Wilckens, Ulrich: Studienbibel Neues Testament

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Ulrich Wilckens Studienbibel Neues Testament

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Ulrich Wilckens

Studienbibel Neues Testament al sel ateri a n B tes M e n n tz Bru schü – tis ht-ge n o ig F pyr o C


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

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2015 by Fontis – Brunnen Basel Umschlag: Spoon Design, Olaf Johannson, Langgçns Foto Umschlag: T30 Gallery / Shutterstock.com Textbearbeitung: Dr. Roland Werner, Marburg Satz: InnoSet AG, Justin Messmer, Basel Druck: Finidr Gedruckt in der Tschechischen Republik ISBN 978-3-03848-002-0


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Inhalt Abkürzungen und verwendete Namen aller biblischen Bücher . . .

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Geleitwort von Roland Werner. . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort von Karl Kardinal Lehmann . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung zum Neuen Testament . . . . . . . . . . . . . . .

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Hinweise für die Benutzung dieser Ausgabe . . . . . . . . . . .

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Das Matthäusevangelium . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

Das Markusevangelium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

134

. .

205

. .

310

. .

393

Der Rçmerbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

491

Der 1. Brief an die Korinther . . . . . . . . . . . . . . . . .

555

Der 2. Brief an die Korinther . . . . . . . . . . . . . . . . .

614

Der Brief an die Galater . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

654

Der Brief an die Epheser . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

679

Der Brief an die Philipper. . . . . . . . . . . . . . . . . . .

696

Der Brief an die Kolosser . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

711

Der 1. Brief an die Thessalonicher . . . . . . . . . . . . . . .

723

Der 2. Brief an die Thessalonicher . . . . . . . . . . . . . . .

733

Die Briefe an Timotheus und Titus . . . . . . . . . . . . . . .

739

l Das Lukasevangelium . . . . . . . . . . . e.l . . . e. ri.a . s t a a B M Das Johannesevangelium . . . . .ne . n. . . t.es . . . . . . . z n t Bru schü – s ti t-ge n h o g Die Apostelgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . i F pyr o C


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Inhalt

Der 1. Brief an Timotheus . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

741

Der 2. Brief an Timotheus . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

755

Der Brief an Titus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

765

Der Brief an Philemon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

771

Der Brief an die Hebräer . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

774

Der Brief des Jakobus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

809

Der 1. Brief des Petrus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

823

Der 2. Brief des Petrus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

839

Der 1. Brief des Johannes . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

848

Zweiter und dritter Johannesbrief . . . . . . .l . . . .ri.al. . .

863

. . . .

864

. . . .

867

. . . .

869

Die Offenbarung des Johannes . . . . . . . . . . . . . . . . .

873

ase Mate Der 2. Brief des Johannes . . . . . e . n. B . . . s . . . . . te n z n t u Der 3. Brief des Johannes . .Br. . . .c.hü s . . . . . . . . – e s g i t t Der Brief des Judas. Fon. y. r.ig.h. . . . . . . . . . . . . p Co


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Abkürzungen und verwendete Namen aller biblischen Bücher Altes Testament

1. Mose 1. Mose (Genesis)

Jer

Jeremia

2. Mose 2. Mose (Exodus)

Klgl

Klagelieder Jeremias

3. Mose 3. Mose (Levitikus)

Eze

Ezechiel (Hesekiel)

4. Mose 4. Mose (Numeri)

Dan

Daniel

5. Mose 5. Mose (Deuteronomium)

Hos

Hosea

Jos

Josua

Joel

Jo l

Ri

Richter

2. Kçn

Am l Amos al se ateri a Rut (Ruth) n B Obd s MObadja e e t n n tz Jona 1. Samuel Bru schü Jon – Mich Micha 2. Samuel tis t-ge n h o g i F r Nah Nahum 1. Kçnige opy C Hab Habakuk 2. Kçnige

1. Chr

1. Chronik

Zef

Zefania

2. Chr

2. Chronik

Hag

Haggai

Esr

Esra

Sach

Sacharja

Neh

Nehemia

Mal

Maleachi

Est

Ester (Esther)

Jdt

Judith

Hiob

Hiob (Ijob)

Weish

Weisheit Salomos

Ps

Psalmen

Tob

Tobias

Spr

Sprichwçrter (Sprüche Salomos) Sir

Pred

Prediger Salomo (Kohelet)

Bar

Hld

Hoheslied

1. Makk 1. Makkabäer

Jes

Jesaja

2. Makk 2. Makkabäer

Rut 1. Sam 2. Sam 1. Kçn

Jesus Sirach Baruch


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Abkürzungen und verwendete Namen aller biblischen Bücher

Neues Testament

Mt

Matthäusevangelium

1. Tim

1. Timotheusbrief

Mk

Markusevangelium

2. Tim

2. Timotheusbrief

Lk

Lukasevangelium

Tit

Titusbrief

Joh

Johannesevangelium

Phlm

Philemonbrief

Apg

Apostelgeschichte

Hebr

Hebräerbrief

Rçm

Rçmerbrief

Jak

Jakobusbrief

1. Kor

1. Korintherbrief

1. Petr

1. Petrusbrief

2. Kor

2. Korintherbrief

2. Petr

2. Petrusbrief

Gal

Galaterbrief

1. Joh

1. Johannesbrief

Eph

Epheserbrief

2. Joh

2. Johannesbrief al sel ateri a Phil Philipperbrief M n3. BJoh te3.s Johannesbrief e n z n t Kol Kolosserbrief Jud Judasbrief Bru schü – s 1. Thess 1. Thessalonicherbrief ti t-ge Offb Offenbarung Johannes n h o g i F 2. Thess 2. Thessalonicherbrief pyr Co


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Geleitwort von Roland Werner Gottes Wort in unseren Worten Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit! Und weil das Wort Gottes bleibt, durch alle Zeiten hindurch, muss es sich immer neue Gefäße suchen, muss es in eine immer neue Gestalt gegossen werden. Das ewige Wort muss immer neue Worte finden, an jedem Ort und zu jeder Zeit. Denn gerade das ist ja das wesentlichste Merkmal des Redens Gottes: dass es so gesagt werden muss, dass es die Menschen hçren und verstehen kçnnen. Deshalb gehçren Bibelübersetzungen von Anfang an zum missionarischen Wirken der christlichen Kirche. Damit folgte sie der Spur der jüdischen Diasporagemeinschaft in ¾gypten. Denn dort wurde in den letzten Jahrhunderten vor der Zeitenwende die hebräische Bibel in die Weltsprache Griechisch übersetzt. Die so entstandene griechische »Septuaginta« ial in unüberel aterwirkte s a sehbarem Maß in die frühe Christenheit B Denn M das, was dort vorausn inhinein. serfüllt, e e t n geahnt und vorausgesagt war, sahen sie Jesus dem Messias Israels, ütz runÜbersetzungstitel h B den sie bald mit dem griechischen »Christos« nannten. c s e g is – »Ersten t Aufbauend auf n diesem Testament« entstand in den Jahrzehnten ht o g i F r nach Jesu Tod und Auferweckung die Sammlung von 27 Büchern, die wir als py Co kennen. Es ist durchgängig in der damaligen Form der das »Neue Testament« griechischen Sprache geschrieben, also in der Sprache, die die meisten Menschen jener Zeit verstehen konnten. Jesus selbst hat Aramäisch und ebenso sicher auch Hebräisch gesprochen. Seine Lehrunterweisung hat er mit hçchster Wahrscheinlichkeit in diesen beiden eng verwandten Sprachen seinen Schülern nahegebracht. Diese ersten Nachfolger Jesu, Männer und Frauen, und auch die Angehçrigen seiner leiblichen Familie, allen voran sicher seine Mutter Maria, »bewahrten« (Lukas 2,19) die Worte Jesu und die Ereignisse seines Lebens und Sterbens. Als Zeugen des Auferstandenen verkündigten sie, was sie »gehçrt und mit ihren Augen gesehen und betastet hatten vom Wort des Lebens« (1. Johannes 1,1). Das gaben sie weiter an ihre Zeitgenossen und an die nächste Generation, und zwar in der Sprache ihrer Zeit, auf Griechisch. So sind uns die ureigensten Worte von Jesus, in Hebräisch oder auch Aramäisch seinen Jüngern eingepflanzt, schon von Anfang an in der Form einer Übersetzung, nämlich auf Griechisch, überliefert.


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Geleitwort von Roland Werner

Seitdem hat die christliche Gemeinde ihr Urdokument immer neu übersetzt. In den ersten Jahrhunderten waren es die Sprachen der Lateiner und der Kopten, der Syrer und Armenier, der ¾thiopier und Nubier, der Georgier und Perser, die diese ersten Übersetzungen des griechischen Neuen Testaments empfingen. Und so ging es weiter mit dem Übersetzen, wenn auch nicht unangefochten. Die Kirche des Westens stellte sich gerade im Mittelalter zuweilen regelrecht feindlich gegen die Versuche von Übersetzungen in die jeweiligen Volkssprachen. Das ist ohne Zweifel eine dunkle Geschichte. Und doch ließ sich der missionarische Impuls, der sich in Verkündigung und Bibelübersetzung in den Sprachen der verschiedenen europäischen Vçlker äußerte, nie ganz aufhalten. So erschienen auch schon vor Martin Luther mehrere deutsche Übersetzungen von Teilen der Bibel. Dass es dann nach Luther weiterging, sowohl auf »katholischer« als auch auf »evangelischer« Seite, verwundert nicht. Denn immer wieder waren Menschen von der Schçnheit, der Wahrheit und der Wirkmächtigkeit der Heiligen Schrift erfasst und überzeugt. Dass heute in über 2000 der insgesamt ane die gesprol 7000tegegenwärtig rial s a a chenen Sprachen Übersetzungen zumindest von Teilen der Bibel vorliegen, B n Gottes sM neWort zeigt, dass diese Begeisterung fürn das tzte weiter brennt.

Bru schü – s ti Testaments Die Übersetzung desnNeuen t-ge von Ulrich Wilckens kam schon in den h o g i FmeineyHände. 1970er Jahren in Gemeinsam mit anderen jungen Leuten hatte p r o C ich einen Jugendkreis in unserer evangelischen Kirchengemeinde gegründet.

