BUNDmagazin 2/2012

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Bund f端r Umwelt und Naturschutz Deutschland

BUNDmagazin Friends of the Earth Germany

Rio + 20

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2/2012


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FORUM

von der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung, die 1992 in Rio de Janeiro stattfand, hatte sich der BUND viel erwartet. Obwohl dieser Erdgipfel heute als Meilenstein der internationalen Umweltpolitik gilt, bilanzierte der BUND damals »tief enttäuscht«, dass die Konferenz »wieder einmal nur mit schönen Abschlussreden endete«. Unser Resümee damals: »Im Grunde wurde in Rio die Ungleichheit auf der Welt festgeschrieben, mit neuen, grünen Vokabeln zwar, die jedoch immer noch „business as usual“ meinen.« Vieles spricht dafür, dass der BUND den Verlauf des Umweltgipfels »Rio + 20« Ende Juni ganz ähnlich kommentieren wird. Sicherlich aber mit einer Abweichung: Die damals neuen »grünen Vokabeln« haben seitdem eine wahre Inflation erlebt. Nur passiert ist in den zwanzig Jahren wenig. Zu wenig. Wie hat sich die Welt seit dem ersten Umweltgipfel von Rio verändert? Und was ist dieses Mal von der internationalen Staatengemeinschaft zu erwarten? Lesen Sie in unserem Titelthema, was in Rio auf der Tagesordnung steht. Und welche Beschlüsse nötig wären, um unser aller Leben nachhaltiger zu gestalten. So nachhaltig, dass wir die Erde einmal mit gutem Gewissen weiterreichen können, in die Hände unserer Kinder. Bekanntlich trägt Deutschland beim »RioProzess« eine besondere Verantwortung, wegen seiner wirtschaftlichen Potenz und seines technischen Know-hows. Und weil wir Deutschen die begrenzten Ressourcen der Erde weit überdurchschnittlich stark beanspruchen. Der BUND wird unsere Politiker in Rio an diese Verantwortung erinnern. Vor allem aber auf nationaler Ebene haben wir es in der Hand, unsere Möglichkeiten auszuschöpfen, um über den Tag hinaus zu denken und nachhaltig zu handeln. Vorbilder dafür sollten uns hochwillkommen sein. Warum nur werden die Chancen so wenig genutzt, die eine »Modellregion für Nachhaltigkeit« wie der Pfälzerwald bietet? (> S. 26) Chancen, etwas zu entwickeln, was vielleicht als Muster für den Rest des Landes – oder gar den Rest der Welt – dienen kann? Schöne Frühlingstage und eine anregende Lektüre dieses BUNDmagazins wünscht Ihnen

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I N HALT

Leserbriefe/Impressum

MAGAZI N 6

Kurznachrichten

FOTOSEITE 9

Mauersegler

KOMMENTAR 10 Mehr als Lippenbekenntnisse? TITELTH EMA 12 20 Jahre nach Rio 15 Gemischte Erwartungen 16 1992 – 2012: Von Rio zu Rio + 20 18 Vision einer nachhaltigen Welt 20 Lokale Agenda gescheitert? 21 Wohlstand anders messen AKTION

S. 12: Rio + 20 Der Umweltgipfel in Rio bietet im Juni die Chance, über wichtige Zukunftsfragen der Erde zu entscheiden. Ob die Weltpolitik sie nutzt, ist mehr als fraglich.

RLP Toursitk GmbH

Liebe Leserinnen und Leser,

24 Fotowettbewerb »Dein Grün« BIOSPHÄR EN R ESERVAT 26 Pfälzerwald RATGEBER 28 Online einkaufen ZU R ZEIT 29 Beteiligung bei Verkehrsprojekten 30 Legat für Werte von Dauer 32 Suche nach Atommülllager

S. 26: Der Pfälzerwald … bildet mit den französischen Nordvogesen die einzige grenzüberschreitende Biosphäre in Europa. Ihr fehlt es akut an politischer Unterstützung.

