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#171 / August 2015

FOKUS

IM SERVICE LIEGT DIE KRAFT INTERVIEW MATTHIAS KAISERSWERTH Industrie 4.0: Daten sind der Sprengstoff VAKUUM IM DRUCKGUSSVERFAHREN Erhöhte Verfügbarkeit KUNDENSTORIES Wie Gyermelyi Ungarns Nr. 1 in Pasta wurde


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FOKUS: IM SERVICE LIEGT DIE KRAFT

Inhalt 3

Editorial

MIT EINEM WELTUMSPANNENDEN NETZWERK VON SERVICE STATIONEN SCHAFFT BÜHLER MEHRWERTE FÜR DIE KUNDEN.

In Kürze 22 Bühler weltweit Interview 26 Daten als Sprengstoff Der Informatiker Matthias Kaiserswerth über Geschäftsmodelle in der Industrie 4.0. Langwaren-Trockner Ecothermatik™

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Pasta sparsam trocknen Ein neuartiges Trocknungskonzept mit integriertem Wärmetauscher reduziert den Energieverbrauch und erhöht die Qualität.

Fokusthema Service Stationen

Ein globaler Lösungspartner Bühler unterstützt seine Kunden mit Engineering, ProzessKnow-how und Serviceleistungen – auf allen Kontinenten. Automation Retrofit 16 Mehr herausholen Mit Retrofits lassen sich industrielle Produktionsanlagen umfassend modernisieren. Aus Alt mach Neu 18 Auf dem aktuellsten Stand Bühler Brescia unterstützt Kunden, den Lebenszyklus ihrer Druckgiessmaschinen um Jahre zu verlängern. Infografik 20 Bühler Solutions & Services Engineering, Prozesstechnologie, weltweite Serviceleistungen: Bühler deckt alles aus einer Hand ab.

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30 SmartVac 32 SmartVac für mehr Effizienz Die Integration des Vakuumsystems steigert die Produktivität und Flexibilität im Druckguss.


Liebe Leser,

Gyermelyi Ungarn 34 Erfolg durch Qualität Der ungarische Teigwarenhersteller Gyermelyi verfügt über eine einzigartig integrierte Produktion.

40 Marine Harvest Norwegen

Lachse fressen Pflanzen Dank der Extrusionstechnologie von Bühler kann der weltgrösste Lachsproduzent auch pflanzliche Rohstoffe wie Soja effizient zu Futterpellets verarbeiten – und dadurch nachhaltiger produzieren. CTO-Kolumne 46 Gesundes Getreide Die Nachfrage nach gesünderen Getreideprodukten nimmt zu. Das ist eine Chance für die verarbeitende Industrie. 47 Wissenschaftliche Publikationen

unsere Industrie ist im Begriff, sich grundlegend zu wandeln. Dienstleistungen, basierend auf industriellen Daten, gewinnen immer mehr an Bedeutung. Mit der zunehmenden Vernetzung – Stichwort «Internet of Things» – erfasst die Digitalisierung jetzt mit voller Kraft auch unsere Industrie. Und das eröffnet uns und unseren Kunden enorme Chancen, weshalb wir im vorliegenden Calvin Grieder, CEO diagramm das Thema Services & Solutions zum Schwerpunkt gewählt haben. Mit immer leistungsfähigeren Sensoren sowie Steuerungen und ihrer Vernetzung gelingt eine immer präzisere und effizientere Prozessführung. Das beginnt auf der Ebene der Komponenten. Im Druckguss beispielsweise saugen neue Vakuumsysteme beim Einschiessen des flüssigen Aluminiums die Luft vollständig kontrolliert ab und ermöglichen so hohe Effizienz und Qualität (S. 32). In vielen Fällen sind signifikante Leistungssteigerungen jedoch nur bei gesamthafter Systembetrachtung möglich. Deshalb haben wir etwa die Initiative «Retrofit Automation» gestartet und bieten unseren Kunden eine Generalüberholung ihrer Automatisierung an (S. 16). Die digitale Welt erlaubt dabei auch, dass wir ihnen neue Dienstleistungen bieten, die ihnen den Zugang zu ihren Prozessdaten und dadurch wesentliche zielführende Unterstützung ermöglichen. Vom klassischen Maschinen- und Anlagenbauer hin zum industriellen Lösungsanbieter: das ist Bühler heute. Mit Beratung, Engineering, Technologien, Komponenten, Training und Services. Wir von Bühler nehmen für uns in Anspruch, in unserer Industrie Motor der Serviceund Solutions-Welt zu sein. Wir unternehmen alles, damit Sie, unsere Kunden, erfolgreich sein können. Inzwischen sind wir mit über 80 Service Stationen weltweit oft «um die Ecke» Ihrer Produktions- und Prozesseinheiten – eine gute Voraussetzung, gemeinsam in dieses Zeitalter hineinzuwachsen.

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WELTWEITE PRÄSENZ IN ALLEN SCHLÜSSELMÄRKTEN

In der Region für die Region Mit einer Maschine allein ist es nicht getan: Erst durch die umfassende Unterstützung seiner Kunden mit einem weltumspannenden Netzwerk von Service Stationen schafft Bühler Mehrwert – ein messbares Plus an Produktivität und Qualität. SERVICE STATIONEN TOTAL: 82

NORDAMERIKA 7 Verkaufsstandorte 3 Produktionsstandorte 6 Service Stationen

SÜDAMERIKA 6 Verkaufsstandorte 2 Produktionsstandorte 12 Service Stationen

EIN GLOBALER LÖSUNGSANBIETER ............... S. 6 Ausbildung, Beratung, Engineering und Anwendungsentwicklung: Bühler unterstützt Kunden weltweit als globaler Lösungspartner.

DONGGUAN, CHINA ........................................................... S. 12 In China unterhält Bühler insgesamt zwölf Service Stationen. Allein in Dongguan werden über 150 Kunden betreut.

LAHORE, PAKISTAN ............................................................. S. 8 Ende April 2015 hat Bühler in Pakistan die jüngste Service Station in seinem Netzwerk eröffnet.

TIMISOARA, RUMÄNIEN .............................................. S. 14 Seit dem Jahr 2013 profitieren auch die rumänischen Kunden von einer eigenen Service Station.

MOSKAU, RUSSLAND ..................................................... S. 10 Die Service Station in Russland kann jegliche Kundenbedürfnisse lokal befriedigen. CASCAVEL, BRASILIEN ................................................ S. 11 Die Service Station in Cascavel liegt inmitten der brasilianischen Landwirtschaftsindustrie.

FIT MIT RETROFIT .............................................................. S. 16 Dank Retrofits kann die Produktivität von bestehenden Anlagen deutlich gesteigert werden. BÜHLER BRESCIA................................................................. S. 18 Bühler Brescia bringt Steuerung und Automation von älteren Druckgiessmaschinen wieder auf den neuesten technischen Stand. BÜHLER SOLUTIONS & SERVICES ................... S. 20 Vom Engineering über die Prozesstechnologie bis zum Service: Bühler deckt die ganze Wertschöpfungskette seiner Kunden ab.


EUROPA 35 Verkaufsstandorte 10 Produktionsstandorte 26 Service Stationen

ASIEN 17 Verkaufsstandorte 6 Produktionsstandorte 13 Service Stationen

OSTASIEN 4 Verkaufsstandorte 3 Service Stationen

NAHER OSTEN / AFRIKA 12 Verkaufsstandorte 2 Produktionsstandorte 11 Service Stationen

SĂœDASIEN 5 Verkaufsstandorte 2 Produktionsstandorte 11 Service Stationen


BÜHLER ALS GLOBALER LÖSUNGSPARTNER

10 Prozent und mehr Bühler hat sich mit umfangreichen Ausbildungs-, Beratungs- und Engineeringleistungen sowie Anwendungs- und Entwicklungszentren zu einem Lösungspartner entwickelt. Die Kunden profitieren von höherer Produktivität und Qualität – und der Möglichkeit, neue Märkte zu erschliessen.


IM SERVICE LIEGT DIE KRAFT / Fokus

«Praktisch alle unsere Kunden sind auf der Suche nach neuen, den lokalen Vorlieben angepassten Produkten, mit denen sich traditionelle und auch neue Erzeugnisse industriell herstellen lassen.» Stefan Scheiber CEO Business Grains & Food

Wir schreiben Donnerstag, den 18. Juni 2015, Düsseldorf, 14.30 Uhr: Mr. Tang aus China ist zur Giessereimesse GIFA angereist und steuert jetzt auf den Bühler Druckguss-Stand in Halle 11 zu. Er ist Eigentümer der Wencan Group. Der chinesische Hersteller von Aluminium-Druckgussteilen macht rund CHF 175 Mio. Umsatz pro Jahr, beliefert die globalen Hersteller wie Volkswagen oder Tesla und hat noch viel vor: in einer neuen Fabrik in Tianjin will Wencan anspruchsvolle Alu-Strukturteile wie Türrahmen produzieren. Mr. Tang ist gekommen, um nach wochenlangen Verhandlungen jetzt auf dem Messestand den Vertrag zur Lieferung von acht Maschinen in Höhe von CHF 17 Mio. zu unterzeichnen. Und zwar exakt um 15.18 Uhr – das sei, so Tang, aus chinesischer Sicht eine «lucky time». «Bühler», so Tang, «ist für uns der Partner erster Wahl.» Das Schweizer Unternehmen habe nicht nur die beste Technologie. «Mindestens diagramm #171

genauso wichtig für uns sind die Services, die Bühler anbieten kann.» Nur die Maschine hinstellen, reiche nicht mehr aus. Die Integration der Komponenten zu einer hoch produktiven Druckgusszelle, das Training für die optimale Bedienung, die Beratung im Formenbau und vor allem die schnelle Unterstützung in Problemsituationen: «Hier ist Bühler einmalig aufgestellt», so Tang. Szenenwechsel Asien. Mit Atta – einem Vollkorn-Weizenmehl – nehmen es Inder sehr genau. Nur wenn Atta etwas süsslich schmeckt und einen speziellen Röstgeruch verbreitet, entspricht es den regionalen Vorlieben. Mit herkömmlichen Walzenstühlen gelang es bislang nicht, diese Eigenschaften beim Vermahlen hervorzubringen. Die Inder verwenden deshalb bis heute sogenannte Chakki-Mühlen, in denen Mahlkörper aus Stein die notwendigen hohen Prozesstemperaturen erzeugen. Deren Nachteil: Sie eignen sich nur für kleine Produktionsmengen.

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IM SERVICE LIEGT DIE KRAFT / Fokus Bühler ist es jetzt gelungen, mit der PESA-Mühle eine Lösung für die industrielle Herstellung von Atta bereitzustellen. Hierfür wurden spezielle Walzenstühle entwickelt, sodass nicht mehr die wartungsintensiven und anfälligen Steinmühlen verwendet werden müssen. Eine PESA-Mühle ersetzt 20 Chakki-Mühlen, ist flexibler in der Anwendung, energiesparend, produktiver und ertragreicher. «In puncto Wirtschaftlichkeit und Qualität ist das für uns ein Quantensprung», sagt Prakash Parakh, Inhaber der Parakh Agro Industries in Pune, der die neue AttaMühle bereits einsetzt. • Ganzheitlicher Service. Von industriellen Lösungen zur Verarbeitung von Grundnahrungsmitteln bis hin zur Produktion hochwertiger Materialien: Bühler hat sich zu einem globalen Lösungsanbieter für industrielle Pro-

zesslösungen entwickelt. In der alten Bühler Welt wurden die Produkte in der Schweiz erdacht und global vertrieben. Die neue Bühler Welt arbeitet konsequent nach der Devise «In der Region – für die Region» – und zwar in Kombination mit einem ganzheitlichen Serviceansatz. «Erst, wenn wir unsere Technologien und Maschinen einbetten in Lösungs- und Servicepakete, können wir deren volles Leistungspotenzial umsetzen», sagt Samuel Schär, der bei Bühler das AdvancedMaterials-Geschäft verantwortet. «Ein wesentlicher Teil unseres Geschäfts heute besteht darin, vollständig integrierte Giesszellen zu designen und unsere Kunden hinsichtlich der Maschinenprozesse, der Giessform und des Fabriklayouts zu beraten», sagt Schär. Vollständig optimiert, lässt sich die Produktivität im Druckguss so um zehn Prozent und mehr steigern.

«Praktisch alle unsere Kunden sind auf der Suche nach neuen, den lokalen Vorlieben angepassten Produkten, mit denen sich traditionelle und auch neue Erzeugnisse industriell herstellen lassen», sagt Stefan Scheiber, CEO Business Grains & Food von Bühler. Scheiber beschreibt einen globalen Megatrend, der dabei ist, weltweit die Nahrungsmittelindustrie grundlegend zu verändern. So sind neben der Regionalisierung gestiegene Anforderungen nach Produktivität, Energieeffizienz, Qualität und Sicherheit wesentliche Treiber lösungsorientierter ganzheitlicher Konzepte: «Die Optimierung einzelner Maschinen ist vielfach ausgereizt», sagt Bruno Mendler, der bei Bühler das Gebiet Business Development verantwortet. In den meisten Fällen ermöglicht erst der Blick auf ein Gesamtsystem eine signifikante Leistungssteigerung.

Service Station Lahore, Pakistan: Spielraum für Entwicklung.

ISLAMABAD

LAHORE

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Ende April eröffnete Bühler die jüngste Service Station in Lahore, Pakistan. Das bevölkerungsreiche Land bietet viel Wachstumspotenzial: rund 200 Millionen Menschen, die jährlich rund 25 Millionen Tonnen Weizen und sieben Millionen Tonnen Reis ernten und verbrauchen. Hier wird noch sehr traditionell gearbeitet. Die Bauern ernten von Hand. Daneben lassen viele Pakistani ihr Korn am liebsten auf traditionellen Steinmühlen mahlen, wodurch der gewünschte typische Roti-Geschmack entsteht. Roti (oder Chapati) ist ein nordindisches und pakistanisches Vollkornfladenbrot aus Gerste, Hirse und Weizen. Bühler hat das industrielle Verfahren so weit verfeinert, dass der Roti-Geschmack erhalten bleibt, auch wenn das Mehl maschinell und damit sauber und sicher hergestellt ist. Als einziger professioneller Anbieter von Revisionen und Reparaturen im Land ist Bühler auch für Walzen der Konkurrenz erste Wahl: Ersatzteile befinden sich direkt vor Ort, so kann Bühler auf Kundenbedürfnisse rasch reagieren. Gleichzeitig dient die Service Station als Anlaufstelle für Beratung und Training. Kunden können Müllerei-, Reis- und Sordiagramm #171

tiermaschinen lokal besichtigen und an Weiterbildungskursen teilnehmen. Mit der Eröffnung der Service Station schafft Bühler auch Arbeitsplätze und damit eine Perspektive für die Bevölkerung. So denken auch die 14 jungen und motivierten Mitarbeiter, wie etwa der 24-jährige Kamran Ali, der unmittelbar nach einem Maschinenbaustudium in England bei Bühler Pakistan angefangen hat: «Unsere Wirtschaft und die meisten Arbeitsplätze sind unmittelbar von der Landwirtschaft abhängig. Bei Bühler haben wir eine Chance, diese produktiver und effizienter zu machen, was letztlich allen im Land hilft.»


