Sibelius
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SYMPHONIE NR. 4
SYMPHONY NO. 4
Studienpartitur Study Score
Jean Sibeliu S
1865–1957
Symphonie n r. 4
Symphony n o. 4
op. 63
herausgegeben von | edited by Tuija Wicklund
Urtext der Gesamtausgabe Jean Sibelius Werke
Urtext from the Complete Edition Jean Sibelius Works
Studienpartitur | Study Score
Partitur-Bibliothek 5695
Vorwort
Im Herbst 1909 besuchte Sibelius, begleitet von seinem Schwager, dem Maler Eero Järnefelt, Koli, den bekannten Berg in Nordkarelien. Nach seiner Rückkehr schrieb Sibelius ins Tagebuch: „Auf dem Koli! Einer der stärksten Eindrücke meines Lebens. Pläne [für] ,La Montagne‘!“ Offenbar lassen sich zumindest einige musikalische Gedanken tatsächlich auf die auf dem Koli empfangenen Eindrücke zurückführen – dies lässt sich einem Brief des mit Sibelius befreundeten Axel Carpelan entnehmen: „Ja, ich habe viel über die Symphonie nachgedacht – was Du mir aus ,Das Gebirge‘ und ,Wanderers Gedanken‘ vorgespielt hast, war mit Sicherheit das Gewaltigste, was ich je von Dir gehört habe.“1
Im Sommer 1910 verbrachte Sibelius eine Woche allein auf einer Insel an der finnischen Südküste, um sich für einen guten Anfang mit der Symphonie zurückzuziehen. Seine häufig zitierte Beobachtung „Gib das Pathos im Leben nicht auf!“ geht auf diese Empfindungen zurück, wie er Carpelan erklärte: „Ich arbeite an meiner neuen Symphonie und ich habe hier und da wirklich erfreuliche Augenblicke. Manchmal etwas so Sublimes, woran ich nie zuvor Anteil hatte. […] Nur die Symphonie lebt in mir. Es ist so wundervoll, mich ihr so vollkommen zuwenden zu können!“2
Den ganzen August über arbeitete Sibelius am ersten Satz. Der Durchführungsabschnitt bereitete ihm die größte Mühe, und er strich ihn insgesamt zweimal durch. Dabei gab er sich selbst den Rat: „Mehr Schönheit und wirkliche Musik! Keine Kombinationen und dynamischen Crescendi mit stereotypen Figuren – ‚Neue Geschwindigkeit!‘“ Ende August war der Satz fertig; danach wird er im Tagebuch auch nicht mehr erwähnt. Der zweite Satz schien ganz glatt zu gelingen: „II spukt in meinem Hirn. Als Plan fertig. [Ich] beginne den dritten.“3 Satz II wird im Tagebuch nicht mehr erwähnt. Obwohl Sibelius mit dem dritten Satz begann, nahm dieser jedoch nicht wirklich Form an, und fünf Tage später wandte er sich dem vierten Satz zu.
Im Oktober dirigierte Sibelius ein Konzert in Oslo, bei dem er gehofft hatte, die Vierte zu präsentieren. Er liefert ein interessantes Detail zur geplanten Instrumentierung: er brauche keine Bassklarinette, weil die Vierte noch nicht fertig sei. Nach seiner Rückkehr setzte Sibelius die Arbeit an Satz III fort: „Erfreute mich an der Fülle. Die Stille! Die Zeit gefriert! Arbeitend und schmiedend!“ Er arbeitete jedoch auch am vierten Satz.4
Im Mai bereits hatte die Sopranistin Aino Ackté Sibelius kontaktiert und ihm vorgeschlagen, im kommenden Herbst mit ihr ein großes Orchesterkonzert in Berlin zu geben. Sibelius nahm das Angebot an und antwortete im Juli: „Da alle meine alten Kompositionen oft in Deutschland aufgeführt wurden (meine Symphonien mehrfach in Berlin), müssen sowohl die Symphonie als auch natürlich die Komposition für Sie neu sein.“5 Er regte an, das Konzert im Februar 1911 durchzuführen, um mehr Zeit zu bekommen, die neuen Werke abzuschließen. Ackté kontaktierte den Münchner Konzertagenten Emil Gutmann und begann mit der Vorbereitung einer Tournee.
Edgar Allan Poes Gedicht The Raven wird namentlich erst erwähnt, nachdem sich Sibelius und Ackté im November getroffen hatten. Sibelius begann mit der Vertonung des Gedichts in der schwedischen Übersetzung (Korpen). Er konzentrierte sich darauf etwa einen Monat lang, obwohl er auch an der Symphonie arbeitete. Er war begeistert: „[Ich] habe ,Korpen‘ geschmiedet. Alle Ideen in flüssiger Form. Wundervoller Tag.“ Aber er hatte auch Bedenken: „Habe meine Zweifel, was ,Korpen‘ angeht. Die Art, wie ich damit arbeite. Insgesamt.“ Er berichtete Carpelan: „Ich denke, dass es gut wird.“ Und er fügte hinzu: „[...] der Unterton bei allem, was ich tue, liegt im Geist der IV. Symphonie.“ Nachdem er ungefähr eine Woche gearbeitet hatte, schrieb Sibelius: „[Ich] empfinde im Moment ,Korpen‘ als zu dunkel und schwer für mich.“ Seine Stimmung könnte durch seine Sorge um die Gesundheit seiner Frau Aino getrübt gewesen sein. Ihr Rheuma hatte sich derart verschlechtert, dass sie für mehrere Wochen ins Krankenhaus musste. Sibelius kaufte sich deutsche Übertragungen von The Raven 6 Das Gedicht umfasst im Original 18 Strophen, aber Sibelius’ Anmerkungen lassen erkennen, dass er die ursprünglichen Strophen 9, 10
