Bund f端r Umwelt und Naturschutz Deutschland
BUNDmagazin Friends of the Earth Germany
AKWs aus, Sonne an!
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2/2011
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Liebe Leserinnen und Leser, ist Ihnen beim ersten Blick auf dieses Heft schon etwas aufgefallen? Aus traurigem Anlass haben wir uns entschieden, einmal nicht unseren Themenschwerpunkt auf der Titelseite zu spiegeln. Der Schutz der Moore ist dem BUND deshalb kein weniger großes Anliegen – bewusst blieb die Titelstrecke, trotz aller Weltereignisse, den »lebendigen Mooren« gewidmet. Doch stellt die Atomkatastrophe im japanischen Fukushima fraglos eine Zäsur da. Der Widerstand gegen die Nutzung der Atomenergie war einer der wichtigsten Motoren für die Gründung des BUND vor 36 Jahren. Ein Vierteljahrhundert nach Tschernobyl haben wir abermals dramatisch erfahren, welches Schreckenspotenzial diese Technologie im Ernstfall birgt. Seitdem scheint – zumindest in Deutschland – klar: So wie bisher darf es nicht weitergehen. Sehen Sie auf zwei Extraseiten, wie der BUND in den letzten zwei Monaten für einen Ausstieg aus der Atomkraft mobilisiert hat. Gedankt sei all jenen, die hierfür bereits ein persönliches Zeichen gesetzt haben – durch die Teilnahme an einer der vielen Demonstrationen, den Wechsel des Stromanbieters oder das Kreuzchen dort, wo die Politik glaubhaft für eine Energiewende eintritt. Bitte unterzeichnen Sie unseren Appell an die Bundeskanzlerin in diesem Heft! Auch wenn uns Fukushima und seine Folgen für die deutsche Energiepolitik zuletzt ganz in Atem gehalten haben: Der BUND hat viele Anliegen – und das ist gut so. Zum Beispiel den Schutz unserer heimischen Pflanzen und Tiere. Nie ist ihre Vielfalt so sinnlich erfahrbar wie jetzt im Mai: Überall sprießt und blüht, singt und brummt es, ein Fest für Auge und Ohr. Die wichtigsten Refugien dieser Vielfalt sind unsere Nationalparks. Mit einem Bericht aus dem Hainich endet unsere Serie »Deutsche Nationalparks«. 14-mal haben wir seit 2008 nach Anspruch und Wirklichkeit gefragt, von Jasmund bis Berchtesgaden mit ganz unterschiedlichem Ergebnis. Alle Berichte finden Sie unter www.bund.net /nationalparks nun an einem Ort zusammengefasst. Noch viele sonnige Frühlingstage und eine anregende Lektüre dieses BUNDmagazins wünscht Ihnen
FORUM 4 Leserbriefe / Impressum EXTRA 6 BUND-Aktionen nach Fukushima KOMMENTAR 8 Allianzen für die Energiewende MAGAZI N 10 Kurznachrichten FOTOSEITE 13 Speer-Azurjungfer
Seite 14: Lebendige Moore Moore sind ein stark bedrohter Lebensraum selten gewordener Tiere und Pflanzen. Und sie sind unverzichtbar für den Stopp des Klimawandels. Der BUND engagiert sich für ihren Schutz.
TITELTH EMA 14 Lebendige Moore 18 Moore schützen 20 BUND-Forderungen 21 Moorlibellen 22 Raubbau beenden 23 Torffrei gärtnern AKTION 24 Atomkraft: Schluss! DEUTSC H E NATIONALPAR KS 26 Hainich
»Waldemar« … heißt das Maskottchen der BUND-Infokampagne für die bedrohte Wildkatze 씰 Seite 32. Ein wichtiger Lebensraum der Wildkatze ist der Nationalpark Hainich in Thüringen 씰 Seite 26.
RATGEBER 28 Umweltgerecht feiern 29 Mobilfunk und Gesundheit ZU R ZEIT 32 Hilfe für die Wildkatze 33 Zukunftsfähige Kommune AKTIV 34 Neues aus dem BUND 38 Friends of the Earth International 40 Die junge Seite MAR KTPLATZ 42 Kleinanzeigen MEDI EN 44 Interessante Neuheiten
Redaktion BUNDmagazin
I N HALT
Seite 40: Naturtagebuch Auch dieses Jahr kürt die BUNDjugend wieder die schönsten Naturtagebücher. Eine besonders erfolgreiche junge Autorin haben wir für Sie porträtiert.
PERSÖN LIC H 46 Jean Schwarz [2-11] BUNDmagazin
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FORUM
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
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1/2011
Klima schützen
Titel der Ausgabe 1/11
nicht. Das sind Gewissensplacebos. Holger Schneider, Mönchengladbach Im BUNDmagazin 1/2011 schlägt ein Leser vor, keine GEZ-Gebühren mehr zu bezahlen. Kennt er das Niveau unserer privaten Fernsehsender? Nie sind bei den Privatsendern so hervorragende Sendungen zu sehen wie etwa bei Phoenix, Arte, ARD plus u.a. Mit unseren GEZGebühren helfen wir solche erstklassigen Beiträge zu erhalten, gegen die Flut der billigen Privatsendungen, die zu 35 Prozent aus Werbung bestehen. Karl Rauschenberger, Ehingen
Titelbild
Schädlicher Luxus
Gerade sehe ich das neueste BUNDMagazin. Der Titel ist wirklich Spitze! Michael Rothkegel, BUND Hessen
Sie schreiben, die Energieeffizienz werde nicht genügend gefördert. Doch wozu diese Förderung, wenn man auf manches Strom verbrauchende Gerät verzichten kann? So mag ein Kühlschrank manchmal unentbehrlich sein. Aber warum ist in Milliarden Köpfen die Vorstellung zu Stein geworden, in jeden Haushalt gehöre ein Kühlschrank? Müssen Angestellte im Büro ihren Joghurt in einen Kühlschrank stellen? Wer hat keinen Balkon und kein Fensterbrett, um dort wenigstens in der kalten Jahreszeit Lebensmittel stromfrei zu lagern? Kann man leicht verderbliche Sachen nicht seltener und nur an dem Tag kaufen, an dem man sie isst? Wie viele Nahrungsmittel verderben in Kühlschränken? Der Verzicht auf schädlichen Luxus tut allen wohl und beugt der Demenz vor. Ilse Voßkühler, Kleinmachnow
Wenig Umweltbewusstsein Herzlichen Glückwunsch zur neuesten Ausgabe des BUNDmagazins – das Titelbild ist erfrischend emotional und konfrontativ, wirklich gut. Zur Rundfunkkolumne von Klaus Brunsmeier: Ich teile Ihre Auffassung hinsichtlich des zu Polittalklastigen ARD-Programmkonzeptes, nicht jedoch, was das angeblich kritische Verbraucherbewusstsein und die Bereitschaft betrifft, eigenes Konsumverhalten zu ändern. Denn die gibt es höchstens in einer für die Umwelt nicht spürbaren NanoDimension. Selbst ich als »Öko« bin nicht wirklich bereit, meinen Konsum zu ändern. Ein bisschen Fairtrade, Bio, kleineres Auto oder weniger Fleisch genügen bei Weitem
IMPRESSUM Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift des BUND und erscheint viermal im Jahr. Herausgeber: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) – Friends of the Earth Germany Redaktion: Dr. Norbert Franck (V.i.S.d.P.), Severin Zillich (C.v.D.), Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, ꇴ (0 30) 2 75 86-4 57, Fax -4 40, redaktion@bund. net, www.bund.net. Unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos werden sorgfältig behandelt; eine Haftung wird nicht übernommen. Gestaltung, Produktion: Claudia Gunkel (Produktionsleitung), Marc Venner (Grafik/Layout), Rudolf Gorbach (Grundlayout)
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BUNDmagazin [2-11]
Titelbild 2/11 (15. Jg.): Agentur Vasata Schröder Florenz (Entwurf) Verlag: Natur & Umwelt Verlags-GmbH, Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin Mitgliederservice: ꇴ (0 30) 2 75 86-479, Fax -4 40, mitgliederservice@bund.net Bezugspreis: für Mitglieder im Beitrag enthalten; für Nichtmitglieder 15 Euro pro Jahr Anzeigenverwaltung: Nicole Deege, Zweiplus Medienagentur, Pallaswiesenstraße 109, 64293 Darmstadt, ꇴ (0 61 51) 81 27-1 01, Fax: 89 30 98. Es gilt der Anzeigentarif Nr. 18. Druck: Brühlsche Univ’druckerei GmbH & Co KG Papier: 100% Recycling, glänzend gestrichen Spenden: Der BUND benötigt für seine Arbeit über die Mitgliedsbeiträge hinaus Unterstützung.
Sächsische Bastapolitik Herzlichen Dank für den kritischen Beitrag zum Nationalpark Sächsische Schweiz. Dank der bundesweiten Verbreitung des BUNDmagazins lernen nun alle mal die Bastapolitik des sächsischen Ministerpräsidenten Tillich kennen. Umweltpolitik in Sachsen ist Chefsache, Tillich regiert durch, der Beschluss zum Abholzen der Deiche, zur Umsetzung des bautechnischen Hochwasserschutzes und zur faktischen Abschaffung der Baumschutzsatzungen sind sein Werk. Tillich ist auch für die Absetzung des langjährigen Nationalparkleiters Jürgen Stein verantwortlich, das pfeifen die Spatzen vom Dach. Wir werden deshalb hier noch so manchen Kampf führen müssen. Gottfried Mann, BUND Dresden
Kommunen mit Zukunft Mit großer Freude habe ich im neuen BUNDmagazin über Ihr Projekt »Zukunftsfähige Kommune« gelesen. Nun bin ich selber BUNDMitglied und als Bündnis-Grüner im Stadtrat in Erfurt. Wir versuchen als Fraktion seit Jahren in kleinen Schritten nachhaltiges Handeln in der Kommune zu befördern. Und es gelingt uns immer öfter … Bitte nehmt mich in Euren Verteiler auf. Dank besserer Informationen hoffen wir hier noch ein bisschen mehr machen zu können. Alexander Thumfart, Erfurt
Reizend statt ätzend In Ihren Ratgeber »Frühjahrsputz« hat sich ein Fehler eingeschlichen: »Besonders schädliche Reinigungs-
Ihre Spende ist steuerlich absetzbar. Bitte überweisen Sie Ihre Spende auf das Konto Nr. 232 der Sparkasse KölnBonn, BLZ 370 501 98. Danke! (siehe dazu: www.bund.net/spenden) Copyright: Alle Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck oder sonstige Verwertung nur mit schriftlicher Einwilligung des Verlages. Druckauflage: 152 220 Exemplare (IVW 2/2010); in Natur + Umwelt: 101 000 Ex. (IVW 2/2010) Beilagen: (in Teilauflage) von Biber-Versand, Humanitas Buchversand, Umweltbank AG, Vivanda und Musikverlag Edition Ample. Das BUNDmagazin 3/2011 erscheint am 13. August mit dem Themenschwerpunkt »Ostsee«.
mittel tragen ein schwarzes X als Gefahrensymbol für ätzende Stoffe.« X ist aber das (noch) gültige Gefahrensymbol für »reizend« oder »gesundheitsschädlich«. Peter Janzen, Duisburg
Handys in Kinderhände? Nach langer Zeit endlich ein kritischer Hinweis zum Umgang mit Mobilfunk. Doch stellt Ihr Ökotipp aus meiner Sicht überhaupt nicht die kritischen Kenntnisse gerade der letzten Jahre dar. Der BUND hat doch bezüglich der Gefahren durch Mobilfunk sehr viel mehr fundiertes Wissen zu bieten als den lapidaren Hinweis auf die SAR-Werte, und dass »die übertragene Wärme nichts über andere Schäden durch Handystrahlung« aussage. Ein Hinweis auf die Studien unabhängiger Wissenschaftler wäre für viele Eltern konkreter. Es geht ja nicht nur um Handys, sondern darum, Kinder insgesamt vor Mobilfunkstrahlung zu schützen. Hier wären auch Baby-
phone, schnurlose Telefone, WLAN oder Bluetooth zu erwähnen, nicht zu vergessen die künftige Zwangsbestrahlung durch den digitalen Behördenfunk. Ich wünsche mir daher einen ausführlichen Bericht über die Auswirkungen des Mobilfunks auf Mensch und Tier, Natur und Umwelt. Sandra Trautmann, Trier Siehe unseren Ratgeber auf Seite 29!
Opferzahlen zu hoch? Seit Jahren lese ich Ihre Zeitschrift, meistens mit Gewinn. Aber beim Lesen Ihres Artikels über Tschernobyl hielt es mich nicht mehr in der Rolle des braven Gläubigen. Sie verbreiten dort Zahlen über angebliche Tschernobyl-Opfer, die 10- bis 20fach über dem tatsächlichen Ausmaß liegen. Was soll dieses panikgetriebene Hochlügen? Wenn der BUND sich nicht ab und zu von seinen fanatischsten Trommlern distanziert, werden sich diejenigen
vom BUND distanzieren, die sich einem Spruch aus der deutschen Aufklärung verbunden fühlen: »Ich würde nie mit der Lüge für die Wahrheit kämpfen.« Jörg Wenzel, Saalfeld Unsere Autorin Renate Backhaus beruft sich u.a. auf eine Broschüre des Bundesamtes für Strahlenschutz. Danach betrug die Gesamtzahl der Liquidatoren etwa 600 000. Andere Quellen gehen von bis zu einer Million Aufräumhelfern aus, meist ahnungslose sowjetische Soldaten. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO überlebten mindestens 50 000 Liquidatoren ihren Einsatz nicht.
Die Redaktion freut sich über jede Zuschrift, behält sich aber Kürzungen vor. Eine erweiterte Auswahl von Leserbriefen finden Sie unter 씰 www.bund.net/bundmagazin – etwa vier Wochen nach Erscheinen der neuen Ausgabe.
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Die Bahn macht mobil.
Jörg Farys
EXTRA
26. März: Je 40 000 Menschen in Köln (links unten) und München sowie 50 000 in Hamburg und 120 000 in Berlin (oben) – die Großdemos für einen raschen Ausstieg aus der Atomkraft waren ein voller Erfolg.
Aktiv für den Ausstieg Seit Monaten war sie geplant gewesen, die Menschenkette vom Atomkraftwerk Neckarwestheim nach Stuttgart. Am 12. März, zwei Wochen vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg, wollte der BUND mit anderen Initiatoren deutlich machen: Wer wie Ministerpräsident Stefan Mappus die Risiken der Atomkraft leugnet und vehement längere Laufzeiten fordert, gehört abgewählt. Dass ein Tsunami am Tag zuvor zu einer Kernschmelze in einem japanischen Atomkraftwerk führen würde, war an diesem sonnigen Frühlingstag nicht zu ahnen. Die katastrophalen Folgen der Havarie sollten die Forderung nach einem Atomausstieg drastisch bestätigen. In dem Maße, wie alarmierende Nachrichten aus dem AKW Fukushima die Bilder der verheerenden Zerstörungen in Japan verdrängten, entflammte
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BUNDmagazin [2-11]
in Deutschland der Protest gegen die Atompolitik der Bundesregierung aufs Neue. Bundesweit fanden Hunderte Mahnwachen statt, und in den vier größten deutschen Städten gingen am 26. März 250 000 Menschen auf die Straße. Von Rheinland-Pfalz aus etablierten sich in zahllosen Orten Montagsdemos, und Protestaufrufen wie dem des BUND Bremen am 2. April (Bild rechts unten) folgten viele weitere Tausend Menschen. Die Aktionen am Ostermontag im Gedenken an Tschernobyl waren ein erneut deutliches Signal an die schwarz-gelbe Bundesregierung: Deutschland kann und muss sich sofort und endgültig von der riskanten Atomkraft verabschieden. Vor dem Ende des Atommoratoriums ruft der BUND am 28. Mai zu erneuten Großdemonstrationen in 21 Städten auf. 씰 Aktionsseite
K. Löffelbein/flickr.com
Am Ostermontag, dem Aktionstag zu »25 Jahre Tschernobyl«, zogen u.a. etwa 15 000 Menschen auf einem Sternmarsch durch die Innenstadt des AKW-Standorts Biblis.
Niko Martin
Protest gegen die Laufzeitverlängerung: Am Tag nach dem Tsunami bildeten 60 000 Menschen eine 45 Kilometer lange Kette von Stuttgart bis nach Neckarwestheim (Foto) – das Ausmaß der Probleme im AKW Fukushima war zu diesem Zeitpunkt noch nicht abzusehen.
Am 14. März fanden bundesweit Mahnwachen statt, wie hier vor dem Kanzleramt in Berlin. Am Mikrofon Thorben Becker, Atomexperte des BUND.
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PROJEKTE MIT ERNEUERBAREN ENERGIEN
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Atomausstieg sofort
KOMMENTAR
Neue Allianzen für die ökologische Energiewende Der Autor Hubert Weiger ist der Vorsitzende des BUND.
Julia Puder
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enau 25 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl hat sich im japanischen Fukushima eine vergleichbare Katastrophe ereignet. Bitter bestätigt wurde dadurch eine Studie der deutschen Reaktorsicherheitskommission, wonach bei weltweit über 400 Atomkraftwerken mit hoher statistischer Wahrscheinlichkeit alle 25 Jahre ein Unfall von der Dimension Tschernobyls geschieht.