IM SERVICE LIEGT DIE KRAFT / Fokus «Das ist wie im Verkehr», bringt es Mendler auf den Punkt: «Die Mobilität verbessern wir auch nicht dadurch, dass einzelne Autos einfach schneller fahren. Es kommt darauf an, das System intelligent und hoch verfügbar zu machen», so Mendler. Bühler hat dafür in den vergangenen Jahren massiv in den Ausbau seiner Lösungskompetenz und seiner Servicekapazitäten investiert und bietet heute ein umfassendes Portfolio an: • Analytik. Bühler verfügt über professionelle Labore, in denen grundlegende Prozessabläufe analysiert werden können. Was passiert mit einem Getreidekorn genau, wenn es durch die Walzenstühle läuft? Wie verändert sich ein Stoff morphologisch, der die Rührwerksmühle Cenomic™ aus dem Geschäftsbereich Grinding & Dispersion passiert? Wird er wirklich zerkleinert oder werden nur die

bestehenden Einzelteile auseinandergezogen? Bühler hat das notwendige Equipment, um gemeinsam mit seinen Kunden genaue Kenntnis zu erlangen und Anwendungen und Maschinen entsprechend anzupassen. • Produktentwicklung. Bühler öffnet seine Anwendungszentren für Kunden, um gemeinsam neue Maschinenkonzepte, Rezepte und Endprodukte zu entwickeln und zu testen. In China etwa unterstützt Bühler lokale Schokoladehersteller mit einem speziellen Labor. In diesem helfen mehr als 30 lokale Experten mit, landestypische Süsswaren und die dafür notwendigen Produktionsanlagen zu entwickeln. Im neuen Lebensmittellabor im Bundesstaat Minnesota / USA können Kunden neue Nahrungsmittel ausprobieren und dabei Versuche auf einer kompletten Verarbeitungslinie durchführen.

«Bühler hat neue Massstäbe gesetzt und den Servicestandard erhöht. Das ist für die Müllereiindustrie Pakistans von grosser Bedeutung.» Bühler Pakistan, Partner während des gesamten Anlagenlebenszyklus.

Wajid Abdullah Direktor, Sunny Flour Mills

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IM SERVICE LIEGT DIE KRAFT / Fokus • Beratung. Der Geschäftsbereich Leybold Optics bietet beispielsweise zusätzlich zu seinen Vakuum-Beschichtungsmaschinen das notwendige Prozess-Know-how, um etwa wärmeisolierende Architekturgläser oder optische Filter herzustellen. Zusammen mit den Anwendern werden diese Rezepturen dann auf die konkrete Anwendung massgeschneidert. • Engineering. Bühler verfügt über ein umfangreiches Maschinen- und Komponenten-Portfolio, um ganze Wertschöpfungsketten abzubilden – etwa in der Getreide- oder Schokoladenverarbeitung. Die Bühler Ingenieure entwickeln daraus eine Anlagenlösung für Mühlen, die Futtermittelherstellung oder Schokoladenproduktion, die optimal auf die Bedürfnisse der individuellen Kundenanforderung angepasst ist.

Der NIR Multi Online Analyzer überwacht die Qualität von Rohmaterial und Endprodukten kontinuierlich in Echtzeit.

Service Station Moskau, Russland: Alles vor Ort.

Bühler Moskau mit breitem Serviceangebot.

Unendlich scheinen sich die Kartoffelacker, Weizenfelder und Wiesen hinzuziehen. So weit wie die Landschaft in Russland, ist auch das Angebot, welches die Bühler Teams an den lokalen Service Stationen vor Ort bieten: Die verschiedenen Service Stationen zeichnen sich für die professionelle Wartung und Instandhaltung von Getreidemühlen, Futtermühlen sowie Brauerei-, Schokolade- und Öl-Produktionsanlagen der lokalen Kunden verantwortlich. Darüber hinaus liefern sie Ersatzteile und stehen den Kunden in deren Landessprache mit fachgerechtem Rat zur Seite. Die Service Station

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Moskau ist stolz auf eine enorme Wachstumskurve. Heute betreut die Service Station über 1’000 Kunden, darunter riesige russische Unternehmen wie Ryazanzernoproduct, aber auch internationale Kunden wie Nestlé, Kraft und Cargill. Das Team begleitet die Kunden über den gesamten Lebenszyklus ihrer Anlagen hinweg und steht ihnen jederzeit zur Verfügung. Um eine optimale lokale Betreuung der Kunden zu ermöglichen, hat sich die Service Station an die speziellen Bedürfnisse des regionalen Marktes angepasst und bietet den Kunden heute eines der breitesten Portfolios über die gesamte lokale Wertschöpfungskette hinweg an. Die Kunden

MOSKAU

wissen das zu schätzen. «Wir haben ein sehr enges Verhältnis zu unseren Kunden», erzählt Sergej Ivanov, der in der Service Station Moskau den Vertrieb verantwortet. Dafür spricht auch die lange Tradition: Bühler hat bereits im Jahre 1895, also vor genau 120 Jahren, von St. Petersburg aus Geschäfte in Russland gemacht.

«Die Qualität der nachgeriffelten und nachgeschliffenen Walzen von Bühler ist einzigartig. Auch bei der Modernisierung unserer Plansichter (Novapur Retrofit) sind wir mit den Empfehlungen und umgesetzten Arbeiten sehr zufrieden.» Andrey B. Lebedin, Chefingenieur, Podgorenski Flour Mill diagramm #171


IM SERVICE LIEGT DIE KRAFT / Fokus • Bau/Inbetriebnahme. 2014 hat Bühler weltweit zahlreiche Anlagen den Kunden übergeben, wie zum Beispiel die sechste Getreidevermahlungslinie mit einer Kapazität von 750 Tonnen pro 24 Stunden für Sayga Flour Mills in Khartoum/Sudan, welche Bühler innerhalb einer Rekordzeit von lediglich vier Monaten installiert und in Betrieb gesetzt hat. • Wartung und Instandhaltung. In den vergangenen Jahren hat Bühler ein lückenloses Serviceangebot zur Wartung und Instandhaltung der Maschinen und Anlagen entwickelt, um einen optimalen Betrieb und eine hohe Verfügbarkeit sicherzustellen: Inzwischen hat Bühler ein weltweites Netzwerk mit über 80 Service Stationen geschaffen, im Endausbau sollen über 100 Service Stationen die enge Kundenbetreuung sicherstellen.

• Retrofit. Mit einem ganzheitlichen Retrofit-Servicekonzept ermöglicht Bühler seinen Kunden die Modernisierung der Steuerung und Automation bestehender Anlagen, wodurch die Produktivität einer Anlage deutlich erhöht wird und bis zu fünf Prozent der Kosten eingespart werden können (S. 16). • Schulung und Training. Einzigartig sind die zahlreichen Ausbildungsangebote, um Kunden und auch eigene Mitarbeitende so zu qualifizieren, dass sie die Hightech-Aggregate voll ausschöpfen können. Das jüngste Beispiel dieser weltweiten Bildungsinitiative ist eine Müllereifachschule in Kenia, die im Frühjahr 2015 eröffnet wurde. Die African Milling School wird, wie die bewährte Schweizer Berufslehre, die theoretische Wissensvermittlung mit der Praxis verbinden.

«Kein anderer Anbieter kann die ganze Wertschöpfungskette vom Labor, über das gezielte Engineering bis zur weltweiten Service-Unterstützung und Schulung vor Ort abdecken.» Stefan Scheiber, CEO Business Grains & Food

Service Station Cascavel, Brasilien: Ein Mann, ein Wort. Ein durchdringendes Rattern weckte die Siedler, die ihr Camp an einem beschaulichen Plätzchen auf einem Hochplateau aufgeschlagen hatten. Am nächsten Morgen wurde ihnen klar, dass sie unmittelbar neben einer Klapperschlange geschlafen hatten. So erzählt es der Gründungsmythos der brasilianischen Stadt Cascavel, was auf Portugiesisch «Klapperschlange» bedeutet. Zumindest dass die Gegend Siedler angezogen hat, beruht auf Tatsachen und lässt sich heute noch nachvollziehen. Das Land ist grün und fruchtbar, das Klima subtropisch. Cascavel erzeugt einen Viertel des Getreides im Bundesstaat Paraná. Im Wesentlichen bauen die Farmer Sojabohnen, Weizen und Mais an, züchten Geflügel, Schweine und Mastrinder. Bei so viel Landwirtschaft waren Lebens- und Futtermittelindustrie schnell zur Stelle. Mit 25 Millionen Tonnen pro Jahr produziert Cascavel einen Viertel der Futtermittel in Brasilien. Ein idealer Standort also für eine Bühler Service Station. Seit 2012 ist Fernando Kuskowski denn auch in Cascavel als erste Ansprechperson für die Kunden da. Der gelernte Techniker berät die Kunden und versorgt sie mit Ersatzteilen und kleineren Maschinen, wenn Bedarf besteht. Seine grössten Kunden sind die Fut-

terhersteller BRF (Brasilian Feed) und C. Vale sowie die landwirtschaftliche Kooperative Agraria, die Futtermittel, Getreide, Öl und Malz herstellt. BRASILIA CASCAVEL

Expertise vor Ort für nachhaltige Kundenbeziehungen.

«Bühler beweist sich als ausgezeichneter Serviceanbieter und Partner für die technische Problemlösung und die Entwicklung neuer Prozesse. Bühler bietet für mich die Qualität, die ich auch von anderen Zulieferern erwarten würde.» Edson Luiz de Souza, Wartungsingenieur, Cooperativa Agrária Agroindustrial

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IM SERVICE LIEGT DIE KRAFT / Fokus

Aus Alt mach Neu: Bühler Brescia verlängert den Lebenszyklus von Druckgiessmaschinen um Jahre.

«Kein anderer Anbieter kann die ganze Wertschöpfungskette vom Labor über das gezielte Engineering bis zur weltweiten Service-Unterstützung und Schulung vor Ort abdecken», sagt Scheiber. Für die Geschäftsentwicklung ist diese

Kompetenz heute schon von zentraler Bedeutung. «In der Kombination von führender Maschinentechnologie mit unserem umfassenden Lösungs-Knowhow haben wir unser DruckgussGeschäft in den letzten Jahren massiv

nach vorne gebracht», sagt AdvancedMaterials-Chef Schär. Mit einem Marktanteil von rund 25 Prozent ist Bühler Die Casting zur unangefochtenen Nummer eins seiner Industrie avanciert. Über 20 Prozent aller Fahrzeuge weltweit

Service Station Dongguan, China: Den richtigen Ton treffen.

PEKING

DONGGUAN

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China produziert und verbraucht weltweit am meisten Weizen, Reis, Speiseöl, Bier und Futtermittel. Allein um Getreide zu verarbeiten, nutzen über 3’000 Kunden Anlagen von Bühler. Folglich hat Bühler hier in den letzten sieben Jahren zwölf Service Stationen eingerichtet. Die Service Station in Dongguan liegt im Süden Chinas, nicht weit von der Grenze zu Hongkong und dem chinesischen Meer. Die Mitarbeitenden der Service Station betreuen mittlerweile über 150 Kunden. Sie sind unter anderem aufgrund des Wachstums mehrfach in der Region umgezogen. Im März 2015 weihte Bühler die neue Station mit einem regionalen Kundenseminar ein. Das Team in Dongguan besteht aus sieben Mitarbeitern. Bühler hat darauf geachtet, regional gut verankerte Mitarbeitende einzustellen. «Das Service-Geschäft ist ein vollkommen lokales Geschäft», sagt Bruce Lu, Leiter des Kundenservices in China. «Da spielt es auch eine grosse Rolle, dass man – buchstäblich gemeint – die Sprache der Kunden spricht.» Damit meint er im Falle Dongguan neben der offiziellen Landessprache Mandarin auch Kantonesisch. Falls Kunden spezielle Lösungen brauchen

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oder komplizierte Fragen haben, zieht das Serviceteam entsprechende Experten aus anderen Standorten hinzu. Zu den speziellen Dienstleistungen der Service Station im chinesischen Süden gehört die professionelle Pressformüberholung für die lokalen Futtermittelproduzenten, die die Nutzungsdauer der Matrizen um beachtliche 80 bis 100 Prozent erhöht. Neben der Lebensmittelindustrie gehört die chemische und die Farbindustrie zu den wichtigen Wirtschaftszweigen im Umkreis der Service Station. So bietet Bühler auch Kunden aus dieser Branche – unter anderem in Form von Versuchen und Schulungen – massgeschneiderte Lösungen, von denen bequem vor Ort im neu eröffneten Versuchslabor von Grinding & Dispersion Gebrauch gemacht werden kann.


IM SERVICE LIEGT DIE KRAFT / Fokus

haben Motorblöcke, die auf einer Bühler Maschine gefertigt wurden; in China sind es sogar über 45 Prozent. So umfangreich das Serviceund Solutionsportfolio von Bühler heute schon ist: Dem Unternehmen ist klar,

dass dies nur den Startpunkt eines langfristigen Trends markiert – Stichworte sind Internet of Things, Big Data oder Industrie 4.0, Sensorik, Vernetzung, vorausschauende Analytik und Wartung. «Die Möglichkeiten der Sensorik werden

Rechtzeitiges Nachriffeln sichert eine konstant hohe Ausbeute.

«Während der letzten zwei Jahre hat Bühler seine lokale Service- und Verkaufsorganisation in Südchina deutlich ausgebaut. Dank der Dongguan Service Station habe ich einfacher und schneller Zugriff auf Ersatzteile und ServiceUnterstützung.» Keng Liu Leiter Technologie und Technische Planung, Shekou Lamsson Getreidemühle

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IM SERVICE LIEGT DIE KRAFT / Fokus

Eine fachmännische Wartung steigert die Produktivität.

Service Station Timisoara, Rumänien: Grenzenloser Service.

TIMISOARA

BUKAREST

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Timisoara ist die drittgrösste Stadt Rumäniens und liegt nahe der ungarischen und der serbischen Grenze. Die Geschichte dieser kulturellen «Perle» reicht bis in das 12. Jahrhundert zurück. Für das Jahr 2021 hat sie sich als europäische Kulturhauptstadt beworben. Historisch ist Timisoara durch das friedliche Zusammenleben verschiedener Nationalitäten geprägt und gehörte im Laufe der Zeit immer wieder anderen Staaten an. Ein Standort-Vorteil für die Bühler Service Station, da hier viele Menschen ungarisch, serbisch oder deutsch sprechen und somit die hiesigen Mitarbeitenden auch Kunden im nahegelegenen Ungarn, Serbien und Mazedonien betreuen dürfen. Nachdem die Kunden viele Jahre aus dem fernen Braunschweig bedient worden waren, startete Bühler im Jahr 2013 den Betrieb der Service Station. Das machte Sinn, da es inzwischen 24 grosse Mühlen von Bühler und insgesamt über 800 Mühlen allein in Rumänien gab. Die Service Station ist in einer 770 Quadratmeter grossen Halle ausserhalb der Stadt in einem Industriepark untergebracht. Zwei erfahrene Ingenieure sorgen dafür, dass die Kunden aus den Bereichen Getreideund Futtermüllerei, Brauerei und Ölsaatenverarbeitung jederzeit unter optimalen Bedingungen produzieren diagramm #171

können. Das Riffeln von Walzen stellt dabei eine Kerndienstleistung dar. Aber auch wichtige Ersatzteile lagern sie auf Vorrat, damit sie den Kunden immer schnell helfen können. Nach den Kunden gefragt, erzählt Andreea Radu, die die Geschäfte von Bühler in Rumänien führt und selbst aus Timisoara stammt: «Es war vor zwei Jahren, als sich der Technische Leiter von Goodmills Ungarn, einer grossen internationalen Mühle, bei uns in Timisoara anmeldete. Er galt als äusserst anspruchsvoll. Ich war schon etwas nervös, aber ich begrüsste ihn gleich in fliessendem Ungarisch. Wir haben uns sofort sehr gut verstanden und ich habe den Kunden letztlich gewonnen. Er hat uns weiterempfohlen, wo er konnte. Das hat uns sehr geholfen». Auch die Soufflet Group zählt mittlerweile zum treuen Kundenstamm der Service Station in Timisoara. Die gesamte mechanische Reinigung der Anlage in Buzau inklusive der SORTEXMaschinen werden vollumfänglich mit Ersatz- und Verschleissteilen aus der Service Station beliefert.


