EB 8753 – Weber, Klarinettenquintet B-dur op. 34

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Edition Breitkopf

Weber Klarinettenquintett für Klarinette und Klavier B-dur

Clarinet Quintet for Clarinet and Piano in B flat major op. 34 EB 8753



Carl Maria von Weber 1786–1826

Klarinettenquintett B-dur

Clarinet Quintet in B flat major op. 34

Fassung für Klarinette und Klavier vom Komponisten Version for Clarinet and Piano by the Composer herausgegeben von | edited by

Ulrich Leisinger

Edition Breitkopf 8753 Printed in Germany



Vorwort Kaum eine andere Gattung der instrumentalen Kammermusik hat derart inspirierend auf Komponisten gewirkt wie das Quintett für Klarinette und Streichquartett. Gemessen an der bescheidenen Gesamtzahl der Werke mit dieser Besetzung finden sich hier mit den Quintetten von Mozart, Weber, Brahms und Reger wenigstens vier Kompositionen von überzeitlichem Rang. Anders als die beiden Konzerte und das Concertino für Klarinette und Orchester op. 26 gehört das Quintett op. 34 zu den Werken Carl Maria von Webers, die ihre Entstehung nicht einem Auftrag, sondern innerer Berufung verdanken. Die vielfältigen Pflichten, die der junge Komponist und Kapellmeister auf seinen Wanderjahren erfüllte, bewirkten allerdings, dass sich die Entstehung des Werkes über fast vier Jahre erstreckte. Der erste auf das Werk bezogene Tagebucheintrag vom 14. September 1811 lautet: „Am Quintett für Bärmann angefangen zu componieren“ und belegt, dass Weber das Werk von Anfang an für den Klarinettenvirtuosen Heinrich Bärmann intendiert hatte, den er im Frühjahr dieses Jahres in Darmstadt kennen gelernt hatte. Zu Bärmanns 30. Geburtstag am 23. April 1814 schickte Weber ihm die Komposition, soweit sie fertiggestellt war. Das Rondo fehlte noch und wurde erst in einem Kraftakt vom 21. bis 25. August 1815 in München vollendet, da es bereits am darauffolgenden Tage durch Bärmann erstmals öffentlich aufgeführt werden sollte. Im Folgejahr ist das Quintett im Druck erschienen und hat seinen Siegeszug über die musikalische Welt angetreten. Der Erfolg des Werkes bewog den Komponisten, selbst eine Fassung für Klarinette und Klavier anzubieten, die erstaunlicherweise heute kaum bekannt ist, obwohl sie ein gleichwertiges Gegenstück zum beliebten Grand Duo Concertant op. 48 darstellt. Der Grund hierfür liegt vielleicht in einer begreiflichen Scheu heutiger Musiker vor Bearbeitungen, doch wird man Webers eigener Einrichtung des Werks schwerlich gerecht, wenn man sie als eine bloße Reduktion des Streichquartettsatzes auf das Klavier ansieht. Weber, der von Haus aus Pianist war, ist es gelungen, die gesamte Substanz der ursprünglichen Komposition zu wahren und sie kongenial in einen Klaviersatz umzuformen, dem man – vielleicht mit Ausnahme der Eröffnungstakte des ersten Satzes mit ihren langgehaltenen Streicherakkorden – kaum ansieht, dass er nicht die ursprüngliche Werkkonzeption gewesen ist. In Webers eigener Fassung für Klarinette und Klavier erweist sich das Quintett gleichermaßen geeignet zum Studium des Werks wie zum Konzertvortrag. Der vorliegenden Neuausgabe liegt in erster Linie die gedruckte Originalausgabe zugrunde, die in Berlin bei A. M. Schlesinger in zeitlicher Nähe zur seit Juli 1816 ausgelieferten Quintettfassung erschienen ist. Tatsächlich hat Schlesinger Titelblatt und Klarinettenstimme nicht neu gestochen, sondern unverändert von der Quintettfassung übernommen. Als wichtigste Vergleichsquelle wurde das Autograph der Klavierstimme herangezogen, das heute in der Gertrude Clarke Whittall Collection der Library of Congress in Washington aufbewahrt wird. Dieses Manuskript hat unmittelbar als Stichvorlage gedient, wie die Eintragungen des Stechers belegen; auf die erneute Niederschrift der Klarinettenstimme hat der Komponist verzichtet und nur auf die Quintettfassung verwiesen. Zudem konnten als Vergleich die folgenden Quellen herangezogen werden: Das vollständige Autograph der Quintettfassung (heute in der Staatsbibliothek zu Berlin); Kopistenabschriften aller vier Sätze mit Eintragungen von Weber (teils in Washington, teils in Berlin) sowie der originale Stimmendruck in der angeblich vom Komponisten revidierten und autorisierten Neuauflage. Auch spätere Ausgaben des Quintetts, z. B. die durch Carl Bärmann, den Sohn des Widmungsträgers, bearbeitete, wurden eingesehen, haben allerdings auf den Notentext keinen Einfluss gehabt. Der Vergleich aller Quellen macht deutlich, dass die bislang nicht befriedigend geklärten Abweichungen zwischen Autograph und Originaldruck in der Quintettfassung tatsächlich mit Wissen und Autorisation des Komponisten vorgenommen wurden, denn die meisten von ihnen finden sich auch im Autograph der Klavierfassung. Es wäre also falsch, sich bei der Edition ausschließlich auf die Autographe

