Edition Br E itkopf
Gottli EB Muffat
Sechs Suiten II
für Cembalo (Clavier)
Six Suites II for Harpsichord (Piano)
Gottlieb ( t heophile) Muffat
1690–1770
Sech S Suiten ii für Cembalo (Clavier)
Six Suite S ii for Harpsichord (Piano)
Erstausgabe | First Edition
herausgegeben von | edited by Glen Wilson
Edition Breitkopf 9325
Printed in Germany
5
Inhalt | Contents

Im Jahr 2001, als das Archiv der Berliner Sing-Akademie nach dem 2 Weltkrieg aus Kiew zurückkehrte, wurde die musikalische Welt um viele Schätze bereichert, die nach Jahrzehnten nun wieder zugänglich waren Dazu zählen nicht zuletzt 26 bis dahin unbekannte Suiten für Cembalo von Gottlieb Muffat, dem wichtigsten Vertreter Wiener Claviermusik in der Zeit zwischen Johann Jakob Froberger und Joseph Haydn Dem ersten Band (2018) folgend, erscheinen hier sechs weitere dieser Suiten zum ersten Mal im Druck Gottlieb, oder Theophile, wie er sich in diesen Quellen nennt, war der Sohn des bedeutenden Salzburger bzw Passauer Geigers, Organisten und Theoretikers Georg Muffat (1653–1704), einer der ersten Musiker im deutschsprachigen Raum, die eine Mischung der damals sehr voneinander abweichenden französischen und italienischen Stile vertraten Da der Vater früh starb –Gottlieb war erst 14 Jahre alt –, kann seinem Mentor am Wiener Hof, Johann Joseph Fux (um 1660–1741), größerer Einfluss auf die musikalische Entwicklung des jungen Muffat zugeschrieben werden Dieser sprach später von seinem Lehrer als dem „besten Meister der Welt“ Tatsächlich führte Muffat, der später Hoforganist und Musiklehrer der kaiserlichen Familie wurde, den hochbarocken Stil von Fux fast unverändert fort Sein beachtlicher Corpus an Orgelmusik baut auf den von Frescobaldi über Froberger überlieferten Gattungen auf Seine Cembalowerke, bislang hauptsächlich durch die prachtvoll gestochenen Componimenti Musicali (ca 1740) bekannt, aus denen Händel viele Motive entlehnte, verknüpfen den italienischen und den französischen Tanzstil um 1700 mit der üppigen Verzierungspraxis und den reichen Texturen eines François Couperin und Jean-Philippe Rameau Sie fügen Ballettsätze, Toccaten, orchestrale Stücke und gelegentlich einen Hauch österreichischer Folklore hinzu Muffats originellste Beiträge experimentieren mit ungewöhnlichen Satzfolgen und Tonart-Exkursen
Es gibt keine Hinweise auf Kompositionen nach 1740 Angesichts des herannahenden (wenig schöpferischen) vorklassischen Stils mag Muffat erkannt haben, dass seine Tage als erfolgreicher Komponist gezählt waren, und er beschränkte sich auf seine Unterrichtstätigkeit und die Sorge für seine große Familie Unter seinen Schülerinnen befand sich auch die spätere Kaiserin Maria Theresia
Aufbauend auf den Forschungen von Friedrich Wilhelm Riedel verfasste Alison Dunlop, eine junge Musikwissenschaftlerin aus Nordirland, eine neue Biografie Gottlieb Muffats einschließlich eines kompletten Werkverzeichnisses Die Ergebnisse ihrer brillanten und umfangreichen Recherchen wurden unter dem Titel The Life and Works of Gottlieb Muffat (Wien 2013, Hollitzer Wissenschaftsverlag) einige Monate nach ihrem tragischen Tod publiziert
Die vorliegende Ausgabe sollte in Zusammenarbeit mit Alison ent-
stehen, wofür sie mich bereits mit Kopien der Handschriften und ihrer Doktorarbeit versorgt hatte. Ihre Arbeit fließt in diese Edition ein und sei ihrem hochgeschätzten Andenken gewidmet
Zur Edition