IM SERVICE LIEGT DIE KRAFT / Fokus den Betrieb und den Unterhalt unserer Maschinen revolutionieren und zu weiteren, massiven Produktivitätssteigerungen führen», sagt Strategie-Leiter Bruno Mendler. Messfühler in allen relevanten Anlageteilen werden beispielsweise kleine Unregelmässigkeiten im Betrieb schon melden, bevor ein Schaden auftritt. Der Bühler Servicetechniker kann dadurch proaktiv den Ursachen auf den Grund gehen. Die meisten Fehler wird das System aber selbständig finden. Durch diese sogenannte vorausschauende Analyse wird es möglich, notwendige Revisionen in einem idealen Zeitfenster durchzuführen. Unerwartete Ausfälle werden zur Ausnahme werden. Ebenso können durch die Vernetzung und Auswertung der Sensordaten bisher unbekannte Ursachen für eine zu schnelle oder atypische Abnützung von Komponenten gefunden und die Anlagen kann automatisch stets optimal betrieben werden.

Mit der für derartige Systeme notwendigen Sensortechnik hat Bühler bereits jahrzehntelange Erfahrung. Die SORTEX-Hochleistungssortierer stehen seit über 60 Jahren für absolute Spitzentechnologie im Bereich der optischen Sensorik. Analog, wie die neueste UltraVision-Generation von SORTEX mittels hochsensibler Bildsensoren und moderner Fehlererkennungssoftware Fremdstoffe und qualitativ schlechte Körner mit extremer Genauigkeit ausscheiden kann, werden künftig sensorbestückte Bühler Maschinen auch kleinste Abweichungen vom Normalzustand registrieren, in Echtzeit beurteilen und, falls nötig, gleich korrigieren können. «Die vorausschauende Analytik ist für uns ein grosses Thema», betont Scheiber: «Wir haben bereits erste entsprechende Maschinen in Entwicklung. Und auch hier wird die Regionalisierung ein entscheidender Erfolgsfaktor sein.»

Welche Daten wie erhoben und für was genau genutzt werden können, wird von Branche zu Branche, von Land zu Land und von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich beurteilt. Während für einige Hersteller die Prozessdaten ihrer Anlagen die geheimen Rezepte ihrer Produkte enthalten, sehen andere den Betrieb der Produktionsmaschinen nicht als ihre Kernkompetenz und wollen ihn so weitgehend wie möglich auslagern. «Mit unserer regionalen Präsenz sind wir in der Lage, auch den Einsatz der modernen Sensor- und Analysetechniken in unseren Plattformen genau an die Bedürfnisse des einzelnen Kunden vor Ort anzupassen», schaut Scheiber in die Zukunft.

«Durch die Präsenz vor Ort und die Unterstützung durch die Service Station hat sich unsere Beziehung zu Bühler intensiviert. Diese enge Zusammenarbeit wird sich auch in Zukunft positiv auf unseren Geschäftserfolg auswirken.»

Die Bühler Service Station sorgt bei Kunden für optimale Produktionsbedingungen.

Aurel Iosif Wartungsmanager, Soufflet Group

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SERVICE STATIONEN / Fokus

Fit mit Retrofit Durch die Modernisierung der Steuerung und Automation lässt sich die Produktivität einer älteren Industrieanlage erhöhen. Bühler adressiert dies mit einem ganzheitlichen Servicekonzept. Weltweit werden pro Jahr 2’500 Millionen Tonnen Mais, Reis, Weizen, Schokolade und Kaffee in mehr als 30’000 industriellen Anlagen zu Grundnahrungsmitteln verarbeitet. Etwa jede fünfte Anlage davon ist älter als 20 Jahre. Gerade in dieser Zeit haben die Informationstechnologie, Sensorik und Vernetzung gewaltige Fortschritte verzeichnet: Die Leistung eines normalen PC ist um den Faktor 1’000 (in Anlehnung an das Mooresche Gesetz) gestiegen, und die Datenübertragungsrate in kabelgebundenen Netzwerken von zehn Mbit/s auf bis zu ein Gbit/s um den Faktor 100. «Während die Mechanik eines Walzenstuhls, einer Reinigungsmaschine, eines Extruders oder einer Waage bei guter Wartung über Jahrzehnte auf einem konstant guten Niveau gehalten werden kann, ist der Lebenszyklus der Steuerung und Automation wesentlich schneller am Ende», sagt Harry Blöchlinger, Head Customer Service SAS. Die Folgen sind klar zu beziffernde

Wettbewerbsnachteile durch geringere Ausbeute und Qualität sowie schlechtere Verfügbarkeit. «Unsere Erfahrungen zeigen, dass wir bis zu fünf Prozent mehr aus einer Anlage herausholen, wenn wir die Steuerung und Automation wieder auf den neuesten Stand gebracht haben», sagt Thomas Widmer, Automationsleiter Geschäftsbereich Müllerei. Um Betreibern das Modernisieren ihrer Anlage möglichst einfach zu machen, hat Bühler jetzt ein ganzheitliches Servicekonzept entwickelt: «Automation Retrofit». Es sind mehrere Lösungen verfügbar, wobei das Portfolio laufend ergänzt wird. Diese Lösungen decken nahtlos alle Automationsebenen ab: Maschinenkontrolle und -steuerung, Elektro- und Kommunikationsinfrastruktur, Anlagensteuerungshardware und -software wie auch Anwendungen auf höheren Ebenen wie Enterprise Resource Planning.

TRANSFORMATIONSMÖGLICHKEITEN FÜR AUTOMATIONS RETROFITS

Vorteile

Erhöhte Produktionskapazitäten

Effizientere Betriebsabläufe, gesteigerte Produktqualität, Betriebskostensenkung

Zuverlässigkeit, Risikovermeidung, verbesserte Amortisation

Produktionsoptimierung – Upgrade von Maschinensteuerungen – Modernisierung von Bedienelementen – Zusätzliche Funktionserweiterungen – Zusätzliche Sensorik /Aktorik – Komplettlösungen zur Modernisierung von Prozesssteuerungen Produktionssicherheit – Modernisierung von Computerhardware – Applikations-Upgrades – Geringfügige Anpassungen – Austausch von Komponenten – Fernwartungs-Basisfunktionen

AUSTAUSCH

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Produktionssteigerung – Erweiterung des Produktionslayouts – Geräteintegration – Selbstregulierende Steuerungen – Innovative Algorithmen – Aufrüstung auf innovative Technologien

OPTIMIERUNGEN

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INNOVATIONEN

Transformationsmöglichkeiten


SERVICE STATIONEN / Fokus Dazu werden Maschinensteuerungen aktualisiert, neue Funktionalitäten wie etwa die kontinuierliche Qualitätsmessung hinzugefügt, zusätzliche Sensoren und Aktuatoren eingebaut und End-to-end-Prozesssteuerungen eingerichtet, welche den Prozess als Ganzes von Anfang bis Ende regeln. Im Ergebnis können solche Optimierungen kumuliert bis zu fünf Prozent Kosteneinsparungen durch reduzierten Energieverbrauch, verbesserte Ausbeute und gleichmässigere Produktqualität bringen.

Ein älteres Fünfwalzwerk kann mit Retrofit auf den neusten Stand der Steuerungstechnik gebracht werden.

Den verschiedenen Kundenbedürfnissen entsprechend unterscheidet das Lösungskonzept drei Ansatzpunkte: Produktionssicherheit Hier geht es im Wesentlichen um Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit einer Produktionsanlage. Der Schwerpunkt liegt auf einem störungsfreien Betrieb, einem reduzierten Risiko unvorhergesehener Betriebsunterbrüche sowie einer garantierten Verfügbarkeit von Ersatzteilen – oder kurz gesagt um die Verlängerung der Lebensdauer und um die Produktionszuverlässigkeit. Dazu werden üblicherweise die Computer-Hardware ausgetauscht, ein aktuelles Betriebssystem aufgespielt, elektrische Komponenten ausgewechselt und grundlegende Remote-Support-Anwendungen installiert. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass sich bereits damit mittelfristige Rentabilitätsverbesserungen durch reduzierte Abschreibungen und tiefere Wartungskosten erreichen lassen. Produktionsoptimierung Weitergehende Retrofits ermöglichen Produktionsoptimierungen, zum Beispiel Steigerung von Betriebseffizienz, Produktausbeute und -qualität, Vermeidung von Fehlern, Synchronisierung der Betriebsabläufe sowie Reduktion der Energiekosten. IoT-Applikationen (Internet of Things) werden in Zukunft, dank einiger Automations Retrofits, zusätzliche Verbesserungen ermöglichen.

Produktionssteigerung In der weitestgehenden Ausbaustufe des Retrofit-Konzepts steht die Produktionssteigerung im Vordergrund. Der Einsatz innovativer Technologien bringt die grössten Vorteile mit sich, wobei es sich hier üblicherweise um Lösungen mit Transformationscharakter handelt. Bühler erforscht kontinuierlich neue Technologien und bietet sie oft auch als Retrofits an, wenn sie sich für Kundenanwendungen eignen. Diese Art von Retrofits stehen normalerweise mit Produktionserweiterungen oder Änderungen am Anlagenlayout in Zusammenhang. Sie steigern die Produktionsleistung und ermöglichen gleichzeitig den Einsatz modernster Messtechnologien sowie neuer Steuerungsalgorithmen. Mit einem stark strukturierten Vorgehen von der Analyse über die Umsetzung, Erprobung und Inbetriebnahme bis hin zur Bedienerausbildung stellt Bühler sicher, dass die Arbeiten am zentralen Nervensystem einer Anlage sicher erfolgen und auch den erwarteten Vorteil bringen. «Wir sind ja kein Newcomer in der Prozess-Automation», schmunzelt Patrik Müller, Head Automation Geschäftsbereich Grains & Food. Die Fakten sprechen für sich: Für Retrofit steht ein Team von weltweit 350 Automationsexperten in acht global verteilten Kompetenzzentren zur Verfügung und damit ein enormer Erfahrungsschatz: Bühler Automation läuft in über 4’500 Anlagen in 170 Ländern weltweit.

Weitere Informationen: Felipe García Winterling Retrofit Program Manager Grains & Food Bühler Uzwil T +41 71 955 13 11 felipe.garcia-winterling@buhlergroup.com

ADDED VALUE

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Mehr Produktionssicherheit Steigerung von Betriebseffizienz, Produktausbeute und -qualität Reduktion der Energiekosten Bis zu fünf Prozent Kosteneinsparungen

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SERVICE STATIONEN / Fokus REVISION VON DRUCKGIESSMASCHINEN

So gut wie neu Die Lebensdauer einer Druckgusspresse beträgt häufig 20 bis 25 Jahre oder noch mehr: nach 10 bis 15 Jahren brauchen sie häufig eine «Verjüngungskur». Bühler Brescia kümmert sich darum.

Die Revision von Druckgiessmaschinen erfordert hochspezialiserte und erfahrene Experten.

Druckgiessmaschinen erscheinen wie Elefanten des Maschinenbaus: Sie gehören zu den ganz Grossen, wiegen nicht selten 100 Tonnen, mit einer Schliesskraft bis zu 4’400 Tonnen, können sehr alt werden und «vergessen» nichts. Eine Druckgusspresse ist eine enorme Investition und kostet heute zwischen USD 500’000 und USD 3 Mio. Sie presst häufig 20 Jahre uneingeschränkt und klaglos Teile für die Automobil-, Bau- oder Elektronikindustrie. Aber

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eines Tages lässt die Passgenauigkeit nach, die Produzenten müssen immer mehr nacharbeiten. Jetzt ist es Zeit für eine Entscheidung: neu kaufen oder überholen? Letzteres, eine sogenannte Revision, kostet normalerweise die Hälfte des ursprünglichen Kaufpreises, aber in einigen Fällen kann die Überholung bis zu 70 Prozent des ursprünglichen Investments ausmachen. Das ist immer noch sehr viel Geld. Aber der Preis erklärt sich sehr leicht, wenn man


SERVICE STATIONEN / Fokus

«Die Vorteile bei einer Revision durch Bühler sind: Die Lebenszeit einer unserer Druckgiessmaschinen wird um durchschnittlich sieben Jahre verlängert. Bühler kennt die bisherige Maschinenhistorie, was unnötige Aufwände bei einer Revision vermeidet.»

dass die Bühler Fachleute diese manuell anfertigen müssen. In einigen Fällen, in welchen Maschinen von Konkurrenten revidiert werden, bekommen sie noch nicht einmal mehr Konstruktionszeichnungen und müssen diese zunächst rekonstruieren. Häufig tauscht Bühler Software und Elektronik komplett aus. Und abschliessend baut das Team in Brescia die Maschine wieder zusammen und testet sie, bis sie einwandfrei funktioniert. «Behält man bei einer Revision die Originalsteuereinheit kann man die Maschine weitere sechs bis zehn Jahre nutzen. Wird zusätzlich die letzte Generation von Software und Elektronik eingebaut, verlängert sich der Lebenszyklus der Maschine sogar um 10 bis 15 Jahre», sagt Paul Stucki, Produktionsleiter bei Bühler Brescia. Kein Wunder, denn im Prinzip erhalten die Kunden eine Maschine,

an der viele Teile nagelneu sind. Immer mehr Unternehmen erkennen die Vorteile einer Revision und lassen ihre Druckgusspressen überholen. Bühler hat diesen wachsenden Markt in den Achtzigerjahren wahrgenommen und das eingeführte Unternehmen «Brescia Presse» in Brescia übernommen. Seitdem hat Bühler daran gearbeitet, hier das europäische Zentrum für Druckgiessmaschinen-Revisionen aufzubauen. Ungefähr 80 Prozent der Kunden von Bühler Brescia sind deutsche Unternehmen. Im laufenden Jahr wird Paolo Zanone mit seinen 40 Mitarbeitern in Brescia 25 Revisionen durchführen. Die Zahl der Bühler Maschinen, die in den nächsten fünf Jahren in das Sanierungsalter kommen, steigen auf über 850 an. Jeweils die Hälfte dieser Maschinen wird überholt. Die Zukunft von Bühler Brescia sieht vielversprechend aus.

Jürgen Mangold, Production Manager, Alupress, Brixen

bedenkt, wie viele hochspezialisierte und erfahrene Experten an der Revision eines solchen «Maschinen-Elefanten» beteiligt sind. Die Arbeit ist sehr anspruchsvoll und dauert acht bis sechzehn Wochen. Die Experten von Bühler Brescia nehmen buchstäblich jeden einzelnen Hebel und Zylinder sowie jede einzelne Schraube – manchmal auch nur die Walze einer Maschine, welche mit 20 bis 30 Tonnen so viel wiegt wie mancher Sattelzug – in die Hand. «Manche Maschinen sehen aus wie ein Haufen Schrott, wenn sie angeliefert werden», erklärt Paolo Zanone, der den Bühler Standort in Brescia leitet. Mit Fingerspitzengefühl und Sachverstand demontieren, reinigen, begutachten und vermessen seine Leute jedes einzelne Teil, nachdem die Maschine in Brescia eingetroffen ist. Sie schleifen, glätten, polieren die Stücke, falls noch etwas zu retten ist. Andernfalls besorgen sie Austauschteile. Für sehr alte Pressen existieren meistens keine Ersatzteile mehr, so

Jedes einzelne Teil wird bei einer Revision demontiert, gereinigt, begutachtet und vermessen.