Darin studierten und diskutierten wir intensiv die Bibel und fragten uns, was ihre Botschaft für uns heute bedeutet. Dass unter den Übersetzungen, die wir miteinander lasen und verglichen, auch die von Ulrich Wilckens dabei war, versteht sich von selbst. Umso dankbarer war ich, als ich Jahrzehnte später die Gelegenheit hatte, den Verfasser, nunmehr schon als Bischof emeritus, kennen zu lernen. Manches Anliegen der Erneuerung der Kirche und ihrer Konzentration auf und den Einsatz für ihre Kernbotschaft bewegten mich in gleicher Weise. In diesen wenigen Begegnungen trat mir Ulrich Wilckens als ein tief gläubiger und glühender, begeisterter Jesusjünger entgegen. Ein Mann des Glaubens, bei dem intellektuelle Redlichkeit und tiefgegründetes Vertrauen auf Gott zu einem beeindruckenden Christuszeugnis zusammenfinden. Als dann die Anfrage des Verlags kam, ob ich eine Lektorierung der Einleitungen zu den neutestamentlichen Büchern und der Kommentare vornehmen kçnnte, lehnte ich zuerst ab. Inzwischen hatte ich selbst eine Übersetzung


Geleitwort von Roland Werner

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des Neuen Testaments und der Psalmen in heutigem Deutsch verçffentlicht (»dasbuch. NT und Psalmen«, SCM-Verlag) und befürchtete, dass ich so zu stark mit meiner eigenen Brille auf den Text von Ulrich Wilckens schauen würde. Außerdem war mir deutlich, dass ich bei einer ganzen Reihe von grundlegenden Fragen der so genannten »Einleitung«, also den Fragen nach Entstehungszeit und Verfasserschaft der jeweiligen neutestamentlichen Bücher, zu deutlich anderen Schlussfolgerungen und Überzeugungen gekommen bin als Ulrich Wilckens. Und gerade aufgrund meines sehr großen Respekts vor ihm, dem Neutestamentler, Bischof und Christuszeugen, wollte ich mich nicht in einen sachlichen Konflikt hineinbegeben. Schließlich willigte ich doch ein, nachdem wir ein klärendes Gespräch bei ihm zu Hause in Lübeck führen konnten, vermittelt von Dominik Klenk. Dabei verabredeten wir, dass die Lektorierung äußerst vorsichtig und zurückhaltend sein würde und sich primär auf Fragen von Sprache und Klarheit der Darstellung (besonders für den theologisch nicht so versierten Leser) konzentrieren l sollte. Damit konnte und kann ich leben. Denneso dass die l ist gewährleistet, eria s t a a Urteile, die Ulrich Wilckens aufgrund seiner Forschung, seiner Erkenntnisse B M en bleiben tes kçnnen und nicht von mir n und seiner Sicht der Dinge so fällt, stehen z n t ü wenn ich im Einzelfall zu einem Brumüssen, als Bearbeiter verändert werden chauch s – e s g i ganz anderen Urteilngelange o t righalst-er. F Diese Bearbeitungphat y dann Freude gemacht. Ich habe nichts am ÜbersetCo aber die Kommentare, Erklärungen und theologischen zungstext geändert, Zusammenfassungen und Hinführungen in Richtung allgemeine Lesbarkeit und Verständlichkeit bearbeitet. Dabei habe ich einen vertieften Einblick in die geistliche Gesamtschau von Ulrich Wilckens in die Offenbarungsgeschichte Gottes gewinnen kçnnen. Denn dass unsere menschliche Geschichte, mit allen ihren Irrungen und Wirrungen, durchwirkt ist von Gottes Heilswillen und Erlçsungswerk, macht sie zur Heilsgeschichte, durch alle Zeiten und Epochen hindurch. Der »Studienführer Altes Testament«, das mit diesem Buch verwandte zweite Buch des Autors, sollte deshalb unbedingt bei der Lektüre dieser Übersetzung mitgelesen werden. Denn darin führt Ulrich Wilckens zielstrebig und behutsam zugleich auf das hin, was in Jesus Christus sein Ziel und seine Mitte findet: die Offenbarung des ewigen und doch persçnlich nahekommenden Gottes, des Allmächtigen und Barmherzigen, des dreieinen Gottes – Vater, Sohn und Heiliger Geist –, des »ICH BIN, der ICH BIN«. Dass er sich in Jesus offenbart hat, ist Zentrum der neutestamentlichen Botschaft. So nimmt Jesus


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Geleitwort von Roland Werner

immer neu das gçttliche »ICH BIN« auf, wenn er sagt: »Ich bin das Brot des Lebens. Ich bin der Gute Hirte. Ich bin das Licht der Welt. Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben …« In dieser Wahrnehmung der Mitte der Heilsgeschichte bin ich ganz einig mit Bischof Dr. Ulrich Wilckens. Denn hier ist der feste Grund, von dem aus wir die Welt verstehen und verändern kçnnen. »Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hçren, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben« (Barmer Theologische Erklärung). Dass meiner Erkenntnis nach manche Datierung der Entstehung einzelner Bücher des Neuen Testaments deutlich früher angesetzt werden müsste und manche Frage der Verfasserschaft positiver und vertrauensvoller dem Zeugnis der frühen Kirchenväter und internen Angaben folgen sollte, soll noch einmal erwähnt sein. Aber gegenüber der Tatsache, dass wir hier eine behutsame, intensiv »hçrende« und zugleich engagierte und zupackende Übersetzung des l »Buchs der Bücher« vor uns haben, scheint dies e zweitrangig. l eria s t a a Ulrich Wilckens will Gottes Wort zum B Leuchten M bringen. Und das gelingt nbringt sWort im Wort zum Klingen. e e t n ihm ohne jeden Zweifel. Noch mehr: Er das z n hüdast Herz auf, und er ruft den Leser Brugehtsihm Immer, wenn es um Jesus–geht, c s die tAnbetung tiund -ge vor dem Geheimnis, dass »das Wort hinein in das Staunen n h o g i F unteryuns Fleisch wurde und p r wohnte« und dass »wir seine Herrlichkeit sehen o C dürfen, die Herrlichkeit des einziggeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit« (Johannes 1,14). Roland Werner, Dr. phil. et theol.


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Vorwort von Karl Kardinal Lehmann Zum Geleit Das Buch der Bücher ist in fast alle Sprachen der Welt übersetzt. In manchen Sprachräumen haben einzelne Übersetzungen nicht nur viele Auflagen erlebt, sondern auch grundlegend die Sprache und Kultur geprägt. Dies ist in unserem Bereich bei der sogenannten Lutherbibel der Fall, die immer wieder in verschiedenen Revisionsfassungen erschien. Viele haben ihren Wortlaut im Ohr und verstehen auch in diesem Sinne die Heilige Schrift. Die sogenannte »Einheitsübersetzung«, die im Jahr 1979 erschien, wollte einen sprachlich verständlichen und wissenschaftlich anerkannten Zugang zur Botschaft der Heiligen Schrift für heutige Leser bieten. Die neue Übersetzung, die auf katholischer Seite ihren Ausgang nahm, ist im Blick auf die Psalmen und das Neue Testament auch von evangelischer worial el Seite eraufgenommen s t a a den und hat als çkumenische Übersetzung nicht nur bei Gottesdiensten gute B M enÜberarbeitungen tes n Dienste getan. Zurzeit werden moderate Lutherbibel und z n t ü wohl auch baldderverçffentlicht. Bru schund der Einheitsübersetzung – abgeschlossen

tis ht-ge n o Obgleich es eineFganzpwichtige yrig Station im çkumenischen Miteinander ist, dass o man vor allem fürCdie offiziellen Gottesdienste und Veranstaltungen einen ge-

meinsamen Text verwenden kann, gab es natürlich früher noch stärker als heute private Übersetzungen aus den Urtexten, die jeweils zur Lieblingsbibel vor allem auf katholischer Seite geworden sind. So haben mich selbst die Übersetzungen des Neuen Testaments von Fritz Tillmann (1962) und später von Fridolin Stier (1989) immer wieder begleitet. Einen besonderen Rang unter diesen Übersetzungen gewann auch bald die Ausgabe des Neuen Testaments in der Übersetzung von Ulrich Wilckens, beraten von Werner Jetter, Ernst Lange und dem katholischen Exegeten Rudolf Pesch (1970, 8. neu bearbeitete Auflage 1991). Mir ist diese Übersetzung durch ihre Treue zum Urtext, ihren bescheidenen Stil und vor allem auch durch die verlässliche und reiche Kommentierung ans Herz gewachsen. Dass neben der Lutherübersetzung und nach der Einheitsübersetzung andere Wiedergaben ihren Platz behaupten konnten, zeigt allein schon die sogenannte Zürcher Bibel, die auf die Reformation Zwinglis zurückgeht und als neue Zürcher Bibel 2007 in überarbeiteter Fassung erschien, die vielfach benutzt wird.


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Vorwort von Karl Kardinal Lehmann

Der bekannte Neutestamentler und spätere evangelische Landesbischof Ulrich Wilckens hat nach dem Erscheinen der Erstausgabe und den Neubearbeitungen z. B. aus den Jahren 1980 und 1991 zeitlebens an der von ihm vorgenommenen Übersetzung weitergearbeitet. Er hat in diesen Jahrzehnten durch seine mehrbändige »Theologie des Neuen Testaments« (1. Aufl. 2014) seinen wissenschaftlichen und spirituellen Umgang mit dem Neuen Testament nochmals ungemein vertieft und legt uns nun eine immer wieder durchgearbeitete, aber auch von neuem meditierte, gewiss auch letzte Überarbeitung seiner »Studienbibel« vor. Es ist ein außerordentliches Zeugnis für einen wissenschaftlichen Exegeten von heute, dass er sich ein Leben lang mit dieser Intensität um eine sach- und zeitgerechte Übersetzung des Neuen Testaments bemühte. Ich liebe diese Übersetzung aus vielen Gründen. Zunächst staune ich immer wieder angesichts der konkreten Liebe zur Schrift und über die Demut des wissenschaftlich so ausgewiesenen Übersetzers, dass diese Ehrfurcht vor dem Wort Gottes immer wieder auch auf den Leser überspringt. Der Übersetzer al was der heiUlrich Wilckens nimmt sich ganz zurück, hçrt inständig el atauf eridas, s a lige Text uns heute sagen will. Er verstehtBihn wesentlich auch als eine Botn tAber sM e e n schaft, die heute verkündigt werden mçchte. bei aller Achtsamkeit auf n tz ünirgends h Bruverfällt den Hçrer und Leser von – heute er einem geläufigen Jargon c s e s g i t oder gar dem Zeitgeist. Man kann sich Ulrich Wilckens auch im Hinblick auf on right F die Schlichtheit und Schçnheit der Sprache anvertrauen. py Coder schon seit der 1. Auflage Beachtung fand, hat er in Den Kommentar, doppelter Weise mitgeliefert: einmal in einer zusammenfassenden Kommentierung sinnvoll voneinander abgehobener Textabschnitte, ohne sie freilich im Bibeltext mit einem eigenen Titel zu versehen, und mit gezielten Einzelerklärungen. Der Druck in KAPIT¾LCHEN bei Anführungen des Alten Testaments zeigt auch dem vertrauten Bibelleser immer wieder neu auf, wie tief das Neue Testament lebendig im Alten Testament verwurzelt ist. Ulrich Wilckens hat als Theologe und als Bischof über ein langes Leben hinweg leidenschaftlich der çkumenischen Aufgabe in einer unentwegten Suche nach der Einheit der Kirche Jesu Christi gedient. So ist es kein Wunder, dass die Kommentierung zwar da und dort Unterschiede in der Auslegungsgeschichte der Kirchen bis heute anmerkt, aber eben doch auch in verantwortlicher Weise überbrücken hilft. Deswegen kann ich angesichts der Rangstellung von Lutherbibel und Einheitsübersetzung vor allem zum çffentlich-amtlichen Gebrauch persçnliche Übersetzungen in ihrer Bedeutung gerade auch für den konkreten Bibelleser


