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Das Markusevangelium Begegnungen mit dem Mann aus Nazareth
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Titel der amerikanischen Originalausgabe: Gospel of Mark. Exploring the Life of Jesus © 1995 Serendipity House, Littleton, Colorado Alle Rechte vorbehalten Übersetzung aus dem Amerikanischen: Frank Grundmüller Redaktion: Renate Hübsch
Bibeltexte sind entnommen aus der Übersetzung „Hoffnung für alle“ herausgegeben vom Brunnen Verlag Basel und Gießen © 1983, 1996 by Living Bibles International Alle Rechte vorbehalten
4. Auflage 2013 © 2001 Brunnen Verlag Gießen Umschlagmotiv: Project Photos, Augsburg Umschlaggestaltung: Ralf Simon Satz: DTP Brunnen Herstellung: Brockhaus Druck, Dillenburg ISBN 978-3-7655-0788-5
Serendipity bibel Das Markusevangelium Begegnungen mit dem Mann aus Nazareth 112 Seiten, kartoniert, 16,5 x 23,5 cm Erscheinungsdatum: 06.02.2013 ISBN 978-3-7655-0788-5 Bestell-Nr. 190788 EUR 8,- (D) / SFr *11,90 / EUR 8,30 (A) * unverbindliche Preisempfehlung des Verlags
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Inhalt Fragen zu diesem Kurs
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Wie verläuft ein Treffen?
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Einführung: Das Evangelium nach Markus
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1 Der Prophet aus der Wüste
Markus 1,1-13
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2 Machterweise – Jesus verkündet die Herrschaft Gottes
Markus 1,14-45
14
3 Die Auseinandersetzung beginnt
Markus 2,1-17
18
4 Streitgespräche
Markus 2,18 – 3,6
20
5 Jesus und seine Familie
Markus 3,7-35
24
6 Geschichten vom Reich Gottes
Markus 4,1-20
28
7 Von verborgenen Dingen und von unerwarteter Macht
Markus 4,21-41
32
8 Heilung eines Besessenen
Markus 5,1-20
34
9 Macht über Krankheit und Tod
Markus 5,21-43
38
10 Prophet ohne Ansehen
Markus 6,1-29
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11 Zeichen des Messias
Markus 6,30-56
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12 Rein und unrein – Wer gehört zu Gott?
Markus 7,1-37
48
13 Begriffsstutzige Schüler
Markus 8,1-26
52
14 Wer ist Jesus? – Einsichten und Missverständnisse
Markus 8,27 – 9,1
58
15 Ein Blick in Gottes Welt
Markus 9,2-32
60
16 Deutliche Worte: Nachfolge hat Konsequenzen
Markus 9,33 – 10,12
64
17 Eine andere Art von Reichtum – Das Leben als Geschenk
Markus 10,13-31
68
18 Blinde Herzen und geöffnete Augen
Markus 10,32-52
70
19 Auftakt in Jerusalem
Markus 11,1-26
74
20 Der Konflikt spitzt sich zu
Markus 11,27 – 12,12
78
21 Die Gegner verbünden sich
Markus 12,13-44
82
22 Reden über die Zukunft
Markus 13,1-37
86
23 Der Abschied von den Jüngern
Markus 14,1-31
90
24 Verhaftung und Prozess
Markus 14,32-72
94
25 Verurteilung und Hinrichtung
Markus 15,1-41
100
26 Begegnungen mit dem Auferstandenen
Markus 15,42 – 16,20
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Verzeichnis der Abkürzungen + Altes Testament
+ Neues Testament
1Mo 2Mo 3Mo 4Mo 5Mo Jos Ri Ruth 1Sam 2Sam 1Kö 2Kö 1Chron 2Chron Esra Neh Esther Hiob Ps Spr Pred Hol Jes Jer Hes Dan Hos Joel Am Obad Jona Mi Nah Hab Zef Hag Sach Mal
Mt Mk Lk Joh Apg Röm
4
Das erste Buch Mose Das zweite Buch Mose Das dritte Buch Mose Das vierte Buch Mose Das fünfte Buch Mose Das Buch Josua Das Buch über die Richter Das Buch Ruth Das erste Buch Samuel Das zweite Buch Samuel Das erste Buch über die Könige Das zweite Buch über die Könige Das erste Buch der Chronik Das zweite Buch der Chronik Das Buch Esra Das Buch Nehemia Das Buch Esther Das Buch Hiob Die Psalmen Die Sammlung der Sprüche Der Prediger Salomo Das Hohelied Der Prophet Jesaja Der Prophet Jeremia Der Prophet Hesekiel Der Prophet Daniel Der Prophet Hosea Der Prophet Joel Der Prophet Amos Der Prophet Obadja Der Prophet Jona Der Prophet Micha Der Prophet Nahum Der Prophet Habakuk Der Prophet Zephanja Der Prophet Haggai Der Prophet Sacharja Der Prophet Maleachi
1Kor 2Kor Gal Eph Phil Kol 1Thes 2Thes 1Tim 2Tim Tit Philem Hebr Jak 1Petr 2Petr 1Joh 2Joh 3Joh Judas Offb
Das Evangelium nach Matthäus Das Evangelium nach Markus Das Evangelium nach Lukas Das Evangelium nach Johannes Die Apostelgeschichte Der Brief des Paulus an die Christen in Rom Der erste Brief des Paulus an die Christen in Korinth Der zweite Brief des Paulus an die Christen in Korinth Der Brief des Paulus an die Christen in Galatien Der Brief des Paulus an die Christen in Ephesus Der Brief des Paulus an die Christen in Philippi Der Brief des Paulus an die Christen in Kolossä Der erste Brief des Paulus an die Christen in Thessalonich Der zweite Brief des Paulus an die Christen in Thessalonich Der erste Brief des Paulus an Timotheus Der zweite Brief des Paulus an Timotheus Der Brief des Paulus an Titus Der Brief des Paulus an Philemon Der Brief an die Hebräer Der Brief des Jakobus Der erste Brief des Petrus Der zweite Brief des Petrus Der erste Brief des Johannes Der zweite Brief des Johannes Der dritte Brief des Johannes Der Brief des Judas Die Offenbarung an Johannes
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Fragen zu diesem Kurs Zielsetzung 1. Worum geht es in diesem Kurs? Um drei Ziele, die gleichermaßen wichtig sind. a. Nahrung – „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“ Nur wer Gottes Wort in sich aufnimmt, kann als Christ wachsen. b. Gemeinschaft – Im Gespräch über Glaubensfragen und Lebenserfahrungen kommen wir einander näher und können zu einer tragfähigen Gemeinschaft zusammenwachsen. c. Wachstum – Dieser Kurs wendet sich auch an Menschen, die bisher mit der Bibel wenig in Berührung gekommen sind. Wenn Sie immer wieder andere zu Ihren Treffen einladen, kann die Gruppe wachsen, bis eine Teilung nötig wird. Beide neuen Kreise sollen wieder wachsen, bis sie zu groß sind und sich teilen – und so weiter.
Teilnehmer 2. Für wen soll dieser Gesprächskreis sein? ● Für Menschen, denen Kirche und Glauben fremd geworden sind, die aber nach einem neuen Zugang zum Glauben suchen. ● Für Menschen, die mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben und eine Gruppe suchen, die Unterstützung und Zusammenhalt bieten kann. ● Für Menschen, die von einer Kirche, Gemeinde oder deren Mitgliedern enttäuscht worden sind und die dennoch ihren Glauben nicht aufgeben wollen. ● Für Menschen, die angesichts vieler Unsicherheiten nach einer tragfähigen Hoffnung suchen. ● Für Menschen, die im Austausch mit anderen in Ihrem Glauben weiterwachsen möchten. ● Für Menschen, die Ihnen beim Lesen dieser Aufzählung in den Sinn kommen.
Der erste Schritt 3. Wie sollen wir anfangen? Machen Sie sich eine Liste mit den Namen, die Ihnen jetzt als mögliche
Teilnehmer einfallen. Suchen Sie sich einen Platz, an dem Sie die Liste vor Augen haben. Lassen Sie sie dort, bis Sie alle auf der Liste gefragt haben, ob sie Interesse an einem solchen Gesprächskreis haben.
Das erste Treffen 4. Was geschieht beim ersten Treffen? Sie treffen eine Entscheidung über eine freiwillige Abmachung. Sie fasst Ihre Erwartungen und „Spielregeln“ für die Gruppe zusammen.
