Das S Magazin #1

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Portugieser Chronograph Classic. Ref. 3904: Wenn der Wind sich dreht und einem kräftig ins Gesicht bläst, sind manche Männer in ihrem Element – jene standhaften Abenteurer, die sich schon immer auf ihren inneren Kompass und auf die Navigationsinstrumente ihrer Schiffe verlassen haben. Mit der Portugieser Chronograph Classic stellt IWC den heutigen Pionieren zur See beides an die Seite: Präzision und Verlässlichkeit demonstriert das IWC Manufakturkaliber 89361, dessen Chronographenanzeige gestoppte Stunden und Minuten in einem gemeinsamen Innenzifferblatt anzeigt und so auf einen Blick erfassbar macht. Von Fernweh und Entdeckergeist zeugen dagegen die applizier-

ten arabischen Zahlen oder die Eisenbahnminuterie. Immerhin zierten diese Designelemente schon das legendäre erste Portugieser-Modell aus den 1930er Jahren. Der Ursprung des portugiesischen Seefahrer-Mythos reicht zurück in die Zeit von legendären Entdeckern wie Fernando Magellan oder Vasco da Gama. Und noch heute hält ein Blick auf die durch den Saphirglas-Sichtboden erkennbare Schwungmasse die Erinnerung an ihren rastlosen Entdeckergeist lebendig. Es wird immer Männer geben, die es hinaus aufs Meer zieht. Manche nur deshalb, weil sie dem aus zeitloser Eleganz und klassischem Design Form gewordenen Lockruf dieser Uhr nicht widerstehen können. IWC . ENGINEE RED FOR MEN .

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S MAGA ZIN

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EDITORIAL

EDIT O RIA L S Magazin, Ausgabe

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Ab und zu tut es gut, kurz innezuhalten und zu reflektieren.

Das Leben zieht an uns so schnell vorbei, dass wir Gefahr laufen, wertvolle Momente, kleine Wunder und Besonderes zu übersehen oder für alltäglich zu erachten. Das S Magazin ist für uns die Chance, uns die Zeit zu nehmen, um einen Blick zurückzuwerfen, um das Geschehene zu verarbeiten, die Spreu vom Weizen zu trennen und mit diesen Früchten in die nächste Saison zu gehen. Der Koch und Gastgeber steht an der bislang letzten Station eines sehr langen Wegs, der in ferner Vergangenheit seinen Anfang genommen hat. Er gründet auf der Arbeit und Kreativität, die viele vor ihm geleistet haben. Jene, die Sorten und Rassen gekreuzt haben, um ein geschmackvolleres Ergebnis zu erzielen, die wissbegierig waren zu erfahren, wie sich durch Fermentation Geschmack und Textur verändern lassen, und die neue Techniken entwickelt haben, weil die alten nicht mehr genügten. Ihre Erkenntnisse und Erfahrungen bilden die Grundlage für das Handeln des heutigen Gastronomen und verpflichten ihn zu respektvollem Umgang und zeitgemäßer Weiterentwicklung. Die moderne österreichische Esskultur ist das Ergebnis der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von unzähligen Menschen über Generationen hinweg. Sie schafft eine Verbindung – zu unseren Familien, unserer Heimat, unserer Kultur. Obwohl sich diese Verbindung in unserer globalen, beschleunigten Welt nicht mehr so leicht erkennen lässt, ist sie doch da. Sie ist der Grund, warum niemand Mehlspeisen so gut bäckt wie unsere Groß­ mutter, warum gewisse Aromen uns in eine andere Zeit und an einen anderen Ort versetzen können, warum auch mittelmäßiges Essen in guter Gesellschaft schmeckt und warum es letzt­endlich wichtig ist, sich in der Frage zu engagieren, wie wir uns heute und künftig ernähren. Das S Magazin macht sich auf eine kulinarische Reise und präsentiert verschiedene Perspektiven: jene unserer Produzenten in ihrer Umgebung, die unserer Köche mit ihren geschmacklichen Vorstellungen und ihrer ständigen Suche nach dem einzigartigen Aroma und natürlich die Sichtweise unserer Gäste. All diese Menschen stehen in Beziehung zueinander, sind voneinander abhängig und inspirieren sich letztendlich gegenseitig. Begleiten Sie uns in die Steirereck-Welt, teilen Sie unsere Leidenschaft und lassen Sie uns gemeinsam die Ernte unseres Landes in das genussvollste Licht stellen.

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Inhalt

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I N H A LT

IN HA LT

1 3 U N D

EIN GEDECK FÜR DIE SEELE Es ist nicht nur der Mund, der isst. Essen heißt, die Welt in sich aufzunehmen.

Von Severin Corti 1 7 JEDES

G E R I C H T H AT S E I N E SCHALE Kleider machen Leute. Geschirr macht Gerichte. Ein Vorzeigestück.

5 4 AUF

DEN LAIB GESCHRIEBEN Geschichten frisch aus dem Rohr. Ein Abc rund ums Brot. Von Katharina Seiser

2

1 9 G E STAT T E N :

BEERE, RÜBE, B L AT T Drei große Persönlichkeiten in der Küche: Erdbeere, Rübe, Sauerampfer. Von Ute Woltron

2 6 FLÜCHTIGE

SCHÖNGEISTER Konservierung: Wie sich Duft, Geschmack und Aroma zähmen lassen.

Von Ute Woltron

1 3 2 DER

A P F E L FÄ L LT G A R N I C H T E R ST V O M STA M M Ein ganz besonderer Saft. Was das Ehepaar Wetter aus Äpfeln herausholt.

Von Katharina Seiser 3 8 DER

SÜDEN IM OSTEN Die umfangreichste Zitrussammlung Europas befindet sich in Schönbrunn.

60

Von Katharina Seiser

G R U S S

AUS DER KÜCHE Geschmack an der Arbeit. Ein Blick in das Innerste des Steirereck. Von Harald Schume

7 2 A U F G E T I S C H T

Guten Appetit: neun Gerichte.

9 2 E I N G E S C H E N K T

Zum Wohl: Sommeliers empfehlen.

9 5 A Q U A

MAN. KO M P L I M E N T ! Was die Hubers aus dem Attersee herausfischen, ist ganz einfach: Finest Fish.

V I TA E – M A N K A N N AUCH SCHNAPS DAZU SAGEN Charaktertropfen vom Künstler und Schnapsbrenner Christoph Keller.

4 6 SO FISCHT

Von Ute Woltron

Von Ute Woltron

3 1 0 2 E I N FAC H

Z U M N AC H KO C H E N Gutes Gelingen: Chioggia-Rüben, ein simples Rezept aus dem Steirereck.



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I N H A LT/ I M P R E S SU M

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Impressum

1 1 0 RINDER,

WIE DIE ZEIT VERGEHT! Früher gaben sie Milch, heute bestes Fleisch. Ein Besuch bei den AubracRindern. Von Georges Desrues

1 1 8 ZWEI

STA R S , D R E I ST E R N E Lokal-Augenschein in Laguiole. Spitzen­ koch Michel Bras in den Topf geschaut. Von Georges Desrues

MEDIENINHABER: Alba Communications GmbH REDAKTION: 1060 Wien, Loquaiplatz 12 HERAUSGEBER: Birgit und Heinz Reitbauer PROJEKTLEITUNG: Nicole Adler DESIGN: brand unit, network for branding, design and content www.brand-unit.com KREATIVDIREKTION: Albert Handler ARTDIREKTION: Christian Ram GRAFIKDESIGN: Christoph Schörkhuber Vanessa Buchschacher AUTOREN: Severin Corti George Desrues Katharina Seiser Harald Schume Ute Woltron TEXTCHEFIN: Andrea Fehringer FOTOGRAFEN: Andreas Balon George Desrues Davide Dutto Klaus Fritsch Daniel Gebhart de Koekkoek Peter Rigaud Thomas Schauer Martin Stöbich ILLUSTRATION: Franz-Georg Stämmele

1 2 0 EIN DORF

MACHT BL AU Roquefort hat sieben Käsemacher. Zwei davon schmeckt man heraus. Eine Anleitung. Von Georges Desrues

PROJEKTKOORDINATION: Barbara Buchendorfer LITHOGRAFIE: Mario Rott LEKTORAT: Elisabeth Schöberl SCHLUSSLEKTORAT: Susanne Ebner

1 2 6 ALFRED

DORFERS G E S C H M A C K S­E R I N N E R U N G E N Ein Allesfresser über Kakao und Curry-Huhn.

1 2 8 ANDERSWO

RESERVIERT Restaurantempfehlungen von Birgit und Heinz Reitbauer.

GESCHÄFTSFÜHRUNG: Reinhold Gmeinbauer, geschäftsführender Gesellschafter ANZEIGEN: Alexandra Supper (Leitung) Bernd Mandl Ann-Kathrine Schimel LEITUNG ABO-MARKETING: Kornelia Fünder BA DRUCK: Grasl FairPrint VERTRIEB: Morawa


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S MAGA ZIN

GESCHMACKS-SINN

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WARUM WIR GUTES ESSEN VIEL ZU WENIG WICHTIG N E H M E N U N D U N S E I N B E I S P I E L A N I TA L I E N I S C H E N G E FÄ N G N I S - I N S A S S E N N E H M E N S O L LT E N .

UND EIN GEDECK FÜR DIE SEELE TEXT: SEVERIN CORTI; FOTOS: DAVIDE DUTTO

Einen Apfel vom Baum pflücken. Eine Reihe ausgeklügelter Kompositionen bei einem großen Koch erleben. Eine Tiefkühlpizza aus der Mikrowelle holen und vor dem Fernseher verdrücken. Im Grunde ist all das ein und dasselbe: Nahrungsaufnahme. Aber auch: mit Essen intim werden, es so nahe an sich heran­lassen wie sonst nichts auf der Welt, es zu einem Teil seiner selbst machen. Mit wem oder was man sonst intim wird, ist eine hochsensible Entscheidung. Beim Essen hingegen scheint dieser Mechanismus auf mysteriöse Art außer Kraft gesetzt. Sonst würde der Wohlstandsmensch öfter mal einen Apfel vom Baum essen und, vielleicht, nicht ganz so viel Fleisch, Fertigpizza, Fast Food in sich hineintun. Essen ist nämlich wichtig. Essen heißt, die Welt in sich aufzunehmen. Ganz ohne Übertreibung ist Essen sogar das, was uns im Innersten zusammenhält – schließlich gibt es uns nur als essende Wesen oder gar nicht. Lebensmittel: Das Wort mag nicht besonders poetisch sein, es macht den Umstand aber auf unmissverständliche Weise deutlich. Essen kann aber noch viel mehr. Es befördert ganz wesentlich die Kreativität. Eben weil es kaum etwas Schöneres gibt als gutes Essen in Gesellschaft Gleichgesinnter, ist der Mensch zu außerordentlichen An­ strengungen bereit, um sich und den Seinen anständiges Essen – also etwas, das über Nahrungsaufnahme merkbar hinausgeht – anbieten zu können. Besonders eindrucksvoll lässt sich das beobachten, wenn der Mensch in Ausnahmesituationen gerät und sich Kultur auf wenig mehr als den Akt des Essens reduziert.


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GESCHMACKS-SINN

Im Gefängnis von Fossano etwa, an der Grenze zwischen Piemont und Ligurien, wird das allabend­ lich auf ebenso wunderbare wie tröstliche Weise vorexerziert. Die Häftlinge dürfen hier (wir sind in Italien) eine Bialetti-Mokkamaschine und einen Kocher mit Gaspatrone in den Zellen haben. Die aber lassen sich auch vielfältiger einsetzen, wie Davide Dutto und Michele Marziani in ihrem wundervollen Fotoband „Il Gambero Nero“ dargestellt haben. Da sieht man etwa Ciro aus Neapel, der sich aus zwei Pfannen und einem Kocher einen erstaunlich effektiven Pizzaofen gebaut hat. Oder Bruno aus Kalabrien, der mittels zweier Gaskocher, eines verbeulten Bräters und einer aufwendigen Alufolienkonstruktion eine massive Lasagne bäckt. Alvaro aus Ecuador wieder schneidet die Zutaten für sein geschmortes Huhn mit der Deckelkante einer Konservendose – schließlich sind Messer auch in italienischen Gefängnissen verboten. Das abendliche Kochen gerät so zu einem Wettbewerb um das außerordentlichste Mahl, den tollsten Tel­ ler, das wagemutigste Werk. Mit durch und durch rudimentären Hilfsmitteln entstehen so an einem unwahr­ scheinlichen Ort allabendlich Zeugnisse der Schönheit, des gemeinsamen Feierns, des unbändigen Strebens nach Schönheit und Qualität. Gleichzeitig gibt es natürlich wenig Banaleres als essen: Im Laufe seines Lebens isst der Mensch in etwa 100.000-mal, an die 30.000 Kilo Lebensmittel schickt er dabei auf den Weg durch alle Fasern seines Kör­pers. Es ist wie mit dem Atmen: Was man so routinemäßig tut, daran verschwendet man gemeinhin kaum noch einen Gedanken. Wenn einen der Hunger packt und angeblich viel Wichtigeres erledigt werden könnte, dann tut es auch für den ganz bewussten Esser plötzlich ein Snack aus dem Kühlregal, eine Dosis gehärtetes Pflanzenöl aus der Knisterpackung, ein Riegel Zuckerfett. Ausgerechnet in den USA, die auch beim Essen nur zu gern als Heimat des Bösen identifiziert werden, zeigt sich, dass auf die Kräfte des Guten sehr wohl Verlass ist. Schließlich hat sich da, ausgehend von einer kleinen Hippie-Community rund um San Francisco, in den vergangenen 35 Jahren eine breite Bewegung bewusster Esser, Köche und Nahrungshandwerker gebil­ det, gegen die viele traditionsbeladene Gutesser europäischer Prägung plötzlich richtig 100.000-mal alt aussehen. Im Vergleich zu dem, was auf den Farmers Markets zwischen Berkeley und im Leben Brooklyn an grandiosem Biogemüse, an echtem, langsam gewachsenem Weiderind und isst man. nachhaltig gefangenem Fisch angeboten wird, müssen sich die Märkte, auf deren Wie­ 100.000-mal derbelebung wir in Österreich so stolz sind, fest anschnallen. Die institutionalisierte Lust hat man am Neuen, am Kennenlernen fremder Traditionen, unerwarteter Ideen von gutem Essen die Chance ist etwas, das uns die Neue Welt exemplarisch vorlebt. Die Angelsachsen haben erkannt, auf Genuss. wie kulinarische Offenheit, Neugierde und Abenteuerlust dazu führen, dass man sich die Welt über den Gaumen zu eigen macht. Paradoxerweise gilt das für Neues ebenso wie für vermeintlich Wohlbekanntes. Essen ist Identität, Verwurzelung in der Heimat. Nun ist diese Heimat ein ebenso kraftvolles wie individuell erlebtes, viel­ leicht sogar imaginäres – aber deshalb nicht weniger dynamisches Gebilde, das sich genauso verändert wie unsere Vorstellung von dem, wie die Welt als Ganzes sein soll. Daran sollte man öfter einmal denken, wenn das kollektive Unbewusste einem wieder weismachen will, dass Geld ausgeben für gutes Essen un­ vernünftig oder gar unmoralisch sei, neue Alufelgen, ein neuer Flatfernseher oder die Fernreise ins Allinclusive-all-you-can-eat-Resort hingegen eine irgendwie erstrebenswertere Form des Konsums darstelle. Es ging uns im Lauf der Geschichte noch nie so gut wie jetzt. Gleichzeitig haben wir im Vergleich noch nie weniger Geld für unser Essen ausgegeben und weniger Zeit für das investiert, was wir durch unseren Körper schicken. Es wird versucht, uns das als Beweis für den Fortschritt zu verkaufen. Schön zu wissen, dass längst nicht mehr alle das glauben wollen.


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FORM-SACHE

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Jedes Gericht hat seine Schale

E S IST N I C H T N U R D I E ZU N G E, D I E Ü B E R D E N G E S C H M AC K U RT E I LT. W E N N D E M AU G E N I C H T G E FÄ L LT, WA S I H M VO RG E SE T Z T W I R D, IST E S N U R D E R H A L B E G E N US S.

Nicht nur Speisen und Getränke, auch das Wie – vom Geschirr übers Glas bis zum Besteck –, kurz: die Gesamtkomposition muss stimmen. Stets steht die Speise im Mittelpunkt und das Bestre­ ben, sie ins richtige Umfeld zu betten. Service und Teller werden im Steirereck nach Textur und Ästhe­ tik des Gerichts ausgewählt „Seit Jahren sammeln und kaufen wir so ziemlich alles, was uns in die Hände kommt und gefällt“, erzählt Hausherr Heinz Reitbauer. Dementsprechend eklektisch ist das Repertoire: viel Handgemachtes, teils grob, teils fragil und un­regelmäßig an der Oberfläche, ohne Glasur.

Doch auch hochfeines Porzellan und hauchzarte Ge­ decke aus japanischen Manufakturen kommen im Steirereck auf den Tisch – die Inszenierung gleicht einem Gesamtkunstwerk, um Auge und Gaumen zu erfreuen. Das Keramikgut der belgischen Künst­lerin Roos van de Velde ist, ähnlich wie Reitbauers Gerichte, stark von der Natur beeinflusst. Eine Blume, ein Ast, ein Blatt, ein Stein – Dinge, die Roos van de Velde auf ihrer Suche nach der perfekten Form sammelt und bearbeitet und als Objekt neu erfindet.