Vorwort von Karl Kardinal Lehmann

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heute nicht übergehen. Ich mçchte sie nicht missen. So kann ich auch als katholischer Theologe und Bischof die Übersetzung von Ulrich Wilckens aus ganzem Herzen empfehlen. Dies schließt selbstverständlich auch ein, dass eine so persçnliche Übersetzung bei aller Treue zum Urtext und aller Objektivität des Übersetzers da und dort eigene Wege geht, die jedoch immer zum Wagnis des Übersetzens gehçren. Zur Ergänzung dieser Übersetzung darf ich bei dieser Gelegenheit auch aufmerksam machen auf den von Ulrich Wilckens als Ergänzung geschriebenen »Studienführer Altes Testament«. Die Studienbibel hat damit einen hilfreichen Studienführer zum Alten Testament an ihrer Seite. Karl Kardinal Lehmann

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Einleitung zum Neuen Testament Übersetzt und kommentiert von Ulrich Wilckens Die Bibel gehçrt allen christlichen Kirchen und Gemeinschaften als Fundament christlichen Glaubens. Überall und zu allen Zeiten ist sie durch ihr Zeugnis der Wahrheit des drei-einen Gottes zur zentralen Autorität als Heilige Schrift geworden. Durch viele Generationen hindurch haben Eltern ihre Kinder zur Hochachtung vor der Bibel erzogen und sie mit ihr vertraut gemacht. Auch Lehrer haben sie besonders wichtige Bibelworte auswendig lernen lassen, damit sie sich später in allen Lebenslagen bis hin zur Todesstunde in Gottes Wort geborgen wissen sollten. Ohne die Heilige Schrift sind die meisten Ikonen der orthodoxen Kirchen des Ostens nicht zu verstehen. Der berühmte Christus vom Sinai-Kloster hält al Einband enti l in goldenem r e mit seinem linken Arm dem Betrachter die Bibel e s t a BHçren MaLesen. gegen und segnet mit seiner Rechtenealles und n s e t n Im Gottesdienst der rçmisch-katholischen run chützKirche wird das Evangelienbuch B in feierlicher Prozession gesin die Kirche getragen, und zur Lesung is –zumhtAmbo t n werden zwei Kerzen ig Mit »Ehre sei dir, Herr« begrüßt die Gemeinde Fo entzündet. psieyran diesem Tag zu hçren bekommt, und mit »Lob sei das Wort Gottes, das o C dir, Christus« antwortet sie auf das Evangelium des Sonntags. In gleicher Weise sind auch in allen protestantischen Kirchen die Schriftlesungen und ihre Auslegung in der Predigt die traditionelle Mitte ihres Gottesdienstes; und aus der Fülle biblischer Texte, die in den Chorälen erklingen, singen sie sich Trost und Ermutigung zu Herzen. Nicht anders geht es in den gottesdienstlichen Versammlungen der Freien evangelischen Gemeinden zu. Und seit Generationen leben viele evangelische Christen Tag für Tag mit den Losungen und Lehrtexten der Herrnhuter Brüdergemeine. Seit einiger Zeit jedoch befindet sich diese Tradition weithin im Abbruch. Vielen Menschen ist die Bibel heute zu einem fremden Buch geworden. Biblische Sprache klingt vielen Zeitgenossen wie ein Relikt aus vorvergangenen Zeiten. Zum eigenen Leben brauchen sie die Bibel nicht mehr. In immer mehr Todesanzeigen in den Zeitungen treten Gedichtverse oder Sinnsprüche allgemeiner Lebensanschauung an die Stelle von biblischen Sprüchen oder christlichen Sprachwendungen, mit denen man noch bis vor kurzem den Tod


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Einleitung zum Neuen Testament

eines seiner Lieben mitzuteilen pflegte. Es sieht so aus, als wäre die Bibel weithin aus der modernen Lebenswelt ausgezogen. Das hat seine tiefen Gründe. In der Bibel ist von Gott die Rede. Doch im Selbstbewusstsein von immer mehr Menschen unserer Zeit spricht und handelt nur noch das eigene Ich. In ihrem Innern kommt Gott einfach nicht mehr vor. Ein Gott, der seinerseits »Ich« sagt und mich mit »Du« anredet und selbst mit »Du« angeredet werden will, scheint für diese Menschen nicht existieren zu kçnnen, und persçnlicher Glaubensgehorsam zu ihm gilt für viele als Widerspruch zur Autonomie eines modernen Menschen. Diese verbreitete »Gott-Losigkeit« müssen Christen wahrnehmen und als Erfahrung vieler ihrer Zeitgenossen auch sehr ernst nehmen. Im Gespräch mit ihnen müssen wir Christen jedoch nicht nur zeigen, dass in solcher Kritik fundamentale Missverständnisse und Missdeutungen federführend sind, die sich seit Generationen verfestigt haben. Recht verstanden will Gott vielmehr das Ich des Menschen keineswegs einengen oder gar »verbiegen«, sondern im Gel genteil: Er will ihn zu einem Leben befreien, dasenur l in hçrendem eria Vernehmen s t a a das eigene Selbst wirklich findet. Dass diesBwahr ist,M dafür kçnnen Christen in n zu einem s Beispiel werden, das ihre e e t n einem persçnlichen lebendigen Glauben n tz Bru sZuhçren Gesprächspartner in allem–kritischen chü überzeugt.

tis ht-ge n o ig Nun hat sich inFder ersten pyr Hälfte des 20. Jahrhunderts in ganz Westeuropa o C innerster Verlebendigung des Lebens mit der Bibel volleine neue Bewegung zogen, die in allen Kirchen und Gemeinschaften bis heute ihre Spuren gezogen hat. Gott selbst hat sich in seiner durchaus eigenen Autorität und Kraft so zu erkennen und zu erfahren gegeben, dass mit Ihm umzugehen nicht nur der ganzen liberalen Frçmmigkeit und Theologie weithin den Boden entzog, sondern nun auch im eigenen Bereich eine neue Atmosphäre çffnet, in der manche starr gewordenen Lehren und Urteile aufgegeben werden kçnnen. In alledem erscheint die ganze Bibel in einem neuen Licht: als lebendiges Wort Gottes. An erster Stelle ist hier die rçmisch-katholische Kirche zu nennen. In ihr ist eine Bibelbewegung entstanden, die sich nicht nur in der gottesdienstlichen Praxis und bis hinein in das Herz eigener Frçmmigkeit, sondern auch in der Theologie aufs Stärkste ausgewirkt hat. In der Bibelauslegung entdeckte man, dass vieles, was in der protestantischen Exegese »historisch-kritisch« erarbeitet worden ist, Wahrheitsmomente enthält, die zum Charakter des katholischen Verständnisses der Offenbarung Gottes wesentlich hinzugehçren.


Einleitung zum Neuen Testament

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Vor allem: Was Jesus verkündigt und gelehrt und was er in seiner Passion und Auferstehung für die Seinen getan hat, das hat in der Urkirche durch die Kraft des Geistes Gottes weitergewirkt. Ja, der Geist vergegenwärtigt all dieses Geschehen im Gottesdienst und im Leben der Kirche immer neu. So wird aus dem bloß »historischen Jesus« liberaler Exegese der lebendige Christus als das regierende Haupt seines lebendigen Leibes, der Kirche. Ist ja doch der historische Jesus von Nazaret nicht in seinem Grab geblieben! Wenn zum Beispiel der Apostel Paulus die Worte und Geschehnisse des letzten Mahles Jesu mit seinen Jüngern als »Tradition« bezeichnet, die er selbst bereits »empfangen« hat, dann spricht er nicht von einer Erinnerung, die es festzuhalten gelte, sondern von der lebendigen Gegenwart dieses Mahles, das durch die Gegenwart des Auferstandenen in eben der Bedeutung heute geschieht, die Jesus damals seinem Abschiedsmahl mit seinen Jüngern als Vorausereignung der künftigen Mahlgemeinschaft im vollendeten Reich Gottes gegeben hat. Solches Verständnis heiliger Tradition als gegenwärtig-lel bendigen Geschehens war im Judentum seit vielen el Generationen eria charakteriss t a a tisches Kennzeichen bleibender Gegenwart Heilstaten Gottes und B der großen sM enseinem e t n hat der ganzen Geschichte Israelsnmit Gott ihr Gepräge, ja überhaupt ru chütz B ihren Sinn gegeben. s gegilt, is – Exegese t Was für die katholische gilt genauso für die evangelische. Die t n h o g i F r Auslegung der Abendmahlstexte des Neuen Testaments ist ein gutes und opy wichtiges BeispielCdafür, wie die Erkenntnis historischen Sachverhalts elementar-theologische Erfahrungsbedeutung bekommen kann. Überhaupt hat der Aspekt der traditionsgeschichtlichen Methode, unter dem alle Texte der Bibel daraufhin überprüft werden, welche Wortlaute darin zugrunde liegen, die aus der Liturgie, dem Katechumenenunterricht und der ständigen Gemeindelehre den Lesern bekannt und vertraut waren, eine hçchst wichtige Bedeutung für das theologische Verstehen aller neutestamentlichen Texte gewonnen. Fast kçnnte man sagen: Dies waren die eigentlich wichtigen »Texte«, an die nachdrücklich zu erinnern oder deren Sinn zu erklären und gegen deren Fehldeutungen und Missbrauch sich abzusichern weithin das Anliegen der Verfasser der Schriften war. Das betrifft auch die Namen der Verfasser der biblischen Schriften, die erst in der Kirche des zweiten Jahrhunderts, als es um die Zusammenstellung des Kanons des Neuen Testaments ging, benannt worden sind. Ihnen wurde allesamt apostolische Autorität zuerkannt. Zu dieser gehçrte zwar sicherlich auch ihr Augen- und Ohrenzeugnis. Ungleich wichtiger aber war, dass der Inhalt