AKTIV 33 Neues aus dem BUND 38 Internationales 40 Die junge Seite MAR KTPLATZ 42 Kleinanzeigen MEDI EN 44 Interessante neue Bücher

S. 40: Auf die Straße, fertig, los Mit einem Sofa auf dem Mittelstreifen protestierte die BUNDjugend in Bielefeld für lebenswerte autofreie Innenstädte.

PERSÖN LIC H Redaktion BUNDmagazin

46 Gert Müller [2-12] BUNDmagazin

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FORUM

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland

BUNDmagazin Friends of the Earth Germany

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1/2012

Mehr Natur in der Stadt

Titel der Ausgabe 1/12

Schwerpunkt Stadtnatur Mit Freude habe ich Ihren Artikel über »Mehr Wildwuchs« gelesen. Das ist in Zeiten ständigen Artenrückgangs ein wichtiges Thema. Ich selbst bemühe mich als BUNDMitglied seit vielen Jahren darum, Blühprojekte in Kommunen umzusetzen. Dabei bin ich auf die seltsamsten Hindernisse gestoßen, konnte aber auch Erfolge erzielen – wie die Anlage von Wildblumenwiesen auf Schulhöfen oder Blühstreifen entlang einer Dorfstraße. In Ihrem Artikel hätte ich mir konkretere Anleitungen gewünscht. Denn einen Rasen in eine Wildblumenwiese zu verwandeln ist nicht so einfach. Da die Konkurrenz der Grasnarbe normalerweise zu groß ist, muss der Boden gut vorbereitet werden. Bunte Wiesen, die als Spenderfläche dienen können, fehlen zudem vielerorts. Immerhin gibt es inzwischen ein gutes Angebot von regionalem Wildpflanzensaatgut,

IMPRESSUM Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift des BUND und erscheint viermal im Jahr. Herausgeber: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) – Friends of the Earth Germany Redaktion: Dr. Norbert Franck (V.i.S.d.P.), Severin Zillich (C.v.D.), Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, (0 30) 2 75 86-4 57, Fax -4 40, redaktion@bund. net, www.bund.net. Unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos werden sorgfältig behandelt; eine Haftung wird nicht übernommen. Gestaltung, Produktion: Claudia Gunkel (Produktionsleitung), Marc Venner (Grafik/Layout), Rudolf Gorbach (Grundlayout)

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BUNDmagazin [2-12]

das für die Neuanlage von bunten Wiesen geeignet ist. Übrigens schreibt auch das neue Naturschutzgesetz vor, bei »Begrünungen« der freien Landschaft nur noch Wildpflanzen- und Gehölzsaatgut regionaler Herkunft zu nutzen. Gisela Twenhöven, Bohmstedt Wir sehen mit Freude, dass das Thema »Naturschutz in der Stadt« in Deutschland immer stärkere Resonanz findet. Und wir hoffen sehr, dass die deutschen Städte sich auch wirklich global vernetzen. Sie können von internationalen Erfahrungen profitieren und sollten auch dazu beitragen. Der Internationale Rat für Kommunale Umweltinitiativen »ICLEI«, ein Zusammenschluss von Städten, Kreisen und Regionen, bietet Handbücher und eine Kooperation mit den weltweit führenden Städten zum Thema Naturschutz. Im Juni findet in Brasilien der nächste Weltkongress statt (www.iclei.org). Monika Zimmermann, ICLEI World Secretariat, Bonn Im aktuellen Heft berichtet Ihr ausführlich über naturnahe Gärten und Naturerlebnisräume für Kinder. Wieso wird der Naturgarten e.V. dabei mit keiner Silbe erwähnt? Warum nicht die Fachbetriebe für naturnahes Grün, zertifiziert von Bioland? Wieso wird eine große Naturgartenszene, die sogar eigens diesen Namen führt, ausgeblendet? Gibt es da Konkurrenzen? Ich hätte mir einen Hinweis auf dieses Netzwerk gewünscht – mit Produzenten, Planern, ausführenden Betrieben, mit Bezugsquellen, Beratungsan-