Der Begriff, den Muffat für die vorliegenden Werke verwendet –„Part(h)ie“, eine wenig zufriedenstellende „Französisierung“ der italienischen „Partita“ –, hat sich nie richtig durchgesetzt Schon der Begriff „Partita“ (übersetzt: „geteilt“, also ein Werk mit mehreren Sätzen) ist problematisch Ursprünglich im Sinne der Variation verwendet, wurde der Begriff später in Deutschland für die Sätze einer Tanzsuite übernommen, insbesondere durch Bachs Vorgänger in Leipzig, Johann Kuhnau, sowie natürlich durch Bach selbst Im Allgemeinen wird der Begriff heute von Bachs Partiten dominiert Aus diesen Gründen habe ich mich für den eingeführten und international verbreiteten Terminus „Suite“ entschieden, der auch auf alten Deckblättern in der Sammlung der Sing-Akademie zu finden ist und auf jeden Fall hier zutreffend angewendet werden kann
Als bedeutender Vertreter der Polyphonie war Muffat außerordentlich um korrekte Stimmführung bemüht – auch in Stücken wie diesen, wo Stimmen gelegentlich „aus dem Nichts“ auftauchen und wieder verschwinden Ich bin Muffats Notationsweise konsequent gefolgt: Die Halsierung einzelner Stimmen folgt den Stichregeln, bei geteilten Stimmen in einem System sind die Hälse entsprechend den Regeln der Polyphonie nach oben bzw unten gerichtet Wenn eine neue Stimme innerhalb eines Taktes auftritt, schreibt Muffat meistens – aber nicht immer – vorbereitend eine Pause Für den Wegfall einer Stimme gilt dies aber nicht Wenn die Stimmenanzahl ansteigt, greift er zu verschiedenen Hilfsmitteln. Die vielen in Umlauf befindlichen handschriftlichen Kopien sowohl des Komponisten als auch von Berufskopisten für den Verkauf in Wien, wo damals der Musikdruck noch selten war, sind alles andere als fehlerfrei Aufgrund dieser Problematik habe ich manchmal der Klarheit wegen Pausen oder Verlängerungspunkte hinzugefügt sowie, wo nötig, Fehler korrigiert Alle diese Fälle sind im Critical Commentary verzeichnet Ebenso habe ich punktierte Pausen (die Muffat nicht zur Verfügung standen) verwendet und auf Mehrfach-Pausen auf demselben Schlag sowie Mehrfach-Hälse in Akkorden verzichtet, um so für größere Übersichtlichkeit zu sorgen Das Zeichen für die petite reprise (die zusätzliche Wiederholung eines kurzen Schluss-Abschnitts) und der damit zusammenhängende Taktstrich mit vier Punkten wurden durch das übliche dal segno ersetzt Ist ein Schluss mit 1 , 2 und 3 bezeichnet, bezieht sich das dal segno auf den zweiten Schluss Manchmal bietet Muffat zwei petites reprises an In solchen Fällen sind verschiedene Lösungen möglich und die Spieler mögen selbst entscheiden
Ein anderer interessanter Aspekt von Muffats Notationsweise ist die damals schon aus der Mode gekommene Aufteilung von linker und rechter Hand auf zwei Notensysteme als Teil dessen, was er Applicatur nennt Hier bin ich ebenfalls der Vorlage gefolgt, was allerdings bei Vermeidung der originalen C-Schlüssel zu zahlreichen Hilfslinien führt Natürlich kann jeder Spieler, nachdem er Muffats Applicatur ausprobiert und deren Inhalt verstanden hat, zu eigenen Lösungen greifen
Das größte Problem in den Handschriften, insbesondere in jenen des „Kopisten X“, sind die schlampig gesetzten Bindebögen, die oft über einer scheinbar willkürlich und inkonsequent bemessenen Notengruppe schweben Meist sind sie zu kurz, wie z B auch jene von J S Bach – aber ob und um wieviel sie verlängert werden sollten, ist manchmal unmöglich festzustellen Ich befand mich hierbei oft in einem Zwiespalt zwischen Genauigkeit einerseits und einer Interpretation nach der üblichen Praxis der Zeit andererseits. Der definitive Charakter eines gedruckten Bindebogens hat für den Herausgeber etwas Erschreckendes So wurden keine Bindebögen ergänzt, auch nicht an Parallelstellen; ich beschränkte mich darauf, meine Interpretation der vorgefundenen Bögen anzubieten und den Rest den erfahrenen Ausführenden zu überlassen Tonart- und Taktvorzeichnungen nach französischer Art wurden beibehalten Einige Warnungsakzidentien wurden ergänzt, wobei jene aus der Quelle vermerkt sind