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ihrer Schriften mit der Wahrheit apostolischer Verkündigung geistlich übereinstimmte. So kam es, dass unter den vier Evangelisten lediglich zwei Jünger Jesu genannt wurden, Matthäus und Johannes, und die beiden anderen, Markus und Lukas, als Schüler der Apostel die gleiche apostolische Ehre erhielten – nicht nur wegen der Treue, mit der sie das Zeugnis ihrer Lehrmeister wiedergegeben haben, sondern vor allem, weil ihre Bücher inhaltlich zum apostolischen Gesamtzeugnis gehçren, das es in der frühen Kirche gegen immer mehr Irrlehren zu bewahren galt. Und beachtenswert ist: Einer der wichtigsten Apostel des Neuen Testaments, Paulus, hat ja Jesus und seine irdische Geschichte gar nicht gekannt und war ihm auch nicht als Jünger nachgefolgt. Vielmehr hatte er die Kirche Christi um des Glaubens an den auferstandenen gekreuzigten »Herrn« willen zuerst leidenschaftlich verfolgt, bis dieser Herr selbst ihn in einem eigenen Offenbarungsakt vom Himmel her zu seinem Apostel für die Heidenwelt berief! l Die Geschichte des apostolischen Zeugnisses el entspricht eriadaher der Ges t a a schichte Jesu selbst. Wie Jesus, der Mensch Nazaret, M als Gottes Sohn gen B aus sVaters, e e t n wirkt hat, der einzig-eine Sohn des einzig-einen so ist auch alles, was ütinz den Briefen verkündigt wird, run cund h B in den Evangelien von ihm berichtet – ges isZeugnis, t durchweg menschliches n ht-so wie es die verschiedenen Menschen erlebt o g i F r und aufgefasst, verstanden und gedacht haben. Daher rührt die Vielfalt und opy Verschiedenheit, C ja mitunter auch die Gegensätzlichkeit dessen, was in den neutestamentlichen Schriften zu lesen ist. Gleichwohl stimmt aber dieses ganze Zeugnis in beeindruckender Klarheit inhaltlich-theologisch überein – wenn es mit den Augen, mit dem Herzen und auch mit der Vernunft gelesen und bedacht wird, die sich vom Heiligen Geist leiten und lehren lassen. Unter dem Aspekt des Geistes Gottes ist zwar alle Vielfalt des menschlichen Zeugnisses grenzenlos weit. Es gibt aber auch eine Mitte in dieser Vielfalt, die alles zusammenhält und so zusammenfügt, dass es inhaltlich-theologisch keinerlei sich ausschließende Widersprüchlichkeiten gibt. – Gewiss, manche Aussagen verlieren so, in dieser Ganzheit gesehen, ihre schneidende Schärfe – wie zum Beispiel die schrecklichen Grausamkeiten, in denen sich nach den Gesichten des Propheten der Johannesoffenbarung das letzte Gericht über die ganze Erdenwelt vollziehen wird. Dass dies jedoch nicht das Letzte ist, was darüber nach dem Gesamtzeugnis der Schrift zu sagen ist, das wird dort in ruhiger Klarsicht erkannt, wo sich der Leser gerade auch an solchen Stellen am Wesen Gottes selbst orientiert.


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Gott hat selbst seinen Namen, der von der Mose-Geschichte an das wundervolle Element allen gçttlichen Handelns ist, das von allen Generationen Israels immer neu erlebt worden ist und sich schließlich in der Geschichte Jesu vollendet hat, folgendermaßen offenbart: Als der HERR handelt er »gnädig und barmherzig« an seinem Volk über die Grenzen auch seines gerechten Zornes gegen die immer wiederholten Treubrüche der Seinen hinaus. Seine Liebe, in der Gott allen Widerspruch und alles Zuwiderhandeln gegen ihn vergibt und alles Elend des von daher verkommenen Lebens heilt, kennt keine Grenze. Die Treue seiner Liebe ist ewig (2. Mose 34,6). Wie erstaunlich ist dieser Gott! Wie ganz und gar wunderbar ist es, in dieser Allmacht des Erbarmens Gottes die letzte Wirklichkeit aller Geschichte sehen und mit der jüdischen wie christlichen Tradition des Glaubens sich ihrer Wahrheit anvertrauen zu kçnnen. Und wie zentral wichtig ist dies heute für eine Welt, die nur menschlichen Egoismus kennt und deren Schicksal darum friedlos ist und letztlich ohne einen Sinn erscheinen muss. rial el

e s Ba s Mat n neBibelbewegung, Gegenwärtig scheint es so, als obndie zte die im vorigen Jahrhunt u ü r dert in der katholischen und evangelischen Kirche gleichzeitig mit groch – Bin der ges hat, jetzt im 21. Jahrhundert mit ßer Lebendigkeit n zutis wirkenhtbegonnen ig Fo Phase Macht in eine neue pyr eintritt: o C &

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Das erstaunlichste Ereignis ist die Entschiedenheit, mit der die katholische Kirche seit dem II. Vatikanischen Konzil die Bibel als Gottes Wort in die Mitte all ihres Lebens gerückt hat. Was seit Jahrhunderten die Kirchen des Westens getrennt hat, zeigt sich jetzt – übrigens nicht ohne kräftige Mithilfe der kritischen Bibelwissenschaft beider Seiten – als reale Mçglichkeit geistlicher Einheit: Schrift und Tradition – und daher auch Rechtfertigung durch Gottes Gnade im Glauben an Christus und das Leben der so gerechtfertigten Christen in Werken der Liebe. Nicht weniger erstaunlich ist die weltweite Wirkung der »Theologie des Wortes Gottes«, wie sie Karl Barth und andere vertreten haben. Dass die Geschichte Jesu Christi zu berichten ist, ist gewiss wahr, aber entscheidend ist: Diese Geschichte will als Gottes Geschichte verkündigt werden! Dass dieses »Kerygma« allen Schriften des Neuen Testaments zugrunde liegt, ist eine Erkenntnis, die sich schwerlich mehr durch erneuertes Beharren auf historistischer Bibelkritik wird aus der Welt schaffen lassen.


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Auch die geistlichen Bewegungen, die sich in weiten Bereichen der Welt gegenwärtig verbreiten, sind ohne neue Lebendigkeit des Lebens mit der Bibel nicht zu verstehen: Soweit sie den traditionellen Pietismus mit erfassen, bildet sich hier die Chance heran, die Botschaft der Bibel wirklich in alle Teile der Welt zu tragen.

So sind sich heute orthodoxe, katholische, evangelische und »evangelikale« Schriftlehre und Schriftauslegung im Grunde so nah wie kaum je zuvor. Einerseits hat jede von ihnen Schätze zu eigen, die sie in die große çkumenischgemeinsame Bibelbewegung mit hineingeben und hineinwirken lassen kann. Wenn andererseits jede von ihnen unnçtig gewordene polemische Spitzen gegeneinander ad acta legten und bereit wären, auch selbst von den Schätzen der je anderen zu lernen, so würde das zu einer tragfähigen gemeinsamen Basis werden kçnnen, auf der dann auch Dissonanzen, die uns jetzt noch trennen, überwindbar werden. Denn die apostolische Tradition in der Heiligen Schrift ist ein sicheres Fundament, an dem alleespäteren die in l rial eTraditionen, s t a a den verschiedenen Kirchen als je ihr Spezifikum gewachsen sind, gemessen B en ztes M n werden kçnnen und sollten. n hüDr.t Karl Lehmann ganz herzlich für BruKardinal In diesem Sinn darf ich–Herrn c s s demt-ergeauch katholische Christen zum Gebrauch timit sein Vorwort danken, n o F ermutigt. righ Ich danke auch Susanne Birck von Herzen für meiner Übersetzung y p Co Engagement. In drei aufeinanderfolgenden Fassungen ihr großes persçnliches hat sie Kapitel um Kapitel auf ihrem Computer geschrieben und alle Aufgaben des Korrektorats mit Kompetenz und Präzision wahrgenommen und so dazu beigetragen, dass diese Ausgabe jetzt neu erscheinen kann. Und nicht zuletzt danke ich dem Verleger Herrn Dr. Dominik Klenk für die Annahme dieses Buches und seinen Mitarbeitern für alle zur Drucklegung nçtigen Hilfen. Das Wichtigste aber ist: Deo gratias! Spiritus sanctus auxilietur nobis ad usum bonum oecumenicum sanctae scripturae. Ulrich Wilckens


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Hinweise für die Benutzung dieser Ausgabe 1. Die Übersetzung ist in Sinnabschnitte unterteilt, die sich aus der Exegese ergeben. Auf Teilüberschriften wurde jedoch mit Bedacht verzichtet, weil alle Erklärungen im Kommentarteil ihren Ort haben. So kann der Bibeltext selbst auch ohne jeden erläuternden Zusatz gelesen werden. 2. Im übersetzten Text sind wçrtliche Zitate aus dem Alten Testament oder Anspielungen auf alttestamentliche Stellen durch KAPIT¾LCHENSATZ kenntlich gemacht. Auf diese Weise verdeutlicht das Satzbild dem Leser bereits rein optisch, welch tiefgreifenden Einfluss das Alte Testament auf die Ausbildung der urchristlichen Sprache gehabt hat, und hält ihm diesen für das Verstehen hçchst wichtigen Zusammenhang Seite für Seite gegenwärtig. Die alttestaal mentlichen Fundorte sind zumeist (nicht durchweg) anel inaden eriAnmerkungen s t a gegeben; sie tragen aber speziell zum Verständnis des betreffenden neutestaB M en vielztbei esund brauchen darum nicht n mentlichen Textes nicht in jedem Falle n t ru cWesentlicher hü Bwerden. durchweg nachgeschlagen zu als der Einzelnachweis ist s – e s g ti die Vermittlung dernalttestamentlichen Sprachatmosphäre als solcher. ht

Fo yrig op 3. Der in andererCSchrift gedruckte Kommentar bezieht sich auf den jeweils voranstehenden Sinnabschnitt des Bibeltextes. Er ist in der Regel zweigeteilt:

a) Jeder Sinnabschnitt wird zunächst als Ganzer erklärt. Diese zusammenhängenden Erklärungen dienen meist dazu, auf den Gedankengang oder auf die Hauptpunkte aufmerksam zu machen. Zuweilen werden hier auch Hinweise auf exegetische Probleme oder historische Informationen gegeben. Die Erklärungen dienen vor allem dazu, Gedanken, Motive oder geschichtliche Voraussetzungen der biblischen Zeugen selbst herauszustellen, jedoch nicht dazu, unsere gegenwärtige Stellungnahme zu ihnen anzumerken. b) Unter der zusammenfassenden Erklärung findet sich oft, soweit erforderlich, eine Reihe nummerierter Anmerkungen (Fußnoten) zu einzelnen Stellen im voranstehenden Bibeltext. Hier sind vor allem Parallelstellen aus dem Alten und Neuen Testament verzeichnet, die zum Verständnis des gemeinten Sinnes oder als Hinweis auf wichtige Zusammenhänge und Querverbindungen dienen sollen. Hier und da werden auch abweichende Les-


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Hinweise für die Benutzung dieser Ausgabe

arten in den Handschriften des griechischen Textes oder andere Übersetzungsmçglichkeiten notiert. Auch einzelne historische oder kulturgeschichtliche Informationen werden in den Anmerkungen mitgeteilt. 4. Die drei ersten sogenannten synoptischen Evangelien entsprechen einander bekanntlich in weiten Partien bis in den Wortlaut hinein. Diese Parallelen sind jeweils zu Beginn der Erklärungen angegeben. Da die Übersetzung wçrtliche Übereinstimmungen, wenn irgend mçglich, bewahrt hat, kann der Leser ohne Schwierigkeiten »synoptisch« lesen. Aus Raumgründen werden aber Erklärungen in der Regel jeweils nur an einer Stelle gegeben. Der Leser ist gebeten, dort, wo er zu einem Evangelienabschnitt keine Erklärung findet, diese an einer der angegebenen Parallelstellen aufzuschlagen. 5. Abkürzungen werden durchweg bei der Bezeichnung der biblischen Bücher und darüber hinaus nur in sehr geringer Zahl gebraucht. Die Wiedergabe der l biblischen Eigennamen entspricht mit wenigeneAusnahmen l eriaden »Loccumer s t a a Richtlinien« von 1972. B M

en ztes n n t Bru schü – tis ht-ge n o ig F pyr o C


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Der Brief an die Philipper Der Brief des Paulus an seine Gemeinde in der makedonischen Stadt Philippi ist wahrscheinlich aus seiner Gefangenschaft (1,7.13) in Rom geschrieben. Dass er Besuche und sogar Geldgaben empfangen kann (2,25; 4,18); dass er seinen wichtigsten Mitarbeiter Timotheus bei sich hat (1,1) und auch der Philipper Epaphroditus eine längere Krankheitszeit bei ihm verbracht hat (2,26f.); ja, dass er am Ort seines Gefängnisses unter den Angehçrigen der kaiserlichen Behçrde, denen er unterstellt ist, missionarisch wirkt (1,12f.; 4,22), all das entspricht der Nachricht der Apostelgeschichte, dass Paulus in einer Wohnung unter Bewachung leben durfte (Apg 28,16). Nach Phil 1,12 ist der Prozess gegen ihn noch in Gange. Welches Urteil zu erwarten ist, weiß Paulus nicht – er ist bereit, als Märtyrer für Christus zu sterben, aber er hofft auf einen Freispruch (Phil 1,20ff.). Dass er dann sogleich nach Philippi reisen l will (1,26), widerspricht zwar seinem Plan eines elMissionszugs eria von Rom aus s t a a nach Spanien (Rçm 15,24); aber zur Zeit des Rçmerbriefs B der sAbfassung M enals Besucher e t n wusste er ja noch nicht, dass er n nicht der rçmischen Christen, tz üwürde. ru kommen h B sondern als Gefangener nach Rom c gesnichts gegen die Annahme, dass Paulus is – für, t Es spricht ebenso vieles wie t n h o diesen Brief ausFseinerpGefangenschaft in Rom an seine Gemeinde in Philippi yrig o geschrieben hat. C Dann ist er zusammen mit dem Kolosserbrief das späteste Zeugnis, das wir von Paulus haben. Mit diesem hat der Philipperbrief auch inhaltlich viel Gemeinsames. Mit der Gemeinde in Philippi war der Apostel besonders verbunden. Sie war die erste, die er nach dem Übergang nach Europa gegründet hatte (Apg 16,11ff.), und die einzige, von der er Geldgaben annahm (Phil 4,15), während er sonst auf das von Jesus selbst begründete Recht seiner Apostel auf finanzielle Unterstützung (Lk 10,7) freiwillig verzichtete (1. Kor 9,15–18), um auch nur jeden Anschein persçnlicher Abhängigkeit in seiner Verkündigung des Evangeliums zu vermeiden. Die Philipper jedoch gaben ihm aus reiner Liebe, und das ließ er sich mit persçnlichem Dank gern gefallen (4,14.18). Diese besonders herzliche Verbundenheit mit ihnen spricht aus dem ganzen Brief. Es gibt nur einen Abschnitt, der aus dieser Atmosphäre jäh herausfällt: In 3,2–4,1 warnt Paulus die Seinen scharf vor jüdischen Gegnern, die zu ihnen gekommen sind, um sie durch Beschneidung und Verpflichtung auf das Mosegesetz zu Juden zu machen. Viele Exegeten sehen darin ein


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Stück aus einem anderen, vorausgehenden Brief, der – wie im Fall des 2. Korintherbriefs – später an dieser Stelle in der Mitte eingefügt worden sein kçnnte, um so den Eindruck zu vermitteln, dass die Warnung des Apostels vollen Erfolg gefunden habe. Doch sehr viel wahrscheinlicher ist es, diese Polemik als Reaktion auf eine brandneue Nachricht aus Philippi zu erklären. Es ist dann Paulus selbst, der danach in 4,4 den Aufruf zur Freude in 3,1 wieder aufnimmt und fortführt und mit dem innigen Dank für die reiche Gabe der Philipper den Brief abschließt. So ist die Mahnung zur Eintracht in Demut und die Begründung mit dem großartigen Christus-Hymnus in 2,1–11 die eindrückliche Mitte des Briefes. Inhaltlich steht dem 2. Korintherbrief und besonders dem Galaterbrief vor allem die scharfe Warnung vor judenchristlichen – oder wahrscheinlich jüdischen – Missionaren in 3,2ff. nahe. Diese haben offenbar in entsprechender Weise den heidenchristlichen Philippern gegenüber ihr jüdisches erwählungsgeschichtliches Vorrecht herausgestrichen wie die Gegner, die im 2. Korinal Annahme der therbrief (11,22ff.) bekämpft werden, und die e sie l genauso erizur s t a a jüdischen Beschneidung zu überreden versuchten wie die Gegner, die Paulus B sM entrifftzauch e t n im Galaterbrief bekämpft. Beidesnaber auf jüdische Gegner zu, die t üSekte rujüdische h B im Christentum eine häretische sahen und die Heidenchristen c – ges s i t zu anständigen Proselyten machen wollten. Da Paulus selbst in seiner Zeit als on right F Christenverfolger genauso py dachte, erklärt sich sein emotionaler Aufruf gegen Co des Kreuzes Christi« (3,18). diese Gegner als »Feinde Die Abwehr dieser Gegner ist jedoch nicht der erste und einzige Anlass des Philipperbriefes. Paulus beginnt vielmehr ganz ohne jeden Bezug auf Gegner. Er teilt der besorgten Gemeinde mit, wie es um ihn selbst steht (1,12–26), mahnt sie zur Eintracht (1,27–2,18) und kündigt den baldigen Besuch des Timotheus sowie den jetzigen des Epaphroditus an (2,19–30). In 3,1 setzt Paulus zum Briefabschluss an – worauf er dann unvermittelt und in jähem Umschwung des Tones in 3,2–4,3 vor den Gegnern warnt. Danach nimmt Paulus die Aufforderung zur Freude von 3,1 wieder auf (4,4ff.) und bedankt sich selbst für die erneute Geldsendung (4,10–19). Mit Grüßen an die Gemeinde und dem gottesdienstlichen Segen schließt der Brief.

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1 Paulus und Timotheus,1 Diener Jesu Christi: An alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi leben, zusammen mit den Verwaltern und Helfern.2 2 Gnade und Friede mçgen auf euch kommen von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.3


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(V1–2) Dass Paulus zusammen mit Timotheus den Brief schreibt, hängt wohl mit seiner Absicht zusammen, diesen seinen engsten und bewährten Mitarbeiter demnächst nach Philippi zu senden (2,19–24).

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Vgl. 2. Kor 1,1; 1. Thess 1,1; Kol 1,1; Phlm 1 mit 1. Tim 1,2; 2. Tim 1,2. Wçrtlich: »Bischçfen und Diakonen«. Zu Paulus’ Zeit waren diese wohl noch einfach Gemeindebeauftragte, die bestimmte praktische Aufgaben wahrzunehmen hatten. Daraus haben sich erst mit der Zeit feste ¾mter des Gemeindeleiters und seiner Amtsgehilfen entwickelt. Zu dieser Entwicklung vgl. Apg 20,28 und 1. Tim 3,2ff.; Tit 1,7ff. Vgl. die Anmerkung zu Rçm 1,7.

3 Ich danke meinem Gott für euch, immer wenn ich an euch denke 4 und in allen meinen Gebeten, mit denen ich in Freude für euch l alle vor Gott eria am Evanselihr miteinander t eintrete. 5 Vom ersten Tage an bis heute habt a a M Gott wird das gute n B Vertrauen: gelium teil; 6 und ich habe das n gewisse e tes z n t Werk, das er in euch angefangen Bru shat, chüzur Vollendung führen bis zum – e 1 s Tage Jesu Christi. 7 tUnd n i ies histt-grecht, dass meine Gedanken für euch alle g Fogehen. r in diese Richtung Denn ich trage euch in meinem Herzen, die ihr py Coseid in meiner Gefangenschaft und teilhabt an der mir mit mir verbunden gegebenen Gnade, das Evangelium (vor Gericht) in Festigkeit zu verantworten. 8 Gott ist mein Zeuge, wie sehr ich mich in herzlicher Liebe Jesu Christi nach euch allen sehne. 9 Und das ist meine Bitte zu Gott: dass eure Liebe immer noch reicher werden mçge in der Fähigkeit zu erkennen und überall zu verstehen, 10 so dass ihr ein Urteil gewinnt, worauf es ankommt. Mçchtet ihr rein und lauter sein, um am Tage Jesu Christi tadellos vor ihm zu stehen, 11 erfüllt vom Segen der Gerechtigkeit, die ihr durch Jesus Christus empfangen habt,2 Gott zu Preis und Ehre.

(V3–11) Paulus beginnt alle seine Briefe mit einem Dankgebet im Blick auf die Gemeinde, an die er schreibt. Aber so überstrçmend und herzlich wie hier ist der Dank (V3–8) und die Fürbitte (V9–11) in keinem anderen Briefeingang. Mit der Gemeinde in Philippi hat ihn immer eine besondere Liebe verbunden (vgl. 4,10ff.; 2. Kor 11,9).