Titelbild 2/12 (16. Jahrgang): Uli Staiger/die licht gestalten Verlag: Natur & Umwelt Verlags-GmbH, Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin Mitgliederservice: (0 30) 2 75 86-479, Fax -4 40, mitgliederservice@bund.net Bezugspreis: für Mitglieder im Beitrag enthalten; für Nichtmitglieder 15 Euro pro Jahr Anzeigenverwaltung: Ruth Hansmann, Runze & Casper Werbeagentur GmbH, (0 30) 2 80 181 45, Fax: -4 00, hansmann@runze-casper.de. Es gilt der Anzeigentarif Nr. 20. Druck: Brühlsche Univ’druckerei GmbH & Co KG Papier: 100% Recycling, glänzend gestrichen Spenden: Der BUND benötigt für seine Arbeit über die Mitgliedsbeiträge hinaus Unterstützung.

geboten, Informationen, Forum … Und eben ganz viel Netzwerkarbeit, Fachkompetenz und vielen konkreten Projekten und Beispielen von Naturgärten und -erlebnisräumen. Grit Lory, Norderstedt

Mehr freie Forschung Als Ergänzung des Kommentars von Hubert Weiger: Auftragsforschung und festgelegte Themenfelder können nicht alles sein. Eine gewisse Anzahl von Wissenschaftlern sollte sich wieder rein um Grundlagen und die Bereiche kümmern können, die sie selbst für wichtig halten, so nutzlos es den Geldgebern erscheinen mag. Ein großer Datenvorrat, auch wenn er derzeit wirtschaftlich nicht verwertbar ist, sichert uns – als rohstoffarmem Land, das nichts als die Intelligenz seiner Bewohner hat – die Zukunft. Wir wissen nicht, welche Fragen uns der Klimawandel oder eine sich schnell ändernde Weltwirtschaft demnächst beschert. Geben wir aber auch den Studenten Zeit für allgemeine Bildung und außerfachliche Interessen. Stellen wir die Uni-Mitarbeiter fest an, statt ihnen schlecht bezahlte Zeitverträge zu geben. Und werben wir für weniger anwendungsorientierte Studiengänge. Übrigens: Wissenschaftler sind nicht viel teurer als Verwaltungsmitarbeiter … Götz Leeder-Kamanda, Freiberg

Kein Wolkenkuckucksheim Zu gut 80 Prozent stimme ich ja den Inhalten im BUNDmagazin zu – aber bei den restlichen 20 hege ich Zweifel. So fordern Sie auf Seite 25 mehr Bürgerbeteiligung. Aber gab

Ihre Spende ist steuerlich absetzbar. Bitte überweisen Sie Ihre Spende auf das Konto Nr. 232 der Sparkasse KölnBonn, BLZ 370 501 98. Danke! (siehe dazu www.bund.net/spenden) Copyright: Alle Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck oder sonstige Verwertung nur mit schriftlicher Einwilligung des Verlages. Druckauflage: 155 950 Exemplare (IVW 3/2011); in der Natur + Umwelt: 104 000 Ex. (IVW 3/2011) Beilagen: Dieses BUNDmagazin enthält Beilagen von BaumInvest sowie (in Teilauflage) von Vivanda und Natur+Kosmos. Das BUNDmagazin 3/2012 erscheint am 11. August mit dem Schwerpunkt »Ostsee«.


es nicht im »Ländle« letztes Jahr eine Volksabstimmung zu Stuttgart 21? Mit dem Ergebnis, dass beinahe 60 Prozent dafür stimmten? Deshalb akzeptiert das doch als gute Demokraten und hört auf, weiter daran herumzumäkeln und das Projekt infrage zu stellen. Und auf Seite 36 kritisieren Sie den Bau von Windparks auf See. Ja liebe Leute, was wollt Ihr dann? Keine Atomkraftwerke, aber auch keine Windräder? So macht sich der BUND unglaubwürdig. Es kann ja nicht sein, dass es wegen jedem Käfer künftig zum Stillstand kommt. Wir leben doch nun mal nicht in einem Wolkenkuckucksheim. Bernd Kunze, Göttingen