Für den ersten Band dieser Ausgabe war ich in der glücklichen Lage, Werke mit einer einzigen Quelle zur Verfügung zu haben, alle von hoher Qualität Die Sachlage im Falle der Suite A-dur, Nr 1 der vorliegenden Sammlung, ist jedoch so komplex, dass sie hier kommentiert werden muss
Es existieren drei Quellen, keine davon ist ein Autograph Zwei stammen aus der Sammlung der Sing-Akademie, die eine (SA1) aus dem Jahr 1717 (somit ist diese Suite Muffats frühestes datierbares Werk), die andere (SA2) ist eine direkte Abschrift davon Die dritte Quelle (V) ist Teil einer Sammlung von Werken mehrerer Komponisten aus der Hand eines für den florierenden Markt für Tastenmusik in Wien tätigen Kopisten, datiert 1733 Sie wurde 1799 von einem Wiener Händler zum Verkauf angeboten und wird heute in der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt Sie stellt eine in vielen Details überarbeitete Version mit zahlreichen zusätzlichen Verzierungen dar, außerdem wurde ein Menuett an eine neue Position verschoben Leider ist die Quelle äußerst ungenau, sodass ein Herausgeber für einen zuverlässigen Text auf die früheren Quellen zurückgreifen muss Im Großen und Ganzen lassen sich damit die Problemstellen der Wiener Handschrift leicht lösen Eine große Ausnahme bilden hier die Verzierungen
Die Differenz in der Entstehungszeit zwischen den SA-Quellen und der V-Quelle von mehr als 20 Jahren erlaubt es uns, eine Veränderung in Muffats Verwendung von Zeichen zu beobachten Die SA-Quellen bedienen sich eines weitaus begrenzteren
Repertoires, denn insbesondere der Triller t umfasst Varianten, die Muffat später detaillierter als jeder andere Komponist unterschied Der Wiener Kopist hingegen verstand einige der neuen Zeichen, die Muffat bereits 1733 verwendet haben muss, offensichtlich nicht ganz, obwohl er die überarbeitete Version zur Hand hatte Die Vorlage des Schreibers scheint viele der alten t-Zeichen beibehalten zu haben Jedenfalls ist diese Verzierungskategorie hier extrem konfus, mit nicht existierenden Zeichen, neuen Zeichen an unpassenden Stellen und gelegentlich sogar dem neuen Zeichen für einen Triller mit Nachschlag an plausiblen Stellen Statt des Versuchs zu erraten, was richtig ist und was das Unverständliche tatsächlich darstellen sollte, habe ich alle Triller-Verzierungen auf reduziert, Muffats Zeichen für einen einfachen Triller von der oberen Note auf dem Schlag Dabei wird dem Interpreten die Entscheidung überlassen, was am besten funktioniert Bemerkenswert ist das Fehlen seines sehr nützlichen Zeichens für einen Pralltriller oder Schneller in allen Quellen; dieses muss eine der letzten Neuerungen Muffats gewesen sein; sie ist aber an vielen Stellen unverzichtbar
Ein anderes Problem stellt Muffats Applicatur dar Im Jahr 1717 hatte er noch nicht mit der lobenswerten Aufgabe begonnen, diese veraltete Notationsweise anzuwenden, und die Notation entspricht der reinen Zweckmäßigkeit Die verlorene Vorlage der Sammlung von 1733 dürfte allerdings in einem Zustand des Experimentierens und Übergangs gewesen sein Daher habe ich im Bereich des c1 und immer dann, wenn die Hände nah zusammenkommen, Balken, Halsrichtung und Systemaufteilung aus der späteren Quelle übernommen, um keinen Hinweis zu verschleiern, der dort versteckt sein könnte Die relative Altertümlichkeit aller drei Quellen zeigt sich in der Verwendung eines b-Vorzeichens statt des Auflösungszeichens, im vollständigen Fehlen von Bindebögen und petites reprises (außer einer)
