2 minute read

Glanz und Gloria

„Es ist wunderbar, dass die reichen Traditionen des Handwerks bis heute zelebriert werden. Sie erzählen uns vom Zauber der Arbeit mit den Händen und dem Verstand.“

Michael Sommersell, Experte für Malergeschichte

TEIL 10 HISTORISCHES HANDWERKSZEUG

TRADITIONELLE EHRUNG

Glanz und Gloria

In Hamburg bekommen die frischgebackenen Meisterinnen und Meister einen Schluck Wein aus dem Becher „Willkomm“

Wenn es schimmert und funkelt, dreht es sich häufig um etwas ganz Besonderes. Denn Wertschätzung und Ehre werden in unserer Welt oft mit edlen Metallen verbunden – sei es bei Schmuckstücken wie Kronen, bei Medaillen, Orden oder Pokalen. Was sich in Königshäusern oder im Sport bewährt, wird auch im Handwerk zelebriert. Im Glanz des Handwerks schwelgen, das klappt exzellent im Deutschen Maler- und Lackierer-Museum in Hamburg. Hier lassen sich zum Beispiel der Becher „Willkomm“ und die Obermeisterkette der Maler- und LackiererInnung Hamburg bestaunen.

Schluck aus dem Becher Die prunkvollen Exponate erzählen von der stolzen Tradition der Handwerksinnung: „Jedes Jahr werden in der Hamburger Hauptkirche St. Jacobi die Meisterinnen und Meister freigesprochen. Der Meisternachwuchs bekommt seit Jahrhunderten einen Schluck aus dem ‚Willkomm‘ – wenn er es denn will. Dieses Ritual steht für die Aufnahme in die Gemeinschaft“, erklärt Experte Michael Sommersell. Die Tradition des Bechers pflegen bis heute zahlreiche Innungen; zu welchen Anlässen er auf den Tisch kommt, ist regional jedoch verschieden. Auch die Obermeisterkette erzählt von der langen Geschichte der Hamburger Maler/-innen. Der Obermeister oder die Obermeisterin trägt sie bis heute bei Festen der Innung – etwa bei Ein- und Ausschreibefeiern der Gesellinnen und Gesellen oder bei Freisprechungen der Meister/-innen. Damit steht das Handwerk in einer weitverbreiteten Tradition, denn Amtsketten gibt es in vielen gesellschaftlichen Feldern. Bürgermeister/-innen oder auch Hochschulrektorinnen und -rektoren schmücken sich ebenfalls mit prunkvollen Ketten.

Traditionen mit Zukunft Die Amtskette und der „Willkomm“ stehen für das Besondere, das im Handwerk steckt. Schleifen, spachteln, lackieren, streichen, lasieren oder tapezieren – all das ist harte, aber vor allem auch kreative Arbeit. Dass das Handwerk richtig glänzen kann, beweist es seit Jahrhunderten mit seinen Insignien und Ritualen, die bis heute Bestand haben und die Leistung im Handwerk symbolisieren. Auch wenn die Art der Tätigkeiten immer fortschrittlicher und zusehends technisiert wird, das Brauchtum wird fortgeführt. Aber längst nicht nur aus nostalgischen Gründen, weiß Michael Sommersell, sondern vor allem, weil das Handwerk auf diese Art und Weise gewürdigt wird: „Denn etwas vom ersten bis zum letzten Schritt selbst anzufertigen, das hat etwas Stolzes, etwas Einmaliges, etwas Magisches. Und daran wird sich auch in Zukunft wenig ändern.“ Unser Experte

Michael Sommersell, 62, ist Maler und (ö. b. u. v.) Sachverständiger und Dipl.-Biologe in Hamburg und bewahrt im Deutschen Maler- und Lackierer-Museum die Geschichte des Handwerks malermuseum.de

This article is from: