Kunst am Bau Sie sollte mehr sein als bloße Gebäudedekoration. Eine Zeitreise, um das Bedürfnis zu komplettieren, nicht nur zu dekorieren.
Buntes Chaos in der Banlieu
Laut und fordernd präsentiert sich dieses Haus für Kinder, in dem gespielt und gelernt werden darf. Raum braucht nicht die Farben, die psychologisch ankommen, sondern die, die seine Gesamtgestalt ausdrücken und anregen.
Farbbetrachtungen
OKT
2018
colore FARBRÄUME
colore FARBRÄUME
EDITORIAL
Es gibt unzählige, teils sehr poetische Bezeichnungen für Rottöne. #himbeerrot ist eine davon. Den Farbton kann man vom ersten Moment der wörtlichen Begegnung an schmecken, riechen und man hat ihn unmittelbar vor Augen.
Liebe Leser, Sie und wir haben tagtäglich mit Farbe zu tun – ganz gleich ob als Farbwirklichkeit, also der Farbe als Material, oder als Farbwirkung, also ihrer subjektiven Wahrnehmung. Wir alle können uns ihrer Wirkung nicht entziehen – ebenso wenig wie den Empfindungen, die durch Buntheit, Graunuancen oder Schwarz-Weiß ausgelöst werden. Bedienen Sie sich unserer neuen, anregenden Inhalte und führen Sie sich die Macht der Farbe wieder einmal ins Bewusstsein. In dieser #himbeerroten Ausgabe, in neuem Gewand und interdisziplinär ausgerichtet, erwartet Sie eine inspirierend zusammengestellte Auswahl an Beiträgen verschiedenster Couleur: Von himbeerroter Buntheit einer Schule über himbeersüßen, gebackenen Kubismus bis hin zu unserem Schwerpunktthema „Kunst am Bau“ – ergänzt durch eine Auswahl an Referenzen, die wir Ihnen nicht vorenthalten möchten. Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen
Peter König, Brillux
Brillux Scala-Farbton 33.18.27 5
I N H A LT
MEHR ALS FARBE
FOKUS
HIMBEER
ROT
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Dem Himmel so nah ESO Supernova, Garching
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Buntes Chaos in der Banlieue
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Farbbetrachtung und Farbräume
Schulkomplex in Colombes
Kontext zwischen Funktion,
Dominique Coulon & Associés
Form und Farbe. Räumliche
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HAU LICHTDESIGN, Waldesch
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Resonanzen, die Identifikation
Die kleine rote Powerbeere
mit wohltuender Charakteristik ermöglichen.
Was die Himbeere alles kann
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Kubismus süß wie Himbeercreme
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Brillux Design Award
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Das Auge wartet mit
Eva Filter
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Mehr als Dekoration
Kfz-Zulassungsstelle, Lahr
Kunst am Bau
Die Architektur des Backens
Inges Idee:
von Dinara Kasko
Schule in München,
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Eine Lebensgeschichte in bunten Zeilen
Elisabeth Brockmann:
Albertinum Dresden Ulrich Brüschke:
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Dialog in Farbe
Aufgestöbert: ein Gemälde
Zentrale des Bundesnach-
Architektenfragen an das
von Lubomir Szabo
richtendienstes in Berlin
Beraterteam von Brillux
himbeerrot Brillux Scala-Farbtonfamilie 33
6
Eine Runde in der Stadt Wohnen am Innenstadtring, Fulda
Parkhaus in Düsseldorf
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Die Befreiung Hotel Liberty, Offenburg
Farbgestaltung als Erlebnis.
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Kubus mit Ausstrahlung
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Stelldichein Architektenforum in Neuss
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HIMBEERROT
BUNTES
CHAOS
Ein in verschiedenen Rottönen gehaltener Schulkomplex, der freigeistiges Lernen und Raum für persönliche Entfaltung zulässt: Der Schulbau in Colombes bringt viel Programm auf einer kleinen Grundfläche unter, dabei tragen die mit Beton und Holz kontrastierende expressive Farbwahl und die schiefen Winkel die Handschrift des Architekturbüros Dominique Coulon & Associés.
in der Banlieue
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Grau, Himbeer- und Orangerot – und der freie Blick zum Himmelblau schaffen ein überraschendes Umfeld, das Lehrerkollegium und Schülerschaft immer wieder neue Sinneseindrücke ermöglicht. Die Nuancierung der Farbtöne wird durch Licht- und Schattenwirkung vervielfacht – ebenso durch die unterschiedlichen Stimmungen, die je nach Jahreszeit und Wetter entstehen.
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In der Sporthalle entfaltet die Farbe ebenso wie in den Patios und Fluren ihre Wirkung: leuchtend, erweiternd, stimulierend. KÜrperliche Aktivität kann hier voll ausgelebt werden, Wettkampf, Punktestand und Aktionsvielfalt haben hier ihren ganz eigenen Rahmen. Zonierungen werden hier ganz automatisch durch Material- und Farbwechsel geschaffen.
Die Architektur des Simone-Veil-Schulkomplexes vermeidet jede Form von Wiederholung. Das Zusammenspiel von Licht, Materialien und Verkehrswegen erzeugt immer neue Mikroereignisse. All diese Aspekte kommen in einem frĂśhlichen vermeintlichen Chaos zusammen.
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Der Charme, der aus Farbe und Raum erwächst: Himbeer- und Orangerot, raues Holz und glänzendes Glas – der Simone-Veil-Schulkomplex im französischen Colombes mutet ein wenig an wie ein Abenteuerspielplatz, ein Seeräuberschiff, eine willkürliche Komposition. Aber weit gefehlt: Die kühne Form und die kräftigen Farben sind präzise, mit Kalkül und Einbeziehung des Standorts gewählt. Farbigkeit und Textur der Architektur erzeugen ein stimulierendes Umfeld für die Schul- und Vorschulkinder. Die starken Farben wirken im Zusammenspiel miteinander und mit den tagesabhängigen Lichtstimmungen, sie formen die Räume, lassen sie gleichzeitig vielseitiger und subtiler erscheinen. Rustikales, grob gesägtes Holz, schwungvolle Auskragungen und Tupfer geradezu schäumender Farbe kreieren einen Ausdruck der Freude, der einen Kontrast zur Tristesse der Umgebung bildet.
OBJEKT | STANDORT
Schulkomplex in Colombes (F) ARCHITEKT
Dominique Coulon FOTOGRAFIE
Eugeni Pons: S. 8-11, S. 12/13 oben rechts, unten S. 14/15 links oben, 2.-4. Bild unten, S. 17 Guillaume Wittmann: S. 12 oben links David Romero-Uzeda: S. 3, S. 12 links unten, S. 14/15 links unten, rechts oben S. 16 oben
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Thesen zu Dominique Coulons Arbeit Dominique Coulon bereichert die Welt mit Architekturen, die etwas zu sagen und zu zeigen haben. Gern mit viel Farbe.
Arbeitsweise
Der Arbeitsprozess verläuft intuitiv und hängt stark vom Standort ab. Es gibt zwei Arten von Projekten: An einem neutralen Standort entsteht
Erdgeschoss
eine internalisierte Architektur als schützendes Gehäuse – oder an einem starken, prägenden Standort entsteht eine Architektur, die mit dieser Umgebung in Dialog tritt. Idealerweise sind wir als Architekten nicht an eine Methode gebunden, sondern nähern uns dem Thema auf verschiedenen Wegen – mit dem Ziel, Räume und Nutzungen immer wieder neu zu überdenken.
Farbe
1. Etage
Farbe, kombiniert mit Volumen, macht es möglich, den Raum zu dekonstruieren und dem Nutzer neue Erfahrungen und Sichtweisen zu eröffnen. Jeder Besucher soll die Räume ganz individuell erleben, während er sich durch das
Das kompakte, fast quadratische Grundstück bietet Platz für
jeweilige Gebäude bewegt.
eine Vorschule und eine Grundschule mit separaten Eingangsbereichen – für insgesamt 500 Kinder von 3–11 Jahren. Hinzu kommen Spielplätze im Freien sowie Raum für ein außerschu-
Philosophie
lisches Studienzentrum und ein unabhängiges Fitnessstudio.
verraten – es gilt, den Moment der Entdeckung
Alles zusammen bildet ein „Ökodorf“ inmitten der Industriestadt Colombes vor den Toren von Paris.
Der erste Blick auf ein Gebäude sollte nicht zu viel zu bewahren, den Besucher zu überraschen, also Räume zu generieren, die aus unterschiedlichen
2. Etage
Blickwinkeln immer wieder unerwarteten Genuss
Der eng in das dichte Stadtgefüge eingebettete Komplex von
versprechen.
2015 bildet ein starkes strukturelles Element in der urbanen Umgebung. Das Gebäude erstreckt sich auf drei Ebenen und umfasst neben den Klassenräumen eine Sporthalle, eine Kan-
Material
tine, eine Bibliothek und außerschulische Kinderbetreuungs-
Es ist großartig, mit neuen Materialien zu experimentieren – ein Schwerpunkt liegt dabei immer
einrichtungen. Aus der Fassade gehöhlte Nischen in starken
auf der Schaffung von sowohl visuellen als auch
Farben reflektieren das Licht und sorgen gemeinsam mit den
körperlichen Empfindungen.
unkonventionell angelegten Verkehrswegen für Abwechslung. Mehrere Patios holen natürliches Licht in den Komplex. 3. Etage
Schnitt
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Dominique Coulon, geb. 1961, schloss 1989 sein Studium ab und eröffnete noch im selben Jahr sein eigenes Architekturbüro. In den Folgejahren gewann er zahlreiche Architekturpreise und wurde vielfach nominiert. In seiner Arbeit legt er ein besonderes Augenmerk auf nachhaltige Entwicklung und den Respekt für historische Kontexte. Neben seiner Tätigkeit als Architekt unterrichtet Dominique Coulon an der Ecole d‘Architecture de Strasbourg, wo er das Master-Programm „Architektur und Komplexität“ gründete. Heute arbeitet er im Büro Dominique Coulon & Associés in Straßburg mit Olivier Nicollas, Steve Letho Duclos und Benjamin Rocchi zusammen.
Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit ist extrem wichtig. Die neuen Schulkomplexe in Colombes und Montpellier produzieren mehr Energie, als sie verbrauchen. Das Gebäude in Colombes ist Teil eines Ökodorfes, wo unbehandeltes Holz zum Einsatz kam.
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HIMBEERROT
Die kleine rote Powerbeere Übrigens: Himbeeren sind botanisch gesehen gar keine echten Beeren, sondern gehören zu den Sammelsteinfrüchten. Da sie sich anders als Johannisbeeren oder Heidelbeeren aus mehreren kleinen Steinfrüchten zusammensetzen, besitzen sie keine für Beeren typische Fruchtwand, die die Samen umschließt.