Vermaisung droht Die Bewahrung der Biodiversität gehört zu den Hauptanliegen der Umweltverbände. Der BUND aber klammert eine der größten Gefahren für Natur und Umwelt weitgehend aus: den Energiepflanzen-Boom mit der fortschreitenden »Vermaisung« der Landschaft zur Befütterung von »Biogas«-Anlagen. Was anfangs gut gemeint war – als Zubrot für Landwirte, die ihre Grünabfälle in Energie umwandeln können –, läuft im Zuge einer »Bioenergie«-Goldgräberstimmung längst aus dem Ruder. Vogelarten wie Weißstorch, Kiebitz, Feldlerche und Rebhuhn sind nicht nur in unserer Region erschreckend rückläufig oder schon verschwunden. Nachwachsende Rohstoffe können im Idealfall durchaus zur Energiewende beitragen. Springen aber immer mehr Landwirte und Agrar-

fabriken auf diesen Zug auf (durch finanzielle Anreize einer verfehlten Förderungspolitik), verkehrt sich die ursprüngliche Absicht – eine umweltgerechte Energiewende – ins Gegenteil, und die Natur kapituliert! Dieses Stadium ist vielerorts erreicht. Höchste Zeit, dass der BUND dem Problem nun mehr Beachtung schenkt. Schreitet die Vermaisung fort, wäre es zudem nur eine Frage der Zeit, wann auch bei uns legal oder illegal der Gen-Mais Einzug hält, Monsanto & Co. warten schon. Thilo Clavin, Lüneburg

Antibiotika streng begrenzen Seit Langem weist der BUND auf die Gefahren durch Antibiotika in der Tierhaltung hin. Aus Profitgier werden die Mahnungen überhört oder als übertrieben vom Tisch gewischt. Es wird Zeit, dass der Einsatz von Antibiotika bis auf Ausnahmen (die öffentlich gemacht werden müssen) verboten wird. Die jetzt beim Menschen noch wirksamen Antibiotika gehören unter strengste Aufsicht und dürfen nur gegen bakterielle Infektionen eingesetzt werden. Neben dem Umstand, dass Keime resistent werden, sind Antibiotika nicht frei von Nebenwirkungen. Der Biochemiker Erwin Chargaff wies schon vor 50 Jahren darauf hin, dass sie zu irreversiblen Magenund Darmschäden führen können. Franz-Josef Vollmer, Warstein

südliche NRW ergänzende Modelle vor, die den Kottenforst und das Siebengebirge sowie die Siegschiene betreffen. Es gibt auch von dort bestätigte Wildkatzennachweise! Für die BUND-Mitglieder in der Region ist es unabdingbar, dass dieses Wissen auch aus solchen Karten deutlich wird. Denn die abgebildete Karte suggeriert, unsere lokale Pressearbeit zu dem Thema sei »für die Katz« und der BUND hier in Wirklichkeit gar nicht aktiv. Paul Kröfges, Windeck Die verwendete Karte zeigt nur gesicherte Populationen. Hätten wir auch Einzelnachweise der Wildkatze markiert, wäre die Verbreitung weit größer. Auf regionaler Ebene sollte auf diese Besonderheit der Karte hingewiesen werden. Die Redaktion freut sich über jede Zuschrift, behält sich aber Kürzungen vor. Eine erweiterte Auswahl von Leserbriefen finden Sie unter www.bund.net/bundmagazin – etwa vier Wochen nach Erscheinen der neuen Ausgabe.