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Gemeint ist der zukünftige »Tag« des Kommens Jesu Christi vom Himmel, der Sammlung seiner Gemeinde und des Gerichtes über alle Menschen; vgl. V10; 1. Thess 4,16f. Gerechtigkeit ist die Wirklichkeit des Lebens derer, die Gott als Sçhne in sein Haus aufgenommen hat, im Gehorsam mit ihm und miteinander verbunden; vgl. dazu grundsätzlich die Erklärung zu Rçm 1,17.

12 Was nun meinen Prozess betrifft, so sollt ihr wissen, Brüder: Es ist dadurch zu einem Fortschritt in der Verkündigung des Evangeliums gekommen. 13 Bei der ganzen Behçrde hier1 und weit darüber hinaus ist bekannt geworden, dass ich meines Christseins wegen gefangen bin. 14 Und die Mehrzahl der Brüder im Herrn haben im Blick auf meine Gefangenschaft umso mehr Zutrauen gewonnen, furchtlos das Wort Gottes zu predigen. 15 Einige freilich lassen sich bei ihrer Christusverkündigung von Neid und Rivalität bestimmen, 16 andere dagegen ial von gutem erhier sel dassaich t Willen. Diese tun es aus Liebe, weil sie wissen, liege, um für a B sM n das Evangelium Rede und Antwort zu stehen. 17 Jene dagegen verkündie e n zt t ü run mich, gen Christus aus RivalitätBgegen nicht aus lauterem Herzen; sie ch s – e s glauben, mir in meinem ti Gefängnis t-g damit Kummer zuzufügen. 18 Doch hdarauf g i Fon allein was tut’s? Es kommt an, dass Christus verkündigt wird, wie r opyHintergedanken oder in Wahrhaftigkeit. Und dass auch immer, obCmit dies geschieht, darüber freue ich mich. Und ich werde mich auch in Zukunft freuen. 19 Denn ich weiß: DIES HIER WIRD MIR ZUM HEIL AUSGEHEN,2 weil ihr für mich betet und der Geist Jesu Christi mir hilft. 20 So warte und hoffe ich gespannt darauf, dass ich in nichts zuschanden werde, sondern – wie allezeit, so auch jetzt – mit allem Freimut Christus in meinem leiblichen Geschick groß werden lasse, ob ich dabei am Leben bleibe oder ob ich sterben muss. 21 Denn das Leben heißt für mich: Christus, und das Sterben: Gewinn. 22 Wenn ich nun aber am Leben bleibe, so bedeutet das für mich weitere Erfolge in der Missionsarbeit. So weiß ich nicht, was ich wählen soll. 23 Nach beiden Seiten zieht es mich: Ich hätte wohl Lust, von hier zu scheiden und bei Christus zu sein; und das wäre (für mich selbst) auch viel besser. 24 Doch für euch ist es nçtiger, dass ich am Leben bleibe. 25 Und so weiß ich und bin fest überzeugt: Ich werde bleiben, euch allen erhalten bleiben, um euch voranzubringen und in eurem Glauben froh zu machen. 26 Und so


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wird euer Stolz, in Christus Jesus zu sein, durch mich wachsen, wenn ich wieder zu euch komme. (V12–26) Auf die bange Frage der Philipper, wie es ihm in seiner Gefangenschaft ergehen und wie das Urteil in seinem Prozess ausfallen mçchte, antwortet er zuversichtlich: Mit der Sache der Verkündigung stehe es gut. Er selbst wirbt im Umkreis seiner Bewacher mit Erfolg für das Evangelium, um dessentwillen er gefangen ist. Und die Tatsache seiner Haft hat andere rçmische Christen zu verstärktem missionarischem Wirken herausgefordert. Es ficht ihn nicht an, dass darunter einige sind, die nur darauf gewartet haben, dass er ausgeschaltet ist, um nun selbst das große Wort führen zu kçnnen. Wenn es nur das Evangelium ist, das verkündigt wird! Er selbst ist zum Sterben wie zum Leben bereit; in beidem wird er von Christus nicht geschieden sein (vgl. Rçm 8,38f.; 14,7–9). Muss er sterben, so wird er darin der ewigen Nähe bei Christus teilhaftig sein; vgl. 3,20f. und besonders 1. Thess 4,13–18; 1. Kor 15,51f.; 2. Kor 5,6–10. Bleibt er am Leben, ial Missionsel so aum erweiterer s t a arbeit willen. Und weil diese notwendig ist, M einem guten Ausgang n B istteers von e n seines Prozesses überzeugt. n tz 1

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Bru schü – s ti Wçrtlich: »Prätorianerkaserne«. t-geEine solche gab es in Rom, aber für Ephen h o g i F nicht sus ist eine solche pyr bezeugt. Ebenso wenig scheint es direkte Belege o C dafür zu geben, dass der Amtssitz des rçmischen Statthalters als »Prätorium« bezeichnet worden ist. Das alles spricht für die Abfassung des Briefs in Rom. Vgl. Hiob 13,16 (griech. Text).

27 (Für euch) kommt es nur auf eines an: Führt euer Gemeindeleben, wie es dem Evangelium Christi entspricht! Ob ich nun zu euch komme und euch sehe, oder nur aus der Ferne über euch hçre – (allein dies mçchte ich von euch erfahren), dass ihr in einem Geist festen Stand habt und einmütig für den Glauben an das Evangelium kämpft. 28 Lasst euch in keiner Weise von den Gegnern einschüchtern! Für sie ist das ein Zeichen, dass sie verloren sind – für euch, dass ihr gerettet werdet: und das durch Gottes Entscheid. 29 Denn euch ist die Gnade zuteilgeworden, für Christus einzustehen – nicht nur an ihn zu glauben, sondern auch für ihn zu leiden. 30 Und so habt ihr denselben Kampf zu führen, wie ihr ihn an mir gesehen habt und jetzt von mir hçrt.


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(V27–30) Der Bericht über seine Lage geht über in die Mahnung an die Gemeinde in ihrer Lage. Sie werden von außen durch wahrscheinlich jüdische Gegner bedrängt. Doch sie sollen sich durch sie nicht uneins machen und einschüchtern lassen, sondern den Kampf getrost aufnehmen. Christen haben in diesem Leben für Christus einzustehen, der ihr letzter Retter sein wird; vgl. 3,20f. Von diesem Ende her gesehen ist alles tapfer durchgestandene gemeinsame Leiden eine hohe gçttliche Auszeichnung, wie umgekehrt alle Christenverfolgung die Verfolger selbst als letztlich Verlorene kennzeichnet. Von diesen Gegnern hat Paulus offenbar bislang noch nichts Konkretes erfahren. Das ändert sich jedoch alsbald, noch während er seinen Brief diktiert (3,2).

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1 Wenn es denn in Christus Ermahnung gibt, liebevolles Zureden, Geistesgemeinschaft und herzliches Mitempfinden 2 – so erfüllt mir die Freude und seid alle eines Sinnes! Lasst ein und dieselbe Liebe unter euch walten; seid einmütig und einträchtig, 3 nicht al streitsüchtig i l von r e e und ehrgeizig, sondern so, dass ihr in Demut gering euch selbst denkt s a at Bkeiner M n und die anderen über euch stellt, 4eund von euch nur auf sein eites n z n t genes Wohl schaut, sondernrjeder das des anderen. B u sauch chsoüauf – 5 Seid im Umgang miteinander gesinnt, wie es auch in Christus e s g1 ti t-ist): n h o Jesus (Wirklichkeit geworden g i F r

opy C 6 Er, der lebte, wie Gott lebt,

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nicht festhalten wollte er daran, Gott gleich zu sein, 7 sondern sich selbst hat er entblçßt, Sklavendasein angenommen, den Menschen vçllig gleich, in seiner Erscheinung wie ein Mensch, 8 erniedrigte er sich selbst gehorsam bis zum Tode3 – ja, zum Tode am Kreuz!4 9 Darum hat Gott ihn hoch erhoben, den Namen ihm verliehen, der allen Namen überlegen ist,


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10 damit, wo ausgerufen wird Jesu Name, JEDES KNIE SICH BEUGE der Himmlischen, Irdischen und Unteren, 11 und JEDER MUND BEKENNT:5 Jesus Christus ist der Herr, Gott, dem Vater, zum Preis. (V1–11) Paulus weiß seine dringliche Mahnung zur Einheit aller Glieder seiner Gemeinde in gegenseitiger Liebe nicht besser zu begründen als durch die Anführung eines gottesdienstlichen Liedes: Christus war ursprünglich – wie im Alten Testament die gçttliche Weisheit – bei Gott; vgl. Kol 1,15ff.; Joh 1,1ff. Er lebte in der reinen Wirklichkeit erfüllten Lebens, wie Gott sie in seiner Schçpfung hervorgerufen hat, ohne Fehl, ohne Angst und ohne Mangel. Aber er hat darauf verzichtet, um sich den Menschen vçllig gleich l zu machen, deren Lebenswirklichkeit und Geschick el (aufgrund eria ihrer Sünde: s t a a vgl. Rçm 1,18ff.; 7,7ff.) durch den Tod B ist. Seine Liebe zu den n bestimmt s M und in ihrer Tiefe e e t n Menschen hat ihn aus seiner Hçhe in ihre Tiefe getrieben, n tz hüam Bru denscTod wiederum an den tiefsten–Punkt: Kreuz; vgl. 2. Kor 5,14f.; 8,9; e s g i t Gal 2,20; 3,13. Diese Liebe hat Gott zum Sieg geführt, indem er den Geon right kreuzigten zumFHerrn über alle Welten und zum letzten Machthaber über py o C alles Geschick gesetzt hat. Das Bekenntnis zu ihm, wie es die Christen bei ihrer Taufe sprechen (vgl. Rçm 10,9f.), gibt, in der irdischen Gegenwart auf die Zukunft Gottes vorgreifend, dieser Macht der Liebe Gottes die letzte, ewige Ehre. – Dass V6–11 ein gottesdienstlicher Hymnus ist, ist wegen der hymnischen Sprache und der von Paulus sonst nicht gebrauchten Begrifflichkeit sehr wahrscheinlich. Die Gliederung in zwei Strophen I V6–8; II V9–11 ist klar erkennbar. Die Untergliederung in jeweils drei Dreizeiler ist nur ein Vorschlag unter verschiedenen anderen. ¾hnlich angelegt ist der Hymnus in Kol 1,15–20; vgl. auch Hebr 2,5–18. 1

»In Christus Jesus« ist eine Formel, in der Paulus alle Heilswirklichkeit, wie sie durch die Verbindung der Christen mit Christi Geschick gilt, sprachlich zusammendrängt; vgl. die Anmerkungen zu Rçm 6,11 und 2. Kor 5,17. Von daher ergibt sich der Sinn dieses Satzes: Das gegenseitige Verhalten in bedingungsloser Nächstenliebe ist dort erfordert, wo Christen als Christen leben, das heißt, wo sie der Liebe Christi Raum geben, mit dem ihr Leben


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verbunden worden ist; vgl. Gal 5,6. Sie ist das Eine, wonach die Philipper trachten sollen. Wçrtlich: »in Gottes Gestalt«. In der Gestalt liegt für hellenistisches Denken das Wesen (vgl. zu 1. Kor 7,31), so dass Paulus nicht meint, Christus habe nur auf etwas ¾ußerliches verzichtet. So sagt dieses Lied etwas ganz Außerordentliches von Christus: Er hat auf sein eigenes gçttliches Dasein verzichtet, um in das Dasein irdischer Menschen einzutreten; vgl. Rçm 8,3f. Vgl. Hebr 2,5–18; 5,5–10. Wahrscheinlich hat Paulus mit der Erwähnung des Kreuzestodes die ursprüngliche Form des Hymnus ergänzt. Vgl. Jes 45,23.