Fukushima beweist, dass das sogenannte Restrisiko ein reales und ethisch nicht vertretbares Risiko ist und kein Land mit Atomkraftwerken davor sicher ist. Besagte Sicherheitsstudie rechnet bei einem GAU in Deutschland mit 14 000 sofortigen Todesfällen und 100 000 Toten in den folgenden Jahrzehnten. Das damit verbundene menschliche Leid erschließt sich nicht durch nackte Zahlen und sprengt alle Vorstellungskraft. Gleiches gilt für die monetären Folgen eines derartigen Unfalls in Deutschland. Einer Berechnung des Bundeswirtschaftsministeriums folgend lassen sich diese heute mit 8 000 Milliarden Euro veranschlagen – etwa das 25-fache des letztjährigen Bundeshaushalts. Gerade einmal 0,1 Prozent sind von den AKW-Betreibern versichert. Das Restrisiko der scheinbar so billigen Atomstromproduktion trägt damit die Allgemeinheit. Der BUND kämpft deshalb mit guten Argumenten seit seiner Gründung 1975 gegen die Atomenergie. Mit unserem Engagement sind wir zur Speerspitze des Widerstandes gegen die im Herbst beschlossene Laufzeitverlängerung geworden. Seit Jahrzehnten fordern wir den Ausstieg aus der Atomenergie – und zwar nicht irgendwann, sondern sofort, das heißt ohne schuldhaftes Verzögern. Denn wir erleben am Beispiel Fukushimas die Hilflosigkeit eines Hochtechnologielandes angesichts einer solchen Katastrophe – und zudem ihre Bagatellisierung, die Ignoranz gegenüber den Erfordernissen des Strahlenschutzes und die schiere Unmöglichkeit, in einem dicht besiedelten Land ganze Regionen und Großstädte zu evakuieren. Für Jahrzehnte und Jahrhunderte werden die Japaner mit den Folgen der Katastrophe von Fukushima leben müssen, so wie die
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BUNDmagazin [2-11]
Menschen in der Ukraine mit den Folgen von Tschernobyl. Das atomare Risiko sprengt damit den Rahmen anderer zivilisatorischer Risiken, zumal wenn diese – wie im Auto- oder Flugverkehr – freiwillig und individuell eingegangen werden. Der BUND-Bundesverband hat deshalb seinen Einsatz für eine Energiewende erheblich intensiviert. Unterstützt werden wir dabei durch zahlreiche Basisgruppen und alle unsere Landesverbände. Machtvolle Demos im Frühjahr mit Hunderttausenden von Teilnehmern haben so viele Menschen wie noch nie für den AKW-Ausstieg auf die Straße gebracht. Hunderte von Mahnwachen finden nach wie vor überall in Deutschland statt, um die Bundespolitik endlich zum Handeln zu zwingen. In unserem Sechs-Punkte-Plan* haben wir verdeutlicht, dass mit den drei »E« – Energiesparen, Energieeffizienz, erneuerbare Energien – der sofortige Atomausstieg und eine ökologische Energiewende auch in kürzester Zeit möglich ist. Gegen die Macht der vier Atomkonzerne und der mit ihr verbündeten Wirtschaft und Politik müssen wir neue Allianzen schmieden. Allianzen von unten, mit Stadtwerken, den Verbänden der erneuerbaren Energien, innovativer Industrie und Handwerk sowie umweltengagierten Verbänden, den Kirchen und Kommunen. Nötig ist eine politische Richtungsentscheidung gegen Atom- und Kohlekraftwerke, für erneuerbare Energien, dezentrale Versorgungsstrukturen und eine Qualitätsplanung der Gemeinden, für deutlich mehr Windenergie in Süddeutschland und für eine rationelle Energienutzung etwa durch Kraft-Wärme-Kopplung. Dabei werden zunehmend die Gemeinden zum Ort des Handelns und der Umsetzung. Gerade wir als basisdemokratischer Verband mit über 2 000 Orts- und Kreisgruppen können entscheidend zur kommunalen Energiewende beitragen. Wichtige Bausteine eines solchen Zukunftskonzepts sind längerfristige Prognosen zur Energienutzung, Spar- und Effizienzberater sowie kommunale Energieagenturen. Der Ausstieg aus der Atomenergie ist der Einstieg in eine solare Zukunft, in der wir ausschließlich regenerative Energie einsetzen, maßvoll und ethisch verantwortbar gegenüber kommenden Generationen. * 씰 www.bund.net/massnahmenkatalog
MAGAZI N
Besser reisen
10 Jahre »Fahrtziel Natur«
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ahrtziel Natur ist eine Kooperation von BUND, NABU, Verkehrsclub Deutschland und WWF mit der Deutschen Bahn. Seit inzwischen zehn Jahren wirbt diese Allianz erfolgreich dafür, unser Naturerbe und die biologische Vielfalt langfristig zu sichern – indem sie einen nachhaltigen Tourismus fördert. Fahrtziel Natur präsentiert natürliche Sehenswürdigkeiten, die umweltbewusst per Bahn zu erreichen
sind. Vor Ort sorgen meist innovative Angebote für naturschonende Mobilität, aufs eigene Auto kann verzichtet werden. Neben 17 heimischen Naturschätzen – von den Allgäuer Hochalpen bis zum Nationalpark Wattenmeer – zählen auch der Schweizerische Nationalpark und (als jüngstes Reiseziel) der Nationalpark Hohe Tauern in Österreich zum Angebot.
Entdecken auch Sie, wo unsere Natur am schönsten ist! Die Broschüre »Naturschätze entspannt und umweltfreundlich erleben« und eine Übersichtskarte gibt es als Download unter 씰 www.bund.net/fahrtzielnatur oder in den DB-Reisezentren.
Fotocamp
Entdeckungen im Tarnzelt
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enn Sie und Ihr Kind gerne fotografieren, sind Sie beim NaturfotoCamp der BUNDstiftung genau richtig! Auch ohne viel Erfahrung werden Ihnen in der Goitzsche-Wildnis bei Bitterfeld schöne Aufnahmen gelingen. Sie erwartet ein erlebnisreiches Wochenende in vielfälti-
ger Umgebung. Nachts schlafen Sie rustikal in einem Wildniscamp, tagsüber gehen Sie auf die Pirsch und sitzen in Tarnzelten auf Kormoran, Fischadler, Fuchs, Reh oder Hase an. Abends am Lagerfeuer lauschen Sie den Stimmen der Natur. Mit den richtigen Tipps von Seminarleiter Falko Heidecke sind die ersten guten Fotos schnell gemacht. Auch die gemeinsame Bildbespre-
chung gehört zum Programm, das – wie alle Erklärungen – rundherum kindgerecht ist. Das Fotocamp beginnt am Freitag, 3. Juni, um 17 Uhr und endet am Sonntag, 5. Juni, um 16 Uhr. Ihr Kind sollte neun bis zwölf sein. Kameras können gestellt werden! Bei Interesse melden Sie sich bitte unter Tel. (01 79) 1 45 46 31 oder falko.heidecke@bund-stiftung.de.
nenen Bände »Küste-Schaalsee«, »Elbe-Wendland«, »Harz« (derzeit vergriffen, Neuauflage geplant) und »Eichsfeld-Werrabergland«. Als letzter Teil der Serie »Vom Todesstreifen zur Lebenslinie« soll zur Jahresmitte ein dem Frankenwald/Vogtland gewidmeter Band erscheinen.
Wartburg- und Rhön-Band (220 bzw. 232 Seiten) gibt es für je 23,50 € beim Auwel-Verlag 씰 www.grünes-bandwandern.de, Tel. (0 66 25) 91 93 44, oder unter 씰 www.bundladen.de/ wanderfuehrer, Tel. (0 30) 2 75 86-4 80
Grünes Band
Neue Erlebnisführer
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wei neue Reiseführer für Ausflüge an die einstige innerdeutsche Grenze hat der BUND veröffentlicht – zum Grünen Band zwischen Thüringen und Hessen sowie Thüringen und Franken. Spannende Reportagen und je über 300 Abbildungen regen dazu an, auf Erlebnisreise zu gehen. Erkunden Sie den Natur gewordenen Grenzstreifen, entdecken Sie das Kulturerbe der Umgebung, kosten Sie regionale Spezialitäten! Jeweils 30 Tourenvorschläge führen zu den schönsten Stellen der beiden Grüne-Band-Abschnitte, jede Tour mit detaillierter Wegbeschreibung und Karte. Die Reiseführer von Reiner Cornelius bieten alle Informationen für einen lohnenden Ausflug. Genauso empfehlenswert sind im Übrigen die bereits erschie-
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BUNDmagazin [2-11]
KURZ + GUT »Only bad news is good news« heißt es unter Medienleuten, vor allem schlechte Nachrichten erregen demnach unsere Aufmerksamkeit. Doch positive Nachrichten aus dem Umwelt- und Naturschutz tun einfach gut. Deshalb finden Sie hier kleine bunte Meldungen der letzten Zeit, über die wir uns gefreut haben.
Hektar ökologisch bewirtschaftet – 5,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Nachfrage nach heimischen Bioprodukten ist allerdings weiter höher als das Angebot. Mehr Zahlen, Daten und Fakten unter www.boelw.de 앫 »Grüner« Strom ist derzeit gefragt wie nie. Falls auch Sie nicht länger Atomstrom beziehen wollen: Der kostenlose Sonderdruck »Strom wechseln« sagt Ihnen, wie: BUND-Infoservice, Tel. (0 30) 2 75 86-4 69, info@bund.net. Auch unter www.atomausstieg-selber-machen.de und www.100-gute-gruende.de finden Sie alles, was Sie für Ihren persönlichen Ausstieg wissen müssen. 앫 Vor fünf Jahren hat ihn das BUNDmagazin interviewt, nun feiert er neuerlich Dienstjubiläum: Günter Tillinger, Umweltberater des BUND Ravensburg, ist seit 25 Jahren im Amt. Auch als Anerkennung dieser »Kulturleistung« (so die Schwäbische Zeitung) gewann die Stadt Ravensburg im April einen ersten Preis für das Engagement ihrer Verwaltung und Bürger zugunsten der biologischen
Vielfalt. Die zahlreichen Projekte des örtlichen BUND trugen maßgeblich dazu bei, dass sich Ravensburg nun »Hauptstadt der Biodiversität« nennen darf www.bund-ravensburg.de 앫 Der älteste jemals entdeckte Brutvogel ist ein weiblicher Laysan-Albatros. Er wurde 1956 im Alter von mindestens fünf Jahren beringt und zog auch dieses Jahr wieder auf dem Midway-Atoll (Hawaii) ein Junges auf. Der wenigstens 60-jährige Vogel dürfte in seinem Leben bereits drei bis fünf Millionen Kilometer geflogen sein. 앫 Bei der jüngsten Deichamtswahl gewann die BUNDnahe »Bremer Deichschutzliste« am rechten Weserufer deutlich wie seit 20 Jahren nicht vor der konservativen »Bürgergruppe Deichsicherheit«. Ein Naturschützer als Deichhauptmann, das ist ein Unikum in Deutschland!
USFWS /John Klavitter
앫 2010 wurde in Deutschland erstmals über eine Million
Rekordvogel Diese Albatrosdame ist mindestens 60 Jahre alt.
Drei Fragen an …
CDU-Umweltexperte Andreas Jung
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er BUND ist strikt überparteilich. Verbündete unseres Engagements für Natur und Umwelt finden sich in allen großen Parteien. Zu ihnen zählt Andreas Jung (CDU). Der 35-Jährige ist Vorsitzender des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung und sitzt seit 2005 im Bundestag. Das BUNDmagazin stellte ihm drei Fragen. Herr Jung, auch dank Ihrem Einsatz strich die CDU den Neubau von Atomkraftwerken 2008 aus dem Parteiprogramm. Der Laufzeitverlängerung aber haben Sie im Herbst zugestimmt. Würden Sie das wieder tun? In der Debatte um unser Energiekonzept habe ich mit Umweltminister Röttgen für einen möglichst raschen Umstieg auf erneuerbare Energien geworben. Dadurch sind wichtige Dinge ins Konzept eingeflossen – von ambitionierten Klimazielen bis dazu, den Einspeisevorrang für Erneuerbare beizubehalten. Obwohl wir uns nicht in allen Punkten durchsetzen konnten, habe ich
das Konzept als Kompromiss mitgetragen. Nach Fukushima aber stellt sich die Frage des Restrisikos völlig neu. Unser Kreisverband hat Anfang April gefordert, alle abgeschalteten Reaktoren endgültig stillzulegen und im Übrigen erheblich schneller auf die Kernenergie zu verzichten. Sie sind in der Unionsfraktion auch für den Klimaschutz zuständig. Wäre ein Tempolimit hier nicht sinnvoller als der fragwürdige Kraftstoff E 10? Ohne das Reduktionspotenzial von Tempolimit und E 10 gegeneinander abwägen zu wollen, lautet meine Botschaft als Fraktionsbeauftragter für Elektromobilität: Ökostrom ist das Benzin von morgen. Wir wollen weg vom Öl und anderen fossilen Brennstoffen. Wichtiger als ein Tempolimit sind mir effizientere Autos, die – ob schnell oder langsam – alternativ angetrieben werden und am besten emissionsfrei sind. Sie gehören zu den Jüngsten im Bundestag. Sagt das etwas über das
Gewicht des Nachhaltigkeitsbeirats, dem Sie vorsitzen? Unser Beirat erhält stetig neue Kompetenzen. So prüfen wir seit dieser Wahlperiode bei jedem Gesetzentwurf, was die Bundesregierung zu den Folgen für eine nachhaltige Entwicklung ausführt. Mit diesem Hebel sorgen wir im Tagesgeschäft konkret für mehr Nachhaltigkeit – und das fast immer einstimmig, über alle Fraktionsgrenzen hinweg. Die Politik ist in ständiger Versuchung, mehr an die nächste Wahl als die nächsten Generationen zu denken. In diesem Betrieb sind Gremien nötig, die darauf achten, dass neben kurzfristigen auch langfristige Aspekte zum Tragen kommen. Ich bin übrigens seit Längerem Teil einer kleinen Fraktionsrunde mit Namen »Töpferkurs«, benannt nach unserem Vorkämpfer für Nachhaltigkeit, Klaus Töpfer. Jetzt ist die Zeit, um zu sagen: Die Union steuert insgesamt auf Töpferkurs. sz
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Andreas Jung aus Konstanz.
Neue Schulhefte
MAGAZI N
Werben für den BUND »
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enceremos« wirbt mit speziell gestalteten Schulheften für die Umwelt- und Naturschutzarbeit des BUND. Auf den inneren Umschlagseiten sind ausgewählte BUNDProjekte beschrieben, gleichzeitig präsentiert sich die BUNDjugend. Ein Teil des Erlöses kommt unseren Projekten zugute. Venceremos wurde 1982 gegründet und hat seinen Sitz in Legden, einem kleinen Ort im Münsterland. Dort sind von der Produktentwicklung über die Herstellung bis zum Verkauf alle Bereiche gebündelt, um möglichst nachhaltig zu arbeiten. Einen Schwerpunkt des Sortiments bilden Schreibwaren aus Recycling-
papier. Die Produktpalette reicht von Grundschulheften bis zu Collegeblocks in jeder Größe. Alle tragen das Umweltzeichen »Blauer Engel« und sind im BUNDladen erhältlich.
Venceremos war auch das erste Unternehmen, das industriell gefertigte Schreibwaren aus ÖKOPAplus-Papier anbot. Es besteht aus 100% Altpapier und ist weiß gefärbt – dank der Zugabe von Naturstoffen wie Kaolin, Latex, Kreide und Stärke. Auf chlorhaltige Bleichmittel wird verzichtet, was bei der Herstellung zudem Wasser und Energie spart. www.bundladen.de
Ökotipp
Besser leben
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ede Woche verbreitet der BUND einen Ökotipp. Bewährte Hausrezepte finden sich hier neben neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Viele große und kleine Zeitungen veröffentlichen die BUND-Ökotipps
regelmäßig. Auch Privatpersonen können sie gratis über den E-Mail-Verteiler des BUND abonnieren. Die gesammelten Tipps finden Sie unter www.bund.net/oekotipps
Umweltfreundlich grillen Schon ziehen wieder Rauchschwaden durch Gärten und Parks. Wie können Sie die neue Grillsaison möglichst umweltverträglich gestalten? Kaufen Sie Kohle mit FSC- oder Naturland-Siegel, bei deren Herstellung soziale und ökologische Kriterien beachtet wurden. Verwenden Sie zudem Kohle heimischer Herkunft (nicht aus Tropenholz). Gute Kohle trägt auch das DIN-Prüfzeichen – und enthält damit garantiert kein Pech, Erdöl, Koks oder Kunststoff. Entzünden Sie Ihren Grill nicht mit chemischen Zündhilfen, Papier oder Kiefernzapfen. Dabei werden krebserregende Stoffe frei. Nehmen Sie stattdessen ökologische Anzünder aus Naturholz mit FSC-Siegel, Kartonverpackung oder Holzwolle mit Wachs. Diese finden Sie in jedem gut sortierten Baumarkt. Als Faustregel gilt: Legen Sie das Grillgut erst auf den Rost, wenn die Anzündhilfe vollständig verbrannt ist.
Gesund grillen – auf dem Feuerwok des BUNDladens.