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Lokale Arbeit »für die Katz« Auf Seite 29 habt ihr eine Karte zum Wildkatzenwegeplan abgedruckt, die nicht mehr dem aktuellen Stand entspricht. Seit 2009 liegen für das

Der BUND ruft an Der BUND kontaktiert seit einiger Zeit seine Mitglieder und Unterstützer per Telefon. Dabei fragt der BUND nach der individuellen Zufriedenheit und bittet zudem um eine freiwillige Beitragserhöhung. Ein Weg, der sich bewährt hat. Denn auch diese Erhöhung sichert die finanzielle Unabhängigkeit des BUND. Wir können so noch mehr Natur- und Umweltschutzprojekte realisieren und nicht zuletzt auf eine Anhebung der Mitgliedsbeiträge verzichten. Mitglieder sind das Herzstück des BUND. Je mehr Mitglieder uns unterstützen, desto wirksamer können wir ihr Anliegen vertreten und Bedeutung in Politik und Gesellschaft gewinnen. Auch deswegen kontaktieren wir in Abstimmung mit den BUND-Landesverbänden langjährige Mitglieder. Wichtig hierbei: Das Telefonat soll keinen Druck erzeugen. Falls wir Sie anrufen, fühlen Sie sich bitte nicht gedrängt. Wir fragen Sie, weil uns viel daran liegt, Ihre Meinung zu hören und noch mehr erfolgreiche Naturschutz- und Umweltprojekte zu realisieren – mithilfe unserer Unterstützer und unabhängig von Geld aus Wirtschaft und Politik. Für Rückfragen: BUND-Mitgliederservice, (0 30) 2 75 86-479, mitgliederservice@bund.net

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Gentechnik

MAGAZI N

Anwälte der Natur

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en Anfang markierte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts Ende 2010. Weil Gentechnik in die elementaren Strukturen des Lebens eingreife und die Folgen gentechnischer Eingriffe nicht abzuschätzen

seien, müsse der Gesetzgeber die natürlichen Lebensgrundlagen besonders sorgfältig schützen. Dann folgte im letzten September der Europäische Gerichtshof. Mit dem »Honigurteil« stärkten die Luxemburger Richter die Belange der Imker, die von der EU und der nationalen Gesetzgebung bislang ignoriert worden waren. Wohlweislich, denn nur mehrere Kilometer Abstand zwischen Gentechnikfeld und Bienenstock schützen Honig sicher vor Kontamination. Diesen Schutz gesetzlich zu verankern ist nun Aufgabe von Brüssel und Berlin. Schließlich urteilte das Bundesverwaltungsgericht im Februar, dass Saatgut auf hiesigen Feldern

nur aufgehen darf, wenn es frei von jeglichen gentechnisch veränderten Organismen ist, deren Anbau nicht zugelassen ist. Die Behörden müssen Felder umpflügen lassen, wenn sich erst nach der Aussaat herausstellt, dass das Saatgut verunreinigt war. Damit ist der unkontrollierten Freisetzung aller möglicher Gentechkonstrukte ein Riegel vorgeschoben. Fazit: Gleich drei höchste Gerichte haben sich für die langfristige Sicherung einer gentechnikfreien Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion ausgesprochen – und den BUND darin bestätigt, wie wichtig Lobbyarbeit für gute gesetzliche Rahmenbedingungen ist. www.bund.net/gentechnik

Teilnehmer der Bauernsternfahrt »Wir haben es satt!« diskutieren mit den Betreibern des Schaugartens Üplingen, der im Landkreis Börde für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen wirbt; im Hintergrund ein Sicherheitsmann. Dieses Jahr sind hier weitere Proteste geplant.

