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länger arbeitet Helmut Fink an einem „Hag“ und pflegt damit ein altes Handwerk

Helmut Fink beim „Hagen“, einer alten Kulturtechnik im Bregenzerwald, um Wiesen einzuzäunen

Bis der Nagel sich krümmt

Hochdeutsch heißt es „Einhagen“, klingt aber im Bregenzerwälder Dialekt viel eleganter und außerdem geheimnisvoll: „Hagen“, wie Siegfrieds Mörder im Nibelungenlied. Das Hagen ist aber gar nicht blutig, sondern eine alte Kulturtechnik im Bregenzerwald

„Es ist ‚orab‘“, sagt Helmut Fink.

Am Vortag hat es geregnet, die Wolken hängen noch tief. Bergspitzen, noch immer mit Schnee bedeckt, verstecken sich im Nebel. Die Sonne findet da und dort eine Lücke, ihre Strahlen kündigen einen Wetterumschwung an. „Ideales Wetter zum Hagen, wenn’s ‚orab‘ ist“, wiederholt Fink: „Nicht zu kalt und nicht zu warm.“

In der „Veahstrauß“, also in der Viehstraße, in Schoppernau, unterhalb der Kirche dem Oberdorf entgegen, gilt es einen Hag, einen Zaun, zu erneuern. Die Häuser stehen hier recht dicht beieinander. An ihnen vorbei wurde im Frühling und vor allem im Herbst das „Veah“ zu den Weiden getrieben. Lange Zeit gab es Allmeindegüter, Viehweiden, die von allen Bauern genutzt werden konnten. Solche Weiderechte sind heute in manchen Vorsäßsiedlungen noch üblich. Und sie haben einen Vorteil: Es müssen nicht kleinräumig Grenzbarrieren geschaffen werden, es genügt eine Abzäunung um die große Weide herum. Damit verwandelte sich auch Schoppernau für eine Zeit in ein großes Gemeinschaftsgut.

Allerdings gab es immer wieder Störenfriede – und besonders um das Bauernhaus herum. In erster Linie Kleintiere, gefräßige Ziegen, gewohnt, in den Bergen auf Felsen zu klettern. Sie wissen auch im Tal gekonnt Abzäunungen zu überwinden, um zu den Leckereien im Bauerngarten vor dem Haus zu gelangen. Dagegen half einst nur ein eng gesteckter Holzhag um das Haus herum.

Die Geschichte des Hages ist eine alte, bisher kaum beachtete Kulturgeschichte des Bregenzerwaldes. Ganze Weiler – das sind kleine Ansiedlungen mit ein paar Häusern – zerstritten sich immer wieder, wenn Tiere unerlaubterweise das saftige Gras auf der anderen Seite suchten, wo es natürlich stets grüner ist. Der Unfrieden konnte zuweilen so groß sein, dass der oberste Richter, der „Landammann“ des Bregenzerwaldes, mit seinem Urteil den Streit schlichten musste.

Der sogenannte „Steckohag“, ein Zaun aus Holzstecken, von heute hat

Hubert Kaufmann arbeitet Helmut Fink zu, etwa indem er die Stecken nicht nur entrindet, sondern auch anspitzt und „bräut“, also die Kanten des Pflocks abschlägt

nichts mehr von der Schutzfunktion von einst. Er ist vielmehr ein Kulturgut, das zu erhalten einem Haus- und Grundstückseigentümer in Schoppernau mit Namen Jochen Matt ein wichtiges Anliegen ist. Der Hag ist im Winter reparaturbedürftig geworden, die Schneemassen haben ihn nach unten gedrückt. Gut 33 Meter ist der Grenzzaun zwischen seinem Hausgut und der „Veahstrauß“ lang. Dafür hat Helmut Fink etwa 170 Hagstecken auf seinen Anhänger geladen. Umgerechnet wird alle 15 bis 20 Zentimeter ein Stecken gesetzt. Da sollte wirklich keine Ziege durchschlüpfen können.

Helmut Fink ist Holzhandwerker und ein passionierter Älpler. Wenn einer etwas vom Hagen versteht, dann er. Die Stecken sind rasch gesetzt und mit dem Schlegel im Boden verankert. Fink sagt: „Als Stecken eignen sich am besten Fichtenäste. Und zwar

Der sogenannte „Steckohag“, ein Zaun aus Holzstecken, von heute hat nichts mehr von der Schutzfunktion von einst

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