Der hier vorliegende, zusammengestellte Notentext spiegelt sich in der Länge des Critical Commentary wider Um diesen nicht noch weiter auszudehnen, werden dort, wo die Vielzahl der vom Wiener Manuskript (V) weggelassenen oder falsch gesetzten Punkte und Bindungen von einer oder beiden Sing-Akademie-Quellen (SA1 und 2) überliefert wird, diese stillschweigend hinzugefügt oder verschoben; ähnlich wurde mit falschen Tonhöhen verfahren Andererseits werden erhebliche Unterschiede zu unserem Text in SA (mit Ausnahme späterer Varianten) angemerkt, da SA in der Regel viel zuverlässiger ist Fehler, die nur in SA2 gefunden wurden, werden nicht vermerkt Wird keine Quelle angegeben, gilt der Kommentar für alle drei Davon gibt es eine erschreckend hohe Anzahl, aber man muss sich erstens vergegenwärtigen, dass keine der Kopien von bester Qualität ist, zweitens, dass alle besonders frei in Bezug auf Vorzeichen sind, und schließlich, dass das verlorene Autograph aus einer Zeit stammt, in der der junge Komponist vielleicht in der Niederschrift noch nicht sonderlich geübt war Es ist einfacher, als man denkt, beim Schreiben von Musik größere Fehler zu machen, wie ich es oft
zu meiner Schande erfahren habe Selbst Frobergers autographe Präsentationsexemplare für Kaiser Ferdinand sind nicht ganz fehlerfrei
Zwei weitere Suiten (g-moll Nr 2 und F-dur Nr 5) haben weniger genaue Sekundärquellen (letztere in der gleichen Sammlung wie Nr 1 (Wien 1733)) Sie steuern zur Edition so gut wie nichts bei, da die Hauptquellen Autographe sind In diesen Suiten ist die Applicatur voll entwickelt (und in unserer Ausgabe berücksichtigt), jedoch fehlen noch die letzten Verfeinerungen von zusätzlichen Bindebögen und dem gebundenen Triller Beide sollten eingesetzt werden, wo sie als angemessen erachtet werden
Verzierungen
Dies sollte eigentlich der letzte Abschnitt eines Kapitels „Aufführungspraxis“ sein Verzierungen sind eben nur die letzte, delikateste Sache, die das Spiel betrifft, und der meist mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, als sie verdient Aber die bedeutenderen Fragen zu Tempo, Metrum und Artikulation sind so komplex, dass ich sie hier nicht in der gebotenen Ausführlichkeit behandeln kann Ich möchte nur einige Worte über diesen speziellen
Aspekt der Musik dieser lange zurückliegenden Epoche verlieren
Jeder Interpret und jede Interpretin muss sich damit auseinandersetzen, da dies die tatsächlich zu spielenden Noten betrifft
Muffats Verzierungstabelle aus den Componimenti – siehe das Faksimile auf Seite X – ist eine der vollständigsten und detailliertesten, die jemals zusammengestellt wurden, und lässt wenige Fragen zur Interpretation der zahlreichen Zeichen offen
Die Tabelle beinhaltet einige interessante Neuerungen, wie z B. , ein eindeutiges Zeichen für den Pralltriller, oft fälschlicherweise „umgekehrter Mordent“ genannt, das sich leider nie allgemein durchgesetzt hat Es wurde in der vorliegenden Ausgabe beibehalten wie auch das Zeichen für einen Triller von der oberen Sekunde ohne Nachschlag , um so die niemals ganz aufgelöste Mehrdeutigkeit der Zeichen t und N zu vermeiden Es gibt viele Stellen, wo Muffat einen „normalen“ Triller von der oberen Sekunde notierte, aber wohl an einen angebundenen Triller dachte (in einer stufenweise absteigenden Bewegung zu einem schwachen Taktteil) Diese habe ich nicht „verbessert“ Drei Verzierungszeichen, die bei Muffat stark von den üblichen abweichen – der Schleiffer sowie der Triller mit Zusatz von unten mit Nachschlag und ohne wurden standardisiert Diese Zeichen, so wie sie hier verwendet werden, wurden vom Herausgeber in Muffats Tabelle eingefügt