Neue Kooperation

Für mehr Natur im Garten

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ie Vorsitzenden vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde (BDG) und BUND, Norbert Franke und Hubert Weiger, haben eine Kooperation vereinbart. Beide Verbände eint das Interesse, Grünanlagen und Kleingärten zu erhalten und naturnahe Gärten zur Erholung der Städter und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu fördern. Nicht das erste Mal ziehen KleingärtnerInnen und BUND damit an einem Strang. Zahlreiche regionale

Kooperationen gingen dem voraus. So zielt das Projekt »Stärkung der Biodiversität in Bremer Kleingärten« darauf, die Lebensbedingungen des Gartenrotschwanzes und anderer Singvögel zu verbessern. Künftig wird der BUND beim »Tag des Gartens« ebenso präsent sein wie bei Fortbildungen der Gartenfreunde. BUND und BDG werden in ihren Medien interessante Projekte des anderen vorstellen. Dadurch hoffen wir mehr Menschen

für den Natur- und Artenschutz zu sensibilisieren und die natürlichere Gestaltung von Kleingärten voranzutreiben. Immerhin bewirtschaften mehr als zwei Millionen deutsche KleingärtnerInnen eine Fläche von über 46 000 Hektar. Kleingärten sprechen alle Generationen an. Besonders von jungen Familien haben sie zuletzt Zulauf bekommen: Fast die Hälfte aller Neupächter waren in den letzten fünf Jahren Familien mit Kindern.

Aktion »Feuermelder«

Knallrote Libellen gesucht

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ie haben eine Feuerlibelle entdeckt? Dann geben Sie dies an uns weiter! 2012 ruft der BUND erneut zur Aktion »Feuermelder« auf: Feuerlibellen sind das Paradebeispiel einer wärmeliebenden Art, die sich mit dem Klimawandel nach Norden ausbreitet. Wo und in welchen Lebensräumen sie nun auftaucht, interessiert Naturschützer

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wie Umweltwissenschaftler. Die Daten fließen in den deutschen Verbreitungsatlas der Libellen ein. 2011 wurden dem BUND und der Gesellschaft deutschsprachiger Odonatologen fast 4 000 der Tiere gemeldet. Feuerlibellen fliegen meist bis September und sind kaum zu übersehen. Vor allem die Männchen fallen auf: Ihr gesamter Körper ist ein-

schließlich Brust, Augen und Stirn feuerrot gefärbt, auch die Beine sind rötlich. Verwechselt werden kann die Art nur mit der Blutroten Heidelibelle – die aber schwarze Beine hat. Melden Sie Ihre Beobachtung unter www.bund.net/feuermelder; hier

finden Sie Steckbriefe der Feuerlibelle und ähnlicher Arten.


KURZ + GUT »Only bad news is good news« heißt es unter Medienleuten, vor allem schlechte Nachrichten erregen demnach unsere Aufmerksamkeit. Doch positive Nachrichten aus dem Umwelt- und Naturschutz tun einfach gut. Deshalb finden Sie hier kleine bunte Meldungen der letzten Zeit, über die wir uns gefreut haben.

앫 Eon und RWE haben Ende März ihren Plan begraben, in Großbritannien neue Atomkraftwerke zu bauen. Sie wollten dort ursprünglich mehrere Meiler errichten und dafür einen zweistelligen Milliardenbetrag investieren. 앫 Schon 2009 hatte sich RWE aus dem umstrittenen AKW Belene an der bulgarischen Donau verabschiedet. Ebenfalls Ende März gab nun auch Bulgariens Regierung den Rückzug bekannt. Damit ist mehr als fraglich, ob die zwei derzeit gebauten und erdbebengefährdeten Meiler mit ihrer veralteten Technik jemals in Betrieb gehen. 앫 Ende April beschloss die internationale Gemeinschaft, das UN-Sekretariat des neuen Weltbiodiversitätsrates in Bonn anzusiedeln. Der BUND begrüßt die Einrichtung des Gremiums und sieht die Bundesregierung damit ein weiteres Mal in der Pflicht, sich stärker als bisher für die globale biologische Vielfalt einzusetzen. 앫 Das Bundesverwaltungsgericht hat Anfang April alle Starts und Landungen am Frankfurter Flughafen zwischen 23 und 5 Uhr untersagt. Dieses Nachtflugverbot