und 13 übersprang. Er setzte die Arbeit am dritten Satz der Symphonie fort, war aber „die ganze Zeit schwebend zwischen ‚Sinfonie‘ und ,Korpen‘. – Letzterer muss bald Gestalt annehmen.“ Er war nicht ganz zufrieden: „Zweifel, den Text betreffend. ‚Worte‘ sind in meiner Kunst immer eine Belastung.“ Bald danach gingen die Dinge eher reibungslos voran: „Neues Tempo bei ‚Korpen‘. Habe das alte ausgestrichen, weil es zu sehr ‚auf moderne Art unbedeutend‘ war. Meine Begeisterung gegenüber diesem Stück [ist] enorm. – Wunder volle Stimmungen. Als würde die Zeit stillstehen und der Himmel mit Vorzeichen und Monden geheimnisvoll sein. Kastagnetten und Triangel!“7
Sibelius schien zuversichtlich zu sein, und er versicherte Ackté, dass sich alles ergeben würde. Er plante das Programm für das Konzert in München, merkte aber an: „Es ist ein Jammer, dass die 4. Sinfonie keine Zeit hat, um in Ruhe zu reifen.“ Am nächsten Tag ließ er in einer Nachricht an Ackté eine Bombe platzen: „[Ich] bin verhindert, an der Tournee teilzunehmen.“ Er konstatierte: „[Ich] habe wieder meine Schiffe verbrannt. [Ich] habe mit Gutmanns Reklame und mit Aino Ackté gebrochen. Aber [ich werde] die Konsequenzen tragen! – Habe ,Korpen‘ gegenwärtig verlassen. Einen Monat weggeworfen! [Mein] Herz weint.“ Ackté erwiderte geschockt und wütend: „Ich bin es nicht gewohnt, dass man sich über mich lustig macht, ganz zu schweigen davon, in einem lakonischen Telegramm entlassen zu werden. Es wäre ehrlicher gewesen, wenn Sie mir gleich gesagt hätten, dass Ihnen Sibelius-Konzerte im Ausland nicht zusagen.“ Sibelius erklärte sich gegenüber Carpelan: „Habe Diva Ackté ihrem Reklame-Schicksal überlassen. ,Korpen‘ muss köcheln. Die IV. Symphonie strahlt mächtig in Sonnenschein und Kraft. […] Meine Kunst unterscheidet sich grundlegend von den ‚Konzertwaren‘, die sich ,verkaufen‘. Wenn ich ein Konzert gebe, dann können Divas nicht das Hauptinteresse auf sich ziehen, vielmehr muss meine symphonische Kunst triumphieren.“8
Rosa Newmarch, eine Freundin von Sibelius in England, schrieb ihm, weil sie zweifelte, ob es klug war, die Tournee abzusagen. Sibelius stellte klar: „[...] dass ich nicht anderes handeln konnte. Die Sache nahm eine ganz andere Richtung als wie im Anfang mir vorgestellt wurden. Vor allem die Reclamen. Da die Reclame detailliert und genau beschreibt wie die Composition ist, in welcher Richtung u.s.w. sie geht, ohne das Werk fertig ist – wurde mir das ganze Componieren unmöglich. Dazu kam noch dass mann mich presentieren wollten als einen ganz unbekan[n]ten Componisten – in München!“9
Das Korpen-Projekt wirft die Frage auf, ob Sibelius das für Korpen skizzierte Material benutzte, um die Symphonie zu vollenden. Erik Tawaststjerna weist auf Ähnlichkeiten zwischen einer Skizze zu Korpen und dem Hornthema im Finale hin (T. 159–167). Tatsächlich erscheint das Thema auf zwei früheren Skizzenseiten (HUL 0472, 0253), deren Ideen dann im Violinkonzert (1904) und in der 3. Symphonie (1907) auftauchen. Darüber hinaus enthält das Heft mit den Skizzen zu Korpen (HUL 0320) auch einige Gedanken, die sich im dritten Satz der Vierten finden. Mit Blick auf die wenigen vorhandenen Skizzen ist es unmöglich festzustellen, ob Sibelius die musikalischen Gedanken zunächst für Korpen oder für die Symphonie verwendet hat.
Nach der Aufgabe von Korpen kehrte Sibelius zur Vierten zurück: „[Ich] spüre die Richtung, die Satz III der Symphonie nehmen wird. Alles ist noch im Chaos und bedarf der Konzentration.“ Im Januar arbeitete er noch am dritten Satz und verschob das Konzert auf Ende März. Obwohl die Zeit knapp war, begab sich Sibelius auf eine Tournee mit sechs Konzerten in Schweden und Lettland. Carpelan vertraute er an: „Ich will diese Konzertdusche richtig genießen, bevor ich die Symphonie abschließe.“10
Nach der Tournee vollendete Sibelius den dritten Satz und kehrte zu Satz IV zurück. Er konzentrierte sich für ein paar Tage auf das zweite Thema und danach auf den Schluss. Mitte März notierte er: „Habe die Skizze zu Satz IV gestrichen – die Anlage. Aber [ich] glaube, dass ich dem Ziel näher bin. Eine schwache, ganz schwache Hoffnung, dass ich die Symphonie für das Konzert fertigstellen kann.“ Sibelius „kämpfte mit Gott!“ und war voller Zweifel: „Gearbeitet! Schaffe ich es rechtzeitig? Und bin ich in der Lage, meine Idee zur Instrumentation zu verwirklichen?“ Die letzten Tage vor der Uraufführung waren hektisch: „Mit der Symphonie ums Überleben gekämpft. Trage männlich dieses ,Kompositionskreuz‘!“ Am Tag vor der Uraufführung schrieb er: „Die Symphonie ,fertig‘. Iacta alea est! Muss! Es fordert eine Menge Männlichkeit, um dem Leben ins Gesicht zu schauen.“11
Die Uraufführung fand am 3. April 1911 in der Universität Helsinki statt; Sibelius leitete das Orchester der Philharmonischen Gesellschaft Helsinki. Die Kritiken konzentrierten sich auf die anderen Werke des Programms, und die Vierte wurde nach dem zweiten Konzert eingehender besprochen. Die meisten Kritiker waren sich einig in ihrer Sichtweise, dass dies das Werk sei, das in Sibelius’ Œuvre am schwierigsten zu verstehen sei und einen neuen Stil vorstelle, und dass es unter kontrapunktischer und harmonischer Perspektive neu und kühn sei.