stützen zu wollen. Offenbar hielt es Weber für notwendig, dem Werk für den Druck präzisierende Angaben zur Aufführungspraxis mitzugeben, die überflüssig waren, solange Komponist und Interpret gemeinsam auftraten. Für die Fixierung des aufzuführenden Textes sollten wir die Rolle des Klarinettisten nicht unterschätzen, denn nach dem Verständnis von Webers Zeit war es Aufgabe des Interpreten, das Werk auszugestalten und zum Leben zu erwecken. In dieser Hinsicht könnten selbst Carl Bärmanns weit über das Autograph hinausreichende Verzierungsvorschläge für den Musiker von heute von Interesse sein. Wir wissen jedoch nicht, ob auch sein Vater, der das Werk als erster gespielt hat und für den es komponiert worden war, ähnlich weitreichende Eingriffe vorgenommen hatte. Die vorliegende Ausgabe folgt daher getreu der originalen gedruckten Klavierfassung, wobei vereinzelte Irrtümer dieser Ausgabe nach Kenntnis der übrigen Quellen korrigiert wurden. Auf die wenigen vom Komponisten offenbar intendierten Abweichungen im Notentext zwischen der Klavier- und der Quintettfassung wird in Fußnoten hingewiesen. Angesichts der Beobachtung, dass Weber zu verschiedenen Zeiten präzisierend in die Quellen eingegriffen hat, schien es gerechtfertigt, aufführungspraktische Hinweise, die nur in einzelnen der Vergleichsquellen stehen, in der Edition zu berücksichtigen. Im Kritischen Bericht werden jene Stellen diskutiert, bei denen zwischen den Quellen wesentliche Divergenzen in der Artikulationsweise bestehen; in Zweifelsfällen wurde hier der Klavierfassung als der zuletzt entstandenen Version der Vorrang eingeräumt. Die Beobachtung, dass die Bogenlängen in den einzelnen Quellen häufig unterschiedlich sind (und selbst innerhalb einer Quelle alles andere als eindeutig und konsistent gehandhabt wurden) sowie die Tatsache, dass Parallelstellen vom Komponisten ohne erkennbaren musikalischen Grund keineswegs immer einheitlich behandelt werden, lässt sich als ein Hinweis darauf verstehen, dass bei Aufführungen eine gewisse Spontaneität der Interpretation von Seiten der Musiker wünschenswert bleibt. Trotz der Vielzahl an Artikulationsangaben fehlen nach heutigem Verständnis an mehreren Stellen dynamische Bezeichnungen: Dies betrifft den Beginn des Menuetts, bei dem ein dynamischer Kontrast zwischen Klarinette und Streichern bzw. Klavier nur in den ersten Takten vorgeschrieben ist. Offenkundig können die Takte 7 und 8 nur piano gespielt werden, ob aber der Klarinettist in den Takten 5 und 6 unbeirrt forte spielen oder sich dem Ensemble in der Dynamik annähern soll, bleibt offen. Ebenso fehlt im Rondo in der Klarinette beim Eintreten des Hauptthemas konsequent eine dynamische Angabe; da im Anschluss regelmäßig forte steht, muss die Klarinette am Anfang des Satzes leise, aber vielleicht doch wenigstens eine Nuance stärker als die Begleitstimmen spielen. Hinzuweisen ist schließlich noch auf mehrere notationstechnische Eigentümlichkeit Webers: Punktierte Pausen waren wie Doppelpunktierungen bei Noten noch immer nicht allgemein gebräuchlich, so dass an manchen Stellen Punktierungen dem Kontext nach gemeint, aber nicht präzise notiert sind. Im Klavierpart begnügt sich Weber regelmäßig mit einem Akzentzeichen, auch wenn es offensichtlich für beide Hände gelten soll. Die originalen Bezeichnungen Tutti und Solo, die Weber in der Klavierfassung eingeführt hat, um dem Klavierspieler zu suggerieren, ob er führend hervortreten oder sich als Begleiter zu Gunsten des Klarinettisten zurückhalten soll, wurden für die Klavierpartitur beibehalten. Während Weber als Vorschlagszeichen bevorzugt durchstrichene Achtelnoten setzt (siehe z. B. Satz 4, T. 163ff.), sind diese im Schlesinger-Druck regelmäßig durch Sechzehntelnötchen wiedergegeben. Bei Divergenzen zwischen Autograph und Druck in der Notierung von Vor- und Nachschlagsnoten wird der Lesart der Eigenschrift Vorrang eingeräumt. Es ist mir eine angenehme Pflicht, der Staatsbibliothek zu Berlin und der Library of Congress für die Bereitstellung von Quellenkopien und die bereitwillig erteilte Erlaubnis zum Abdruck zu danken. Leipzig, August 2001