Spielregeln 5. Wie entsteht die Abmachung? Sprechen Sie über die nachfolgenden Fragen, und notieren Sie die Punkte, bei denen Sie Einigung erzielen. So können Sie am Ende des Kurses gut beurteilen, ob Sie Ihre Ziele erreicht haben. ● Was ist der Zweck Ihrer Treffen? ● Wie oft wollen Sie sich treffen? (Dieser Kurs bietet Ihnen Gesprächsanregungen für bis zu 26 Treffen. Sie können aber auch in nur 13 Wochen das Markusevangelium studieren. In diesem Fall müssen Sie jeweils aus zwei Gesprächsvorschlägen einen auswählen oder beide kombinieren. Wenn Sie danach weiterhin zusammenkommen wollen, verlängern Sie einfach Ihre Abmachung.) ● Wo wollen Sie sich treffen? ● Um welche Uhrzeit sollen die Treffen beginnen und wie lange sollen sie dauern? ● Möchten Sie Getränke und etwas zum Knabbern bereitstellen? Wer ist dafür zuständig?
Zeitlicher Rahmen 6. Wie lange dauert ein Treffen? Die Mindestzeitangaben für die einzelnen Bausteine des Treffens sind für Gruppen gedacht, die nur eine Stunde zusammen sein können. Wenn Sie mehr Zeit zur Verfügung haben, verlängern Sie die angegebenen Zeiten einfach entsprechend. 5
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Gesprächsinhalt
Der Traum
7. Was wird bei den Treffen besprochen? In diesem Kurs geht es vor allem um die Person Jesu, von der das Markusevangelium berichtet. Auf der Seite 3 finden Sie eine Übersicht über die Texte und Themen.
Bibelkenntnis
10. Der Traum, der dahinter steckt: Menschen finden sich zusammen, um zu einer tragfähigen Gemeinschaft zu werden, in der jeder eine Heimat findet und in seinen Freuden und Schwierigkeiten angenommen ist. Menschen kommen zusammen, reden über ihr Leben und ihren Glauben und begegnen der Bibel – unabhängig davon, ob sie zu einer Gemeinde oder Kirche gehören oder nicht.
8. Und wenn jemand in der Gruppe wenig von der Bibel weiß? Prima! Dafür ist die Gruppe ja da. Die ERLÄUTERUNGEN geben Ihnen Hinweise zum Verständnis größerer Zusammenhänge, einzelner Ausdrücke, geschichtlicher Hintergründe oder wichtiger Personen im Text. Greifen Sie immer dann auf die Erläuterungen zurück, wenn der Sinn des Textes sich nicht von selbst erschließt.
11. Was heißt Serendipity? „Die Gabe, zufällig glückliche Entdeckungen zu machen“. Genau darum geht es bei dem Material für Kleingruppen, das vom Arbeitskreis Serendipity herausgegeben wird: Dass Menschen zusammenkommen, ihre Erfahrungen austauschen, der Bibel begegnen und dabei wertvolle Entdeckungen für ihr Leben machen – möglicherweise sogar ganz unvermutet.
„Hausaufgaben“
Hinweise für Gruppenleiter
9. Was muss ich sonst noch tun? Nichts, wenn Sie nicht wollen. Aber Sie können über das hinausgehen, was in der Gruppe besprochen wird. Nicht immer werden Sie alle Erläuterungen gemeinsam in der Gruppe lesen und alle Fragen diskutieren können. Wenn Sie die Zusatzinformation voll ausschöpfen möchten, haben Sie dafür zwei Möglichkeiten: a) Lesen Sie Text und Erläuterungen vorbereitend zu Hause. Oder: b) Vertiefen Sie das Gespräch über einen Text nachbereitend, indem Sie den Text noch einmal im Zusammenhang lesen und sich Zeit nehmen, die Erläuterungen zu studieren und einzelnen Fragen für sich persönlich noch weiter nachzugehen.
12. Hilfe für Gruppenleiter. Praktische Hilfestellung für Leiter und Leiterinnen von Gesprächsgruppen und Perspektiven für die Möglichkeiten von Kleingruppenarbeit in Ihrer Gemeinde finden Sie in folgenden Büchern aus der Reihe Serendipity training:
Zur Vorbereitung oder Vertiefung
2. Worum geht es im Markus-Evangelium – was ist Ihr erster Eindruck?
Lesen Sie die Einführung (S.8ff.) und blättern Sie einmal das Markusevangelium durch. 1. Notieren Sie Überschriften oder andere Hinweise auf die Absicht des Evangeliums.
Kleingruppen in der Gemeinde. Grundlagen – Programm – Praxis. Gießen, 2. Auflage 1998, Best.-Nr. 190700. Was Gruppenleiter wissen müssen. Gießen, 4. Auflage 1998, Best.-Nr. 190701 Besuchen Sie auch unsere Homepage: www.serendipity-kleingruppen.de
3. Entdecken Sie eine Fragestellung, der Sie in den kommenden Treffen besonders nachgehen wollen? 4. Notieren Sie sich wichtige Personen und Schlüsselereignisse.
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Wie verläuft ein Treffen? Jedes Treffen besteht aus drei Teilen:
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[Austausch und Gebet 20–40 Minuten
Einstieg 15–20 Minuten
Der Einstieg bietet Hilfen an, um sich untereinander kennen zu lernen und ins Gespräch zu kommen. Er ist ein wichtiger Pfeiler der Beziehungsbrücke, über die Gemeinschaft entsteht.
+ Impulse für das Gespräch 30–40 Minuten
Lesen Sie den Bibeltext zunächst gemeinsam. Die Fragen geben Ihnen einen Leitfaden für Ihr Gespräch. Greifen Sie immer dann auf die Erläuterungen zurück, wenn der Sinn des Textes sich nicht von selbst erschließt. Sie werden vielleicht nicht alle Fragen in der zur Verfügung stehenden Zeit ansprechen können. Wählen Sie dann einfach die aus, die Ihrer Gruppe am wichtigsten erscheinen. Zu manchen Fragen möchten Sie sich vielleicht nicht in der Gruppe äußern. Geben Sie aber Ihre Antwort für sich persönlich. Natürlich hat jeder die Freiheit, nur das mitzuteilen, was er wirklich möchte. Wenn Ihre Gruppe recht groß ist, können Sie auch überlegen, ob Sie sich für das Bibelgespräch – immer oder hin und wieder – in kleinere Gruppen (etwa zu viert) aufteilen. Das gibt jedem Einzelnen die Möglichkeit, häufiger zu Wort zu kommen.
Hier ist Gelegenheit, den Text noch einmal ganz persönlich auf sich wirken zu lassen und, wenn Sie möchten, persönliche Anliegen anzusprechen. Dieser Austausch und das gemeinsame Gebet füreinander dienen ganz entscheidend dem Zusammenwachsen und dem Aufbau einer tragfähigen Gemeinschaft. Beenden Sie Ihr Treffen mit einem gemeinsamen Gebet, wenn alle damit einverstanden sind. Hier ist Raum, auch persönliche Anliegen zu nennen und sie im Gebet Gott anzuvertrauen. Wenn Ihre Gruppe keine Erfahrung mit der Form der Gebetsgemeinschaft hat, kann auch die Gesprächsleiterin oder ein Teilnehmer ein abschließendes Gebet sprechen. Die Mindestzeitangaben sind für Gruppen gedacht, die nur eine Stunde zur Verfügung haben. Wenn Sie mehr Zeit zur Verfügung haben, verlängern Sie die angegebenen Zeiten einfach entsprechend.
Zum Umgang mit den Erläuterungen Sie werden nicht jede Erläuterung zu jedem Einzelvers gemeinsam in der Gruppe lesen können. Gelegentlich wird in den Gesprächsimpulsen auf einzelne Erläuterungen Bezug genommen. Wenn Sie die Zusatzinformation der Erläuterungen voll ausschöpfen möchten, haben Sie dafür zwei Möglichkeiten: a) Lesen Sie Text und Erläuterungen vorbereitend zu Hause. Oder b) Vertiefen Sie das Gruppengespräch, indem Sie später den Text noch einmal im Zusammenhang lesen und sich Zeit nehmen, die Erläuterungen zu studieren.