Carpelan erörterte den Stil der Symphonie: „Insgesamt gesehen ist die Symphonie ein Protest gegen den musikalischen Stil, der im eigentlichen Heimatland der Symphonie, in Deutschland, vorherrscht, wo die Instrumentalmusik zu einer Klangkunstform degeneriert, von der sich das Leben verabschiedet hat, zu einer Art musikalischer Ingenieurskunst, die ihre innere Leere durch einen aufwändigen mechanischen Apparat zu verdecken versucht. Es ist zu erwarten, dass eine korrumpierte Kritik ein Werk wie die 4. Symphonie ‚zu Tode kritisiert‘ – ein Werk, in dem Geist und Natur in einer wunderbaren Art zusammengekommen sind, um eine Einheit zu schaffen, wie sie nie zuvor gehört worden ist.“12 Der Kritiker Evert Katila teilte Carpelans Gedanken und schloss daraus: „Aber obwohl der Komponist allen äußerlichen Glanz abgeworfen hat, ist sein Werk nicht rückwärtsgewandt, im Gegenteil. Es ist das Neueste der neuen Musik, bislang das kühnste in kontrapunktischer und harmonischer Hinsicht. Wenn man es zum ersten Mal hört, scheint es schwer verständlich zu sein – einfach wegen des Reichtums der Dissonanzen und der Radikalität der harmonischen Struktur, aber wenn man es besser kennenlernt, spürt man die außergewöhnliche Technik und strenge Logik dahinter, die beim ersten Hören noch dunkel schien.“13 Dennoch empfand Sibelius, dass sein Werk nicht geschätzt oder verstanden wurde. Andersson erwähnte, dass das Auditorium das Werk „auf eine irgendwie zurückhaltende Art“ aufgenommen und nach dem Konzert „sprachlos herumgestanden“ habe. Aino erinnerte sich später an die Rezeption: „Hinterhältige Blicke, Kopfschütteln, verlegen oder versteckt ironisches Lächeln. Zur Gratulation kamen nicht viele ins Künstlerfoyer.“14
Die programmatischen Schilderungen zu dem Werk waren für Sibelius’ Verzweiflung und die heute noch irritierten Exegeten verantwortlich. Nach der zweiten Aufführung verkündete der Kritiker Bis ein Programm für die Symphonie: „Der erste Satz beschreibt den Berg Koli und Eindrücke von ihm. Im zweiten Satz befindet sich der Komponist auf dem Berg. Er blickt auf den See Pielisjärvi ihm zu Füßen. Die Sonne liegt golden über dem See, dessen glitzernde Wellen spielerisch ihr lebensspendendes Licht reflektieren. Der dritte Satz beschreibt das wundervolle Panorama bei Mondlicht, ein ausgezeichnetes Bild mit poetischen Farbtönen. Das Finale schildert die Rückkehr. Eine Passage ist besonders bemerkenswert. Wo der Komponist wandert, scheint die Sonne, aber ein Schneesturm nähert sich wirbelnd von Nordosten, vom Weißen Meer. Er erreicht uns nicht ganz, aber der Kontrast zwischen dem Sonnenschein im Vordergrund und der Bedrohung durch einen gewaltigen Schneesturm dahinter ist wirkungsvoll.“ Als Reaktion druckte die Zeitung am folgenden Tag Sibelius’ Bemerkung ab, dass das Programm nicht zuträfe und mit einer topografischen Erläuterung zu diesem Thema zu tun habe, die er einigen guten Freunden am 1. April gegeben hatte. Bis’ Replik folgte: „Ein sehr enger Freund von Sibelius und mir kam auf mich zu und bewertete genau die Inhalte der Symphonie als authentisch.“15
Die Angelegenheit war Sibelius unangenehm, der offenbar den Sachverhalt mit Carpelan diskutierte. Zwei Wochen später schrieb Carpelan, dass, obwohl man geneigt sei anzunehmen, dass sie Züge eines Landschaftsgemäldes trage, dies nicht der Fall sei. „Obwohl hin und wieder fremde Naturklänge und -stimmungen aus dem Orchester hervortreten, wirkt die Symphonie, man ist versucht zu sagen, eher erdfern, ‚weltentrückt‘ oder nicht belebt. […] alles ist in die Innenwelt absorbiert, es vermittelt nichts als Keuschheit und ätherischen Ausdruck.“16
Sibelius und Breitkopf & Härtel kamen überein, die Symphonie zu veröffentlichen, und Sibelius entschloss sich, das Werk zu revidieren: „Ich betone bestimmte Dinge stärker als in der ursprünglichen Form.“
Mitte Mai stellte er fest: „[Ich] denke, dass diese Abschlussrevision der Symphonie ihre definitive Kontur gibt, die für allezeit gültig ist.“17 Die meisten Änderungen betrafen Orchestrierung, Dynamik und Artikulation,
was aber an manchen Stellen recht einschneidend war. Der erste Satz wurde nur leicht revidiert, die anderen Sätze etwas mehr, die Sätze II und IV wurden erweitert. Der Veröffentlichungsprozess war ziemlich zügig. Ende Februar 1912 schickte man Sibelius die gedruckte Partitur und die Stimmen.