ADDED VALUE

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Verlängerung des Lebenszyklus Integration von neuer Software und Elektronik Kostenvorteil

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Bühler Solutions & Services Engineering & Consulting Engineering – Konstruktionsengineering – Fertigungsengineering – Fertigungsabläufe – Optimierungen – Hardwareengineering – Softwareengineering

Bühler Prozesstechnologien (Auswahl) ROHSTOFFE (EXEMPLARISCHE BEISPIELE)

Reinigen Sortieren Lagern Fördern

GETREIDE

Mahlen

Sichten

Consulting – Individuelle Bedürfnis- und Ursachenanalyse – Höchste Effizienz hinsichtlich Leistung, Energieverbrauch usw. – Verringerte Betriebskosten – Flexible Finanzierungsmodelle

Mischen

FUNKTIONELLE PULVERKOMPONENTEN, Z.B. PIGMENTE

Lagern Fördern

Aus- und Weiterbildung – – – –

Hochqualifiziertes Personal Effizienter Anlagenbetrieb Optimale Hygiene und Qualität der Endprodukte Hohe Lebensdauer und Verfügbarkeit von Anlagen und Maschinen

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Mischen

– Ausbildungszentren – Schulmühlen – Bakery Innovation Center – Technologiezentren

Dosieren Verwiegen

Homogenisieren


Serviceleistungen

ENDPRODUKTE (EXEMPLARISCHE BEISPIELE)

Verpacken MEHL

Kneten

Extrudieren

Trocknen

Ersatzteile – Verlängerte Bühler Produktgarantie – Werterhalt von Maschinen und Anlagen – Verlängerte Lebensdauer von Maschinen und Anlagen

Kühlen PASTA

Nassmahlen Dispergieren

Wartung – Individuelle Wartungskonzepte – von einfacher Wartung bis zum «Total Care»-Programm – Minimierte Stillstandszeiten – Erhöhte Sicherheit und Transparenz bei der Herstellung

Nachrüstung – Aktualisierung auf den neuesten Stand der Spezifikationen hinsichtlich Hygiene, Energieeffizienz usw. – Verbesserte Qualität und Produktivität – Verlängerte Lebensdauer von Maschinen und Anlagen Instandsetzungen – Zuverlässiger Support durch Experten – Minimale Stillstandszeit der Maschinen – Verlängerte Lebensdauer von Maschinen und Anlagen

Konditionieren DISPERSIONEN – FARBEN & LACKE – ELEKTRONISCHE PASTEN – BATTERIEMATERIALIEN – AGROCHEMIKALIEN

Revisionen – Gleichbleibend hohe Produktqualität – Geringere Energiekosten – Walzenservice für maximalen Ertrag

Standorte in Uzwil/Schweiz, Beilngries/Deutschland, London/Grossbritannien, Minneapolis/USA, Stockton/USA, Raleigh/USA, Manhattan/USA, Wuxi/China, Holland/USA, Bangalore/Indien, Brescia/Italien

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IN KÜRZE / Bühler weltweit PODIUMSDISKUSSION MIT VERTRETERN VON SYNGENTA, NESTLÉ UND BÜHLER

Know-how für Mexikos Landwirtschaft Die Landwirtschaft bildet in Mexiko die Lebensgrundlage für rund die Hälfte der Bevölkerung. Obwohl fast 50 Prozent der Landesoberfläche landwirtschaftlich genutzt werden könnten, ist aber nicht einmal die Selbstversorgung mit Grundnahrungsmitteln wie Weizen, Mais oder Bohnen sichergestellt. Was können bewährte Schweizer Praktiken und Technologien zur weiteren Entwicklung beitragen? Dieser Frage gingen Vertreter von Syngenta, Nestlé und Bühler an einer Podiumsdiskussion am vergangenen 15. April nach, zu der die Schweizer Botschaft aus Anlass des 70. Jahrestags der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden

der Verlust von Rohstoffen verhindert und gleichzeitig die Lebensmittelsicherheit erhöht werden», wie Andreas Risch, Leiter Verkauf Grain Milling von Bühler in Mexiko, festhält. Bühler ist seit 60 Jahren in Mexiko präsent. Speziell für den lokalen Markt wurde beispielsweise eine energieeffiziente Lösung für die Herstellung von Tortilla-Mehl entwickelt, die nur mit Dampf arbeitet und kein Abwasser verursacht. Ländern eingeladen hatte. Bühler nutzte die Gelegenheit, sich als Lösungspartner für die getreideverarbeitende Industrie zu präsentieren: «Mit unseren Lagerungs-, Trocknungs- oder Sortierlösungen kann

13. INTERNATIONALE GIESSEREIAUSSTELLUNG (GIFA)

Führende Rolle im nächsten Wachstumsschub Die 13. Internationale Giessereiausstellung (GIFA) in Düsseldorf, Deutschland, öffnete einmal mehr ihre Tore. Bühler präsentierte sich in seiner Rolle als globaler Lösungsanbieter für Aluminiumdruckguss und empfing starke Wachstumssignale mit Aufträgen und Zusprüchen im Wert von über CHF 40 Mio. Asien ist dabei der wichtigste Antreiber. Das chinesische Unternehmen Wencan Group, ein Schlüssellieferant der Automobilindustrie Asiens, welcher unter anderen auch Volkswagen und Tesla beliefert, bestellte Maschinen und Leistungen von Bühler im Wert von über CHF 17 Mio. Gesamthaft bestätigte die Messe voll und ganz die führende Markt- und Technologieposition von Bühler im Bereich Aluminiumdruckguss. Der Erfolg ist zurückzuführen auf die führenden Technologien, die breit gestreute Produktions- und Servicestätten in Europa, den USA und China und das umfassende Lösungsangebot für maximale Produktivität, durchgängig hohe Teilequalität und einfach zu bedienender Automation. Dieses Versprechen wurde mit Innovationen wie zum Beispiel einer neuen intuitiven Bedienoberfläche,

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der Linie Ecoline Pro mit integrierten Peripheriegeräten sowie dem integrierten Vakuumsystem unterstrichen. Mit zunehmender weltweiter Automobilproduktion wird die leichte Bauweise von Pkws für die Reduktion von Treibstoffverbrauch und CO2-Emissionen immer entscheidender. Schon heute stecken in einem Durchschnitts-Pkw 150 Kilogramm Aluminium, eine Zahl, die bis zum Jahr 2025 auf mehr als 250 Kilogramm ansteigen dürfte. Fahr-

zeughersteller erkennen neue Teile, vor allem tragende Teile (Strukturteile) wie Türrahmen oder Federbeinstützen, die mit der Aluminium-Druckgusstechnik hergestellt werden können. Aluminium erobert als Werkstoff nach Oberklasseautos auch den Markt für Pkws mittlerer Grösse sowie Kompaktwagen, was das Wachstum weiter antreibt. Alle Signale des Aluminiumdruckgussmarkts stehen auf Grün.

Bühler als globaler Lösungsanbieter für Aluminiumdruckguss. diagramm #171


IN KÜRZE / Bühler weltweit FOOD ENGINEERING

Internationale Nachwuchsforscher prämiert Neue Trends diskutieren und talentierten Nachwuchs gewinnen – das war das Ziel des PhD-Workshops, den Bühler im März in der Zentrale in Uzwil ausgerichtet hat. Cornelia Koller von der ETH in Zürich wurde mit dem Julius Maggi Award ausgezeichnet. Ihre Arbeit dürfte Schoggifreunde und die Diätindustrie aufhorchen lassen. Viereinhalb Jahre lang hat die Lebensmittelwissenschaftlerin an ihrer Promotion gearbeitet, immer wieder selber probiert und einige Kilo zugenommen. Doch die Arbeit hat sich gelohnt. Mit ihrer Promotion über den Einschluss von Luft in Fettsystemen hat die 29-Jährige beim PhD-Workshop bei Bühler den mit 2’500 Euro dotierten Preis für die beste europäische Dissertation im Bereich Food Engineering gewonnen. «Durch die Lufteinschlüsse werden die Portionen grösser und die Leute sind schneller satt», erklärt Koller. Ganz ohne Süssstoffe lassen sich so kalo-

Die ETH-Wissenschaftlerin Cornelia Koller wurde für ihre Dissertation ausgezeichnet.

rienarme Lebensmittel herstellen. Auch Schaumstabilisatoren sind nicht notwendig. Das ist gut, denn «der Trend geht hin zu Lebensmitteln ohne Zusatzstoffe». 17 Doktoranden aus 12 europäischen Städten wurden in diesem Jahr ausgewählt, ihre Forschungsarbeiten vorzustellen. Zehn führende Professoren der Lebensmittelwirtschaft von Univer-

sitäten aus ganz Europa und Experten von Nestlé sowie Barilla bewerteten die Projekte. «Die Präsentationen waren sehr gut bis ausgezeichnet», sagte Prof. Dr. Dietrich Knorr über die Arbeiten. Nicolas Meneses, Experte für Lebensmittelsicherheit bei Bühler, betreute den Kongress. «Wir sind sehr stolz, diese ausgezeichneten Veranstaltungen bei uns zu haben. Der Workshop war für uns eine exzellente Plattform, die wichtigsten Herausforderungen in der Lebensmittelindustrie mit hochqualifizierten jungen Wissenschaftlern zu diskutieren.» Ganz nebenbei ist der Workshop eine gute Gelegenheit, den Nachwuchswissenschaftlern Lust auf eine Karriere in der Industrie zu machen. Bei Cornelia Koller hat es geklappt. Sie fängt im September bei Bühler als Trainee an.

GRINDING & DISPERSION

Lead Lab für China Seit Mai ist im chinesischen Wuxi ein neues Labor des Geschäftsbereichs Grinding & Dispersion in Betrieb. Auf etwa 1’000 Quadratmetern werden dort Druckfarben, Beschichtungen, elektronische Pasten und weitere Anwendungen mit Hilfe modernster Prüftechniken getestet. Dabei kommt die gesamte Palette der Bühler Lösungen von der Laborproduktion bis zur Kleinchargenproduktion, einschliesslich Kornmühlen und Walzenmühlen, zum Einsatz. Das Wuxi Application Center ist ausserdem das erste Labor, in dem die neueste Mischtechnologie der dritten Generation zur SlurryHerstellung für Lithium-Ionen-Batterien zur Verfügung steht. Die führende Prüfeinrichtung erbringt umfassende Leistungen für ihre Kunden. Zum Beispiel werden Anwendungstests zur Prüfung der Leistungsfähigkeit von Maschinen und Anlagen durchgeführt. Darüber hinaus werden

Produktbewertungen erstellt, aufgrund derer neue Produkte während der Testphase und der Verfahrensentwicklung im Hinblick auf die Dokumentation des Produktionsprozesses eingehend analysiert werden können. «Der neue, hochmoderne Standort bietet professionelle Arbeitsbedingungen, ausreichend Platz und umfangreiche Prüfinstrumente, mit denen unsere Fachleute unseren Kunden das gesamte Potenzial der GD-Maschinen von Bühler demonstrieren können. Das ideale Konzept kann so für jeden Kunden noch vor dem Kauf entwickelt werden», so Jesse Wang, Leiter des GD Application Center in Wuxi. Nach Uzwil ist somit in China das zweite Hauptlabor entstanden, in dem Bühlers Wissen und Technologieerfahrung für alle Kunden gebündelt und erweitert wird. Neben den beiden Hauptlaboratorien in Europa und China haben diagramm #171

Der Geschäftsbereich Grinding & Dispersion hat im chinesischen Wuxi ein neues Labor eröffnet.

wir zwei regionale Entwicklungs- und Schulungszentren (RADEC). Das für den gesamten amerikanischen Kontinent zuständige Zentrum befindet sich in Nordamerika, und das auf Hightech-Anwendungen wie Elektronik spezialisierte Zentrum ist in Japan.

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IN KÜRZE / Bühler weltweit GROSSAUFTRAG AUS DEM KÖNIGREICH SAUDI-ARABIEN

Neue Mühlenanlage in Jazan Die langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der saudischen Grain Silos & Flour Mills Organisation (GSFMO) und Bühler wird um ein weiteres Kapitel verlängert: Im Auftrag des staatlichen Mehlproduzenten installiert Bühler im südlichsten Hafen des Königreichs, in Jazan, eine Mühlenanlage mit einer Kapazität von 600 Tonnen Weizen pro 24 Stunden. Der entsprechende Vertrag wurde am 6. April 2015 vom saudischen Landwirtschaftsminister HE Abdulrahman bin Abdulmohsen Al-Fadhli unterzeichnet. «Einmal mehr konnten wir mit der Qualität unserer Anlagen, unserem Technolo-

gie- und Prozess-Know-how sowie dem umfassenden Serviceangebot vor Ort überzeugen», fasst Stefan Scheiber, Bühler CEO Business Grains & Food, zusammen. Die komplette Anlage, die mit modernster Vermahlungstechnologie von Bühler ausgerüstet wird, soll innerhalb von drei Jahren realisiert werden und der direkten Versorgung der

Umgebung mit Mehl dienen. Bühler hat in Saudi-Arabien bereits 15 Mühlen an sieben Standorten realisiert. Die bisher grösste Anlage mit einer Kapazität von zweimal 600 Tonnen pro 24 Stunden wurde kürzlich in der Nähe von Mekka in Betrieb genommen. Der jährliche Mehlkonsum liegt in Saudi-Arabien bei etwa zwei Millionen Tonnen.

Die neue Mühlenanlage in Jazan wird über eine Kapazität von 600 Tonnen Weizen pro Tag verfügen.

EUROPEAN HYGIENIC ENGINEERING DESIGN GROUP

Bühler setzt Standards Immer mehr Nahrungsmittel werden industriell hergestellt. Eine zentrale Massnahme, um die Sicherheit von Lebensmittelerzeugnissen in den zunehmend globalen Verarbeitungsketten sicherzustellen, ist die hygienegerechte Gestaltung von Maschinen und Prozessen (Hygienic Design). Gemäss diesem Prinzip wird schon im Entwicklungsstadium einer Maschine oder Anlage auf eine gute Reinigbarkeit geachtet. Die Industriegruppe European Hygienic Engineering Design

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Group (EHEDG) erarbeitet unverbindliche Richtlinien, welche die Sicherheit in der Lebensmittelindustrie erhöhen sollen. Bühler bringt sein umfassendes Knowhow in die Gruppe ein und spielt auch im Schweizer Ableger eine Schlüsselrolle. Anfang Mai haben sich an der EHEDG-Generalversammlung 20 Vertreter aus der Schweizer Lebensmittelindustrie in Uzwil getroffen. Dr.-Ing. Christoph Schill, Prozessingenieur bei Bühler, wird die Geschicke der regionalen Schweizer diagramm #171

EHEDG von 2015 bis 2018 als Präsident lenken. «Bühler arbeitet derzeit in der EHEDG in den Bereichen Facility Design, Dry Materials Handling sowie Bakery Equipment mit. Von diesem Engagement für mehr Sicherheit profitieren auch unsere Kunden», führt Schill aus.


IN KÜRZE / Bühler weltweit KUNDENSPEZIFISCHE LÖSUNGEN FÜR DIE EFFIZIENTE UND SICHERE VERARBEITUNG VON REIS

Bühler feiert Erfolge in Südostasien

GROSSAUFTRÄGE IM WERT VON ÜBER USD 100 MIO. IM RAUM SÜDOSTASIEN ERTEILT

Für die Menschen in Asien ist Reis das mit Abstand wichtigste Grundnahrungsmittel.

