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Buchhandel
Buchhandelszaubertrank im Nachbarland Wie sieht die Buchhandelslandschaft in Frankreich aus? Trotz aller Krisen hat Dietrich Dobis den Eindruck gewonnen, dass die dortigen Kollegen mit Mut und Optimismus agieren. Auch Edition Contra-Bass-Verleger Astrid Schmeda und Gerd Stange haben in Frankreich einen ganz besonderen Buchort aufgetan. Dietrich Dobis, selber Buchhändler, war in Paris mit der Kamera unterwegs, um den Zustand des dortigen Buchhandels abzulichten. Dabei ist er auf spannende Konzeptideen gestoßen, und fasst seine Beobachtungen in drei Thesen zusammen, die erklären könnten, woran es liegt, dass die Buchhandelskollegen in der Grand Nation so angstfrei agieren: These 1: Die Ästhetische Erziehung des Menschen Die französischen Buchhändler scheinen davon zu profitieren, dass der Ge-
Bodenlos: Impressionen aus Pariser Buchhandlungen zeigen den Einfallsreichtum und die Kreativität der dortigen Buchhandelskollegen danke der Erziehung des Menschen in Frankreich noch weit verbreitet ist. Erstaunlicherweise antworteten die meisten der von mir befragten Personen, warum sie es vorziehen eine Buchhandlung zu besuchen, statt bei Amazon zu bestellen, dass sie eben gerne zu ihrem persönlichem „Libraire“ gehen würden. Man 116
sagte mir: „Von Babybeinen an ist der Buchhändler so eine Art Vertrauensperson. So wie man selbstverständlich niemals einen Café im Gehen trinken würde, so selbstverständlich geht man in Frankreich eben in seine Buchhandlung, voilá.“ Nur woher kommt diese so klare Haltung der Franzosen? Dass sie Dickköpfe sind,
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wissen wir nicht erst seit Asterix & Obelix! Sind sie vielleicht alle in den großen Buchhandelszaubertrank gefallen? Buchhandelszaubertrank – so könnte man auch den Ausstellungs-, Vorlesungs-, Spielund Ausruh-Keller der Buchhandlung „Le Rideau Rouge“ im 18ten Quartier in Paris bezeichnen: Fast jeden Samstag findet
man dort eine Horde von Kindern, die wie wild mit einer Kollegin der Buchhandlung eine Kalligraphie-Übung absolvieren. Die Eltern shoppen ganz entspannt, während die Kleinen sich amüsieren. Der Keller, gleichzeitig Ausstellungsfläche, wird an zahlreichen Tagen im Monat dazu genutzt, Vorlesungen abzuhalten, Theaterstücke aufzuführen oder Autorentage zu organisieren. These 2: La Vie en Rose Das Leben durch die rosa Brille sehen: Das Motto Edith Piafs, nichts zu bedauern, um den Moment zu genießen, betrifft ebenfalls die Buchhandlungen: Buchhandlung ist Genuss, ist Liebe für den Moment,
Konto stets gefüllt, Abendessen im Restau- delskonzepte: Die Lieblingsbuchhandrant, so ist in dieser Zeit mehr Platz für neue lung der Edition Contra-Bass-Verleger Ideen. Bei einem Spaziergang durch das Astrid Schmeda und Gerd Stange liegt Quartier Montmartre bin ich an einer Buch- fern der Zivilisation, oben in den Bergen. handlung vorbeigelaufen, aus der es köst- Eine Art Liebeserklärung der beiden an lich roch. Ich musste stehenbleiben, und „Le Bleuet“: mich vergewissern, dass es kein RestauLe Bleuet – Die Kornblume, so heißt rant sei. Beim Nachfragen, was denn hier unsere Lieblingsbuchhandlung. Es ist die stattfinde, kam die Antwort: „Wir probieren schönste von allen, die wir je gesehen unsere neuen Kochbücher aus – live! Kom- haben, obwohl wir die 60 überschritten men Sie doch rein!“ Der Autor des getes- haben und ganz gut herumgekommen