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BUNDmagazin [2-11]
Krebserregende Substanzen können auch entstehen, wenn das Fett direkt vom Rost in die Glut tropft. Legen Sie Ihr Grillgut besser in eine Edelstahlschale, die anders als eine Aluminiumschale wiederverwendbar ist. Pappteller und Plastikbesteck sind zwar leicht zu transportieren. Aber sie verbrauchen unnötig Energie und füllen Säcke von Müll. Benutzen Sie eigenes Geschirr. Bruchsicher und wiederverwendbar ist Plastikgeschirr aus Polyethylen (PE) oder -propylen (PP). Andere Kunststoffe können gesundheitsschädliche Stoffe wie Weichmacher oder chemische Harze enthalten. Und nun zum Wichtigsten, dem Grillgut: Je höher der vegetarische Anteil, desto ökologisch verträglicher Ihre Grillparty! Probieren Sie doch einmal mit Schafskäse gefüllte Peperoni, marinierte Auberginen oder Champignons mit Kräuterbutter … Und wenn schon Fisch oder Fleisch, dann möglichst mit Bio-Siegel. Viel Spaß!
Der BUND bietet über den BUNDladen verschiedene Produkte rund ums Grillen an – siehe unsere Anzeige auf Seite 30f. sowie www.bundladen.de/grillen
FOTOSEITE
Wir wollen Moor!
www.richter-naturfotografie.de
Torf gehört ins Moor – und nicht in Blumenerde. Auch die bedrohte Speer-Azurjungfer gehört ins Moor. Der BUND setzt sich für ihre Zukunft und den Schutz ihres Lebensraumes ein www.bund.net/moore
blickwinkel/McPHOTO
TITELTH EMA
Morgenstimmung im Murnauer Moos, dem größten geschlossenen Moorkomplex Mitteuropas; vorne Sibirische Schwertlilien.
Lebendige Moore Ein Meter Torf in tausend Jahren: Was ein Moor werden will, muss Weile haben. Lange blieben unsere Moore unangetastet, konnten sich ausdehnen, Schicht um Schicht zulegen. Doch dann war es vorbei mit der Ruhe. In rascher Folge fielen die Moore dem Land- und Torfhunger einer stetig wachsenden Bevölkerung zum Opfer. Die letzten Reste der einst so weiten Moorlandschaften sollten uns heute in mehrfacher Hinsicht teuer sein. Der BUND kämpft für ihren Schutz – und dafür, dass geschundene Moore zu neuem Leben erweckt werden.
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BUNDmagazin [2-11]
Moore – einst und heute Früher prägten Moore in Deutschland große Landstriche. Kaum etwas ist von ihnen übrig geblieben. Doch ihre Bedeutung für die biologische Vielfalt, den Hochwasserschutz und das Klima ist immens. Wir müssen deshalb den bis heute andauernden Raubbau beenden und alle Restmoore schützen.
W
erfen wir einen Blick in die Vergangenheit: Vor 300 Jahren noch dehnten sich vor allem in Norddeutschland und am Alpenrand im südlichen Bayern riesige Moore aus. Seit der letzten Eiszeit waren sie gewachsen, bis zu 12 000 Jahre lang. Hatten Pflanzenreste angelagert, Millimeter um Millimeter, bis mächtige Torfkörper entstanden. Ihr hoher Wasserstand machte die Moore schwer zugänglich. Länger als alle heimischen Ökosysteme wurden sie daher gemieden, blieben unangetastet und von rauer Wildnis. Märchen und Sagen umkreisten sie, als Schauplatz von Unglücksfällen und Verbrechen. »Oh schaurig ist’s übers Moor zu gehen«, beginnt Annette von Droste-Hülshoffs Ballade »Der Knabe im Moor«; und gegen Ende heißt es: »Wär’n nicht Schutzengel in seiner Näh', seine bleichenden Knöchelchen fände spät ein Gräber im Moorgeschwehle.« 1842 war das, und obwohl die Gräber – die Torfstecher – schon in die Moore vorgedrungen waren, hatten diese noch nichts von ihrem Schrecken verloren.
15 Prozent – regierten Torfmoose und andere Moorbildner. Doch seit dem 18. Jahrhundert entzog der Mensch 99 Prozent dieser Moore planvoll das Wasser und zerstörte sie dadurch, mal mehr, mal weniger. Schon eine leichte Absenkung des Wasserspiegels genügt, um die Mannigfaltigkeit unberührter Hochmoore endgültig zu vernichten. Ihre Vegetation dominieren verschiedene Torfmoose, Wollgräser und Binsen. Dazu kommen – als stetige Begleiter – etwa zehn Gefäßpflanzen, vom Sonnentau über die Moosbeere bis zur Besen-, Rosmarin- und Glockenheide. Vor allem in den Randbereichen besiedeln mitunter auch niedrige Birken und Kiefern den Moorboden.
Spezialisten unter sich Als größte baumfreie Inseln im weithin bewaldeten Mitteleuropa bildeten die Hochmoore einst eine Welt für sich. Vergleichsweise wenige Arten konnten diesen Lebensraum erobern. Zur spezialisierten Tier- und Pflanzenwelt der Hochmoore gehören besonders viele Arten, die heute stark bedroht sind. Kein Wunder, ist ihr stilles Reich doch fast völlig verschwunden. Einst dehnten sich die deutschen Moore über eineinhalb Millionen Hektar aus. Auf etwa fünf Prozent der Landesfläche – in Norddeutschland teilweise über
Im Murnauer Moos wächst auch das Hellgelbe Knabenkraut; die stark gefährdete Orchidee wird bis zu einen Meter hoch.
Hoch- und Niedermoore
blickwinkel/J. Flohe
Wo Niederschläge und Grundwasser zu einem ständigen Wasserüberschuss führen, entstehen Moore. Abgestorbene Pflanzenreste können im Wasser nicht abgebaut werden und lagern sich als Torf ab. Dabei unterscheidet man hauptsächlich zwei Moortypen: Hochmoore werden ausschließlich von Regenwasser gespeist. Ihre Entstehung vollzieht sich, indem Torfmoose in großen Polstern über das Grundwasser emporwachsen. Intakte Hochmoore werden zu ihrem Zentrum hin immer nasser. Charakteristisch ist ein kleinräumiges Mosaik von Bulten und Schlenken, von trockeneren und nassen Bereichen. Hochmoore sind sehr sauer, extrem nährstoffarm und wachsen durchschnittlich 1 mm pro Jahr in die Höhe. Niedermoore dagegen entstehen, wo Seen verlanden, Senken versumpfen, Auen periodisch überflutet werden oder Quellen auftreten. Sie sind häufig nährstoffreich und teils mit Schilfröhricht und Großseggen, teils mit Bruchwald bewachsen. Von Nieder- zu Hochmooren gibt es vielfältige Übergänge; diese »Zwischenmoore« werden oft von Kleinseggen besiedelt.
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Gerd Kriewald (2)
TITELTH EMA
Vom Aussterben bedroht: Sumpfohreule (rechts) und streitende Uferschnepfen.
Fotex Justus de Cuveland
Immerhin über hundert wirbellose Tiere sind in ihrem Vorkommen auf Hochmoore beschränkt. Dazu zählen Käfer wie der Hochmoor-Laufkäfer, Schmetterlinge wie Hochmoorgelbling und -bläuling, Libellen wie die Hochmoor-Mosaikjungfer oder spezialisierte Wolfsspinnen. Zu den typischen Brutvögeln zähl(t)en Birkhuhn, Sumpfohreule, Großer Brachvogel und Goldregenpfeifer – vier Arten, die heute in Deutschland allesamt vom Aussterben bedroht sind. Niedermoore stellen vergleichsweise weniger »extreme« Lebensräume dar. Anders als Hochmoore wölben sie sich nicht über ihre Umgebung empor und werden deshalb auch Flachmoore genannt. Meist nährstoffreich und immer von Grundwasser genährt, prägen Schilfröhrichte, Seggenriede oder Bruchwälder ihr dichtes Pflanzenkleid. Niedermoore sind weit artenreicher als Hochmoore und werden von weniger spezialisierten Tieren und Pflanzen besiedelt. Doch ob Hoch- oder Niedermoor – kleinräumig veränderte geologische und klimatische Parameter können in großen Moorkomplexen zu einer hohen Vielfalt auf engstem Raum führen. Torfmoos – der Stoff, aus dem die Moore sind.
Wie die Moore verschwanden Um den Wasserstand zu senken, hoben die ersten Moorkolonisten ein dichtes Netz von Gräben und Kanälen aus. Es diente zur Fortbewegung, solange Wege im Morast keinen Halt fanden. Und es diente zum Abtransport des Torfes, der als Brennstoff in die Städte und Fabriken geliefert wurde. Wo größere Ansiedlun-
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gen fehlten, lohnte der Torfabbau nicht. Man beließ es bei einer geringen Entwässerung, brannte das Moor oberflächlich ab und lebte mehr schlecht als recht von dem, was die Torfasche hergab, Buchweizen oder anspruchslose Feldfrüchte. Erst mithilfe von Kalk und Mineraldünger lieferte die Bewirtschaftung der Hochmoore ab Mitte des 19. Jahrhunderts mehr Ertrag. Mit dem Einsatz großer Landmaschinen beschleunigte sich die Zerstörung von Hoch- wie Niedermooren im 20. Jahrhundert rapide. Die Not nach dem Zweiten Weltkrieg führte dazu, dass auch den letzten intakten Mooren das Wasser abgegraben wurde. Durch die Trockenlegung aber sackt der Moorboden, Sauerstoff dringt in den Torfkörper, die organische Substanz wird zersetzt, der Torf »verbrennt«. Übrig bleibt nach Jahren des Raubbaus ein oft stark verdichteter, ausgelaugter Boden, der kaum noch Wasser und Nährstoffe aufnehmen kann. Aus Ackerland werden Brachen, kümmerliches Grasland oder Aufforstungen. Neben der verbreiteten land- und forstwirtschaftlichen Nutzung wird in deutschen Mooren bis heute Torf gewonnen. So sind in Niedersachsen derzeit noch 300 Quadratkilometer einstige Hochmoore in Händen der Torfindustrie. Schichtweise werden die dicken Torflagen hier abgebaut. Doch statt den Abbau so bald wie möglich zu stoppen, soll er in den nächsten Jahren noch ausgeweitet werden. 90 zusätzliche Quadratkilometer – derzeit Weideland – plant die Landesregierung für den Torfabbau freizugeben. Der Wasserstand müsste dafür weiter gesenkt werden, ein Problem vor allem für unser Klima.
Dramatischer Klimaeffekt Über 60 Prozent unserer Moore gelten heute als stark entwässert, 35 Prozent als mäßig und weniger als drei Prozent als schwach entwässert. Der nach der Entwässerung verbrennende Torf setzt große Mengen des Klimagases Kohlendioxid frei. Über Jahrtausende gespeicherter Kohlenstoff gelangt so binnen Kurzem in die Atmosphäre zurück. Die industrielle Landnutzung der Moore setzt anfangs bis zu 25 Tonnen CO2 pro Hek-
Moore schützen Wo immer also in Deutschland Moorrelikte die Zeit überdauert haben, verdienen sie bestmöglichen Schutz. Einmal aus Verantwortung für unser Klima. Und dann aus Verantwortung für die hochspezialisierten Pflanzen und Tiere, die ausschließlich in Mooren zu finden sind. Ihr Überleben hängt davon ab, ob wir den Mooren eine Zukunft bieten. Verantwortungslos ist es daher, das eine Prozent, das von unseren Mooren übrig geblieben ist, teilweise noch immer für den Torfabbau zu entwässern. Dabei wäre diese Bedrohung vergleichsweise einfach und kurzfristig aus der Welt zu schaffen. Weit schwieriger ist es, zwei anderer Probleme Herr zu werden. So sind besonders die von Natur aus extrem nährstoffarmen Hochmoore durch Nährstoffe von außen bedroht. Jeder Regen hat hier einen ungewollten Düngungseffekt, da die Luft – verunreinigt von Landwirtschaft und Verkehr – heute um ein Vielfaches nährstoffreicher ist als noch vor wenigen Jahrzehnten. Auch von direkt angrenzenden Feldern und Äckern können Nährstoffe in die Moore sickern. Mit ihnen dringen konkurrenzstarke Allerweltsarten ein und verdrängen die Moorspezialisten aus ihrem Refugium.
Diese schleichende Überformung ist auf Dauer nur durch eine Agrarwende, eine großflächig nachhaltigere Landnutzung zu stoppen. Und durch eine deutliche Senkung der Verkehrsemissionen. Nicht minder betroffen sind die Moore vom Klimawandel. Wo die Temperaturen steigen und die Trockenperioden länger werden, steigt auch der Konkurrenzdruck für die Moorspezialisten – verschärft meist noch dadurch, dass ihr Lebensraum bereits fragmentiert und anderweitig beeinträchtigt ist. Der BUND setzt sich auf allen Ebenen für die Rettung der Moore ein: ob durch gezielten Naturschutz, um Moorflächen zu bewahren und wiederzubeleben, durch Verbrauchertipps (Torf !) oder durch internationale Kampagnen für den Schutz des Klimas und der biologischen Vielfalt. Lesen Sie mehr zu diesem Engagement auf den nächsten Seiten. Severin Zillich
Besiedelt Moorgewässer und -wiesen: das Sumpfblutauge.
Sabine Hauer
tar und Jahr frei, außerdem große Mengen Lachgas, das besonders klimaschädlich ist. Dieser ungewollte, durch falsche Nutzung verschuldete Schwund der Moorböden dauert bis heute an. Im Verhältnis zu seiner Moorfläche ist Deutschland der größte europäische Emittent von Treibhausgasen aus zerstörten Mooren. Mit welchen Folgen, erläutert Michael Succow von der Uni Greifswald: »Wachsende Moore sind die wichtigste Kohlenstoffsenke auf dem Festland. Ihr Verlust verstärkt die globale Klimaerwärmung dramatisch. Jährlich entweichen aus drainierten Mooren weltweit etwa drei Milliarden Tonnen CO2. Aktuelle Klimabilanzen berücksichtigen das kaum.«
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BUND aktiv
Moore schützen Der Schutz und die Renaturierung von Mooren spielen für viele BUND-Gruppen eine wichtige Rolle. Gerade in den moorreichen Bundesländern gibt es eine Fülle von Initiativen. Besonders aktiv sind die Moorschützer des BUND in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen.
… in Niedersachsen
wässerungsgräben zu verschließen, um den Wasserhaushalt zu stabiliDer niedersächsische Moorsieren. Seit 2006 entsteht (gefördert schutz hat eine fast 40-jährige Gevom Bundesamt für Naturschutz, schichte. Ab Mitte der 70er Jahre BfN) ein umfangreiches Konzept zur wurden in der Diepholzer Moornielangfristigen Sicherung des Moorderung südlich von Bremen Pflegekomplexes. Seine Umsetzung steht einsätze organisiert: BUND-Aktive jedoch in den Sternen. stauten Wasser auf und entfernten Auf Druck des BUND bekannte Gehölze, um die Lebenswelt des sich das BfN trotz hoher Kosten zur Hochmoores zu sichern und vor Finanzierung. Seine Bedingung: Der allem der Verbuschung entgegenumliegende agrarische Randbereich zuwirken. Mit Moorschnucken (in Privateigentum) müsste ins Konwurde die traditionelle Beweidung zept einbezogen werden – nur so sei wiederbelebt. ein weiterer Nährstoffeintrag in die 1983 bündelte der BUND seine Moorgeest zu verhindern. Aktivitäten in einem Projekt und Doch Umweltminister Sander professionalisierte damit die Land- Die Diepholzer Moorniederung – 2004 schlägt die Förderung des BfN aus schaftspflege (www.bund-dhm.de). Motiv dieses BUND-Plakats. und hält wie immer zur Agrarlobby. Über 6 500 Hektar Hochmoor wurDer BUND fordert das Land auf, »im den seitdem renaturiert, die TorfBoot zu bleiben«. Denn für Klimaschicht wächst wieder. Kraniche haben die Niederung schutz und biologische Vielfalt ist die baldige Renatunicht nur als Brutgebiet schätzen gelernt: Bis zu 80 000 rierung der 1 900 Hektar Hochmoor unverzichtbar. Vögel rasten hier gleichzeitig. Auch in der »Hannoverschen Moorgeest« gehen die www.bund-niedersachsen.de/themen/moorschutz Aktivitäten für den Moorschutz inzwischen ins vierte Jahrzehnt. Hier kümmert sich der BUND vor allem um kleinere Hochmoore, die der bäuerliche Handtorfstich … in Baden-Württemberg in Mitleidenschaft gezogen hat. Wieder gilt es aufwachDer BUND Baden-Württemberg betreut etwa 270 sende Kiefern und Birken zurückzudrängen und EntHektar Moore. Ein wichtiges Projekt ist die Wiedervernässung von 100 Hektar im Schwenninger Moos, das mit Schafen beweidet wird. Zudem überwacht der Etwa 200 Moorschnucken halten im Schwenninger Moos die aufwachsenden Gehölze kurz. BUND im Landkreis Konstanz das Fischerweihermoor (54 Hektar) sowie einige Dutzend weitere Moorflächen in den FFH-Gebieten Mindelsee und Bodanrück. Wieder liegt der Schwerpunkt darin, die Moore offenzuhalten. Gezielte Eingriffe fördern gefährdete Tiere und Pflanzen, dazu kommen die Gebietskontrolle, Öffentlichkeitsarbeit und Begleitung wissenschaftlicher Untersuchungen. Der BUND Markdorf hat sechs Hektar einer Pfeifengras-Streuwiese auf Niedermoor wiederhergestellt, gemeinsam mit dem Bodenseekreis im Rahmen eines Interreg-Projekts der EU. Gleichzeitig betreut die BUND-Gruppe das gesamte Ried-Schutzgebiet, das über 100 Hektar umfasst. Eine Reihe weiterer BUND-Gruppen pflegt zudem kleinere Flächen und ist an der Wiedervernässung von Mooren und Torfstichen beteiligt.