FOTOS: THOMAS SCHAUER

Künstlerin Roos van de Velde für Serax


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TEXT: UTE WOLTRON; FOTOS: KLAUS FRITSCH

G E S TAT T E N : B E E R E , R Ü B E , B L AT T

Jede Jahreszeit hat ihre Spezialitäten. Die Beeren, Blätter und Knollen, die Frühling und Sommer in den unterschiedlichsten Sorten servieren, machen einem den Mund wässrig. Zum Beispiel die waldbeerigen unter den Erdbeeren, die hurtigen unter den Rüben oder die eleganten unter den Ampfern. Jede von ihnen eine Persönlichkeit, die man näher kennenlernen sollte. GESCHMACK

Von süß über bitterzart bis säuerlich: das Spiel mit Aromen und Texturen.


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ERDBEERE lat.

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Sie ist empfindlich. In jeder Hinsicht. Sobald sie gepflückt ist, will sie innerhalb weniger Stunden verarbeitet werden. Sie verdirbt schneller als alle anderen Früchte. Und sie mag es gar nicht, wenn zu viel mit ihr herumhantiert wird. Denn die Erdbeere ist eine Solistin. Sorten wie Mara de Bois, Charlotte, Baron Solemacher oder Wädenswil 6 tragen ein Waldbeerenaroma in sich, das schon allein und ohne jede andere Zutat ein Gedicht ist. Eine erdbeerrote Kindheitserinnerung. Ein Duft wie früher. Eine Intensität, die durch zu viel Hitze zerstört wird. Also gibt es die Erdbeere als behutsam kalt gerührte Marmelade. Es gibt sie sacht angedörrt, gerade so viel, dass sich der Geschmack noch ein wenig intensiviert. Unter Umständen verträgt sie sich mit der Vogelbeere, mit einer feinen Sauce, mit einem Ragout. Oder sogar als Erdbeerblüte, denn auch diese schmeckt und duftet zart und dezent nach der köstlichen Beere des Waldes.


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RÜBE lat.

B R A S S I C A R A P A

Das ganze Jahr über gibt es einen Rübenreigen. Denn diese gute, kompakte und so vielseitige Frucht des Feldes existiert in zahlreichen Sorten. Gut 150 sind es allein hierzulande. Der Reigen setzt mit der Mairübe ein. Endlich frisches Gemüse! Nie ist die Rübe süß und plump, wozu anderes Wurzelwerk womöglich neigen mag. Immer kann sie frisch und roh oder gegart verwendet werden. Oder, im Falle küchentechnischer Meisterschaft, in Kombination mehrerer Garstufen auf einem Teller vereint. Ein Rübenkunstwerk. Das ergibt einen Grundgeschmack in unterschiedlichen Texturen und Nuancen. Denn die rohe Variante ist bitterzart und verfügt über eine frische Schärfe, die sie jedoch stufenweise durch das Garen verliert. Solchermaßen ist sie mit vielem kombinierbar. In Scheibchen geschnitten wird sie zudem milchsauer vergoren. Die Rübe ist ein weites Feld. Gesund, das steht fest, ist sie außerdem.


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SAUERAMPFER lat.

R U M E X A C E T O S A

Da wäre einmal der Römische Schildampfer: herzförmig-runde Blätter, von denen das Wasser abperlt wie von Lotosblüten. Sonnenliebhaber. Knackig-sauer. Ein äußerst vitaler Kerl. Dann hätten wir den Gartensauerampfer: Er zieht halbschattige Lagen vor. Lange schlanke, ganz weiche Blätter. So zart, wie diese sind, ist auch sein fein säuerlicher Geschmack. Eine vornehme Erscheinung. Jetzt noch der Rote Sauerampfer: Er ist selten. Eine Rarität. Und ein echter Blickfang. Dunkelrote Blätter, die er im Herbst noch intensiver färbt. Ebenso ausgeprägt ist die kompakte Säure darin. Er kann gebleicht und zu einer Gemüsedelikatesse veredelt werden, indem ihm ein Gefäß übergestülpt und so das Sonnenlicht entzogen wird. Ansonsten bringen all die Sauerampfer Frische, Leichtigkeit, Säure in alle Speisen, vom Salat bis zum Dessert. Doch immer nur in letzter Sekunde. Frisch. Nicht erhitzt. Seinem säuerlichen Naturell entsprechend.


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GE S CHMACKS-KONSERVIERUNG


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Wie man den Duft einfängt

Duft, Geschmack und Aroma sind scheue Geschöpfe. Sie einzufangen ist eine Meisterleistung. Sie zum Bleiben zu überreden eine Kunst. TEXT: UTE WOLTRON; FOTOS: KLAUS FRITSCH


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GE S CHMACKS-KONSERVIERUNG

Mit Bedacht und Ruhe. Mit Fingerspitzengefühl und Raffinesse. Mit Geduld und der Muße, die man sich für die Kapriziösen ganz einfach nehmen muss. Blütendüfte sind überaus empfindlich. Man kann sie sozusagen nur im Flug erhaschen und in ihrer natürlichen Beschaffenheit erhalten. Sonst sind sie sofort weg oder sie sind beleidigt und verändern sich – und wer will das schon?

Die Rose, die Königin! Sie verträgt sich sogar mit dem Salz. Das würzt sie aufs Duftigste. Im Gar­ ten hat die Rose mit der Taglilie eine allerliebste Hof­ dame. Die Taglilie wiederum ist zwar ebenso schön wie die Rose, doch sie duftet nicht. Dafür schmeckt sie sehr gut. Und das ist, nicht nur auf die Taglilie gemünzt, das zweite Blütentalent, das neben dem Duft nicht vergessen werden soll: der Geschmack.

Man darf die Blüten, die diese Düfte tragen, die man einfangen will, beispielsweise niemals über die Maßen erhitzen. Zu hohe Temperaturen bekommen ihnen gar nicht, da verflüchtigen sich die Aromen sofort.

Viele Blüten schmecken ausgezeichnet. Die orangen Taglilienblütenknospen, die knallroten Ananassalbeiblüten, die vielen verschiedenen Monardensorten in Orange, Rosa, Pink, alle mit unterschiedlichen Aromen gesegnet, die Duftpe­ largonien. Manche wird man in Schokolade tun­ ken, sogar milchsauer vergären. Andere in Honig einlegen, zu Geschmacksessenzen verarbeiten, zu Geschmack-Duft-Kombinationen veredeln, viel­ leicht sogar mit anderen Duft-Blüten-Geschmäckern kombinieren. Man kann in die Welt der Blüten ein­ tauchen wie in ein Blütenbad. Mit allen Sinnen. Man wird durch alle Zeiten tauchen, gestern und durch heute. In den Blüten steckt mehr als Farbe, Duft, Geschmack. In ihnen stecken die Jahreszeiten, die Erinnerungen, die Wiederkehr, eigentlich das gan­ ze Leben. Botanisch betrachtet oder sinnlich oder kulinarisch. Wie es uns gefällt.

Jeder Blütenduft, jedes Blatt­aroma hat seine ganz persönlichen Eigenwilligkeiten. Die einen wol­ len beispielsweise ganz unbedingt in alkoholischen Geistern aufgefangen werden. Darin lösen sie sich bereitwillig auf, darin schwimmen sie so lange und wohlbehalten, bis sie schließlich zerstäubt über manch köstlicher Speise wieder aufsteigen und so frisch duften wie am Tag ihrer ersten Blüte. Andere wiederum bevorzugen den Zuckersirup als Auf­ bewahrungsstätte. Hier konzentrieren sie all ihre Aromen auf das Äußerste, sodass schon ein Tropfen genügt, durch süße Duftigkeit zu bezaubern. Denn Duft und Geschmack – wer kann sie voneinander trennen? Dann gibt es allerdings auch Blüten, die un­ bedingt und ausschließlich in Öl gebadet werden wollen. Denn nur Öl bekommt ihrem Parfum, und über geraume Zeit löst dieses, wenn geduldige Hän­ de Blüte um Blüte damit tränken, Wohlgeruch um Wohlgeruch, bis endlich dann selbst ein Tröpfchen davon wie ein kleines Blumenmeer duftet. Geduld. Zeit. Behutsamkeit. Das braucht man eben. Doch das Resultat spricht für sich. Ein Tropfen da, ein Hauch dort – und eine Speise erhält plötzlich eine neue Di­ mension, bekommt eine bezaubernde Leichtig­keit, möglicherweise eine Aura beglückender Fröhlich­ keit, obwohl man gar nicht so genau weiß, warum. Vielleicht ist es eine Erinnerung an einen fast vergessenen Spätsommerabend unter blühenden Akazien, die als unsichtbares und kaum wahrnehm­ bares, aber doch spürbares Duftwölkchen mit dem Dessert mitserviert wird. Vielleicht erweckt es eine Reminiszenz an einen Ort in der Ferne, wo Zitro­ nen und Bitterorangen blühen. Oder es fühlt sich an wie ein froher Blick zurück in eine Zeit, als man selbst noch die Muße hatte, seine kleine Kindernase spielerisch an Erdbeerblüten, am nur in der Nacht süß duftenden Geißblatt, an der Lilie und an den verschiedenen Rosensorten im Garten der Groß­ mutter zu üben.



INNENARCHITEKTUR | EINRICHTUNGSKONZEPTE | EIGENE TISCHLEREI | MONTAGE

MY LIFE DESIGN STORIES

LEIDENSCHAFT KENNT KEINEN FEIERABEND: BERATUNG AUCH AUSSERHALB UNSERER ÖFFNUNGSZEITEN


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Wer & warum

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LIEFERANTEN & PRODUZENTEN

Die Zutaten, die fürs Kochen gebraucht werden, wachsen nicht in der Küche. Sie werden von anderen gefischt, gezüchtet, gefüttert, gemolken, gepflanzt, gehegt, gezogen, gepflückt, geerntet und geliefert. Von denen, die es am besten können.

1

S. 32

S. 38

D E R A P F E L FÄ L LT GAR NICHT E R ST V O M STA M M

DER SÜDEN IM OSTEN

S. 46

S. 54

SO FISCHT MAN. KO M P L I M E N T !

AUF DEN L AIB GESCHRIEBEN


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WET TER-L AGE

DER

APFEL FÄ L LT G A R NICHT E R ST VO M STA M M

Reinhard und Helga Wetters gesamtes Leben dreht sich um Äpfel. Wer einmal einen ihrer N E U N   S O R T E N R E I N E N A P F E L S Ä F T E gekostet hat, ist für die gemeine Ware auf ewig verdorben. TEXT: KATHARINA SEISER; FOTOS: MARTIN STÖBICH


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Duftige knallrote Äpfel – bedingt durch Wetters Pflege und kühle Weinviertler Nächte.


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WET TER-L AGE

Der Liegestuhl stört das Bild. Der mehrfach aus­ gezeichnete Edelbrenner heizt gerade im Blaumann der Williams-Maische ein, als er den Fehler bemerkt. Der Liegestuhl ist schneller aus dem Gesichtsfeld der Besucher verschwunden, als sie seine Form und Farbe wahrnehmen können. Reinhard Wetter ist dieses Symbol des Müßiggangs ein echtes Ärgernis, aus dem er kein Hehl macht. Aber er braucht den Liegestuhl. Für die halbstündigen, mit dem Wecker eingeteilten Pausen in der Brennerei, wenn er alle Apfelkisten in den Lagern mit dem Stapler in Reih und Glied gestellt hat, wenn jede Schürze an ihrem Platz hängt, jeder Karton gerade gerückt ist und es in stockdunkler Waldviertler Herbstnacht nichts mehr zu tun gibt als zu warten, bis der Feinbrand aus der Brennanlage tröpfelt. Warum man eine Geschichte über Reinhard und Helga Wetter, die Apfelsaftmacher, mit Rein­ hard Wetter, dem Meisterbrenner, beginnen muss, ist naheliegend: Apfelsaft wird belächelt, Apfel­ brand bewundert. Für die Wetters aus Missingdorf macht es jedoch kei­ nen Unterschied, denn egal ob mit oder ohne Geist: Sie wollen den der jeweiligen Apfelsorte innewohnen­ den Charakter in der Flasche ein­ fangen. Unverfälscht, ohne Firlefanz, aber mit allem, was die Sorte auch im reifen Zustand am Baum strahlen lässt. Nicht an irgendeinem Baum, sondern an ihrem eigenen. Zuge­ kauft wird kein einziger Apfel – und aufgeklaubt auch nicht.

Das Auge arbeitet mit „Ich bin ein Mensch, der sehr ehrgeizig ist, sehr penibel, sehr genau. Das ist oft nervig für die Leute, aber es ist halt so“, sagt Reinhard Wetter entspannt, nachdem der 57-Jährige den Liegestuhl weggeräumt und die Arbeitskleidung der Brennerei gegen Jeans, einen eleganten Strickpulli und farblich passende Sneakers getauscht hat (das wird er an diesem Tag noch mehrmals tun – jeder Arbeit ihre Kleidung). Er öffnet die Tür zu einem der Lagerräume. Noch bevor man sie sehen kann, haut einen der Duft der Freiherr von Berlepsch um, die hier sortenrein lagern, bis sie das genau richtige Verhältnis von Säu­ re, Süße und Aroma zum Pressen entwickelt haben. Die Kisten stehen wie ein Orchester, das auf den Dirigenten wartet, exakt im Halbrund angeordnet. Das Auge arbeitet schließlich mit.

Wie beim Wein entsteht die Qualität aber drau­ ßen, im Garten: „Am liebsten setze ich mich in der Früh, wenn noch alle schlafen, aufs Radl und schaue mir das an.“ Auf acht Hektar san­ digem, steinigem, trockenem Boden wachsen zehn Sorten Äpfel, auf zwei weiteren Hektar die Williams-Bir­ nen. Dann kommen noch Marillen, Kirschen und Elsbeeren hinzu, aber die werden nur in der Brennerei be­ nötigt. „Wir sind eines der spätesten Obstbaugebiete Österreichs“, erzählt Helga Wetter, und ihr Mann ergänzt: „Bei uns gedeiht kein Wein mehr.“ Etwas Besseres als die frühen küh­ len Nächte könnte den Wetter’schen Äpfeln gar nicht passieren: So ent­ Vergessen Sie Apfelsaft wickeln sie erst die fast unnatürlich intensive Farbe und das sortentypi­ Aber reden wir doch zuerst einmal über Apfelsaft. Vergessen Sie sche Aroma, zu dem Supermarkt­  0 2 bräunlich oxidierte, mit „frucht­ Kronprinz Rudolf, äpfel nie und nimmer heranreifen eigenen Restaurationsaromen“ beim dürfen. Die Bäume sind viel älter dem man den hervorragenden Rückverdünnen angereicherte Kon­ als im heutigen Erwerbsobstanbau Geschmack nicht ansieht. zentrate. Vergessen Sie metallisch, üblich. 1978 hat der Vater James süß, fad, karamellig oder nach allem Möglichen, bloß Grieve, Freiherr von Berlepsch und Cox Orange ge­ nicht nach frischem Apfel schmeckenden Saft. Ver­ pflanzt. „Die heurige Qualität ist ein Traum!“, gerät gessen Sie Apfelsaftschorle und all die armseligen Wetter draußen, in den 180 Meter langen Reihen der Durstlöscher unbekannter Herkunft. Denken Sie 35 Jahre alten Bäume, über den Apfeljahrgang 2013 an den Biss in einen Apfel. Vergessen Sie auch den ins Schwärmen. Vergleichen kann Reinhard Wetter gleich wieder, wenn Ihr imaginierter Apfel aus dem das locker: Über jeden einzelnen Tag hat der Kon­Supermarkt kommt. Denken Sie an Ihre Kindheit. troll­freak Buch geführt. An die letzten Ferientage. An die dem alten Ap­ Pflücken ohne Bücken felbaum durch mutiges Hinaufkraxeln und Herun­ Seit zehn Jahren haben die Wetters ihre 7000 terspringen abgetrotzten reifen, sonnenwarmen Früchte. Denken Sie an den Duft so eines Kindheits­ Bäume nicht mehr gedüngt, nur im Hochsommer spätsommerapfels, der in Ihrer Hand liegt. Und jetzt wird wegen der Trockenheit tropfberegnet. Sie be­ beißen Sie hinein. Knackig ist er. Saftig. Säuerlich. treiben kaum Pflanzenschutz, arbeiten mit Nütz­ Moment, süß. Nein, säuerlich. Doch, süß! Sein wür­ lingen und Verwirrtechnik gegen Schädlinge und ziges Aroma breitet sich im Mund aus, der Saft rinnt reduzieren den Ertrag trotz ohnehin schon kleinerer übers Handgelenk. Denken Sie an die befriedigende Früchte rigoros. Das ist für die beiden nicht einmal Erquickung, die Ihnen dieser Apfel einen Moment eine Erwähnung wert, weil selbstverständlich. Über lang verschafft hat. Genau so schmeckt der Apfelsaft das, was hier mit den reifen Äpfeln angestellt wird, verlieren die beiden dann aber doch ein paar Wor­ von Familie Wetter. Und das ist kein Zufall. te: In Wetter-Saft kommen ausnahmslos händisch


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Helga Wetter: die Frau mit dem Überblick – und einem endlosen Vorrat an Fröhlichkeit.