Reis ist das wichtigste Grundnahrungsmittel der Menschen in Südostasien. Bühler entwickelt gemeinsam mit Reisverarbeitern Lösungen, die Mehrwerte für die Kunden schaffen. Diese Anstrengungen zahlen sich jetzt aus: In den vergangenen 24 Monaten konnte Bühler seine Marktstellung in Südostasien festigen und in Ländern wie Thailand, Kambodscha, Indonesien, Vietnam, den Philippinen, Myanmar und Malaysia mit namhaften Kunden Verträge im Gesamtumfang von über USD 100 Mio. abschliessen. Eine Schlüsselrolle für diesen Erfolg spielt die im vergangenen Jahr lancierte optische Sortieranlage SORTEX S UltraVision™. Dank vielen intelligenten Sortierfunktionen lassen sich die Qualität und die Sicherheit des Endprodukts deutlich verbessern. Die innova-

tive Lösung steht auch im Zentrum des grössten Einzelauftrags in der Region: zur weltweit grössten Reismühle, die vom thailändischen Unternehmen Merry Rice realisiert wird, steuert Bühler unter anderem 62 Sortieranlagen SORTEX S UltraVision™ mit einer Sortierleistung von über 10’000 Tonnen pro Tag bei. Der Auftrag allein hat ein Volumen von USD 40 Mio.

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THAILAND Merry Rice Capital Rice Siam Indica Sirichokchai Riceland Siam Parboiled 4G Contracting Bright Lights KAMBODSCHA Erste komplette Anlage zur Verarbeitung von Rohreis INDONESIEN TPS Group PB. Mulyo VIETNAM Phung Hoang Thanh Hung Enterprises Thung Thanh Company Tri Van Phu PHILIPPINEN Komplette Anlage zur Verarbeitung von Rohreis MALAYSIA Kilang Beras Pek Choo Keok Sdn. Bhd MYANMAR Nine Seas Yoma Sun

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Interview

INTERVIEW MIT MATTHIAS KAISERSWERTH

Die Daten sind der Sprengstoff Matthias Kaiserswerth war Direktor des Forschungszentrums von IBM. Jetzt setzt er sich dafür ein, dass die Kunden von Bühler von den Möglichkeiten der Industrie 4.0 profitieren können. TEXT: BORIS SCHNEIDER – FOTOS: ANJA METZGER

diagramm: Herr Kaiserswerth, warum spricht man von einer vierten industriellen Revolution? Matthias Kaiserswerth: Nach der Mechanisierung durch die Dampfmaschine, der arbeitsteiligen Massenfertigung am Fliessband und der Automatisierung der Produktion durch die IT steht ein weiterer, grundsätzlicher Paradigmenwechsel in der Industrie an: Die Erfassung, Analyse und weitergehende Verwertung aller Daten, die in industriellen Prozessen über die ganze Wertschöpfungskette hinweg anfallen.

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Welche Entwicklungsschritte haben dazu geführt? In den Anfangsjahren der Informatik war der Computer eine raumfüllende, isolierte Rechenmaschine. Später wurden mehrere PCs zu Netzwerken verbunden. Mit dem TCP/IP-Protokoll wurde daraus das weltumspannende Internet. Heute haben wir immer kleinere und mächtigere Mikrochips, eine Fülle von Sensoren und allgegenwärtige Funknetze. Als Folge davon verfügen auch Mobiltelefone, Autos, Kühlschränke oder Industriemaschinen über eine integrierte Intelligenz und sind miteinander vernetzt. Deshalb spricht man auch vom Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) oder von sogenannten «Cyber Physical Systems». diagramm #171

Das Internet durchdringt jetzt einfach sämtliche Lebensbereiche? Im Grunde genommen ist es eine Fortsetzung der Dezentralisierung, die mit dem Internet vor über 20 Jahren begonnen hat. Nur ist das Internet der Dinge noch viel engmaschiger und stärker automatisiert. Ein zweiter wichtiger Aspekt ist, dass alle diese vernetzten Gegenstände und Maschinen riesige Mengen von Daten erzeugen. Sensoren zeichnen den Ablauf eines Produktionsprozesses auf oder messen konstant die Temperatur oder die Feuchtigkeit. Alle diese Daten stehen dann in einer Datenwolke jederzeit und überall zur Verfügung, weshalb man auch von «Cloud Computing» spricht.


TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Interview

Was bringen uns denn diese Daten? Daten sind im heutigen Zeitalter vielleicht die wichtigste Währung. Ihren Wert erhalten sie allerdings erst, wenn man daraus neue Erkenntnisse gewinnen kann. Und hier kommt ein zusätzlicher Aspekt der Industrie 4.0 ins Spiel: Dank Analyseverfahren wie «Big Data» und künstlicher Intelligenz sind wir heute zum ersten Mal in der Lage, auch unstrukturierte Daten oder verschiedene Formate intelligent miteinander zu verknüpfen. Die eigentliche Sprengkraft der gegenwärtigen Entwicklung liegt deshalb in der Verwertbarkeit dieser Datenmengen. Gehören noch andere Technologien zur Industrie 4.0? Auch die generativen Fertigungsverfahren – das sogenannte «Additive Manufacturing» – werden dem neuen Industriezeitalter zugerechnet. Und davon verspricht man sich ja enorm viel. Während anfänglich nur Kunststoffteile ausgedruckt werden konnten, lassen sich heute auch Metallteile oder sogar gewisse Lebensmittel Schicht um Schicht fertigen. Am Ende dieser Entwicklung kann man die «Stückzahl 1» herstellen – also die individuelle Massanfertigung als Gegenteil der industriellen Massenproduktion. Würden Sie hier von einer disruptiven Technologie sprechen? Dass eine Technologie disruptiv ist, merkt man erst, wenn etwas Anderes nicht mehr existiert. Und typischerweise entwickeln sich solche Phänomene in Nischen. Der Transistor etwa hat sich aufgrund seiner geringen Abmessungen zunächst als effizienteste Lösung für Hörgeräte etabliert – und später die bis dahin omnipräsente Röhre als wichtigstes elektronisches Bauteil in allen anderen Anwendungen verdrängt. Auch das Additive Manufacturing wird heute in Nischen eingesetzt. Bis wir allerdings komplexe diagramm #171

Gegenstände wie ein Mobiltelefon ausdrucken können, werden noch viele Jahre vergehen. Ein Ersatzteil für eine Maschine wird aber wahrscheinlich schon bald nicht mehr per Kurier um die halbe Welt geschickt, sondern einfach vor Ort ausgedruckt.

«Die Industrie hat die einmalige Chance, sich in der Wertschöpfungskette noch stärker auszubreiten und innovative, datengetriebene Geschäftsmodelle zu entwickeln.» Was bedeutet Industrie 4.0 für Unternehmen wie Bühler und seine Kunden? Maschinen und Anlagen für die effiziente und ressourcenschonende Produktion verschiedener Güter werden auch morgen benötigt. Und Bühler bietet ja nicht einfach Maschinen an, sondern umfassende Lösungen, etwa für die komplette Verarbeitung von verschiedenen Rohstoffen. Darin steckt ein ex trem detailliertes Expertenwissen und auch ein umfassendes Verständnis der Anforderungen einer bestimmten Kundengruppe oder eines Marktes. Aber selbst die beste Technologie wird irgendwann zum Standard. Und wenn man sich nicht mehr über die Technik differenzieren kann, braucht es andere Alleinstellungsmerkmale. Was heisst das konkret? Die Industrie hat jetzt die einmalige Chance, sich in der Wertschöpfungskette noch stärker auszubreiten und innovative, datengetriebene Geschäftsmodelle zu entwickeln. Die Gewinner in der Industrie 4.0 werden diejenigen Unternehmen sein, die aus den gewaltigen Datenmengen echte Mehrwerte für ihre Kunden generieren.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Interview

sorgen für eine lückenlose Dokumentation der Fertigungsprozesse.

Vernetzte Maschinen und Anlagen erzeugen grosse Mengen von Daten.

«Daten sind im heutigen Zeitalter vielleicht die wichtigste Währung. Ihren Wert erhalten sie allerdings erst, wenn man daraus neue Erkenntnisse gewinnen kann.»

In welchen Bereichen werden die Auswirkungen zuerst spürbar? In einer ersten Phase wird wohl der Service verbessert. Die Maschinen von Bühler erfassen ja heute schon unzählige Parameter. Daraus kann man verschiedene Dienstleistungen generieren – beispielsweise eine Fernüberwachung von Produktionsprozessen oder eine vorausschauende und zielgerichtete Wartung. Das Internet der Dinge wird auch die Qualitätssicherung auf ein neues Niveau heben, denn die vernetzten Sensoren

Was bedeutet das für die Sicherheit von Lebensmitteln? Jedes Erzeugnis aus der Lebensmittelindustrie lässt sich dank diesen Informationen bis zu den Rohstoffen hin zurückverfolgen. Und wichtige Werte wie etwa die Feuchtigkeit können heute über die ganze Verarbeitungskette hinweg erfasst und in Echtzeit kontrolliert werden. Deshalb werden in den Bereichen Lebensmittelsicherheit und der Vermeidung von Lebensmittelverlusten durch das Internet of Things wahrscheinlich schon bald deutliche Verbesserungen möglich. Muss ein Kunde eine Maschine überhaupt noch besitzen? Das ist natürlich eine durchaus berechtigte Frage. Die «Sharing Economy» funktioniert, weil immer mehr Privatpersonen kein Auto mehr kaufen, sondern nur noch eines benutzen wollen. Steht für die Kunden von Bühler der Besitz einer Anlage im Vordergrund? Oder nicht vielmehr die Produktivität, die sie damit erzielen können? Vielleicht möchte ein Verarbeiter von Getreide gar keine Mühlenanlage mehr kaufen, sondern einfach einen Fixpreis pro Tonne

KRAFT DANK INTELLIGENZ UND VERNETZUNG

Die explosive Kraft des Internets der Dinge (Internet of Things, IoT) liegt in einer Kombination aus allgegenwärtiger Konnektivität, intelligenten Maschinen und dem Teilen von Daten. Diese Faktoren haben eine deutlich höhere Transparenz und Effizienz zur Folge – und zwar von einzelnen Komponenten, Maschinen, Prozessen und ganzen Fabriken. Das IoT ist in vielen Märkten von Bühler noch neu. Deshalb haben wir beschlossen, diese Innovationsreise mit einer speziellen IoT-Initiative anzugehen. In einer

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ersten Phase werden wir mindestens drei konkrete IoT-Projekte gemeinsam mit Kunden umsetzen. Ein mögliches Ziel ist beispielsweise eine Steigerung der Produktivität durch die Vermeidung von ungeplanten Stillstandzeiten. Ein weiteres Ziel ist die Verbesserung der Nachhaltigkeit durch eine Erhöhung der Lebensmittelsicherheit. Um die Möglichkeiten des IoT jedoch vollständig nutzen zu können, müssen Daten zwischen den verschiedenen Akteuren in der Wertschöpfungskette geteilt werden.

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Gleichzeitig jedoch gilt es, höchste Sicherheitsstandards einzuhalten. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist deshalb der Datenschutz. Langfristig möchte Bühler die ganze Wertschöpfungskette intelligent und vernetzt gestalten – vom Feld bis zum fertig verarbeiteten Nahrungsmittel. Einen Zusatznutzen wird auch die Integration der Daten von Drittanbietern wie beispielsweise Wetterdiensten bringen.


TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Interview

Mehl einer definierten Qualität bezahlen – und sich auch nicht mehr selber um Einstellungen und Wartung kümmern. In der Informatik sind solche Geschäftsmodelle unter der Bezeichnung «Service Level Agreement» längst Standard. Und welche neuen Geschäftsmodelle werden mit Daten möglich? Denken wir beispielsweise an die Sortierung von Reis. Die Aufgabe einer optischen Sortieranlage besteht darin, den Reis zu sortieren. Aber aus dieser Tätigkeit lernt man noch viel mehr. So sieht man etwa, wie viele Körner im Reis eines bestimmten Lieferanten gebrochen sind. Wenn man die Informationen, die auf hunderten von Sortieranlagen entstehen, zusammenführt und analysiert, lassen sich daraus wertvolle neue Erkenntnisse etwa über die Qualität der Rohstoffe in verschiedenen Anbauregionen gewinnen. Aus der Gesamtheit aller Sortieranlagen könnte ein Wissen generiert werden, welches für jeden einzelnen Anlagenbesitzer einen echten Mehrwert bedeutet, weil er damit beispielsweise seinen Einkauf optimieren kann. Als Schweizer Unternehmen mit einer langen Tradition wäre Bühler auch in der Lage, kritische Erfolgsfaktoren solcher neuen Geschäftsmodelle wie etwa den Datenschutz zu garantieren. Und worin bestehen die Risiken für industrielle Unternehmen? Das grösste Risiko ist, dass jemand anderes solche Dienstleistungen anbietet. Das muss auch gar kein Industrieunternehmen sein. Denken wir an das Taxigewerbe, die Hotellerie oder den Einzelhandel: Mit Uber, Airbnb und Amazon waren es Start-up-Firmen, die mit IT diese Branchen in ihren Grundfesten erschüttert haben. Davor muss auch die Industrie auf der Hut sein. Branchenfremde Marktteilnehmer können sich mit guten Ideen in Nischen einrichten und rund um die Verwertung von industriellen Daten erfolgreiche neue Services entwickeln.

Was bedeuten diese Entwicklungen für den Arbeitsmarkt? Wenn die Maschinen intelligenter werden und stärker vernetzt sind, wird langfristig ganz sicher weniger Personal für den Betrieb und die Wartung benötigt. Aber arbeitslos sind wir auch durch die vorangegangenen industriellen Revolutionen nicht geworden. Vielmehr dürfte es eine Verschiebung hin zu neuen Tätigkeitsfeldern geben. Vielversprechend ist vor allem der Bereich der Datenanalyse. Verschiedene Hochschulen bieten deshalb schon Studiengänge zu «Data Science» an. Was müssen die Unternehmen jetzt konkret tun, um im Industrie-4.0-Zeitalter zu bestehen? Weil die Industrie 4.0 sich über die ganzen Wertschöpfungsketten erstreckt, sind offene Innovationsprozesse gefragt. Bühler etwa sollte überlegen, seine Kunden, Zulieferer und akademischen Partner noch stärker einzubinden, um mit datengetriebenen neuen Geschäftsmodellen zu experimentieren. Erst durch dieses Experimentieren werden die wirklich interessanten Geschäftsmodelle gefunden. Dafür ist es auch wichtig, eine Start-up-Kultur entstehen zu lassen. Innovation Challenges für Mitarbeitende und Partner, wie Bühler sie ja heute schon erfolgreich durchführt, sind dafür ein zentrales Element. Und wie sehen Sie Ihre Rolle? Als Mitglied des Innovation Advisory Board von Bühler kann ich hoffentlich viele befruchtende, branchenfremde Einblicke und Einsichten einbringen. Ich möchte Bühler auch noch viel stärker mit Akteuren ausserhalb des Kerngeschäfts vernetzen. Weil die Industrie und die IT künftig in einem bisher unbekannten Ausmass zusammenwachsen, wird mir mein Hintergrund als Informatiker dabei bestimmt helfen.

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EINE FORSCHERKARRIERE WIE AUS DEM BILDERBUCH Dr. Matthias Kaiserswerth blickt auf eine lange und erfolgreiche Laufbahn in den Computerwissenschaften zurück. Der promovierte Informatiker war unter anderem zwei Jahre am IBM T.J. Watson Research Center tätig, wo er die Forschung in den Bereichen Computernetze und Sicherheit leitete. Von 2006 bis 2015 war er verantwortlich für die globale Forschungsstrategie von IBM in den Bereichen Systemverwaltung, Sicherheit, Datenschutz und Compliance. Zusätzlich leitete er als Direktor das IBM Forschungszentrum in Zürich. Seit Januar 2015 ist Kaiserswerth Mitglied des Innovation Advisory Board von Bühler und bringt dort seine umfassende Erfahrung zu Themen wie dem Internet of Things ein. Hauptberuflich ist er heute Geschäftsführer der gemeinnützigen Haslerstiftung in Bern, die sich der Bildungs-, Forschungs- und Innovationsförderung von Informationstechnologie in der Schweiz widmet.