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In Bayern engagiert sich der BUND in mindestens 50 größeren Moorschutzprojekten. Schon der erste Ankauf des Bund Naturschutz (BN) im Jahr 1933 galt einer Moorfläche: Das heutige Naturschutzgebiet »Gfällach im Erdinger Moos« wird inzwischen wiedervernässt. Auch andere Ankäufe und Aktivitäten des BN in Mooren entwickelten sich zu Großprojekten. So besitzt der BN im 32 Quadratkilometer umfassenden Murnauer Moos über 70 Hektar. In den Kendlmühlfilzen bei Traunstein, auch dies eines der größten bayerischen Hochmoore, hat der BN bereits 1973 die Ausweisung eines Naturschutzgebietes beantragt. Besonders im Alpenvorland mit seiner deutschlandweit einzigartigen Moorvielfalt ist der BN schon seit den 70er Jahren aktiv. Im Rahmen von etwa 23 größeren Schutzprojekten wurden bisher über 180 Hektar weitgehend eigene Moorflächen renaturiert, auf 120 Hektar wächst der Torf wieder. Um den Wasserstand im Moor anzuheben, mussten unzählige Dämme in die alten Entwässerungsgräben gezogen werden, teils in mühevoller Handarbeit, teils mit großen Baggern.
M. Drobny
… in Bayern
Rasenmäher mit Biosiegel – Weiderinder im Freisinger Moos.
Moorpflege mit Mensch und Tier Auf weiteren 200 Hektar führt der Bund Naturschutz Pflegemaßnahmen durch. Wo Bäume und Sträucher nach dem Anstau nicht von selbst absterben oder noch kein Anstau möglich ist, wird entbuscht. Im Umfeld der Moore mäht der BN wertvolle Streuwiesen. Als Belohnung wachsen schon bald die Torfmoose wieder, andere moortypische Pflanzen und Tiere kehren zurück. So ist ins Werdensteiner Moos, das der BN seit 30 Jahren betreut, das komplette moortypische Spektrum von Schmetterlingen und Libellen zurückgekehrt, darunter die vom Aussterben bedrohte Große Moosjungfer und die stark gefährdete Arktische Smaragdlibelle. In den Allgäuer Mooren werben drei Gebietsbetreuer des BN für mehr Moorschutz, gefördert vom Naturschutzfonds und dem Europäischen Sozialfonds. Die Moorprojekte des Bund Naturschutz im Alpenraum waren der Internationalen Alpenschutzkommission 2008 eine Auszeichnung mit 20 000 Euro Preisgeld wert.
Rettung für den Riedteufel Ein zweiter Schwerpunkt der BUND-Aktivitäten liegt in den großen Niedermooren Südbayerns. Hier steht neben der Wiedervernässung die Sicherung extensiv genutzter Wiesen im Vordergrund. So grasen im Freisinger Moos Weiderinder, ein Projekt des BN mit einem Biolandwirt. Das qualitativ hochwertige und klimaund naturverträglich produzierte Fleisch erfreut sich steigender Nachfrage. Und in der Mertinger Höll bei Donauwörth – ein einmalig kleinteilig strukturiertes Gebiet, das besonders für Wiesenbrüter wertvoll ist – besitzt der BN über 120 Hektar. Sie werden von 20 Landwirten extensiv genutzt. Gezielte Pflege und die Anlage feuchter Senken werten das letzte große Wie-
Arbeit in einem Hochmoor bei Weilheim – auch Kinder legen bei der Renaturierung Hand an.
sengebiet im Donauried auf. Das Moorveilchen, der Riedteufel (ein stark bedrohter Augenfalter) und das Braunkehlchen werden seitdem wieder häufiger. Seit 2008 ist der Moorschutz in Bayern zumindest finanziell und personell gestärkt: Die Landesregierung stellte im Rahmen eines Klimaschutzprogramms etwa acht Millionen Euro für die Moore bereit. Auch der Bund Naturschutz konnte dadurch neue Projekte starten, so im Dattenhauser Ried (Kreis Dillingen) oder im Deininger Moor bei München. Dieses Programm muss, da es dieses Jahr ausläuft, dringend fortgeführt werden.
Die Autorinnen: Heidrun Heidecke koordiniert den Naturschutz des BUND, Christine Margraf betreut den Artenschutz in Südbayern.
Mehr zu den bayerischen Aktivitäten www.bund-naturschutz.de/moore
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Ruth Sanders
TITELTH EMA
Entwässerungsgräben im Bremer »Blockland« – die Moorböden werden hier seit Jahrhunderten als Grünland genutzt.
Moorschutz
Der BUND fordert Was der BUND und andere Naturschutzverbände praktisch für die Erhaltung und Wiederbelebung unserer Moore leisten, darf Behörden nicht als Alibi dazu dienen, die Hände in den Schoß zu legen. Zum Schutz der Moore fordert der BUND von der Politik im Einzelnen:
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Ein Nationales Moorschutzprogramm in Höhe von jährlich 50 Millionen Euro im Rahmen des von der Bundesregierung angekündigten Programms »Biologische Vielfalt«. Damit sollen jedes Jahr zusätzlich 25 000 Hektar Moorflächen bis zum Ende der Legislaturperiode 2013 renaturiert werden, gemeinsam mit den Bundesländern und anderen Akteuren.
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Den Zustand aller noch vorhandenen Moore zu erfassen – um daraus abzuleiten, welche Moore schnell in natürliche Prozesse zurückgeführt werden können; und wo, wenn das schwierig ist, ihre Nutzung zumindest extensiviert werden kann.
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Zügig eine Strategie zum Ersatz von Torfsubstraten im Garten- und Landschaftsbau zu entwickeln; zudem müssen die Möglichkeiten und Grenzen neuer, angepasster Moornutzungen praxisorientiert erforscht werden (wie Paludikulturen und Wasserwälder).
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Ein Verbot des Torfeinsatzes: im privaten Bereich mit sofortiger Wirkung, da es hier genug Alternativen gibt; und im Erwerbsgartenbau binnen drei Jahren (als Zeitraum zur Umstellung). Ausnahmen gelten für Medizin und Industrie bei der Herstellung von Spezialfiltern.
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Von den Bundesländern ausreichend finanzierte landesweite Entwicklungskonzepte und Schutzprogramme für Moore (soweit noch nicht vorhanden).
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Von den Bundesländern, vorrangig Managementpläne für die Moore zu erstellen und umzusetzen, die als Natura 2000-Gebiete ausgewiesen sind und deren »günstiger Erhaltungszustand« bewahrt und wiederhergestellt werden muss.
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Moore auch durch Hochwasserschutz und eine angepasste Landwirtschaft zu erhalten: Alle Fachbehörden des Bundes und der Länder müssen Moorschutz bei ihren Maßnahmen, Projekten, Förderungen und Beratungen umsetzen.
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Attraktive und unbürokratische Förderprogramme sowie eine bessere behördliche Unterstützung für den aktiven Moorschutz der weitgehend ehrenamtlich tätigen Naturschutzverbände. Kai Frobel … ist Sprecher des BUND-Arbeitskreises Naturschutz. Mehr zur BUND-Position im »Standpunkt Moorschutz« unter www.bund.net/moore
Moorlibellen
Verlierer und Gewinner Libellen sind aufgrund ihrer Lebensweise – die fertigen Insekten leben auf dem Land, die Larven im Wasser – oft besonders eng an ihren Lebensraum gebunden. Auch in Mooren finden wir eine ganz eigene Libellenfauna.
Z
u den Libellen der Moore gehören Torf- und Hochmoor-Mosaikjungfer, Kleine und Nordische Moosjungfer, Speer-Azurjungfer, Schwarze Heidelibelle, Arktische Smaragd- und Zwerglibelle. Einige weitere Arten kommen hier, aber auch in anderen Lebensräumen vor. Ihre Bindung an das Moor hat unterschiedliche Gründe. So vertragen einige Arten sehr gut das saure Milieu der Moorgewässer oder kommen mit den starken Temperaturschwankungen im Moor gut zurecht. Oder sie nutzen die Torfmoose als Substrat für die Eiablage. Vor allem aber profitieren sie davon, dass sie hier vor ihren Fressfeinden – speziell Fischen – sowie anderen, konkurrenzstärkeren Libellenarten sicher sind.
Günter J. Loos
Moore hat man als »Unland« von alters her urbar zu machen versucht. Ob trockengelegte Hochmoore aufgeforstet oder Niedermoore in Grünland oder Acker umgewandelt wurden – immer verschwanden dabei auch alle Gewässer mit ihren typischen Libellenarten. Die Torfgewinnung in kleinem Rahmen – etwa als bäuerlicher Handtorfstich – kann für Libellen durchaus positiv wirken, da neue Moortümpel entstehen. Doch der industrielle Torfabbau führt großflächig zum Totalverlust der ursprünglichen Lebensgemeinschaften. Besonders empfindlich reagieren die von Natur aus nährstoffarmen Moore auf Nährstoffe, die von außen einsickern (wie Gülle) und über die Luft eingetragen werden (vor allem Stickstoff ). All diese Faktoren führen dazu, dass Moorbiotope verändert werden oder ganz verloren gehen – und damit eben auch die typischen Moorlibellen zu Verlierern werden. In den letzten Jahren gewinnt ein weiterer Gefährdungsfaktor an Bedeutung: der Klimawandel. Höhere Temperaturen, extreme Trockenperioden und gewandelte Niederschläge führen zu einer deutlichen Veränderung der Moore. Einer der Effekte: Zunehmend wandern mediterrane Arten nach Deutschland ein, die sich dann auch in Mooren ansiedeln. Ein Beispiel ist die Feuerlibelle, deren aktuelle Verbreitung im Rahmen der BUND-Aktion »Feuermelder« untersucht werden soll.
J. Ott (2)
Wodurch bedroht?
Die Kleine Moosjungfer (großes Bild) ist regional merklich seltener geworden. Wie die Torfmoos-Mosaikjungfer (links) gilt sie als gefährdet. Die Feuerlibelle (rechts) dringt dagegen seit einigen Jahren auch in Moorlebensräume vor.
stauen und damit renaturieren. Hilfe für unsere Moorlibellen ist also möglich – und nötig, als Ausgleich für die Zerstörung fast all ihrer einstigen Lebensräume. Jürgen Ott
Hilfe möglich?
… ist Autor und Koautor einiger Roter Listen der Libellen (Rheinland-Pfalz, Deutschland, Europa).
Trotz vielfältiger Bedrohungen ist Moorlibellen durchaus zu helfen. Zunächst einmal durch den Verzicht auf Torf im Garten, um die weitere Moorzerstörung aufzuhalten. Die behutsame Öffnung von zugewachsenen Mooren kann Raum für kleine Moortümpel schaffen, die meist rasch von Libellen wiederbesiedelt werden. Vor allem Niedermoore lassen sich gut auf-
Mehr über die »Juwelen der Lüfte« und unsere Aktion »Feuermelder« unter www.bund.net/libellen. BUND-Aktiven bietet das Freiwilligenreferat ein Materialpaket »Libellenschutz« – mit Fachinfos sowie Unterlagen für die Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung: Tel. (0 30) 2 75 86-4 55, www.bund-intern.net
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Torfverbrauch
TITELTH EMA
Raubbau beenden Um unser Klima und die biologische Vielfalt dauerhaft zu schützen, dürfen wir nicht länger gedankenlos hochwertigen Torf verschwenden. Im industriellen Erwerbsgartenbau sind rasch Alternativen gefragt. Für die Landschaftspflege und den Hobbybereich gibt es sie schon.
W. Wichtmann
Für deutsche Beete und Topfblumen werden in Osteuropa – im Bild: Weißrussland – riesige Moore abgetorft, auch von deutschen Großbetrieben.
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in größerer Kontrast ist nicht vorstellbar: hier helle Glashäuser mit der farbigsten Blumenpracht, dort schwarze, tote Torfabbauflächen bis zum Horizont. Auf der einen Seite eine urbanisierte Hochzivilisation, auf der anderen Seite eine Torfwirtschaft, die als der letzte Jäger und Sammler des Planeten von einem erschöpften Moor zum nächsten zieht. Es ist die Massenhaltung von Menschen, die wir Städte nennen, die diese Kontraste nährt. Menschenmengen mit hohen Ansprüchen an immer verfügbare Nahrungsmittel und Schmuckgrün fordern eine Industrie, die – ebenso auf kleinstem Raum – eine beständige Massenproduktion von frischem Gemüse und Topfpflanzen verwirklicht. Die Pflanzen werden in einer derart industrialisierten »Land«-Wirtschaft in künstlichen Substraten gezogen, weil natürlicher Boden nicht verlässlich genug ist.
Schäden ausgeblendet Momentan ist Hochmoortorf in Deutschland der bedeutendste Rohstoff für solche Substrate. Nichts eignet sich besser, denn Hochmoortorf ist eigentlich nichts. Feine Leerräume, zusammengehalten von schwer abbaubarem organischem Material, schaffen eine Porenstruktur, die die gleichzeitige Anwesenheit von Wasser und Luft im Wurzelraum garantiert. So können die Pflanzen weder vertrocknen noch ertrinken. Die fast inerte, reaktionsträge Substanz erlaubt es für jede Pflanzenkultur optimale Bedingungen zu schaffen. Gutes (Nährstoffe, Kalk …) kann in der richti-
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gen Menge zugefügt werden, ohne Schlechtes (zu viele Nährstoffe, Giftstoffe …) mit viel Aufwand entfernen zu müssen. Hochmoortorf ist einheitlich, standardisierbar, leicht zu verarbeiten, reichlich vorhanden und billig. Zu reichlich vorhanden, zu billig. Und darum werden Klimaschäden, die Endlichkeit des Torfs und die Naturvernichtung bei seinem Abbau ignoriert und ausgeblendet. Es gibt kaum Antrieb, nach einer hochwertigen Alternative zu suchen. Vereinzelt gibt es zwar Möglichkeiten, den Torf zu ersetzen. Doch die Mengen sind für die Industrie zu gering, oder die Alternativen haben ihre eigenen betriebs- und umwelttechnischen oder ökonomischen Nachteile. Die Nachfrage nach Torf jedenfalls hält an. Denn die Menschen ernähren sich und dekorieren ihre Wohnungen mit Grün, ohne sich bewusst zu sein, dass an fast jedem Gemüse, fast jeder Zimmerpflanze Torf klebt.
Strategie für den Ausstieg Eine industrielle Pflanzenproduktion erfordert hochwertige Substrate. Somit kann der Torfschleier, der wie eine Sucht durch unsere Gesellschaft gewoben ist, nicht von einem Moment auf den anderen entfernt werden. Wir brauchen eine Strategie für den Ausstieg, die letztlich die Verwendung von Torf beendet. Eine beschleunigte Entwicklung von Alternativen für den Erwerbsgartenbau – wie Torfmoos-Biomasse oder hochwertiger Kompost. Eine Beschränkung der Torfverwendung auf das Allernötigste. Und eine Begrenzung der Torfgewinnung auf schon stark vorgeschädigte Flächen. Bereits abgetorfte Flächen müssen wiedervernässt und restauriert werden. Und wir müssen sofort damit aufhören, hochwertigen Torf für minderwertige Zwecke zu verschwenden. In der Landschafts- und Gartenpflege sowie bei unseren Zimmerpflanzen können wir völlig auf Torf verzichten. Es gibt dort gute Alternativen. Ansonsten sollten wir unsere Ansprüche niedriger schrauben. Jeder Sack torfhaltige Blumenerde, jeder Laster Torf, auf den in Deutschland verzichtet wird, trägt dazu bei, dass Hochmoore im Baltikum und sonstwo in der Welt wieder mehr Zukunft haben. Hans Joosten … leitet als Professor die Arbeitsgruppe Moorkunde und Paläoökologie an der Universität Greifswald.
Aktiv werden
Torffrei gärtnern Wem der Schutz der Moore am Herzen liegt, der sollte auf torfhaltige Erden verzichten. Seit Jahren engagieren sich der BUND und viele seiner Gruppen dafür, mit öffentlicher Aufklärung und politischer Einflussnahme den Verbrauch von Torf zu reduzieren.
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edes Jahr verschlingt der deutsche Gartenbau acht Millionen Kubikmeter Torf. Ein Fünftel davon verbrauchen HobbygärtnerInnen, meist in Form von Gartenerde. Ein anderes Konsumverhalten könnte also erheblich zum Schutz der Moore beitragen. Im Frühjahr 2010 sorgte eine Anfrage des BUND bei Baumärkten und dem Industrieverband Garten für Aufregung: Wer hatte torffreie Produkte im Angebot? Das Ergebnis war ernüchternd. Der BUND beschloss, eine offensive Kampagne gegen den Torf im Hobbygartenbau zu starten. Unter dem Motto »Torf tötet« machte der BUND online mobil, um auf die Moorzerstörung durch torfhaltige Blumenerde hinzuweisen. Neben dem Einsatz von E-Mail-Newslettern, Twitter und Facebook wurden diverse Blogs, Portale, Magazine und andere Internetseiten aufgefordert, die Aktion zu unterstützen. Dank großer Resonanz gelang es die Problematik auch außerhalb des BUND bekannt zu machen.