12 Darum, meine Lieben – wie ihr immer gehorsam gewesen seid, nicht nur wenn ich bei euch war, sondern vielmehr jetzt, wo ich fern von euch al Gott ist es, bin: Mit Furcht und Zittern erwirkt euch euer el Heil.at13 eriDenn s a der in euch das Wollen wie das Vollbringen B bewirkt M nach seinem Willen. sohne en zund e t n 14 Alles, was ihr tut, tut ohne n Widerrede Bedenken. 15 Denn t üals h Brudastehen, ihr sollt ohne Tadel und–Fehl Gottes makellose Kinder INMITc s 1 e g is MhENSCHHEIT, t TEN EINER IRREN UNDn WIRREN unter denen ihr strahlt wie Sterne t o g i F r im Weltall. 16 Haltet pyfest am Worte des Lebens – das wird mein Ruhm Co 2 Denn dann bin ich nicht vergebens gelaufen und sein am Tage Christi. habe mich nicht VERGEBENS ABGEMÜHT.3 17 Doch selbst wenn ich mein Leben lassen muss beim Opferdienst für euren Glauben,4 so bin ich froh und freue mich mit euch allen darüber. 18 Genauso sollt dann auch ihr froh sein und euch mit mir darüber freuen. (V12–18) »Furcht und Zittern« – eine feste Redewendung; vgl. 1. Kor 2,3 – stellt sich überall dort ein, wo Menschen mit Gott in Berührung kommen. Christliches Leben geschieht in ständig offener Gegenwart Gottes (vgl. 2. Kor 5,11.18–6,2), vor dem sich die Christen mit ihrem Tun zu verantworten haben werden (vgl. 2. Kor 5,10). Das Endheil Gottes werden sie nur empfangen, wenn sie am »Wort des Lebens« festhalten (V16; vgl. 1. Kor 15,1f.) und die geschenkte Gerechtigkeit in Taten der Gerechtigkeit bewahren (Rçm 6,12ff.). So kann Paulus einseitig zugespitzt sagen: Durch ihr Tun und Verhalten sollen sich die Christen ihr Heil selbst »erwirken«. Da aber alles eigene Tun sinnlos wäre, wenn nicht zuvor Gottes Heilstat in Christus die Sün-


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der in den Stand der Gerechten erhoben hätte, fügt Paulus – scheinbar widersprüchlich – sogleich hinzu, dass nicht nur alles »Erwirken« des Heiles, sondern auch bereits das Erwirkenwollen Gottes Werk sei. 1 2 3 4

Vgl. 5. Mose 32,5; 1. Petr 2,9. Dazu vgl. die Anmerkung zu 1,6. Vgl. Jes 49,4. Paulus vergleicht die Mission einer Opferhandlung, bei der er wie ein Opfertier den Tod findet.

19 Ich hoffe im Herrn Jesus, euch bald Timotheus senden zu kçnnen, damit auch ich beruhigt bin, wenn ich von ihm erfahre, wie es um euch steht. 20 Ich habe nämlich keinen, mit dem ich mich so eins weiß und der sich um euch so redlich kümmern wird wie er. 21 Sonst sind sie ja alle an der eigenen Sache interessiert, statt an der Jesu Christi. 22 Doch l seine bewährte Treue kennt ihr ja und wisst,edass l er tmir eriabei der Mission s a a wie ein Kind seinem Vater zu DienstenB ist. 23 Ihn hoffe ich zu n gewesen sdieMDinge sich bei mir jetzt e e t n euch zu senden, sowie ich absehen kann, wie tz runbin cimhüHerrn Bich gestalten werden. 24 Doch überzeugt: Bald werde ich s – e s g i t selbst zu euch kommen. n ight Foes 25 Ich halte pfüryrnotwendig, euch jetzt den Bruder Epaphroditus o C zu senden, meinen Mitarbeiter und Mitstreiter und zugleich euren Gesandten, der mir von euch übermittelt hat, was ich brauche. 26 Denn er hat großes Verlangen nach euch allen und ist unruhig, weil ihr von seiner Krankheit gehçrt habt. 27 Ja, er war wirklich krank und stand nahe vor dem Tode. Aber Gott hatte Erbarmen mit ihm – doch nicht nur mit ihm, sondern auch mit mir, denn ich hätte sonst Trauer über Trauer um ihn gehabt. 28 Darum sende ich ihn jetzt umso rascher zu euch; so kçnnt ihr ihn wiedersehen und euch freuen; und auch ich habe einen Kummer weniger. 29 Nehmt ihn denn in aller Freude im Herrn bei euch auf und haltet solche Leute in Ehren. 30 Denn um des Werkes Christi willen ist er dem Tode nahegekommen. Sein Leben hat er aufs Spiel gesetzt, um in der Hilfeleistung für mich an eurer Stelle zu tun, was ihr mir aus der Ferne nicht tun konntet. 1 Zum Schluss, meine Brüder: Freut euch im Herrn! Ich zçgere nicht, euch immer wieder dasselbe zu schreiben; und euch gibt es sicheren Halt.

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(2,19–3,1) Paulus kündigt den baldigen Besuch seines Mitarbeiters Timotheus an, der sich um die Gemeinde besonders verdient gemacht hat (vgl. 1,1), und benennt Epaphroditus als Überbringer des Briefes. Dieser hat zuvor im Auftrag der Gemeinde Paulus eine Geldgabe überbracht (vgl. 4,18) und ist dort im Zusammenhang mit der Missionsarbeit todkrank geworden, so dass sich die Gemeinde ernste Sorgen um ihn gemacht hat.

2 Nehmt euch in Acht vor den Hunden, vor den bçsen Arbeitern, vor den Leuten von der »Zerschneidung«!1 3 Denn die Beschneidung, das sind wir, die wir im Geist Gott dienen2 und unseren Stolz auf Christus Jesus gründen und unser Vertrauen nicht auf uns selbst setzen.3 4 Dabei kçnnte auch ich einigen Grund zum Selbstvertrauen haben! Denn wenn irgendein anderer meint, sich auf menschliche Vorzüge berufen zu kçnnen – dann ich noch mehr: 5 Am achten Tage bin ich beschnitten worden.4 Ich stamme aus dem Geschlecht Israel, Stamm Benjamin, al Hebräer von el ateriein sbetrifft, a Hebräern! Was die Befolgung des Gesetzes bin ich ein Pharisäer B sM n e e gewesen; 6 was den Eifer für die n Geltung z des t Gesetzes betrifft, ein Verfolüt dem Gesetz betrifft, ohne Fehl run chnach ger der Kirche; was die Gerechtigkeit B – ges is mir und Tadel. 7 Abernwas Gewinn war, habe ich jetzt um Christi willen t tigh das alles buche ich als Verlust; denn Jesus Fo 8yJawohl, r als Verlust gebucht. p CoHerrn, erkannt zu haben, das ist mir unendlich viel Christus, meinen wichtiger; um seinetwillen habe ich das alles abgeschrieben – ja, für Dreck halte ich es, um Christus zu gewinnen. 9 In ihm soll Gott mich finden als einen Menschen, der Gerechtigkeit nicht aus dem Tun des Gesetzes, sondern durch den Glauben an Christus hat: die Gerechtigkeit, die mir von Gott her zukommt aufgrund des Glaubens!5 10 Ihn gilt es zu erkennen, die Macht seiner Auferstehung und die Teilhabe an seinen Leiden. Mit seinem Tod soll mein Geschick verbunden sein, 11 um dann einmal zur Auferstehung von den Toten zu gelangen.6 12 Nicht als ob ich es schon erlangt hätte oder schon vollendet wäre! Doch ich setze alles daran, es zu ergreifen, weil ich ja von Jesus Christus ergriffen bin.7 13 Brüder, ich schätze mich selber nicht so ein, als hätte ich alles schon in der Hand. Mir geht es nur um das Eine: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich dem entgegen, was vor mir liegt. 14 Ich laufe auf das Ziel zu, den Siegespreis, der auf die wartet, die Gott zu sich hinaufberufen hat, in Christus Jesus.