Im Oktober 1912 schickte Sibelius ein kleines Korrekturblatt mit elf Änderungen an Breitkopf, wo man versprach, die Änderungen in der Partitur per Hand auszuführen und zusätzlich ein kleines Korrekturblatt anzufertigen, das auch die Korrekturen für die Stimmen beinhalten sollte.18
Die erste Aufführung der revidierten Fassung fand am 29. März 1912 statt durch das Orchester der Philharmonischen Gesellschaft Helsinki unter der Leitung von Sibelius. Obwohl das Werk überarbeitet worden war, wurde weder die Revision noch ihre Auswirkung erwähnt. Vielmehr wiederholten einige Kritiker, was Otto Kotilainen in Worte gefasst hatte: „[...] die Symphonie mehrere Male zu hören, klärt den befremdlich problematischen Eindruck, den sie im Konzert vor ungefähr einem Jahr beim ersten Mal hinterlassen hat.“19 Ansonsten nannte der Kritiker mit dem Pseudonym Bis immer noch Koli (am 30. März), aber die anderen erwähnten keine Natureinflüsse. Häufig wurde auch die reiche Instrumentierung hervorgehoben. Die Kritiken neigten dazu, Mutmaßungen über die psychologische Tiefe der Symphonie und ihre Form anzustellen. Leo Funtek gab die eingehendste Beschreibung: „Es gibt wohl kaum ein anderes Werk in der gesamten symphonischen Literatur, das so mit eiserner Konstanz von der Seele spricht, ohne äußerliche Effekte in Betracht zu ziehen; was man eine ,psychologische Symphonie‘ nennen könnte – so die Bezeichnung des Komponisten selbst. […] der poetische und psychologische Gehalt der Symphonie hat einerseits nichts von seiner Freiheit und ihr innewohnenden Logik verloren, andererseits sind die äußeren Formen klassisch klar geworden; die höchste individuelle Freiheit und Formstrenge haben zu einem organischen Ganzen gefunden; die unmittelbare Sprache der lebendigen Seele haben der Form Leben eingehaucht; und wieder ist das Individuelle durch die Vollendung der Form allgemeingültig geworden.“20
Ende 1912 und Anfang 1913 sind durch eine Fülle an Aufführungen der Vierten im Ausland gekennzeichnet. Die ersten beiden Aufführungen, in Birmingham und in Kopenhagen, dirigierte Sibelius selbst. Die Kritiken behandelten viele der gleichen Themen wie die in Finnland publizierten Berichte, und die Reaktion des Publikums scheint ganz ähnlich gewesen zu sein. Die Presse in Birmingham brachte einige herbe Kommentare heraus, wie „der Eindruck war der einer extremen Unklarheit und beträchtlichen Mangels an Charme“ und „die Musik hinterließ nicht das brennende Verlangen, sie noch einmal zu hören“.21 Ergänzend dazu der Kritiker in Kopenhagen: „Er [Sibelius] bewegt sich bevorzugt in der Peripherie, wo die Musik fast aufhört, Musik zu sein. […] Er ist im Kern dünn, wenn es um die Fähigkeit geht, den Stoff zusammenzuhalten, ums Ausarbeiten, Hämmern und Meißeln, so dass alles klar und stabil ist.“ Trotz der komplexen Natur der Musik beschrieb der Kritiker sie jedoch als unstrittig: „Wo er [Sibelius] unbekannte Pfade auskundschaftet, findet er immer etwas, das die Seele im höchsten Maß ergreift. In der Symphonie gibt es Klänge von seltener Schönheit, Stimmungen, die so tiefempfunden klingen, das sie sogar das Unterbewusste zu berühren scheinen.“22 Auch schrieb der britische Kritiker zum Schluss: „Sibelius’ Symphonie hat uns gezeigt, dass wir ihn als wesentlich wichtigeren Faktor in moderner Musik betrachten müssen, als uns dies Kompositionen wie Finlandia und En saga nahegelegt hatten.“23
Darüber hinaus gab es die Absicht, die 4. Symphonie im Dezember 1912 in Wien aufzuführen, aber zwei Tage zuvor tauchte das Werk nicht mehr im Programm auf. Laut Der Märker war der genannte Grund – das Glockenspiel sei nicht verfügbar – vorgeschoben; tatsächlich hätte sich das Orchester geweigert, das Stück zu spielen.24 Die nächste Aufführung sollte im Januar 1913 in Berlin stattfinden. Als es Anfang Februar keine Nachrichten über die Aufführung gab, befürchtete Sibelius, dass in Berlin dasselbe wie in Wien passiert sei. Ende März hörte Sibelius, dass die Vierte unerwartet in Amsterdam aufgeführt worden war, wo der Kritiker in Algemeen Handelsblad einige Vorbehalte hatte, das Werk aber dennoch schätzte.
Die Turbulenzen, die die Aufführungen der Vierten umgaben, setzten sich im Februar 1913 in Göteborg fort. Die erste Aufführung fand in einem Abonnementskonzert statt, in dem der zurückhaltende, vorsichtige Applaus durch vernehmbares Zischen gestoppt wurde. Die zweite Aufführung war ein reguläres
Konzert, bei dem das Publikum die Vierte warmherzig aufnahm. Die Erstaufführung in den USA fand am 2. März 1913 statt, als Walter Damrosch das Werk in New York dirigierte. Folgt man der Sun, wandte sich Damrosch vor der Aufführung an das Publikum und sagte, auch selbst wenn niemand die Komposition noch einmal hören wolle, so sei es doch die Pflicht des Dirigenten, das neueste Werk eines berühmten Meisters zumindest einmal zu Gehör zu bringen.25 Wieder war die Aufnahme gespalten und ganz ähnlich wie anderswo auch. Anerkennung und Verständnis für die Vierte entwickelten sich über die Jahre hinweg, und heute genießt das Werk höchste Wertschätzung in Finnland und darüber hinaus.
Die vorliegende Partitur übernimmt den Notentext aus Complete Edition of Jean Sibelius Works. 26 Umfangreiche Anmerkungen zur Textgestaltung und Quellenlage, zur Entstehung und Publikation finden sich in der Einleitung und im Critical Commentary [Kritischen Bericht] der Gesamtausgabe. Die wichtigsten Informationen zu Quellen und Lesarten sind in den Bemerkungen der Dirigierpartitur PB 5694 dokumentiert.
Helsinki, Frühjahr 2020
Tuija Wicklund(Übersetzung: Frank Reinisch)
1 Tagebuch, 3. Oktober 1909. Sibelius’ Tagebuch im Nationalarchiv Finnland, Sibelius-Familien-Archiv [= NA, SFA], Kästen 37 und 38. Carpelan an Sibelius am 27. Dezember 1909 (die Briefe von Carpelan an Sibelius sind aufbewahrt in NA, SFA, Kasten 18).
2 Tagebuch, 12. August 1910. Sibelius an Carpelan am 16. August 1910 (die Briefe von Sibelius an Carpelan sind verwahrt in NA, SFA, Kasten 120).
3 Tagebuch, 17. und 30. August 1910.
4 Sibelius an Iver Holter am 26. August 1910 (Finnische Nationalbibliothek [= NL], Coll. 206.62.1). Tagebuch, 4. November 1910.