Die Himbeere ist eine Pflanzenart aus der Familie der Rosengewächse. Der dornenbesetzte Himbeerstrauch kann bis zu 2 Meter in die Höhe wachsen und blüht zwischen Mai und August. Im Sommer ist dann Himbeerzeit, wobei die leckeren Früchtchen je nach Sorte sogar bis in den Herbst hinein geerntet werden können. Ursprünglich stammt die Powerbeere aus Südosteuropa und versorgte bereits die Steinzeitmenschen mit Vitaminen. In der Antike wurde sie zudem nicht nur als kleiner Leckerbissen für zwischendurch verwendet, sondern auch als wirksames Heilmittel. Heute ist die Himbeere weit verbreitet und man trifft sie sowohl in Europa als auch in Asien und Amerika. Obwohl Himbeeren reich an Zucker sind, haben sie einen sehr hohen Wasseranteil und sind daher sehr kalorienarm. Dank des hohen Gehalts an Vitamin B und C stärken sie den Stoffwechsel und den Aufbau des Bindegewebes. Auch größere Mengen an Phosphor und Kalzium sind in den Früchten enthalten und sorgen für gesunde Knochen und Zähne. Ihren vollen Geschmack entfalten sie natürlich beim rohen Verzehr, doch auch Kuchen, Süßspeisen oder Joghurt lassen sich mit Himbeeren aufwerten. Besonders beliebt ist die Kombination mit einem frischen Salat und einem leckeren Balsamicodressing, sodass sie auch als Hauptspeise für das besondere Geschmackserlebnis sorgen - die kleinen roten Powerbeeren sind wahre Alleskönner!
Der deutsche Name der Himbeere lässt sich von dem altnordischen und angelsächsischen Wort hind (Hirschkuh) ableiten und bedeutet dann so viel wie „Beere der Hirschkuh“. Im Volksmund wird sie auch Hirschbeere, Hindebeere oder Hohlbeere genannt.
ILLUSTRATION
Thomé, ca. 1903
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MEHR ALS FARBE
Die Architekten Bernhardt + Partner schufen mit dem Neubau des Planetariums „ESO Supernova“ ein spektakuläres Gebäude in Analogie zu einem seltenen Himmelsphänomen.
Dem Himmel so nah Nur etwa alle fünfzig Jahre ist in unserer Galaxie eine Supernova zu beobachten, ein spektakulärer Masseaustausch zwischen zwei Sternen, der in einer hellen Explosion mündet. Ortswechsel ins bayerische Garching. Auch hier ist seit diesem Jahr eine Supernova zu bewundern: Der Neubau „ESO Supernova“ übersetzt das außerordentliche Himmelsphänomen auf ebenso spektakuläre Weise in irdische Architektur.
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OBJEKT | STANDORT
ESO Supernova, Garching BAUHERR | NUTZER
Europäische Südsternwarte, Garching ARCHITEKT
Architekten Bernhardt + Partner, Darmstadt TECHNISCHER BERATER
Boris Gönner, Brillux Wiesbaden
Das neue Planetarium und Besucherzentrum ist der Europäischen Südsternwarte (ESO)
AUSFÜHRENDER MALERBETRIEB
Rebel + Sohn, München
angeschlossen, deren Hauptsitz sich ebenfalls in Garching bei München befindet. Die ESO Supernova ist eine Schenkung der Klaus Tschira Stiftung an die ESO. Mit der Umsetzung wurde das in Darmstadt ansässige Architekturbüro Bernhardt + Partner beauftragt. Das Gebäude besteht aus zwei, mit einer bronzefarbenen Blechfassade verkleideten Baukörpern, die analog zu einer Supernova auf vielfältige Weise miteinander zu verschmelzen scheinen. „Die Supernova ist in der Geometrie des Gebäudes dargestellt, die Farbwahl ist dagegen eher an die Umgebung angepasst“, sagt Benjamin Bockstette, Diplom-Ingenieur bei Bernhardt + Partner. Aufgrund der enormen Komplexität des Entwurfs wurde das Gebäude im Vorfeld anhand eines digitalen 3D-Modells bis ins Detail geplant. „Um die Plastizität der Fassade zu erhöhen, haben wir zwei Farben eingesetzt“, so Bockstette. „Im Vordergrund steht das Bronzeblech. Details wie weggeschnittene Kanten oder Rücksprünge wurden dagegen mit Dunkelgrau als Akzentfarbe abgesetzt.“ Im Inneren des Gebäudes sind 13 Themenbereiche der Astronomie auf über 2.000 m2 aufwendig inszeniert. Der Rundgang erfolgt über spiralförmig angelegte Rampen, eine im Durchmesser 16 Meter große Glaskuppel rundet die Ausstellungshalle mit einem offenen Blick in den Himmelsraum ab. Die konzeptionelle Symbiose aus Architektur und Szenografie erforderte bei der Innenraumgestaltung eine behutsame Farbwahl. „Farbe unterliegt immer modischen Strömungen, deswegen haben wir Farben eingesetzt, die sich nicht zu sehr in den Vordergrund drängen“, so Benjamin Bockstette. „Modische, knallige Akzente lassen sich gut in Bereichen setzen, in denen es sich nach ein paar Jahren wieder revidieren lässt, wenn sich Trends ändern.“ Fest Verbautes lasse sich nicht so leicht austauschen, deshalb auch die Entscheidung für wenige und zurückhaltende Farbtöne im Innenraum. FOTOS
Sven Rahm Fotografie, Königsbrunn
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„Im Vordergrund steht das Bronzeblech. Details wie weggeschnittene Kanten oder Rücksprünge wurden dagegen mit Dunkelgrau als Akzentfarbe abgesetzt.“ BENJAMIN BOCKSTETTE
Organische Formen, die fast ohne rechten Winkel auskommen: Ebenso wie die Außenschale wurde auch die dynamisch wirkende Innenarchitektur anhand eines digitalen Gebäudemodells geplant.
BRILLUX PRODUKTE
Superlux ELF 3000 Sensocryl ELF 266 Glemalux ELF 1000 Dolomit ELF 900 Evocryl 200 Wandfarbe ELF 971 Hydro-PU-Tec Seidenmattlack 2088 Hydro-PU-Tec Vorlack 2020 Mineral-Handspachtel ELF 1886 BRILLUX SCALA-FARBTÖNE
75.03.03 (RAL 9016) 21.06.30 99.00.69 (RAL 9005)
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FOKUS
Für die Rubrik FARBBETRACHTUNGEN wird Prof. Eva Filter, Dozentin an der Detmolder Schule
wir sehen, zu kategorisieren. Um einige zu nennen: Da wären
nung zu Missverständnissen kommen. 1810 publizierte Johann
im Studiengang Innenarchitektur, an dieser Stelle künftig Beiträge verfassen, die das Thema
Goethes Farbkreis, das Dreieck von Delacroix, die Farbsterne
Wolfgang von Goethe seine Farbtheorien und den darin ent-
Farbe mehr in den Gestaltungsfokus rücken. In einen Fokus, der neugierig macht auf mehr
von Blanc und Ziegler, die Einordnung in ein Koordinaten-
haltenen Farbenkreis. Er betonte die Idee von polaren Gegen-
grundlegendes Wissen, der zu etwas Neuem inspiriert, der sensibilisiert für die Kraft von Farbe.
system bei Young, der Farbbaum von Munsell, der Doppel-
sätzen und bezog seine Erfahrungen mit ein. Dabei setzte er
kegel von Ostwald und schließlich das CIE-Diagramm und
Gelb und Blau, Grün und Purpur, Plus und Minus, Wärme und
Brillux ist seit einigen Jahren Sponsor und Förderer der Hochschule – zuletzt wurde die Ausstellung von
das NCS-System. Alle haben versucht, dem Wahrgenomme-
Kälte, Nähe und Ferne als Kontrastpaare einander gegenüber
Master- und Bachelor-Arbeiten „In der Farbe wohnt der Raum“ zusammen mit der entsprechenden
nen eine Ordnung zu geben. Faktoren, die bei der Farbanalyse
und ordnete den Farben bestimmte Eigenschaften zu.
Publikation mit ausführlichen und – im Umgang mit Farbe eigentlich unverzichtbaren – Betrachtungen
Berücksichtigung finden sollten, sind das Licht, das Auge, un-
realisiert.
ser Gehirn, die Beschaffenheit des Materials, das betrachtet
Farbräume
wird; eben alle Faktoren in der Kausalkette des Betrachtens. In Auszügen finden sich im Folgenden die Einleitung „Farbbetrachtungen und Farbräume“
Viele der früheren Modelle haben lichtunabhängige Erklä-
Ziel einer künstlerischen Raumplanung könnte sein, die raum-
und Abbildungen einer Studierendenarbeit, die sich mit dem Einsatz von Farbe in dem Bild
rungsansätze und ignorieren damit einen grundsätzlichen Er-
bildenden Energien von Farbe im Raum zu erfinden und so
scheinungswert der Farbe.
einzusetzen, dass sie dem Raum eine erweiternde Aura ver-
„Musikstunde“ von Jan Vermeer (1632-75) beschäftigt.
leihen. Eine kopfgesteuerte Entscheidung aus der Konzeption
Farbbetrachtungen und Farbräume Farbwirklichkeit bezeichnet das physikalische, chemisch definierbare und analysierbare Pigment der Farbe, den Farbstoff. Die Farbwirkung ist die psycho-physische Wirklichkeit der Farbe. Im Gegensatz zur Farbwirklichkeit ist die Wirkung der Farbe eine Wahrnehmung. Farbe steht zwischen rationaler Kategorisierung und emotionaler Wahrnehmung.