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15 Alle, die wir vollkommen sein wollen, sollen danach trachten! Und falls ihr anderer Ansicht seid, so wird Gott euch auch darin Offenbarung zuteilwerden lassen. 16 Nur, was wir schon erreicht haben, daran gilt es festzuhalten! 17 Macht es mir nach, Brüder! Und schaut auf die, die so leben, wie ihr uns zum Vorbild habt. 18 Denn es gibt viele – ich habe euch oft von ihnen gesprochen, doch jetzt muss ich es unter Tränen sagen –, die Feinde des Kreuzes Christi sind. 19 Deren Ende ist das Verderben, ihr Gott der Bauch. Ihre Ehre sehen sie in ihrer Schande. Nur auf das Irdische sind sie aus. 20 Der Staat aber, dem wir angehçren, ist im Himmel. Von dorther erwarten wir unseren Retter: den Herrn Jesus Christus. 21 Er wird unseren armseligen Leib verwandeln und seinem Leibe in der strahlenden Herrlichkeit Gottes gleichgestalten. Das wird er tun durch die Kraft, mit der er sich das All zu unterwerfen mächtig ist. 1 Darum, meine geliebten Brüder, nach denen ich mich sehne, ihr al Stand im meine Freude und mein Siegeskranz: Habt el euren erifesten s t a a Herrn, ihr Lieben! B M

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en ztes n n t u deutlich hüzum Br3,1 (3,2–4,1) Nachdem Paulus–mit Briefabschluss angesetzt hat, c s e s g i t überrascht der plçtzliche Übergang zu der engagierten Warnung vor dem Wiron right F ken von Gegnern, deren Ziel es ist, alle Heidenchristen in Philippi – und das opy heißt: die ganze C dortige Gemeinde – dazu zu bringen, sich durch Beschnei-

dung und volle Gesetzesbeachtung zu heidnischen Juden (Proselyten) machen zu lassen. Offenbar war dieses Wirken so attraktiv, dass Paulus darin – anders als noch in 1,28 – eine akute ernsthafte Gefahr sah. Und weil ihm gerade diese Gemeinde besonders am Herzen liegt, erhält die Polemik gegen diese Gegner eine Schärfe und Emotionalität, die diejenige gegen die Gegner in Galatien noch erheblich übertrifft. Nicht nur ironisiert er deren Ziel, die Beschneidung, geradezu bçsartig als »Zerschneidung« (nämlich des ganzen Christentums), sondern er nennt sie »Feinde des Kreuzes Christi« und stellt sie damit sich selbst als gewesenem Christenverfolger gleich. Die ganze Reihe der exklusiven erwählungsgeschichtlichen Privilegien Israels zählt er auf, um sie dann aufgrund der Erkenntnis Christi allesamt schlichtweg durchzustreichen. So erscheint dieses Widerfahrnis hier ganz und gar als radikale Bekehrung, zu der er sich aufgrund seiner Erkenntnis Christi ein für alle Mal selbst entschieden hat. Was ihm zuvor »Gewinn« war, hat er total umgewertet als »Verlust«. Für nichts als »Dreck« erklärt er es. Theologisch handelt es sich


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um den Gegensatz zwischen zwei grundverschiedenen, sich gegenseitig ausschließenden Weisen von »Gerechtigkeit«: der jüdischen, die als Ergebnis eigenen Tuns des Gesetzes als dem Dokument ihrer Erwählung beansprucht wird, und dagegen der christlichen als reine Glaubensgerechtigkeit, die als Geschenk Gottes passiv empfangen wird. So einseitig hat Paulus zuvor die Rechtfertigung weder im Galater- noch im Rçmerbrief beschrieben. Dort aber geht es um eine Auseinandersetzung mit Christen, die ein gemeinsames Glaubensfundament haben. Das zentrale Thema dort ist die Befreiung von der Macht der Sünde über Leben und Geschick der Sünder durch Christi stellvertretenden Kreuzestod. In Phil 3 dagegen ist das Thema die Abkehr von der gesamten Basis jüdischer Gesetz-Orientierung und die Umkehr zur christlichen Glaubensposition, durch die geschenkte Zugehçrigkeit zum auferstandenen Christus, die sich in der nahen Zukunft des Endgeschehens vollenden wird. Diese Argumentation wird in ihrem Sinn nur dann verständlich, wenn die Gegner hier Juden sind, deren Ziel die Bekehrung der Heiden in Philippi l zum Judentum ist und der Paulus umgekehrtedie l Bekehrung eria dieser Heiden s t a a zum Christentum entgegensetzt, als deren er seine eigene Bekehrung n B Vorbild s M hervorhebt. Dass er e e t n vom Tora-treuen Juden zum Christus-treuen Judenchristen n tz hüwar, Bru Christi zuvor selbst ein Feind des–Kreuzes lässt die entsprechende Feindc s e s g i t schaft der jüdischen Gegner in Philippi als antichristliche Aktion erscheinen, on right über die PaulusF tieftraurig ist und gegen die seine dortigen Glaubensgeschwispy Cowehren sollen. ter sich entschieden Nur aus dieser akuten Kampfsituation ist die Entgegensetzung von jüdischer Gesetzes- und christlicher Glaubensgerechtigkeit zu verstehen. Der kurz zuvor geschriebene Rçmerbrief zeigt, dass die Bekehrung zum Glauben an Christus in Wahrheit nicht ein Austritt aus der Tora ist (vgl. Rçm 3,31), sondern ein Wiedergewinn der Tora als Bundesgabe Gottes, der den Sünder, den das Gesetz aus der Gerechtigkeit exkommuniziert, durch das Heilsgeschehen des Todes in der Auferstehung Christi aus ebendieser Exkommunikation befreit, so dass er, durch Gottes Gnade gerecht geworden, den im Gesetz bezeugten Willen Gottes nunmehr erfüllen kann (vgl. Rçm 9,30–10,13). 1 2 3 4

Wortspiel zur Verunglimpfung der jüdischen Beschneidung. Vgl. Rçm 2,28f.; 4,11f. Wçrtlich: »auf das Fleisch«; dazu vgl. die Erklärung zu Gal 5,13–26. Vgl. 1. Mose 17,10–14; Lk 1,59; 2,21.


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Vgl. Rçm 3,21ff.; Gal 2,15ff. Vgl. Rçm 6,3ff.; 8,17; 2. Kor 4,10. Vgl. 1. Kor 8,2f.; Gal 4,9.

2 Euodia und Syntyche ermahne ich: Seid einträchtig im Herrn! 3 Und auch dich bitte ich ausdrücklich, bewährter Freund,1 nimm dich ihrer an! Sie gehçren ja doch mit zu denen, die bei der Verkündigung mit mir zusammen im Kampf gestanden haben, neben Klemens und meinen anderen Mitarbeitern, DEREN NAMEN IM BUCH DES LEBENS STEHEN.2

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Paulus spricht hier einen bestimmten Christen an, der den beiden genannten Frauen nahesteht. Vgl. Dan 12,1; Jes 4,3.

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r 4 Freut euch im Herrn allezeit. Und ich wiederhole ase Mes: ateFreut euch! 5 Lasst B n Herr alle Menschen eure Güte erfahren.eDer tesist nahe. 6 Sorgt euch um n z n t nichts, sondern worum ihr zuru hü das lasst in Gebet und Fürbitte B bitten chabt, s – mit Dank vor Gott kommen. 7 Und Gottes Friede, der alles Verstehen e s i t-g Gedanken in Christus Jesus bewahren. h ont Herzen übersteigt, wirdFeure und g i pyr 8 Zum Schluss, Co Brüder, was immer wahr, ehrwürdig, rechtschaffen, lauter, liebenswert und erfreulich zu hçren ist, was es an Tugenden gibt, und was Lob verdient – das lasst euch angelegen sein! 9 Und was ihr gelernt und empfangen und von mir gehçrt und gesehen habt, das tut! So wird der Gott des Friedens mit euch sein. (V4–9) Der Aufruf zur Freude führt den Ansatz von 3,1 fort. Das gewisse Vertrauen in die durch Christus bestimmte Zukunft schafft die Freude, die die Grundstimmung der Christen in allen Erfahrungen ihres Alltags sein soll. Aus ihr fließt zugleich eine freie und frçhliche Güte im Verhalten zu allen Mitmenschen. Friede, Freude und Güte sind »Charaktere« christlichen Lebens, Ausdruck einer heilen Welt gçttlichen »Friedens«, zu der Gott die Seinen berufen hat. Darum stimmen »christliche« Tugenden mit allen Tugenden und überhaupt allem Guten, das es in der Welt unter Menschen nur immer geben mag, grundsätzlich zusammen; denn gut ist ja, was – zeitlich oder ewig – heil macht.


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10 Eine große Freude im Herrn war es für mich, dass eure Fürsorge für mich einmal wieder zur Blüte kommen konnte. Wohl hattet ihr immer daran gedacht, aber keine Gelegenheit gefunden (es in die Tat umzusetzen). 11 Ich sage das nicht, weil mir etwas fehlt. Ich habe gelernt, mich in jeder Lage zurechtzufinden. 12 Ich verstehe mich einzuschränken, und ich verstehe, im Überfluss zu leben. In alles und jedes bin ich eingeweiht:1 satt zu sein und zu hungern, es reichlich und es karg zu haben. 13 Zu allem bin ich imstande durch den, der mir die Kraft dazu gibt.2 14 Doch es war schçn von euch, dass ihr so an meiner Notlage teilgenommen habt! 15 Ihr Philipper wisst ja selbst, dass am Anfang der Missionsverkündigung des Evangeliums, als ich von Makedonien weiterzog, keine Gemeinde im Geben und Nehmen mit mir Gemeinschaft hatte als ihr allein. 16 In Thessalonich habt ihr mir mehrfach für meinen Bedarf etwas zukommen lassen. 17 Nicht als ob ich auf Geschenke aus wäre! Ich suche vielmehr den Ertrag, der für euch selbst zu Buche schlägt. 18 Doch ich l bestätige, dass ich alles erhalten habe und e jetzt l überreich eria versorgt bin. s t a a Ich habe nun volle Hände, seit ich vonBEpaphroditus eure Gabe in Empn isttees, sM e n fang genommen habe. Ein Wohlgeruch ein Opfer, das Gott mit tz üMein run 3c19 h B Gott aber wird, was euch Freude und Wohlgefallen ansieht. – ges s i t fehlt, in Christus Jesus durch seinen herrlichen Reichtum voll auffüllen. ht g i FonVater, r 20 Gott, unserem gebührt der Ruhm in alle Ewigkeit. Amen. py Co Heiligen in Christus Jesus. Es grüßen euch die Brüder, 21 Grüßt jeden die bei mir sind. 22 Auch alle übrigen Heiligen grüßen euch, besonders die kaiserlichen Sklaven.4 23 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch.5 (V10–23) Durch Epaphroditus (vgl. 2,25) hat die Gemeinde Paulus eine Geldzuwendung geschickt, für die er ihr herzlich dankt. Schon früher waren die Philipper die einzige Gemeinde, von der er Geldsendungen angenommen hat (vgl. 2. Kor 11,9). Aber wie er es sonst abgelehnt hat, sich von seinen Gemeinden als Apostel unterhalten zu lassen (vgl. besonders 1. Kor 9), so betont er auch in seinem Dankschreiben nach Philippi, dass er grundsätzlich keiner Zuwendung bedürfe. Christus macht ihn, wenn es so sein soll, auch dazu stark, Zeiten bitterer Armut durchzustehen. 1

Das ist wohl ein Ausdruck aus der Sprache der hellenistischen Mysterienkulte.


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Spätere Handschriften fügen hinzu: »Christus«. Vgl. 2. Mose 29,18; Eze 20,41. Wçrtlich: »die aus des Kaisers Hause«. Das ist ein fester Ausdruck für die kaiserlichen Sklaven, auch wenn diese freigelassen waren. Hier dürfte es sich um Angestellte bei der Behçrde handeln, in der Paulus gefangen liegt (1,13). Wçrtlich: »mit eurem Geist«, wobei hier nicht der Heilige Geist gemeint ist, sondern der menschliche, das »Ich-Selbst«.

al sel ateri a n B tes M e n n tz Bru schü – tis ht-ge n o ig F pyr o C


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