Einladend: Für viele Franzosen ist der Besuch der örtlichen Buchhandlung eine Selbstverständlichkeit – auch dank der vielfältigen Angebote dort Moment der bezaubert. Eintauschen will das keiner, wie aber können das junge Buchhandlungen konservieren? Ganz einfach – sie schließen sich zusammen! Auf einem gemeinsamen Webauftritt der Buchhandlungen des Ostens von Paris (www.librest.com) zeigt jeder, was er kann. Das spart nicht nur Geld und Zeit, sondern es zeigt, dass man da sind. These 3: Krise? …pfff… ça m‘est égal! In der Krise hat man viel Zeit. Egal, ob Spanien oder Frankreich, eines bringt die Krise mit sich: Zeit für Kreatives. Während man sonst doch eher dem Alltag folgt, das
teten kleinen Kochbuchs sitzt direkt neben mir. Auf die Frage, wo ich sein Kochbuch erwerben könne, sagt er mir: „Na, gleich hier in der Buchhandlung. Die geben das Kochbuch auch gleich heraus! Falls Sie Ideen für neue Rezepte haben, fragen Sie nach. Sie können es evt. auch gleich hier herausgeben. Ist zwar eine kleine Auflage, aber es kommt an!“ Draußen auf der Schaufensterscheibe der Buchhandlung ist ein riesiger Mund aufgemalt. Jetzt verstehe ich besser: Das was drauf ist, das ist auch drin. Auch abseits der Großstadt findet man in Frankreich überzeugende Buchhan-
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sind. Wir sind Schriftsteller und Verleger, und betreiben in Saint Saturnin bei Apt ein Gästehaus. Wir leben im Herzen der Provence, eine Stunde von der nächsten Stadt (Avignon), 800 km von der Hauptstadt Paris entfernt. Zum Buchladen fahren wir aber nicht in die Stadt, sondern in die entgegengesetzte Richtung: tausend Meter hoch auf das Plateau des Vaucluse-Gebirges. Dort, wo im Juli der Lavendel blüht, weder Weinstöcke, noch Olivenbäume gedeihen, Ziegen ihr karges Dasein fristen, aber kaum ein Mensch lebt, liegt ein Dorf mit 1.000 Einwohnern, das durch seinen Ziegenkäse bekannt wurde: Banon. Eine gute halbe Stunde fahren wir über diese einsame Hochebene, bevor wir den Ort erreichen, nur um in die Buchhandlung Le Bleuet zu gehen. Sie ist ein verwinkeltes Haus über vier Etagen, wie es Pippi Langstrumpf gefallen könnte. Fast 200.000 Titel sind dort vorrätig. Alle Sparten von der Poesie bis zur Regionalliteratur sind reichlich vertreten, Neuerscheinungen selbstverständlich, aber auch andernorts 117
Impressum | BuchMarkt Herausgeber: Christian von Zittwitz (-19) Redaktion: Cornelia Camen (-21) Ulrich Faure (Chefredaktion online -31) Matthias Koeffler (-59) Barbara Meixner (-13) Jörn Meyer (-17) Susanna Wengeler (CvD -15) Chefreporter: Gerhard Beckmann, Bad Griesbach, Tel. 08532/9253384, Fax - 81247 (GHA-Beckmann@t-online.de) Außenredaktion: Jo Volks (jovolks@gmx.de) Korrespondent Nord-West: Carsten Tergast, Tel. 0491/2024409 (carsten.tergast@gmx.de) Korrespondentin Süd-West: Nicole Lindgens, (n.lindgens@gmx.de) Reporterin Großraum Berlin: Margit Lesemann, Tel. 030 - 769023 - 45, Fax - 56 (mlesemann@t-online.de) Ständige Mitarbeiter: Helmut F. Albrecht, Ursula Bachhausen, Nicola Bardola, Stefan Becht, Klaus Berthold, Christof H. Bräuer, Jürgen Christen, Jeannette Faure, Hans Frieden, Steffen