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ECOTHERMATIK™

Pasta sparsam trocknen Das Trocknen von Teigwaren benötigt viel Energie. Der Langwaren-Trockner Ecothermatik™ ist nicht nur äusserst energieeffizient, sondern verbessert auch die Produktqualität und die Produktionssicherheit.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Energieeffizienz

Dank einem innovativen Wärmetauscher-Konzept benötigt Ecothermatik™ bedeutend weniger thermische Energie.

Bei der Teigwarenherstellung wird Mehl oder Griess mit Wasser vermischt, zu einem Teig verarbeitet und dann durch eine Form gepresst, wobei die feuchten Nudeln entstehen, die zu Grossmutters Zeiten noch draussen aufgehängt und im Wind getrocknet wurden. Heute übernimmt eine revolutionäre Maschine diesen Job. Für den 2012 lancierten Langwaren-Trockner Ecothermatik™ hat Bühler eine bahnbrechende, neue Trocknungslösung entwickelt, welche deutlich weniger Energie benötigt und gleichzeitig die Produktqualität erhöht. Die innovative Anlage wird jetzt auch für Kapazitäten zwischen 3’500 und 5’500 Kilogramm pro Stunde angeboten. Hohe Energieeffizienz senkt die Betriebskosten Das wichtigste Merkmal ist der reduzierte Energieverbrauch. Möglich wird dieser unter anderem durch eine prozessinterne Wärmerückgewinnung: «Die feuchte und heisse Abluft aus dem Inneren des Trockners wird einem Wärmetauscher zugeleitet, der das Wasser kondensiert und die Energie aus der Abluft zurück in die Erhitzer führt. Dadurch verringert sich der Bedarf an thermischer Energie um 40 Prozent», wie Marco Loschi, Product Manager Pasta bei Bühler, ausführt. Dank eines optimierten Luftstroms und einer intelligenten Wärmeführung benötigt die Anlage zudem 20 Prozent weniger Kühlungsenergie. Schliesslich erzeugen Ventilatoren mit spezieller Schaufelgeometrie die benötigte Umluft effizienter, wodurch zusätzlich zehn Prozent elektrische Energie eingespart werden. Die Trocknung einer Tonne Pasta verbraucht so anstatt 250 kWh nur noch 150 kWh. Diese Ersparnis schlägt sich direkt in einer höheren Marge für die Hersteller nieder und verbessert gleichzeitig die Umweltbilanz. Dank feuchterer Trocknungsluft steigt die Qualität Das spezielle Trocknungsverfahren der Ecothermatik™ erhöht aber auch die Produktqualität. So blasen herkömmliche Anlagen einen starken Trockenluftstrom gegen die Pasta. Dadurch senkt sich zwar der Feuchtigkeitsgehalt rasch ab. Es bilden sich aber auch Spannungen oder winzige Risse, die vor allem bei Langwaren wie Spaghetti schon in der Verpa-

ckung oder beim Kochen zu Brüchen führen könnten. Diese Spannungen müssen daher in einer längeren Stabilisierungsphase wieder beseitigt werden. «Bei der Ecothermatik™ kommt feuchtere Luft zum Einsatz. So behält die Pasta während des Trocknungsprozesses ihren gummiartigen Zustand. Weil sich so weniger Spannungen bilden, verkürzt sich die Stabilisierungsphase um 30 Prozent und ein Nachbrechen wird verhindert. Zudem vernetzen sich die Teigproteine ideal, was auch die Kochstabilität und die Bissfestigkeit verbessert», beschreibt Marco Loschi die Vorteile dieses Ansatzes. Neues Transportsystem für höhere Produktionssicherheit Bühler bietet die Anlage jetzt neu auch für Kapazitäten zwischen 3’500 und 5’500 Kilogramm pro Stunde an – ein für den Markterfolg entscheidender Leistungsbereich. Trotz der Fähigkeit, mehr Volumen zu verarbeiten, unterstützt die Konstruktionsweise der Maschine eine kürzere Stabilisationszeit und benötigt weniger Fläche in der Fabrik. Auch die Produktionssicherheit wurde verbessert: Ein neues Kettentransportsystem befördert bei vertikalen Passagen zwei Stäbe mit Pasta gleichzeitig in die höhere oder tiefere Etage. Im Ergebnis wird die Kettengeschwindigkeit um 50 Prozent reduziert, was die Präzision und somit die Produktionssicherheit erhöht.

Weitere Informationen: Marco Loschi Product Manager Pasta Bühler Uzwil T +41 71 955 16 44 marco.loschi@buhlergroup.com

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Energieeffizienz dank prozessinterner Wärmerückgewinnung Bessere Produktqualität dank Trocknung im gummiartigen Zustand Höchste Produktionssicherheit dank innovativem Stab-Transportsystem

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Druckguss SMARTVAC

Neue Vakuum-Prozesslösung Vakuumsysteme steigern die Qualität der Gussteile, stiessen aber bislang an Grenzen. Doch nun bietet die integrierte SmartVac-Lösung von Bühler höhere Produktivität, mehr Flexibilität und lückenlose Rückverfolgbarkeit.

Vakuumsysteme spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, qualitativ hochwertige Strukturbauteile im Druckgiessverfahren herzustellen. Beim Vergiessen von flüssigem Aluminium entstehen viele Gase und Dämpfe durch Öl, Wachs, Aluminiumschmelze und Schmiermittel. Diese Verunreinigungen müssen so gut wie möglich beseitigt werden. Bis jetzt zeigte sich die Branche jedoch aufgrund der Störanfälligkeit und der geringen Verfügbarkeit skeptisch gegenüber Vakuumsystemen. Doch Bühler erkannte das Verbesserungspotenzial und startete das SmartVac-Projekt.

«Durch das SmartVac-System hat sich die Ausschussrate um 2,5 Prozent verringert.» Steffen Pech, Giessereileiter DGS Druckguss Systeme AG

Grenzen der bisherigen Geräte Bühler wollte eine neue Lösung entwickeln, die die Schwachstellen des aktuellen Vakuumprozesses beseitigt. Als eine solche zählt zum Beispiel der Informationsaustausch vom Vakuumgerät zur Druckgiessmaschine, der über eine Schnittstelle läuft und daher limitiert ist. Aber auch die Koordination zwischen Vakuumerzeugung und Giessvorgang ist eher schwierig und problematisch, sodass es häufig zu Unterbrüchen kommt. Die Daten beispielsweise werden jeweils von unterschiedlichen Steuerungen verarbeitet, gespeichert und visualisiert. Dadurch entsteht ein zusätzlicher Zeit- und Arbeitsaufwand für die Synchronisierung und Auswertung. SmartVac – die intelligente Vakuumlösung Bühler hat akribisch an einem neuen Ansatz gearbeitet, um diese Limitierungen zu überwinden. Als Ergebnis präsentierte das Forschungs- und Entwicklungsteam mit SmartVac ein vollständig in die Druckgiessmaschine integriertes Vakuumsystem. Bisher mussten die Vakuumkomponenten unmittelbar neben dem Peripheriegerät platziert und mit langen Schläuchen und Kabeln angeschlossen werden. Durch die neue Lösung konnten die Leitungen deutlich verkürzt und in das Gerät integriert werden. Steuerung und Überwachungsroutinen wur-

Ein in die Druckgiessmaschine integriertes Vakuumsystem verhindert Produktionsunterbrüche und vereinfacht die Bedienung.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Druckguss

den in das Steuerungssystem integriert, um potenzielle Störungen frühzeitig zu erkennen, Alarme auszugeben und damit Produktionsunterbrüche zu verhindern. Die Instandhaltung erfolgt proaktiv, sodass ungeplante Stillstände vermieden werden können. Die Integration spart nicht zuletzt auch Platz und bietet dem Kunden eine Maschine mit kleiner Grundfläche. Einfache Bedienung und Prozessüberwachung SmartVac bietet eine zentralisierte MenschMaschine-Schnittstelle (MMS). Alle Komponenten sind in einem Gerät vereint, was zu einer erheblichen Vereinfachung der Bedienung führt. Vakuumgerät und Giessprozess können auf einem einzigen Bildschirm angepasst werden. Die Vakuumleistung und Filterzustände werden permanent überwacht und gesteuert. Alle Anpassungen und Produktionsdaten werden über ein und denselben Bedienerbildschirm gespeichert und visualisiert und lassen sich bei einem Produktionswechsel problemlos wiederherstellen. Der Kunde kann seine Daten nach Belieben speichern, analysieren und verknüpfen. Darüber hinaus erfolgt die Zuordnung der Vakuumdaten an den jeweiligen Giessvorgang automatisch, sodass sie immer aktuell und exakt sind. Auf diese Weise gewährleistet SmartVac eine umfassende Rückverfolgbarkeit und dokumentierte Qualität.

bedienen, überwachen und steuern kann. Die Prozessflexibilität ist sowohl bei der Evakuierung an der Giesskammer als auch an der Giessform gewährleistet. Darüber hinaus kann die Evakuiereinrichtung nach Kundenwunsch positioniert werden. Dank der umfassenden Integration konnte die erste Phase des Druckgiessprozesses mithilfe von Algorithmen automatisiert werden, welche Gaseinschlüsse beim Giessen minimieren und damit die Teilequalität verbessern. Diese Funktion ist auf dem Markt einzigartig und ermöglicht dem Kunden bis zu zwei Sekunden kürzere Zykluszeiten. Gesamtproduktivitätszuwachs Es wurden bereits mehrere SmartVac-Systeme in Betrieb genommen, und die Rückmeldungen der Kunden sind durchweg positiv. Vorbeugende Instandhaltungsmassnahmen, deutlich weniger Ausfallzeiten, minimaler Ausschuss, einfache Bedienung, kontinuierliche, unabhängige Überwachung und jederzeit verfügbare Daten steigern die Effizienz des gesamten Prozesses. Die Integration des Vakuumsystems zahlt sich aus – bei der Produktivität, der Flexibilität und der Qualität.

Weitere Informationen: Claude Stalder Project Manager R&D Die Casting Bühler Uzwil T +41 71 955 16 28 claude.stalder@buhlergroup.com

Bestmögliche Prozessflexibilität SmartVac bietet maximale Bedienungsflexibilität und modulare Konfigurationsoptionen. Der Giessprozess wird nicht mehr vom Vakuumsystem gesteuert, sondern die Vakuumeinheit unterstützt nun den Prozess. Bühler ist einer der wenigen Hersteller, der bis zu vier Vakuum-Formventile und eine Giesskammer-Evakuiereinrichtung individuell

ADDED VALUE

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Produktivitätszuwachs Gesamtprozessflexibilität Integrierte Datenspeicherung und Qualitätskontrolle Umfassende Verfolgbarkeit Einfache Bedienung Vorbeugende Instandhaltung

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GYERMELYI AUS UNGARN

Erfolg durch Qualität Wie der ungarische Teigwarenhersteller Gyermelyi mit einer einzigartig integrierten Produktion zum Marktführer geworden ist – und jetzt den Export ankurbeln will. TEXT: BORIS SCHNEIDER – FOTOS: KRISZTIAN BODIS

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In vielen Ländern haben Teigwaren ihren festen Platz auf dem Speiseplan der Menschen. Die regionalen Vorlieben unterscheiden sich dabei jedoch stark: Während etwa in Italien fast ausschliesslich Pasta aus Hartweizengriess auf die Teller kommt, ziehen die Konsumenten in Ungarn Eierteigwaren aus Weissmehl vor. Und niemand trifft den Geschmacksnerv in der Donau-Republik so gut wie Gyermelyi: «Rund 40 Prozent aller in Ungarn hergestellten Teigwaren stammen aus unserer Produktion», bemerkt Direktor Béla Tóth nicht ohne Stolz. Auch bei den Formen gibt es lokale Besonderheiten: Eine ausserhalb Ungarns kaum bekannte Spezialität sind etwa Tarhonya – sogenannte Eiergraupen. Die kleinen Teigkügelchen bilden die Grundlage von vielen traditionellen Eintopfgerichten in der ungarischen Küche und werden auch als Suppeneinlage verwendet. «Für schmackhafte Teigwaren braucht es neben einer effizienten Technologie und viel Erfahrung vor allem exzellente Zutaten», beschreibt Tóth die Herausforderung. Beim ungarischen

Marktführer kommt all dies zusammen: Das Unternehmen, dessen Ursprünge auf eine 1953 von zwölf Kleinbauern gegründete landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft zurückgehen (s. Box), arbeitet in einem vertikal integrierten Produktionssystem. Dabei deckt Gyermelyi alle Stufen in der Wertschöpfungskette vom Getreide über das Mehl und die Eier bis zur fertigen Pasta ab. Dank der lückenlosen Kontrolle über die ganze Verarbeitungskette kann eine hohe Qualität der einzelnen Zutaten und damit auch der fertigen Produkte sichergestellt werden. Ein integriertes Produktionsnetzwerk Die wichtigste Voraussetzung für schmackhafte Pasta ist das Mehl. Eine konstante Mehlqualität lässt sich jedoch nur erreichen, wenn schon das Getreide höchste Anforderungen erfüllt. «Unsere Aktivitäten setzen deshalb bereits auf der Stufe der Rohstoffe an», wie Tóth deutlich macht. So baut Gyermelyi auf einer Fläche von rund 8’750 Hektaren unter anderem auch Weizen an.

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KUNDENSTORIES / Gyermelyi Zusätzlich unterhält die Firma einen Saatgut-Betrieb. Dieser versorgt die rund 250 dem Produktionsnetzwerk angeschlossenen Landwirte mit Saatgut. «So schaffen wir bereits beim Anbau die Voraussetzungen für eine optimale Mehlqualität», beschreibt Tóth den Vorteil dieses Ansatzes. Um stets auf dem aktuellsten Stand der Entwicklung zu sein, arbeitet Gyermelyi auch intensiv mit dem Agricultural Research Institute der Ungarischen Akademie der Wissenschaften zusammen. In den Silos auf dem Fabrikgelände werden nach der Ernte im Juli bis zu 100’000 Tonnen Weizen eingelagert. Rund 20 Prozent des daraus hergestellten Mehls fliessen in die Teigwarenproduktion. Der Rest wird an den Handel und an Bäckereien geliefert. Mit einem Marktanteil von zehn Prozent ist Gyermelyi inzwischen auch ein bedeutender Mehlproduzent in Ungarn. Die Nebenprodukte aus der Getreidevermahlung sowie selber angebauter Mais werden im Futterwerk zu Tierfutter verarbeitet. Denn neben dem Mehl produziert Gyermelyi auch die Eier für seine Teigwaren selber: In zwei Hühnerfarmen legen Hennen jeden Tag bis zu 400’000 Eier. Eine spezi-

elle Maschine schlägt diese in der Fabrik auf und leitet die frische Eiflüssigkeit direkt in die Produktion weiter. Auf vier Linien werden jeden Tag bis zu 150 Tonnen Teigwaren hergestellt, verpackt und in zwei Hochregallagern mit einer Kapazität von 11’000 Paletten zwischengelagert und schliesslich an rund 1’000 Kunden – vom Kleinabnehmer bis zum Supermarkt – ausgeliefert. Langjährige Partnerschaft mit Bühler Der kommerzielle Erfolg von Gyermelyi ist auch das Resultat einer langjährigen Partnerschaft mit Bühler: Seit 1994 setzt der ungarische Marktführer in Schlüsselbereichen wie der Getreidevermahlung und der Teigwarenherstellung auf Technologien aus Uzwil. Die Zusammenarbeit reicht dabei bis in die Zeit nach der politischen Wende in Ungarn zurück: «Ab 1989 rückte mit dem Ende der Mangelwirtschaft der Qualitätsaspekt noch stärker in den Vordergrund. So hatten wir beispielsweise das Mehl vorher eingekauft. Um eine noch bessere Kontrolle über die Qualität zu erhalten, beschlossen wir damals den Bau einer eigenen Mühle», blickt Tóth zurück. Die erste Anlage wurde mit ungarischer

Für Direktor Béla Tóth ist eine hohe Qualität der Schlüssel zum Erfolg: Mit bekömmlichen Pastaprodukten aus Hartzweizen will Gyermelyi künftig den Export noch stärker ausbauen und neue Märkte erschliessen.