„Das Licht, das Farben beleuchtet, verändert diese ganz
des Gebäudes heraus, wie z. B. eine Brandwand rot anzuma-
erheblich; Blau erscheint bei Kerzenlicht grün und Gelb weiß.
len, ist auf die Tragstruktur bezogen, verstärkt diese und wird
Bei schwachem Tageslicht erscheint ein mittleres Blau weiß,
dem Urphänomen „Innenraum“ nicht gerecht, der mit dem
ebenso bei Einbruch der Nacht. Maler kennen die Farben, die
eigenen Körper durchschritten und als dritte Hülle erlebt wird.
bei Kerzenlicht wesentlich stärker leuchten als bei Tageslicht;
Sie selektiert Raumbestandteile in vereinzelte Elemente ohne
außerdem gibt es eine Reihe von Farben, die bei Tageslicht
Berücksichtigung der Nutzung. Johannes Itten beschreibt in
sehr stark leuchten, bei Kerzenlicht aber ihre ganze Schönheit
seinem Werk „Kunst der Farbe“ verschiedene Farbphänomene.
einbüßen.“ (aus E.P. Fischer: Die Schichten der Farben)
Er spricht unter anderem über den Farbe-an-sich-Kontrast, den Hell-Dunkel-Kontrast, den Kalt-Warm-Kontrast, den
Die Farbe des Lichts wirkt sich auf die Farbe des Materials
Komplementär-Kontrast, den Qualitäts- und Quantitätskon-
aus. Lichtfarbe und Materialfarbe sind voneinander abhängig,
trast. Bei diesen Phänomenen geht es eben um die Wirkung,
unterscheiden sich aber in ihrem grundsätzlichen Erschei-
die diese Farben auf Menschen haben. Zum Beispiel Farbe mit
nungsbild. Ein Gebäude kann von außen durch den Wechsel
perspektivischer Wirkung:
von Licht und Schatten Volumen, Proportion und Struktur vermitteln. Ein Innenraum in sanftes Licht getaucht, abhängig von den umfassenden Flächen und den umfassten Gegen-
Komponenten abhängen. In der Farbe selbst finden sich nach
ständen, wird mittels seiner Farbtöne und Texturen erfahren.
der Tiefe wirkende Kräfte. Diese können als Hell-Dunkel oder
John Locke (1632-1704, englischer Philosoph: Erkenntnisthe-
Kalt-Warm, als Qualität oder Quantität in Erscheinung treten.
orie) unterschied zwischen den primären und den sekundären
Wenn die sechs Farben Gelb, Orange, Rot, Violett, Blau und Grün
Eigenschaften von Gegenständen:
ohne Zwischenräume auf einem schwarzen Hintergrund aneinandergesetzt werden, sieht man deutlich, dass das helle
„Ihre primären Eigenschaften Größe und Form werden
Gelb nach vorne zu kommen scheint und das Violett in der Tiefe
objektiv wahrgenommen, relativ unabhängig von subjektiven
des schwarzen Grundes schwebt. Alle anderen Farben bilden
Unsere Intention als Entwerfer von Innenraumkonzepten ist
Empfindungen. Farbe, Textur, Geräusch, Geruch werden in
Tiefenstufen zwischen Gelb und Violett. Wird ein weißer Hinter-
nicht die Farbwirklichkeit - 3 Kilo Scharlachrot -, sondern die
einer höchst subjektiven Weise wahrgenommen.“
grund verwendet, so ändert sich die Tiefenwirkung. Violett wird vom weißen Grund abgestoßen und scheint
Farbwirkung. Die Dimension der Farbe, ihre Proportion, das
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„Die räumliche Wirkung einer Farbe kann von verschiedenen
Größenverhältnis der Farbflächen zueinander, die Beziehung
Ruskin drückte dies so aus: „Licht und Schatten implizieren
nach vorne zu kommen, während Weiß das Gelb als
der Farben untereinander, ihre Ausdehnung und Position, ihr
das Verstehen von Dingen - Farbe dagegen Vorstellung und
‚helle Verwandte‘ zurückhält.“
Ausmaß, ihre Farbdichte oder Transparenz sind relevant für
Gefühl von ihnen.“ Im Morgenlicht erscheint eine Farbe kühler
das Raumerleben. Künstlerische Farbkonzeptionen, in de-
als im Abendlicht. Farbe wird immer subjektiv und emotional
Welche bestimmenden Wertigkeiten hat das Maß von Farbe
nen raumbildende Energien sich manifestieren, verleihen
erlebt. Albert Munsell war einer der Ersten, der das Licht un-
im Raum? Die Voraussetzungen dazu sind in der menschlichen
dem Raum eine zusätzliche Eigendynamik und machen ihn
mittelbar in seine Überlegungen mit einbezog. Er legte 1905
Wahrnehmung zu finden. Wir alle tragen in uns einen allge-
„reicher“ für die menschliche Wahrnehmung.
sein berühmtes „The Munsell Book of colors“ vor, das in sei-
meinen archetypischen Farbenkreis, von dem aus wir alles
ner heutigen Fassung 1500 Muster enthält, die aus (relativ)
Farbige um uns herum in seiner Gefühlsqualität erleben, aus
Die wissenschaftliche Erfassung der Farben diente immer der
stabilen Pigmenten bestehen. Munsell hat sie selbst herge-
dessen Gestalt wir aber umgekehrt auch unsere Gefühle farbig
Normierung, der Formulierung allgemein gültiger Parameter
stellt. Wer eine bestimmte Farbe, die er vor Augen hat, mit
zum Ausdruck bringen können. Dazu kommt ein individueller
für eine universelle Verständigung. Die Notwendigkeit der Be-
einem Munsell-Muster vergleichen will, sollte dies unter dem
Bereich seelischer Farben und Farbklänge, die unabhängig von
nennung von Farben begann mit der industriellen Herstellung
Licht des nördlichen Himmels tun, also etwa so, wie es an ei-
der momentanen Stimmung – möglicherweise modifiziert
der Pigment-Farbstoffe. Es gibt erstaunlich viele Modelle, die
nem schönen Frühlingstag in New York City der Fall sein kann.
durch bestimmte Lebensabschnitte – die seelische Identität
auf unterschiedlichste Art und Weise versuchen, die Farben, die
Sonst kann es trotz aller Genauigkeit und Vielfalt der Anord-
eines Menschen verbildlichen.
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Im Prozess der Wahrnehmung greift das Auge ein: Auswählend, nachbildend und gestaltend ordnet es das Gesehene. Ständig ist es dabei in Bewegung, tastet Formen ab, fixiert und stellt scharf, bis es eine Großform, eine Beziehung gefunden hat. Ebenso dynamisch ist der Farbensinn des Menschen. Er sucht nach Relationen: nach dem komplementären Farbeindruck oder dem Warm-Kalt-Kontrast, nach Synergien mit dem inneren subjektiven oder dem archetypischen Farbkreis. Er sucht den Kontrast des Gegenpols. Jede Farbe, die auf das Auge einwirkt, wird in den Zusammenhang des ganzen Farbenkreises gestellt. Farbe strebt zum „Bild“, zu einem äsDas Farbkonzept im Vermeer-Raum ist durch das Erleben von zwei unterschiedlichen Orten gekennzeichnet. Der Kontrast von hellen Beige- und Lilatönen zu den dunklen Grau- und Erdtönen wird hier spürbar. Flächen scheinen sich vom Boden um die Wände aufzuklappen, klappen sich um Ecken und Raumgrenzen herum und verbinden verschiedene Handlungsorte miteinander, so dass eine Synthese zwischen diesen entsteht. Die Haut des Raumes definiert sich durch lasierende und tragende Flächen, die unter horizontalen Linien liegen. Unterschiedliche Proportionierungen in Farbe und Form schaffen eine Balance zwischen den Farben und ein homogenes Raumgefühl wird erlebbar.
Laureen Dawid, Masterstudentin
thetischen Ganzen, und diese „Bilder“ gilt es zu erfinden. Das Streben der Farbe zum Bild – das ist das Wahrnehmungsziel unseres Licht- und Farbensinnes: Die äußere Erscheinungsfarbe wird in die Totalität eines inneren Farbkreises gestellt. Von der flächigen Malerei in den dreidimensionalen Raum Prof. Eva Filter verlangt ihren Studentinnen und Studenten das genaue Hinsehen, das sensible Erspüren, das bewusste Verändern und planvolle Adaptieren ab. Die links in Teilen abgebildete Masterarbeit von Laureen Dawid beinhaltete folgende Arbeitsschritte: Die ausführliche Recherche zu alter und neuer Malerei, die Analyse von Raumgliederungen eines bestimmten Bildes (hier das Bild „Musikstunde“ von Jan Vermeer, 1632-75), Gedanken zu Handlungs- und Orientierungszonen, Erfassen der Farbenperspektive und -kontraste, Entwicklung eigener Farbkonzepte, Oberflächenstudien, Übertragung in ein Modell, Verfassen von Konzeptgedanken zu Funktion und Raumnutzung, Ausstellungskonzeption für die Räume der Hochschule, dokumentarische Aufbereitung für den Ausstellungskatalog „In der Farbe wohnt der Raum“. Eine begrenzte Anzahl des Ausstellungskatalogs kann kostenlos unter kontakt@brillux.de angefordert werden.
Das Auge reagiert beispielsweise auf eine intensive Lichtoder Körperfarbe mit dem Komplementär-Farbeindruck, dem Nachbild-Kontrast. Das heißt, wenn die komplementäre Farbe nicht vorhanden ist, imaginiert unser Auge sie. Für das ästhetische Erleben der Farbe heißt das: nur die als verborgene Vielfarbigkeit sichtbaren, polychromen Farben sind wohltuende Farben im eigentlichen Sinn. Farbe wird dynamisch-gestalthaft wahrgenommen und bewegt sich zwischen Polarität und Mischung, Kontrast und Steigerung, Einzelheit und Ganzheit. Monochrome, reine Farben, bei denen Rot zum Beispiel nur Rot ist, sind – da ohne Gestalt und ohne Gestaltungsprozess für das Auge – nicht volle Farben. Der Aufbau des menschlichen Auges ist gleichermaßen konzipiert: Im menschlichen Auge gibt es drei verschiedene Rezeptoren, die uns das Farbensehen ermöglichen. Man braucht mindestens zwei verschiedene davon, um Farben sehen zu können – Farbe entsteht also erst im Vergleich! Ebenso wird Licht als Licht wahrgenommen, wenn es in rhythmischem Wechsel und Kontrast dem Auge Schatten und Helligkeit, Übergänge und Stufen anbietet.