Noch Entwicklungsland Der BUND präsentierte das Thema Moorschutz und torffreie Erden auch auf Landesgartenschauen und vielen lokalen Veranstaltungen. Eine Broschüre über torffreies Gärtnern konnte zehntausend Mal verteilt werden. Unsere Aktivitäten führten zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Herstellern der Erden und ihrem Lobbyverband, dem Industrieverband Garten. Nach einem Jahr intensiver Arbeit gibt es erste kleine Erfolge. Hatten zu Saisonbeginn 2010 nur fünf Baumarktketten torffreie Erden im Angebot, so sind es inzwischen doppelt so viele. Eine erste Handelskette denkt darüber nach, torffreie Topfpflanzen anzubieten. Trotzdem ist Deutschland noch Entwicklungsland, was torffreies Gärtnern betrifft. So gibt es in Österreich seit drei Jahren eine torffreie Gartenschau. Und in Großbritannien sind die Königlichen Botanischen Gärten in Kew bei London seit 1992 torffrei, dazu unterstützen prominente Gärtner Kampagnen gegen Torf im Garten. Auch liegt in britischen Gartencentern der Anteil torffreier Produkte bei 30 bis 55 Prozent, ein Vielfaches von dem in Deutschland.
Wird torffreie Erde abgelehnt? Im Rahmen der Bundesgartenschau in Koblenz wird der BUND – und das Gemüsesortenprojekt »Rheinland (+) Pfalz« – mit Gästen der Buga 5 000 junge Tomatenpflanzen setzen: in kompostierbare Töpfchen mit torffreier Erde. Auch unterstützen wir eine Initiative der Lokalen Agendagruppe in Gießen für die erste torffreie hessische Landesgartenschau 2014. Gleichzeitig untersuchen Studenten der Fachhochschule Eberswalde in Kooperation mit dem BUND die Akzeptanz torffreier Erde. Ist es wahr, was die Hersteller von Gartenerde und ihr Industrieverband behaupten? Lehnen die VerbraucherInnen torffreie Erde wirklich ab? Der BUND geht davon aus, dass es lediglich an offensiver Aufklärung fehlt. Befragungen sollen dies nun klären und dem BUND weitere Argumente für ein Angebot torffreier Erde liefern.
Nicht mehr zeitgemäß Ein weiterer Erfolg ist, dass der Einsatz von Torf nun auch im Fernsehen mehrfach thematisiert wurde. Markus Phlippen, Gartenexperte und Moderator des ARD-Ratgebers Heim + Garten, bekennt sich zum torffreien Gärtnern: »Der hohe Torfverbrauch durch die Hobbygärtnerei ist nicht mehr zeitgemäß und ökologisch vertretbar. Inzwischen gibt es torffreie Erden, mit denen sich ebenso gute Ergebnisse erzielen lassen. Ich rate allen Hobbygärtnern, torffreie Erde auszuprobieren. Das schont die Moore und ist ein Beitrag zum Klimaschutz!« Heidrun Heidecke
Mehr zur BUND-Torfkampagne Folgendes Infomaterial können Sie unter www.bund.net /torf herunterladen: • Gartentipps für Blütenpracht auch ohne Torf • Einkaufsführer zu Anbietern torffreier Gartenerde • Unser Faltblatt »Torffrei gärtnern« Das Faltblatt gibt’s auch gedruckt (und gratis) beim Infoservice, Tel. (0 30) 2 75 86-4 69, info@bund.net
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AKTION
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
Demonstrationen in 21 Städten
die dramatische Entwicklung in Japan, einem hochtechnisierten Land, zeigt eindeutig: Die Risikotechnologie Atomkraft ist nicht beherrschbar. Auch in unseren Meilern kann es jederzeit zu einem Störfall kommen: Ereignisse wie Erdbeben oder Flugzeugabstürze sind nicht vorhersehbar – und deshalb nicht zu verhindern. Es ist nicht mehr zu leugnen: Die »Brückentechnologie« kann zu Katastrophen führen. Deshalb brauchen wir eine Energiepolitik, die der Sicherheit der Menschen Vorrang einräumt. Dazu verpflichtet Sie auch Ihr Amtseid. Wir fordern Sie daher auf, die Bevölkerung zu schützen – das heißt: die deutschen Atomkraftwerke abzuschalten. Der erste Schritt muss die unverzügliche Rücknahme der Laufzeitverlängerung sein.
Bevor die Bundesregierung im Juni über ein neues Atomgesetz entscheidet, wollen wir am 28. Mai ein unübersehbares Zeichen für den Atomausstieg setzen. Der BUND organisiert zusammen mit anderen Initiativen in folgenden Städten Großdemonstrationen: Kiel, Hamburg, Rostock, Bremen, Hannover, Göttingen, Berlin, Magdeburg, Erfurt, Dresden, Münster, Essen, Bonn, Frankfurt, Mainz, Mannheim, Ulm, Freiburg, Fürth, Landshut und München.
Sie können auch online unterzeichnen: Unterschriftenlisten und mehr Informationen finden Sie unter www.bund.net/now
Mit freundlichen Grüßen … Ich unterstütze den Appell mit meiner Unterschrift: Name
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Hainich
NATIONALPAR K
Klein, aber fein
R. Biehl
Urwald mitten in Deutschland: In einigen Jahrzehnten dürfte dieser Wahlspruch des Nationalparks Hainich seine Berechtigung haben. Das oberflächlich unscheinbare Schutzgebiet im Westen Thüringens ist auf dem besten Weg, ein echtes Stück Wildnis zu werden.
» Nationalpark Hainich
Thüringen
I
ch war im Hainich!« Wer es darauf anlegt, mit seinen Reisezielen zu renommieren, sollte sich nach einer Fahrt in den Nationalpark Hainich auf Enttäuschungen gefasst machen. Denn ein ratloser Blick wird in der Regel die einzige Antwort bleiben. Obschon im Zentrum Deutschlands gelegen, ist der Hainich über die Grenzen Thüringens hinaus nur wenig bekannt. Allein bei Freunden freier Naturentfaltung dürfen Sie mit leuchtenden Augen rechnen. Und die wissen, warum: Kaum sonstwo bei uns darf sich Natur ähnlich ungestört nach ihren eigenen Gesetzen entwickeln. Das hat mehrere Gründe. Nicht der geringste dürfte sein, dass der Hainich so wenig überlaufen ist.
Ein Wald als Naturerbe Warum fristet der Hainich bis heute ein Schattendasein unter den deutschen Nationalparks, zumindest was seine Besucherzahlen betrifft? Schon vor sieben Jahren stand dazu im BUNDmagazin zu lesen: »Auf den ersten Blick überrascht diese Missachtung des Hainichs nicht. Imposante Felsen und Berge – Fehlanzeige. Vielleicht ein großer Fluss, ein schöner See, eine prächtige Küste? Dreimal nein. Was andere Nationalparks ziert, wird man hier vergeblich suchen.« Dabei ist es geblieben, ja wird es immer bleiben. Zwar hat auch der Hainich inzwischen seine Besucherattraktion: den Baumkronenpfad. Doch dazu später. Denn die eigentliche Attraktion ist der Nationalpark selbst.
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Bärlauchfluren prägen die Wälder des Hainichs im Frühling.
Am 31. Dezember 1997 wurde die Südhälfte des Höhenzugs Hainich zum Nationalpark ernannt. Im Schutz eines militärischen Sperrgebiets hatten sich hier jahrzehntelang Wälder entwickelt, die dem ursprünglichen Waldbild Mitteleuropas sehr nahekommen. Die Buche ist der dominierende Baum dieses größten geschlossenen Laubwalds in Deutschland. Je länger der Mensch hier nicht mehr eingegriffen hat, desto stärker prägt sie den Wald. Am urtümlichsten präsentiert sich der Wald hinter den Schießbahnen – kein Holzverarbeiter wollte sich durch Munitionssplitter die Sägen ruinieren. Wie wertvoll dieser Wald ist, dokumentiert der Antrag, die deutschen Buchenwälder zum Weltnaturerbe zu küren: Der Nationalpark Hainich steuerte unter den fünf ausgewählten Waldgebieten die größte Teilfläche bei. Auch nördlich der Parkgrenze schließt sich wertvoller Wald an: ein von privaten Laubgenossenschaften genutzter Plenterwald, der ebenfalls naturnah aufgebaut ist. Er erweitert den Lebensraum vieler Bewohner des (mit 7 500 Hektar etwas klein geratenen) Nationalparks.
Sich selbst überlassen Aus drei Gründen verdienen die Wälder des Hainichs besondere Beachtung. Da ist einmal ihre Naturnähe: Standortfremde Nadelbäume wurden hier nur punktuell gepflanzt. Ohne forstliche Hilfe sind sie auf dem trockenen Muschelkalkboden mittelfristig zum Absterben verurteilt. Eingriffe der Parkverwaltung sind daher nicht (mehr) erforderlich. Diese Naturnähe führt dazu, dass zweitens bereits 91 Prozent des Nationalparks ganz sich selbst überlassen sind. Kein anderer deutscher Nationalpark weist einen vergleichbaren Anteil nutzungsfreier Fläche auf. Nur gejagt wird hier noch, zwischen August und Dezember, und das mehr und mehr auf die Randzonen begrenzt. Damit wird der Verbiss durch Dam- und Rotwild, Rehe und Wildschweine soweit eingedämmt, dass der Schutzzweck – die natürliche Waldentwicklung – gesichert ist. Die übrigen neun Prozent sind extensive Schafweiden. 2018 enden die letzten Pachtverträge, dann wird auch hier Natur wieder Natur sein dürfen. Schließlich – und drittens – ist der Hainich Deutschlands einziger Nationalpark auf Muschelkalk. Dieser Untergrund bringt besonders viele Frühjahrsblüher hervor, die ab März den noch blätterlosen Wald schmücken.
Dazu kommen allein 26 verschiedene Orchideen sowie eine Vielfalt an Baumarten, die – bei aller Dominanz der Buche – hierzulande ihresgleichen sucht: 29 Baumarten gelten im Hainich als ursprünglich, darunter die Eibe als einziger Nadelbaum. Zwischen den Buchen wachsen Elsbeere, Wildkirsche oder Feldahorn zu imposanter Größe auf. Wo Pionierwald die Lichtungen erobert, herrschen Esche und Bergahorn vor.
katze (ein »ganz hervorragendes Projekt«, wie Großmanns Stellvertreter Rüdiger Biehl lobt). Mölich hat den Nationalpark als wichtigen Trittstein für die Wiederausbreitung der stark bedrohten Art identifiziert. Wie der gesamte Nationalpark ist der Baumkronenpfad leider nur schwer ohne Auto zu erreichen – obwohl Bad Langensalza und Mühlhausen per Bahn gut angebunden sind ( www.fahrtziel-natur.de). Trotz diverser Anläufe ist es bisher nicht gelungen, eine attraktive Buslinie zu etablieren. Zuletzt wurde das Angebot gar noch ausgedünnt, ein »schmerzhafter« Rückschritt, wie die Parkverwaltung anmerkt.
Baumkronen und Wildkatzen Der artenreichen Pflanzenwelt entspricht eine noch artenreichere Pilzflora und Fauna: Über 2 000 Pilz- und 10 000 Tierarten werden im Nationalpark vermutet und jedes Jahr neue Arten entdeckt, 2010 allein 70 weitere Käfer. Systematisch erforscht die Verwaltung mithilfe mehrerer Universitäten die Lebenswelt des Hainichs. Jede Art liefert ein zusätzliches Argument für seinen Schutz – speziell Raritäten wie Reiters Strunksaftkäfer, der in Deutschland schon als ausgestorben galt. Doch Manfred Großmann, Leiter des Nationalparks, weiß: »Die Politik misst uns nicht an der Zahl der Käferarten, sondern der Besucher.« Und hier hat sich der Hainich ebenfalls entwickelt. Aus den 25 000 Gästen der Anfangsjahre sind inzwischen 300 000 geworden. Die meisten kommen, um den Baumkronenpfad zu begehen. In der Randzone des Nationalparks bei Craula bietet er auf 530 Meter Länge zwischen 10 und 40 Meter Höhe tolle Einblicke in die Wipfelzone eines vielgestaltigen Laubwaldes. Wen es so weit oben schwindelt, der kann aufs nahe Infozentrum Thiemsburg ausweichen. Hier wird das biologische Potenzial des Hainichs sehr ansprechend präsentiert. In naher Zukunft wird der BUND eine weitere Attraktion beisteuern: das Wildkatzendorf in Hütscheroda, knapp außerhalb des Nationalparks. Ein Katzengehege und viele Informationen sollen den Besuchern das Symboltier des Hainichs nahebringen. Thomas Mölich leitet von hier aus das BUND-Rettungsnetz für die Wild-
Gut geführt Mit ihren acht Mitarbeitern ist die Verwaltung äußerst schmal besetzt, was Manfred Großmann »jammerschade« findet: »Wir haben kaum noch Zeit, um neue Ideen umzusetzen.« Dennoch festigt sich vor Ort und bei der Lektüre des vorbildlichen Nationalparkplans der Eindruck: Diese Verwaltung tut genau das Richtige, um im Hainich eine unbeeinflusste natürliche Entwicklung zuzulassen. Und sie kann sich dabei auf 90 Prozent Zustimmung im Umkreis stützen. Was will man mehr von einem Nationalpark? Dieses Verdienst könnte nun auch die UNESCO anerkennen: Im Juni fällt die Entscheidung, ob die Kernzone des Nationalparks Hainich künftig als Weltnaturerbe gilt. Der BUND drückt die Daumen! Severin Zillich
F. Leo
T. Stephan (2)
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Vielfalt im Kleinen: Wer Arten wie diesen winzigen Baumpilz entdecken will, muss genau hinsehen. Der Schwarze Weberbock (mitte) lebt an Weiden und Pappeln in den Bachtälern des Hainichs. Einer von sieben Spechten im Park ist der Mittelspecht.
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BUND-Mitarbeiter Thomas Mölich bei einer Führung auf dem Baumkronenpfad.
Grüne Feste
RATGEB ER
Umweltgerecht feiern Planen Sie ein größeres Fest? Dann bieten Sie Ihren Gästen ein stilvolles und umweltgerechtes Ambiente.
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s beginnt schon mit der Einladung: Aufwendige Postkarten oder Briefe sollten besonderen Ereignissen vorbehalten bleiben, wie runden Geburtstagen oder Hochzeiten. Das gute alte Telefon, E-Mail oder Facebook genügen ansonsten allemal. Wie klimafreundlich Ihre Gäste anreisen, können Sie nur wenig beeinflussen. Aber der/die Einzige mit dem Überblick über alle Anreisewege sind Sie. Tipps für mögliche Fahrgemeinschaften wird Ihnen also niemand krummnehmen, Ihre Gäste sparen beim Benzin oder als Gruppe beim Ticket. Oft scheitert die umweltfreundliche Anreise an dürftigen Nacht-Fahrplänen. Mit einem Gästebett oder Matratzenlager können Sie skeptische Freunde vielleicht doch für Bus oder Bahn gewinnen. Wenn Sie ein Fest mit weit verstreuten Gästen organisieren – ein Klassentreffen etwa –, sollten Sie den Veranstaltungsort jedenfalls möglichst verkehrsgünstig legen.
Biokost für Ihre Gäste
Reinhard Blumenschein
Egal ob Sie selbst einladen oder nur ein kulinarisches Mitbringsel beisteuern: Vermeiden Sie den Sparreflex. Warum sollten an einem Festtag mit Freunden und Familie geringere Ansprüche gelten? Gesunde Biokost zählt heute zum Einmaleins der Gastfreundschaft. Bieten Sie auch genügend fleischlose Gerichte und alkoholfreie Getränke an. Und bereiten Sie realistische Mengen zu. Soll Fleisch dabei sein, meiden Sie Billigware aus dem Selbstbedienungsregal der Discounter, die quasi immer aus Massentierhaltung mit Gentechnikfutter kommt. Halb und halb gegrilltes Gemüse und Grillfleisch vom Bioladen, der Neulandmetzgerei oder regionalen Weidetieren – damit stehen Sie in Sachen Tierschutz und Klimaschonung weit besser dar. Die Faustregel lautet: Pro Person reichen rund 500 bis 600 Gramm Essen – und zwar alles inklusive, von der Suppe bis zum Dessert.
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Bleibt dennoch etwas übrig, lässt sich das meist problemlos einfrieren. Größere Mengen können Sie auch an die Obdachlosenhilfe spenden, allerdings nur ganz frisch und noch am selben Tag.
Porzellan statt Pappe Ein Muss für die Esskultur sind Porzellangeschirr, Gläser, Metallbesteck und Stoffservietten. Servicefirmen bieten in vielen Städten Mietgeschirr, einschließlich Reinigung. So sparen Sie sich viel Arbeit und Abfälle, was sich besonders am Morgen danach als Segen erweist. Leihgeschirr oder zumindest Gläser bekommen Sie zuweilen auch von örtlichen Vereinen oder dem Getränkemarkt. Falls Sie draußen feiern: Stellen Sie, wenn es kühl wird, keine künstlichen Wärmequellen auf. Ein Heizpilz auf der Terrasse produziert fast so viel klimaschädliches CO2 wie der Brenner Ihres Heizkessels im tiefsten Winter. Greifen Sie lieber zu Pullis, Decken und heißem Tee. Denn wie sagt eine bekannte Liedzeile? Sommer ist, wenn man trotzdem lacht.