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Reinhard Wetter: der Pedant im Garten, im Keller, in der Brennerei.


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bei trockenem Wetter gepflückte, makellose, voll­ ständig ausgereifte Früchte. Bei nassem Wetter wird nicht geerntet, weil Feuchte die Bildung von Druckstellen begünstigt und diese wiederum den Geschmack negativ beeinflussen. Die Äpfel werden von den Pflückern in die mit Stoff ausgespannten Kisten gelegt. Wer schmeißt, fliegt. Fallobst dul­ det Reinhard Wetter ebenso keines in seinem Saft. „Direkt beim Pflücken hinuntergefallene Äpfel dür­ fen sie aber schon dazutun“, erklärt der strenge Hüter der reinen Apfelsaftlehre, während er sich nach einem Demonstrationsobjekt bückt, einen weiteren Topaz vom Baum pflückt und auf die Stängel der beiden Bil­ derbuchäpfel zeigt. „Welcher ist der frisch gepflückte und welcher liegt schon länger?“ Beim gepflückten ist die Stängelbruchstelle hell, beim schon länger im Gras liegenden braun. „Wenn es feucht ist, bekommen die einen Erdgeschmack. Wir schmecken das. Wir wollen das nicht“, sagt Helga Wetter. Die 58-Jährige spricht mit einer Leidenschaft über ihren Betrieb, als wäre es die allererste Ernte. Das Ehepaar, das sich routiniert, aber achtsam in ih­ ren Worten und Handgriffen er­ gänzt, ist offensichtlich noch im­ mer in seine Äpfel verliebt. Das Fallobst holen sich die Nachbarn dann zum Einmaischen und als Futter fürs Wild. Geerntet wird jede Sorte einzeln in bis zu vier Durch­ gängen, je nach Reife.

Wetter leuchtet bis nach Japan Zwei Drittel der überwiegend alten Sorten pres­ sen die Wetters zu naturtrübem Apfelsaft, der Rest geht in die Brennerei. Zu den heimischen Kunden der ersten Stunde zählt seit über 20 Jahren Familie Reitbauer vom Steirereck. Verschickt wird in ganz Österreich, nach Deutschland, Liechtenstein, Italien und in die Schweiz; selbst in Japan sind die sorten­ reinen Säfte erhältlich. Aus dem frühen, zart rosa­ farbenen Discovery, aus James Grieve, Kronprinz Rudolf, Freiherr von Berlepsch und Topaz werden eher säuerliche Säfte, aus Gravensteiner, Cox Orange, Elstar und Jonagold süß-säuerliche gepresst. Ein jeder davon hat Eigensinn und unverwechselbaren Charakter. Empfehlungen oder Wertungen darüber abzugeben wäre so absurd wie zwischen Hand­ semmerl und Holzofenbrot entscheiden zu müssen. Für jeden Anlass, jede Speise, jede Jahreszeit, jede Stimmung und jeden Gaumen gibt es die passende Sorte.

50 Prozent Ausbeute ergeben 100 Prozent Geschmack Draußen hinterm Hof irri­ tiert ein Wäscheständer den Blick. Nicht weil er schlampig behängt wäre, selbstverständlich nicht, sondern weil nicht sofort klar ist,  0 5 worum es sich bei den vielen schwar­ Williams-Christ-Birne, zen Tüchern aus Kunststoffgewebe für „Donnerwetter“-Saft – und handelt. Reinhard Wetter erklärt für Edelbrand. die Pressmethode: Die Äpfel werden sortenrein gewaschen, dabei noch einmal hand­ verlesen, dann gemust, händisch in zehn Schichten übereinander auf Pressroste in mit den schwarzen Presstüchern ausgelegte Pressrahmen gepackt und dann mit langsam aufgebautem Druck von unten gepresst. Der Rest ist keine Hexerei, aber schnell gehen muss es: sieben, pasteurisieren, in Flaschen füllen, mit Kronkorken verschließen, sofort umle­ gen und zum raschen Abkühlen raus ins Freie stel­ len. „Wir brauchen für einen Liter Saft mindestens zwei Kilo Äpfel“, sagt Wetter. „Moderne Anlagen quetschen bis zu 75 Prozent aus.“ Aus seiner Wort­ wahl ist fast das Mitleid rauszuhören, das er mit den derart malträtierten Äpfeln hat. Denn dass bei Reinhard Wetter nur mit geringem Druck und nicht bis zum letzten Tropfen gepresst wird, hat einen guten Grund: nur so bleibt der Saft klar und sauber im Geschmack – und wird nicht bitter oder gar zu gerbstoffreich.

ADRESSE WETTER www.wetter-brennerei.at 3751 Missingdorf, Nr. 33 Fon: +43 2983 2398


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Der SÜDEN im Osten BUDDHAS HAND Eigentlich eine rund 1000 Jahre alte Mutation der Zedratzitrone, bei der sich das Mesokarp in einzelne, wie die Finger einer Hand wirkende Segmente auswächst. Buddhas Hand enthält gar kein Fruchtfleisch. Sie duf­­­tet selbst ohne Verletzung der Schale intensiv blumig und hat deshalb in China und Japan auch als Raum­ duft und Opfergabe gedient. In der Spitzenküche wird die spektakulär aussehende Frucht entweder wie Trüffeln roh über Speisen gehobelt oder wie alle Zedrate kandiert.

Im Barock waren sie bloß Zierde, aber nicht einmal das hat sie verbittert, die Zitronen, Limetten, Bergamotten und Pomeranzen. Zitrusfrüchte sind durch und durch sonnige Gemüter. Das beweisen sie in Schönbrunn, wo sie sich zur umfangreichsten Zitrus­sammlung Europas ausgewachsen haben.

TEXT: KATHARINA SEISER; FOTOS: KLAUS FRITSCH


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Das Stück Land, wo die Zitronen blühen, liegt einen Steinwurf vom Schloss Schönbrunn entfernt im 13. Wiener Gemeindebezirk. Es nennt sich Feldgarten, gehört den Bundesgärten und ist innerhalb der Schloss­ mauern von Schönbrunn zu finden; auf der einen Seite flankiert von einer hohen Mauer, die den Lärm der Grünbergstraße erstaunlich gut abhält, auf der an­deren von Flanierwegen des Schlossparks Schön­ brunn, abgetrennt durch schmiedeeiserne Zäune. Dass hier eine der bedeutendsten Zitrussammlungen Euro­ pas beheimatet ist, würde niemand vermuten. Gut für den Schutz der Früchte und für Zitrusgärtner Heimo Karner, der die Anfragen nach seltenen Exemplaren ohnehin fast immer abschlägig beantworten muss. Das war aber nicht zu allen Zeiten so. Seit 1542 auch in Wien zu Hause Angefangen hat alles zu Beginn des 16. Jahrhun­ derts, als, wie an europäischen Höfen üblich, auch in Wien verschiedene Zitrusarten angeschafft wurden – je ungewöhn­PANASCHIERTE licher, bizarrer und seltener, des­ ZITRONE to besser. Die Kulti­vierung der Die Blätter dieser ZitronenPflanzen diente mehr als Aus­ sorte sind grün-gelb gefleckt, druck der Potenz denn dem kuli­ die Zweifarbigkeit setzt narischen Nutzen, denn Zitrus­ sich auf der Fruchtschale früchte blühen und fruchten zur fort. Im unreifen Zustand ist gleichen Zeit. Ein Naturschau­ sie grün-gelb gestreift, bei Vollreife ändert sich spiel, das nicht an vielen Pflan­ die Färbung zu Gelb-Rosa. Das zen beobachtet werden kann. Fruchtfleisch dieser spezielZitrusfrüchte stammen ursprüng­ len Sorte ist nicht nur lich aus Ostasien, sie werden dort rosa­ -rot, sondern auch noch seit Jahrtausenden kultiviert. Die ganz besonders fein im Aroma. Früchte, z. B. Zedratzitronen (Ci­ Eine Schönheit, der sich hoffentlich auch einmal der trus medica), die mit Pampelmu­ gewerbliche Anbau widmen sen (Citrus maxima) und Manda­ wird. Verwendbar wie normale rinen (Citrus reticulata) als älteste Zitronen. Vorfahrinnen fast aller Zitrus­ früchte gelten, waren schon im alten Rom bekannt. Nördlich der Alpen werden sie seit 500 Jahren kultiviert; zuerst gab es sie in Frankreich, dann in Prag und ab 1542 nachweislich auch in Wien. Das ist die Sommermonate über nicht besonders schwierig, heikel wird es erst im Winter. „Zitruspflanzen brauchen es im Winter kühl, im Idealfall um die acht Grad, und hell“, erklärt Heimo Karner, dem nicht bloß ein grüner, sondern eher ein goldener Daumen nachgesagt wird. Früher, bevor noch Orangerien – das Wort stand ursprünglich für die Sammlung und für die Überwinterungsgebäude – gebaut wurden, wurden aufwendige „Pomeranzen­ häuser“ über den Baumreihen errichtet und nach dem Winter wieder abgeschlagen. Sogar ein „Orangerie­ krankenhaus“, eine hölzerne beheizbare Baracke mit Oberlichtfenstern, wurde 1864 von Adolph Vetter in Schönbrunn eingerichtet, um kränkelnde Zitruspflan­ zen aufzupäppeln. Nach zehn Jahren und der Gesun­ dung der Bäume wurde es wieder abgetragen. Die Pflanzen waren extrem kostbar, es wurden keine Mühen gescheut.


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Raritäten mit begrenzter Reichweite Einen einzigen uralten Mandarinenbaum und gut 40 Pomeranzenbäume, deren Alter ebenfalls auf bis zu 180 Jahre geschätzt wird, gab es in Schönbrunn noch, als Heimo Karner 1998 die historische Samm­ lung übernahm. Heute sind es rund 100 Zitrusarten und -sorten, etwa 500 Pflanzen insgesamt. Während noch bis vor wenigen Jahren der dekorative Wert der schönen, die Menschen immer schon faszinierenden Bäume im Vordergrund stand und die Früchte zwar hübsch aussahen, aber mangels Nachfrage oder Ver­ marktungsmöglichkeit sogar zum Teil entsorgt wurden, herrscht heute ein Geriss um die süßsauren gelben, orangefarbenen und grünen Schätze. So kann Kar­ ner außer Heinz Reitbauer, der seit einigen Jahren die erste und nach wie vor Hauptkundschaft hinsichtlich der Zitrusfrüchte ist, und nicht einmal einer Hand­ voll weiterer Wiener Spitzenköche niemandem sonst seine Früchte versprechen. Es gibt zu wenige davon. Das wichtigste Wochen­PERSISCHE LIMETTE ende im Jahr Im Gegensatz zur „Echten“ Zitrusbäume blühen zwar oder Mexikanischen Limette das ganze Jahr, Hauptsaison da­ ist die Persische größer für ist aber das Frühjahr. Wer und enthält keine Kerne. das Glück hat, in dieser Zeit in Außerdem ist sie sehr saft­ den Glashäusern des Feldgar­ reich, aber ein wenig tens durch die Reihen voller un­ ver­ haltener im Aroma. Das Limettenaroma ist generell bekannter Zitrusarten flanie­ komplexer und würziger ren zu dürfen, wird diesen Duft als das von Zitronen, die nie mehr vergessen. Durch den Säure kann je nach ReifeSchutz des Glashauses vermi­ grad gleich oder höher sein. schen sich die verschiedenen Limetten, die zum Gedeihen Blütenaromen zu einer betören­ viel Wärme brauchen, werden den Illusion vom warmen Süden. bei uns fast nur für Cocktails verwendet, in den HerEin Dreiviertel­jahr und länger kunftsländern aber so unibrauchen die Früchte, bis sie reif versell wie bei uns Zitronen sind. Um Weihnachten beginnen ein­gesetzt. die Zedrate und Orangen ihre Farbe von Grün zu Gelb bezie­ hungsweise Orange zu wechseln, ebenso die ersten, in Europa bislang noch gar nicht erhältlichen Yuzu-Früchte der Sammlung. Bald folgen Bitterorangen (Pomeranzen), Mandarinen und die vielen Zitronen- und Limettensorten, Bergamotten, Meyer-Zitronen, Grapefruits und Australische Finger­ limetten. An einem einzigen Wochenende im Jahr kön­ nen Interessierte die Pracht bestaunen, beriechen – und sogar verkosten. Für diese Veranstaltung fahren die Bundesgärten all ihre Kostbarkeiten hinüber in die große, 1755 errichtete Orangerie, die die Zitrusbäume leider nur mehr in diesen Tagen beherbergt. Heimo Karner würde seine Schützlinge gerne wieder über den Winter dort sehen. Geschmackvolle Tradition Zumindest seit 1682 ist die Verwendung von Po­ meranzensaft in deutschsprachigen Küchen verbrieft. Das hat die Kunsthistorikerin Claudia Gröschel, die Zitrusexpertin der Österreichischen Gartenbau-Gesell­ schaft, beim Stöbern in den Archiven herausgefunden. In Wien kamen sie auch bei Marmeladen und Süß­


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speisen zum Einsatz. „Lieferungen von Zitrusfrüchten an die höfische Küche sind aus dem 18. Jahrhundert dokumentiert“, sagt die Expertin. Auch in Form von Getränken wie dem „Bischof “, einem Punsch aus Rot­ wein mit Pomeranzensaft, und skurrilen Rezepturen wie – angeblich – vor einem Schwips schützenden Wein mit ganzen geschälten Zitrusfrüchten sind sie seit Jahrhunderten bekannt. Ob Kaiserin Sisi von den noch immer üppig tragenden Pomeranzenbäumen und dem einen Mandarinenbaum, dessen kleine kernrei­ che Früchte um Welten aromatischer schmecken als all die „Easy Peelers“ im Handel, genascht hat und ihr daraus gekochte Marmelade zum Frühstück oder zum Tee kredenzt wurde, kann nicht beantwortet wer­ den. Dass es sich bei Zitrusanbau und -verwendung in der Küche um keinen Modetrend handelt, sondern um die längst überfällige Wiederbelebung einer rei­ chen Tradition, wird dem klar, der die aromatische Vielfalt der süßen bis sauren, blumig bis würzig duf­ tenden, leicht bis stark bitteren Hersperiden in unterschiedli­ BERGAMOTTE chen Größen – von winzig klein Die parfümierte Diva unter bis kindskopfgroß – kennenlernt. den Zitrusfrüchten wird Und diese wächst ständig, denn heute fast nur in Kalabrien Heimo Karner ist weiterhin auf gewerblich angebaut. Ihr in der Suche: „Wir haben die wich­ der Schale enthaltenes Öl tigsten Arten, aber es gibt eine ist für zwei Zwecke unentMenge Bitterorangen und hisbehrlich: Echtem Eau de Cologne verleiht die Bergatorische Sorten, die noch fehlen. motte ein unverwechselbar Die Sammlung ist immer aus­ erfrischendes, erhebendes baufähig.“

Aroma. Und echtem Earl Grey ebenso. Bergamottenschale muss mit großer Umsicht dosiert werden, sonst schmeckt das Gericht oder Getränk seifig-parfümiert. In kleinen Dosen ist Bergamotte einer der schönsten Zitrusdüfte überhaupt.

INFO Einmal im Jahr kann die Zitrussammlung drei Tage lang bestaunt werden. Nähere Infos unter www.oegg.or.at


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So fisch KOMPL


ht man. LIMENT!

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NICHT JEDER SAIBLING EIN SÜSSWA SSERFISCH, DER V O M E H E PA A R H U B E R I S T E I N TRINK WA SSERFISCH. BE VOR SIE IHN SICH ANGELN, S C H W I M M T E R I M AT T E R S E E , E I N E M D E R R E I N ST E N G E WÄ SS E R E U R O PA S . U N D A U C H S O N S T IST BEI IHNEN ALLES VOM FEINSTEN. TEXT: UTE WOLTRON FOTOS: ANDREAS BALON

Fischerei ist mehr als Fische fangen

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Ulrike Huber, Seewalchen Die Steuerberaterin gründete 2010 die Marke Finest Fish, nachdem sie die Ausbildung zum Fischereimeister absolviert hatte. Sie will dem heimischen Wildfisch jenen Stellenwert geben, der ihm gebührt: den eines Naturprodukts erster Güte.