stützt die Position des BUND, der seit Jahren hier und an anderen Großflughäfen ein striktes Flugverbot von 22 bis 6 Uhr fordert und speziell in Frankfurt /Main gegen die ständige Erweiterung des Flugbetriebs kämpft. 앫 Der faire Handel ist nicht zu stoppen. 2011 kauften die Deutschen Fairtrade-Waren für rund 400 Mio. Euro. Mit einem Plus von 18 Prozent hält damit der Wachstumstrend der letzten Jahre an, so der Verein Transfair e.V. 앫 Bauern in Brasilien haben Monsanto gerichtlich verboten, Lizenzgebühren für das Wiederausbringen seines Saatgutes zu erheben. Ein (noch nicht letztinstanzliches) Urteil gegen das ausbeuterische Geschäftsmodell des Gentech-Konzerns, dem nun ein Milliardenschaden droht. 앫 In eigener Sache: Den interaktiven Wildkatzenwegeplan des BUND und der Freiburger Firma geOps gibt es nun auch optimiert für das Smartphone. Finden Sie auf http://wildkatzenwegeplan.geops.de/mobile heraus, ob in Ihrer Nähe die Wildkatze lebt und das »Rettungsnetz für die Wildkatze« aktiv ist.

Teutoburger Wald

Ihre Stimme für einen neuen Nationalpark!

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er Teutoburger Wald bildet mit dem benachbarten Eggegebirge und der Heidelandschaft Senne ein großflächig unzersiedeltes Refugium. Für den Naturschutz ist es von herausragender Bedeutung. Deshalb ist hier geplant, auf knapp 9 000 Hektar (plus 11 000 ha in der Senne) einen neuen Nationalpark zu schaffen. Auch von den Behörden wird das Gebiet als eindeutig nationalparkwürdig eingestuft. Dennoch wehren sich die Landes-CDU (mit Umweltminister Röttgen an der Spitze) und -FDP mit einigen Grundbesitzern massiv gegen die Neugründung im Osten Westfalens. Der BUND kann dies nicht nachvollziehen. »Dieselben Parteien haben im Bundeskabinett beschlossen, bis 2020 fünf Prozent der Wälder einer naturnahen Entwicklung zu überlassen«, so Bernd Meier-Lammering, zweiter Landesvorsitzender des BUND; »bislang sind es gerade mal knapp ein Prozent«. Soll die Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung kein Lippenbekenntnis bleiben, muss auch

BUND-Aktive demonstrierten am 21. April für einen Nationalpark im Teutoburger Wald.

NRW mit einem Nationalpark Teutoburger Wald seinen Beitrag leisten. Denn der würde viele große und besonders repräsentative Natura 2000Gebiete umschließen. Hervorzuheben sind Eichen- und Buchenwälder verschiedener Ausprägung. Zudem könnten in einem

Nationalpark Sandtrocken- und Magerrasen, Heiden sowie naturnahe Bachtäler und Moore mit über 1 000 bedrohten Pflanzen- und Tierarten dauerhaft geschützt werden. Stimmen auch Sie für einen Nationalpark Teutoburger Wald: unter www.nationalpark-ja-bitte.de

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Drei Fragen an EU-Umweltexpertin …

MAGAZI N

Anja Weisgerber (CSU/EVP)

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er BUND ist überparteilich. Umweltengagierte PolitikerInnen finden sich in Brüssel in jeder Fraktion. Zu ihnen zählt Anja Weisgerber, die seit 2004 für die CSU im Europaparlament sitzt. Das BUNDmagazin stellte ihr drei Fragen. Frau Weisgerber, die EU hat ihr Ziel verfehlt, den Verlust der biologischen Vielfalt bis 2010 zu stoppen. So zeigen im Agrarbereich nur 3% der Arten von gemeinschaftlichem Interesse einen »günstigen Erhaltungszustand«. Was fordern Sie im Rahmen der laufenden Agrarreform für den Naturschutz? Angesichts des Artensterbens müssen wir den Naturschutz in allen Politikfeldern intensivieren. Allerdings miteinander, nicht gegeneinander. Mir ist ein kooperativer Ansatz wichtig, der die Landwirte als Partner mit einbindet. Derzeit ist im Gespräch, dass jeder