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Einführung in das Markusevangelium Das Evangelium des Markus ist nach Aussage des Bibelauslegers William Barclay „das wichtigste Buch der Welt“. Er begründet dies damit, weil es der erste schriftliche Bericht über das Leben Jesu und seine Sendung ist. Genau genommen wird Jesus auch schon in Schriftstücken erwähnt, die vor dem Markusevangelium entstanden. Die Briefe des Apostels Paulus enthalten eine ganze Reihe von Hinweisen auf ihn. Aber im Markusevangelium finden wir zum ersten Mal einen Bericht, der sich ausschließlich mit Jesus befasst, mit der Frage, wer er war und was er tat.
Der Autor Der Autor wird im Evangelium selbst an keiner Stelle genannt. Es gibt jedoch eine starke und letztlich nicht widerlegte Überlieferung aus dem frühen zweiten Jahrhundert, die Markus als den Verfasser anerkennt. Dass von einem Evangelium behauptet wird, dass es von jemandem geschrieben wurde, der kein Apostel war, ist schon an sich bemerkenswert. Üblicherweise wurden ja nur jene Schriften unter den Christen als autoritativ angesehen, die von Aposteln geschrieben worden waren. Viele Ausleger sind der Meinung, dass Markus der Sekretär des Petrus war und sein Evangelium in besonderer Weise die Sicht dieses Jüngers wiedergibt. Um das Jahr 140 (oder sogar früher) schreibt der Bischof Papias: „Markus wurde der Ausleger des Petrus. Er schrieb sorgfältig nieder, woran jener sich erinnerte, alle Dinge, die von unserm Herrn gesagt und getan wurden. Jedoch nicht in ihrer zeitlichen Ordnung.“ Wahrscheinlich ist es, dass Markus zusammen mit Petrus in Rom gewirkt hat und beide freundschaftlich miteinander verbunden waren. Petrus nennt ihn „meinen Sohn Markus“ (1Petr 5,13). Wer ist nun dieser Markus? Sein vollständiger Name lautet Johannes Markus. Er ist ein Judenchrist. Seine Mutter Maria war offensichtlich wohlhabend. Die Jünger nutzten nach dem Tod Jesu ihr Haus in Jerusalem als Treffpunkt. Nach seiner wundersamen Befreiung aus dem Gefängnis sucht Pet8
rus zuerst das Haus der Maria auf (Apg 12,12-17). Als junger Mann wurde Markus also eingeführt in das Leben der neu gegründeten Gemeinde Jesu. Als Paulus und Barnabas, ein Vetter des Markus (vgl. Kol 4,10), sich zur ersten Missionsreise aufmachen, nehmen sie Johannes Markus mit sich. Doch schon nach kurzer Zeit in Perge verlässt Markus die beiden, als sie sich nach einer Überfahrt mit dem Schiff auf den Weg ins Landesinnere der Provinz Asien machen wollen. Es wird kein Grund für seine überraschende Abreise genannt. Man hat spekuliert, dass er eine mögliche Dominanz des Paulus über seinen Verwandten Barnabas nicht ertragen wollte. Der frühe Kirchenvater Chrysosthomus erwähnt, dass Markus zurückreiste, weil er Heimweh nach seiner Mutter hatte. In jedem Fall kam es später zu einer ernsten Auseinandersetzung zwischen Paulus und Barnabas. Barnabas wollte seinen Vetter auf der zweiten Missionsreise erneut mit sich nehmen; Paulus lehnte dies strikt ab. In der Folge trennten sich Paulus und Barnabas. Barnabas nahm Markus mit nach Zypern, während Paulus zusammen mit Silas ein neues Team bildete (Apg 15,36-41). Später kam es zur Versöhnung zwischen Paulus und Markus, sodass Paulus während seiner Gefangenschaft in Rom Markus bei sich hatte. Er sandte ihn außerdem auf eine Reise nach Kleinasien (vgl. Philemon 24; Kol 4,10). Während der vermutlich letzten Gefangenschaft des Paulus gehört Markus zu denen, die Paulus um sich haben möchte (2Tim 4,11). In seinem letzten Brief an Timotheus erwähnt er, wie hilfreich Johannes Markus für ihn in seinem Dienst gewesen sei. Markus befand sich also sozusagen in der besten Position, um den ersten Bericht über das Leben Jesu zu schreiben. Als junger Mann könnte er sogar noch Augenzeuge der letzten Tage im irdischen Leben Jesu gewesen sein. Er ist Zeuge der Gründung der Urgemeinde in Jerusalem. Außerdem arbeitete er mit Petrus und Paulus, den beiden Schlüsselfiguren der Christenheit im ersten Jahrhundert, zusammen. Von Petrus (einem der drei Jünger, die Jesus am nächsten standen) konnte er viel über das Wirken Jesu erfahren. Paulus konnte
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ihm seine Wertschätzung der alttestamentlichen Wurzeln der Christenheit vermitteln und ihn in die Bedeutung des Lebens und Sterbens Jesu einführen. Wenn man von der Qualität seines Werkes ausgeht, war Markus ganz offensichtlich ein sehr begabter Mann. Er sammelte und wählte die Zeugnisse aus und verfasste den ersten Bericht über das Leben Jesu. Er schuf mit seinem Evangelium eine völlig neue Literaturgattung.
Das erste Evangelium? Schrieb Markus das erste Evangelium? Lange Zeit wurde angenommen, dass Matthäus der erste Evangelist war. Von daher erklärt sich die Position seines Berichtes am Anfang des Neuen Testamentes. Erst zu Anfang des 20. Jahrhunderts datierte die Forschung Markus als das ursprünglichere Evangelium. Lukas und Matthäus haben wohl größere Stücke seiner Arbeit übernommen. Die literarische Verbindung zwischen den drei so genannten synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus und Lukas) ist offensichtlich. Sie verwenden einen großen Teil des Materials gemeinsam. Zum Beispiel ist sogar die einleitende Formulierung der Aufforderung an den Gelähmten („er sagte zu dem Gelähmten“) in allen drei Berichten am gleichen Ort (vgl. Mt 9,6; Mk 2,10; Lk 5,24). Bis auf 24 Verse erscheint das komplette Markusevangelium in den beiden anderen Synoptikern. Anders ausgedrückt: Von den 105 Abschnitten des Markusevangeliums finden sich bis auf vier alle auch bei Matthäus oder Lukas. Wie die Evangelien untereinander genau zusammenhängen, ist komplex. Vermutlich haben aber Matthäus und Lukas benutzt, was Markus schrieb. Sie veränderten die Sprache und fügten neues Material hinzu, vor allem eine Fülle an direkten Jesusworten oder -reden.
Abfassungszeit und Adressaten Bei antiken Manuskripten ist die genaue Bestimmung der Abfassungszeit zumeist schwierig. Dennoch ist beinahe sicher, dass Markus sein Evangelium zwischen den Jahren 50 und 70 n.Chr. schrieb. Es ist offensichtlich, dass er für griechisch
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sprechende Leser schrieb, die nicht mit jüdischen Gebräuchen vertraut waren (vgl. 7,3-4; 12,18; 14,12, wo Markus jüdische Sitten erklärt). Abgesehen davon wissen wir nicht sicher, wer seine Leser waren, da Markus uns im Evangelium selbst darüber nichts sagt. Es ist aber wahrscheinlich, dass Markus für in Rom lebende Christen schrieb, die nach dem katastrophalen Brand der Stadt im Jahr 64 verfolgt wurden. Es scheint, dass Markus mit Petrus den Beginn der Verfolgungen unter Kaiser Nero in Rom erlebte (1Petr 5,13). Lange waren die Christen im Römischen Reich kaum besonders beachtet worden. Als man sie zuerst wahrnahm, vermutete man in ihnen eine weitere der exotischen religiösen Sekten, von denen es im ersten Jahrhundert viele gab. Oft hielt man sie auch für eine Splittergruppe innerhalb des Judentums. All dies aber änderte sich nach dem Brand Roms im Jahr 64, den man auf Nero selbst zurückführt. Obwohl er den durch das Feuer Geschädigten großzügige Hilfe zukommen ließ, verstummte die Kritik an ihm selbst nicht. Um diese Kritik zu besänftigen, suchte Nero einen Sündenbock. Er ließ den Christen diese zweifelhafte Ehre zuteil werden. Tacitus, ein antiker Historiker, schreibt über die Ereignisse in jenen Tagen: „… Nero bestrafte mit großer Raffinesse die als verdorben verrufenen Christen (so wie sie allgemein genannt wurden) ... Zuerst ließ Nero Christen inhaftieren, die sich öffentlich als Christen zu erkennen gaben. Aufgrund ihrer Angaben wurde dann eine große Anzahl von anderen Christen verurteilt – weniger wegen der Brandstiftung, als vielmehr wegen ihrer die Gesellschaft schädigenden Ansichten … Eingenäht in die Felle wilder Tiere wurden sie von Hunden in Stücke gerissen, gekreuzigt oder wie Fackeln nach Einbruch der Dunkelheit entzündet, um einen Ersatz für das Tageslicht zu bieten. Nero stellte seine Gärten für diese Spektakel zur Verfügung ...” Wenn diese Vorgänge die Abfassung des Evangeliums mitbestimmt haben, dann hat Markus die Berichte über Jesus zusammengestellt, um die verfolgten und sterbenden Christen zu vergewissern und zu trösten. Sie litten, wie auch Jesus gelitten hatte. Auch Jesus wurde missverstanden, verraten, von staatlicher Seite missbraucht und schließlich 9
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getötet. Aber – und das ist die Hoffnung, die Markus vermittelt – sein Tod war nicht vergeblich. Vielmehr kam in seinem Tod erst ganz zur Geltung, worum es ihm in seinem Leben ging. Durch seinen Tod wurde sein Dienst für die Menschen vollendet.