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Der Attersee liegt vor uns Fischschwärme, die dem Plank­ wie Seide: graugrün glänzend, ton folgen und die hier die Ab­ blau glitzernd. Er ist heute fried­ gründe des bis zu 169 Meter tie­ fertig. Es ist windstill, da hält der fen Alpensees bevölkern. Denn See seine Wasser ruhig. Das ist ein großer See ist wie ein kleines Meer – bewohnt von Kleinstlebe­ nicht immer so; Österreichs größ­ ter Binnensee kann launisch sein. wesen und Pflanzen, von Krebsen  0 2 Wenn die Winde über die Berge Handverlesene Juwelen und anderem Getier und natür­ blasen, wird er unternehmungs­ lich auch von kleinen und großen aus der Tiefe. lustig. Dann mischt er weiße Fischen. Und sie alle haben ihre Gischt ins Blaugrün, und jeder, der ihn kennt, weiß, jeweiligen Gewohn­heiten, ihre Rhythmen, ihre spe­ dass dann nicht mehr mit ihm zu spaßen ist. ziellen Lebensbereiche. Ulrike und Manfred Huber wohnen nicht nur direkt am Ufer des oberösterreichischen Pracht­sees, sie leben auch mit ihm und fahren täglich im Mor­ gengrauen und bei fast jeder Witterung hinaus in das Reich, in dem eigene Gesetze gelten. Die beiden sind eigentlich Steuerberater, doch nebenbei gehen sie ihrer Leidenschaft, dem professionellen Fischen, nach. Dazu gehört nicht nur, Fische aus dem Wasser zu ziehen und an Gourmets zu verkaufen, sondern auch, sich um die Erhaltung des kostbaren Fisch­ bestands zu kümmern. Doch erst einmal begeben wir uns in einem etwa fünf, sechs Meter langen Boot hinaus auf das spiegelglatte Wasser. Kurz noch auf­ tanken, dann geht’s in schnittiger Fahrt los. Schon ein paar Meter abseits des Ufers wird die Welt eine andere, eine Wasserwelt eben, und das Ehepaar Huber kennt sich hier aus wie andere auf dem Golfplatz. Die beiden wissen, woher der Wind gewöhnlich weht und wie die Strömungen ziehen. Sie können abschätzen, in welche Wasser­ tiefe das Plankton zur jeweiligen Tageszeit wandert. Sie kennen die unsichtbaren Wege und Pfade der

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Nur wer um diese genau Bescheid weiß, wird seine Netze erfolgreich auslegen. Reinanken sind mit anderen Netzen zu fangen als Hechte, Saiblin­ ge in größeren Tiefen zu finden als Seeforellen. Die Fischerei ist eine Wissenschaft für sich; sie muss gelernt und geübt werden. Und mit Erfahrung einstudiert werden. Ulrike und Manfred Huber holen jetzt ein Netz ein. Sie haben es vor 24 Stunden ausgelegt – ein fein­maschiges, viele Meter langes Schwebenetz, das von Gewichten und Bojen in der rechten Tiefe gehalten wurde, eben dort, wohin das Plankton zieht, dem die Fische folgen, und wo es zudem die Betriebsordnung für das Fischereirevier Attersee vorsieht. Denn die Bewirtschaftung des Gebirgsgewässers erfolgt nach strengen Vorgaben, und natürlich darf auch nur fischen, wer Fischereirechte besitzt. Ulrike Huber hat vor einigen Jahren das Unter­ nehmen Finest Fish gegründet. Unter dieser Marke vertreibt sie den täglich frisch aus dem See geholten Fisch. Der ist immerhin in Trinkwasser groß gewor­ den, und diese Qualität schmeckt man auch. Der Attersee zählt zu den reinsten Gewässern Europas. Wer durstig ist, muss nur den Kopf ins Wasser stecken und kann sich an kostbarem Gebirgswasser satt trinken. Das stelle eine Qualität dar, für ein Bewusst­ sein geschaffen gehöre, fand die energische Steuer­beraterin, und da man für derlei Unterfangen fundiertes Wissen benötigt, ab­ solvierte sie kurzerhand die mehrere Jahre dauernde Ausbildung zur Fischereimeisterin mit allem Drum und Dran.

Feinmaschig, meterlang und tief: So geht der Saibling ins Netz.

Es habe sie einfach gestört, sagt sie, während sie gemeinsam mit ihrem Mann in eingespielter Teamarbeit das Nylon­ netz Meter für Meter ins Boot zieht und dabei immer wieder ein zappelndes Fischlein aus den Maschen löst, dass der hei­ mische Fisch als „wertlos“ gegolten habe, dass diese schmackhaften Klein­ odien missachtet und nicht als das be­ trachtet wurden, was sie tatsächlich sind: echte Delikatessen. Finest Fish soll darauf aufmerksam machen, und das ist auch gelungen, denn die Atterseefische reisen mittlerweile gut in Eis gepackt fangfrisch


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Schlank, schmackhaft und selten: So ist der Saibling aus dem Attersee.


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Geputzt, ausgenommen und gekĂźhlt: So wird Saibling gleich nach dem Fang behandelt.


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mehrmals wöchentlich in Windeseile unter anderem bis nach Wien und auf die Teller des Steirereck. Eine der begehrtesten Spezialitäten des Sees ist etwa die ausschließlich hier an­ zutreffende Spielart des Atterseesaiblings. Der kleine Fisch lebt in 60 bis 120 Meter Tiefe und gilt als einer der zartesten Süßwasserfi­ sche überhaupt. Jeder Alpensee, der nach der letzten Eiszeit entstand und von anderen ste­ henden Gewässern getrennt wurde, brachte im Laufe der Jahrmillionen seine speziellen Arten und Artenfamilien hervor. Der kleine Kerl hat also eine lange Ahnenfolge hinter sich, die es sich zu bewahren lohnt. Deshalb muss der Mensch, wenn er in die Natur eingreift, der Natur auch wieder zurückgeben, was er ihr nimmt. Er darf die Fischgründe beispielsweise nicht zur Laichzeit befischen, wenn die Fische ihre Eier ab­ legen, damit sich die Bestände in ihrer natürlichen Umgebung vermehren können. Er kann aber auch ein wenig nachhelfen und eine behutsame „Laich­ fischerei“ betreiben. Auch das muss gelernt sein, bevor es ausgeübt werden darf. Die Hubers holen also zu bestimmten Zeiten Laichfische aus dem See – Reinanken und Hechte beispielsweise – und bringen sie zu Fischzuchtbetrieben. Dort wird der Fischlaich abgestreift und befruchtet. In von Atterseewasser gespeisten Becken reifen dann, geschützt vor Fressfeinden, die kleinen Fische heran. Wird in der freien Wild­ bahn des Sees nur eines von 5000 Eiern befruchtet, so erhöht sich unter diesen optimierten Bedingungen die Rate auf 80 Prozent. Nach ein paar Monaten kommen die bereits kräftigen und widerstandsfähigen Besatzfischlein dann zurück in ihr angestammtes Reich, den See. Neben dem Saibling birgt dieser noch eine weitere Rarität, die kaum jemand kennt und die nur wenige fangen und verwerten dürfen, weil das Tier außerhalb des Attersees bereits sehr selten geworden ist: den Perlfisch. Er verdankt seinen Namen den auffälligen weißen Flecken, die der männliche Fisch zur Laichzeit auf der Kopfober­ seite trägt. Der schlanke dunkle Fisch gilt ebenfalls als Delikatesse. Die Hubers führen für ein Perl­ fisch-Forschungsprogramm Statistik über Größe und Gewicht jedes gefangenen Exemplars. Denn ADRESSE FINEST FISH www.finestfish.at Fischereimeisterin Ulrike Huber Hanningweg 6–8 4863 Seewalchen/Attersee Fon: +43 664 3361230

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Besonnen, geduldig und beharrlich: So lässt sich der Saibling fangen.

über den Perlfisch weiß man derzeit noch zu wenig, um auch ihn dereinst gegebenenfalls nachzüchten und als Besatzfisch dem See zurückgeben zu können. Das Netz ist in der Zwischenzeit eingeholt. Bereits auf der schnittigen Fahrt zurück nimmt Ulrike Huber die Fische fein säuberlich aus. Sobald wir wie­ ATTERSSEder an Land sind, werden sie SAIBLING vakuumverpackt und mit Eis Den gibt es nur hier umhüllt express verschickt. im Attersee. Der klei­ ne Die Hubers schälen sich aus Fisch lebt in großer den Fischerklamotten und werTiefe, er gilt als fen sich in die Steuerberater­ einer der delikatesten montur. Schließlich muss der Süßwasserfische überhaupt. Er ist so zart, Mensch auch seiner Werkdass er zur Gänze vertätigkeit nachgehen. Nur zwi­ speist werden könnte. schen November und Februar ist Fischpause. Ansonsten fahPERLFISCH ren sie täglich hinaus. „Außer Nur wenige dürfen den wenn die Wellen weiße Kronen selten gewordenen tragen“, sagt Manfred Huber. Perlfisch vermarkten. „Da bleiben wir an Land. Denn Der schlanke, kräf­ tige Fisch ist eine dann wird’s da draußen lebens­ echte Rarität auf dem gefährlich.“ Teller. Er kommt außer­ h alb der österreichischen Alpenseen nur noch im Chiemsee vor. HECHT Der Hecht ist seit jeher ein geschätzter Speise­fi sch. Ausgewachsene Hechte können in seltenen Fällen bis zu 150 cm lang wer­ d en, doch die kommen nicht auf den Tisch. Gefangen werden nur kleinere, höchstens zwei Kilo schwere Exemplare.


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TEIG-WARE

TEXT: KATHARINA SEISER FOTOS: KLAUS FRITSCH

Brot ist selbstverst채ndlich. Es kostet fast nichts. Dabei steckt in jedem Laib so viel mehr als Mehl und Wasser. Eine Geschichte in 2 6 K A P I T E L N : das Abc aus der Backstube.

Auf den Laib geschrieben


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D

A Andi

Von den Stammgästen wird Andreas Djordjevic liebevoll „der Brot-Andi“ genannt. Er ist seit einem Jahrzehnt Herr über den Brotwagen im Steirereck.

B Bäckereien,

kleine, stehen im Gegensatz zu Brotfabriken für echtes Brot aus traditionellem Handwerk. Das Steirereck wird von sechs solcher Bäckereien mit rund 20 Sorten Brot beliefert und bäckt fünf weitere Sorten wie das Blunzen- und das Pfefferoni­brot selbst.

Dinkel

ist gerade erst wieder in Mode gekommen, dabei aber uralt. Er gehört gemeinsam mit Einkorn und Emmer zu den Urvätern des Weizens.

E

G Gragger

E-Nummern

haben bei gutem Brot und Gebäck nichts verloren.

ist der Name eines oberöster­ reichischen Biobäckers, der seit ein paar Jahren auch mitten in der Wiener Innenstadt (und in Berlin) im Holzofen bäckt und von dort aus den Brotwagen vom Steirereck bestückt.

F Feuer

kommt in den Backstuben des 21. Jahrhunderts fast immer aus der Steckdose. Ausnahmen sind zum Beispiel die direkt befeuerten Holzbacköfen von Helmut Gragger.

C Chemie

will niemand im Brot haben. Dabei entsteht Brot erst durch chemische Reaktionen: Hefe­ zellen und Milchsäurebakterien sind für Aroma, Geschmack, Trieb und Verdaulichkeit von Brot verantwortlich.

I Italienische Brote

werden je nach Art und Region kräftig (Focaccia) oder gar nicht (Toskana) gesalzen und sind fast immer aus Weizen­ mehl.

H Holzofen

wird meist mit Alm und Bauernbrot in Verbindung gebracht. Seine Hitze erzielt besonders gute Frischhaltung und ein unverwechselbares Aroma.


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T E I G-WA R E

J

L

Joseph Brot

Josef Weghaupt hat gemeinsam mit Bäckermeister Fritz Potocnik eine alte Bäckerei im Waldviertel übernommen und beliefert das Steirereck mit pheinstem Joseph Brot.

Leinen

ist für Brot doppelt wichtig: als grobes Bäcker­ leinen zum Lagern von ungebackenen Laiben und Striezeln während des Gehens, als feinerer Stoff für Beutel als ideale Aufbewahrungsart von Misch- und Roggenbroten. Nur schlechtes Brot trocknet in Leinen über Gebühr aus.

K Kneten

von Brotteig ist anstrengend. Deshalb wird dieser Schritt auch in kleinen Bäckereien von Maschinen übernommen.

N Natursauerteig

ist eine Diva. Bäcker, die etwas auf sich und ihr Brot halten, pflegen sie über Jahrzehnte.

Ö Öl

– es muss nicht immer Butter sein. Der geschmackliche Reichtum der kalt gepressten Öle lässt sich am besten mit weich­krumigen, außen knusprigen Broten erfahren und auftunken.

M Malz

ist einer jener Zusätze, die einen haushohen Unterschied zwischen Profi- und Laien­broten machen. Es verhilft zu mehr Volumen, Flaumigkeit und einer schöneren Kruste. Hinter „Backmalz“ können sich aller­ dings weitere Zutaten wie etwa Enzyme verbergen.

Q Quantum

Nicht ein Quantum Trost, sondern Salz macht gutes Brot erst zu schmackhaftem Brot. Zwei Prozent vom Mehlanteil sind ein gängiges Verhältnis.

P Pilze

sind im Winzigstformat im Brot äußerst willkommen: Hefe­pilze aus frischem Germ oder solche, die bei Sauerteigführung entstehen, sind wesentlich für Lockerheit, Duft und Geschmack von Brot.


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S

W Wagen

Schafe

und Schweine fressen gerne altes Brot. Im Steirereck wird kein Brösel weggeworfen. Altes, hartes Schwarzbrot bekommen die Tiere auf dem steirischen Pogusch gefüttert.

R

U

Roggenbrot

hat an Bedeutung verloren, gewinnt aber wieder an Terrain. Richtig versäuert ist Roggenbrot eindeutig vielschichtiger im Geschmack als Weizenbrot und noch dazu länger haltbar!

Uhr

Ein guter Bäcker braucht keine Uhr, sondern Gefühl. Für den Teig, für das Wetter, für das Mehl, für die Temperatur.

– der Brotwagen vom BrotAndi im Steirereck ist legendär. Als ihn Familie Reitbauer einst abschaffen wollte, machten die Gäste einen Aufstand. Seither dreht er wieder seine Runden, über zehn Kilometer jeden Tag. (Ja, das haben wir gemessen.)

X Xenophobie

ist auch beim Brot unangebracht. So unterschiedlich die Brote rund um die Welt auch schmecken mögen: allen Brot­ kulturen ist gemein, das Brot zu brechen und zu teilen.

Y Y– Gräten

T

kommen im Karpfen vor, der sich, geschröpft und somit seiner hinterhältigen Rachenkratzer entledigt, besonders gut mit frischen Weißbrotbröseln – als Panier – verträgt.

Teigruhe

ist für gutes Brot von zentraler Bedeutung, wie Ruhe überhaupt für alles Gute von zentraler Bedeutung ist. Leider kostet Zeit Geld und wird deshalb gerne auf Kosten des Geschmacks ein­gespart.

Z Zehen

V Varianten

gibt es von allen Broten unendlich viele. Manche Backmischungen sind geschützt und schmecken daher immer und überall gleich. Uniformität beim Geschmack verheißt weniger Genuss als Vielfalt.

So heißen die Segmente der Handsemmel, die sich durch ihre gefaltete Struktur von der gepressten Maschinen­ semmel in Textur und somit Geschmack unterscheidet.


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KÜCHE & GÄSTE

Wie & für wen

Beim Kreieren von Menüs werden in den Küchen der Topgastronomie keine halb garen Geschichten gemacht. So eine Speisenfolge ist eine ausgeklügelte Sache, sie wird vom Koch erdacht, von seinem Team gekocht, blanchiert, gebraten, angeschwitzt, gegrillt, montiert, gedämpft, gespickt, geschäumt, püriert, gedünstet oder paniert, vom Service präsentiert, vorgelegt, tran­chiert oder flambiert und von den Sommeliers mit Rotwein, Weißwein, Bier oder Schnaps unterlegt. Für die, die es sich auf der Zunge zergehen lassen wollen.

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GRUSS AUS DER KÜCHE

AUFGETISCHT

EINGESCHENKT

A Q UA V I TA E


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S MAGA ZIN

KO CH-STELLE


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Gruß aus der Küche TEXT: HARALD SCHUME; FOTOS: DANIEL GEBHART DE KOEKKOEK

„Viele Köche ver ... edeln den Brei“ muss das Sprichwort lauten, wenn’s ums Steirereck geht. Dort kümmern sich jeden Tag bis zu 30 Personen in der Küche um die 90 Gäste – Heinz Reitbauer gibt den Takt vor, Oliver Lucas ist sein verlängerter Arm. Das Credo der beiden: einzigartig und unverwechselbar zu sein, um einen Besuch im Steirereck zu etwas Besonderem zu machen. Deshalb wird jeder einzelnen Zutat viel Aufmerksamkeit geschenkt. Die Wertschätzung, die allen Komponenten gleichermaßen entgegengebracht wird, ist es, was das Steirereck ausmacht. Jedes Team in der Küche ist für die eigenen Gerichte verantwortlich, deren Werden es vom Anfang bis zum Ende betreut. Dies ist die Philosophie des Steirereck! „Es ist wichtig, das Gericht als Ganzes zu sehen und nicht nur seine einzelnen Bestandteile“, sagt Koch Daniel Trabi. Die Zusammenarbeit im Team funktioniert nicht nur gut, sie scheint auch gutzutun: „Auf diese Weise kann jeder von jedem unglaublich profitieren. Das Steirereck bietet die ideale Plattform, um zu lernen und sich weiter­zuentwickeln.“ Eine, für die das speziell gilt, ist Miriam Fridrik, denn sie wird hier ausgebildet. Aber auch sie ist schon vom Herd­virus infiziert: „Ich koche mit Leidenschaft, um den Gästen eine Freude zu machen.“ Bei so einer Einstellung freut dann natürlich jedes Lob besonders. Auch wenn sie an diesem Tag nur das Gemüse geschnitten hat. Aber hätte ohne Gemüse der Hauptgang serviert werden können? Eben.