Wichtig ist die Feststellung, dass die Zahl der Schläge bei Trillern und dergleichen nicht fixiert ist; die Beispiele in der Tabelle sind rein schematisch und streben nur an, die Notenwerte „korrekt“ auszufüllen Besonders die kürzeren Triller sollten knapper
ausfallen als in der Tabelle, und der übergebundene Pralltriller sollte normalerweise auf oder vor dem Schlag gespielt werden
Die Überbindung ist nur die eingeführte und legitimierte Ausnahme zum damals vorherrschenden französischen Triller, der der Regel nach von der Obersekunde und auf dem Schlag auszuführen war. Die Erklärung in der Tabelle findet nur Anwendung bei längeren Trillern, vor allem bei Kadenzen Muffat schreibt Nachschläge bei längeren Trillern oft als 32stel mit eigenem Bogen, aber aus seiner (und anderen) Tabellen geht klar hervor, dass der Nachschlag in den Triller voll integriert werden soll Die Grundregeln aus der französischen Musik, wie sie sich Ende des 17 Jahrhunderts etablierten, sind hier deutlich erkennbar: Verzierungen auf dem Schlag, Triller von oben Aus den Erläuterungen zu den Vorschlägen ist jedoch ersichtlich, dass Muffat sie gerne länger hätte, eher nach italienischer Art Er ist einer der ersten, der versucht hat, die Länge der Vorschläge exakt wiederzugeben, statt sie generell als kleine Achtelnoten zu notieren und so die Interpreten zu zwingen, sich auf die zahllosen Regeln deutscher Traktate späterer Jahre zu verlassen Der kleine schräge Strich, der so wie die Kleinstichnote den halben Wert der Hauptnote einnimmt, scheint mir gelegentlich eine kürzere, eher französische Ausführung zu erfordern Es ist sonst nicht nachvollziehbar, warum Muffat zwei grundverschiedene Notationsweisen anwendet, von denen eine metrisch neutral ist Aber dieser ganze Komplex wird, wie bereits Theoretiker des 18 Jahrhunderts bemerkten, nie abschließend geklärt werden können und hinterlässt ein gewisses Maß an individueller Gestaltungsfreiheit
Gelegentlich schreibt Muffat (oder sein Kopist) einen Vorschlag, der eigentlich zu lang ist Solche habe ich gekürzt und im Critical Commentary vermerkt Sein System für Akzidentien bei Verzierungen wird in diesen Handschriften oft fehlerhaft angewendet und wurde in der Ausgabe modernisiert
Das doppelte Arpeggio-Zeichen bei Akkorden über beide Systeme erscheint nicht in Muffats Tabelle Es könnte verschiedene Bedeutungen haben: aufwärts oder abwärts, einfach oder doppelt oder auch nur ein einfaches Arpeggio für beide Hände
Wer sich tiefer in diese komplizierte Materie einarbeiten möchte, wird keinen Mangel an Lektüre haben, sei es aus Muffats Periode (mit Vorsicht empfohlen) oder auch aus heutiger Zeit (nicht unbedingt empfohlen)
Abschließend möchte ich dem Verlag und besonders meiner umsichtigen Lektorin Solvej Donadel für die unschätzbare Hilfe danken
Würzburg, Herbst 2019
Glen Wilson
Preface
In the year 2001 when the archive of the Berlin Sing-Akademie returned from its post-World War II exile in Kiev, the musical world was enriched with many treasures, which were made available again after decades Not least among these were 26 previously unknown suites for harpsichord by Gottlieb Muffat, the most important keyboard master active in Vienna between Johann Jacob Froberger and Joseph Haydn. Following the first volume (2018), another six of these suites appear here in print for the first time.