Architekten denken Räume farbig – Maler denken Farbe räumlich Die Farbflächen stehen, ganz gleich ob zwei- oder dreidimensional, wie in einem Beziehungsgefüge zueinander. Dieses Gefüge hat eine spürbar höhere atmosphärische Botschaft als die einzelnen Töne für sich. Hella Jongerius nennt das in ihrer Londoner Ausstellung 2017 „Breathing Colours“ – Atmende Farbe. Der Raum gliedert sich in Handlungsorte, die identisch sind mit der Nutzung und die in künstlerischen Raumkonzepten gleichzeitig zu „emotionalen Orten“ werden können, unverwechselbar charakteristisch den Eintretenden berührend. Das ist vor allem von Farbe und Struktur, von Dichte und Intensität, von Offenheit und Leichtigkeit abhängig. Raum braucht nicht die Farben, die psychologisch ankommen, sondern die, die seine Gesamtgestalt ausdrücken und anregen,
FOTOS
HS OWL
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was seinen Lebensvorgängen entspricht. Ziel guter Raumgestaltung ist Identifizierung der Nutzer mit dem Räumlichen, mit dem Prinzip der Stimmigkeit: sinnstiftend und impulsspendend, den Dialog zwischen Mensch und Raum anfachend, die Distanz aufhebend. Der Gleichgewichtssinn ist bei alldem beteiligt, er muss ausgewogen sein, da in ihm diverse Empfindungen verknüpft werden: die Raumformen mit der Helligkeit und der Intensität der Farbe. Das natürliche Gleichgewicht zwischen schweren und leichten Farben umgibt uns in der Natur: dunkler Boden, hellere Raumgrenzen, noch hellerer Himmel. Dieser nach oben hin lichter werdende Verlauf bildet das Grundmuster des Boden-Wand-Decke-Gleichgewichtsverhältnisses – ein wichtiges Prinzip in der Förderung der Erdverbundenheit oder Trittsicherheit. Sottsass schreibt über seine eigene Empfindung von Farben in seinen Kindheitserinnerungen: „An die Farben all dieser Einfälle der Natur erinnere ich mich sehr gut, ich erinnere mich an das Ultramarinblau des Enzians, an das Gelb des Hahnenfußes und der Wespen, an das Orange der Lilien, das Rot der Himbeeren und alle anderen Farben ... und jetzt, wo ich erwachsen bin, erinnere ich mich noch daran, aber nun haben die Farben einen Namen, dagegen, als ich klein war, waren die Farben die Dinge selbst, es waren keine ‚Farben‘, sondern es waren Wespen, Himbeeren, Pilze, Blumen und nichts anderes, und als ich klein war, hatten all diese Einfälle der Natur zusammen mit ihren Farben auch ihre Größe, ihren Geruch, ihren Geschmack und auch ihre Seltenheit. (...) Die Welt war gemacht aus Tieren, Bergen, (...) und jedes Ding war das, was es mit seiner ihm anhängenden Farbe war. Für mich existierte damals keine Farbe, die von irgendeinem Gegenstand „gelöst“ war, in meinem Katalog an Wahrnehmungen, Entdeckungen, Kenntnissen gab es keine ‚gelöste‘ Farbe, die abstrakte Farbe (...), die klassifizierbare Farbe, Prof. Dipl.-Ing. Eva Filter Detmolder Hochschule für Architektur und Innenarchitektur
das ‚Pantone‘, wie die gelöste Farbe jetzt genannt wird, die ‚wissenschaftliche‘ Farbe, existiert für mich auch heute noch nicht.“ Wenn also Farbflächen im Raum Klänge bilden, wenn sie den Raum in Zonen gliedern, die sich kontrastreich unterscheiden – wenn Kontexte hergestellt werden zwischen Funktion, Form und Farbe, dann wird räumliche Farbgestaltung zu einem Er-
Ausblick FARBBETRACHTUNGEN colore 19:
lebnis und gibt dem Nutzer Resonanzen, fordert ihn auf zur Identifikation mit wohltuender Charakteristik.
Tragende Farben Raummodell aus der Masterarbeit von Laureen Dawid
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MEHR ALS FARBE
Kubus mit Ausstrahlung Mit in Betonoptik beschichteten Wärmedämmverbundplatten schufen Thillmann Architekten für HAU LICHTDESIGN eine intelligente Fassadenlösung.
Bei der Inszenierung von Licht als nichtphy-
Dieser Eindruck wird durch die moderne, ma-
sisches Element scheiden sich oftmals die
kellose Gebäudehülle unterstrichen. Das Be-
Geister: Einerseits wird Licht durch Farbe re-
sondere daran: Trotz täuschend echter Optik
flektiert, gestaltet, hervorgehoben – oder
besteht die Fassade nicht aus Beton, sondern
aber verschluckt. Andere setzen die Lichtwir-
aus Wärmedämmverbundplatten. „Mit die-
kung durch einen möglichst neutralen Hin-
sem Material ergibt sich eine viel konstruk-
tergrund in Szene, der den Betrachter nicht
tivere Arbeit als mit echtem Beton“, erklärt
ablenkt. Letzteres ist dem Koblenzer Archi-
der Architekt Michael Thillmann. „Bei einer
tekturbüro Lindschulte Thillmann GmbH mit
echten Betonfassade lässt sich das Ergeb-
dem neuen Sitz der Firma HAU LICHTDESIGN
nis schlechter kontrollieren, es können zum
gelungen: ein geometrischer, freistehender
Beispiel Farbunterschiede entstehen. Die von
Kubus mit einer Fassade in reduzierter Be-
uns gewünschte Optik ließ sich mit einem
tonoptik, durchbrochen von großflächigen,
Brillux Produkt viel harmonischer erzielen
mattierten Glasfronten. Die Kombination aus
als mit einer tatsächlichen Betonfassade“,
einfallendem Tageslicht von außen und der
erklärt der Architekt, der bei diesem Projekt
großen Leuchten- und Lichtausstellung im
zum ersten Mal mit einer Wärmedämmver-
Inneren erzeugt einen Effekt, der das gesamte
bundsystem-Fassade in Betonoptik arbeitete.
Gebäude scheinbar wie aus sich selbst heraus
Dementsprechend war die Zusammenarbeit
erstrahlen lässt.
mit dem Hersteller Brillux besonders intensiv. „Brillux war auch Ideengeber. Der Technische Berater offenbarte uns durch die Vorstellung konkreter Produktkombinationen und Einsatzmöglichkeiten gute Gestaltungsoptionen, die für uns im Zusammenhang mit WDVS neu waren.“
FOTOS
Guido Erbring, Köln
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Dunkle Akzentwände gepaart mit roher Betonoptik sorgen für einen zurückhaltenden Rahmen, um Licht und Leuchten wirkungsvoll in Szene zu setzen.
Durch die Oberflächengestaltung in Betonoptik ist die Fassade ebenmäßig und strukturiert zugleich.
OBJEKT | STANDORT
Bürogebäude, Waldesch
Das Gebäude erstreckt sich insgesamt über drei Etagen:
BAUHERR | NUTZER
Die unteren Geschosse sind der Präsentation von Licht und
HAU LICHTDESIGN, Waldesch
Leuchten vorbehalten, in der oberen Etage befinden sich die
ARCHITEKT
Büros der Mitarbeiter. Die Innenräume wurden vom Lichtdesign-Team selbst entworfen, in Zusammenarbeit mit dem Architekten. Überwiegend in neutralem Weiß gehalten, wurden lediglich einige Wände farblich hervorgehoben, um die Leuchten in Szene zu setzen und in den Ausstellungsräumen eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. „Das gelingt mit dem Wechsel zwischen neutralen und farbigen Flächen am besten“, so der Architekt. Auf die Frage nach seiner persönlichen Haltung zum Einsatz von Farbe in der Architektur gesteht Thillmann lachend, dass er seit einigen Jahren einen zunehmenden Hang zur Farbigkeit entwickelt. „Architekten neigen ja zu
Lindschulte Thillmann GmbH, Koblenz PLANUNG | OBJEKTÜBERWACHUNG
Fabian Thillmann, Nicole Herzer-Debernitz TECHNISCHER BERATER
Michael Mathias Plein, Brillux Koblenz AUSFÜHRENDER MALERBETRIEB
VM Fassaden, Straßenhaus (innen und außen) Willi Daverkausen, Malerbetrieb, Andernach (innen) VERKAUFSBERATER
Stefan Minor, Brillux Koblenz BRILLUX PRODUKTE AUSSEN
„Schwarz-weiß erzeugt zwar den höchsten Kontrast, mit Far-
WDV-System EPS Prime Mineral-Leichtputz G 3679 im Farbton Sentimento 12.MI.06
be aber lassen sich Emotionen wecken.“
BRILLUX PRODUKTE INNEN
den nichtbunten Farben“, sagt Michael Thillmann daraufhin.
Creativ Sentimento 78 im Farbton 12.MI.03 (S. 34, links unten); Creativ Sentimento 78 im Farbton 12.MI.06 (S. 34, rechts unten)
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HIMBEERROT
DIE ARCHITEKTUR DES BACKENS
KUBISMUS
süß wie Himbeercreme
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Dinara Kasko Die Ukrainerin studierte an der Universität in Charkow Architektur und fand einen Weg, ihre berufliche Vergangenheit mit ihrer Leidenschaft für die Patisserie zu verbinden.
„Mithilfe von 3D-Modellierung kann man heute jede beliebige Form erhalten - die Fantasie ist grenzenlos.“
Was auf den ersten Blick aussieht wie ein eindrucksvolles architektonisches Gebilde, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als kleines, liebevoll gebackenes Küchlein, hergestellt von der ukrainischen Patissierin Dinara Kasko. Die kleinen Kunstwerke sind so aufwendig und detailliert gestaltet, dass sie ein Erlebnis für die Sinne darstellen - fast schon zu schade zum Vernaschen! Das Besondere an Kaskos Kreationen: Sie entwirft die Formen für ihre Torten mit Hilfe eines 3D-Druckers - ihre Inspirationen dafür stammen sowohl aus der Architektur als auch aus der Natur. Der gesamte Prozess kann einige Zeit in Anspruch nehmen – bis zu 30 Stunden und viele Fehldrucke benötigt sie, um ein optimales Ergebnis zu erlangen, denn: „Ein schöner Kuchen ebenso wie ein schönes Gebäude braucht Vorplanung“, sagt Dinara Kasko.
Um solch eine Tortenkreation herzustellen, muss der fertige Teig in die Form gefüllt und nach dem Backen wieder vorsichtig gelöst werden. Die Glasur wird mit Hilfe einer Sprühpistole möglichst dünn und glatt aufgetragen. Damit das perfekt gelingt, friert Dinara Kasko den Kuchen vorher ein und positioniert ihn zum Einsprühen auf einem Sockel – heraus kommt ein Gesamtkunstwerk, das aussieht wie ein Zusammenschluss vieler unterschiedlich großer Beeren. Die Füllung dieses Beerentraums ist eine gustatorische Offenbarung: eine Verbindung von Pistazienkuchen, Himbeermousse mit Rosenextrakt, Himbeercreme und kandierten schwarzen Johannisund Himbeeren. www.dinarakasko.com www.instagram.com/dinarakasko
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ARCHITEKTUREN
Mit viel Feingefühl verwandelten die Innenarchitekten der Knoblauch GmbH ein ehemaliges Gefängnis in ein modernes Hotel mit besonderer Geschichte.
Die Befreiung Historische Elemente wie die ehemaligen, nur 1,70 m hohen Gefängnistüren wurden im Zuge der Modernisierung integriert und erinnern an die besondere Vergangenheit des heutigen Hotels.