Ulrich Leisinger


Preface Few genres of instrumental chamber music have inspired composers to such an extent as the quintet for clarinet and string quartet. Considering the modest number of works in this scoring, it is remarkable that one finds no less than four works of timeless value in the quintets of Mozart, Weber, Brahms and Reger. Unlike the two concertos and the Concertino for clarinet and orchestra Op. 26, the Quintet Op. 34 is one of the works by Carl Maria von Weber that do not owe their genesis to a commission, but to an inner urge. However, owing to the many duties weighing upon the young composer and conductor during his “journeyman’s” years, it took him nearly four years to write the work. The first diary entry referring to the work dates from 14 September 1811 and reads: “Began to write the quintet for Bärmann.” It proves that from the very start, Weber had intended the work for the clarinet virtuoso Heinrich Bärmann, whom he had met in Darmstadt during the spring of that year. Weber sent the composition – or at least the movements that were finished at that time – to Bärmann for his thirtieth birthday on 23 April 1814. The Rondo was still missing and was written in one surge of creativity in Munich between 21 and 25 August 1815, since it was scheduled to be performed by Bärmann for the first time in public the next day. The Quintet was published the following year and began its triumphal entry into the repertoire. The work’s success prompted the composer to offer a version for clarinet and piano which, amazingly, is little known today even though it is a worthy counterpart to the beloved Grand Duo Concertant Op. 48. Perhaps the reason for this neglect lies in the understandable reluctance of present-day musicians to perform arrangements; however, one will hardly do justice to Weber’s own adaptation of the piece if one merely considers it as a piano reduction of the string quartet parts. Weber, himself a pianist, managed to preserve the entire substance of the original composition and adapt it congenially to the piano in such a way that – save perhaps for the opening measures of the first movement, with their sustained string chords – one hardly notices that this is not the original concept. In Weber’s own version for clarinet and piano, the Quintet proves to be suitable both for the study of the work as well as for concert performance. This new edition is based primarily on the original printed edition published in Berlin by A. M. Schlesinger not long after the quintet version, which was issued in July 1816. Indeed, Schlesinger did not even have the title page and clarinet part newly engraved, but took them unchanged from the quintet version. The most important source of comparison for our edition was the autograph of the piano part, which is located today in the Gertrude Clarke Whittall Collection of the Library of Congress in Washington. Entries in this manuscript show that it was used as the engraver’s direct model. The composer decided against writing out the clarinet part again, referring simply to the quintet version. The following sources were also consulted for purposes of comparison: the complete autograph of the quintet version (today in the Staatsbibliothek zu Berlin); a fair copy of all four movements with entries by Weber (partly in Washington, partly in Berlin) as well as the original print of the parts in the new edition allegedly revised and authorized by the composer. Later editions of the Quintet, e.g. the adaptation by Carl Bärmann, the son of the dedicatee, were also consulted, but had no bearing on the music text. When considering the discrepancies between the autograph and the original print of the quintet version, a comparison of all the sources makes it clear that the divergent readings which have yet to be satisfactorily explained were actually carried out with the composer’s knowledge and authorization, since most of them are also found in the autograph of the piano version. It would thus be wrong to rely exclusively upon the autographs. Weber apparently deemed it necessary to supply additional performance-practical information for