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„Unser Ziel ist es, die besten Produkte unseres Landes perfekt zu verarbeiten.“ Daniel Trabi

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„Worauf es beim Kochen ankommt, liegt auf der Zunge: der Geschmack.“ Michael Kaufmann


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„Teamarbeit funktioniert nur dann, wenn jeder weiß, was er tut.“ Oliver Lucas


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„Wir kochen mit Leidenschaft – ganz einfach, um den Gästen eine Freude zu machen.“ Miriam Fridrik


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Ein Koch hat viele Berufe. Er ist auch Komponist, Designer und letztlich sogar so etwas wie ein Architekt.

KO CH-STELLE


Das Besondere zeigt sich in Details.

LEINENMANUFAKTUR

T I S C H . B E T T. B A D . H O M E W E A R . D E K O . M Ö B E L S T O F F E . F. Leitner KG . Stifterstraße 25 . 4161 Ulrichsberg . Österreich Telefon +43(0)72 88.70 17-0 . Telefax +43(0)72 88.70 17-50 office@leitnerleinen.com . www.leitnerleinen.com


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S TM E IARGE A RZ EC I NK M A G A Z I N

R MEEPNOÜR- TFAOGL EG EK R Ä U T E R G A R T E N

Alles häutet sich, reckt den Kopf der Sonn   Die Lebensfreude hat Hochsaison und mit Das S O M M E R M E N Ü kommt in die G Malabarspinat und Zucchiniblüten über S hin zur gebra­tenen Reinanke aus dem Hal und Mara-de-Bois-Erdbeeren.


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e entgegen und bemüht sich zu reifen. ihr Düfte, Geschmäcker und Aromen.  änge: von gedämpftem zart-jungen  pargel und schottischen Lieb­stöckel bis lstätter See und Desserts aus Blüten FOTOS: THOMAS SCHAUER


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MENÜ-FOLGE


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1

2

Mit Rhabarbersaft infundierte junge Radieschen 3

4

Winterblühender Geißblattschnee

Eingelegte Eiszapfen mit Cido-Quitte

Bleich gezogene Erbsensprossen, Löwenzahn und Sauerampfer

WEIN

Blanc de Blancs Brut None Dose 2008 1er Cru, Larmandier-Bernier/Vertus

W I N T E R B L Ü H E N D E S G E I S S B L AT T : Wie der Name schon vermuten lässt, erscheinen die ersten Blüten je nach Witterung und Standort schon im Dezember zum Beispiel im Wiener Stadtpark und bleiben bis in den April hinein am Strauch. Der Blütenduft verändert sich während des Tagesverlaufs. Der tagsüber frische, fast stechende Duft der Blüten bekommt nach Einbruch der Dunkelheit etwas Süßliches. Geerntet wird in den Morgenstunden.

1

S C H N E E VO M G E I S S B LAT T, EISZAPFEN IM SOMMER, JUNGE RADIE SCHEN UND LÖWENZAHN


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MENÜ-FOLGE


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1

Mit Mispelkernen warm gebeizter und gebratener Knollensellerie 2

Mit Verjus, Mispelsaft und grünem Pfefferöl marinierte Erbsen, Salzkapern, Staudensellerie und eingelegte Mispeln 3

Frischer und gedämpfter Malabarspinat 4

WEIN

Geröstete Pistazien

Blanc de Blancs Brut None Dose 2008 1er Cru, Larmandier-Bernier/Vertus

M I S P E L / W O L L M I S P E L : Die Früchte ähneln im Aussehen Marillen, besitzen ein festes, säuerlich-aromatisches Fruchtfleisch und können vollreif auch roh gegessen werden. Die weißen Blüten haben ein kräftiges süßliches Aroma. Die Kerne zeigen im getrockneten Zustand intensive Noten von Marzipan.

2

MISPELN MIT SELLERIE, E R B S E N, M A L A B A R S P I NAT U N D P I S TA Z I E N


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MENÜ-FOLGE


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1

Gebratene Hallstätter-See-Reinanke 2

3

4

Kurz gedörrtes Zucchiniherz

Kurz gebratene Zucchinitriebspitzen

Mit Met und Verjus karamellisierter gelber Paprika 5

6

Knusprige Zucchiniblüten

Mit frischen und getrockneten Limetten marinierte Avocado 7

Succo von gegrillten Zucchini 8

WEIN

Walnussblattöl

Nossa Branco (Bical) 2012, Filipa Pato/Bairrada

WA L N U S S B L AT T Ö L :

Die jungen Walnussblätter haben ein herbes Nussaroma, das an eingelegte schwarze Walnüsse erinnert.

Z U C C H I N I : Zucchini sind einhäusig, das heißt, die weiblichen Blüten wachsen direkt an der Zucchinifrucht, die männlichen an den Stielen. Jung geerntet haben die männlichen Triebspitzen einen zarten Zucchinigeschmack und eine knackige Konsistenz.

3

R E I NA N K E , DA S H E R Z D E R Z UC C H I N I , PA P R I K A U N D WA L N U S S B L A T T


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MENÜ-FOLGE


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1

2

In Nussbutter konfierte junge Chioggia-Rüben

Mit Pekannüssen, Schalotten und Verbene sautierte Steinpilze 3

4

5

Chioggia-Rüben-Duftrosen-Chutney

Mit Verjus, Verbene, Chili und Rosensalz warm eingelegte Steinpilze

Mit Himbeeressig und Rosenöl marinierte Radieschen und Rübenblätter 6

Duftrosenblüten 7

WEIN

Schildampfer

Weißburgunder „Edelgraben“ 2009, Claus Preisinger/ Gols

Das Duftspektrum der Blütenblätter reicht von fruchtig über frisch-herb bis hin zu Myrrhe und Moschus und variiert je nach Sonneneinstrahlung, Temperatur und Jahreszeit. Duftrosen blühen in der Regel nur einmal im Jahr zwischen Juni und August. D U F T R O S E N A B R A H A M D A R B Y, C L A I R E A U S T I N U N D P R O S P E R O :

Eine Pflanzenart aus der Familie der Knöterichgewächse. Die herzförmigen Blätter, die an aufrechten Stängeln wachsen, erinnern an Schilde. Je nach Blattfarbe lässt sich eine grüne und eine silberne Unterart unterscheiden. Im Geschmack erinnert Schildampfer an Sauerampfer, hat aber ein deutlich mehr zitrusartiges Aroma. Von allen Ampfersorten ist er der fruchtigste Vertreter seiner Gattung. Aus den Wiener Gärtnereien. S C H I L DA M P F E R :

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C H I O G G I A - R Ü B E N M I T D U F T R O S E N, STEINPILZEN UND VERBENE


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MENÜ-FOLGE


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1

In Birnenmost, Holunderbeerensaft und Balsamessig eingelegter, gegrillter und glacierter Stör 2

Gekochte Quinoa mit Kohlrabi und Erbsensprossen 3

4

Mit Kohlrabi-Succo marinierter Kohlrabi

Schnittlauchcreme mit süßsauer eingelegtem Kohlrabi und Sancho-Pfeffer 5

Marinierte Erbsensprossen 6

WEIN

Q U I NOA :

Schnittlauchöl

Granitbock/Hofstettner

Gänsefußgewächs; die Samen schmecken reisähnlich. Wird deshalb – obwohl eher Spinat oder Rüben als Getreide verwandt – auch Inkareis oder Reisspinat genannt. 5

ÜBER HOLZKOHLE GEGRILLTER STÖR MIT KOHLRABI, Q U I NOA U N D H O LU N D E R


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MENÜ-FOLGE


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1

Mit Holunderblüten, Zitrone und Wermut geschmorter Kalbsschlepp 2

3

Gebratener Milchkalbsrücken vom Pogusch

Sauerspargelgemüse mit Apfel und Nussbutter 4

Mit Holunderblütenöl und fermentiertem Spargelsaft marinierte Zitronatzitronen-Albedo und gedämpfter Junglauch 5

Holunderblüten-Spritzgebäck 6

7

Estragon

Kalbsschmorsaft mit Holunderblüten, Wermut und Zitronatzitrone

WEIN

St. Laurent „Zagersdorf “ 2007, Hannes Schuster/ St. Margarethen S A U E R S PA R G E L :

im Ganzen milchsauer vergorener Marchfelder Spargel.

Sie stammt aus dem gleichnamigen Ort in Kalabrien und gilt allgemein als die beste Zitronatzitrone. Die bis zu zwei Kilogramm schwere Frucht ist oval und hat einen breiten Höcker an der Spitze. Sie besitzt nur wenig, fast trockenes Fruchtfleisch. Die kompakte, fast glänzende Schale und die dicke Albedo (innere weiße Schicht der Schale) werden wegen ihrer süßlichen Aromatik und Konsistenz gern zum Kandieren verwendet. Aus den kaiserlichen Orangerien von Schloss Schönbrunn. Z I T R O N AT Z I T R O N E D I A M A N T E :

6

G E S C H M O RT E S U N D G E B R AT E N E S M I L C H K A L B M I T S A U E R S PA R G E L U N D HOLUNDERBLÜTEN


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MENÜ-FOLGE


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1

2

Mara-de-Bois-Erdbeeren

Mit Pelargoniensirup marinierte Walderdbeeren 3

In Apfelsaft eingelegter Staudensellerie 4

5

Ivoire-Schokoladen-Creme

Mara-de-Bois-Erdbeer-Baiser 6

7

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Staudenselleriesorbet

Gedörrte Mara-de-Bois-Erdbeeren

Erdbeer-Pelargonien-Saft mit Zitronenöl 9

WEIN

Sauerklee

Moscato dʼAsti 2012, Paolo Saracco/Asti

Diese aromatische Sorte trägt von Frühling bis Spätherbst. Die kleinen, festen Erdbeeren sind von dezenter Säure und feinem Waldbeergeschmack. Von Michael Bauer/NÖ.

MARA-DE-BOIS-ERDBEEREN:

Z I T R O N E N P E L A R G O N I E : Die Blätter besitzen ein kräftiges Zitrusaroma. Die meisten Pelargoniensorten kommen ursprünglich aus den Küstenregionen Südafrikas und waren vor allem im 18. und 19. Jahrhundert sehr beliebt. Von Gärtnerei Bach/Wien.

7

MARA-DE-BOIS-ERDBEEREN MIT PELARGONIE U N D S TA U D E N S E L L E R I E


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MENÜ-FOLGE


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1

Mit Bitterorangenblüten parfümierte Blüten und Kräuter 2

Pollen-Lindenblütenhonig-Hippen 3

Passionsfruchtcreme 4

5

WEIN

Veilchengelee

Bitterorangenblüten-Joghurt-Eis

Traminer Auslese 2011, Knoll/Unterloiben

S O M M E R B L Ü T E N : Von Mai bis Juli verwandeln sich die Parkanlagen und Gärten Wiens in ein farbenfrohes, duftendes Füllhorn. Folgende Blüten finden in diesem Dessert ihre Verwendung: Duftveilchen, Primeln, Gänseblümchen, Eisbegonien, Kapuziner, Pelargonien und Stiefmütterchen. B I T T E R O R A N G E S A L I C I F O L I A : eine in Italien weit verbreitete Bitterorangensorte. Sie zeichnet sich durch lanzenförmige, schmale lange Blätter aus, weshalb sie auch Weidenblättrige Bitterorange genannt wird. Die Früchte werden bei Vollreife tieforange. Das Fruchtfleisch ist trocken und bitterorangentypisch. Die Blüten verströmen einen betörenden Duft und werden zum Parfümieren und Aromatisieren von Speisen in der Steirereck-Küche sehr geschätzt. Aus den kaiserlichen Orangerien von Schloss Schönbrunn.

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SOMMERBLÜTEN MIT HONIG, POLLEN UND PA S S I O N S F R U C H T


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MENÜ-FOLGE


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1

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Mit Blütenhonigschokolade gefüllte Zitronentaglilie in Bienenwachsmantel 3

4

Ananassalbeiblüten

Gedörrte Berberitzenblume, gefüllt mit Löwenzahn­marmelade

Gedörrte Sanddornblume, gefüllt mit Ringelblumencreme 5

Gedörrte Rhabarber-Erdbeer-Blume, gefüllt mit Waldmeister-Ganache 6

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Gelierte Duftveilchen

Mandel-Propolis-Keks mit kandierten und frischen Blüten

Ursprünglich kommt der Ananassalbei aus dem Hochland von Mexiko und Guatemala. Anders als der Salbei officinalis hat Ananassalbei keinen bitteren, sondern einen angenehm fruchtigen Geschmack, der schon bei leichter Berührung einen wunderbaren, an frische Ananas erinnernden Duft verströmt. Die leuchtend roten und nektarreichen Blüten sind sehr süß und eine besondere Delikatesse. Die Blätter sind teilweise rötlich gefärbt und werden wegen ihrer Fruchtigkeit sehr geschätzt. Aus dem Steirereck-Garten.

A NA NA S S A L B E I :

Taglilien werden seit Jahrtausenden in der chinesischen Küche verwendet. Die Blüten und Knospen mit feinem Aroma und süßem Geschmack enthalten viel Vitamin C und können roh, eingelegt oder getrocknet als Gewürz verwendet werden. Auch die Wurzeln werden in der Küche verarbeitet. Die Zitronentaglilie öffnet ihre duftenden kleinen Blüten erst am späten Nachmittag und blüht dafür die ganze Nacht hindurch. Täglich zur frühen Stunde werden die Blütenknospen geerntet. Aus dem Südburgenland und dem Steirereck-Garten. Z I T R O N E N TA G L I L I E :

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FRISCH GEPFLÜCKT: A N A N A S S A L B E I B L Ü T E N , B E R B E R I T Z E N­B L U M E N, D U F T V E I L C H E N


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WEIN-BEGLEITUNG

SAUVIGNON BL ANC „OTTENBERGER“ 2012, TEMENT

Ein Wein, der viel Trinkspaß mit sich bringt. Er überzeugt durch seine vitale, frische Aromatik, die zart florale Anklänge aufweist und an Kräuter und feine Holunderblüten erinnert. Durch seine kernige Säurestruktur wirkt er lebendig mit fokussiertem Abgang und harmoniert mit leichten Vorspeisen wie etwa Artischocken oder Berg­forelle.

G RÜ N E R V E LT L I N E R „ H O C H R A I N “ 2 0 1 1 , VEYDER-MALBERG

Ein vielschichtiger Veltliner mit puristischem Charakter. Er wirkt einerseits transparent auf einer weichen und zart cremigen Textur, andererseits kernig und sehr druckvoll. Seine zartwürzige Gelb­­fruchtig­keit ist typisch für einen Wein, der auf Lössboden steht. Zupackende, kristalline Mineralität im Finish gibt ihm einen eleganten, aber doch kraftvollen Abgang.

FOTOS: THOMAS SCHAUER

EINGESCHENKT R E I N E R W E I N V O N D E N S T E I R E R E C K- S O M M E L I E R S ADOLF SCHMID UND RENÉ ANTR AG.


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SAUMUR-CHAMPIGNY „L A FOLIE“ 201 1, C H AT E AU Y V O N N E

Dieser Rotwein aus dem Loiretal zeigt, wie weich und charmant Cabernet Franc aus dieser Region sein kann. Er weist ein mannigfaltiges Spektrum von reifen Herzkirschen und ein wenig Cassis auf. Dazu kommen Anklänge an mediterrane Kräuter und feine Blütenaromen. Am Gaumen bestätigt sich der Eindruck, den man über die Nase gewonnen hat. Das herzhafte Tannin dieses Weins und sein feiner Säurebogen sorgen für Eleganz und Trinkvergnügen.



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SCHNAPS-IDEE

AQUA VITAE man kann auch Schnaps dazu sagen

Wenn einer, der eigentlich K端nstler ist, Schnaps zu brennen beginnt, kommt am Ende der Destille ein Kunstwerk heraus. Wie bei C H R I S T O P H K E L L E R . TEXT: UTE WOLTRON FOTOS: KLAUS FRITSCH

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SCHNAPS-IDEE

Es geht um DIE GROSSE KUNST, selbst zu wissen, dass man es richtig macht.


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Nur wenige Tage nachdem Christoph Keller beschlossen hatte, dem Großstadtgetriebe Frank­ furts zu entfliehen und sich mit seiner Familie in der 250 Jahre alten Stählemühle in der deutschen Bodenseeregion niederzulassen – hauptsächlich um ländliche Ruhe zu finden, Gemüse zu ziehen, die Wolken treiben zu sehen und Kunstbücher zu ge­ stalten –, klopfte ein Zollbeamter an seine Tür. Es liege, eröffnete ihm dieser in nüchterner Ausübung seines Amtes, ein „Brennrecht“ auf dem Anwesen, und da er dieses ja wohl nicht nutzen werde, werde er dieses hiermit einziehen.

„Nichts da“, entgegnete Chris­toph Keller. Er hatte zu die­ sem Zeitpunkt zwar sein Lebtag noch keine Destille zu Gesicht bekommen, geschweige denn Schnaps gebrannt, doch genauso wenig hatte es ihm je an Unter­ nehmungslust gemangelt. Er ge­ denke, so ließ er den Arm des Gesetzes wissen, sehr wohl von diesem angestammten Recht Gebrauch zu machen, das er offenbar mitsamt der Mühle er­ worben und von dem er nunmehr erfreulicherweise Kenntnis erlangt habe. Der Beamte zog wieder ab. Das Brennrecht blieb. Christoph Keller durchstreifte die ausgedehnten Räumlichkeiten seines neuen Zuhauses und fand tatsächlich unter altem Gewölbe eine fast ebenso betagte Destille. Deren Geheimnisse, das war an­ gesichts der Kolben und Röhren bald klar, würde er allein nie lüften können. Deshalb rief er noch am selben Tag den Sohn des vormaligen Mühlenbesit­ zers an und bat ihn, für ein paar Wochen zu Hilfe zu kommen und mit ihm Schnaps zu brennen. Der eilte herbei, erklärte, wie die Maische zuzubereiten ist, wie das mit der alkoholischen Gärung funktioniert, alles über die dafür erforderlichen Hefen und die richtigen Temperaturen und wie schließlich mittels kühlender Wasserspülungen und Brennvorgängen Alkohol hergestellt wird.