Ein „Flow“ ist ein hochkonzentrierter, intuitiver Zustand, in dem sich scheinbar alles von selbst zusammenfügt – am Ende steht in der Regel ein optimales Ergebnis, das allein durch Planung so nicht möglich gewesen wäre. In einem solchen „Fluss“ entwickelte sich die innenarchitektonische Gestaltung des „Hotel Liberty“ in Offenburg, mit fein aufeinander abgestimmten Farben, Stoffen und Strukturen. Angesichts der etwas morbiden Vergangenheit des Hotels ist das Resultat umso beeindruckender: 1843 erbaut, diente das Gebäude bis ins Jahr 2009 als Gefängnis.
FOTOS
Ingeborg F. Lehmann, St. Märgen
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„Wir haben lange überlegt, wie wir die besondere Historie in etwas Positives umwandeln“, sagt Katja Scharnagel, Vertrieb Design bei Knoblauch GmbH, die das innenarchitektonische Konzept umsetzte. Im Zuge des Umbaus wurden grundlegende Veränderungen vorgenommen, um das ehemalige Gefängnis überhaupt als Hotel nutzbar zu machen. Viele Fragmente der Vergangenheit blieben erhalten und wurden in einen neuen Kontext gesetzt, wie unter anderem die vergitterten Fenster im Lounge-Bereich oder Tische aus historischen Balken. Ursprünglich waren Gewölbe und Räume in hellen Tönen gehalten worden – als aber der bestehende Putz entfernt werden musste, wurde darunter das wunderbare alte Mauerwerk sichtbar und für das Planerteam war sofort klar: Das muss erhalten werden. Dieser Entschluss veränderte das gesamte Farbkonzept. Die rötlichen Steine kombinierten die Innenarchitekten nun mit einem tiefen Blau sowie einem grüngrauen Ton: die optimale Kombination für ein in sich stimmiges Gesamtkonzept. Essenzielle Dinge mussten schnell und direkt vor Ort entschieden werden, und aus dieser prozesshaften Arbeit hat sich ein harmonisches Ganzes ergeben. Man hat den Eindruck, alles ist nun so, wie es sein sollte. In diesen „Flow“ fügte sich auch die Zusammenarbeit mit Brillux ein. „Als Putz wurde hier eine Struktur eingesetzt, die eine schöne Lebendigkeit ausstrahlt“, sagt Scharnagel und betont, dass Technische Berater von Brillux auf der Baustelle präsent waren, um die Maler anhand eines Musterzimmers in der Verarbeitung des speziellen Materials zu schulen.
Die historische Gewölbedecke wurde weitestgehend erhalten und durch Lichtleisten dezent in Szene gesetzt.
„Als Putz wurde hier eine Struktur eingesetzt, die eine schöne Lebendigkeit ausstrahlt.“ KATJA SCHARNAGEL
Mit viel Feingefühl kreierten die Innenarchitekten in den Hotelzimmern eine moderne Atmosphäre. Der rohe Charme des ehemaligen Gefängnisses ist durch originale Gewölbe sichtbar geblieben, ebenso durch zahlreiche Details, die von der Vergangenheit des Gebäudes zeugen.
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„Das Besondere an diesem Putz ist, dass man ihn in den verschiedensten Strukturen und Stärken aufbringen kann“, erklärt Dominik Schaufler vom ausführenden Malerbetrieb BSW GmbH die Schulung durch Brillux. „Wir arbeiteten zum ersten Mal mit diesem Material, und je nachdem wie viel man auf-
„Struktur ist ebenso wichtig wie Farbe.“ KATJA SCHARNAGEL
trägt, entsteht ein anderes Ergebnis, ist die Oberfläche unterschiedlich stark strukturiert.“ Gewünscht war eine dezente Struktur, die in allen Räumen in gleichbleibender Stärke ausgeführt werden sollte. Um den frischen Putz vor Beschädigungen und Verschmutzungen durch andere Gewerke zu schützen, wurde sogar der Ablaufplan auf der Baustelle kurzfristig an die Malerarbeiten angepasst. „Es wurde schließlich so koordiniert, dass so wenig Gewerke wie möglich nach uns in den Räumen arbeiteten. Nach der Grundierung wurden die Böden verlegt und die Elektrik installiert. Erst als alles andere fertig war, wurde die abschließende Spachtelung aufgebracht.“ „Struktur ist ebenso wichtig wie Farbe“, erklärt Katja Scharnagel die aufwendige Koordination, die schließlich zum gewünschten Ergebnis führte. Um alle im Hotel verwendeten Farben, Materialien und Oberflächen gezielt aufeinander abzustimmen, wurden im Vorfeld große Materialcollagen angefertigt, die zum Teil auch ins Gebäude mitgenommen und teils vor Ort in Nuancen und Feinheiten angepasst wurden. Dank der intensiven Zusammenarbeit aller beteiligten Gewerke und Partner gelang schließlich die angestrebte Transformation des Bauwerks. Das ursprüngliche Gebäude war an sich bereits sehr schön, doch durch sein „Schicksal“, hatte es einen negativen Touch. Durch die neue Nutzung und die damit einhergegangene, sensible Gestaltung des Gebäudes bekommt der Ort eine neue Bedeutung: Liberty ist für die Gäste auf keinen Fall nur ein Name, sondern ein geschätzter Zustand, der in diesen Gemäuern tatsächlich spürbar wird.
OBJEKT | STANDORT
BRILLUX PRODUKTE INNEN
Hotel Liberty, Offenburg
Superlux ELF 3000 Sensocryl ELF 267 Vetrolux ELF 3100 CreaGlas 2K-PU-Finish 3471 Creativ Tenero 84 Creativ Sentimento 78 2K-Aqua Seidenmattlack 2388 2K-PUR-Acryl Seidenglanzlack 5741 MP-Dickschicht 229 Floortec 2K-Epoxi-Siegel 848 Briplast Airless-Spachtel ELF 1890 Briplast Mineral-Handspachtel leicht ELF 1886 Fugen- und Wandspachtel 1875 Briplast Schnellspachtel ELF 1897
BAUHERR
Christian Funk Holding, Offenburg NUTZER
Liberty Hotelbetriebsgesellschaft ARCHITEKT
Konrad Knoblauch GmbH Design, Markdorf TECHNISCHER BERATER
Hugo Schächtele, Brillux Offenburg AUSFÜHRENDER MALERBETRIEB
BSW Malerhandwerk, Lichtenau
BRILLUX SCALA-FARBTÖNE
63.06.27 87.03.12
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MEHR ALS FARBE
Ein Hoch auf ein angemessenes Außen und wertvolles Innen! Nach 25 erfolgreichen Jahren
Wie wir bauen, wie wir gebaute Umwelt gestalten, wie wir darin leben: All das hat sich im
„Deutscher Fassadenpreis“ richtet sich
letzten Vierteljahrhundert rasant verändert. Der Deutsche Fassadenpreis hat diesen Wandel
der renommierte Wettbewerb neu aus:
25 Jahre lang begleitet, gespiegelt und gefördert. Jetzt erweitert der anerkannte Wettbewerb
Aus dem Deutschen Fassadenpreis wird
die Perspektive: Der neue Brillux Design Award zeigt – über Ländergrenzen hinweg, im Außen-
der Brillux Design Award.
und Innenraum, in Neu- und Bestandsbau –, welche beispielgebenden Gestaltungen unsere Lebensräume und Stadtbilder angemessen bereichern, entwickeln und schöpferisch transformieren. Der Brillux Design Award zeichnet Objekte, ihre Gestalter aus Architektur und
Die Jury Thomas Brewitt Architekt BDA & Dipl.-Ing., Brewittarchitektur BDA, Bielefeld Martin Haas Architekt Dipl.-Ing., MSc, haas cook zemmrich STUDIO2050, Stuttgart
Handwerk sowie ihre Bauherren in sechs neu konzipierten Kategorien aus:
Prof. Ulrike Kerber Innenarchitektin Dipl.-Ing., Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Detmold
1 _ Wohnbauten
Christian Mohr Dipl.-Kfm., Geschäftsführer Malerwerkstätten Mohr, Bochum
2 _ Öffentliche Gebäude
Reiner Nagel Architekt & Stadtplaner, Vorstandsvorsitzender Bundesstiftung Baukultur, Potsdam
3 _ Gewerbebauten 4 _ Energieeffiziente Fassadensysteme (WDVS) 5 _ Innenraumkonzepte Wohnen und Leben 6 _ Innenraumkonzepte Arbeiten
Franz Rebl Geschäftsführer Franz Rebl Malereibetrieb GmbH, Landau Axel Soyez Geschäftsführer Soyez Stuckateur GmbH, Ilsfeld Herwig Spiegl Architekt, AlleswirdGut Architektur, Wien Karsten Wedeward Geschäftsführer Hubert Jürgens Malereibetrieb GmbH & Co. KG, Hamburg
Mehrwert für Nominierte und Sieger Neben einem Preisgeld von insgesamt 25.000 € für Der Brillux Design Award fördert den Erhalt und die Stärkung einer identitätsstiftenden,
die Besten erwartet auch die Nominierten ein hohes
lebenswerten Umwelt. Bei der Fassade gilt das Augenmerk der Jury dem harmonischen
Medieninteresse und professionelles Fotomaterial
Zusammenspiel von Bauteilen, Werkstoffen und Farben sowie ihrer gelungenen Einbindung in
ihrer prämierten Objekte. Seinen Höhepunkt erreicht
das architektonische Umfeld. Bei der Innenraumgestaltung steht die Umsetzung von Farbkon-
der Brillux Design Award mit der feierlichen Preis-
zepten im Fokus, die die Anforderungen an Nutzung und Raumgestaltung gelungen verbinden.
verleihung im LWL-Museum für Kunst und Kultur in
In diesem Wettbewerb werden Projekte prämiert, die sich durch herausragende Gestaltung und
Münster. Alle Nominierten werden zu den Feierlich-
Architektur bei hoher handwerklicher Ausführungsqualität auszeichnen und von Januar 2016
keiten am 23. September 2019 eingeladen.
bis Dezember 2018 mit Brillux Produkten realisiert worden sind.