Inhalt Ganz offensichtlich ist der Bericht über Leiden und Tod Jesu das zentrale Thema dieses Evangeliums. Man hat das Evangelium des Markus treffend als „eine Passionsgeschichte mit ausführlicher Einleitung“ bezeichnet. Von den 16 Kapiteln widmet sich über ein Drittel der letzten Woche im Leben Jesu und den Ereignissen rund um seine Kreuzigung. Außerdem ist schon von Beginn des Evangeliums an der bevorstehende Tod Jesu im Blick. Wie ein Grundton klingt er immer wieder in den Berichten auf. Im Verlauf des Evangeliums wird immer deutlicher, dass die wahre Identität Jesu erst nach seinem Tod und seiner Auferstehung erkannt werden kann. Aus diesem Grund gebietet Jesus immer wieder den Dämonen, die ihn erkennen, über seine Identität zu schweigen. Die Menschen würden ihn missverstehen, solange sie nicht wissen, dass er gekommen ist, um sein Leben für die Menschen hinzugeben. Selbst die Jünger verstehen vor seinem Tod nicht wirklich, wer Jesus ist. Dieses Unverständnis der Jünger wird zu einem eigenen Thema im Evangelium: Jesus muss den Jüngern als ihr Lehrer immer wieder „die Augen öffnen“. Er ruft sie in die enge Gemeinschaft mit ihm und offenbart ihnen Schritt für Schritt, wer er ist. Zuerst verstehen sie das nicht. Sie sehen in ihm anfänglich nur einen überdurchschnittlich erfolgreichen Rabbi. Er ist für sie ein Lehrer mit ungewöhnlichen Lehr- und Heilungsgaben und großer Macht über die Dämonen. Dann erkennen sie, dass seine Macht die eines Rabbis bei weitem übersteigt. Er hat Gewalt über die Naturkräfte, über das Böse, über Krankheiten und selbst über den Tod. Sie ahnen, dass er der Messias ist. Aber selbst dann verstehen sie noch nicht, worin sein Messiasamt besteht. Sie erwarten den Messias als siegreichen Eroberer, der die Römer aus dem Land vertreiben und sein Königreich in Jerusalem auf10
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richten wird. Jesus muss sie lehren, dass er stattdessen kommt, um zu leiden und zu sterben. Das Markusevangelium zeigt uns Jesus als begabten Lehrer, der sich gegen die traditionellen Vorstellungen durchsetzen muss und den persönlichen Ehrgeiz der Zwölf in seine Schranken weist, damit sie ihn als den erkennen, der er wirklich ist. Ein drittes Thema ergibt sich aus den beiden genannten. Im Markusevangelium geht es darum, was es heißt, ein Jünger Jesu zu sein. Es bedeutet keine erstrebenswerte Machtposition, nicht eigenen Vorteil und Triumph, wie die Zwölf meinten. Jemandem zu folgen, der als leidender Knecht kommt und sich selbst für andere hingibt, fordert zur Bereitschaft auf, das eigene Kreuz auf sich zu nehmen, so wie es der Lehrer vorlebt. Das Evangelium bietet damit auch eine profunde Sicht des christlichen Lebens.
Literaturgattung und Ausrichtung Markus schafft durch den historischen Bericht über das Leben Jesu, der eine theologische Absicht transportiert, eine neue literarische Gattung. Ein Evangelium ist nicht einfach eine Biografie, da es viel davon auslässt, was in einem biografischen Werk zu erwarten wäre. So erfahren wir hier nichts über die Kindheit Jesu oder über sein Aussehen, wer seine Freunde waren oder welche Ereignisse seine frühen Vorstellungen geprägt haben. Stattdessen wendet sich Markus direkt dem Auftrag und Leben des erwachsenen Jesus zu. Eigentlich befasst er sich nur mit den letzten etwa drei Jahren seines Lebens. Selbst innerhalb dieser engen Grenzen wählt Markus noch weiter aus. Er blickt zuallererst auf ein einzelnes Ereignis: den Tod Jesu. Die Geschichte der letzten Woche im Leben Jesu nimmt über ein Drittel seines Berichtes ein. Ein Evangelium ist also ein Bericht über das Leben Jesu „mit theologischer Absicht“. Dadurch ist zugleich ausgesagt, dass jeder Evangelist seinen eigenen persönlichen Blickwinkel hat. Matthäus z.B. schrieb für jüdische Leser und erzählt ihnen die Geschichte des Königs Jesus, des Sohnes Davids, der als der lang ersehnte Messias kam. Lukas schrieb über den Menschensohn, der die Bedürftigen und Ausgestoßenen sucht und retten will. Johannes schrieb über Jesus, den ewigen Gottes-
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sohn. Markus blickt auf Jesus als den leidenden Knecht, der um anderer willen stirbt. Er schreibt für Heidenchristen, für Menschen, die selbst Verfolgung, Folter und Tod erfahren. Für sie ist es eine große Ermutigung, sich daran zu erinnern, dass ihr Herr, für den sie leiden und sterben, den gleichen Weg vorausgegangen ist.
Stil Markus hat einen ganz eigenen Schreibstil. Er benutzt kurze Sätze und eingängige Formulierungen, die er oft durch das Wort und miteinander verbindet. Seine Verben sind aktiv; die Erzählung der Ereignisse ist zügig und hat ein gewisses Tempo. Trotz der Zügigkeit ist sein Bericht reich an lebendigen Details, die Augenzeugen beigesteuert haben müssen. So ist er der einzige unter den Evangelisten, der in seiner Erzählung über die Segnung der Kinder berichtet, dass Jesus die Kinder zuerst einmal auf den Arm nahm (10,13-16). Ein interessantes Stilmittel ist, dass Markus immer wieder eine Geschichte mit einer zweiten umschließt, wie etwa in 3,20-35 (vgl. Kap. 5). Hier stellt Markus zwei Geschichten zusammen, die inhaltlich zusammengehören und sich gegenseitig erklären. Charakteristisch für das Evangelium als Literaturgattung ist es auch, dass das Gesamtwerk aus einer Aneinanderreihung von „kleinen Geschichten“ über Jesus besteht, deren eigentliche Aussage jedoch in der Art ihrer Zusammenstellung deutlich wird. Nicht selten wird dieselbe Geschichte in verschiedenen Evangelien auf unterschiedliche Weise benutzt. Diese kleinen Geschichten sind der christlichen Gemeinde (auswendig) bekannt. Sie wurden immer wieder erzählt. Aus der großen Sammlung der Geschichten über Jesus wählt Markus bestimmte aus und stellt sie in einer ganz speziellen Reihenfolge zusammen. Dadurch gibt er seinem Bericht über Jesus ganz bestimmte Aussageschwerpunkte.