Zehn Tipps für das grüne Fest • Weisen Sie in der Einladung auf die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln hin. • Verzichten Sie auf üppige Wegwerf-Dekoration. • Achten Sie bei Schnittblumen auf das FLP-Label. • Drosseln Sie rechtzeitig die Heizung: Zehn Personen wärmen wie ein 1000 Watt-Strahler. • Nutzen Sie statt Einweggeschirr einen Mietservice oder bieten Sie Fingerfood an. • Kaufen Sie unvermeidliches Einweggeschirr nur mit dem Label »kompostierbar«. • Markieren Sie Gläser individuell mit PermanentFolienschreiber – das erspart vieles Spülen. • Kaufen Sie Getränke möglichst in Mehrwegflaschen. • Werfen Sie Essensreste nicht in die Toilette oder den Restmüll, sondern in den Biomüll. • Kennzeichnen Sie Abfallbehälter zur Mülltrennung deutlich.
Rat holen, nachlesen • Für Kindergeburtstage hat der BUNDladen den Titel »Und die Umwelt feiert mit« im Angebot, außerdem passende Accessoires wie Luftballons aus FSC-zertifiziertem Latex, Ökokreide etc. www.bundladen.de • Zur Mengenberechnung gibt es Rezepte mit einstellbarer Personenzahl www.chefkoch.de • Partyguide »Feier dich grün«, herunterzuladen unter www.klima-sucht-schutz.de Tino Schlagintweit
Mobilfunk und Gesundheit
Welchen Preis zahlen wir? Ü
ber 100 Millionen Handys und 300 000 Sendeanlagen für Handynetze und mobiles Internet gibt es in Deutschland. Weitere Quellen elektromagnetischer Felder sind drahtlose Computernetzwerke (WLAN), Bluetooth-Anwendungen, Schnurlostelefone (DECT) und eine Fülle sonstiger Funkübertragungen. Sie arbeiten überwiegend mit »gepulster Hochfrequenz«, die viele Wissenschaftler als besonderes Gesundheitsrisiko ansehen. Mobiles Internet benötigt für die Übertragung von Bildern und Filmen immer mehr Kapazitäten. LTE (long term evolution) heißt die Antwort der Betreiber auf diese mit großem Aufwand selbst erzeugte Nachfrage. Die neue Technologie soll das letzte Funkloch schließen und eine zehnfach höhere Leistungsfähigkeit garantieren.
Risiken werden ignoriert Immer wieder liefert die Wissenschaft ernsthafte Hinweise nicht nur auf Beschwerden wie Kopfschmerzen und Konzentrationsschwäche, sondern auch auf eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Krebs (Hirn, Ohrspeicheldrüsen), Hormonstörungen und andere Krankheiten durch elektromagnetische Felder. Auch die Fallstudien und Leidensgeschichten elektrosensibler Menschen erlauben eindeutige Aussagen. Die zuständigen Politiker, Behörden und Netzbetreiber ignorieren diese Ergebnisse, es bestehe keine Gefahr. Wer von gesundheitlichen Problemen durch Elektrosmog spricht, wird oft als psychisch krank hingestellt, pathologisiert. Das Credo des offiziellen Strahlenschutzes lautet: Erwärmen elektromagnetische Felder ein Gewebe nicht messbar, schädigen sie es auch nicht. Deswegen gibt es keine Grenzwerte für nicht-thermische Effekte. Dabei gehören funktionsfähige bioelektrische Systeme – angepasst an natürlich auftretende Felder – zu den Grundlagen des Lebens. Technisch erzeugte Felder sind jedoch zigtausendfach intensiver und können natürliche Systeme stören oder schädigen.
Vorsorge sieht anders aus Dieser unkritische Umgang macht uns zu Versuchskaninchen in einem Langzeitexperiment. Der weitere Ausbau etwa durch LTE scheint rein wirtschaftlichem Interesse zu folgen. Doch rechtfertigt der Nutzen, überall und jederzeit mobil kommunizieren zu können, den Preis, den wir und unsere Kinder in Form von Gesundheitsschäden zahlen? Das wird bisher nicht diskutiert. Der BUND fordert von der Bundesregierung, die Einwirkungen bis in den privaten Schutzbereich drastisch zu senken, unabhängige Forschung zu fördern und
H. Krause
Immer häufiger sind wir – gewollt oder ungewollt – von künstlichen elektromagnetischen Feldern umgeben. Mit dem Boom mobiler Internetempfänger wird die Belastung eine neue Dimension erreichen. Nicht nur elektrosensible Menschen sind beunruhigt.
deren Ergebnisse zu berücksichtigen. Solange wichtige Fragen ungeklärt sind, sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, um die elektromagnetische Belastung und den weiteren Netzausbau auf das unbedingt Notwendige zu begrenzen. Menschen, die sich vor elektromagnetischer Strahlung schützen müssen oder wollen, muss dies möglich sein.
Was tun? Ein erster Schritt ist, elektromagnetische Quellen im privaten Umfeld möglichst zu vermeiden und auszuschalten: Verzichten Sie auf schnurlose DECT-Telefone, gehen Sie über Kabel statt WLAN ins Internet. Betreiben Sie WLAN, Bluetooth und DECT-Telefone keinesfalls dauerhaft nahe Ihrem Schlafplatz und schalten Sie WLAN und Bluetooth bei Nichtgebrauch aus. Jede Strahlung wird mit der Entfernung von der Quelle schwächer. Handys sollten also möglichst nicht direkt am Kopf, sondern mittels Headset (Kopfhörer und Mikrophon) genutzt werden. Vor allem besonders empfindliche Menschen wie Schwangere, Kinder und Jugendliche sind schutzbedürftig: Handys sind kein Kinderspielzeug. Und schließlich: Auf die permanente Erreichbarkeit via Handy hin und wieder zu verzichten, ist nicht nur für die Gesundheit ein Gewinn. Der Widerstand gegen neue oder bestehende Anlagen hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn über ihre Folgen informiert wird. Bitte unterstützen Sie uns dabei. Infomaterial stellt die Initiative »Diagnose-Funk« bereit, der BUND hat ein ausführliches Positionspapier erstellt. Heribert Wefers … ist der BUND-Experte für technischen Umweltschutz in der Bundesgeschäftsstelle. Mehr zum Thema unter www.bund.net/elektrosmog, www.diagnose-funk.de
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Drahtlose Funknetze wie WLAN: gesundheitliche Schäden auf Dauer nicht auszuschließen.
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Hilfe für die Wildkatze
ZU R ZEIT
Katzen und Korridore Im Rahmen seiner Infokampagne für die Wildkatze war der BUND dieses Frühjahr von Niedersachsen bis Wien aktiv, um das Überleben der bedrohten Art zu sichern.
BUND/T. Stephan
land Fuß fassen könnte. So glückten im Nationalpark Thayatal/Niederösterreich erste Wiederfunde der Wildkatze. Der Park lud deshalb als Partner der BUND-Infokampagne zu einer Tagung nach Wien. Österreichs Umweltminister Niki Berlakovich, ein Gesandter der Deutschen Botschaft und über hundert Gäste aus der Schweiz, Tschechien, Luxemburg und Deutschland erfuhren hier viel über das Rettungsnetz des BUND. Berichtet wurde zudem von einer Fülle spannender Projekte im Alpenvorland. Neben der Erforschung der Wildkatze rückt dabei der Biotopverbund als Anliegen zunehmend in den Vordergrund. Zum Beispiel bundesweit in Schulen und Umweltzentren: Das im letzten BUNDmagazin angekündigte Bildungspaket wird Mitte des Jahres geschnürt sein. Auf www.bund.net können Sie sich vorab über unser Angebot kundig machen und das Paket reservieren.
Derzeit wird der Nachwuchs der Wildkatzen groß.
Teilnehmer der Wildkatzentagung in Wien.
W
ie beim Märchen vom Hasen und Igel beschleicht einen derzeit das Gefühl, die Wildkatze ist gewissermaßen überall »schon da«. Obgleich es die scheue Waldbewohnerin noch nicht in allen Fällen selbst geschafft hat, finden sich doch an immer mehr Orten immer bessere Voraussetzungen für ein Verständnis ihrer Ansprüche – und damit eine flächendeckende Rückkehr der bedrohten Art. Zum Beispiel in Niedersachsen: Der BUND-Landesverband begann am 4. April im Kreis Holzminden seinen ersten Wildkatzenkorridor zu pflanzen. Er soll nahe der Ortschaft Golmbach künftig die Wälder »Hirschzunge« und »Weinberg« mit Sträuchern und Bäumen vernetzen. Beide Wälder sind derzeit noch durch Ackerflächen voneinander isoliert. Wandernden Wildkatzen soll es einmal leichterfallen, vom einen in den anderen Wald zu wechseln – entlang des neuen Korridors. Zum Beispiel in Österreich: Immer mehr Nachweise belegen, dass die Wildkatze auch in unserem Nachbar-
Für Läufer und Wildkatzenretter Zurück nach Niedersachsen. Denn hier sind nicht nur die Wildkatzen selbst immer besser mobil. Hier können auch ihre Unterstützer/innen für den kleinen Tiger laufen – am 11. Juni beim vierten Lebenslauf für die Wildkatze. Erstmals in Niedersachsen ausgetragen, dürfen Hobbyläufer und ambitionierte Sportler zwischen drei Strecken wählen. Sie alle führen durch die schönen Wälder bei Bad Harzburg, auf den Spuren der dort heimischen Wildkatze. Um die Errichtung weiterer Waldkorridore zu fördern, hat der BUND Anfang des Jahres in acht seiner Landesverbände Expertenteams ins Leben gerufen. Diese stehen für Fragen rund um die Wildkatze, den Waldverbund und das Rettungsnetz bereit. Ein neues Handbuch liefert BUND-Aktiven dazu nützliche Tipps: Was gilt es zu beachten, wenn neue Waldlebensräume für die Wildkatze entstehen sollen? Mark Hörstermann
… betreut die Infokampagne des BUND. Mehr zum Bildungspaket, Wildkatzenlauf und »Handbuch für den Waldbiotopverbund« unter www.bund.net/biotopvernetzung; gedruckt erhalten Sie das Handbuch über mark.hoerstermann@bund.net, Tel. (0 30) 2 75 86-4 75
Die Wildkatzen-Infokampagne des BUND wird vom LIFE+-Programm der Europäischen Union gefördert.
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Zukunftsfähige Kommune
Kinder und Klimaschutz Lauf hat 27 000 Einwohner und einen grünen Bürgermeister. Seit drei Jahren – und mindestens bis 2014 – ist hier Benedikt Bisping (Foto rechts) im Amt. Zuvor war er Vorstandsmitglied des BUND in Bayern und Geschäftsführer der BUND-Reisen. Für das Projekt »Zukunftsfähige Kommune« befragte ihn Christine Wenzl, was sich vor Ort mit guten Ideen bewegen lässt. Denn es sind die Kommunen, wo eine nachhaltige Politik greifbar und lebendig werden kann. Herr Bisping, ist Lauf in Ihrer Amtszeit zukunftsfähiger geworden? Ich meine: ja. Im Rahmen unseres Zukunftsplans sind mir ein kinderfreundliches Lauf und das Thema Bildung besonders wichtig. So habe ich binnen zwei Jahren vier Kinderkrippen eröffnen dürfen. Selbstverständlich wird die neu gebaute Krippe mit Hackschnitzeln beheizt, sie erfüllt den Passivhausstandard, nutzt das Regenwasser etc. In Grund- wie Hauptschulen haben wir zudem die gebundene Ganztagesschule eingeführt.
Ein Wort zu Ihrer Erfahrung mit Bürgerbeteiligung? Eine Kommune, die das Wissen und Engagement ihrer Bürger nicht nutzt, tut sich sicher schwerer, Zukunftsthemen zu besetzen. Gerade in der Energiepolitik ist es wichtig, die Bürger einzubeziehen. Bei Solaranlagen funktioniert das sehr gut, große Windräder in Ortsnähe führen aber mitunter zu intensiven Diskussionen.
Nachhaltigkeit bedeutet auch, ökologische und soziale Probleme gemeinsam zu lösen. Gibt Lauf ein Beispiel? Ergänzend zu unserem Klimaschutzplan fragten wir letztes Jahr die Laufer nach ihren Wünschen für die Stadtentwicklung. Dabei kamen viele soziale Anliegen zur Sprache. So belasten die steigenden Energiekosten besonders einkommensschwache Haushalte. Wir beraten gratis, wie Energie gespart werden kann, mit den Wohnungsbaugesellschaften als wichtigen Partnern. Zudem fördern wir den Kauf effizienter Kühlschränke, Heizungspumpen oder neuer Fenster. So entstehen echte Win-win-Effekte für Umwelt und Soziales. Viele Kommunen werden fragen, wie Sie all das finanzieren. Haben Sie besondere Bündnispartner? Zu Beginn meiner Amtszeit habe ich die Chefs der größten Laufer Industriebetriebe eingeladen. Neben der Bildung war ihr wichtigstes Anliegen die Gründung des Zentrums für Energieeffizienz. Hier sind die Unternehmer genauso dabei wie unsere Stadtwerke und die Stadt selber. Über ein Prima-Klima-Sparangebot hat die regionale Raiffeisenbank zudem mehrere Millionen Euro Einlagen gesammelt, die nun für regionale Klimaschutzmaßnahmen bereitstehen.
Uwe Dlouhy
Und Sie haben einen Klimaschutzplan aufgelegt? Ja, mit dem Ziel, bis 2030 eine 100 %-ErneuerbareEnergien-Kommune zu werden. Derzeit bieten unsere Stadtwerke bereits zu 48 Prozent Ökostrom an. Auf den Dächern städtischer Gebäude entstehen Bürger-Solaranlagen. Und die Sanierung der Gebäude wird den Energieverbrauch deutlich senken können. Zur Umsetzung unseres Plans wollen wir einen Klimaschutzmanager einstellen. Außerdem haben wir Förderprogramme entwickelt und ein unabhängiges Zentrum für Energieeffizienz und Klimaschutz gegründet.
Welche Schritte zu mehr Nachhaltigkeit können Sie anderen Kommunen empfehlen? Unseren Kinder- und Jugendausschuss! Der tagt inzwischen fast so häufig wie der Bauausschuss, und gerade jüngere Stadträte bringen sich hier mit bildungspolitischen Themen ein. Ein anderes kleines Beispiel, das uns überregionale Aufmerksamkeit beschert hat: Letztes Jahr haben wir auf neun öffentlichen Grünflächen Wildblumen ausgesät. Dafür hat es auf Bürgerversammlungen spontan Applaus gegeben, sodass wir die Blumenwiesen nun aufs Doppelte erweitern.
Umweltengagierte Kommunalpolitiker/innen gesucht: Was geht – und was geht nicht in Ihrem Rathaus, Ihrem Gemeinderat, Ihrem Kreisparlament? Wir freuen uns über kurze Hinweise und informieren unsererseits gern über die Aktivitäten im Projekt »Zukunftsfähige Kommune«: Christine Wenzl, Tel. (0 30) 2 75 86-4 62, christine.wenzl@ bund.net, www.bund.net /nachhaltigkeit
[2-11] BUNDmagazin
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Mutter und Tochter auf einer der neuen Blumenwiesen in Lauf.
AKTIV
Solidarität gefordert
Widerspruch soll BUND 25 000 Euro kosten
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eitere Mastplätze für Schweine sind in Europa nicht nötig. Geboten ist vielmehr ein Abbau der Fleischberge und ein rascher Umstieg auf eine art- und umweltgerechte Tierhaltung. Das fordert der BUND und unterstützt seine Gruppen und Bürgerinitiativen im Widerstand gegen die Massentierhaltung. Die Berliner Großdemonstration »Wir haben es satt!« im Januar hat gezeigt, dass der BUND dabei viele Menschen hinter sich weiß. Das Landratsamt Nordsachsen will den Widerstand vor Ort nun massiv schwächen. Es hat dem BUND-Landesverband knapp 25 000 Euro in Rechnung gestellt – für seinen Widerspruch gegen eine Mastanlage, dem nicht stattgegeben wurde. Der sächsische BUND musste die gewaltige Summe nun erst einmal auslegen, auch wenn eine
inzwischen eingereichte Klage gegen den Kostenbescheid gute Aussichten hat. Der BUND gewährt seinem Landesverband einen Überbrückungskredit und unterstützt die Klage aus seinem Rechtshilfefonds.
Unser Arbeitskreis Recht begleitet die Klage und steht den Sachsen beratend zur Seite. Alle Mitglieder sind gebeten, den Rechtshilfefonds zu stärken, um diesen Angriff auf unsre Grundrechte abwehren zu können.