the printing of the work, indications that were superfluous as long as the work was performed by the composer and its dedicatee. One should not underestimate the role of the clarinetist when the music text was laid down for publication, for in Weber’s day it was customary for the interpreter – indeed, it was even seen as his duty – to elaborate the work and infuse life into it. Seen in this light, even Carl Bärmann’s suggestions for embellishments, which go far beyond the text of the autograph, could be of interest to today’s musicians. We do not know, however, if his father, who was the first to play the work and for whom it was written, also made such far-reaching interventions. The present edition thus faithfully follows the original printed piano version, whereby occasional errors contained therein have been corrected on the basis of the knowledge gained from the other sources. Footnotes refer to the few discrepancies in the music text between the piano and quintet versions, discrepancies apparently intended by the composer. With regard to the observation that Weber intervened in the sources at different times in order to specify certain details, it seemed legitimate to take into consideration the performance-practical indications found only in a few of the sources used for comparative purposes. The Critical Notes comment upon those passages which contain substantial divergences in articulation between the sources; in disputable cases, priority was given to the piano version as the latest extant version. The fact that the slurs are often of different lengths in the various sources (and that they are treated in a way that is anything but unequivocal and consistent even within one single source) and that the composer often varies the music at parallel passages for no apparent reason may be understood as a reminder that a certain interpretive spontaneity on the part of the musicians remains desirable today. In spite of the many articulation markings, the dynamics that we would consider necessary today are missing at several passages, including at the beginning of the Minuet, where a dynamic contrast between the clarinet and strings, as well as between the clarinet and piano, is indicated only in the first measures. Measures 7 and 8 are apparently only to be played piano; it remains unclear whether the clarinetist should unwaveringly play forte in measures 5 and 6, or whether he should adjust his dynamics to those of the ensemble. Likewise, in the Rondo the dynamic marking of the clarinet part is consistently missing at the entrance of the principal theme. Since the following dynamic marking is generally forte, the clarinet must play softly at the beginning of the movement, but perhaps a touch louder than the accompanying parts. Finally, several notational peculiarities of Weber’s should be pointed out: dotted rests, just like double dots at notes, were not in general use in Weber’s day. Thus at certain passages, the context requires dots, even though they are not expressly notated. Weber regularly contents himself with one accent in the piano part, even though it clearly applies to both hands. We have retained the original indications Tutti and Solo, which Weber inserted into the piano version in order to remind the pianist when he should take the lead more forcefully or, in his role as accompanist, hold back in favor of the clarinetist. While Weber generally notates appoggiaturas as eighth notes with a stroke across the stem (see for example movement 4, mm. 163ff.), these are consistently reproduced as small sixteenth notes in the Schlesinger print. At divergences between the autograph and the print in the notation of appoggiaturas and “Nachschläge,” or termination notes, priority is given to the reading of the autograph. We wish to extend our most cordial thanks to the Staatsbibliothek zu Berlin and the Library of Congress for putting copies of the sources at our disposal and for graciously allowing us to reprint the work. Leipzig, August 2001

Ulrich Leisinger


Klarinettenquintett B-dur Carl Maria von Weber op. 34 herausgegeben von Ulrich Leisinger

Allegro Tutti

Klarinette in B

Klavier

9

Solo

17

22

Edition Breitkopf 8753

Solo Tutti

© 2003 by Breitkopf & Härtel, Wiesbaden


6 27

32

36 cresc.

decresc.

cresc.

40 3

sempre legato

con espressione 45 con anima

Breitkopf EB 8753

3


7 50 dolce

Leseprobe

54

cresc.

60 scherzando

stacc.

65

Sample page 69

*

ten.

* T. 69 Quellen Q, A: m. 69 sources Q, A: Breitkopf EB 8753


8 73

ten.

cresc.

76

Leseprobe Tutti

80

con espressione

83

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88

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1

1

Breitkopf EB 8753


9 92 b

2

Tutti

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Solo

con passione

sempre

Leseprobe

100

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Breitkopf EB 8753


10 110

cresc.

114

Leseprobe

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124

Breitkopf EB 8753


11 129

137

Tutti

Leseprobe

Solo

145

150

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12 159

3

164

3

Leseprobe

168

cresc. cresc.

173

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179

Breitkopf EB 8753


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