Aufbau
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Berichte. Das führt zu einem kunstvoll gestalteten Gedankengang. Das lag nicht allein am Material, das Markus benutzte. Der Autor konnte die Geschichte Jesu nicht erzählen, ohne die Vorkenntnisse seiner Leser zu berücksichtigen. Er musste benutzen, was bereits viele kannten, ohne dass er es verändern durfte. Er ist eher ein Chronist der Überlieferung, nicht ihr Schöpfer und Urheber. Die frühe Kirche hätte sein Werk nicht benutzt, wenn er Material verwendet hätte, das unbekannt war oder seiner eigenen Fantasie entsprang, oder wenn die Darstellung wesentlich vom mündlich überlieferten Grundbestand abgewichen wäre. Nein, die Kreativität des Markus unter der Leitung des Heiligen Geistes wird wirksam auf der Ebene der Auswahl der Geschichten, die er zusammenstellt. Achten Sie also beim Lesen der Texte immer wieder einmal darauf, was die Abfolge der Ereignisse über ihre mögliche Bedeutung verrät. Markus bringt die Geschichten nicht in ihre zeitliche Abfolge, wie wir es vielleicht erwarten würden, wenn wir davon ausgehen, wie heute Geschichte geschrieben wird. Er gruppiert die Geschichten eher thematisch. Dabei benutzt er gleichzeitig verschiedene Organisationsprinzipien. Zum einen ist sein Bericht offenbar geographisch strukturiert. Jesus beginnt sein öffentliches Wirken im Norden in Galiläa und bewegt sich dann südlich nach Jerusalem, wo er schließlich getötet wird. Markus strukturiert seine Geschichte auch im Blick darauf, wie sich der Auftrag Jesu langsam entfaltet. Der Vorbereitung und Ausrufung folgt die schrittweise Erfüllung seiner Sendung. Genauso gibt es eine sich entfaltende Sicht davon, wer Jesus ist. Allgemein könnte man sagen, dass in der ersten Hälfte des Buches entdeckt wird, dass Jesus der Messias ist. In der zweiten Hälfte geht es um die Entdeckung, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Das Verständnis der Jünger wächst von den Erfahrungen mit Jesus als einem außerordentlichen Rabbi zur Erkenntnis seiner unvergleichlichen Macht, bis sie ihn als den Heiler der verhärteten Herzen erkennen. Nach Cäsarea Philippi und der Erkenntnis, dass er der Messias ist, erfahren sie ihn als Lehrer. In Jerusalem in der letzten Woche seines Lebens erkennen sie in ihm den ewigen Sohn Gottes.
Im Markusevangelium findet sich eine sorgfältig und bewusst zusammengestellte Anordnung der 11
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Markus 1,1-13 Der Prophet aus der Wüste
Johannes der Täufer fordert: Ändert euch! 1 Dies ist die Heilsbotschaft von Jesus Christus, dem Sohn Gottes. 2Alles begann so, wie es in der Heiligen Schrift vorausgesagt worden war: „Gott wird einen Boten senden, der die Welt darauf vorbereiten soll, dass Gottes Sohn kommen wird.“ (Maleachi 3,1) 3 Der Prophet Jesaja hatte vorausschauend die Aufgabe dieses Boten so beschrieben: „Ich höre jemand in der Wüste rufen: ,Macht den Weg frei für den Herrn! Räumt alle Hindernisse weg, damit er kommen kann!’“ (Jesaja 40,3) 4 Dieser Bote war Johannes der Täufer. Er lebte in der Wüste, taufte und verkündete den Leuten, die zu ihm kamen: „Ändert euch von Grund auf, und kehrt um zu Gott, damit er euch eure Sünden vergeben kann. Lasst euch von mir taufen!“ 5Viele Menschen aus der ganzen Provinz Judäa und aus Jerusalem kamen, um Johannes zu hören. Sie bekannten ihre Sünden, und er taufte sie im Jordan. 6Johannes war sehr einfach gekleidet: Er trug einen groben, aus Kamelhaar gewebten Mantel, der von einem Lederriemen zusammengehalten wurde. Seine Nahrung bestand aus Heuschrecken und
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Honig, den er draußen fand. 7Er rief den Leuten zu: „Nach mir wird ein anderer kommen, der viel mächtiger sein wird, als ich es bin. Ich bin nicht einmal würdig, ihm die Schuhe auszuziehen. 8Ich taufe euch mit Wasser, aber er wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.“ Jesus lässt sich taufen 9 In dieser Zeit kam Jesus von Nazareth aus der Provinz Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen. 10Gleich nach der Taufe, als Jesus aus dem Wasser gestiegen war, sah er, wie sich der Himmel über ihm öffnete und der Geist Gottes wie eine Taube auf ihn herabkam. 11Dabei hörte er eine Stimme aus dem Himmel: „Du bist mein geliebter Sohn, der meine ganze Freude ist.“ Jesus wird auf die Probe gestellt 12 Gleich darauf führte der Geist Gottes Jesus in die Wüste. 13Vierzig Tage war er dort den Versuchungen des Teufels ausgesetzt. Er lebte mit wilden Tieren zusammen, und die Engel Gottes dienten ihm.
+ Impulse für das Gespräch 30–40 Minuten
Sie müssen nicht alle Fragen beantworten. Wählen Sie die aus, die für Ihre Gruppe am interessantesten sind.
4. Was erfahren Sie über den Verfasser des Evangeliums und seine Absicht beim Schreiben des Evangeliums (s. auch Einführung)?
1. Was war Ihr erster Kindheitstraumberuf? Was wollten Sie werden, als Sie etwa 5 Jahre alt waren? Kannten Sie jemanden, der Ihren Traumberuf ausübte?
5. Was sagt der Textzusammenhang der Bibelstellen über „den, der kommen wird“ (V.7)?
2. Waren Sie schon einmal in einer richtigen Wüste? Welche Erfahrungen dort waren am eindrücklichsten?
6. Wie müsste jemand sein und reden, der heute die Leute dazu bringen würde, in eine Wüste hinauszupilgern, um seiner Predigt zuzuhören? – Warum findet die Predigt des Johannes so viele Anhänger (V.4-7)?
3. Haben Sie Erfahrungen mit dem Fasten? Berichten Sie davon, wenn Sie möchten.
7. Was sagen Kleidung und Nahrung des Johannes über ihn aus (V.6; vgl. 2Kö 1,8; Mal 3,1-11)?
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8. Wie haben sich die Leute aufgrund der Aussagen von Johannes (V.7.8) wohl den vorgestellt, den er ankündigte (vgl. auch Jes 32,15-20)? Wie passen diese Erwartungen, der große Anklang, den Johannes findet, und seine harte Botschaft zusammen? 9. Welche Bedeutung hatte die himmlische Stimme wohl für Jesus, als er aus dem Wasser stieg (V.10.11)? Welche Bedeutung hatte sie für ihn in der Wüste und in der Versuchung?
[Austausch und Gebet 20–40 Minuten Besonders in der Austauschrunde ist es wichtig, dass jeder nur das erzählt und mitteilt, was er wirklich mitteilen möchte. 10. Könnten Sie an einem Beispiel aus Ihrem Leben verdeutlichen, was Umkehr bedeutet? 11. Womit würden Sie beginnen, wenn Sie einen Bericht über das Wirken Jesu in Ihrem eigenen Leben schreiben sollten? Gab es in Ihrem Leben auch einen „Täufer Johannes“, der Jesus den Weg bereitet hat? 12. Gibt es in Ihrem Leben auch Zeiten, in denen Sie „in die Wüste geführt“ wurden? Hat das Ihr Verständnis von Gottes Liebe zu Ihnen und seinem Auftrag für Sie beeinflusst?
Erläuterungen 1,1-13. In diesem kurzen Vorwort beschreibt Markus, wie Jesus auf seinen Dienst vorbereitet wird. Die Kürze dieser Vorgeschichte unterscheidet sich deutlich vom Vorgehen des Matthäus und des Lukas. Beide widmen der Zeit vor dem öffentlichen Auftreten Jesu vier Kapitel. 1,2-3. Die Juden erwarteten, dass vor dem Erscheinen des Messias jemand auftreten würde, der dem Propheten Elia ähneln und die Ankunft des Messias ankündigen sollte (vgl. Mal 3,1.4.5; Mk 9,4). In einer für die Rabbinen typischen Weise verbindet Markus verschiedene alttestamentliche Texte (Mal 3,1 und Jes 40,3 in V.2+3). Durch sie macht er zweierlei deutlich: 1. Das Auftreten Johannes des Täufers war vorausgesagt. Seine Botschaft sollte dem Messias den Weg bereiten. 2. Jesus ist dieser schon lange angekündigte Messias.