Das war vor wenigen Jahren. Mittlerweile destilliert Christoph Keller – eigentlich erfolgreicher Grafiker und Kunstbuchverleger und in allem, was er tut, offenbar mit einer Leidenschaft fürs Detail be­ gabt – Schnäpse, die zu den besten der Welt zählen. Wobei der Begriff Schnaps in Zusammenhang mit den Stählemühle-Bränden wohl fehl am Platz und eine literarische Verirrung ist. Aqua Vitae nennt Keller selbst seine oft nur in Minimalauflagen etwa von der Fruchtspende eines einzelnen Baumes ge­ brannten Spirituosen. Von manchen brennt er ledig­ lich wenige Liter. Seine Edelbrände haben in den letzten Jahren die be­ gehrtesten und namhaftesten inter­ nationalen Preise abgeräumt.

Diese alle aufzuzählen wäre müßig. Viel besser, man probiert die Destillate selbst aus. Idealerweise tut man das mit dem rundlich-bauchigen Obstbrandglas, das Keller ge­meinsam mit dem Berliner Designer Mark Braun und dem Wiener Traditionsglasproduzenten Lobmeyr entwickelt hat. Dieses verfügt ungewöhnlicherweise über keinen Stiel, denn selbiger, so Keller, verführe zur häu­ figsten Missetat, derer man sich an guten Bränden schuldig machen könne: zum wiederholten heftigen Schwenken. Das sei ein grundlegend falsches, gleich­ wohl weit verbreitetes Fehlverhalten, könne nicht genug gegeißelt werden und verschwende kostbaren Geschmack an die Luft, wo er nun mal wirklich nichts verloren habe. Folgendermaßen ist vielmehr richtig vorzuge­ hen: Nur ein einziger kleiner Schwenk reicht, um eine kleine Aromaexplosion freizusetzen. Dann erlaubt man der Nase, die reiche Fülle der Düfte aufzunehmen, die bereits wenige Milliliter dieser konzentrierten Substanzen an die Umgebung abzugeben vermögen. Es entfalten sich kleine Universen, wenn man die Augen schließt. Oder auch offen lässt. Egal, das kommt auf die Persön­ lichkeit des Gebenedeiten an, der die Verkostung vornehmen darf. Dann der erste Schluck.


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SCHNAPS-IDEE

Keller hat sich zum Ziel gesetzt, die Mannigfaltigkeit der Buketts einzufangen, die den unter­ schiedlichen Früchten und Spezialitäten inne­ wohnen. Da geht es um Gerüche und Geschmäcker gleichermaßen. Um Texturen und sehr feine Nuancen. Es geht vor allem auch um Seltenes, fast Verschwundenes und um einen Sortenreichtum, der vielerorts in Vergessenheit geraten ist und den Christoph Keller mit lustvollem Vergnügen wie­ derzuentdecken und auszuschöpfen gedenkt. Himbeeren zum Beispiel. Von denen brennt er ausschließlich die wilden. Niemals Kultur­ himbeeren, weil diese jenen aus dem Wald an Charakter niemals ebenbürtig sein werden.

Die Destille der Stählemühle wurde mittler­ weile erneuert und auf den technischen Letztstand gebracht. Kupferschimmernd steht sie da, ein Prachtstück der Metallschmiedekunst. Doch das eigentliche Können und Wissen ruht anderswo, in den großen Bottichen, in denen die Maische gemäch­ lich vor sich hin blubbert. Sie sind in den ehemali­ gen Stallungen und Stadeln des Anwesens unter­ gebracht. Alles sehr säuberlich hier. Und draußen laufen die Hühner über geschotterte Wege, ranken sich Weinreben über Pergolen – natürlich solche Trauben, die ebenfalls vergoren und gebrannt wer­ den können.

Oder Quitten. Von ihnen gibt es zahllose Sorten. Manche sind groß und ergiebig und gelten Kennern als fan­ tastisch aromatisch. Christoph Keller hingegen findet, dass ausgerechnet die kleinen runden, die auf einem uralten Baum in der Nachbarschaft reifen, die würzigsten unter allen je von ihm verkosteten Quitten sind. Und nur die will er haben. Das bedeutet aber auch, dass die vergleichsweisen Winzlinge einzeln händisch poliert und vom Quittenpelz freigerubbelt werden müssen, den jede dieser duftenden Früchte am Leibe trägt. Erst dann können sie zu Mus verarbeitet und eingemaischt werden.

Das gesamte Anwesen ist schön. Nicht nur die alten Teile. Alles. Vom Kaffeehäferl bis zu den Lamas und den Ziegen, die Familie Keller hier hält, weil diese Tiere freundlich sind und man sie gerne hat. So wie auch die Schafe, die Gänse, die Pfauen. Ein Idyll. Wie viel Arbeit hier hinter jeder Mauer, hinter jedem Strauch, in jedem Bottich steckt, erkennt möglicherweise ein Land­ bewohner deutlicher als der aus einer Stadt Angereiste. Christoph Keller betreut die Tiere gerne, die Lamas schnuppern freundlich an seinen Ohr­ läppchen. Fremden gegenüber sind sie höflich, aber distanziert. Sie haben Charakter. Hinter ihrem Aus­ lauf hat der Landmensch gewordene Städter eine Menge Bäume und Sträucher gepflanzt. Speierling, Aronia, viele Spielarten der Wildpflaume – eine hiesige Spezialität und unter dem Namen Zibärtle bekannt. Es gibt Mirabellen, Mispeln, Schlehen und noch so manche Spezialität, die ein­gemaischt und gebrannt werden kann. Es geht um mehr als nur um den Brand. Es geht um die große Kunst, selbst zu wissen, dass man es richtig macht.

Alles beginnt also mit der Qualität der Sorte, setzt sich fort mit der Güte der einzelnen Frucht und mündet in die Sauberkeit der Maische. Dann aller­ dings beginnt erneut eine Wissenschaft, und zwar jene der Wahl der richtigen Hefen, der spezifischen Temperaturen, in denen diese sich wohlfühlen und in denen vergoren wird. Wobei gar nicht gesagt ist, dass die über den gesamten Gärprozess gleichblei­ bend sein müssen. Denn möglicherweise sind zu Beginn ein paar Grad mehr oder ein paar weniger vonnöten. „Das Brennen selbst“, sagt Keller, „kann jeder in ein paar Wochen lernen.“ Ob ein Brand gut oder hervorragend wird, entscheidet sich vielmehr schon lange vorher. Möglicherweise sogar bereits in der mineralischen Zusammensetzung des Bodens, in dem die Wurzeln des Baums Kraft für die Früchte saugen, die später vergoren werden.

ADRESSE STÄHLEMÜHLE www.staehlemuehle.de 78253 Eigeltingen-Münchhöf Deutschland Fon: +49 7771 8755-0


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20 MILLILITER

CHARAKTER L I E B E NAU E R R I B I S L ( S C H WA R Z E J O H A N N I S B E E R E ) G O L D M E D A I L L E B E I D E R D E ST I L L ATA 2 0 1 2 Urteil der Jury

„Reizvoller, jugendlicher Typus mit frisch-grasigen Nuancen und Zitrusfinessen; gut präsent und anhaltend fruchtig am Gaumen; kräftiges Finale.“ LO R B E E R K I R S C H E VO M B O DE NS E E E D E L B R A N D D E S J A H R E S 2 0 1 3, D E ST I L L ATA 2 0 1 3 Urteil der Jury

„Breitschultriger, robuster Typus mit Stil; vielschichtig, intensiv marzipanig und mit edelherben, würzigen Finessen; gut dosierte Kraft und ansprechende Länge im Finale!“ C U V É E V O N 7 H E G AU E R S T R E U O B S T B I R N E N G O L D M E D A I L L E D E R D E ST I L L ATA 2 0 1 3 Urteil der Jury

„Edle, saftige Birnenaromatik; zu Beginn geradlinig und etwas zurückhaltend, dann aber tief und komplex; füllig-weich, kompakt und anhaltend; schöne, zarte Bitternoten im Ausklang!“ V I N S C H G A U E R W I L L I A M S I M L I M O U S I N - E I C H E N FA S S G O L D M E D A I L L E D E R D E ST I L L ATA 2 0 1 3 Urteil der Jury

„Gute Balance von feinen Birnenaromen und frischen Holznoten; üppig-füllig, ölig und mit schönen Finessen am Gaumen; lang und harmonisch!“ B R A N D VO N D E R A N DA LU S I S C H E N L I M O N E G O L D M E D A I L L E D E R D E ST I L L ATA 2 0 1 3 Urteil der Jury

„Frisch-fruchtig und intensiv-würzig in der Nase; ausladend und dennoch jugendlich leicht und dynamisch; beständig fruchtig und mit vornehmer Bitternote im großen Finale!“ T R AU B E N B R A N D V O M P I N O T M E U N I E R E D E L B R A N D D E S J A H R E S 2 0 1 3, D E ST I L L ATA 2 0 1 3 Urteil der Jury

„Intensiv-aromatisches Destillat mit Charakter; vielschichtig, interessant und angenehm frisch; zeigt auch am Gaumen Profil und Beständigkeit, perfekt gelungen!“


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HAUSRE ZEP T & KO CHANLEITUNG

Wovon & wie viel

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E I N FAC H Z U M N AC H KO C H E N

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Das Rezept, aus dem ein genussvoller Abend besteht, muss nicht simpel sein. Es wird unter vier Hauben komponiert, erprobt und vorgekostet und dann daheim studiert, nachgekocht und serviert. Für alle, die Mut und Mühe zu schätzen wissen.

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S MAGA ZIN

KO CH-KUR S

C H I O G G I ARÜBEN MIT DUFTROSEN, STEINPILZEN UND VERBENE EINFACH ZUM NACHKOCHEN

Es braucht schon ein bisschen Mut, um dieses Rezept nachzukochen. Wer ihn hat, hat nicht bloß über den Tellerrand geschaut, sondern sich weit aus dem Küchenfenster gelehnt. Und darf sich feiern lassen. Für eine Extravaganz aus dem ST E IRERECK.

ILLUSTRATIONEN: FRANZ-GEORG STÄMMELE FOTO: THOMAS SCHAUER


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50 Löffel

ROSEN-CHILIMARMELADE ZUTATEN für Schritt 1

4

ca. 100 g Duftrosenköpfe der Sorten Abraham Darby, Claire Austin oder Prospero

2

für Schritt 2 75 g Duftrosenblüten 130 g Kristallzucker 100 g Wasser 1,5 g roten Chili, frisch, ohne Scheidewände und Kerne 30 g Zitronensaft für Schritt 3

IM THERMOMIX KURZ MIXEN.

Chioggia-Rüben säubern, schälen und in zwei Millimeter große Würfel (Brunoise) schneiden.

100 ml Wasser 15 g Zucker

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4 g Pektin

3

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Zucker und Pektin vermengen und anschließend im Wasser eine Minute auf großer Flamme kochen. Aus­kühlen und der Rosen­mischung beigeben. Alles zusammen im Thermomix fein mixen. ANMERKUNG: Bei Herstellung von größeren Mengen die Marmelade in kleinen Einheiten vakuumieren und einfrieren.

Die Blüten­b lätter von den Rosen zupfen und säubern. ANMERKUNG: Nur reinsortig verarbeiten.

Alle Zutaten aufkochen und bei mittlerer Hitze vollständig einkochen lassen.

25 Portionen

CHIOGGIARÜBEN-ROSENCHUTNEY ZUTATEN ca. 1200 g Chioggia-Rüben ergeben 850 g Chioggia-RübenBrunoise 300 ml Wasser 200 ml Himbeeressig (Gölles)

TIPP: Duftrosen blühen primär von Mai bis Juli. In dieser Zeit sollte eine größere Menge RosenChili-Marmelade her­gestellt werden.

150 g R osen-Chili-Marmelade (siehe links) 20 g Rosensalz (S. 105)


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KO CH-KUR S

6 Ü ber­k ühlen und mit der Rosen-ChiliMarme­l ade ab­s chmecken.

25 Portionen

STEINPILZE, EINGELEGT ZUTATEN 250 g Steinpilze, klein und fest, ergeben 200 g Steinpilzscheiben 250 ml Verjus vom Zweigelt (Öhlzelt) 5 g Salz 5 g Rosensalz (S. 105) 10 g Zucker 1 g roten Chili, frisch 4 g Zitronenverbene, gezupft

7 Die Pilze gründlich putzen, säubern und gegebenenfalls mit einem feuchten Tuch leicht abwischen. 8

MIT EINER AU F S C H N I T T­ MASCHINE DIE PILZE IN ZWEI MILLIMETER DICKE SCHEIBEN SCHNEIDEN.

9 Verjus, Salz, Rosensalz, Zucker und Chili zusammen aufkochen.

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Steinpilzscheiben und Verbene in einen größeren verschließbaren Becher schlichten und mit dem heißen Fond übergießen. Vorsichtig durch­ mengen, zudeckeln und kühl stellen.

TIPP: Die Pilze können bereits nach kurzer Marinierzeit verwendet werden. Die Marinade kann, leicht nach­gewürzt, zwei- bis dreimal wieder­verwendet werden.


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1000 Tropfen

ROSENÖL ZUTATEN ca. 125 g Duftrosenköpfe der Sorten Abraham Darby,Claire Austin oder Prospero ergeben 100 g Duftrosenblüten 1000 ml Traubenkernöl (Keller)

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DIE BLÜTENB L ÄT T E R VON DEN ROSEN ZUPFEN UND SÄUBERN. ANMERKUNG: Nur reinsortig verarbeiten.

1000 Prisen

Die Blütenblätter von den Rosen zupfen und säubern. ANMERKUNG:

Rosen nur sortenrein verarbeiten.

12 Blütenblätter und Öl auf Stufe sieben vakuumieren und für zwei Stunden bei 70 °C im Wasserbad garen. In Vakuum­beutel bis zur Verwendung gekühlt lagern.

ROSENSALZ ZUTATEN ca. 70 g Duftrosenköpfe der Sorten Abraham Darby, Claire Austin oder Prospero ergeben 50 g Duftrosenblüten 100 g Salz

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Blütenblätter und Salz gemeinsam mörsern und anschließend auf­g ebreitet bei Zimmer­ temperatur 24 Stunden austrocknen lassen.

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IN BECHER ABFÜLLEN, TROCKEN UND DUNKEL L AGERN.


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25 Portionen

STEINPILZPEKANNUSSTATAR ZUTATEN ca. 280 g Steinpilze ergeben 240 g SteinpilzBrunoise ca. 120 g Schalotten ergeben 80 g SchalottenBrunoise 30 g Nussbutter 120 g Pekannüsse, gehackt 40 g Zitronenverbene (Julienne) Salz

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Die Pilze gründlich putzen, säubern und gegebenen­f alls mit einem feuchten Tuch leicht abwischen. Die Schalotten schälen.

Pilze und Schalotten in zwei Millimeter große Würfel (Brunoise) schneiden. 20

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IN EINER BESCHICH­ TETEN P FA N N E D I E SCHALOT TEN IN NUSS­ BUTTER ANRÖSTEN, PEKANNÜSSE HINZUFÜGEN UND KURZ MITRÖSTEN. STEINPILZE HINZUFÜGEN UND GOLDGELB RÖSTEN.

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Aus der Pfanne heben und auf einem Küchen­papier abtropfen lassen.

Mit Salz abschmecken und die Zitronenverbene unter­mengen.

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Die Rüben schälen, größere Exemplare halbieren und in der gesalzenen Nussbutter bei 95 °C für ca. 15 Minuten weich garen.

4 Portionen

CHIOGGIARÜBEN, KONFIERT ZUTATEN 8 junge Chioggia-Rüben, 30–40 g pro Stück 500 g Nussbutter Salz


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4 Portionen

CHIOGGIARÜBEN (GARNITUR)

22 Vorsichtig herausheben und mit einem feuchten Tuch abdecken. Bis zur Fertig­ stellung kühl lagern. ANMERKUNG: Fertigstellen: Die Rüben bei 95 °C für fünf Minuten steamen, anschließend salzen und mit Nussbutter beträufeln. (pro Portion vier halbe Rüben)

ZUTATEN 2 junge Radieschen 8 junge Rüben­ blätter 20 Schildampferblätter 20 Duftrosenblütenblätter Himbeeressig (Gölles)

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Salz Rosenöl (S. 105)

Radieschen aus dem Wasser nehmen, trocknen und mit den Blättern vermengen.

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23 DIE RADIESCHEN SÄUBERN, FEIN HOBELN UND FÜR 15 MINUTEN I N K A LT E S WA SSER EINLEGEN.

24 Schild­ampfer-, Rübenund Rosenblätter säubern und waschen.

Mit Himbeeressig, Salz und Rosenöl marinieren. Die Radieschen, Rübenblätter und Rosen­b lüten darüber­s treuen.


