikroorganismen, die mit genügend Sauerstoff versorgt werden, bauen die im Abwasser enthaltenen organischen Stoffe Phosphor und Stickstoff ab. Durch einen Umwandlungsprozess entsteht Biogas. Im Nachklärbecken wird der zuvor anfallende Klärschlamm vom Abwasser getrennt und mittels Pumpen in die insgesamt sechs Faultürme befördert. Um zu einer Verbesserung der Luftqualität beizutragen, wird in der Anlage zudem Kohlenstoff abgebaut.
Biogas wird zu Strom. Ausschlaggebende Argumente für die Projektvergabe an die EVN waren die Energieeffizienz und die energiearme Betriebsführung der hochmodernen Anlage, die ihren Energiebedarf weitestgehend durch die Nutzung des anfallenden Biogases abdecken kann.
Auswahl aktueller Projekte der WTE
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Q 2010 wurden mehrere Kläranlagen im In- und Ausland (beispielsweise in Tulln an der Donau oder im polnischen Stettin) eröffnet. Q Eine Abwasserentsorgungsanlage für die Gemeinde Budva an
In Ataköy kommt modernste Technik zum Einsatz. Wie dies funktioniert? In den Faultürmen wird der Klärschlamm von Bakterien zersetzt, wobei Biogas austritt. Mittels Turbinen wird mit dem Biogas Energie zur Strom- und Wärmegewinnung erzeugt. Die Energieversorgung der Kläranlage kann somit vollständig über ein Blockheizkraftwerk, das mit dem gewonnenen Biogas und zusätzlich Erdgas betrieben wird, abgedeckt werden. Um Geruchsemissionen zu vermeiden, erfolgt eine Abluftbehandlung mittels Ozon. Die Abwärme aus dem Blockheizkraftwerk wird zugleich zur weiteren thermischen Trocknung des Klärschlamms genutzt.
Die EVN positioniert sich in der Türkei. Beim Projekt Ataköy übernimmt die EVN bis zum Jahr 2015 die Betriebsführung. Danach wird die Kläranlage an den Istanbuler Wasser- und Abwasserverband, dem Auftraggeber der Anlage, übergeben. Die EVN hat bereits 82 Projekte zur Trinkwasserver- und Abwasserentsorgung fertig gestellt und ist neben Österreich, Slowenien und Kroatien insbesondere in Osteuropa einschließlich des Baltikums erfolgreich. Mit Ataköy gelang der EVN ein erfolgreicher Schritt in den perspektivenreichen Umweltmarkt Türkei, der im Zuge der EU-Beitrittsverhandlungen zusätzlichen Aufwind erhält. In den kommenden Jahren plant die Türkei mehrere Milliarden Euro in die Abwasserentsorgung zu investieren, um der Trinkwasserknappheit Einhalt zu gebieten.
Schritt in die richtige Richtung. Mit Ataköy, der größten Kläranlage Istanbuls, wurde bereits ein Schritt in die richtige Richtung getan. Täglich fließen nun 400.000 m3 Abwasser ins Marmarameer – nun allerdings gereinigtes Abwasser. Ataköy sei Dank. ____________________________________
der montenegrinischen Adriaküste befindet sich in Planung. Q Auf Zypern wurde die EVN mit der Umsetzung weiterer Umweltprojekte beauftragt. Q In Litauen baut die EVN ihre
Marktstellung weiter aus. Die Schlammbehandlungsanlage auf dem Gelände der Kläranlage Klaipeda wurde fertig gestellt, die Errichtung einer weiteren Anlage in Siauliai wurde beauftragt.
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Wasser weich wie Quellwasser Mehr Lebensqualität. Um die Wasserqualität weiter zu verbessern, investiert EVN Wasser seit mehr als 15 Jahren in die Errichtung neuer Brunnenfelder und Leitungen. Ein aktuelles Beispiel ist die 12 km lange Wasserleitung – einschließlich eines Hochbehälters mit 2.000 m3 Nutzinhalt – zur Marktgemeinde Langau im Bezirk Horn. Das Ergebnis trägt wesentlich zur Steigerung der Lebensqualität der Bevölkerung bei. Denn die Wasserhärte konnte von ca. 31 °dH auf ca. 13 °dH gesenkt werden, und die Verunreinigungen der Leitungen mit Eisen und Mangan gehören der Vergangenheit an. Unter dem Motto „Wasser weich wie Quellwasser“ arbeitet EVN Wasser daran, die Wasserhärte weiter zu senken. Derzeit wird eine Filtrationsanlage in Bisamberg geplant, die ausschließlich auf physikalischer Basis – ohne Einsatz von Chemie – Nitrat und Härte reduzieren kann.
EVNews
Die EVN hat sich als internationaler Partner in Fragen
Segment Umwelt in Zahlen Wasserver- und Abwasserentsorgung Wasserversorgung in Österreich Kunden/innen davon direkt versorgt Leitungslänge Absatz
493.000 58.800 2.110 km 26,1 Mio. m3
Abwasserentsorgung in Zentral-, Ost- und Südosteuropa 90 Trink- und Abwasserprojekte 82 fertig gestellte Projekte davon
Umwelt ist unser Geschäft International erfolgreich. Sauberes Trinkwasser und die Entsorgung von Abwasser und Abfall gehören zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Die EVN konnte sich auf diesem Gebiet als kompetenter Ansprechpartner profilieren und realisiert maßgeschneiderte Gesamtlösungen im Bereich Abfall- und Wassertechnik. Über ihre Tochtergesellschaften bietet die EVN weltweit die Planung, Finanzierung, Errichtung und den Betrieb von Anlagen zur thermischen Abfallverwertung und von Wasserund Abwassereinrichtungen an. Zahlreiche Anlagen wurden in 15 Ländern bereits realisiert. Aufgrund des Nachholbedarfs bei Infrastrukturinvestitionen und des steigenden Umweltbewusstseins stieg die Nachfrage aus Zentral- und Osteuropa in den letzten Jahren kontinuierlich. 76
Installierte Trinkwasserkapazität in Tausend
1.098 EW1)
Installierte Abwasserkapazität in Tausend
12.664 EW1)
Thermische Abfallverwertung Österreich Anlage in Zwentendorf/Dürnrohr Jahreskapazität
500.000 t
International Anlage in Moskau Jahreskapazität
360.000 t
1) Einwohnerwert: Industrieabwasser umgerechnet auf Haushaltswasser
EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Innovative Umweltdienstleistungen
Müll sinnvoll nutzen Abfallverwertung Moskau. Seit 2007 betreibt die EVN die thermische Abfallverwertungsanlage MSZ 3 in Moskau. Rund 360.000 t Müll pro Jahr werden nach ökologischen Prinzipien thermisch behandelt. Damit wird nicht nur das Deponievolumen der Stadt Moskau reduziert, sondern auch die Luftqualität verbessert. Im Dezember 2009 erhielt die EVN den Auftrag zur Errichtung einer zweiten Abfallbehandlungsanlage in Moskau. Im Rahmen eines BOOTModells ist die EVN für die Finanzierung, den Bau und den Betrieb der Anlage für einen Zeitraum von zwölf Jahren nach Fertigstellung verantwortlich. Das Investitionsvolumen beläuft sich auf rund 575 Mio. Euro. Die Anlage nach dem neuesten Stand der Technik hat eine Kapazität von 700.000 t pro Jahr und wird mehrere tausend Haushalte mit Strom und Fernwärme versorgen.
kurz & gut Q Die EVN in Moskau. Der Ausbau und die Modernisierung der Infrastruktur stehen seit Jahren ganz oben auf der Agenda der Moskauer Stadtverwaltung. Unter den zahlreichen Projekten, die international ausgeschrieben wurden, konnte die EVN bereits acht Großprojekte für sich entscheiden. Darunter sind u. a. zwei thermische Abfallbehandlungsanlagen, zwei Kläranlagen und eine Trinkwasseraufbereitungsanlage. Q Blockheizkraftwerke für Moskau. Nachdem Anfang 2009 ein von der EVN errichtetes Blockheizkraftwerk auf
sauberesTrinkwassers und Entsorgungsproblematik etabliert.