Die Online-Ausschreibungsformulare stehen auf www.brillux.de/design-award zur Verfügung. Einreichungsschluss ist der 31.12.2018. Kontaktieren Sie uns bei Fragen zur Wettbewerbsteilnahme gern telefonisch unter +49 251 7188-759 oder über design-award@brillux.de Wir freuen uns auf Ihre Projekte! Preisverleihung im mehrfach ausgezeichneten LWL-Museum in Münster (Staab-Architekten, Berlin)
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FOKUS
FOTOS
ELISABETH BROCKMANN „GLÜCK“ „KEEP IN VIEW“ Fotograf: Alexander Vejnovic
KU NST AM BAU
mehr als dekoration Kunst und Architektur – im Idealfall ergänzen sie sich gegenseitig, werten einander auf, vermitteln ungewohnte Perspektiven auf die jeweils andere Disziplin. Doch was ist „Kunst am Bau“ eigentlich genau, wie ist das Konzept entstanden und wofür? Eine kleine Zeitreise.
INGES IDEE „Auf Geht’s“ Fotos: inges idee „Schmuck“ Fotos: Peter Stumpf ULRICH BRÜSCHKE Fotograf und Copyright: Ulrich Brüschke
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S
FOKUS
eit jeher scheint es Menschen ein Bedürfnis zu sein, ihre Wohnstätten mit Kunst dekorativ aufzuwerten. Die Anfänge des Zusammenspiels von Kunst und Architektur lassen sich bereits bei Höhlenmalereien verorten, ziehen sich über die Antike bis hin zu den prachtvollen Kunstwerken in Schlössern und Kirchen. Um Kunst als Kulturgut zu fördern, wurde „Kunst am Bau“ erstmals in der Verfassung der Weimarer Republik von 1919 zur staatlichen Aufgabe: Bei staatlichen Neubauten, so lautete die Empfehlung, sollten Künstler einbezogen werden. Unter den Nationalsozialisten wurde Kunst, nicht nur am Bau, sukzessive ideologisch instrumentalisiert. Nach den verheerenden Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs lagen weite Teile Deutschlands in Trümmern. In diesen Zeiten existenzieller Not ist der Beschluss, den der erste deutsche Bundestag 1950 erließ, umso bedeutender: Kunst am Bau wurde wieder zur staatlichen Aufgabe erklärt. Empfohlen wurde, mindestens ein Prozent der Bausumme bei allen Bundesbauten für Kunst einzusetzen. Nach den zerstörerischen Kriegserfahrungen diente Kunst im öffentlichen Raum auch als ästhetisches Element, das Schönheit inmitten der Verwüstung repräsentierte. Wenig verwunderlich, dass Kunst am Bau in den 1950er-Jahren vorwiegend dekorativen Zwecken diente. Die 1960er-Jahre Dass Kunst am Bau mehr sein sollte, als hingegen waren geprägt von einem neuen archibloße Gebäudedekoration, versteht sich von selbst. Im Idealfall korrespondieren Kunst tektonischen Selbstverständnis, das im sogenannten und Architektur miteinander, setzen einanModernen Bauen Ausdruck fand. Funktional und der in Bezug. Staatliche Kunst am Bau-Projekte werden über Wettbewerbe des Bundes nüchtern, lauteten die Maximen der Architektur, die ausgeschrieben. Als Kriterien für die AusKunst hingegen wurde kritischer, individueller. Zu wahl gelten unter anderem die Eigenständigkeit des künstlerischen Beitrags, Qualität Beginn der 1990er-Jahre erlebte das Zusammenund Aussagekraft. Ein Sachverständigenspiel von Kunst und Architektur mit der deutschen rat entscheidet schließlich darüber, welche Projekte realisiert werden. Heute werden Wiedervereinigung einen Höhepunkt: In der neuen bei großen Bauvorhaben etwa 0,5 Prozent, Hauptstadt Berlin waren zahlreiche neue Bundesbei kleineren bis zu 1,5 Prozent der Bausumme für Kunst eingesetzt. Zuständig ist bauten erforderlich, zugleich mussten bestehende, das Bundesministerium für Umwelt, Naturideologisch belegte Gebäude neu interpretiert werden schutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Die Verfahrensregeln sind in den Richtlini– durch Kunst. Auch im privaten Sektor ist Kunst am en zur Durchführung von Bauaufgaben des Bau heute vielfältig repräsentiert: Banken, VersicheBundes (RBBAU) beschrieben und weitergeführt durch den „Leitfaden Kunst am Bau“, rungen oder Krankenhäuser werten ihre Immobilien der 2005 entwickelt und 2012 aktualisiert künstlerisch auf und unterstreichen damit ihre Unwurde. Dazu kommen kommunale Projekte und Bauvorhaben der Länder. Da Kunst am ternehmenskultur.
Inges Idee Auf Geht’s! Schule Führichstraße 53, München Stellvertretend für die gesamte Schülerschaft befindet sich die 12 m hohe Figur auf dem Weg in die Welt außerhalb der Schule, den sie voller Elan und Selbstvertrauen antritt.
Bau eine Empfehlung und keine Verordnung darstellt, wird diese Disziplin in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich stark forciert.
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FOKUS
Künstlerkollektiv „Inges Idee“ aus Berlin: Axel Lieber, Hans Hemmert, Thomas A. Schmidt, Georg Zey (v.l.n.r.)
Inges Idee Ein Beitrag zur öffentlichen Diskussion Inges Idee ist ein Künstlerkollektiv aus Berlin, das seit 1992 Kunst im öffentlichen Raum realisiert. Bestehend aus Hans Hemmert, Axel Lieber, Thomas A. Schmidt und Georg Zey, die auch einzeln künstlerisch aktiv sind, erarbeitet die Gruppe auffällige, meist farbenfrohe und oft augenzwinkernde Kontrapunkte im öffentlichen Raum. „Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum überrascht uns im städtischen Kontext und hinterfragt unsere gewohnten Sehweisen auf die Welt“, erklärt Hans Hemmert. Beispielhaft dafür ist das Projekt „Schmuck“ in Düsseldorf: Die in die Jahre gekommene Lochfassade des Parkhauses am Karlsplatz wurde durch die Künstlergruppe mit zehn überdimensionalen Schmuckstücken versehen, die kunstvoll in die Fassade eingefädelt wurden. „In diesem Sinne ist Kunst am Bau wichtig, denn sie kann die nötigen öffentlichen Diskussionen in unserer Gesellschaft beflügeln“, so Hemmert. www.ingesidee.de
FOTO: STEFAN PIELOW, MÜNCHEN
„Kunst am Bau hinterfragt unsere gewohnten Sehweisen auf die Welt.“ HANS HEMMERT
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FOKUS
Elisabeth Brockmann Art in Architecture „Die Amerikaner bezeichnen Kunst am Bau besser als ‚Art in Architecture‘ sagt die Düsseldorfer Künstlerin und Gerhard-Richter-Schülerin Elisabeth Brockmann. „Das ist insofern passender, da Kunst im Idealfall in die Architektur eingebettet ist, sodass das eine das andere befeuert.“ Diese „Einbettung“ realisierte Brockmann wortwörtlich am berühmten Albertinum in Dresden: Sechs Porträts der Gemäldesammlung wurden als leuchtende Motive von außen im Baukörper „versenkt“ und lassen das Gebäude strahlen, ohne es direkt anzuleuchten. Noch immer stoße man auf das Argument, Kunst am Bau sei Verschwendung öffentlicher Gelder, so Brockmann. „Auch wenn es bei einigen Projekten anfangs Gegenwind gibt, gehört die Kunst bei mir mit der Zeit oft zum Gesamtbild der Architektur – wenn es gut wird.“ Und wenn nicht? „Die Auftraggeber machen manchmal Vorgaben hinsichtlich dessen, was man thematisieren soll“, erklärt die Künstlerin. „Dadurch wird die Kunst zum Schluss so etwas wie eine ‚Salatbeilage‘. Wenn man in der Kunst eine Aufgabe zu erfüllen versucht, wird es oft ungelenk, und das darf Kunst am Bau auf keinen Fall sein.“ www.kunst-am-bau.net
„Kunst ist im Idealfall in die Architektur eingebettet.“ ELISABETH BROCKMANN
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Ulrich Brüschke Die Auseinandersetzung mit der Architektur
Ulrich Brüschke
Der in Nürnberg ansässige Künstler Ulrich Brüschke installierte 2012 mit „0° Breite (Modified Cellular Towers)“ an der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes in Berlin zwei mehr als 20 Meter hohe künstliche Palmen als Anspielung auf die in tropischen Ländern häufig als Palmen getarnten Mobilfunkmasten. Die großen Skulpturen sorgten in Berlin für Gesprächsstoff und förderten gar Gerüchte zu Tage, die Palmen seien mit Abhörtechnik ausgerüstet. „Die Palmen sind ein Zitat, eine Anspielung auf das Thema Tarnung im Geheimdienst und die Exotik anderer Länder“, sagt Ulrich Brüschke. Selbstredend befinden sich in den Berliner Palmen keine Abhöranlagen. „Die BND-eigenen Sender und Empfangsanlagen befinden sich auf dem Dach“, lacht Brüschke. „Und die kann man auch sehen.“ Der Künstler arbeitet seit 1999 im Bereich Kunst am Bau und findet, dass sich die Qualität der künstlerischen Arbeiten stark verbessert hat. „Es gab Jahrzehnte, in denen Kunst einfach ‚abgeladen‘ wurde und mit dem Gebäude oft sehr wenig zu tun hatte. Das geht heute nicht mehr. Ob kontrovers oder aufs Gebäude bezogen“, resümiert der Künstler, „beides ist eine Reaktion, die sich bewusst mit der Architektur auseinandersetzt.“ www.ulrichbrueschke.de
„Die Palmen sind ein Zitat, eine Anspielung auf das Thema Tarnung im Geheimdienst und die Exotik anderer Länder.“ ULRICH BRÜSCHKE
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MEHR ALS FARBE
Ruhige Optik, effiziente Funktionalität: die Neugestaltung der Kfz-Zulassungsstelle in Lahr durch Caruso Architekten.