5 Sibelius an Ackté am 22. Juli 1910 (NL, Coll. 4.13).
6 Viktor Rydbergs schwedische Übersetzung ist in seiner Gedichtsammlung Dikter. Första samlingen (Stockholm 1899) enthalten. Tagebuch, 11. und 12. November 1910. Sibelius an Carpelan am 13. November 1910. Tagebuch, 17. November 1910. Die Rechnung einer Buchhandlung vom 18. November 1910 zeigt, dass Sibelius zwei Exemplare der Poe-Gedichte in deutscher Fassung gekauft hat (NA, SFA, Kasten 3). Die Fassung, welche Sibelius’ Einzeichnungen enthält (München, Leipzig 1909, S. 7–15), wurde von Theodor Etzel übersetzt.
7 Tagebuch, 2., 3. und 7. Dezember 1910.
8 Sibelius an Ackté am 11. Dezember 1910 (NL, Coll. 4.13). Tagebuch, 11. Dezember 1910. Ackté an Sibelius am 13. Dezember 1910 (NA, SFA, Kasten 16). Sibelius an Carpelan am 12. Dezember 1910.
9 Sibelius spielt auf die Ankündigungen an, die in verschiedenen europäischen Zeitungen erschienen waren. Sibelius an Newmarch am 1. Januar 1911. Zeitungsausschnitte in NA, SFA, Kasten 86.
10 Tagebuch, 18. Dezember 1910. Sibelius an Carpelan am 26. Januar 1911.
11 Tagebuch, 14., 15., 17. und 28. März sowie 2. April 1911.
12 Carpelan in Göteborgs Handels- och Sjöfartstidning vom 21. April 1911 [= Carpelan 1911]. Er nennt Richard Strauss und Gustav Mahler ebenso wie bei Otto Andersson in Tidning för musik (1910/11), Nr. 12 [15. April], S. 171–173 [= Andersson 1911], und bei E. K. [Evert Katila] in Uusi Suometar vom 11. April 1911 [= Katila 1911].
13 Andersson 1911 teilte diese Gedanken. Katila 1911. Sibelius schätzte Katilas Ansicht (Tagebuch, 11. April).
14 Andersson 1911. Viele Zeitungen berichteten jedoch wie Nya Pressen vom 4. April 1911, es seien „nach der Symphonie ein stürmischer Beifall und Bravos gefolgt“. Erik Tawaststjerna, Sibelius 3, Helsinki: Otava 1971, S. 229.
15 Bis [Karl Fredrik Wasenius] in Hufvudstadsbladet vom 7. April 1911. Hinter dem „sehr engen Freund“ wurde Eero Järnefelt vermutet. Hufvudstadsbladet vom 8. April 1911.
16 Carpelan 1911.
17 Sibelius an Carpelan am 3. Mai 1911. Tagebuch, 15. Mai 1912.
18 Sibelius an Breitkopf & Härtel [= B&H] am 7. Oktober 1912. Sibelius’ Briefe an B&H befinden sich im B&H-Archiv. 1935 wurde eine Studienpartitur veröffentlicht, die auf die 1912 korrigierte Partitur zurückging. Obwohl neue Fehler aufgetaucht waren, wurden keine weiteren Korrekturen ausgeführt.
19 O. K. [Otto Kotilainen] in Helsingin Sanomat vom 30. März 1912.
20 Leo Funtek in Dagens Tidning vom 29. März 1912.
21 Anonyme Kritiker in The Observer und in Referee, jeweils vom 6. Oktober 1912.
22 A. T. [Alfred Tofft] in Berlingske Tidende vom 4. Dezember 1912.
23 Anonymer Kritiker in The Times vom 2. Oktober und vom 5. Oktober 1912.
24 Richard Specht, Anklagen, in: Der Märker, Januar 1913, S. 4.
25 Anonymer Kritiker in The Sun vom 3. März 1913.
26 Complete Edition of Jean Sibelius Works, Serie I, Orchesterwerke, Band 5, hrsg. von Tuija Wicklund, Wiesbaden 2020.
Preface
In the fall of 1909, Sibelius visited the renowned Koli hill in Northern Karelia with his brother-in-law, painter Eero Järnefelt. After returning home, Sibelius noted in his diary: “At Koli! One of the greatest impressions in my life. Plans [for] ‘La Montagne’!” It seems that at least some musical thoughts originated from the Koli impressions deduced from a letter from Sibelius’s friend Axel Carpelan: “Yes, I have thought much about the symphony – what you played to me from ‘The Mountain’ and ‘Wanderer’s thoughts’ were surely the most powerful I have heard from you.”1
In summer 1910, Sibelius spent a week alone on an island on the Southern coast of Finland and finally got off to a good start with the symphony. His often-quoted remark “Don’t give up the pathos in life!” dates from these feelings as he explained to Carpelan: “I am working on my new symphony and every now and then I have really enjoyable moments. Sometimes something so sublime, the like of which I have never before been part in. […] Only the symphony lives within me. It is so wonderful to be able to totally devote oneself!”2
Sibelius worked on the first movement throughout August. The development section gave him trouble and he deleted it twice. He advised himself: “More beauty and real music! Not combinations and dynamic crescendi, with stereotypical figures – ‘New speed!’” He finished the movement at the end of August and no more mentions of it appear in the diary. The second movement seems to have taken shape quite smoothly: “II haunts my brain. Ready as a plan. [I] begin the third.”3 The second movement is not mentioned in the diary any more. Although Sibelius began the third movement, it did not really take shape and after five days he turned to the fourth movement.
In October, Sibelius conducted a concert in Oslo, where he had hoped to present the Fourth. He gives an interesting detail concerning the planned orchestration: because the Fourth was not ready, he did not need a bass clarinet in the orchestra. After returning home Sibelius continued with the third movement: “Enjoyed to the full. The silence! Time freezes! Working and forging!” but worked on the fourth movement too.4
Soprano Aino Ackté had contacted Sibelius in May with a proposal to give a major orchestral concert in Berlin in the coming fall with her. Sibelius accepted the offer and replied in July: “Because all my old compositions are often performed in Germany (my symphonies several times in Berlin) both the symphony as well as naturally the composition for you, must be new.”5 He suggested the concert be given in February 1911 to give him enough time to finish the new works. Ackté contacted the Munich impresario Emil Gutmann and started preparing a tournee.