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wenn für sie der feine unterschied darin liegt, im alltäglichen das besondere zu entdecken, gehören sie zu uns.

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S MAGA ZIN

Wohin & zurück

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RINDER, WIE DIE ZEIT VERGEHT

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W E I T B L I C K & I N S P I R AT I O N

Die Inspiration, ohne die man sich gar nicht erst an den Herd stellen braucht, kommt nicht von irgendwo. Man findet sie, indem man reist, stöbert, ausprobiert, lernt, nachfragt und kostet. Und dann das Beste mit nach Hause nimmt.

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Z W E I STA R S , DREI STERNE

EIN DORF MACHT BL AUC I E N D A M Q UAT E M P O S QUIDUCIA NON RE


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FLEISCHES-LUST

Rinder,

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Es gibt Gegenden, von denen hat Gott in Frankreich eine ganz eigene Vorstellung gehabt. Zum Beispiel vom Hochplateau Aubrac. Hier brauchen wir keine Bäume, hat er beschlossen. Hier müssen sich vor allem die Kühe wohlfühlen.

wie die Zeit vergeht!


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AUBRAC-RINDER GEHÖREN ZU DEN BESTEN FLEISCHRASSEN DER W E LT. D A S WA R N I C H T I M M E R S O. B I S I N D I E 1 96 0 E R-JA H R E H AT M A N S I E V O R A L L E M W EG E N I H R E R M I LC H G E Z Ü C H T E T. D A N N H A B E N D I E I TA L I E N E R I H R E N G U STO AU F F L E I S C H E N TD EC K T. U N D AU F E I N M A L WA R E N D I E AU B R AC S I N A L L E R M U N D E . TEXT/FOTOS: GEORGES DESRUES


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S MAGA ZIN

Auf den ersten Blick wirkt es ganz so, als hätte sich im Aubrac in den vergangenen 50 Jahren rein gar nichts ver­ändert.

0 2 Robert Tardé züchtet Aubrac-Rinder. Hielte man die Tiere nach alter Tradition immer noch als Milchrasse, würde man sich ganz schön ins eigene Fleisch schneiden.

FLEISCHES-LUST

Menschenleer erstreckt sich das Hochplateau im Süd­ westen des französischen Zentralmassivs, sanfte Hügel und tiefgrüne Weiden bis an den Horizont, nirgendwo eine Fabrik oder gar ein Fabrikschlot, nur ab und zu ein steinernes Häuschen, bisweilen auch ein kleines Dorf mit bravem Kirchturm. Und natürlich die Kühe. Überall in der nahezu baumlosen Landschaft grasen die blassgel­ ben Rinder der lokalen Rasse namens Aubrac, die hier seit Jahrhunderten gezüchtet wird. „An die Bedingungen dieser Gegend sind sie perfekt angepasst“, sagt der Rin­ derzüchter Robert Tardé und rüttelt mit seinem Pick-up querfeldein über Wiesen, Steine und Bäche. „Sie könnten sogar das ganze Jahr auf der Weide bleiben. Nur sind die Winter hier so streng, dass sie auf den vereisten Böden nichts zu fressen finden würden.“ Vor 50 Jahren wäre das Landschaftsbild wohl das­ selbe gewesen, doch verändert habe sich dennoch einiges, und das erkenne man am besten hieran, sagt Tardé und zeigt auf eines der lang gestreckten Steinhäuschen, die allerorts mitten auf der grünen Weide stehen. „Man nennt sie Burons. Es sind Sennhütten. Bis in die 1960er-Jahre waren sie so gut wie alle bewirtschaftet, aber damit ist es inzwischen vorbei. Schuld daran sind die Italiener.“ Tat­ sächlich war das Aubrac-Rind jahrhunderte­ lang eine reine Milchrasse und wurde in die­ ser verlassenen und ärmlichen Gegend nicht zur Erzeugung von Fleisch, sondern von Käse gehalten, allen voran des Laguiole, eines großformatigen Hartkäses, der stark an den berühmten Cantal aus dem gleichnamigen Nachbardépartement erinnert. Dann begann in Italien in den Sechzigern mit dem Wirt­ schaftswunder der Fleischkonsum zu steigen. Und damit die Nachfrage nach Fleischrindern. „Die Züchter der Gegend haben schnell erkannt, dass es viel einträglicher ist und schnelleres Geld bedeutet, die jungen Rinder nach Italien zu verkaufen, anstatt sie aufzuziehen, zu füttern und wachsen zu lassen“, erzählt Tardé. Damit hat sich das Aubrac-Rind, das schon davor nur verhältnismäßig wenig Milch gab, durch Selektion in wenigen Jahren von einer Milch- in eine Fleischrasse verwandelt. Es war das Ende der Käse­produktion in den Sennereien. Die Buronniers, wie die Senner und Hirten genannt wurden, blieben aus; die Burons selbst standen verlassen, etliche von ihnen verfielen. „Es war zugleich das Ende einer uralten Tradition, die die Kultur und das Landschaftsbild dieser Gegend erheblich geprägt hat“, sagt Tardé. So hatten die Buron­ niers mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung für eine gleichmäßige Bewirtschaftung der Weiden gesorgt, Ka­ näle für deren Bewässerung und Steinmäuerchen zur Abgrenzung angelegt und derart die Kulturlandschaft des Hochplateaus gestaltet. Mittlerweile hat sich auf dem Aubrac um die Kuhhirten und ihren harten Alltag in den Sennhütten eine Art regionaler Identitätsmythos entwickelt. Ihre traditionelle Speise etwa, der sogenannte Aligot, ein recht deftiges Gemisch aus pürierten Erdäpfeln mit frischem und gereiftem Käse, gilt in der gesam­ ten Region als das Nationalgericht schlechthin.


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PLOMP DU C A N TA L

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L AGUIOLE

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SÉVER AC LE C H AT E AU

L AC DE LA GOURDE

AUBRAC  FRANKREICH


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S MAGA ZIN

FLEISCHES-LUST

0 3

Seit Jahrhunderten ist die baumlose Landschaft des Hochplateaus im französischen Zentralmassiv von Rinderzucht geprägt. Lange Zeit war sie das auch von der Sennwirtschaft.


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„ D I E W E I D E H A LT U N G UND DAS GRAS­ FUTTER MACHEN DAS FLEISCH UNSERER RINDER ZU ET WA S WAHRHAFT BESONDEREM, DAS VON SPITZEN­ R E STAU R A N T S I N GANZ FRANKREICH G E S C H ÄT Z T WIRD.“ Robert Tardé

Der Laguiole-Käse selbst wird indessen nur mehr in der hoch technisierten Käserei einer einzigen Koope­ rative im Tal erzeugt, und zwar aus der Milch anderer Rassen, wie etwa von Fleck- oder Braunvieh. Zurück­geblieben auf den Weiden sind die Aubrac-Kühe und ihre Kälber, die dort nur noch was für ihre Fleischqualität tun. Die kann sich dafür aber sehen lassen. „Wir haben viele wunderbare alte Rinderrassen in Frankreich“, sagt etwa Yves-Marie Le Bourdonnec, der teuerste Metzger von Paris. „Nur werden die so gut wie alle für ihre Milch gehalten, aus der dann lokale Käsesorten erzeugt werden, wie zum Beispiel die Race Normande für den Camembert, die Salers für den Cantal oder die Abondances für den Abondance. Das macht die Aubracs als Fleischrasse zu einer Ausnahme.“ Dabei würden sich auch all diese anderen Rassen wunderbar als Fleischlieferanten eignen, beteuert der Star unter den Fleischern, weil sie verhält­ nismäßig klein und leichtgewichtig seien und sich somit auch lediglich von Gras und Heu von der Weide ernähren könnten, während die ansonsten in Frankreich so hochgepriesenen Fleischrassen wie die Charolais- oder die Limousin-Rinder große Mengen an Getreide zugefüttert bekommen müssten. „Rinder sind Grasfresser. Es ist falsch, sie mit Getreide zu füttern, das wir selbst essen könnten. Zudem verbraucht dieses als Tierfutter viel zu viel Platz und Wasser und stellt somit eine Belastung für die Umwelt dar“, sagt Le Bourdonnec. „Da hat er mit Sicherheit recht“, bestätigt der Rinder­ züchter Tardé. „Die Weidehaltung und das Grasfutter machen das Fleisch unserer Rinder zu etwas wahrhaft Besonderem, das von Spitzenrestaurants in ganz Frank­ reich geschätzt wird.“ Und dennoch gibt es inzwischen ein paar Züchter, die in Kooperation mit dem nationalen agronomischen Institut und der Käsekooperative daran arbeiten, einige Rinder zu einem zweiten genetischen Stamm zurückzuzüchten, der sich auch wieder für die Milcherzeugung eignen würde. „Ziel ist es“, sagt Tardé, „wieder genügend Milch von Aubrac-Kühen zu erhalten, um Laguiole-Käse daraus zu erzeugen. Das würde den Käse besser machen und so den Ruf seines Terroirs und damit der ganzen Region steigern, was nicht zuletzt dem Tourismus zugutekäme.“ Die Fahrt zurück von der Weide zu Tardés Bauernhof führt wieder an dem verlassenen Buron vorbei. Ob durch die Milchwirtschaft in Zukunft auch die Sennhäuser wie­ der in Betrieb genommen werden würden? „Durchaus möglich“, so die Antwort des Züchters, „immerhin gibt es auch in den Alpen und den Pyrenäen genügend Käse­ sorten, die nach wie vor auf den Almen erzeugt werden.“ Noch wichtiger aber sei, so fügt er hinzu, dass die Weide­ haltung auf dem Hochplateau des Aubrac erhalten bleibe – egal ob für Milch- oder Fleischproduktion. Denn nur sie garantiere den Erhalt der Kulturlandschaft. Und zudem eine natürliche und artgerechte Ernährung – sowohl für das Vieh als auch für den Menschen.


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S MAGA ZIN

GOURMET-REISE


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S MAGA ZIN

BRAS-SERIE

Fast möchte man den Gargouillou als eine der berühmtesten vegetarischen Speisen der Welt bezeichnen – wäre da nicht diese Scheibe Rohschinken, die plötzlich zwischen den über 40 verschiedenen Blättern, Blüten, Stängeln, Knospen und Kräutern auftaucht, aus denen das Gericht sonst noch besteht. „Den Schinken geben wir dazu, um ihm eine zarte fleischliche Note zu geben, die obendrein auch den Geschmack des Gemüses ab­ rundet“, sagt Sébastien Bras. Dass er in der Mehrzahl spricht, hat, so ist man zu denken verleitet, wohl damit zu tun, dass nicht er es war, der dieses pflanzliche Kunstwerk erschaffen hat, sondern sein Vater Michel. „Er ist ein sehr sportlicher Typ“, erzählt der Sohn. „Als er eines Tages an einem war­ men Frühlingsmorgen über die blühenden Weiden und Wiesen unserer Gegend lief, kam ihm

Michel Bras ist einer der renommiertesten Köche der Welt. Mit viel Einsatz hat er aus einem einfachen Land­ gasthof in Laguiole ein Spitzenrestaurant

selbe.“ Natürlich bringt er ab und zu auch winzige Änderungen an oder sanfte Neuerungen ein, wie etwa eine Gemüsebouillon, die seit Kurzem in einem Tässchen dazuserviert wird. Aber im Großen und Ganzen bleibt das System dasselbe: eine der Jahreszeit angepasste Auswahl von bis zu 60 Pflanzen, die alle einzeln und je nach Erfordernis zubereitet werden. „Manche davon kochen wir nur ein paar Sekunden, andere etwas länger, je nachdem, was ihnen guttut“, sagt Bras. Die Heimat der Bras ist ein nur sehr dünn besiedeltes Hochplateau namens Aubrac, eine traditionelle Rinderzuchtgegend mit heißen Sommern und bitterkalten Wintern. Schon Sébastiens Großmutter bewirtschaftete hier ein ländliches Gasthaus, in dem fast ausschließlich Einheimische

ZWEI S TA R S , DREI STERNE

gemacht und drei Michelin-Sterne erkocht. Heute liegt es an Sohn Sébastien, das Erreichte zu bewahren und weiterzuentwickeln.

TEXT/FOTO: GEORGES DESRUES

die Idee, diese Empfindung, die Aromen und Düfte auf den Teller zu bringen.“ Das war vor bald 30 Jahren. Inzwischen ist der Gargouillou, dessen Name auf recht unpassende Weise auf eine lokale Form von Erdäpfelpüree mit Schinken zurückgeht, eines der am meisten kopierten Gerichte überhaupt. Er steht in mehr oder weniger abgewandelter Form auf den Speisekarten zahlreicher Spitzenrestaurants und inspiriert bis heute einige der kreativsten Köche des Planeten. „Natürlich ist es auch als eine Art Kompliment zu sehen, wenn man etwa in Stock­ holm, New York oder Alba eine Variante des Gar­ gouillou vorgesetzt bekommt, was ich in erster Linie als Hommage an meinen Vater verstehe“, sagt Sébastien Bras mit sanftem südfranzösischen Akzent. Im Restaurant der Familie Bras im Ort Laguiole im Süden des französischen Zentralmassivs gehört das Gericht selbstverständlich zum Standardangebot. „Nein, langweilig wird es mir niemals, den Gargouillou zuzubereiten“, erklärt der Küchenchef. „Er ist ein wunderbares, sehr lebendiges Gericht, das sich mit den Jahreszeiten verändert und sich nie wiederholt. Täglich arbeiten wir zu siebent mehrere Stunden daran, und die Freude ist immer noch die­

speisten, bis ihr Sohn Michel es im Laufe der Jahre in mühevoller Kleinarbeit und mit viel Talent zu einem Gourmetrestaurant umfunktioniert hat. In­zwischen ist man in einen futuristischen Neubau übersiedelt, mit breiter Fensterfront und atemberaubendem Ausblick auf die weite Landschaft und das mittelalterliche Steindorf Laguiole. Im Jahr 1999 verlieh der prestigereiche Guide Michelin dem Vater zum ersten Mal drei Sterne. Diese stehen für „eine der besten Küchen, die eine Reise wert ist“, wie der Guide betont. Auf dem verlassenen Hochplateau des Aubrac, das außer einer herrlichen Landschaft mit weidenden Kühen kaum was zu bieten hat, wird man sich der Bedeutung dieser Bewertung besonders bewusst. Seit dem Jahr 2011 ist es Sébastien, der die Küche des Restaurants leitet – und dafür sorgt, dass sich die Reise auch weiterhin auszahlt. Die Betriebsübergabe vom Vater an den Sohn hat der französische Filmemacher Paul Lacoste in einem viel beachteten Film mit dem Titel „Entre les Bras – 3 Sterne. 2 Generationen. 1 Küche“ dokumentiert. „Natürlich war es sowohl für meinen Vater als auch für mich selbst ein sehr heikler Moment“, erinnert sich Sébastien. „Schlussendlich ging es uns


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aber beiden darum, das Erreichte zu bewahren und gleichzeitig voranzuschreiten, um das Restaurant auf der Höhe der Zeit zu halten.“ Auch wenn sich der Vater inzwischen weitgehend aus der Küche zurückgezogen hat, bleibt er dem Betrieb in vielen Belangen erhalten. „Gemeinsam mit meiner Mutter und zwei vollzeitig beschäftigten Gärtnern kümmert er sich um den immer größer werdenden Gemüse­ garten. Außerdem haben wir noch einige andere Projekte, die wir gemeinsam betreuen.“ Darunter etwa ein Restaurant auf der Insel Hokkaido in Japan, das vom Michelin ebenfalls mit drei Sternen bedacht wurde, und zwar schon in der allerersten japanischen Ausgabe des Lokalführers. „Ja, das war ein großer Erfolg für unsere Mannschaft dort“, sagt Sébastien, der sich anfänglich gar nicht vorstellen konnte, in Japan ein Restaurant zu eröffnen. „Wäre

es in Tokio oder Osaka gewesen, hätten wir es auch gelassen. Aber auf der Insel Hokkaido haben wir ein Territorium vorgefunden, das dem unseren hier nicht unähnlich ist, mit sanften Hügeln, großer Weite und sehr viel Natur.“ Ja, selbst die Lage und der Ausblick des Lokals seien fast genauso beeindruckend wie beim Stammhaus in seiner Heimat. In der Küche wird auch in Hokkaido auf französischen Stil gesetzt – allerdings mit japanischen Zutaten. Und das gilt freilich auch für den Gargouillou. „Die aufwendige Zubereitung des Gerichts, die Sorgsamkeit bei der Auswahl der saisonalen Pflan­ zen: all das gefällt den Japanern sehr“, stellt Bras fest, „was mit Sicherheit damit zusammenhängt, dass sie einen sehr ausgeprägten Bezug zur Qua­

lität von Lebensmitteln haben – etwas, das uns in Europa leider nur allzu oft abgeht.“ Unterschiede sieht er aber auch im Zugang zur Tradition. „Ich habe dort Söhne von Köchen getroffen, denen nur eines am Herzen liegt: nämlich genau das zu kochen, was ihre Väter und deren Väter und Generationen vor ihnen gekocht haben. Und zwar auf ganz genau die gleiche Art, ohne irgendetwas zu verändern“, wundert sich Bras und schüttelt den Kopf. Für ihn komme das nicht infrage, dafür verstehe er seine Küche als etwas zu Persönliches und Lebendiges. Nur sechs Monate hat das Restaurant der Familie Bras in Laguiole geöffnet, von April bis Oktober. „Das gibt uns die Zeit und die Möglich­ keit, uns während des restlichen Jahres mit an-­ deren Dingen und Projekten zu beschäftigen. Aber

auch zu reisen, zu sehen, was anderswo los ist“, sagt Bras. Denn reisen sei heute und im Unterschied zu den Zeiten seines Vaters oder gar seiner Großmutter fast unabdingbar für einen Koch geworden, der seine Küche als Destillat seiner Erfahrungen und Eindrücke versteht, wie er betont. Vergangenen September sei er sogar einmal während der Öffnungszeiten des Restaurants weggefahren, mitsamt seiner Frau nach Peru, zu einem Food-Festival namens Mistura. „Ja, das war das erste Mal, dass ich während des Betriebs weg war. Damals ist mein Vater für eine Woche einge­ sprungen.“ Und? Hat Michel während dieser Woche in der Küche sehr viel verändert? Sébastien lacht, dann zögert er kurz. „Na ja“, sagt er, „ein paar Dinge schon. Aber zum Glück nichts Wesentliches.“

ADRESSE BRAS www.bras.fr Route de lˇAubrac, 12210 Laguiole, Frankreich 4. April – 31. Oktober Fon: +33 5 65511820


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S MAG A ZIN

BL AU-SCHIMMEL


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P É G AY RO L S

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TA R N

VIADUC DE MILL AU

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R O Q U E F O R T    F R A N K R E I C H 43° 58‘ 39” N 2° 59‘ 23‘ O

S A I N T-A F F R I Q U E

EIN DORF MACHT BLAU S ORGUE

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0 1

Für die Erzeugung von Roquefort ist ausschließlich die nicht pasteurisierte Milch der lokalen Schafrasse Lacaune zugelassen.