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KUNDENSTORIES / Gyermelyi

«Weil für uns nur die beste Mehlqualität in Frage kommt, haben wir uns auch in diesem Projekt für die Vermahlungstechnologie von Bühler entschieden.» Béla Tóth, Direktor Gyermelyi

Dank der bewährten Technologie von Bühler kann Gyermelyi sehr weisses Mehl mit niedrigem Aschegehalt herstellen.

TEIGWARENHERSTELLER GYERMELYI IN ZAHLEN Mitarbeitende Saatgut-Betrieb Eingelagerter Weizen Marktanteil Teigwarenproduktion in Ungarn Eier pro Tag Hergestellte Teigwaren pro Tag Hergestellte Teigwaren pro Stunde Zwischengelagerte Paletten pro Tag

450 8’750 ha 100’000 t 40 Prozent 400’000 150 t 3’100 kg 11’000

Vom Getreide bis zur fertig verpackten Pasta hat Gyermelyi seine Produktion vollständig integriert.

Vermahlungstechnologie gebaut. Schon ab 1994 jedoch wurden einzelne Komponenten wie ein Netzapparat, ein Steinausleser und erste Walzenstühle durch Maschinen von Bühler ersetzt. 2002 wurde die Mühle komplett erneuert und Bühler installierte eine Anlage mit einer Kapazität von 300 Tonnen Weichweizen pro Tag. Für seine Eierteigwaren benötigt Gyermelyi ein Weissmehl mit einem sehr niedrigen Aschegehalt in einer Korngrösse von nur 100 bis 140 Mikron. Mit der bewährten Vermahlungstechnologie von Bühler kann das Unternehmen diese spezifische Qualität effizient, hygienisch, energiesparend und bei einer kontinuierlich hohen Ausbeute herstellen. Auch zwei der insgesamt vier Teigwaren-Produktionslinien stammen von Bühler: 1997 wurde eine Kurzwaren-Linie mit einer Kapazität von 1’600 Kilogramm pro Stunde bei Gyermelyi installiert, 2007 kam eine zweite Linie für die Herstellung von 1’500 Kilogramm Pasta pro Stunde hinzu. Eine neue Weichweizen-Durum-Kombimühle «Obwohl Eierteigwaren aus Weichweizenmehl immer noch die wichtigste Produktgruppe sind, hat die Nachfrage nach Pasta aus Hartweizengriess in den letzten Jahren auch in Ungarn deutlich zugenommen», beschreibt Tóth die jüngste Entwicklung auf dem Markt. Das Durum-Mehl hatte Gyermelyi bisher eingekauft. Um dieses jedoch künftig selber herstellen zu können, beschloss die Firma die In stallation einer Weichweizen-Durum-Kombimühle. «Weil für uns nur die beste Mehlqualität in Frage kommt, haben wir uns auch in diesem Projekt für die Vermahlungstechnologie von Bühler entschieden», erklärt Tóth. Der Spatenstich erfolgte im März 2012. Im August begann die Montage, und schon im Dezember wurde das erste Mehl produziert. Für die Anlage mit einer Kapazität von 200 Tonnen Weichweizen oder 150 Tonnen Durum pro Tag hat Bühler die komplette Mühlentechnologie geliefert: In der Reinigung kommen unter andediagramm #171

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KUNDENSTORIES / Gyermelyi

Vom Sozialismus in die Marktwirtschaft

Slowakei

Ukraine

Österreich

Gyermelyi

Die Unternehmensgeschichte von Gyerauf. Als Alois Mock und Gyula Horn am Tatabanya Budapest melyi ist auch ein Stück europäische 27. Juni 1989 den Eisernen Vorhang der Geschichte: Was vor über 60 Jahren als österreichisch-ungarischen Grenze sozialistische Genossenschaft begann, durchtrennten und in Osteuropa die poliSlovenien ist heute ein Vorzeigeunternehmen mit tische Wende einleiteten, war dies für rund 450 Mitarbeitenden, das sich die Genossenschaft eine grosse Chance. erfolgreich im umkämpften LebensmitIn Gyermely hatte stets eine hohe QuaRumänien telmarkt behauptet. Die Ursprünge des lität für den Heimmarkt im Zentrum Kroatien gestanden. Die Transformation in ein heutigen Marktführers gehen auf eine Serbien 1953 gegründete, landwirtschaftliche Unternehmen, das sich auf dem freien Produktionsgenossenschaft zurück. Die Markt behaupten muss, gelang deshalb meisten Bauern waren damals gezwunproblemlos. Aus der Genossenschaft gen, sich zu solchen Genossenschaften zusammenzu- auch unternehmerisches Denken und Handeln an den wurde eine Aktiengesellschaft. Die Mitarbeitenden, die schliessen. Alleine hätten sie die von der kommunisti- Tag: So haben sie ihre Gewinne immer vorausschauend sich schon immer wie Familienunternehmer gefühlt schen Regierung definierten Produktionsziele nicht reinvestiert. Dank dem Einsatz von landwirtschaftli- und auch so gehandelt hatten, erhielten Aktien zugeerreichen können. Der ungarische Volksaufstand und chen Maschinen und Düngemitteln wurde der Weizen- teilt – und wurden nun auch auf dem Papier zu den dessen Niederschlagung durch die sowjetische Armee anbau effizienter. So konnten Überschüsse erzielt und Eigentümern ihres Lebenswerks. führten zwar 1956 zu einer kurzzeitigen Auflösung. Arbeitskräfte freigesetzt werden. Daraus entstand die Schon 1959 formierte sich die Genossenschaft jedoch Idee, Tierfutter herzustellen und eine Hühnerzucht zu neu und zählte bereits 120 Mitglieder. Die Menschen, gründen. Weil sich die Eier im Sommer schlecht verdie sich in der Umgebung des Dorfes Gyermely nieder- kauften, wurde beschlossen, selber Teigwaren herzugelassen hatten, legten einen grossen Fleiss sowie stellen. 1970 nahm die Teigwarenfabrik den Betrieb

UNGARN

Hygienisch, energiesparend und eine kontinuierlich hohe Ausbeute: Zusätzlich zu seiner bestehenden Weichweizen-Mühle hat Gyermelyi jetzt auch eine Kombimühle für das Vermahlen von Weichweizen und Durum installiert.

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KUNDENSTORIES / Gyermelyi

HISTORISCHES ZENTRUM DER HOCHMÜLLEREI Budapest war im 19. Jahrhundert ein wichtiges Zentrum der europäischen Hochmüllerei. Wichtige Erfindungen der Müllereitechnik wurden in dem Land unter anderem auch von ungarischen Industriellen mit Schweizer Abstammung gemacht. Der aus Embrach stammende Abraham Ganz (1814–1867) stellte in Budapest zum ersten Mal geriffelte Hartgusswalzen her. Und Karl Jakob Haggenmacher aus Winterthur (1835–1921) erfand 1888 ebenfalls in der ungarischen Hauptstadt den Plansichter. Das ungarische Mehl war aufgrund seiner hohen Qualität unter anderem auch in England sehr beliebt. Bühler ist seit vielen Jahren in Ungarn präsent und hat in dem Land mit knapp zehn Millionen Einwohnern bisher unter anderem neun Mühlenanlagen, 55 Sortieranlagen sowie auch verschiedene Pelletiermaschinen, Farbmühlen sowie Reinigungsund Trocknungsmaschinen installiert.

«Rund 40 Prozent aller in Ungarn hergestellten Teigwaren stammen aus unserer Produktion.» Béla Tóth, Direktor Gyermelyi

rem ein Kombireiniger, ein optischer Sortierer und ein Light-Peelingsystem zum Einsatz. In der Vermahlung verrichten 13 Walzenstühle sowie Plansichter und Griessputzmaschinen ihren Dienst. Dank zwei Doppel-Walzenstühlen kann auch der härtere Durum-Weizen besonders effizient vermahlen werden. Bühler hat aber auch die Technologie für das Handling der Endprodukte beigesteuert. 2014 wurden auf den beiden Mühlen des Unternehmens rund 140’000 Tonnen Getreide vermahlen. Die Anlagen werden in vier Schichten rund um die Uhr betrieben. Dank dem hohen Automatisierungsgrad kommt der ganze Müllereibereich mit nur knapp über 40 Mitarbeitenden aus.

ein Verfahren entwickelt, mit dem sich Aleuron besonders effizient aus Weizenkleie gewinnen lässt. «Künftig möchten wir damit gesunde Produkte mit noch besseren Nährstoffeigenschaften herstellen», präzisiert Tóth. Die Arbeit geht dem engagierten Direktor nicht aus: voraussichtlich im nächsten Jahr steht eine Erweiterung des Hochregallagers an. Aufgrund des anhaltenden Wachstums der Firma stösst dieses nämlich bereits an seine Kapazitätsgrenzen. Und schon denkt Tóth auch über einen Ersatz der 1997 installierten Teigwarenlinie nach: «Wenn dieser Schritt kommt, werden wir uns sicher auch die Technologie von Bühler anschauen», blickt er voraus.

Den Export noch stärker ausbauen Derzeit werden 95 Prozent der Teigwaren in Ungarn abgesetzt. Über die Reve-Gruppe beliefert Gyermelyi allerdings bereits Supermärkte in Österreich, Bulgarien und Tschechien. Das Potenzial im Ausland schätzt Tóth als hoch ein: «Vor allem mit den Durum-Produkten möchten wir neue Märkte erschliessen und das Exportgeschäft künftig noch stärker ausbauen», wie er betont. Der Marktführer sucht auch ständig nach Möglichkeiten, seine Erzeugnisse weiter zu verbessern – beispielsweise durch die Herstellung von Teig- und Backwaren, die mit Aleuron angereichert sind. Dieses Speicherprotein enthält die wertvollsten Nährstoffe aus dem Weizenkorn und wird mit verschiedenen gesundheitlichen Vorteilen in Verbindung gebracht. Gemeinsam mit der Technischen Universität Budapest hat Gyermelyi diagramm #171

Weitere Informationen: Gerhard Navisotschnig Area Manager & Team Leader Grain Milling & Grain Logistics Bühler Central Eastern Europe T +43 662 430 121 90 gerhard.navisotschnig@buhlergroup.com

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MARINE HARVEST AUS NORWEGEN

Eine Soya-Diät für Lachse Marine Harvest ist der grösste Lachsfarmer der Welt. Mit der Extrusionstechnologie von Bühler kann er Futterpellets auch aus pflanzlichen Rohstoffen und mit weniger Fischmehl herstellen. TEXT: BORIS SCHNEIDER – FOTOS: MARINE HARVEST

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«Während das Lachsfutter früher noch bis zu 50 Prozent Fischmehl enthielt, sind es heute nur noch zehn Prozent.» Ben Hadfield, COO Fish Feed Marine Harvest

Lachse sind reich an wertvollem Eiweiss, Mineralien, Vitaminen, Antioxidantien und Omega-3-Fettsäuren. Ihr Fleisch ist aber nicht nur gesund, sondern auch schmackhaft. Egal ob roh, gebraten, pochiert oder geräuchert – der beliebte Raubfisch ist ein gern gesehener Gast auf unseren Tellern. Etwa zwei Millionen Tonnen atlantischer Lachs werden jedes Jahr verzehrt. Nahezu alle diese Tiere stammen heute aus Fischzuchten – sogenannten Aquakulturen. Mit einem Marktanteil von 23 Prozent ist Marine Harvest aus Norwegen der grösste Lachsproduzent der Welt. «Unsere Farmen konzentrieren sich in Norwegen, Schottland, Irland, Kanada, den Färöer-Inseln und Chile», wie Ben Hadfield, Chief Operating Officer Fish Feed von Marine Harvest, erklärt. Besonders ideal sind die Bedingungen in den Fjorden Norwegens: 60 Prozent seiner gesamten Jahresproduktion von über 300’000 Tonnen erzeugt das Unternehmen in dem skandinavischen Land. Um eine hohe Qualität gewährleisten zu können, kontrolliert Marine Harvest die ganze Wertschöpfungskette von den Brutbeständen bis zur fertig verpackten Lachsmahlzeit. Ein Zyklus dauert bis zu zweieinhalb Jahre. Die Aufzucht der Dottersacklarven und Brütlinge erfolgt im Süsswasser. Sind die Junglachse etwas über ein Jahr alt und wiegen zwischen 60 und 100 Gramm, werden sie durch einen natürlichen Prozess (auch «Smoltifikation» genannt) in grosse Netzgehege im Meer transferiert. Dort bleiben die Fische weitere rund 18 Monate, bis sie ungefähr fünf Kilogramm schwer sind. Marine Harvest kümmert sich auch in eigenen Betrieben um die Verarbeitung der Lachse und liefert seine Produkte als Filets oder fertig verpackte Mahlzeiten in über 150 Länder.

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KUNDENSTORIES / Marine Harvest

Bildlegende: Lorem ipsum dolorem quisitatia dolorep taturianim sedionsenis heratium fugitatatis doluptatetur consedioriam dolorempor alicid fuga. Nach der natürlichen Smoltifikation wechseln die Junglachse im Alter von ungefähr einem Jahr in grosse Netzgehege im Meer.

Die Zuchtlachse werden mit langsam sinkenden Pellets gefüttert.

Der Aquaculture Stewardship Council (ASC) etabliert sich als Gütesiegel für Zuchtfische.