Gottlieb, or Theophile as these sources call him, was the son of the great Salzburg/Passau violinist, organist and theoretician Georg Muffat (1653–1704), one of the first Germans to advocate a mixture of the then widely divergent French and Italian styles; but since his father died when Gottlieb was only 14, a greater influence can be attributed to his mentor at the Viennese court, Johann Joseph Fux (around 1660–1741), whom Muffat calls “the greatest teacher in the world” Indeed Muffat, who eventually became court organist and teacher to the imperial family, carried on Fux’ high-baroque style nearly unaltered His considerable corpus of organ music expands upon the genres inherited from Frescobaldi via Froberger The harpsichord works, previously known mainly from his splendidly engraved Componimenti Musicali (ca 1740, from which Handel borrowed liberally) integrate the Italian and French dance styles as they prevailed around 1700 with the heavy ornamentation and rich textures of François Couperin and Jean-Philippe Rameau They add ballet movements, toccatas, pieces in orchestral styles, and occasional touches of Austrian folklore Muffat’s most original contribution is his experimentation with suite order and departures from the home key
There is no evidence of any compositions after 1740 Muffat must have recognized, upon the onslaught of the vapid pre-classical style that his day as a creator was over, and retired to teaching and caring for his large family His students included the future Empress Maria Theresia
Building on the work of Friedrich Wilhelm Riedel, Alison Dunlop, a young musicologist from Northern Ireland, undertook a thorough re-writing of Muffat’s biography, and catalogued the complete works The results of her brilliant and extensive research were published as The Life and Works of Gottlieb Muffat (Hollitzer Wissenschaftsverlag, Vienna, 2013) a few months after her tragic death Alison furnished me with the photographs of the manuscripts and the copy of her doctoral dissertation on which this edition is based It was to have been a collaborative effort, and in that sense, it is It is dedicated to her treasured memory
Editorial policy
The term for these pieces used by Muffat – “Part(h)ie”, a not very satisfactory “frenchification” of the Italian “Partita” – was never widely accepted The term “partita” (literally, “divided”, i e a work
in several movements) is itself problematic; it originally meant a set of variations, and was later appropriated in Germany for sets of dances, notably by Bach’s predecessor in Leipzig, Johann Kuhnau, and of course by Bach himself The latter’s works under that title now more or less monopolize the word in the public mind For all these reasons I have fallen back on the international term “suite”, which is found on old wrappers in the Sing-Akademie collection, and which in any case covers the topic
As a great polyphonist, Muffat took extraordinary care about voice-leading, even in loose music like this where voices sometimes appear out of nowhere and disappear again I have consistently followed his system of notation, where the note-stems of a single voice follow the usual rules of musical orthography, but revert to the rules of polyphony (one voice stems upwards, the other downwards) as soon as there are two on a single staff Before a new voice enters within a bar, he will usually – not always – add an anticipatory rest, but not when a voice drops out When the texture becomes more full, Muffat uses various expedients, and there are, of course, not a few errors, since many copies like these were prepared, both by the composer and professional copyists, for the Vienna market, where music printing was rare In this complicated situation, I have, for the sake of clarity, sometimes added rests or dots, and corrected errors as necessary; all such cases can be traced in the Critical Commentary I have used dotted rests (unavailable to Muffat), and suppressed multiple rests on the same beat and multiple stemming in chords; the texture is confusing enough without them The symbol for a petite reprise (an extra repeat of a short final section) and the barline with four dots associated with it have been replaced by the usual dal segno When endings numbered 1 , 2 and 3 are offered, the second is the dal segno. Sometimes Muffat offers two petites reprises. This opens up multiple options and the musicians may decide for themselves
Another interesting aspect of Muffat’s layout is the already archaic separation of the hands into upper and lower staves, part of what he calls his Applicatur This I have also followed, although it involved some awkwardness in the use of leger lines; the frequent changes of C-clefs in the original are no longer acceptable But nobody will be the wiser if the player, after trying out Muffat’s division and taking into account whatever information it entails, makes different choices in this regard