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TEXT/FOTOS: GEORGES DESRUES

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In der französischen Ortschaft Roquefort gibt es gerade einmal sieben Käsemacher. Zwei davon sind Familienunternehmen, die versuchen, sich durch althergebrachte Methoden von den übrigen abzuheben. Denn Roquefort ist nicht gleich Roquefort.


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S MAGA ZIN

BL AU-SCHIMMEL

VOM SCHAF ZUM KÄSE: D I E N AT U R D A R F S I C H Z E I T L ASSEN.  0 2 Die Schafe der Rasse Lacaune grasen im Sommer auf den Weiden des Larzac-Plateaus und werden im Winter mit nahrhaftem Heu gefüttert.

Nein, so etwas wie einen Roquefort fermier, also einen Roquefort, der auf dem Bauern­ hof erzeugt wird, gebe es schon lange nicht mehr, sagt der rüstige Monsieur Carles und steuert sei­ nen Renault Laguna hinaus aus der Ortschaft, die den Namen des wohl berühmtesten Blauschim­ melkäses der Welt trägt. „Damit war es bereits Ende des 19. Jahr­ hunderts vorbei“, fügt der 84Jährige hinzu. „Seit damals hat sich hier ein System etabliert, bei dem die Erzeuger den Bauern aus der Umgebung die Schafmilch abkaufen und sie zu Käse verar­ beiten, den sie in den natürlichen Felsenhöhlen der Ortschaft rei­ fen lassen.“ Die Fahrt geht durch das Département Aveyron im süd­ lichen Zentralfrankreich. „La France pro­ fonde – das tiefe Frank­reich“, wie Jacques Carles sagt. So bezeichnen die Franzosen jene Teile ihres Landes, die weitgehend unverfälscht geblieben und von Land­wirtschaft geprägt sind. Rougier – von rouge für Rot – nennen sie das Gebiet hier, wegen der ziegelroten Farbe der eisenoxidhaltigen Schieferböden, die so stark mit dem Grün der Wälder und dem Grau der Kalkfelsen rundherum kon­trastiert. Der Roquefortmacher Carles will den Bauern und Schafzüchter Serge Alberge besuchen, einen der insgesamt 18 Milchproduzenten, die ihm die Milch für seinen Käse liefern. Alberge züch­ tet Schafe der lokalen Rasse Lacaune, der einzigen, deren nicht pasteurisierte Milch zur Erzeugung von echtem Roque­ fort verwendet werden darf. „Der Kon­ takt zu den Bauern ist von großer Wich­ tigkeit“, sagt Carles. „Leider hat meine Tochter, die den Betrieb seit zehn Jah­ ren leitet, nicht genug Zeit, sie zu besu­ chen, also kümmere ich mich bis heute darum.“ Als er selbst im Jahr 1958 den Betrieb von seinem Vater übernahm, habe es im Ort Roquefort noch 14 Fami­ lienunternehmen gegeben, die den Käse

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Echter Roquefort darf nur aus der rohen Milch einer lokalen Schafrasse erzeugt werden.

Gemolken und gekäst wird ausschließlich von Januar bis Juni.

Monsieur Carles ist zwar schon in Pension, kümmert sich aber nach wie vor persönlich um die Beziehung zu den Bauern, die ihm die Milch für seinen Käse liefern.


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Der Milch wird eine Kultur vom Edelschimmel Penicillium roqueforti zugesetzt.

Die Ursprünge des Roquefort reichen bis ins

11.

J A H R H U N D E RT.

0 4

Während die großen Käsehersteller mit industriell erzeugten Pilzkulturen arbeiten, werden diese in der Maison Carles noch in Brot­laiben gezüchtet.


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BL AU-SCHIMMEL

Der Käse wird auf hölzerne Regale in den natürlichen Felshöhlen der Ortschaft Roquefort-sur-Soulzon gelegt, bis sich der Schimmel ausgebreitet hat. Die durch­schnittliche Lagerungszeit beträgt

herstellten. Überlebt hätten davon nur zwei. „Die Käseerzeugung hat sich in­ dustrialisiert, fast alles ist inzwischen in den Händen von großen Firmen. Darun­ ter leidet das, was den Reichtum dieser Gegend ausmacht, nämlich das innige Verhältnis zwischen den Erzeugern und den Bauern“, so Carles. Bereits im Jahr 1928 trat zwischen diesen beiden Berufs­ gruppen ein Abkommen in Kraft, das den Preis für die Milch an jenen des Käses bindet – und die Milchproduzenten auf diese Weise zu Koproduzenten der Käseerzeuger macht. „Wenn wir mehr ver­ dienen, verdienen auch sie mehr“, sagt Carles. „Jahrzehntelang hat das allen hier Wohlstand und sozialen Frieden gebracht, doch die großen Häuser scheren sich im­ mer weniger um die Bauern. Wer weiß, wo das noch hinführt.“ Auf dem Hof von Serge Alberge ist die Freude über den Besuch des Senior­ chefs des Käsehauses sichtlich groß. „Serge kenne ich schon, seit er ein klei­ ner Junge war“, sagt Carles und legt den Arm um die Schulter des 40-Jährigen. Madame Alberge, Serges Mutter, ser­ viert inzwischen Kaffee, man isst Kek­ se und spricht von den alten Zeiten. Danach führt der Bauer durch den Be­ trieb und zeigt stolz seine gesunden Schafe und das naturbelassene Futter her, das sie erhalten. Den ganzen Som­ mer verbringen die Tiere grasend auf den saftigen Weiden des Hochplateaus des Larzac im französischen Zentralmassiv, ab Oktober sind sie im Stall und werden ausschließlich mit Heu und etwas Getreide ge­ füttert, das ebenfalls aus der Region stam­ men muss. „Wir melken die Schafe nur im Win­ ter, darum wird Roque­ fort auch nur im Win­ ter hergestellt“, erklärt Alberge und schließt die Stall­türe. Zum Ab­ schied überreicht Mon­

18 TAG E .

sieur Carles noch ein paar Geschenke für die Kinder, dann geht es zurück zum Stammhaus in die Ortschaft Roquefort.

Um zu kontrollieren, ob sich der Schimmel gleichmäßig verbreitet hat, wird der Käse halbiert und danach in Zinnpapier gewickelt, um darin langsam mindestens

3

M O N AT E

weiterzureifen.

„Natürlich haben sie schon versucht, unseren Betrieb zu übernehmen, mit Sicherheit schon mehr als hundert Mal, aber wir haben immer abgelehnt. Dass wir es geschafft haben, unabhängig zu bleiben, ist der große Erfolg meines Le­ bens“, sagt Carles und parkt den Wagen vor einem steinernen Haus im Ortszen­ trum, über dem ein Schild mit seinem Namen prangt. Rundherum laden Reise­ busse Touristen aus, die in großen Scha­ ren gekommen sind, um die Keller der berühmten lokalen Großkäsereien wie Papillon oder Société zu besichtigen. Nur mehr sieben Käseerzeuger gibt es heu­ te in Roquefort, die Maison Carles – die gerade mal ein Prozent der gesamten Produktion erzeugt – miteingeschlossen. „Selbstverständlich hat es auch sei­ ne Vorteile, eine kleine Maison zu sein“, sagt Monsieur Carles’ Tochter Delphine, „schon allein deswegen, weil wir nicht so große Mengen an Milch verarbeiten und also auch nicht so weit fahren müs­ sen, um sie zu holen.“ Dadurch brauche sie auch nicht so lange gekühlt zu wer­ den, wie das die Großproduzenten täten, und könne immer frisch verarbeitet werden. „Das lange Kühlen tötet eine ganze Menge Bakterien, die wichtig für die Reifung und die Geschmacksentwicklung des Käses sind“, sagt die studierte Bioche­ mikerin und führt in einen der berühmten Keller hinunter, die seit vielen Jahrhunderten der Stolz der Ortschaft


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Roquefort sind. Vier Stockwerke tief un­ ter der Erde lagern in natürlichen Höh­ len im Kalkstein ordentlich auf­gereiht die runden Käselaibe. Durch natürliche Risse in den Felswänden, die sogenann­ ten Fleurines, dringt Frischluft herein. „In den Höhlen herrscht die perfekte Temperatur und Luftfeuchtigkeit, sodass sich der Schimmel gut entfalten kann“, betont die Juniorchefin. Zwei bis drei Wochen bleiben die Laibe in Regalen aus Eichenholz liegen, bis der Kellermeister nach der Kontrolle beschließt, dass sich der Schimmel genug ausgebreitet hat. Dann wickelt er sie einzeln in Stanniol, in dem der Käse mindestens drei Mona­ te nachreifen muss. Was anderswo ma­ schinell geschieht, wird in der Maison Carles noch per Hand gemacht. „Natür­ lich ist es auch wichtig, dass die Regale aus Holz sind“, sagt Carles. „Sie müssen sich das wie bei Wein vorstellen, der in Eichenfässern ausgebaut wird: Durch das Holz atmet der Käse, er reift besser und entwickelt zusätzliche Geschmacksnuancen.“ Aus Gründen der Hygi­ ene wollten die Be­ hörden vor einigen Jahren durchset­ zen, dass das Holz der Regale durch Plastik ersetzt wer­ den muss. Doch die Käsemacher konnten nachweisen, dass das der Qualität des Käses schaden wür­ de, und setzten schließlich die Beibehal­ tung der Holzregale durch. Im letzten Stockwerk unter der Erde lagert das, was Delphine den wahren Schatz des Hauses Carles nennt – näm­ lich ein Dutzend verkohlter Brotlaibe. „Wir machen das nur einmal im Jahr, und zwar im Herbst, knapp bevor wir mit der Käseproduktion beginnen“, erklärt sie. Dann werden die stattlichen Laibe aus einer ganz bestimmten Mischung von Roggen- und Weizenmehl gebacken, bis

Nur noch wenige Maisons erzeugen ihre eigenen Schimmel­ kulturen, indem sie Brotlaibe backen, in denen sie die Kulturen ansetzen.

75 PROZENT

des Futters der LacauneSchafe müssen aus der Gegend stammen.

die Temperatur in ihrem Inneren 100 Grad Celsius erreicht, um sie zu sterilisieren. Danach werden sie mit dem Penicillium roqueforti, also jenem Edelschimmelpilz, der für die blau-grüne Maserung des Kä­ ses zuständig ist, geimpft und schließlich einige Wochen im Keller gelagert, bis sich der Pilz darin verteilt hat. „Anschließend zermahlen wir das Brot zu Pulver und mischen es dem Käsebruch bei. Das ist die traditionelle Herstellungsmethode und zugleich jene, die uns von den meis­ ten anderen Käsereien unterscheidet“, sagt Carles. Diese nämlich würden ein­ fach industriell erzeugte Pilzkulturen in flüssiger Form zu­ kaufen und der Milch beimischen, was zwar weit weniger aufwen­ dig sei, dafür aber ei­ niges an Geschmack, an Komplexität und Geschmeidigkeit des Käses kosten würde, wie sie sich ausdrückt. Inzwischen hat der Kellermeister ein paar fertig gereifte Käseräder von ihrem Metallpapier befreit und in zwei Teile ge­ schnitten. Mit einem kleinen Messer schabt Delphine Carles eine Kostprobe von der Schnittstelle ab. „Ja, so sollen sie sein“, sagt sie. Die blau-grünen Löcher sind gut verteilt und reichen bis an den Rand, im Vergleich zu herkömm­ lichen Roqueforts schmeckt der Käse nahezu mild, mit dennoch stark ausgeprägtem Aroma und äußerst cremiger Konsistenz. „Wir stellen ihn genau so her wie in den 20er-Jahren, natürlich erfor­ dert das mehr Zeit und Aufwand, aber schlussendlich zahlt es sich aus“, sagt Carles. „Vor allem dann“, fügt er hinzu, „wenn man sich von der Massenware ab­ heben und auch in Zukunft unabhängig bleiben will.“


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S MAGA ZIN

TISCH-GESPRÄCH


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ALFRED DORFERS GESCHMACKSERINNERUNGEN, AUFGEZEICHNET VON UTE WOLTRON

K A B A R E T T I ST. S C H AU S P I E L E R . SEEGURKENVERWEIGERER. FOTO: PETER RIGAUD

Meine allerälteste Geschmackserinnerung ist die an eine bestimmte Art von Kakao. Wir reden von den 1960er-Jahren. Damals hat man noch Trink­ schokolade bestellt, das ist in der Zwischenzeit aus der Mode gekommen. Ich war schon damals, als Kind, nie auf Süßes versessen, und die Geschmacks­ richtung war interessant, weil sie mit dieser dem Kakao eigenen Bitterkeit durchsetzt war. Die war nicht vordergründig, vorschmeckend, aber sie hat mich als Kind fasziniert. Ich war zu jener Zeit ungefähr drei, vier Jahre alt. Meine Großmutter hat diese Trinkschokolade zubereitet. Sie war Köchin, was wunderbar ist für ein Kind, weil man selbst als Bub kochen lernt, was unüblich ist und damals noch viel mehr war. Ich konnte ihr immer beim Kochen zuschauen, und da­ bei habe ich passiv kochen gelernt. Niemals hätte sie mir gestattet, dass ich mitkoche. Ob es nicht ihrem Rollenbild entsprach oder ob meine Ungeschick­ lichkeit der Grund dafür war, ist bis heute unklar. Mein zweites prägendes Geschmackserleb­ nis – ich war ungefähr zwölf – hatte ich zu Beginn der 1970er-Jahre, als ich ein indisches Gericht aß, das von jemandem zubereitet worden war, der das wirklich konnte und der auch die entsprechenden Gewürze aus Indien mitgebracht hatte: eine Art Curry-Huhn mit viel Gemüse, das überraschend an der Grenze zum Rohzustand und also nicht, wie damals üblich, zerkocht war. Sensationell! Das war eine Geschmacksvielfalt auf Zunge, Gaumen, Papil­ len, die ich zuvor noch nie erlebt hatte. Ich kostete Gewürzrichtungen, die ich überhaupt nicht einord­ nen konnte, weil ich sie gar nicht kannte. Es war überwältigend und etwa so, als ob man plötzlich Stereo hört.

Ich war immer ein Allesfresser und habe bis heute den Drang, alles auszuprobieren, auch wenn es mir, wie in Tokio, unangenehme Geschmacks­ erfahrungen beschert. In einem Lieblingslokal des Filmemachers Akira Kurosawa gab es etwas, das war irgendetwas von der Seegurke. Selbst die eng­ lische Übersetzung wusste nicht genau, was davon. Ich habe mir gedacht: Das muss ich haben! Es war schließlich von seltsam grauslich bis unbeschreib­ lich. Sollte man also dieses Irgendetwas von der Seegurke auf der Karte vorfinden, so würde ich per­ sönlich davon abraten. Essen ist für mich eine Frage von Glück. Ich habe keinen Saumagen. Was ich esse, soll frisch und von hoher Güte sein. Ich laufe nicht den Hauben­ küchen hinterher, mir geht das Tingeltangel auf die Nerven. Das Chichi brauch ich nicht. Deshalb geh ich gern ins Steirereck, dort isst man hervorragend und ist normal. Und bevor ich was Schlechtes esse, esse ich lieber gar nix.


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MÜHLTALHOF www.muehltalhof.at Unternberg 6 4120 Neufelden Fon: +43 7282   6258 „HIMMELREICHBAUER“ www.himmelreichbauer.at Jausenstation am Bründlweg/Pogusch Fon: +43 664  4805735 RESTAURANT BRAS www.bras.fr Route de l´Aubrac 12210 Laguiole Frankreich Fon: +33 565 511820

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