Wasser für Moskau Trinkwasseranlage Süd-West Moskau. Zu den wichtigsten Infrastrukturprojekten der Stadt Moskau zählt die Modernisierung der Trinkwasserversorgung für die über zehn Millionen Einwohner. Als erstes ausländisches Unternehmen trägt die EVN aktiv zur Trinkwasserversorgung in Moskau bei. Ihre Trinkwasseraufbereitungsanlage zählt zu den anspruchsvollsten Anlagen in Europa und arbeitet nach einem innovativen Mehrbarrierensystem. In einem fünfstufigen Vorgang wird Oberflächenwasser aus dem Moskwa-Fluss zu hochwertigem Trinkwasser aufbereitet. Der Chloreinsatz wird dabei deutlich reduziert, was den Geschmack wesentlich verbessert. Täglich wird eine Million Menschen mit Trinkwasser versorgt; Speicher sorgen dafür, Schwankungen auszugleichen.
der Großkläranlage Kurjanovo in Betrieb genommen wurde, konnte im Berichtsjahr mit dem Bau eines weiteren Blockheizkraftwerkes in Kombination mit einer Klärschlammtrocknung auf der Großkläranlage Ljuberzy begonnen werden. Die neue Anlage wird bereits 2011 in Betrieb gehen. Q Moderne Trinkwasseraufbereitung. Ende September 2009 fand in Moskau die offizielle Grundsteinlegung für die Errichtung einer zentralen Produktionsanlage für Natriumhypochlorit statt. Zukünftig werden unter Einsatz modernster Membrantechnik 50.000 m3 Natriumhypochlorit pro Jahr produziert, die das gefährliche Chlorgas bei der Trinkwasseraufbereitung ersetzen sollen. Die EVN sieht darin einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Versorgung der Moskauer Bevölkerung.
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Reportage/ E-Mobilit채t/ Fotos Michael Kammeter
Die Wachau ist e-mobil
Das E-Mobilit채t-Team der EVN: Dipl.-Ing. Ansgar Fosen, Dipl.-Ing. Gerald R체cker, Dr. Andrea Edelmann und Dipl.-Ing. Roman Lechner (v.l.n.r.). 78
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In der Wachau hat die EVN 2010 ein E-Mobilität-Projekt gestartet. Ab sofort kann jeder bequem und ökologisch verträglich durch das UNESCO-Weltkulturerbe radeln.
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M
it dem Rad gemütlich durch eine der schönsten Landschaften Österreichs kurven? Oder mit einem hippen Segway durch verträumte Ortschaften und Weinberge rollen? Und das so ökologisch verträglich wie nur machbar? Seit Frühjahr 2010 ist dies für Einheimische und Touristen in der Wachau auf beiden Seiten der Donau möglich. Unter dem Motto „E-Mobilität in der Wachau“ hat die EVN gemeinsam mit dem Land Niederösterreich, Raiffeisen-Leasing und lokalen Partnern ein Pilotprojekt zur E-Mobilität gestartet. Die Eckdaten dieser Offensive sind schnell aufgezählt: Die EVN hat ein eigenes Tankstellennetz bestehend aus fünf öffentlichen Tankstellen – in den Orten Melk, Emmersdorf, Aggsbach Dorf, Spitz und Krems – und insgesamt 15 Strom-
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Gerald Rücker und Andrea Edelmann auf einem E-Bike und einem Segway.