Das Auge wartet mit Beim Stichwort „Kfz-Zulassungsstelle“ erscheinen bei den meisten Menschen vermutlich ähnliche Bilder vor dem inneren Auge: dunkel wirkende Funktionsgebäude, leicht muffig, harte Sitze in Warteräumen, Nummer ziehen. Nun entspricht jedes Klischee ein Stück weit der Wirklichkeit und Vorstellungen speisen sich bekanntlich aus Erfahrungen. Anders in der 45.000-Einwohner-Stadt Lahr im Schwarzwald: Die durch das Büro Caruso Architekten komplett neu gestaltete Kfz-Zulassungsstelle verschönert die notwendigen Behördengänge durch helle Oberflächen, eine ruhige Atmosphäre und ein durchdachtes Raumkonzept. Kundenbetreuung, Tagesgeschäft, Arbeitsplätze und Wartebereich sind in einem großen Raum angesiedelt, zoniert durch halbhohe Trennwände oder vertikale Holzlamellen aus Eichenholz im Wartebereich – einem Material, das auch in den Öffnungselementen und Verkleidungen eingesetzt wurde und natürlich-warme Akzente setzt. „Die Zulassungsstelle ist sehr stark frequentiert, sodass wir zu der Überzeugung kamen, den Innenraum zurückhaltend zu gestalten“, erklärt Jürgen Caruso auf die Frage, warum auf Farbakzente verzichtet wurde. „Alles in allem sollte eine optisch ruhige Atmosphäre entstehen.“
FOTOS
Boris Helle, Ettenheim
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Doch nicht nur auf die Bedürfnisse der Kunden richtete Caruso das Augenmerk. Um Effizienz und Funktionalität in den Arbeitsabläufen zu gewährleisten, erarbeitete das Architektenteam das Innenraumkonzept in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern der Zulassungsstelle. Auffallend ist der angenehme Gesamteindruck, der von der dezenten Innenraumgestaltung ausgeht: Weiß verputzte Wände, Holzelemente, weiße Büromöbel und eine futuristische, indirekt beleuchtete Empfangstheke mit abgerundeten Ecken als zentrales Element im Raum. Statt Farbe setzte der Architekt Formen und ausgesuchte Materialien ein, um innerhalb der zurückhaltenden Optik eine moderne Dynamik zu schaffen. „Form und Farbe sollten sich ergänzen, sie sollten harmonieren“, sagt Architektin Yvonne Ehleiter, die an dem Projekt beteiligt war. „Wir arbeiten generell weniger mit starken Farben, sondern eher mit abgestuften Tönen, die das Ganze unterstreichen.“ Ist weniger Farbe also mehr? „Nicht unbedingt“, erklärt der Architekt. „Wie und in welcher Form Farbe eingesetzt wird, ist immer objektabhängig. In einem Pflegeheim zum Beispiel eignet sich Farbe sehr gut zur Orientierung.“
„Alles in allem sollte eine optisch ruhige Atmosphäre entstehen.“ JÜRGEN CARUSO
OBJEKT | STANDORT
Kfz-Zulassungsstelle, Lahr BAUHERR | NUTZER
Landratsamt Ortenaukreis, Offenburg ARCHITEKT
Der Informationsbereich wurde als eigenständiges Element zentral in dem weitestgehend offenen Raum positioniert. Organische Rundungen, eine helle Optik und warmes Licht sorgen für einen angenehmen Empfang.
Caruso Architekten, Offenburg BAULEITUNG
Jürgen Caruso Yvonne Ehleiter TECHNISCHER BERATER
Hugo Schächtele, Brillux Offenburg AUSFÜHRENDER MALERBETRIEB
Wolfgang Müller Malerbetrieb, Lahr BRILLUX PRODUKTE
Superlux ELF 3000 Sensocryl ELF 267 Xtravlies 1725 Hydro-PU-Spray Seidenmattlack 2188 Floortec 2K-PUR Mattsiegel 844 Floortec PU-Bodensiegel ELF 847 BRILLUX SCALA-FARBTON
09.09.24 Weiße Oberflächen, indirekte Beleuchtung und Detailelemente aus Eichenholz sorgen für eine optisch ruhige Atmosphäre im stark frequentierten Kundenbereich der Kfz-Zulassungsstelle.
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MEHR ALS FARBE
Harmonisch fügt sich das Wohnhaus in Fulda in die innerstädtische Umgebung ein – dank runder Fassade und handwerklichem Geschick.
Eine Runde in der Stadt „Die handwerklich hochwertige Fassade wertet die städtebauliche Situation auf.“ CHRISTOPH VÖLLINGER
Wohnen in der Stadt, umgeben von Lebendig-
schoss. „Es war uns besonders wichtig, eine
bengang und Treppenhaus eingesetzt wurde.
keit, Gastronomie und kulturellen Angeboten
handwerklich hochwertige Fassade zu erstel-
„Wir wollten keinen zu starken Kontrast in
in fußläufiger Nähe – für viele Menschen der
len, die zusätzlich die städtebauliche Situati-
die Umgebung bringen“, antwortet Christoph
Inbegriff urbanen Lebens. Der Traum von
on aufwertet“, sagt Christoph Völlinger, Lei-
Völlinger auf die Frage, warum vorwiegend
der Innenstadtlage scheitert nur leider all-
tender Architekt bei Kropp. „Dabei waren vor
dezente Töne verwendet wurden. „Stattdes-
zu häufig am leidigen Platzmangel. In Fulda
allem die spezifischen Rundungen technisch
sen sollte das Vorhandene behutsam in seiner
ist nun direkt am Innenstadtring ein Wohn-
sehr anspruchsvoll.“
Wirkung gehoben werden.“
haus entstanden, das durch seine besondere
Die Rundung musste sehr genau sein und
Architektur den begrenzten Raum optimal
auch die einzeln aufgehängten Keramikstäbe
Es wurden zudem bewusst Details der um-
ausnutzt und sich durch eine sanft gerundete
erwiesen sich als handwerkliche Herausfor-
liegenden Gebäude aufgenommen: Die Farb-
Fassade harmonisch in die Umgebung ein-
derung, nicht zuletzt, weil die Dämmung an
gebung orientiert sich am erdigen Ton der
fügt. Der ursprüngliche Entwurf stammt vom
den einzelnen Aufhängungen eine besondere
benachbarten Dalberg-Höfe, die Vertikalstä-
Architekturbüro Sturm + Wartzek, aufgrund
Festigkeit erforderte.
be wiederholen sich an der Fassade des ge-
des hohen technischen und handwerklichen
genüberliegenden Parkhauses. Dennoch hebt
Anspruchs wurde das erfahrene Unternehmen
Optisch fügt sich das Wohngebäude harmo-
sich das Gebäude ab, vor allem handwerklich
Kropp GmbH als Generalplaner und ausfüh-
nisch in die Umgebung ein, der zurückgesetz-
und hinsichtlich seiner Materialität. „Es nützt
rendes Architektenteam mit der Umsetzung
te Sockel eröffnet ausreichend Raum für Fuß-
nichts, einen starken Entwurf zu haben, der
betreut. Das auf einem verklinkerten Sockel
wege und auch die Farbgebung orientiert sich
dann handwerklich abfällt“, so der Architekt.
ruhende, viergeschossige Gebäude mit einer
in zurückhaltenden Erdtönen am Umfeld. Die
„Denn das ist es, was am Ende bleibt und an-
Glasfassade, die von Keramikstäben durch-
sanfte Grünfärbung der Keramikstäbe findet
geschaut wird.“
brochen ist, bietet Platz für insgesamt zehn
sich in dunklerer Tönung in den Klinkern am
Wohnungen inklusive Penthouse im Oberge-
Sockel wieder sowie im Marmor, der im Lau-
FOTOS
Christian Eblenkamp, Rietberg
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OBJEKT | STANDORT
Wohnen am Innenstadtring, Fulda BAUHERR | NUTZER
Kropp Gruppe, Großenlüder ARCHITEKT | GENERALPLANER
Christoph Völlinger BAULEITUNG
Christoph Völlinger TECHNISCHER BERATER
Christian Büchner, Brillux Fulda
„Wir wollten keinen zu starken Kontrast in die Umgebung bringen. Stattdessen sollte das Vorhandene behutsam in seiner Wirkung gehoben werden.“ CHRISTOPH VÖLLINGER
AUSFÜHRENDER MALERBETRIEB
Richardt Fassade, Ausbau, Gestaltung Putz- und Maler GmbH, Fulda BRILLUX PRODUKTE
WDV-System EPS Prime WDV-System PUR Smart (im Bereich der Rundungen) Silcosil KR K2 3674 Rausan KR K2 3516 Evocryl 200 BRILLUX SCALA-FARBTÖNE
99.00.06 63.06.33 (RAL 7021) mit TSR-Formel
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DIALOG IN FARBE
Architekten fragen ...
» Vertragen sich
dunkle Farbtöne mit Putzfassaden auf WDVS?
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... das Brillux Beraterteam antwortet:
» Ja, klar! Bei der farbigen Gestaltung von WDVS-Fassa-
Brillux hat extra für diese Aufgabenstellung das SolReflex-
den gab es lange Einschränkungen: Der von
System entwickelt: auf Basis intensiver Analysen zu den
den geltenden Regelwerken maßgebend her-
technischen Hintergründen des Aufheizverhaltens von
angezogene Hellbezugswert (HBW)* sollte bei
gedämmten Fassaden. Das System löst das Problem der
Wärmedämm-Verbundsystemen die Grenze
Gestaltung von wärmegedämmten Fassaden mit dunklen
von 20 oder sogar 30 bei hochgedämmtem
Farbtönen.
Mauerwerk wie Porenbeton oder Hochlochziegel nicht unterschreiten.
SolReflex in der Praxis – Aufbauempfehlung
Die Vorteile von SolReFlex:
Die Umsetzung und Anwendung von SolReflex ist einfach:
• einfache und sichere Lösung für dunkle WDVS
Wird ein WDV-System durch eine spezielle
Meist genügt ein zweimaliger Anstrich des Oberputzes mit
• reduziert die Aufheizung gedämmter Fassadenoberflächen
Pigmentierung jedoch technisch darauf
Evocryl 200 oder Silicon-Fassadenfarbe 918, ausgerüstet
und bewahrt dadurch sowohl die Armierung als auch den
ausgerichtet, kann dieser Wert auch darunter
mit TSR, aus. Beide Produkte werden direkt in jeder Brillux
Oberputz vor übermäßigen Temperaturen
liegen. Denn: Der HBW berücksichtigt nur den
Niederlassung getönt. Die volle Wirkung der mit TSR ausge-
• TSR-Formel ermöglicht Farbtöne mit HBW =< 20
sichtbaren Wellenlängenbereich von 400-700
statteten Farben ist abhängig vom zweimaligen Auftrag und
• größte Freiheit bei der farbigen Gestaltung von WDVS
Nanometern (nm). Die Sonne strahlt jedoch
der speziellen Farbtonrezeptierung. Fertig gemischte Farben
mehr als die Hälfte ihrer Energie, etwa 58 Pro-
dürfen in keinem Fall mit z. B. Abtönfarbe nachgetönt werden.
zent, im nahen Infrarotbereich, zwischen 700
Auch dürfen im SolReflex-System unter TSR-Anstrichen nur
und 2500 nm, aus. An Fassaden trägt daher
weiße, ebenfalls mit TSR ausgerüstete oder im Basecode ge-
die gesamte Solarstrahlung zur Aufheizung
tönte Putze eingesetzt werden. Denn Infrarotstrahlen können
der Oberfläche bei – nämlich die sichtbare, die
durch ihre intensive Tiefenwirkung Anstriche durchdringen.
ultraviolette und die infrarote Strahlung.