The only vexing aspect of Muffat’s musical handwriting, and especially that of “copyist X”, is the sloppiness of the slurs, which often float above a seemingly random and inconsistent selection of notes They are usually too short, as are, for example, J S Bach’s – but whether and by how much they should be lengthened is sometimes impossible to say I have often found myself torn between literalism on one hand, and interpretation according to
usual practice of the period on the other. The definitiveness of a printed slur is a terrible thing None have been added in parallel cases; I have preferred to offer my best guess on those written, and leave the rest of this issue in the hands of the intelligent players French-style time signatures and key signatures have been retained I have added some cautionary accidentals; those which are original have been noted
For the first volume of this edition, I was in the fortunate situation of having works with single sources, all of high quality The case of the A-major suite, no 1 of the present collection, is so complex as to require comment here
There are three sources, none of which are autograph Two are from the collection of the Sing-Akademie, one (SA1) dated 1717 (making this suite Muffat’s earliest datable work), the other (SA2) copied directly from it The third (V) is part of a collection of works by several composers in the hand of a copyist working for the flourishing market for keyboard music in Vienna, dated 1733, offered for sale by a Viennese dealer in 1799, and is now kept at the Austrian National Library It offers a version revised in many details, with numerous added ornaments, and one minuet shifted to a new position Unfortunately, it is extremely inaccurate, so that an editor has to fall back on the earlier sources for a reliable text On the whole, the problems presented by the Vienna manuscript can thus be easily solved The major exception concerns the ornaments
The difference in time of origin of more than 20 years between the SA sources and the V source allows us to observe a transformation in Muffat’s use of signs The SA sources use a far more limited repertoire; that for the trill t in particular, covers variants which Muffat later distinguished in greater detail than any other composer The Vienna copyist, on the other hand, while having the revised version to hand, clearly did not quite understand some of the new signs which Muffat must already have been using by 1733, and the scribe’s model seems to have kept many of the old t signs In any case, this category of ornament is extremely confused here, with nonexistent signs, new signs in impossible places, and occasionally, even the new sign for a turned trill in spots where it is plausible Rather than trying to guess what is correct and what the nonsense should actually represent, I have reduced all trill ornaments to , Muffat’s sign for a simple trill from the upper note, on the beat, and leave it to the performer to decide what works best The absence from all sources of his very useful sign for a Pralltriller or Schneller is notable; this must have been one of Muffat’s last innovations, but is indispensable in many places
Another problem involves Muffat’s Applicatur In 1717 he had not yet embarked on this laudable but superannuated mission, and the notation is strictly based on convenience The lost model for the 1733 collection, on the other hand, is clearly in a state of experimentation and transition Therefore, wherever the hands
come close together, and in the area around c1, I have left the beaming, the direction of stems, and the distribution between staves exactly as in the later source, so as not to veil any hidden message, which might be contained there The relative antiquity of all three sources is shown by the use of a flat instead of the natural sign, the complete absence of slurs and, with one exception, petites reprises
The combined musical text offered here is reflected in the long Critical Commentary In order not to distend it even further, where the multitude of dots and ties omitted or misplaced by the Vienna manuscript (V) is supplied by one or both Sing-Akademie sources (SA1 and 2), these are silently added or shifted; similarly with incorrect pitches On the other hand, substantial differences from our text found in SA (except for later variants) are noted, since SA is usually far more reliable Errors found only in SA2 are not noted If no source is mentioned, the remark applies to all three There are a shocking number of these, but it must be remembered in the first place that none of the copies are of the first quality; secondly, that all are particularly cavalier in the matter of accidentals; and finally, that the lost autograph was from a time when the youthful composer may not have quite gotten his hand in It is easier than one may think to make major mistakes when writing out music, as I have often found to my shame Even Froberger’s autograph presentation copies for the Emperor Ferdinand are not entirely free of error