Köpf, Wolfgang Krutz, Simone Leinkauf, Ralf Lieder, Matthias Mayer, Ellen Pomikalko, Rainer Scheer, Dr. Olaf Schmidt, Stephanie v. Selchow, Dr. Wolfgang Stock, Reinhart von Törne, Jürgen Wagner, René Wagner Anzeigen: Kirsten Peters (-27) Anzeigenassistentin: Katharina Sprenger (-23) Vertrieb: Nadine Lettke (-37) Satz: (Kontakt: tvz@buchmarkt.de) Bezugspreise: 1. BuchMarkt-Abo zum Jahresbezugspreis von € 246,00 inkl. Versand und MwSt. 2. BuchMarkt-Zusatzabo zum Jahresbezugspreis von € 215,00 inkl. Versand und MwSt. 3. BuchMarkt-Azubi-Abo zum Jahresbezugspreis von € 89,00 inkl. Versand und MwSt. 4. BuchMarkt-Abo AUSLAND zum Jahresbezugspreis von € 235,00 inkl. Versand. 5. Einzelhefte können zum Bezugspreis von € 24,50/ Exemplar inkl. Versand und MwSt. bestellt werden. Die Kündigung eines Abonnements ist bis zu jeweils sechs Wochen vor Ablauf des Abonnements möglich. Die Kündigung bedarf der Schriftform. BuchMarkt erscheint monatlich Zur Zeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 46 Postscheckkonto: Essen 1 468 89-439 Bank: Volksbank Meerbusch 7 202 198 010 Unverlangte Manuskripte werden gern geprüft Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder Alle Rechte vorbehalten. Redaktionsschluss für diese Ausgabe war der 26.03.2013 ISSN: 0524-8426 Adresse von Verlag und Redaktion: BuchMarkt Verlag K. Werner GmbH Sperberweg 4 A E-Mail-Adressen: 40668 Meerbusch redaktion@buchmarkt.de Tel. 0 21 50 /91 91-0 vertrieb@buchmarkt.de Fax 0 21 50/91 91 91 anzeigen@buchmarkt.de Geschäftsführer: Christian v. Zittwitz Abo-Hotline: 0 21 50/91 91-37
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Idyll: Fernab der Großstadt haben Astrid Schmeda und Gerd Stange ihr Buchhandelsparadies entdeckt vergriffene Bücher, die aufgekauft wurden, um die Vielfalt zu wahren. Meist werden wir fündig, wenn wir etwas suchen, und müssen uns nicht vertrösten lassen. Anders als in Deutschland gibt es in Frankreich für viele Bücher Lieferzeiten von ein bis zwei Wochen. Nur einige größere Verlage haben eigene Auslieferungen, als selbständige Branche hat sich die Auslieferung in Frankreich nicht etabliert. In „unsere“ Buchhandlung Le Bleuet kommen die Menschen aus einem Radius von mindestens 100 Kilometern, selbst aus Aix-en-Provence, mit seinen guten Buchhandlungen, weil es allein schon bereichernd ist, dort zu stöbern. Stundenlang kann man sich lesend inspirieren lassen. 1990 kaufte Joël Gattefossé eine kleine Papierwarenhandlung mit Buchladen, 52
qm Fläche, 77 Bücher. Sein Vater hatte eine Druckerei, er selbst lernte Tischler und baute seine schönen Holzregale selbst; inzwischen sind es 5.000 laufende Meter geworden, die Buchhandlung ist in ein Haus mit 860 qm Verkaufsfläche umgezogen. 2011 verkaufte Le Bleuet 170.000 Bücher für fast 2 Millionen Euro Umsatz. Marie-Claire und Joël Gattefossé leiten ein Team von 13 Festangestellten. Ein Lager mit mehr als einer Million Titel ist am Dorfrand entstanden, in dem auch sechs Gästezimmer für Schriftsteller in Residenz geschaffen wurden. Wenn im Mai das große Dorffest zur Feier der lokalen Produkte stattfindet, zu dem zigtausende Besucher von weit her kommen, werden der BanonKäse und das Buch gefeiert, denn beides hat das Dorf bereichert.
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