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1,4. dieser Bote. Johannes der Täufer stellt sich als der angekündigte Bote heraus. taufte. Wenn Heiden zum Judentum übertraten, verlangte man von ihnen ein zeremonielles Reinigungsbad in einem Fluss. Dies sollte auf symbolische Weise deutlich machen, dass ihre Sünden abgewaschen werden. in der Wüste. Dies meint hier eine bestimmte Gegend in Israel. Sie lag im unteren Jordantal zwischen Zentraljudäa und dem Toten Meer. Das Gebiet war ca. 20 Kilometer breit und fast hundert Kilometer lang. Es war ein trostloser, glühend heißer Landstrich – ein ausgesprochen ungastlicher Ort. 1,5. Menschen aus der ganzen Provinz Judäa. Markus benutzt hier eine Übertreibung (wörtlich: das ganze judäische Land), um den enormen Zulauf, den Johannes erfuhr, zu beschreiben. Seit mehr als 300 Jahren hatte es in Israel keinen Propheten mehr gegeben. Und Johannes sah ganz gewiss wie ein Prophet aus, sprach und verhielt sich auch so. aus Jerusalem. Zwischen Jerusalem und der Stelle, an der Johannes taufte, lag eine etwa 30 Kilometer lange, beschwerliche Reise. Dennoch kamen die Menschen in Massen zu ihm. 1,6. Diese Darstellung ähnelt der Beschreibung alttestamentlicher Propheten (vgl. 2Kö 1,8). Heuschrecken und Honig. Das hier verwandte Wort Heuschrecke kann entweder das Insekt bezeichnen (3Mo 11,22-23) oder auch eine Art Bohne, die am so genannten Heuschreckenbaum wuchs. Der Ausdruck Honig wurde auch für den Saft eines bestimmten Baumes verwandt. In jedem Fall handelte es sich um Nahrungsmittel der ärmsten Leute. 1,9. In dieser Zeit kam Jesus. Jesus beginnt seinen Dienst inmitten einer höchst angespannten Situation: alttestamentliche Propheten kündigten ihn schon lange an, der gegenwärtig wirkende Prophet Johannes bereitet die Menschen vor, die Volksmassen sind erwartungsvoll. Die nachfolgenden Ereignisse der Taufe und Versuchung Jesu (V.913) weiten diese bereits eindrucksvolle Szene aus auf die himmlische, die unsichtbare Welt – Gott, der Vater, der Heilige Geist und der Sohn (V.10.11) sind anwesend, ebenso Engel und der Teufel (V.13). ließ sich taufen. Dadurch identifizierte sich Jesus mit den anwesenden Menschen und ihrer Reinigung von ihren Sünden, die sie in der Taufe vollzogen (obwohl er selbst ohne Sünde war – 1Petr 2,22). Bereits zu Anfang des Evangeliums weist dieser Akt auf die spätere Bedeutung des Todes Jesu hin: Er trägt, übernimmt freiwillig, die Sünde der Menschen. 1,11. eine Stimme. Die Stimme Gottes ergeht an Jesus, nicht an die Menschenmenge. Sie vergewissert ihn vor Beginn seines Dienstes, wer er ist: Gottes geliebter Sohn. In der kommenden Zeit seines Wirkens ist es seine Aufgabe, auch Israel das bekannt zu machen. 1,12. der Geist Gottes führte Jesus in die Wüste. Derselbe Geist, der Jesus so eindrucksvoll bestätigte, führt ihn nun in die Zeit der Versuchung. 1,13. Versuchungen. Es handelt sich um eine Kraftprobe zwischen Jesus und dem Satan. Der Teufel versucht, Jesus grundsätzlich auf seine Seite zu ziehen.
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Markus 1,14-45 Machterweise – Jesus verkündet die Herrschaft Gottes
Die ersten Jünger 14 Nachdem Johannes der Täufer vom König Herodes verhaftet worden war, kam Jesus in die Provinz Galiläa, um dort Gottes Botschaft zu verkündigen: 15„Jetzt ist Gottes Stunde gekommen. Seine Königsherrschaft wird nun aufgerichtet. Ändert euch von Grund auf! Kehrt um zu Gott und nehmt seine Heilsbotschaft im Glauben an!“ 16Am See Genezareth traf Jesus den Fischer Simon und dessen Bruder Andreas. Sie warfen gerade ihre Netze aus. 17Da forderte Jesus sie auf: „Kommt mit mir! Ich will euch zeigen, wie ihr Menschen für Gott gewinnen könnt.“ 18Sofort ließen die beiden Männer ihre Netze liegen und gingen mit ihm. 19Nicht weit davon entfernt begegnete Jesus den Söhnen des Zebedäus, Johannes und Jakobus. Sie saßen im Boot und flickten ihre Netze. Auch sie forderte er auf, mit ihm zu gehen. 20Da verließen sie ihren Vater mit seinen Gehilfen und gingen mit Jesus. Jesus erweist seine Macht Nun kamen sie in die Stadt Kapernaum. Am nächsten Sabbat besuchte Jesus die Synagoge und predigte dort. 22Die Zuhörer waren von seiner Rede tief betroffen. Es war anders als bei ihren Schriftgelehrten, denn alle spürten, dass durch Jesus Gott selbst zu ihnen sprach. 23In der Synagoge war ein Mann, der von einem bösen Geist beherrscht wurde. Er lief zu Jesus und schrie: 24„Was willst du von uns, Jesus von Nazareth? Du bist doch nur gekommen, um uns zu vernichten. Ich weiß genau, wer du bist: der Sohn Gottes.“ 25Aber Jesus wusste, dass nicht der Mann selbst sprach, sondern der böse Geist in ihm. Deshalb befahl er dem Dämon: „Schweig und verlass den Mann!“ 26Der Dämon zerrte den Mann hin und her und verließ ihn dann mit einem lauten Schrei. 27 Darüber erschraken alle in der Synagoge und fragten sich aufgeregt: „Was ist das nur für eine Lehre? Den Befehlen dieses Jesus müssen sogar die bösen 21
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Geister gehorchen!“ 28In Windeseile wurde in ganz Galiläa bekannt, was Jesus getan hatte. Kranke werden geheilt 29 Nachdem Jesus die Synagoge verlassen hatte, ging er mit Jakobus und Johannes in Simons Haus, in dem auch Andreas wohnte. 30Dort erfuhr er, dass Simons Schwiegermutter mit hohem Fieber im Bett lag. 31Er ging zu ihr, nahm ihre Hand und richtete sie auf. Sofort war das Fieber verschwunden. Sie konnte sogar aufstehen und für ihre Gäste sorgen. 32Am Abend, als die Sonne untergegangen war, brachte man viele Kranke und von Dämonen beherrschte Leute herbei. 33Fast alle Bewohner der Stadt versammelten sich vor Simons Haus. 34Jesus heilte viele Menschen von ihren Krankheiten und zwang die Dämonen, ihre Opfer freizugeben. Dabei verbot er den bösen Geistern, von ihm zu reden, denn sie wussten genau, wer er war. Alle müssen die Heilsbotschaft hören 35 Am nächsten Morgen stand Jesus vor Tagesanbruch auf und ging an eine einsam gelegene Stelle, um dort allein zu beten. 36Petrus und die anderen suchten ihn. 37Als sie ihn gefunden hatten, sagten sie vorwurfsvoll: „Alle Leute fragen nach dir!“ 38Aber er antwortete: „Wir müssen auch noch in die anderen Dörfer gehen, um dort die Heilsbotschaft zu verkünden. Das ist meine Aufgabe.“ Und Jesus reiste durch die ganze Provinz Galiläa, predigte in den Synagogen und befreite viele aus der Gewalt dämonischer Mächte. Ein Geheilter kann nicht schweigen 40 Einmal kam ein Leprakranker zu Jesus. Er fiel vor ihm nieder und bat: „Wenn du willst, kannst du mich heilen.“ 41Jesus hatte Mitleid mit dem Mann. Deshalb legte er segnend die Hand auf ihn: „Ich will es tun! Sei gesund!“ 42Von diesem Augenblick an war der Aussatz verschwunden
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und der Mann geheilt. 43/44„Sprich mit niemandem über deine Heilung“, schärfte ihm Jesus ein, „sondern gehe direkt zum Priester, und lass dich von ihm untersuchen. Bring das Opfer für deine Heilung, wie es Mose vorgeschrieben hat. Jeder soll merken, dass Gott dich geheilt
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Einstieg 15–20 Minuten
Der Ablauf der Treffen ist Ihnen nun schon vertraut. Wählen Sie wieder die Fragen aus, die Sie am meisten interessieren. 1. Wann sind Sie von zu Hause ausgezogen? Wohin? Erinnern Sie sich, wie Sie sich dabei fühlten? 2. Was war die bedrohlichste oder unangenehmste Krankheit, die Sie bisher hatten? 3. Haben Sie schon einmal ein Wunder erlebt? Wenn Sie möchten, erzählen Sie davon.