Vorteile von E-Mobilität
Q Ökostrom statt fossile Brennstoffe. Elektromobilität bietet aus ökonomischer und ökologischer Sicht Vorteile: 1. Die CO2-Belastung wird deutlich reduziert – derzeit um rund 70 Prozent!
tankstellen bei touristischen Partnerbetrieben errichtet. Und zwar alles kostenlos. Obwohl – so Dipl.-Ing. Roman Lechner, zuständig für Netz-Engineering bei der EVN und in diesem Pilotprojekt engagiert – beachtliche Investitionen je Tankstelle notwendig sind.
100 Prozent Ökostrom. Alle Touristen und Einheimischen (in der Wachau leben immerhin knapp 50.000 Menschen), die sich E-Bikes, E-Scooter oder Segways ausleihen, um die fantastische Landschaft dieses UNESCO-Weltkulturerbes zu erleben, dürfen sich doppelt freuen: Denn der Strom für diese Tankstellen ist nicht nur gratis, sondern es handelt sich auch um 100 Prozent Ökostrom. Dr. Andrea Edelmann von der EVN: „Der Strom wird aus 100 Prozent erneuerbaren Energiequellen wie Kleinwasserkraftwerke, Sonnen- oder Windkraftanlagen erzeugt.“ Die bislang 13 Partnerbetriebe sind hochmotiviert, auch wenn im ersten Jahr des Projekts die Nutzung und Akzeptanz noch 80
2. Elektrofahrzeuge weisen einen geringeren Energieverbrauch und einen höheren Wirkungsgrad als herkömmliche KFZ auf. 3. Verringerung der Ölabhängigkeit. 4. Deutliche Reduktion des Lärms. Q Offensive. E-connected fördert
die Vernetzung verschiedener Akteure und arbeitet an Rahmenbedingungen und technischen Fragestellen zur Förderung der E-Mobilität. Auch die EVN ist hier aktiver Gesprächspartner. Q Mehr Infos: www.e-connected.at
nicht optimal waren – mitunter machte das Wetter im Sommer 2010 den engagierten Partnerbetrieben einen Strich durch die Rechnung. Dennoch, für die Saison 2011 wird bereits kräftig aufgerüstet. Beim Partnerbetrieb „Zum Schwarzen Bären“ in Donauhof wurden etwa neue Räder, Segways und sogar eine E-Harley – ein Elektroroller, der wie eine kleine Harley-Davidson aussieht – geleast.
Mehr Lebensqualität. Dass die E-Bikes, E-Roller etc. geleast werden, hat einen guten Grund: Der Projektpartner Raiffeisen-Leasing GmbH als Beschaffer der Fahrzeuge hat ein attraktives Komplettangebot inklusive Wartung und Einwinterung entwickelt. Raiffeisen-Leasing-Geschäftsführer Peter Engert: „Für die Raiffeisen-Leasing, die sich seit vielen Jahren intensiv im Bereich der Ökoenergie engagiert, ist die Forcierung von Mobilität durch den Einsatz von Elektrofahrzeugen ein wichtiges Thema. Wir wollen in Zukunft nicht Autos vermieten, EVN Ganzheitsbericht 2009/10
E-Mobilität
„Wir erwarten uns aus diesem Pilotprojekt wesentliche Erkenntnisse.“ erobern. EVN Generaldirektor Dr. Burkhard Hofer ist sich deshalb sicher: „Die Elektromobilität wird in den nächsten Jahren stark an Bedeutung gewinnen. Die EVN beschäftigt sich seit 20 Jahren mit alternativen Antrieben und investiert mit der Errichtung von Stromtankstellen in Niederösterreich in die Zukunft sanfter Mobilität.“ Und das E-Mobilität-Projekt in der Wachau ist ein weiterer Baustein für moderne und ökologisch verträgliche Fortbewegung. Hofer: „Wir erwarten uns aus diesem Pilotprojekt wesentliche Erkenntnisse über das Nutzer- und Nutzungsverhalten E-Scooter und E-Bikes in der Wachau, das Innenleben einer Stromtankstelle. unter realen Bedingungen. Dies kommt der sondern Mobilität. Durch Elektromobilität kann eine Verbessezielgerichteten Weiterentwicklung des Infrastrukturangebots rung der Luftqualität, eine Reduktion der Lärmbelästigung und im Bereich Elektromobilität maßgeblich zugute.“ des Schadstoffausstoßes erzielt und somit die Lebensqualität Innovatives Verkehrsprojekt. Für den niederöstergesteigert werden.“ Sollte dem E-Radler dennoch mal eine reichischen Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll ist das E-MobiliPanne passieren, steht ein weiterer kompetenter Partner mit tät-Projekt in der Wachau ein wichtiger Schritt in Richtung ZuRat und Tat zur Seite: Der ÖAMTC bietet einen Gratis-Pannenkunft. Pröll: „Die Wachau ist zu schön, um einfach nur mit dem dienst in der gesamten Wachau an.