Two other suites (in G minor no 2 and in F major no 5) have less than accurate secondary sources (the latter in the same collection as no 1 (Vienna, 1733)), but – the primary sources both being autographs –, they contribute next to nothing In these suites the Applicatur is fully developed (and respected in our edition), but the final refinements of added slurs and the tied trill sign are still lacking Both should be employed where appropriate
Ornamentation
This ought to be the final section of a heading called “performance”. Ornaments are just that – the last, delicate matter to concern composer and player, usually accorded more attention than they deserve But the larger issues of tempo, timing, articulation and so on are so controversial that I will sidestep them here and say only a few words about that aspect of the music of this distant period which must be confronted, since it concerns the actual notes to be played
Muffat’s ornament table from the Componimenti, included here in facsimile (p X), is one of the clearest and most exact ever assembled, and leaves little to be said about how to resolve the many signs It contains interesting innovations; one in particular , a clear sign for a tied trill (Pralltriller), often falsely called an “inverted mordent”, unfortunately never caught on It has been retained here, as has his sign for a trill from the upper auxiliary without a turned ending , in order to avoid the ambiguity which was never entirely eliminated with the signs t and N There are many places where I think Muffat meant a tied trill (descending
stepwise motion to a weak beat) where he has notated a “normal” one , but I have not second-guessed him
Three signs which are very different from the usual – the slide (Schleiffer) and the ascending trill with and without a turned ending – have been standardized The signs as they are used here have been inserted into Muffat’s table by the editor
It is very important to note that the number of repercussions in trills and similar ornaments is not fixed; the examples given in the table are schematic, in that they strive to fill out the given note-values “correctly” The shorter trills especially should very often be more brief than in the table, and the tied trill should usually be performed on or before the next beat; the tie-over is only a traditionalized, legalistic exception to the then-prevailing French trill, which was assumed to start from the upper auxiliary, on the beat; the explanation shown in the table only applies to longer trills, particularly at cadences Muffat often writes out the turned endings of trills on longer notes as thirty-second notes with a separate slur; but it is clear from his table, and from many others, that the ending is to be integrated into the trill
Basic French rules, as they solidified in the last decades of the 17th century, clearly apply here: ornaments on the beat, trills from the upper auxiliary By contrast, from the explanations of appoggiaturas one can see that Muffat liked them long, in a more Italian style. He is one of the first to try to express lengths exactly, instead of notating them all as small eighth notes and forcing the performer to rely on endless rules for their interpretation, such as
were assembled in German textbooks a few years later The little slanted line which is given the same values (half of the main note) in the table as the small-note variety often seems to me to require a shorter performance, in the French style. It is difficult otherwise to understand why Muffat used two completely different ways of writing appoggiaturas, one of which is metrically neutral; but this question, which in any case involves a measure of freedom and individual taste, can never be fully resolved, as writers of the time often remarked
Sometimes Muffat (or his copyist) writes an appoggiatura that covers more time than the situation allows; I have shortened these and noted each case His system for accidentals in ornaments is largely neglected in these manuscripts, and has been modernized here The double arpeggio sign between long chords in both hands is not included in Muffat’s table; it could mean upwards and downwards, once or twice, or simply a normal arpeggio through both hands
Any reader wishing to delve more deeply into this vast subject will find no lack of literature, both of the period (recommended, with caution) and modern (not necessarily recommended)
Finally, I owe immense thanks to Breitkopf & Härtel, and especially to my eagle-eyed editor Solvej Donadel for her invaluable assistance
Würzburg, Fall 2019
Glen Wilson
Verzierungstabelle aus den Componimenti Musicali (ca 1740)
Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek,
Leseprobe Sample page
Leseprobe Sample page
Leseprobe Sample page
Leseprobe
Leseprobe
Leseprobe Sample
Air en Menuet
Leseprobe
Leseprobe Sample page
This is an excerpt. Not all pages are displayed. Have we sparked your interest? We gladly accept orders via music and book stores or through our webshop at www.breitkopf.com. Dies ist eine Leseprobe.
Nicht alle Seiten werden angezeigt. Haben wir Ihr Interesse geweckt?
Bestellungen nehmen wir gern über den Musikalien- und Buchhandel oder unseren Webshop unter www.breitkopf.com entgegen.