Edgar Allan Poe’s poem The Raven is mentioned by name only after Sibelius and Ackté met in November. Sibelius began to set the poem to music with the Swedish translation, Korpen. He concentrated on it for
about a month, although he was also working on the symphony. He was excited: “[I] have forged ‘Korpen.’ All ideas in a fluid form. Wonderful day,” but he also had reservations: “Have my doubts concerning ‘Korpen.’ The way I work with it. On the whole.” He told Carpelan: “I think it will be good,” adding “the undercurrent in everything I do is in the spirit of Symphony IV.” After working for about a week Sibelius noted: “[I] find ‘Korpen’ too dark and heavy for me now.” His mood was also affected because he was worried about his wife Aino’s health. Her rheumatism had deteriorated so that she had to stay in hospital for several weeks. Sibelius bought German translations for The Raven 6 The original poem comprises 18 stanzas, but Sibelius’s markings in the text reveal that he skipped the original stanzas 9, 10, and 13. He also continued working on the third movement of the symphony, but was “[h]overing all the time between ‘symphony’ and ‘Korpen’. –The latter must soon take shape.” He was not fully satisfied: “Doubts regarding the text. ‘Words’ are always a burden in my art.” Soon things were going more smoothly: “New speed in ‘Korpen.’ Crossed out the old, as too much ‘modernly insignificant.’ My excitement concerning this piece [is] enormous. – Wonderful moods. As if time was at a standstill and the sky was mysterious with omens and moons. Castanets and triangle!”7 Sibelius seemed confident and reassured Ackté that everything would work out. He planned the program for the Munich concert but observed: “It’s a shame that Symphony IV does not have time to mature in time.” On the next day, he dropped a bombshell in a message to Ackté: “[I] am hindered from taking part on the tour.” He stated: “[I] have burnt my boats again. [I] have broken with Gutmann advertising and Aino Ackté. But [I’ll] take the consequences! – Abandoning ‘Korpen’ for the time being. Thrown away a month! [My] heart weeps.” Ackté replied shocked and angry: “I am not accustomed to being made fun of, not to mention being dismissed in a laconic telegram and it would have been more honest if you had told me right away that Sibelius concerts abroad did not appeal to you.” Sibelius explained himself to Carpelan: “Leaving Diva Ackté to her advertising-like fate. ‘Korpen’ must simmer on. Symphony IV bursts forth in sunshine and strength. […] My art is totally different from ‘concert articles’ that ‘sell.’ When I give a concert no divas can be the center of attention, but instead it is my symphonic art that will triumph.”8
Sibelius’s friend in Britain, Rosa Newmarch wrote to him, wondering whether it was wise to cancel the tour. Sibelius clarified: “there is no other way I could have acted. The affair took a direction quite unlike what had been presented to me at the outset. Above all the advertising. As the advertising described precisely and in detail what sort of a composition it is, which direction it takes etc., all without the work being finished – the whole composition work became impossible for me. Furthermore, they wanted to introduce me as a completely unknown composer – in Munich!”9
The Korpen project arises a question whether Sibelius used the material he had sketched for it to finish the symphony. Erik Tawaststjerna points out similarities between a sketch for Korpen and the horn theme in the finale (bb. 159–167). However, the theme appears in two earlier sketch pages (HUL 0472, 0253), where ideas that ended up in the Violin Concerto (1904) and the Third Symphony (1907) appear. Furthermore, the booklet containing sketches for Korpen (HUL 0320) also includes some ideas that appear in the third movement of the Fourth. In light of the few extant sketches it is impossible to verify whether Sibelius first incorporated the musical ideas into Korpen or the symphony.
After abandoning Korpen, Sibelius returned to the Fourth: “[I] have a feeling of the direction that the third movement of the Symphony will take. Everything though still in chaos and in need of concentration.” In January, he still worked on the third movement and postponed the concert until the end of March. Although time was running short, Sibelius set off on a concert tour of six concerts in Sweden and Latvia. As he confided in Carpelan: “I want to take this orchestra shower properly before I finish the symphony.”10 After the tour Sibelius finished the third movement and returned to the fourth. He focused on the second theme for a few days, and then on the ending. In mid-March he noted: “Crossed out the sketch for movement IV, the disposition. But [I] believe I’m closer to the goal. A weak, utterly weak hope to get the symphony ready for the concert.” Sibelius was “[s]truggling with God!” and full of doubts: “Worked! Will I make it in time? And be able to realize my idea concerning the instrumentation?” The last days before the premiere were
frantic: “Fighting for life with the symphony. Bear your ‘compositional cross’ with manliness!” On the day before the premiere, he wrote: “The Symphony ‘ready.’ Iacta alea est! Must! It requires a lot of manliness to look life in the face.”11
The premiere took place in the University of Helsinki on 3 April 1911, with the Helsinki Philharmonic Society Orchestra under Sibelius’s baton. The critiques concentrated on the other works of the concert, and the Fourth was reviewed in more detail after the second concert. Most critics were united in their view that it was the most difficult work to understand and represented a new style in Sibelius’s oeuvre, and that it was new and bold in its contrapuntal and harmonic perspective.