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Das Futter ist der grösste Kostenfaktor «Wie bei jeder Aquakultur, ist auch für uns das Futter der grösste Kostenfaktor», macht Hadfield deutlich. Die Futterkosten machen rund 50 Prozent der Gesamtkosten einer Fischzucht aus. Und die Mengen sind gewaltig: Marine Harvest benötigt rund 600’000 Tonnen Futter pro Jahr – 350’000 Tonnen allein für die Versorgung der Fischfarmen in Norwegen. «Um mehr Flexibilität und Kontrolle über die Qualität der Inhaltsstoffe sowie auch über die Kosten zu bekommen, beschlossen wir den Bau einer eigenen Futterfabrik in Norwegen», wie Hadfield erklärt. Die New Greenfield Salmon Feed Factory in Valsneset wurde im Juli 2014 fertiggestellt – einen Monat früher als geplant. Auf zwei Produktionslinien werden dort zweimal 23 Tonnen hochqualitatives Fischfutter pro Stunde hergestellt. Das entspricht einer jährlichen Kapazität von 300’000 Tonnen. Die Fabrik verfügt über einen eigenen, ebenfalls neu gebauten Hafen. Alle zu versorgenden Farmen können mit dem Schiff erreicht werden. Die Anlage wird aus dem öffentlichen Stromnetz versorgt und verwendet Erdgas als Wärmeenergiequelle zum Trocknen von Pellets und zum Antreiben der beiden Behälter von 3’000 Tonnen. Dank dem Standort kann sie auch die Windenergie nutzen. Wie jedes Nutztier benötigen auch Fische hochdosiertes Kraftfutter, damit sie in der relativ kurzen Wachstumszeit von nur rund zweidiagramm #171


KUNDENSTORIES / Marine Harvest

«Wir müssen aber auch sicherstellen, dass die verwendeten pflanzlichen Rohstoffe nachhaltig produziert werden.» Ben Hadfield

Von der neuen Futterfabrik aus lassen sich alle Lachsfarmen in Norwegen mit dem Schiff beliefern.

einhalb Jahren genügend Nahrung aufnehmen. Die Lachse benötigen dabei ein Futter mit relativ hohem Proteingehalt und viel gesunden Fetten. Bei der Herstellung von sogenanntem Aquafeed werden die Ausgangsstoffe vermahlen, gemischt, im Extruder gekocht, zu Pellets geformt und anschliessend getrocknet, bevor eine Mischung aus Fischöl und Rapsöl dazugefügt wird. Bei diesem Prozess stellen sich verschiedene Herausforderungen. Erstens müssen Grösse und Zusammensetzung der Pellets exakt auf die jeweilige Fischart abgestimmt sein. Die Futterwürfel müssen zudem über eine definierte Schüttdichte verfügen, damit sie im Wasser versinken. Das Lachsfutter beispielsweise sollte langsam absinken, damit es von den Tieren auch bemerkt und gegessen wird, bevor die Pellets aus dem Gehege entkommen. Pflanzenproteine ersetzen das Fischmehl Die derzeit grösste Herausforderung in der Futterproduktion ist jedoch eine fundamentale Veränderung der Zutaten. Traditionellerweise stammte das Protein im Lachsfutter aus tierischen Quellen wie Fischmehl und Fischöl. Diese sind ideal auf die Bedürfnisse der Lachse abgestimmt und können leicht in körpereigenes Eiweiss umgewandelt werden. Weil sie aber aus wild gefangenen Fischen hergestellt werden, sind sie eine begrenzte, natürliche Ressource. Die Verfütterung von Wildfischen an Zuchtfische ist zu Recht einer der grössten Kritikpunkte an

der Aqua kultur und unter Nachhaltigkeitsaspekten bedenklich. Marine Harvest betont zwar, dass sämtliches Fischmehl und Fischöl aus nachhaltiger Fischerei stammen. Nichtsdestotrotz versucht das Unternehmen, die Menge der verwendeten Meeresresourcen zu reduzieren. Um langfristig nachhaltig produzieren zu können, setzt die Lachsindustrie deshalb vermehrt pflanzliches Eiweiss auf der Basis von Soja, Weizen und Mais sowie Erbsen- oder Bohnenkonzentraten ein: «Während das Lachsfutter früher noch bis zu 50 Prozent Fischmehl enthielt, sind es heute nur um zehn Prozent», präzisiert Hadfield. Die Verwendung von pflanzlichem Eiweiss und Pflanzenölen hat jedoch tiefgreifende Auswirkungen auf den Herstellungsprozess: So müssen beispielsweise Pellets mit einem hohen Gehalt an pflanzlichen Proteinen mit einem anderen Prozess extrudiert werden, damit das Endprodukt über die gewünschten Eigenschaften verfügt. Eine zusätzliche Herausforderung ist auch der hohe Ölgehalt des Lachsfutters: die Pellets brauchen eine ganz spezielle Porenstruktur. Der Zwischenraum zwischen den Poren muss genau richtig sein, da die Pelltes sonst das Öl nicht aufnehmen können. Eine bisher unbekannte Prozesskontrolle Für die Herstellung des Futters setzt Marine Harvest Extrusionstechnologie von Bühler ein: Mit dem ECOtwin-Extrusionssystem lässt sich der ganze Prozess in einem bisher unbekannten Ausmass

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KUNDENSTORIES / Marine Harvest

Dank der Verarbeitung von pflanzlichen Proteinen zu hochqualitativem Futter fressen die Lachse heute weniger Fischmehl und Fischöl.

EIN WICHTIGER BEITRAG ZUR PROTEINVERSORGUNG 2050 werden bereits neun Milliarden Menschen auf der Erde leben. Mit dem Wachstum der kaufkräftigen Mittelschicht nimmt auch die Nachfrage nach höherwertigen Nahrungsmitteln wie Fleisch oder Fisch zu. Fische sind reich an hochwertigem Eiweiss und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Der Wildfang vermag die steigende Nachfrage jedoch schon lange nicht mehr zu decken. Die Bedeutung von Aquakulturen nimmt deshalb für die Proteinversorgung zu. Heute stammt bereits rund die Hälfte aller weltweit verzehrten Fische und Meeresfrüchte aus solchen Zuchten. Bis 2030 wird dieser Anteil gemäss Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO auf zwei Drittel ansteigen. Während in China und Südostasien vor allem Süsswasserfische wie

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Karpfen gezüchtet werden, liegt der Fokus in Europa auf Salmoniden wie Lachsen oder Forellen. Mit einer jährlichen Wachstumsrate von sieben Prozent ist die Aquakultur der am schnellsten wachsende Zweig in der Produktion tierischer Nahrungsmittel. Fische bieten gegenüber terrestrisch gehaltenen Nutztierarten entscheidende Vorteile: weil sie Kaltblüter sind und ihr eigenes Gewicht nicht halten müssen, ist ihre Futterverwertung viel effizienter.

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KUNDENSTORIES / Marine Harvest

«Wir müssen aber auch sicherstellen, dass die verwendeten pflanzlichen Rohstoffe nachhaltig produziert werden.» Ben Hadfield, COO Fish Feed Marine Harvest

Windkraftanlagen versorgen die New Greenfield Salmon Feed Factory in Valsneset mit erneuerbarer Energie.

steuern und kontrollieren. So kann Fischfutter in der höchsten Qualität und mit den gewünschten Eigenschaften auch aus pflanzlichen Rohstoffen wie beispielsweise Sojamehl hergestellt werden. Möglich wird dies unter anderem durch eine präzise Steuerung des Koch- und Formprozesses während der Extrusion. Dadurch lassen sich diverse Faktoren wie etwa der Stärkeaufschluss, die Wasserstabilität, die Bindung oder die Textur gezielt beeinflussen. Auch die spätere Verdaubarkeit der Pellets hängt vom Kochgrad ab. Die Technologie von Bühler erlaubt zudem eine präzise Konfigurierung der Schüttdichte per Knopfdruck: So lassen sich aus jedem Rohmaterial Pellets mit einem exakt definierten Sinkverhalten herstellen. Diese umfassende Prozesskontrolle bringt für Marine Harvest entscheidende Vorteile. «Durch eine gezielte Optimierung der Eigenschaften können wir die Verwertungsrate der Pellets erhöhen und unter dem Strich Kosten sparen», wie Hadfield erklärt. Weil das Unternehmen jetzt auch pflanzliche Rohstoffe effizient verarbeiten kann, nimmt aber auch die Flexibilität deutlich zu: «Wir können viel flexibler als vorher auf die täglich wechselnden Verfügbarkeiten und die Preise an den Rohstoffmärkten reagieren und neue Rezepturen schnell austesten», fasst Hadfield zusammen. Marine Harvest konnte in kurzer Zeit eine grosse Futterfabrik aufbauen und in seine bestehenden Prozesse integrieren. «Ich glaube, dass wir erst am Beginn einer guten Partnerschaft mit Bühler stehen», präzisiert Hadfield. Es ist daher keine Überraschung, dass die beiden Partner bereits an einer Kapazitätserweiterung der beiden Produktionslinien arbeiten.

Die Nachhaltigkeit noch weiter verbessern Mit dem Ersatz von Fischmehl und Fischöl durch pflanzenbasierte Proteine ist zwar ein wichtiger Schritt hin zu mehr Nachhaltigkeit getan. «Wir müssen aber auch sicherstellen, dass die verwendeten pflanzlichen Rohstoffe nachhaltig produziert werden», beschreibt Hadfield die nächste Herausforderung. So soll beispielsweise alles von Marine Harvest verarbeitete Soja in naher Zukunft nur noch aus nachhaltigen Quellen stammen. Auch im Bereich der tierischen Eiweisse, die teilweise immer noch für das Futter benötigt werden, bemüht sich die Industrie um Verbesserungen: Fischmehl und Fischöl werden wenn immer möglich aus Fischabfällen aus menschlichem Verzehr anstatt aus wild gefangenen Fischen gewonnen. Zusätzlich arbeitet der weltgrösste Lachsproduzent aber auch intensiv mit dem Aquaculture Stewardship Council (ASC) zusammen. Von dieser 2010 unter anderem vom WWF gegründeten Organisation lässt das Unternehmen derzeit seine Lachsfarmen nach strengen Kriterien zertifizieren. Denn die Konsumenten sollen darauf vertrauen können, dass der Zuchtlachs auf dem Teller nicht nur gesund ist, sondern auch nachhaltig.

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Weitere Informationen: Urs Wüst Product Manager Nutrition Grains & Food Bühler Uzwil T +41 71 955 31 39 urs.wuest@buhlergroup.com

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CTO-KOLUMNE / Ian Roberts

Gesundes Getreide Die Qualität von Weizen wird in den Medien zunehmend kritisch hinterfragt und die Verbraucher fragen gesündere Getreideprodukte nach. Dies ebnet den Weg für alternative Erzeugnisse – und eröffnet der getreideverarbeitenden Industrie neue Marktchancen. Die Entwicklung der Menschheit war stets aufs Engste mit der Fähigkeit zum Anbau von Weizen verbunden. Die ältesten Spuren dieses Getreides wurden in Ägypten, im Mittelmeerraum und in Israel gefunden und stammen aus dem 15. und 10. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung. Schon in der Steinzeit wurde Weizen zu Mehl verarbeitet, gesäuertes Brot wurde um 3’000 v. Chr. hergestellt, und um 200 v. Chr. begannen die Römer mit dem Sieben von Weizenschrot. Der Getreideanbau bestimmte auch die Lage der Siedlungen. Nach der Grünen Revolution konzentrierten sich die Produzenten vermehrt auf wirtschaftliche Faktoren wie den Ertrag, die Widerstandsfähigkeit oder den Proteingehalt des Weizens. Die ernährungswissenschaftlichen Aspekte traten dabei allerdings in den Hintergrund. Obwohl die Verbraucher verzehrsbereite Convenience-Produkte schätzen, ist heute ein deutc e Trend e d hin zu u möglichst ög c st naturbelassenen atu be asse e Na licher Nahrungsmitteln spürbar. Die handwerkliche Herstellung wird gleichgesetzt mit gutem Geschmack und gesundheitlicher Unbedenklichkeit, während verarbeitete Lebensmittel zunehmend kritisch betrachtet werden. Fragen zur Ernährungsweise und zu Überkonsum bestimmen heute zu Recht die öffentliche Diskussion. Die Anzahl übergewichtiger und adipöser Menschen nimmt im gleichen Ausmass zu wie die damit verbundenen Ausgaben im Gesundheitswesen. Raffiniertes Weizenmehl ist ein besonders sensibles Them Thema ma und wird heute mit verschiedenen gesundheitlichen Risiken in Verbindung gebracht. Wie bereits in unserer letzten diag ra m m-Ausgabe gezeigt, sind glutenfreie Produkte heute ein echter Trend: In den USA vermeiden schon 40 Prozent der Konsumenten

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glutenhaltige Lebensmittel. Berichten von Mintel zufolge enthielten 16 Prozent aller Produkte, die 2014 in den USA neu auf den Markt kamen, kein Gluten. Und in Deutschland verzeichnete ein auf glutenfreie Bäckereierzeugnisse spezialisiertes Unternehmen im Jahr 2014 einen Umsatzzuwachs von 25 Prozent. Weizen zählt wie Reis und Mais zu den Grundnahrungsmitteln der Menschheit. In vielen Kulturen ist dieses Getreide etwa als Brot, Kuchen, Pizzateig, Gebäck oder Pasta allgegenwärtig. Trotz dem Aufkommen von alternativen Getreidesorten glaube ich, dass Weizen für die Versorgung einer wachsenden Bevölkerung auch künftig eine zentrale Rolle spielen wird. Dennoch haben wir es als Branche in der Vergangenheit insgesamt versäumt, die Öffentlichkeit besser über den Beitrag von Weizen zu einer ausgewogenen Ernährung zu informieren. Das möchten wir bei Bühler ändern. Und deshalb des a b aarbeiten be te w wir mitt hochkarätigen oc a ät ge WissenW sse schaftlern unter anderem auf dem Gebiet der menschlichen Verdauung zusammen. Gleichzeitig gründen wir mit wichtigen Akteuren aus der ganzen Wertschöpfungskette der getreideverarbeitenden Industrie eine Interessengemeinschaft, um die Verbraucher künftig kün ü ftig besser über die gesundheitlichen Vorteile von Weizen aufzuklären. Ich bin überzeugt, dass wir diese Herausforderung nur auf der Grundlage einer starken und transparenten Zusammenarbeit stemmen können. Deshalb begrüsse ich Ihr Engagement und Ihre Mitwirkung.

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AKADEMIE / Exkurs

Wissenschaftliche Publikationen NEBEN IHRER TÄGLICHEN ARBEIT WIDMEN SICH DIE WISSENSCHAFTLER BEI BÜHLER AUCH ­WISSENSCHAFTLICHEN VERÖFFENTLICHUNGEN. NACHSTEHEND STELLEN WIR EINE AUSWAHL VOR. 1 Neuartige Mehlanalysemethoden für Backqualitätsprognosen Stärke- und Proteinstruktur sind wichtige Qualitätsparameter für Mehl hinsichtlich Funktionalität und Qualität der Endprodukte. Für diesen Artikel wurde das Umkehrphasen-HPLC-Verfahren angewendet, um die Glutenin- und Gliadinfraktion zu bestimmen sowie hoch- und niedermolekulare Gluteninfraktionen zu unterscheiden. Dabei hat es sich als hilfreich erwiesen, Funktionen zwischen Strukturen und Eigenschaften zu definieren, wenn dieses Verfahren mit klassischen Methoden wie der enzymatischen Bestimmung beschädigter Stärke kombiniert wird. Der Vergleich der Ergebnisse mit empirischen Teiganalysemethoden zeigte eine gute Korrelation.

2 Sterilisation durch gepulste elektrische Felder Forscher des Leibniz-Instituts für Agrartechnik, der Technischen Universität Berlin und der Bühler AG haben die Inaktivierung von Endosporen mittels kombinierter thermischer und gepulster elektrischer Felder (PEF) einerseits sowie mittels rein thermischer Inaktivierung andererseits untersucht. Dabei zeigte sich, dass der rein thermische Prozess bei einem identischen F-Wert zur Inaktivierung von Bacillus subtilis um 3,71 log führte, während die kombinierte thermische und die PEF-Behandlung zu einer Inaktivierung um 4,67 log führte. Noch deutlicher trat die unterschiedliche Wirksamkeit bei Geobacillus-stearothermophilus-Sporen zutage. Damit kann die PEF-Technologie als alternativer Prozess für eine Ultrahocherhitzung angesehen werden. Die Einführung dieses Sterilisierungsprozesses in der Industrie erfordert jedoch noch eine Optimierung der Behandlungskammerkonstruktion, um die entstehenden inhomogenen Temperaturfelder zu reduzieren.

Quelle: Brütsch L., Baumann A. und Windhab E.J. Baking+biscuits international, Vol. Special edition, Review: Innovations, 28–35, 2014 Internet: http://www.bakingbiscuit.com/review.html

Quelle: Reineke K., Schottroff F., Meneses N. und Knorr D. Frontiers in Microbiology, Band 6, Abschnitt 400, Mai 2015, doi: 10.3389/fmicb.2015.00400 Internet: http://journal.frontiersin.org/article/10.3389/fmicb.2015.00400/full

Impressum #171 Herausgegeben von Bühler AG, Corporate Communications, CH-9240 Uzwil, Switzerland Konzept, Redaktion und Produktion: Mondays Corporate Publishing, Steinhausen Druckerei: galledia AG, Flawil Ausgabe: 2/2015 PERFORM ANCE

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diagramm #171

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