Das Vorgehen des Landratsamtes darf keine Schule machen, denn derart unverhältnismäßige Kostenbescheide unterwandern das Recht auf Verbandsbeteiligung und damit den Rechtsstaat. Die Möglichkeiten, als Privatperson an Genehmigungsverfahren für Massentierhaltungen teilzunehmen, sind ohnehin schon schwach genug. Für alle BUND-Gruppen und Landesverbände gilt: Nicht bange machen lassen, sondern die Möglichkeiten für Widersprüche stets genau prüfen – um gut gewappnet zu sein, falls es zu langwierigen Folgeverfahren kommen sollte. Spenden Sie unter dem Stichwort »Rechtshilfefonds« direkt auf das Konto 232 bei der Sparkasse KölnBonn, BLZ 370 501 98; oder online unter www.bund.net/rechtshilfe
BUND Lemgo
Meiste Mitglieder geworben
D
ank vielfältiger Aktivitäten hat die BUND-Ortsgruppe Lemgo in Ostwestfalen letztes Jahr mehr neue Mitglieder gewonnen als jede andere. Ihr attraktives Programm macht den Bürgern der früheren Hansestadt einen Eintritt leicht. Im Zentrum des Angebots für Mit-
glieder und solche, die es vielleicht werden wollen, stehen die Streuobstwiesen des BUND Lemgo: Neben über 50 Sorten Äpfeln reifen hier Birnen, Kirschen, Pflaumen, Zwetschgen, Renekloden, Walnüsse und vielfältige Wildfrüchte. Zum Probieren kamen letztes Jahr trotz Regenwetter über 80 Menschen. Geerntet wird das Obst von den Mitgliedern, die sich mit den lagerfähigsten Apfelsorten bis in den Mai/Juni hinein versorgen können. Und wer neue Mitglieder wirbt, erhält eine Apfelstiege, ein Apfelkochbuch oder einen Nistkasten. Das jüngste Lemgoer Apfelprojekt werden wir im August vorstellen. Eine so positive Ansprache (neben kritischer Umweltarbeit) wird mit vielen Neumitgliedern
Hubert Weiger nahm die erfolgreiche Mitgliederwerbung zum Anlass, dem BUND Lemgo persönlich zu danken – hier mit dem Vorsitzenden Eckhard Buschmeier am Obstlehrpfad.
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BUNDmagazin [2-11]
belohnt. Der BUND ruft alle seine Gruppen auf, sich für das Projekt »500000 Unterstützer für den BUND« einzusetzen: damit wir als wichtigster deutscher Umwelt- und Naturschutzverband auch künftig stark aufgestellt sind. Als Dankeschön erhalten BUND-Gruppen neben einer Prämie den ersten Jahresbeitrag jedes geworbenen Mitglieds. Mehr dazu unter www.bundintern.net; zum BUND Lemgo: www.bund-lemgo.de
Projekt 500 000 – die Erde braucht Freunde
Mit der Familie im BUND
Geschenk 1 Steinbach-Naturführer für Schmetterlinge Sicheres Bestimmen von über 290 heimischen Schmetterlingsarten – dank Farbfotos aus ihrem Lebensraum, Detailzeichnungen, Verbreitungskarten und Fotos von Verwechslungsarten.
Ein Familienausflug in die Natur ist etwas Besonderes. Gemeinsam gibt es viel zu entdecken, verschlungene Waldpfade zu erkunden oder ein Picknick auf der Wiese zu erleben. Auch zu Hause legen viele junge Familien Wert auf ein natürliches Leben, ohne giftige Chemikalien in Textilien und ohne Gentechnik in Lebensmitteln.
Mitglieder werben Mitglieder, damit die BUND-Familie weiter wächst. Unsere Mitglieder garantieren unsere politische und finanzielle Unabhängigkeit von Wirtschaft und Politik. Machen deshalb auch Sie mit und werben Sie neue Mitglieder. Entweder mit dem Coupon (unten) oder unter www.bund.net.
Haben Sie noch Fragen? Telefon: (0 30) 2 75 86-479 E-Mail: mitgliederservice @bund.net
Die Familienmitgliedschaft im BUND lädt Sie zu spannenden Naturerlebnissen und Aktionen ein. Unsere Ökotipps und aktuelle Artikel im BUNDmagazin unterstützen Sie in Fragen rund um Energiesparen, ökologische Ernährung und Verbraucherschutz. Melden Sie Familienmitglieder nach bzw. stellen Sie auf eine Familienmitgliedschaft um – ganz einfach per E-Mail oder Telefon (rechts). Jede Stimme zählt, damit Natur- und Umweltschutz noch mehr Gewicht erhalten.
Sommerausflug 2010 z im Nationalpark Har Nach Eingang des ersten Mitgliedsbeitrags senden wir Ihnen dann als kleines Dankeschön das von Ihnen ausgesuchte Geschenk.
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Geschenk 3 Das Manfred Mistkäfer-Magazin: Ein Jahresabo des beliebten Mitmach-Magazins für junge Naturfreunde (8 bis 12 Jahre – inkl. Begleitheft für Erwachsene)
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Manfred Mistkäfer
ISYbe©-Trinkflasche
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Naturführer Schmetterlinge
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AKTIV
Wald der Zukunft
Fünf-Punkte-Plan vorgelegt
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Als Brennholz verkauft: Diese Stämme hätten als Biotopholz im Wald verbleiben können.
er deutsche Wald steht zunehmend unter Druck: Die Nachfrage nach Holz ist rasant gestiegen. Genutzt wird es, um Energie zu erzeugen oder um energieintensive Baustoffe zu ersetzen. Gleichzeitig verbraucht Deutschland so viel Papier wie Südamerika und Afrika zusammen. Neben dem Nutzungsdruck macht auch der Klimawandel dem Wald zu schaffen. Parallel wird das Forstpersonal massiv reduziert, während die Ansprüche Erholungssuchender steigen. Wie kann der Wald trotz allem weiter seinen Dienst tun, für reine Luft und Trinkwasser, fürs Klima und die biologische Vielfalt?
BUND und NABU haben im internationalen Jahr der Wälder ihre wichtigsten Forderungen für eine zukunftsfähige Waldpolitik in einem Fünf-Punkte-Plan gebündelt. Nötig ist demnach ein Paradigmenwechsel in Politik und Gesellschaft: Statt den Verbrauch anzukurbeln, muss der Rohstoff Holz sparsam und verantwortungsvoll verwendet werden. Holz ist zuerst stofflich, dann erst als Energiequelle zu nutzen. Wälder müssen flächendeckend naturnah und umweltverträglich bewirtschaftet werden – gemäß neuer gesetzlicher Mindeststandards. Bis 2020 sind mindestens fünf, langfristig zehn Prozent der Waldfläche als »Urwälder von morgen« dauerhaft der natürlichen Entwicklung zu überlassen. Dieses Netz von Naturwäldern soll unsere Waldökosysteme einmal angemessen repräsentieren, ergänzt durch kleinere Trittsteinbiotope. Und schließlich: Öffentliche Wälder sind vorbildlich zu behandeln und dürfen nicht an Privatinvestoren verkauft werden. Nicola Uhde … ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des BUND für Naturschutzpolitik. Den Fünf-Punkte-Plan gibt es unter www.bund.net/wald_der_zukunft
Abenteuer Faltertage
Grüne Pfingsten
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chmetterlinge sind als Motiv in unserer Warenwelt allgegenwärtig: Sie dekorieren Kosmetika oder Süßigkeiten und symbolisieren Frische, Genuss, Ruhe und Natürlichkeit. Doch echten Schmetterlingen begegnen wir immer seltener. Mit dem »Abenteuer Faltertage« weist der BUND deshalb auf die Bedrohung unserer Schmetterlinge hin. Im Fokus der Zählaktion stehen wieder zehn einfach zu erkennende, noch weit verbreitete Arten. Ihre diesjährigen Beobachtungen können Sie auf einem Zählbogen notieren und uns bis Ende Oktober melden, online oder per Post. An Pfingsten findet das erste Aktionswochenende der aktuellen Faltersaison statt. Vom 11. bis 13. Juni bieten BUND-Gruppen bundesweit Aktionen und Veranstaltungen rund ums Thema Schmetterlinge an. Mehr darüber erfahren Sie unter www.bund.net/faltertage oder bei Ihrer BUND-Gruppe vor Ort. Zählbögen sowie die Broschüre »Schmetterlinge schützen« gibt es kostenlos: Tel. (0 30) 2 75 86-4 18, schmetterling@bund.net
Wenn Sie sich für eine Familienmitgliedschaft entschieden haben, tragen Sie bitte die Namen Ihrer Familienmitglieder hier ein. Jede Stimme zählt!
Ich wurde geworben Ja, ich mache mich für den Natur- und Umweltschutz stark und werde jetzt BUNDmitglied. Ich wähle folgenden Jahresbeitrag: 앬 Einzelmitglied (mind. 50 €) .................................................................. (mind. 65 €) .................................................................. 앬 Familienmitgliedschaft 앬 Ermäßigt (nach Selbsteinschätzung) (mind. 16 €) .................................................................. 앬 Lebenszeitmitglied (einmalig mind. 1500 €) ..................................................................
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und spare damit Papier- und Verwaltungskosten. Bitte ziehen Sie den Betrag ab dem ___________ bis auf Widerruf von meinem Konto ein.
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E 10
Tanken für den Klimaschutz?
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eit Anfang des Jahres sorgt der neue Kraftstoff E 10 für Schlagzeilen – Benzin, dem bis zu zehn Prozent Ethanol beigemischt sind. Doch die verunsicherten Autofahrer greifen zum teureren Super Plus. Das ist verständlich, und daran ändert auch die »Informationskampagne« der Bundesregierung nichts. Sie preist E 10 als Maßnahme für den Umweltschutz. Doch wer E 10 tankt, hilft weder der Umwelt noch dem Klima. Für zehn Prozent Ethanol im Benzin müssen Weizen, Mais und Zuckerrüben angebaut und zunehmend bisher ungenutzte Flächen beackert werden. Für den von der EU angepeilten Anteil von zehn Prozent Agrosprit bräuchte man eine landwirtschaftliche Fläche doppelt so groß wie Belgien. Spätestens wenn der Agrosprit den Anbau von Nahrungspflanzen auf schützenswerte Flächen verdrängt – ein Effekt, den Bundesregierung und EU weitgehend ausblenden –, wird die Klimabilanz von »Bio«-Ethanol endgültig negativ. Diese Verdrängung gibt es zum Beispiel in Südamerika. Dort wird für den Anbau von Nahrungsmitteln auch Regenwald gerodet. Zudem wachsen Pflanzen für »Bio«-Ethanol ganz überwiegend in Monokultur und auf Basis der industriellen Landwirtschaft. Das verschlechtert die Umweltbilanz weiter, von »bio« kann also keine Rede sein. Was tun? Der BUND fordert, den bisherigen Ethanolanteil von fünf Prozent beizubehalten und das dafür nötige Agrarethanol umweltfreundlich herzustellen. Grundsätzlich brauchen das Klima – und die Geldbeutel der Autofahrer – sparsamere Autos. Ein deutscher Hersteller hat gezeigt, wie es geht – und die CO2-Emissionen seiner Neuwagen in drei Jahren um 20 Prozent gesenkt. Der BUND hält eine Halbierung bis 2020 für möglich. Hier ist technische Innovation gefragt. Die Verbraucher wollen das – doch will es auch die Bundesregierung? Die große Resonanz auf unsere Pressekonferenz am 24. Februar führte dazu, dass nicht nur die Motorenverträglichkeit, sondern auch die Umweltverträglichkeit von E 10 breit diskutiert wurde. Die Zukunft des neuen Kraftstoffs ist damit weiter fraglich. www.bund.net/verkehr (Autoverkehr)
Viele in der Union meinen, nach Fukushima könne es weitergehen wie bisher. Die Talkshow-Macher bei ARD und ZDF auch. So informativ die Nachrichten(sonder)sendungen, so konventionell die Talkshows zu den dramatischen Ereignissen in Japan – mit den üblichen Parteien- und Industrievertretern, Journalisten und Alleskommentierenkönnern. Es fehlten: die Zivilgesellschaft und die Umweltbewegung, die sich Jahrzehnte für eine andere Energiepolitik engagiert und dafür gesorgt haben, dass Atomenergie in unserem Land nicht mehrheitsfähig ist. Umweltverbände wurden nur geladen, schriftlich oder per Videobotschaft Herrn Röttgen »knackige Fragen« zu stellen. Frank Plasbergs Team muss dieser Mangel aufgefallen sein. In seine Talkrunde wurden VertreterInnen der Anti-AKWBewegung eingeladen. Und Phoenix bewies: Es geht auch anders. Hier wurde die Umweltbewegung nicht aus Sorge übergangen, die ZuschauerInnen seien süchtig nach den Herren Baring oder Jörges und würden abschalten, bekämen sie nicht die üblichen Parteienvertreter vorgesetzt. Thomas Gottschalk bekam jüngst für sein Lebenswerk den Grimme-Preis. Zur Verleihung sprach er eindringlich wider die Quotenhörigkeit von ARD und ZDF. Ich empfehle seine Rede allen Verantwortlichen der einschlägigen Formate: Wenn man talken soll, kommt es darauf an, dass man etwas zu sagen hat. Norbert Franck, Leiter der BUND-Presse-/Öffentlichkeitsarbeit
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Wolfgang Kumm/dpa
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[2-11] BUNDmagazin
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I NTERNATIONAL
Von den frühen Jahren bis heute: links oben ein Treffen der Mitgliedsgruppen im Jahr 1980, unten das jüngste Gesamttreffen 2010 in Malaysia. Die »Friends of the Earth« sind heute weltweit politisch präsent – so beim Weltklimagipfel 2009 in Kopenhagen, wo der Vorsitzende Nnimmo Bassey mehr Klimagerechtigkeit fordert (links); beim amerikanischen Sozialforum 2008 in Guatemala (oben); 2005 in Nigeria beim Protest gegen die großflächige Umweltverschmutzung durch den Ölkonzern Shell (rechts oben); oder 2007 in Südkorea gegen die Zerstörung des für Zugvögel so wichtigen Wattenmeeres Saemangeum (daneben).
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BUNDmagazin [2-11]
4o Jahre Freunde der Erde
Der BUND gratuliert!
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m 15. Juni wird das Netzwerk »Friends of the Earth International« 40. Als größtes globales Bündnis unabhängiger Umweltgruppen ist es heute in 76 Ländern auf allen Kontinenten präsent. Daran war nicht zu denken, als sich 1971 Umweltschützer aus den USA, Frankreich, Schweden und England zusammentaten und die »Freunde der Erde« gründeten. Richard Sandbrook, ein Aktiver der allerersten Stunde, erinnert sich:
»Der Start von Friends of the Earth war romantisch, aber auch ziemlich naiv und unbekümmert. Täglich fragten wir uns, woher das Geld für die gemeinsame Arbeit kommen sollte und ob überhaupt jemand da draußen Notiz von uns nahm.« Trotz des improvisierten Starts und lange Zeit fehlender formaler Strukturen breitete sich das Netzwerk weltweit aus. Mit steigender Mitgliederzahl wuchs auch der Bedarf an Koordination, sodass
1981 ein kleines internationales Sekretariat entstand. 1985 übernahm ein alle zwei Jahre neu gewählter internationaler Vorstand die politische Leitung des Bündnisses. Mit einem der ersten Beschlüsse verpflichteten sich die Mitgliedsgruppen übrigens einer Zukunft ohne Atomkraft und forderten den Ausbau erneuerbarer Energien. Damit setzte sich Friends of the Earth an die Spitze der globalen AntiAtomkraft-Bewegung.
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Auf Spurensuche
DI E J U NGE SEITE
Die Umwelt mit allen Sinnen beobachten – und darüber schreiben: Beim Naturtagebuch-Wettbewerb werden Kinder zu Forschern.
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rst senkt sich die Nacht über den Wald, dann steigt hinter tief hängenden Wolken der fahle Mond empor. Derart spät sind Elfjährige meist längst im Bett, um am nächsten Morgen wieder unmenschlich früh aufstehen und in die Schule gehen zu können. Doch Viola sitzt ein paar Meter über dem feuchten Waldboden auf dem Ast einer alten Buche, mit Lammfell, Mütze, Jacke und Handschuhen dick eingepackt gegen die Kälte. Eine ganze Stunde harrt sie hier aus, ohne einen Mucks. Konzentriert lauscht sie in den Wald hinein, wartet auf ein schnelles »tapp tapp tapp« oder ein Geräusch, das klingt, als schlurfe jemand in Hausschuhen durchs Gestrüpp. Warum sie hier ist, wo doch zu Hause eine Wärmflasche im Bett liegt? Viola kennt ihren Wald – und weiß, dass sich unter ihrem natürlichen Hochsitz manchmal Fuchs und Dachs gute Nacht sagen.