Carpelan discussed the style of the symphony: “Seen as a whole, the symphony is a protest against the musical style that is dominant in the symphony’s real homeland, Germany, where instrumental music is in the process of degenerating into a sound art form from which life has diverged, into a kind of musically engineered art that seeks to cover its inner emptiness by means of a tremendous mechanical apparatus. It is to be expected that a corrupted critique will ‘criticize to death’ a work like the Fourth Symphony, in which spirit and nature have merged in a wonderful way to create an entity of a kind that has never been heard before.”12 The critic Evert Katila shared Carpelan’s ideas, concluding: “But although the composer has thus thrown away all external splendor, his work is not backward looking, it is the opposite. It is the newest of new music, from a contrapuntal and harmonic perspective the boldest thus far. When one first hears it, it seems difficult to understand simply because of the richness of the dissonances and the radicality of the harmonic structure, but when one acquaints oneself with it more closely, one senses the extraordinary technique and strong logic behind it, which on first hearing seems so obscure.”13 Sibelius felt though that his work was not appreciated or understood. Andersson mentioned that the audience received the work “in a somewhat restrained manner” and “stood dumbfounded” after the concert. Aino reminisced on the reception later: “Shifty looks, head shakes, embarrassed or secretly ironic smiles. Not many came to the artist’s foyer to congratulate.”14
Sibelius’s despair and an issue still puzzling scholars is the programmatic depiction attached to it. After the second performance, critic Bis declared a program for the symphony: “The first movement depicts Koli Hill and the impression of it. In the second movement the composer is on the mountain. Beneath him he sees Lake Pielisjärvi. The sun sends its gold over the lake, its sparkling waves playfully reflecting its life-giving light. The third movement describes the wonderful panorama in moonlight, an excellent picture with poetic undertones. The finale depicts the return. One passage in particular is worthy of comment. Where the composer wanders the sun shines, but a whirling snow storm approaches from the North-East, from the White Sea. It does not quite reach us, but the contrast between the sun shining in the foreground and the threat of a mighty snow storm behind it is effective.” In response, the following day’s newspaper included Sibelius’s statement that the program is incorrect and has something to do with a topographical explanation he gave to a few good friends on the April Fool’s Day. Bis’s reply followed: “A very close friend of both Sibelius and me approached me and specifically referred to the contents of the symphony as authentic.”15
The matter bothered Sibelius, who obviously discussed it with Carpelan. Two weeks later Carpelan wrote that although one would assume the Fourth has the characteristics of a landscape painting, it is not so. “Although strange nature sounds and moods emerge from the orchestra at times, the symphony rather gives the impression of something unearthly, ‘weltentrückt,’ or not human, one might be tempted to say. […] everything is absorbed in inner thoughts, it conveys nothing but chastity and ethereal expression.”16
Sibelius and Breitkopf agreed to publish the symphony. Sibelius decided to revise the symphony: “I am emphasizing certain things more than in the original form.” In mid-May he stated: “[I] think that this final revision gives the symphony its final shape that will last for all time.”17 Most of the revisions concerned orchestration, dynamics, and articulation, but are in places also quite thorough. The first movement was revised most lightly, the others somewhat more, and the second and fourth movements were lengthened. The publication process was fairly fluent and the printed score and parts were sent to Sibelius in February
1912. In October 1912, Sibelius sent a correction slip with eleven changes to Breitkopf, who promised to make the corrections in the score by hand, and to make a correction slip that also included the corrections for the parts.18
The revised version premiered on 29 March 1912 featuring the Helsinki Philharmonic Society Orchestra with Sibelius conducting. Although the work had been revised, neither the revision nor its effect was touched upon. Instead, several critics reiterated what Otto Kotilainen had put into words: “hearing the symphony several times clarifies the strange problematic impression it left the first time, in a concert one year ago.”19 Otherwise pseudonym Bis still mentioned Koli (30 March), but others did not refer to nature influences. The rich instrumentation was frequently pointed out. The critiques tended to speculate on the psychological depth of the Symphony and its form. Leo Funtek provided the most thorough description: “There really is hardly any other work in the entire symphonic literature, which speaks from the soul with iron consistency without taking into consideration any external effects; what one could call a ‘psychological symphony’ – the composer’s own expression. […] The symphony’s poetic and psychological content has lost nothing of its freedom and immanent logic on the one hand, and the outer forms have become classically clear on the other; the highest individual freedom and strictness of form have coalesced into an organic whole; the living soul’s direct speech has infused life into the form; and again the individual has become universal through perfection of form.”20
The end of 1912 and the beginning of 1913 marked a wealth of performances of the Fourth abroad. The first two of them, in Birmingham and Copenhagen, Sibelius conducted himself. The critiques covered many of the same issues as the ones published in Finland, and the audience reaction seems to have been quite similar. The press in Birmingham expressed some harsh comments, such as the “impression was one of extreme vagueness and considerable lack of charm”, and “the music left no ardent desire to hear it again.”21 The Copenhagen critic added: “He [Sibelius] preferably moves in the periphery where music almost ceases to be music. […] He is thin on the ground when it comes to the ability to hold the stuff together, mold, forge, and carve so that everything is clear and unwavering.” Despite the complicated nature of the music, however, the critic described it as indisputable: “Where he [Sibelius] scouts towards unknown paths, he always finds something that captures one’s soul to the highest degree. In the symphony there are sounds of rare beauty, moods that sound so deeply that they seem to touch even the subconscious.”22
Also the British critic concluded: “Sibelius’s Symphony has shown us that we shall have to consider him as a far more important factor in modern music than such compositions as Finlandia and En saga gave any warrant for supposing.”23
The plan was then to play the Fourth in Vienna in December 1912, but two days before the concert the work no longer appeared in the program. According to Der Märker, the reason given – the unavailable glockenspiel – was incorrect and, in reality, the orchestra had refused to play.24 The next performance was due in Berlin in January 1913. When in the beginning of February no news from the performance came, Sibelius suspected that the same thing had occurred as in Vienna. At the end of March, Sibelius finally heard that the Fourth had been performed unexpectedly in Amsterdam, where the critic of Algemeen Handelsblad had some reservations but nevertheless valued the work.
The turbulence surrounding the performances of the Fourth continued in February 1913 in Gothenburg. The first performance was in a subscription concert, where the sparse, cautious applause was silenced with loud hushing. A second performance was in a regular concert, after which the audience welcomed the Fourth warmly. The first performance in the US took place on 2 March 1913 when Walter Damrosch conducted it in New York. According to the Sun, Damrosch addressed the audience before the performance saying that even if no one would wish to hear the composition again, it was a conductor’s duty to let the latest composition of a renowned master be heard at least once.25 Again, the reception was divided and much alike as elsewhere. Appreciation and understanding of the Fourth built up over the years and today the work is highly valued both in Finland and abroad.