+ Impulse für das Gespräch 30–40 Minuten
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hat.“ 45Aber der Mann erzählte überall, wie er geheilt worden war, sodass Jesus nicht länger in der Stadt bleiben konnte. Er musste sich in eine einsame Gegend zurückziehen. Aber auch dorthin kamen von überall die Leute zu ihm.
9. Wie haben die Menschen wohl „gespürt, dass Gott selbst durch Jesus sprach“? 10. Wie hängen das Heilen Jesu (V.30.31) und die Befreiung von dem bösen Geist (V.25) zusammen? Welche neue Herrschaft wird hier deutlich? 11. Welche Gedanken könnten Jesus nach diesen Ereignissen (V.29-34) an den folgenden Tagen bei Tagesbeginn bewegt haben (V.35)? Worum hat er wohl gebetet? Wie könnte das mit der Entscheidung in V.38 zusammenhängen? Worin sah Jesus seinen Auftrag (V. 38)? 12. Was hat Petrus wohl von dieser Entscheidung gehalten?
Auch für das Bibelgespräch gilt: Treffen Sie eine Auswahl aus den angegebenen Gesprächsimpulsen.
13. Wie hängt die Heilung des Leprakranken mit dem Rest dieses Kapitels zusammen (vgl. Erläuterungen)? Haben Sie sich schon einmal „wie ein Aussätziger“ gefühlt? Was war daran am schlimmsten?
4. Warum begann Jesus sein öffentliches Wirken in Galiläa (vgl. Erläuterungen)?
14. Warum kann der Geheilte nicht schweigen? Was passierte in der Folge?
5. Was ist nach den Worten Jesu die Botschaft Gottes an die Menschen? Wie passt das mit der Botschaft von Johannes dem Täufer zusammen?
15. Jesus heilte viele von unsauberen Geistern, körperlichen Krankheiten oder ungesunden Lebenshaltungen. Was müsste Jesus in Ihrem Leben „bereinigen“, damit Sie mehr aus der Freude über das Reich Gottes und für Gottes Sache leben könnten?
6. Was verstanden die Jünger zu diesem Zeitpunkt unter „Gottes Königsherrschaft“? Was unter „Menschen für Gott gewinnen“? 7. Warum sind die Jünger dem Ruf Jesu gefolgt? Was würde Sie dazu bringen/hat Sie dazu gebracht, Jesus zu folgen? 8. Warum wohl hat Jesus seinen Dienst in einer Synagoge begonnen (V.21-25)? Welche beiden Dinge an Jesus versetzten die Leute in Erstaunen? Warum war das so?
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Austausch und Gebet
20–40 Minuten Vielleicht finden Sie in diesem Teil der Vorschläge immer wieder Fragen, die Sie lieber für sich allein beantworten, ohne Ihre Antwort den anderen mitzuteilen. Nehmen Sie sich auch die Freiheit zu schweigen, wenn es Ihnen zu persönlich wird. 16. Wenn man an den Jüngern ablesen konnte, was es bedeutet, „zu Gott umzukehren und zu glauben“, wo stehen Sie dann augenblicklich? a. Ich bin noch bei meinem Fischerboot. b. Tagsüber wird gefischt und abends und am Wochenende bin ich mit Jesus unterwegs. c. Ich bin dabei, alles zu verlassen. 17. Haben Sie schon einmal etwas aufgegeben, um Jesus zu folgen? 18. Gibt es etwas an der Botschaft von Gottes Herrschaft, das Sie „unwiderstehlich“ finden, das Sie tief im Inneren anspricht (V.22)? 19. Welche der in diesem Abschnitt geschilderten Haltungen gegenüber Jesus (18.22.27) beschreibt am ehesten auch Ihr Verhältnis zu ihm?
Erläuterungen 1,14-45. Markus beginnt seinen Bericht über den Dienst Jesu mit einer Reihe von Ereignissen, die deutlich machen, wie schnell und wie begeistert das Volk auf Jesus reagierte. 1,14-15. Die Vorbereitungen sind abgeschlossen. Jesus beginnt seinen Dienst. Diese Verse bilden eine Überleitung, in der Markus das Wesen des Dienstes Jesu beschreibt und seine Botschaft zusammenfasst. 1,14. Johannes der Täufer vom König Herodes verhaftet. Zwischen den Ereignissen in 1,9-13 und den hier genannten liegt eine Zeitspanne von etwa einem Jahr. Galiläa. Dies war die nördlichste Provinz Palästinas. Sie war klein, etwa 40 Kilometer breit und 55 Kilometer lang. Zur Zeit Jesu umfasste die Bevölkerung schätzungsweise 350.000 Menschen (von denen rund 100.000 Juden gewesen sein dürften). Galiläa war eine Region mit ländlicher Struktur und guten Fischgründen. Der jüdische Bevölkerungsteil galt als rebellisch und in religiösen Fragen als nachlässig. Die in Jerusalem lebenden Juden
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betrachteten die Galiläer als kulturelle Hinterwäldler, ungebildete und primitive Landbevölkerung, die zudem mit einem groben Akzent sprach. 1,15. Jetzt. Das Ereignis, das in Israel lange erwartet und herbeigesehnt worden war, findet nun statt. Jetzt ist die Zeit der Erfüllung der göttlichen Versprechen gekommen. Der Messias tritt in die Geschichte Israels ein. Königsherrschaft. Die Juden betrachteten sich selbst als das auserwählte Volk Gottes. Er allein sollte ihr König sein. Allerdings befanden sie sich unter der Besatzung Roms. Der Kaiser regierte als ihr König. Dennoch waren sie zuversichtlich, dass der Messias sie eines Tages aus dieser Lage befreien würde. Sie stellten sich ihn als einen erfolgreichen Kriegsherrn mit beeindruckender Macht vor, der sein Volk zum militärischen Sieg führen und dann Jerusalem als Hauptstadt der Welt aufrichten würde. – Diesen Erwartungen begegnete Jesus immer wieder; er wollte sie allerdings nicht erfüllen. Sein Weg war ein anderer. Schlussendlich bedurfte es sogar seines Todes und seiner Auferstehung, bevor selbst seine Jünger erkannten, dass er eine völlig andere Art von Königsherrschaft Gottes brachte. 1,17. Jesus rief diese Männer in einer Art und Weise, die sie verstehen konnten. Indem er sie bat, „mit ihm zu gehen“, lud er sie ein, sich zur Gruppe seiner Jünger zu gesellen. Simon und Andreas kannten wohl das Vorgehen der Rabbinen, eine kleine Gruppe von Schülern um sich zu scharen. Indem Jesus ihnen sagte, dass er durch sie Menschen für Gott gewinnen wollte (wörtlich: „Ich will euch zu Menschenfischern machen“), beschrieb er ihnen ihre neue Aufgabe durch ein ihnen verständliches Bild. Sie sollten Menschen sammeln, die sich von Jesus und seiner Lehre überzeugen ließen. 1,18. Sofort. In 1,14 erfahren wir, dass Jesus bereits in Galiläa gepredigt hatte. Diese Fischer hatten wahrscheinlich schon vor ihrer Begegnung mit Jesus die Möglichkeit gehabt, seine Botschaft zu hören. Dennoch war ihr Schritt ein Akt großen Glaubens und Mutes. Im ersten Jahrhundert starb man in der Regel, wo man geboren wurde. Männer blieben in ihrem Familienverband und übernahmen die Beschäftigung ihres Vaters. 1,20. Gehilfen. Jakobus und Johannes kamen aus einer Familie des Mittelstandes. Ihr Vater Zebedäus hatte mehrere Angestellte, die für ihn arbeiteten. Außerdem besaß er ein Boot, mit dem er auf den See zum Fischfang fuhr (vgl. Lk 5,3.10; auch Petrus scheint Besitzer eines Bootes gewesen zu sein). 1,20-28. Der erste öffentliche Auftritt Jesu, über den Markus berichtet, findet im Beisein der vier neu berufenen Jünger in einer Synagoge statt. Hier, vor der Versammlung des auserwählten Volkes Gottes, demonstriert Jesus die Gegenwart Gottes durch die Vollmacht seiner Lehre und seine außergewöhnliche Macht über die Dämonen. 1,21. Kapernaum. Eine Stadt am Nordufer des Sees Genezareth, ca. 5 Kilometer westlich der Jordanmündung. Sie war ein Zentrum des Fischfangs und Zollstelle. Synagoge. Im Israel des ersten Jahrhunderts war der Tempel in Jerusalem der einzige Ort, an dem Opfer gebracht wurden und an dem die Priester und Tempelbediensteten Dienst taten. In den übrigen Orten versammelte man sich