Wer Tiere beobachten will … www.naturtagebuch.de (mit Auszügen aus Violas Tagebuch 2010)
»Erwachsene haben nachts vielleicht Angst im Wald. Ich nicht – hier leben schließlich keine Ungeheuer«, sagt Viola Schmidt-Rüdt mit keckem Lächeln. Nach den Hausaufgaben zieht es sie jedesmal hinaus aus ihrem Heimatort Dexbach in Hessen. Hinaus in die Wiesen, Wälder und Wacholderheiden der Umgebung. Der Frühling ist die liebste Jahreszeit
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BUNDmagazin [2-11]
der Fünftklässlerin: »Alles entsteht neu und beginnt zu wachsen. Und für die Tiere ist der schwierige Winter endlich vorbei.« Viola hat Augen für alles: Für die Wildschweinborsten, die an einem Ast hängen geblieben sind, für den Ameisenhaufen, den Arbeiterkolonnen gerade instand setzen, die Spechthöhlen im Totholz und die ersten frischen Vogelnester. Vor zwei Jahren hat sie an einem Teich notiert, was sich über und unter Wasser tummelte. Letztes Jahr fand sie den Waldrand spannender. Dieses Jahr sind es die Tiere im Wald, die sie begeistern: »Pflanzen sind immer da. Aber wer Tiere beobachten will, muss sie verstehen und suchen.« Ihr großer Traum ist es, die Bauten von Dachs und Fuchs zu finden – und so verbringt sie jede freie Minute auf der Suche nach ihnen. »Inzwischen weiß ich, wo sie in der Nacht aus dem Wald kommen. Nun muss ich neue Beobachtungsplätze suchen, um ihre Fährte zurückverfolgen zu können. Hoffentlich bis zu den Jungtieren – die würde ich wirklich gerne sehen!«
Erfolgreiche Umweltbildung Das dritte Jahr protokolliert Viola nun ihre Erlebnisse in der Natur. Sie erzählt Geschichten, malt Bilder und sammelt für Illustrationen alles, was zur Jahreszeit passt – wie im zeitigen Frühjahr die jungen Triebe von Erle, Hasel und Weide. Beim Naturtagebuch-Wettbewerb der BUNDjugend hat sie schon zweimal Preise abgeräumt und die Jury durch ihre Kreativität und genauen Notizen beeindruckt. »Seit 15 Jahren ist das
Freizeiten, Sommercamps und internationale Begegnungen
Naturtagebuch Teil unserer Umweltbildung – und sehr erfolgreich: Jedes Jahr zählen wir über tausend Teilnehmer«, erzählt Martin Malkmus, der das Projekt der BUNDjugend betreut. Die Initiative will Acht- bis Zwölfjährige für das Beobachten ihrer Umwelt begeistern – ob des Steinbruchs um die Ecke oder der Vögel im Garten. Die besten Tagebücher der Länderwettbewerbe werden einer Jury in Berlin vorgelegt und gewinnen Forscherpreise. »Teilnehmen können einzelne Kinder, aber auch Klassen und Gruppen. Betreuerinnen und Lehrern bieten wir Begleitmaterial.«
Spannende Wälder Viola Schmidt-Rüdt aus dem 250Einwohner-Dörfchen Dexbach ist nur eine von vielen, die ihr Naturtagebuch dieses Jahr im Lebensraum Wald zusammenstellt. »Die Vereinten Nationen haben 2011 zum Jahr der Wälder ausgerufen. Man denkt dabei an den Dschungel in Afrika oder Südamerika. Doch auch unsere Wälder sind spannend«, meint Daniela Dörr-Timmerberg, die Vorsitzende des BUND-Ortsverbands im schwäbischen Maulbronn. Für eine
Kindergruppe, die jede Woche zusammenkommt, fehlen hier Betreuer. Doch das Naturtagebuch ist eine Alternative, um Interesse an der Natur zu wecken: »Wir treffen uns einmal im Monat mit bis zu 20 Kindern. Als Studienobjekt haben wir uns ein Waldstück am Ortsrand ausgesucht.« Der Förster ist eingeweiht und wird an einem der Samstage vorbeikommen. Geplant sind auch eine Vogelstimmentour und Fledermausexkursion. Vielleicht klappt es sogar, dass die Kinder einmal alle im Wald übernachten. »Wer will, kann sich Notizen machen, Bilder malen, Pflanzen in eine Presse legen oder Fundstücke in einer Schatzkiste sammeln«, so die Ortsvorsitzende. Die Kinder können ihre Erlebnisse dokumentieren, müssen es aber nicht … »In der Schule haben die Kinder schon genügend Stress und Leistungsdruck. Bei uns gibt es keine Hierarchien, keine Noten – wir tragen im Oktober einfach alle Aufzeichnungen zusammen. Dann zeigt sich, dass auf die eine oder andere Art alle Teilnehmer zum Naturtagebuch beigetragen haben.«
Wie gerufen Lenka Stepanek aus Scheinfeld im bayerischen Steigerwald ist 15 – und damit schon zu alt, um noch ein Naturtagebuch einreichen zu können. Früher zählte sie in ihrer Altersgruppe immer zu den Hauptgewinnern. »Von klein auf habe ich mich für Tiere und Pflanzen interessiert. Noch als Vorschulkind habe ich meine ersten Tagebücher über die Natur geschrieben und gezeichnet. Der Wettbewerb kam für mich wie gerufen«, erzählt die aufgeweckte Schülerin. Das Interesse an der Natur ist ihr geblieben: Letztes Jahr hat sie einen Marder aufgepäppelt, den sie als kleines, blindes Knäuel erhielt. Ihr Rat: »Wenn man seine Erlebnisse notiert, bleibt auf jeden Fall mehr hängen.« Helge Bendl (Text und Fotos)
Die Landesverbände der BUNDjugend bieten jeder Altersgruppe viele Möglichkeiten, um die Ferienzeit abwechslungsreich zu gestalten. Geboten werden Klassiker wie Kanufahrten, Segeltörns, Radtouren, Wildniscamps oder Urlaub auf dem Bauernhof sowie Freizeiten mit inhaltlichem Schwerpunkt: das Klimacamp in NRW, das Sommercamp »WELTbewusst« in Frankfurt oder das Naturforschercamp »Manfred Mistkäfer« in BaWü … Termine und Hintergrundinfos gibt es unter
www.bundjugend.de/termine
Erneuerbare für unsere Zukunft! Die Reaktorkatastrophe in Japan hat die Energiepolitik zu einem zentralen Thema werden lassen. Die BUNDjugend bedauert, dass erst eine Katastrophe dieses Ausmaßes nötig war, um auch bei der Bundesregierung starke Zweifel an der Atomenergie und am eigenen Energiekonzept aufkommen zu lassen. Was auf das Moratorium für die Laufzeitverlängerung folgen wird, ist unklar. Wir wollen die Zeit nutzen, um für eine sofor tige Energiewende einzutreten. Dafür haben wir neues Material erstellt und Aktionstipps gesammelt. So kannst Du uns unterstützen:
www.bundjugend.de/mitmachen/ energiewende Jugend im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Am Köllnischen Park 1a, 10179 Berlin, Tel. (0 30) 2 75 86-50, Fax: -55, info@bundjugend.de
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BUNDmagazin [2-11]
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Wichtige Vogelführer aktualisiert
MEDI EN
Zwölf lange Jahre hat es gedauert, bis das umfassendste und beste Bestimmungsbuch für die Vögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens neu aufgelegt wurde. Nun endlich ist er da, komplett überarbeitet und erweitert: der »Kosmos Vogelführer«. Viel hat sich seitdem getan: Bisherige Unterarten wurden zu Arten erklärt, etliche Arten erstmalig im Referenzgebiet entdeckt, Verwandschaften neu geordnet. Geändert haben sich auch viele Verbreitungsmuster in den Brut-, den Rast- und Überwinterungsgebieten. All dies ist in der Neuauflage berücksichtigt, mit Texten und Zeichnungen in gewohnt hoher Qualität. Ergänzt sind nun die englischen Artnamen, was den Austausch mit anderssprachigen Vogelkuckern deutlich erleichtern wird. Auch wenn zur nächsten Auflage hoffentlich nicht wieder so viele Jahre vergehen: Der neue »Svensson« wird auf absehbare Zeit für jeden ambitionierten Vogelbeobachter das Maß aller Dinge sein. In neuer Gestalt zeigt sich auch ein anderer Vogelklassiker von Kosmos. Zum 75-jährigen Jubiläum wurde der Fotoband »Was fliegt denn da?« rundum neu und durchaus ansprechend gestaltet. Jede der 346 Arten wird mit einem großen Bild, einem Zusatzfoto des fliegenden Vogels, einer Verbreitungskarte und
einer Zeichnung präsentiert. Karte und Zeichnung sind jedoch sehr klein geraten und im Zweifelsfall wenig aussagekräftig. Die Zusatzfotos sind unbetitelt, Angaben zum Geschlecht und Federkleid des fliegenden Vogels fehlen. Der Fotoband ist eines der ersten »vertingten« Bücher: Durch Tippen auf ein Symbol lässt der Hörstift »Ting« (nicht ganz billig) zu jeder Vogelart Gesang und Rufe ertönen. Die Klangqualität ist ordentlich, das Handling noch etwas verbesserungsfähig. Jedenfalls eine Attraktion für Fans neuer Technik! Eine schlüssige Auswahl von Vögeln ist übrigens bei einer so dynamischen Tiergruppe nicht leicht: Der Fotoband zeigt die regelmäßig in Mittel- und Nordeuropa auftretenden Arten, nicht aber viele Vögel des Mittelmeerraums, auch wenn sie dort verbreitet sind. In Südeuropa führt das Buch also nicht weiter. Kaufen Sie besser den Originalband »Was fliegt denn da?« (nur Zeichnungen), der ganz Europa umfasst. Oder eben gleich den noch besseren, aber deutlich teureren »Svensson«.
Lars Svensson et al.: Der Kosmos Vogelführer – Alle Arten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens, 2011. 400 S., 29,95 €; Detlef Singer: Was fliegt denn da? – Der Fotoband, 2011. 400 S., 12,95 €, Kosmos; der Ting-Hörstift kostet 34,99 € – mehr dazu unter www.ting.eu
Praktischer Begleiter Kornelkirschen wirken fiebersenkend, und aus den Trieben der Waldkiefer lässt sich Likör herstellen. Doch wie sieht eine Kornelkirsche eigentlich aus? Und wann treiben Waldkiefern aus? Viel Wissenswertes für Naturfreunde bietet die Smartphone-App »Baumführer« des Musikverlags Edition Ample. Die wichtigste Funktion dabei: Mit der App lassen sich unbekannte Bäume und Sträucher bestimmen, anhand ihrer Blätter und Blüten, ihrer Umgebung und einiger anderer Kriterien. 143 Baum- und Straucharten sind derzeit erfasst und sollen anhand des Rasters bestimmbar sein. Das funktioniert nicht immer ganz problemlos. So wird der weniger geübte Pflanzenfreund möglicherweise an der Unterscheidung zwischen »gezahntem« und »ge-
kerbtem« Blattrand scheitern. Auch ist die Frage nach der Baumhöhe im ausgewachsenen Zustand nicht einfach zu beantworten. Ein anfängerfreundliches Kriterium wie die Beschaffenheit der Rinde fehlt dagegen. Oft führt aber schon ein Teil der Bestimmungsfragen zu einer überschaubaren Ergebnismenge. Anhand der detaillierten Fotos ist dann eine genaue Bestimmung möglich. Weitere Funktionen wie das Quiz und die spannende Kategorie »Verwendungszweck« – mit Angaben zu den Eigenschaften der Pflanze und ihrer vielfältigen Nutzbarkeit – runden die Anwendung ab. So ist sie ein praktischer und hilfreicher Begleiter auf Wanderungen und Spaziergängen, der zudem den Rucksack nicht allzu sehr beschwert.
Den Baumführer können Sie für 6,99 € aus dem App-Store auf iPhone und iPod laden.
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Maßhalten statt immer weiter wachsen Bremens Umweltsenator Reinhard Loske stellt die Kernfrage seiner Partei im aktuellen Wachstumsdiskurs: »Ist es für Grüne eine vernünftige Strategie, die Wachstums- und Lebensstilfrage zu umschiffen und alles auf den ‘green new deal’ zu setzen, nur um sich nicht angreifbar zu machen? Oder gilt nicht doch die alte Erkenntnis, dass der Weg aus der ökologischen Krise nur mit einer gründlichen Umorientierung möglich ist? Mit einem Abschied von ständigem Wirtschaftswachstum, permanenter Steigerung der Produktivität, stetiger Beschleunigung des technischen Fortschritts und einer Befriedung der Gesellschaft durch ‘mehr Konsum für alle’?« In seinem politischen Essay plädiert Loske für eine effizientere Ressourcennutzung, eine Umstellung auf erneuerbare Energie- und Rohstoffquellen – und ein politisches Programm des Kulturwandels und des Maßhaltens in unseren materiellen Ansprüchen. Dies bedarf einer aktiven Politik, die das Wachstumsziel relativiert und den Wachstumsdruck abbaut. Die Konturen einer Politik der Mäßigung skizziert Loske in neun Politikfeldern, von der Entwicklung neuer Arbeits- und Lebensmodelle über die Neuausrichtung von Unternehmen bis zur Steuerpolitik. Ähnlichkeiten mit der BUND-Studie »Zukunftsfähiges Deutschland«
sind nicht zufällig – Loske war einer der Hauptautoren der (ersten) Studie von 1996. Das schmale Buch ist gut und anschaulich geschrieben – und regt hoffentlich dazu an, von der Kritik am Wachstum zu Wegen für einen Abschied vom Wachstumszwang zu gelangen. Wer näher am Thema interessiert ist, dem sei auch das gerade im oekom-Verlag erschienene Buch des britischen Ökonomen Tim Jackson empfohlen: »Wohlstand ohne Wachstum«. Angelika Zahrnt Die BUND-Ehrenvorsitzende hat 2010 selbst ein Buch zum Thema veröffentlicht: »Postwachstumsgesellschaft« im Metropolis-Verlag.
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Reinhard Loske: Abschied vom Wachstumszwang – Konturen einer Politik der Mäßigung, 2010. 64 S., 14 €, Basilisken-Presse; Tim Jackson: Wohlstand ohne Wachstum – Leben und Wirtschaften in einer endlichen Welt, 2011. 240 S., 19,95 €, oekom
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Im Gespräch mit Jean Schwarz
PERSÖN LIC H
Ihre Mutter hat schon mal im Bioladen eingekauft. Aber erst eine Ausbildung zur »weltbewussten« Stadtführerin öffnete Jean Schwarz (21) die Augen. Heute erläutert sie auf Touren durch die Magdeburger Innenstadt regelmäßig jungen Leuten die Folgen ihres Konsums.
sein Verhalten ändern will. Ob er’s dann wirklich tut, kriege ich allerdings nicht mehr mit. Hinter dem Projekt »Weltbewusst« stehen die BUNDjugend und der Weltladen-Dachverband. Ihr Ziel: aktiv werden, statt einfach hinnehmen – genau hinschauen, statt sich zurücklehnen.
www.weltbewusst.org
Jean, hast Du ein Rezept dafür, wie man möglichst »korrekt« einkauft? Wenn ich Lebensmittel einkaufe, gehe ich meistens in den Bioladen. Schon für meine veganen Brotaufstriche, die im normalen Supermarkt sehr selten zu bekommen sind. Fair gehandelte Produkte sind mir auch wichtig, die gibt es allerdings vereinzelt auch im Supermarkt. Und dann achte ich natürlich darauf, dass die Sachen möglichst aus der Region kommen und nicht aus den Gewächshäusern in den Niederlanden oder Spanien. Ist das mitunter anstrengend, bei jedem Einkauf von imaginären Verbotstafeln umgeben zu sein? Ach nein, ich freue mich eigentlich, wenn ich so einkaufen kann, dass ich dadurch möglichst wenig Schaden anrichte. Aber auch ich kaufe natürlich manchmal was »Verbotenes«, wenn ich Lust darauf habe … Wie kamst Du zu den »weltbewussten« Führungen? Am Anfang stand das Angebot des BUND in Magdeburg zu einer Ausbildung als konsumkritische Stadtführerin. Bis dahin wusste ich eigentlich wenig von der Thematik. Danach aber wollte ich mein neues Wissen unbedingt weitergeben. Selbst engagierte Leute wissen ja oft nicht, was ihr Einkaufsverhalten bewirkt. Ein Kumpel, der bei einer meiner Stadtführungen dabei war, sagte am Ende ganz schockiert: »Was, so wird eine Jeans hergestellt, das wusste ich ja gar nicht!« Das freut mich schon, wenn jemand
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Welche Geschäfte läufst Du während Deiner Touren an? Essen und Klamotten gehören zu den wichtigsten Konsumgütern, die beiden Stationen habe ich jedes Mal drin. Klassiker sind Lebensmittel-Discounter, McDonald’s oder Tchibo und – bei den Kleidern – H&M. Aber ich versuche auch andere Dinge zu integrieren, bei meiner nächsten Tour zum Beispiel Elektrogeräte. Schwierig ist es nur, wenn die Läden in großen Einkaufscentern liegen: Da ist dann drinnen alles Privatgelände und die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die uns rausschmeißen. Am Ende der Führung zeige ich übrigens noch Alternativen, einen Bio- oder Weltladen oder den Umsonstladen, wo man Sachen hinträgt, die man selbst nicht mehr benötigt. Und wer nimmt an Deinen Führungen teil? Meist fünf bis zehn Leute, und eher solche, die schon ein wenig Vorwissen haben und eine Ahnung davon, dass die Art, wie wir einkaufen, nicht in Ordnung ist. Unsere Zielgruppe sind junge Leute, die in ihrem Einkaufsverhalten noch beeinflussbar sind, bei älteren ist das ja oft ganz, ganz schwierig … Belässt Du es bei der Information, oder gehst Du auch mal direkt auf Händler zu, um deren Sortiment zu beeinflussen? Persönlich meide ich solche Geschäfte so gut es geht – etwa indem ich alle meine Klamotten in einem kleinen Fairtradeladen kaufe, den es zum Glück hier in Magdeburg gibt. Aber an Protestmailings beteilige ich mich, um Druck auf bestimmte Händler und Hersteller auszuüben. Von den Adressaten kam in letzter Zeit häufiger mal eine Antwort, immerhin, das hat mich echt erstaunt. Und was tust Du, wenn Du nicht Stadtführerin bist? Ich studiere Jura in Halle und will später einmal im Umwelt- und Naturschutz arbeiten. Aber nicht so anwaltmäßig, sondern für eine Nichtregierungsorganisation. Viel Erfolg! Interview: Severin Zillich
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