The present score is based on the musical text of the Complete Edition of Jean Sibelius Works 26 A more comprehensive introduction or extensive explanatory notes concerning the layout, source situation, genesis and publication are to be found in the Introduction and in the Critical Commentary of the Complete Edition. The most important information about the sources and readings are documented in the Comments of the full score PB 5694.
Helsinki, Spring 2020 Tuija Wicklund
1 Diary, 3 October 1909. Sibelius’s diary in the National Archives of Finland, Sibelius Family Archive [= NA, SFA], file boxes 37–38. Carpelan to Sibelius, 27 December 1909 (the letters from Carpelan to Sibelius in NA, SFA, file box 18).
2 Diary, 12 August 1910. Sibelius to Carpelan on 16 August 1910 (the letters from Sibelius to Carpelan in NA, SFA, file box 120).
3 Diary, 17 and 30 August 1910. Diary, 11 September 1910.
4 Sibelius to Iver Holter on 26 August 1910 (National Library of Finland [= NL], Coll. 206.62.1). Diary, 4 November 1910.
5 Sibelius to Ackté on 22 July 1910 (NL, Coll. 4.13).
6 Viktor Rydberg’s Swedish translation appears in his poetry collection Dikter. Första samlingen (Stockholm, 1899). Diary, 11 and 12 November 1910; Sibelius to Carpelan on 13 November 1910. Diary, 17 November 1910. A bookshop’s invoice dated 18 November 1910 reveals that Sibelius purchased two copies of Poe’s poems in German (NA, SFA, file box 3). The version that bears Sibelius’s markings was translated by Theodor Etzel (München, Leipzig, 1909), pp. 7–15.
7 Diary, 2, 3, and 7 December 1910.
8 Sibelius to Ackté on 11 December 1910 (NL, Coll. 4.13). Diary, 11 December 1910. Ackté to Sibelius on 13 December 1910 (NA, SFA, file box 16). Sibelius to Carpelan on 12 December 1910.
9 Sibelius referred to the announcements published in several European newspapers. Sibelius to Newmarch on 1 January 1911 (NA, SFA, file box 121). Newspaper clippings in NA, SFA, file box 86.
10 Diary, 18 December 1910. Sibelius to Carpelan on 26 January 1911.
11 Diary, 14, 15, 17, and 28 March; 2 April 1911.
12 Carpelan in Göteborgs Handels- och Sjöfartstidning on 21 April 1911 [= Carpelan 1911]. He names Richard Strauss and Gustav Mahler as do Otto Andersson in Tidning för musik No. 12, [15 April] 1910/1911, pp. 171–173 [= Andersson 1911] and E. K. [Evert Katila] of Uusi Suometar on 11 April 1911 [= Katila 1911].
13 Andersson 1911 shared these views. Katila 1911. Sibelius appreciated Katila’s writing (diary, 11 April).
14 Andersson 1911. Many newspapers reported though as Nya Pressen on 4 April 1911: “Stormy applause and bravos followed the symphony.” Erik Tawaststjerna, Sibelius 3 (Helsinki: Otava, 1971), p. 229.
15 Bis [Karl Fredrik Wasenius] of Hufvudstadsbladet on 7 April 1911. The “very close friend” was rumored to be Eero Järnefelt. Hufvudstadsbladet on 8 April 1911.
16 Carpelan 1911.
17 Sibelius to Carpelan on 3 May 1911. Diary, 15 May 1912.
18 Sibelius to Breitkopf & Härtel [= B&H] on 7 October 1912. (Sibelius’s letters to B&H at B&H Archives). A study score was published in 1935, and is based on the 1912 corrected score. Although new mistakes were found, no new corrections were executed.
19 O. K. [Otto Kotilainen] of Helsingin Sanomat on 30 March 1912.
20 Leo Funtek of Dagens Tidning on 29 March 1912.
21 Unidentified critics of The Observer and Referee on 6 October 1912.
22 A. T. [Alfred Tofft] of Berlingske Tidende on 4 December 1912.
23 Unidentified critic of The Times on 2 October and 5 October 1912.
24 “Anklagen. Von Richard Specht.” in Der Märker of January 1913, p. 4.
25 Unidentified critic of The Sun on 3 March 1913.
26 Complete Edition of Jean Sibelius Works, Series I Orchestral Works, vol. 5, edited by Tuija Wicklund, Wiesbaden, 2020.
Besetzung Scoring
2 Flöten
2 Oboen
2 Klarinetten
2 Fagotte
4 Hörner
2 Trompeten
3 Posaunen
2 Flutes
2 Oboes
2 Clarinets
2 Bassoons
4 Horns
2 Trumpets
3 Trombones
Pauken Timpani Campanelli Campanelli
Streicher Strings
Aufführungsdauer
Performing Time
etwa 40 Minuten approx. 40 minutes
Partitur PB 5694 käuflich lieferbar Score PB 5694 available for sale Orchesterstimmen mietweise Orchestral parts on hire
Urtext der Gesamtausgabe Jean Sibelius Werke, Serie I Band 5, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2020
Der „Critical Commentary“ [Kritischer Bericht], auf den im Notenteil Bezug genommen wird, befindet sich in dieser Ausgabe [SON 635] sowie in der Dirigierpartitur PB 5694.
Urtext from the Complete Edition of Jean Sibelius Works, series I volume 5, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2020
The Critical Commentary, which is referred to in the music text, is found both in this edition [SON 635] and in the full score PB 5694.
Flauto II I
Oboe II I
Clarinetto in AII I
I
Fagotto II
Tempo molto moderato, quasi adagio
II I
Corno in F IV III
Tromba in FII I
II I
Trombone III
Timpani
I
Violino II
Viola
Tempo molto moderato, quasi adagio
* For metronome markings, see the Critical Commentary.
** See the Critical Remarks.
Studienpartitur PB 5695
herausgegeben von Tuija Wicklund Jean Sibelius op. 63
1 Vc. Solo [dolce]
©1912 by Breitkopf & Härtel, Leipzig
Revised edition 2020 by Breitkopf & Härtel, Wiesbaden
©2023 by Breitkopf & Härtel, Wiesbaden
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