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wöchentlich in der Synagoge zum Gottesdienst oder zur religiösen Unterweisung. Die Synagogen wurden durch ein Laienkomitee ohne hauptamtliche Geistliche geführt. Jeder jüdische Mann konnte dort sprechen, solange er die Erlaubnis der Synagogenvorsteher hatte. 1,23. ein böser Geist. Eine bösartige, übernatürliche Macht, die Menschen unter ihre Kontrolle bringt. Die Dämonen bilden das Heer Satans. Durch die Besiegung des bösen Geistes erweist Jesus seine Macht über den Teufel. Hier ereignet sich die Eröffnungsschlacht in einem Kampf, den Jesus bis zu seinem Tod führte. 1,24. Was willst du von uns? Ich weiß genau, wer du bist. Durch die Identifizierung Jesu, den Gebrauch seines menschlichen Namens und seines göttlichen Titels hofft der Dämon über Jesus Macht zu gewinnen. Man glaubte damals allgemein, dass die Kenntnis der wirklichen Identität einer Person (oder ihres verborgenen Namens) Macht über diese Person verleihe. Dies funktioniert mit Jesus allerdings nicht. Sohn Gottes. Der böse Geist erkennt Jesus als den, der er ist – der Mensch gewordene Sohn Gottes. Im Gegensatz dazu vergeht einige Zeit, bis Menschen (selbst die Jünger) dies verstehen. 1,27. Markus erwähnt zwei Dinge, die die Aufmerksamkeit der Leute erregten: die ungewöhnliche Kraft seiner Lehre und die Macht seiner Taten. sie erschraken. Ein häufig von Markus gebrauchter Ausdruck, der beschreibt, wie die Leute auf Jesus, seine Taten und Worte (V.22) reagierten. In diesem Ausdruck schwingen Begeisterung, Aufregung und Furcht mit. Wer ist dieser Mann, der eine solch unerwartete Macht besitzt? 1,28. in Windeseile bekannt. Die Menschen waren Zeugen erstaunlicher Ereignisse und hörten außerordentliche Lehren. So ist es nicht verwunderlich, dass sie jedem, den sie trafen, erzählten, was in der Synagoge geschehen war. 1,31. nahm ihre Hand. Eine Einzelheit, die nur ein Augenzeuge wie etwa Petrus wissen konnte. das Fieber war verschwunden. Sie wurde wirklich und unmittelbar geheilt. Sie leidet nicht an der Schwäche, die normalerweise Folge längeren Fiebers ist. für ihre Gäste sorgen. Im jüdischen Haushalt (sofern die Familie nicht wohlhabend genug war, um Sklaven zu beschäftigen) bereiteten die Frauen das Essen vor und bedienten bei Tisch. 1,32. als die Sonne untergegangen war. Da die Versorgung von Kranken am Sabbat verboten war, kommen sie erst nach Einbruch der Dämmerung, die das Ende des Sabbats anzeigt. 1,34. zwang die Dämonen, ihre Opfer freizugeben. Die Exorzisten des ersten Jahrhunderts benutzten ausgefallene Anrufungsformeln, spezielle Zaubersprüche und magische Utensilien, um Dämonen auszutreiben. Im Gegensatz dazu genügt Jesus hier ein einfaches Befehlswort. verbot den bösen Geistern, von ihm zu reden. Bevor Menschen Jesus als Messias erkennen sollten, wollte Jesus sicherstellen, dass klar wurde, welche Art von Messias er denn sei. Er war eben nicht der militärische Messias, wie ihn die apokalyptische Literatur jener Zeit ausmalte. Er war gekommen, um Frieden für alle Menschen zu bringen, in einem anderen als dem politischen Sinn.
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1,35. um dort allein zu beten. Mitten in seinem größten Erfolg macht Jesus deutlich, wie abhängig er von Gott als der Quelle seiner Kraft ist. 1,38. Mit diesem Vers beendet Markus seinen Bericht über einen unglaublich angefüllten Tag im Leben Jesu. Wir müssen auch noch. Jesus ist darauf ausgerichtet, seine Hauptaufgabe zu erfüllen, die darin besteht, das Reich Gottes (vgl. V.14.15) zu verkünden. um dort die Heilsbotschaft zu verkünden. Nun beginnt Jesus seine Predigtreise in Galiläa. Sein Dienst war ein Reisedienst. 1,40-45. Markus beendet den ersten Abschnitt seines Buches mit einem Bericht über eine machtvolle Heilung. Erneut kämpft Jesus mit der Macht des Bösen (auch Krankheit ist letztlich eine Ausdrucksform einer von Gott abgefallenen und damit der Macht des Bösen verfallenen Welt). Lepra ist eine besonders eindrückliche Illustration der Wirkungsweise des Bösen. Sie ist gekennzeichnet von fortschreitender Zersetzung im leiblichen und – als Folge der sozialen Isolation – auch oftmals im seelischen Bereich. 1,40. Leprakranker. Keine Krankheit war so gefürchtet wie die Lepra, denn sie führte nicht allein zur leiblichen Entstellung, sondern auch in völlige gesellschaftliche Isolation. kam zu Jesus. Was der Kranke hier tut, war durch das Gesetz verboten. 1,41. Mitleid. Das menschliche Leid ruft in Jesus eine tiefe emotionale Reaktion hervor. Er wehrt sich nicht gegen solch starke Gefühle. legte er segnend die Hand auf ihn. Einen Leprakranken zu berühren, war für die meisten Menschen des ersten Jahrhunderts unvorstellbar. Nicht allein, dass man dadurch eine Ansteckung riskierte; der Kontakt mit dem Kranken machte eine Person zugleich rituell unrein und schloss sie damit für eine gewisse Zeit von der Teilnahme am religiösen Leben der Gemeinschaft aus. Dass Jesus ihn nicht nur anhörte, sondern berührte, muss auf den Leprakranken einen überwältigenden Eindruck gemacht haben. 1,44. Bring das Opfer. In 3Mo 14,1-32 wird das Vorgehen beschrieben, durch das ein Leprakranker wieder rein erklärt wurde. Diese Bestätigung war lebenswichtig für den Gesundeten. Sie war der Weg zurück in den normalen Umgang mit der menschlichen Gesellschaft. 1,45. erzählte überall. Jesu Bitte findet kein Gehör. Die Freude des Kranken lässt sich nicht zurückhalten. Er erzählt jedermann, wie er geheilt worden war. einsame Gegend. Markus hatte seine Erzählung damit begonnen, dass Jesus aus der Wüste kommt, um seinen Dienst zu beginnen. Dieser Abschnitt endet nun damit, dass Jesus in die Einsamkeit zurückkehren muss. Der (zwar verständliche) Ungehorsam des Leprakranken treibt ihn dorthin und behindert damit sein Wirken in Galiläa. auch dorthin kamen die Leute. Um diesen Punkt geht es Markus in seiner anfänglichen Beschreibung des Wirkens Jesu. Jesus ist außerordentlich bekannt und beliebt bei den einfachen Leuten. Im Gegensatz dazu zeigt Markus im nächsten größeren Abschnitt (2,1-3,6), wie die religiöse Führungsschicht auf Jesus reagiert.
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