Die Zukunft hat begonnen. Für die EVN ist dieses Projekt ein ambitionierter Schritt, E-Mobilität stärker ins Bewusstsein der Menschen zu bringen. Aber auch neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Immerhin – so EVN-Projektmitarbeiter Dipl.-Ing. Ansgar Fosen – ist die EVN gerade dabei, mit weiteren Regionen in Niederösterreich neue E-Mobilitäts-Konzepte zu diskutieren, zu entwickeln und zu realisieren. Klar ist, dass sich derartige Projekte mittelfristig auch rentieren müssen. Fosen: „Wir sind mit einigen Regionen im Gespräch. Entscheidend für den Erfolg wird wohl sein, dass die Touristen ein spannendes Angebot vorfinden, aber sich auch die einheimische Bevölkerung engagiert.“ Erste Erfolge in dieser Richtung sind in der Wachau bereits zu verzeichnen. Auch die ansässige Bevölkerung nutzt das Angebot. Zudem fördert das Land Niederösterreich die Anschaffung von E-Bikes. Dr. Stephan Pernkopf, Landesrat für Umwelt, Landwirtschaft und Energie in Niederösterreich, meint dazu: „Das E-Fahrrad schafft im Vergleich zum normalen Fahrrad gerade im ländlichen Raum, außerhalb des dichten Siedlungsgebiets, eine neue Möglichkeit der Mobilität.“ Pilotprojekt mit Potenzial. Dass in Zukunft E-Mobilität eine große Rolle spielen wird, etwa um Klimaschutzziele zu erreichen, steht inzwischen außer Zweifel. Deutschland hat sogar politisch klar formulierte Ziele vorgegeben. In unserem Nachbarland sollen bis 2020 1 Mio. Elektroautos die Straßen EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Auch in Aggsbach Dorf steht eine öffentliche Stromtankstelle. Auto durchzufahren. Da gibt es so vieles zu entdecken, dass wir den Gästen die Möglichkeit bieten wollen, alle Highlights dieser einzigartigen Kulturlandschaft autofrei zu genießen.“ Deshalb wird bereits mit Hochdruck an einem innovativen Gesamtverkehrskonzept für die Wachau gearbeitet, das im Frühjahr 2011 gestartet wird. Dann sollen sämtliche Ausflugsziele der Region ohne eigenes Auto erreichbar werden. Und hier war und ist die E-Mobilität ein erster Meilenstein. Deshalb erwarten sich auch alle Verantwortlichen 2011 einen weiteren „Push“ für E-Bike, E-Scooter oder Segway ._________________ 81
E-Mobilität
Energie erlebbar machen Wind und Sonne. Erneuerbare Energiequellen wie Sonne und Wind unterliegen starken Fluktuationen, weshalb Speichersysteme notwendig sind, um die Erzeugung planbar zu machen. Die EVN erprobt im Energieerlebnispark in Lichtenegg neue Speichertechnologien und unterschiedliche Kleinwindkraft- und Photovoltaikanlagen. Kleinwindräder sind eine junge Technologie, für Haushalte und landwirtschaftliche Betriebe – und damit auch für das Produktportfolio der EVN – von hohem Interesse. Speichersysteme sind dabei multifunktional zu verstehen, gehen die Möglichkeiten doch weit über die Energieversorgung eines einzelnen Gebäudes hinaus. Die EVN kooperiert dabei mit Partnern aus Industrie und Forschung sowie der Bucklige Welt Wind GmbH. Die Inbetriebnahme des vom Klima- und Energiefonds und vom Land Niederösterreich geförderten Projekts erfolgt im Frühjahr 2011. Bild links: Dr. Hofer mit Mitarbeitenden in Lichtenegg beim Spatenstich (Dipl.-Ing. Christian Reichel, Dr. Burkhard Hofer, Mag. Dipl.-Ing. Angelika Lackner und Dr. Andrea Edelmann, v.l.n.r.).
EVNews
Wandel erfordert Innovationen – die besten Projekte.
Ganzheitlich betrachtet
Innovationen. Zukünftig wird die Versorgung verstärkt durch regional verfügbare erneuerbare Energieträger abgedeckt. Um innovative Technologien in der Praxis zu erproben, engagiert sich die EVN in zahlreichen Projekten. Dabei steht die ganzheitliche Betrachtung im Mittelpunkt. Die EVN engagiert sich stark im Bereich dezentraler und erneuerbarer Energieerzeugung. Maßgeblich für die Nutzung dieser fluktuierenden Energieträger sind geeignete Speichertechnologien, und es gilt auf Kundenseite, den Energieverbrauch zu minimieren.
kurz & gut Q Umweltfreundliche Mobilität. Erdgas als Treibstoff in Form von CNG (Compressed Natural Gas) liefert durch die Reduktion von CO2, Feinstaub und Stickoxiden einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz. Die Erdgas Mobil GmbH, eine Tochter der EnergieAllianz, forciert die Verbreitung von Erdgas als Kraftstoff und betreibt derzeit insgesamt 31 öffentliche und sechs nichtöffentliche CNG-Tankstellen in Niederösterreich. Q Strom bewusst verwenden. Die EVN testet derzeit mit rund 300 Kunden/innen „intelligente Zähler“ (Smart Meter). Sie ermöglichen den Kunden/innen, ihren Strom-
Die Zukunft der Energieversorgung
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verbrauch jederzeit über ein Display abzulesen und über das Online-Energie-Management-System im Internet zu analysieren. Q Green Home. Manche Haushaltsgeräte verbrauchen Energie, andere erzeugen oder speichern sie. Werden die Geräte intelligent gemanagt, kann Energie effizienter genutzt werden. Ziel des Projekts „Green Home“ ist es, durch das Zusammenspiel von Informations- und Kommunikationstechnologien, effizienten Geräten und intelligenten Netzen (Smart Grids) diese Potenziale zu nutzen. EVN Ganzheitsbericht 2009/10
Landis+Gyr GmbH
Energieautarke Siedlungen. Im Rahmen des Projekts ADRES (Autonome Dezentrale Regenerative Energiesysteme) wird eine energieautarke Siedlung simuliert. Durch die Kombination von erneuerbaren Energiequellen, intelligentem Netzmanagement und höchster Effizienz in der Erneuerbare Energie gesamten Energiekette soll eine regionale emissionsarme Vollversorgung ermöglicht werden. Der effiziente und autonome Verbraucher wird durch ein Bilanzierungstool sowie einen neuen Regelalgorithmus an Effizienter Intelligente die stochastische Erzeugung angepasst, Endverbrauch Netze wodurch Blackouts verhindert werden und der Aufwand für Energiespeicher oder die Backup-Versorgung gesenkt werden kann.