Stoßen sie dabei auf einen konventionell getönten, weniger reflektierenden Untergrund, kann dies die TSR-Wirkung ne-
Ein niedriger HBW allein hat deshalb keine
gativ beeinflussen.
Aussagekraft über das Aufheizverhalten. Ein dunkler Farbton, auf einen hochwärmege-
Bestehende WDV-Systeme dunkel gestalten?
dämmten, geputzten Untergrund gestrichen,
Grundsätzlich ist SolReflex auch für intensivfarbige Reno-
muss gerade im Infrarotbereich ein sehr hohes
vierungsanstriche auf bestehenden WDV-Systemen geeig-
Reflexionsverhalten aufweisen. Der Grad der
net. Der vorliegende Farbton des Untergrunds könnte jedoch
gesamten solaren Reflexion einer Farbe wird
negativen Einfluss haben. Daher sollten Sie zur Beurteilung
als TSR-Wert** angegeben.
des technischen Zustands und zur Festlegung des geeigneten Grundanstrichs in jedem Fall die Technische Beratung von Brillux hinzuziehen.
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• macht teure „Sonderlösungen“, wie doppelte Gewebelage, * Was heißt Hellbezugswert? Dieser Wert bezeichnet die Helligkeit einer Körperfarbe, wie sie das menschliche Auge in Relation zu Reinweiß „HBW 100“ bzw. Tiefschwarz „HBW 0“ sieht. Allerdings nimmt unser Auge nur elektromagnetische Strahlung in Wellenlängen von 400–700 nm wahr. Dieser Bereich bestimmt die unterschiedliche Wahrnehmung von Körperfarben, wobei der Bereich zwischen 500 und 600 nm die größte Rolle für das Helligkeitsempfinden spielt.
spezielle Armierungsmaterialien und Dämmplatten überflüssig – in der Regel genügen zwei Anstriche
Brillux Service Auskunft über die Machbarkeit von Farbtönen gibt die Farbtonsuche unter brillux.de/farbtone-muster/farbtonsuche/. Sie zeigt, welche Farbtöne mit SolReflex bzw. mit den Produkten mit TSR-Formel möglich sind. Einfach die Produktgruppe „Fassadenfarben“ und anschließend unter „Produkt“ Evocryl 200 (TSR-Formel) oder die Silicon-Fassadenfarbe 918 (TSR-For-
** Was sagt der TSR-Wert aus? Er steht für Total Solar Reflectance. Seine Werte variieren, wie beim HBW, von 0 bis 100: Ein hoher Wert bedeutet eine gute, ein niedriger Wert dementsprechend eine schlechtere Reflexion.
mel) auswählen. Nach Eingabe des gewünschten Farbtons wie „60.06.24“ oder „Rubinrot“ erscheint per Klick die Farbtonvorschau. Erscheint dabei ein Hinweis auf weitere notwendige Maßnahmen oder gibt es keinen eindeutigen Hinweis auf die Untergrundbeschaffenheit, hilft unsere Technische Beratung gern weiter.
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STELLDICHEIN
Rückblick und Gespräch
Impressionen
Wenn Kunst und Architektur aufeinandertreffen, können sie sich spektakulär ergänzen!
Machen Sie sich selbst ein Bild und stöbern Sie in unserem Rückblick mit Film und umfangreicher Fotogalerie unter www.brillux.de/service/ veranstaltungen/ architektenforum/
23. Brillux Architektenforum auf der Raketenstation in Neuss/Düsseldorf am 16. April 2018
Unter dem Thema „Kulturbauten als Schrittmacher städtischer Transformation“ fand die Veranstaltung in dem von Tadao Ando entworfenen Gebäude der Langen Foundation statt. 250 Architekten und vier hochkarätige Referenten tauschten sich aus: Was ist der Wert von Kulturbauten, wo liegen ihre Chancen, wo ihre Grenzen? Die Brillux Redaktion sprach im Nachhinein noch einmal mit Andreas Cukrowicz über sein Werteverständnis, seine Liebe zur authentischen Farbigkeit unverfälschter Materialitäten – und über den Klang von Farbe.
Andreas Cukrowicz’ Präsentation beginnt mit stimmungsvollen Bildern von Almhütten, Kühen und Holzarbeitdetails, er spricht über den Umgang mit regionalen Typologien, über Zeitlosigkeit und den Wert des Unverfälschten, bevor er sich der Vorstellung seiner aktuellen Projekte widmet. Ein inspiratives Intro, das einstimmt auf das, was nun kommt. Der österreichische Architekt arbeitet eher wenig mit Farbe, er lässt gern das Material aus sich heraus wirken. Jeder Werkstoff hat von Grund auf schon eine eigene Farbigkeit, die meistens mit anderen Materialien gut harmoniert. Die Farbe Weiß als verbindendes Element Im Inneren des Museums Vorarlberg sind entsprechend farbige Lehmputze zusammengemischt worden, sodass ein warmes, aber neutrales Grau entstand – insgesamt ein sehr komplexer Prozess,
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Behrendt & Rausch, Wuppertal
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der wirklich spürbar ist. Der Architekt ist der Überzeugung, dass die Wirkung sich stark unterscheidet Lichtdurchlässiger Klangspeicher: Rendering des Konzerthauses München von außen, als Volumendarstellung. Schnitt und Innenperspektive
– je nachdem, ob ein Material durchgefärbt oder von der Oberfläche her farbig gestaltet wird. Beim Museum ist es ein neutrales Weiß, das wie ein Überzug den neuen und die alten Baukörper zusammenfasst – bei anderen Projekten sind auch farbige Intentionen deutlich erkennbar. Die Orientierung hinsichtlich der Farbigkeit richtet sich bei dem österreichischen Architekten und seinem Team grundsätzlich an der Umgebung, der Funktion des Gebäudes aus. Letzte Prüfinstanz ist aber stets das Bauchgefühl. Wenn das nicht stimmt, wird das Konzept überarbeitet. „Wir erkennen über das Gefühl den Inhalt.“ Konzeptionelle Ästhetik auf der Grundlage historischen Pragmatismus Cukrowicz Nachbaur Architekten arbeiten gerade an der Planung eines Headquarters für ein großes Maschinenbauunternehmen. Grundlage des farblichen Konzepts ist eine metallische Farbe in Hammerschlagoptik – man kennt diese Oberflächenstruktur und grün-bläuliche Farbigkeit von Werkzeugen aus Großvaters Keller, deren Wiege das besagte Unternehmen ist. Die Assoziation an schwere, solide Maschinen, die Ewigkeiten halten, die fühlbare reliefartige Oberfläche, selbst der Geruch von Schmieröl sind quasi sofort da. Farbe und Hammerschlagoptik, damals sicher nicht aus Trendgründen zum Einsatz gekommen, wird die Oberfläche einer sechsstöckigen Treppenskulptur und somit eine Verbindung herstellen zwischen der langen Tradition des Unternehmens und – in abstrakter Form
Abbildungen links und oben: copyright Hans-Joachim Wuthenow www.wuthenow-photo.de
und in neuer Technik und Anwendung – dem Hier und Jetzt. Ein Raum für einen Klang bis in den Himmel Der Entwurf für das Münchner Konzerthaus forderte die Architekten auf eine völlig andere Art und
Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT, Bregenz
Weise. Auf einem ehemaligen Industrieareal sollte
Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur-Sturm studierten beide u. a. an der TU Wien und gründeten 1996 ihr gemeinsames Büro.
entstehen. Innen dominiert die natürliche Farbe des
„Aufmerksam, motiviert, interessiert und neugierig gehen wir an die Aufgabe heran. Fühlend, denkend, riechend, und hörend, wartend, schauend, ruhend und lesend, suchend vertiefen wir uns in die Thematik. (...)“
ein transparenter, lichtdurchlässiger Klangspeicher Holzes – die einzige Materialität und Farbigkeit, die für Andreas Cukrowicz bei einem solchen Projekt überhaupt in Frage kommt – aus konzeptionellen, ästhetischen und natürlich akustischen Gründen. Hat Farbe für Andreas Cukrowicz einen Klang? „Ja, auf jeden Fall. Das hängt ein bisschen von meiner Tagesverfassung ab – aber mit der sinnlichen Wahrnehmung von Farbe, Raum und Materialität befasse ich mich viel.“
Foto: Darko Todorovic
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AUFGESTÖBERT
BRILLUX SCALA-FARBTONFAMILIE 33
Architekten-Kunst VON LUBOMIR SZABO
Der gebürtige Ungar entkam 1956 nur knapp dem Gefängnis. Durch seine Teilnahme am Ungarn-Aufstand wurde er zum Staatsfeind. Ihm gelang die Flucht nach Deutschland, wo der Künstler und ausgebildete Architekt im Büro bei Professor
Rolf Hoffmann, ebenfalls als Architekt in Wuppertal tätig, traf in den 1960ern auf Lubomir Szabo. Es entstand eine Freundschaft, die über ihre gemeinsame Architektur- und Kunstleidenschaft hinausging. Der damals kleine Sohn von Hoffmann erinnert sich gut an das gemeinsame Stöbern mit dem kleinen Szabo Junior im väterlichen Zeichensaal, in dem sich Architekt und Künstler häufig trafen und bei einem guten Glas Rotwein neue Farbräume entwarfen und die Welt der Formen verbesserten. Als Szabo eines Tages Hoffmann eine kleine Summe Geld schuldete, bezahlte er mit Naturalien und vermachte seinem Freund eines seiner Bilder. Das #himbeerrot ist unübersehbar, die Streifen lesen sich wie Buchzeilen im Hinblick auf ein turbulentes, buntes, aber auch schweres Leben. Das Bild ist nun im Besitz des Sohnes, der die Vergangenheit kennt und die Erinnerung für die Zukunft bewahrt.
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Farbtonabweichungen zum Originalfarbton sind drucktechnisch bedingt.
Wolfgang Rathke arbeitete.
Brillux Musterservice
Farbtöne und mehr als Original Farbtöne kann man im großflächigen Original und in höchster Farbtongenauigkeit am besten beurteilen. Brillux stellt 1.514 Originalmuster in verschiedenen Varianten als Farbfächer, in DIN A4 und DIN lang zur Verfügung. Holzlasuren sind als Echtholzmuster erhältlich. CreaGlas Gewebe- und Glattvliesmuster werden im Format DIN A4 geliefert. Bestellen Sie Ihre Muster per Fax (+49 251 7188-8788) oder per E-Mail bei uns. Erfahren Sie mehr unter www.brillux.de/farbtone-muster/farbtoene/
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colore Ausgabe 18, Oktober 2018 ISSN 2625-7297
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