Landwirt 7 Prozent seiner Fläche für Umweltmaßnahmen bereitstellt. Ich setze mich für eine flexible Lösung ein, damit dieser Anteil nicht starr pro Betrieb gilt, sondern auf größerer Fläche – dann ist dies leichter möglich. Und ich wehre mich dagegen zu sagen, die Landwirte hätten bisher schlecht gearbeitet. Auch sie leisten einen wichtigen Beitrag dazu, dass die Vielfalt der Arten und Biotope erhalten bleibt. Was ist aus Ihrer Sicht noch zu tun, damit der Verlust unserer Vielfalt nun wenigstens bis 2020 gestoppt wird? Ein Riesenthema ist der Flächenverbrauch, den Landwirte und Naturschützer gleichermaßen beklagen. Hier müssen wir bestehende Siedlungsflächen noch effizienter nutzen. Die Europäische Union hat aber schon in der Vergangenheit wegweisende Gesetze für den Artenschutz verabschiedet: Fauna-Flora-Habitatund Vogelschutzrichtlinie sind ja Meilensteine gewesen. Diese offensiv und zugleich partnerschaftlich

mit Industrie und Landwirtschaft umzusetzen, ist mir ganz wichtig. Verkehrsinfrastrukturprojekte sollten nicht vollends ausgeschlossen sein, sondern entsprechend ausgeglichen werden für Arten wie Feldhamster oder Feldlerche. Sonst fehlt uns die Akzeptanz für den Naturschutz, für den wir gerade bei den Jüngeren positiv werben müssen. Spüren Sie in Ihrer Fraktion Rückhalt für das Anliegen, die biologische Vielfalt zu schützen? Natürlich prallen da verschiedene Interessen aufeinander. Als EVPUmweltpolitikerin versuche ich Kompromisse zu finden. Unterm Strich will ich einen positiven Mehrwert für die Artenvielfalt haben. Auch in meiner Partei finde ich Zuspruch, wenn ich auf das »C« in unserem Namen verweise, das dazu verpflichtet, unsere Mitgeschöpfe zu schützen. Doch manches scheitert, weil die eine Seite zu viel will und die andere zu viel blockiert. Hier sehe ich mich als Vermittlerin. sz

Ökotipp

Schöner leben

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eden Monat verbreitet der BUND einen Ökotipp. Bewährte Hausrezepte finden sich hier neben neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Viele große und kleine Zeitungen veröffentlichen die BUND-Ökotipps

regelmäßig. Auch Privatpersonen können sie gratis über den E-Mail-Verteiler des BUND abonnieren. Die gesammelten Tipps finden Sie unter www.bund.net/oekotipps

Virtuelle Welten statt lebendiger Erfahrungen? Facebook statt echter sozialer Kontakte, Computerspiele statt Erfahrungen in der wirklichen Welt? Viele Pädagogen, Psychologen und Mediziner warnen vor einer fortschreitenden Flucht in die virtuelle Welt der digitalen Medien. Sie kann nicht nur zu Abhängigkeit führen, sondern oft auch zum Verlust der Fähigkeit, tragfähige Kontakte zu anderen Menschen zu knüpfen. Computerspiele erschweren Kindern und Jugendlichen, sich emotional auf die reale Welt einzulassen. Mangelhafte Konzentrationsfähigkeit und eine verminderte Gewalthemmung sind mögliche Folgen. Folgenreich ist zudem, dass Kinder ihre natürliche Umwelt nicht mehr (im wörtlichen Sinne) »begreifen« lernen – eine unabdingbare Voraussetzung für ihre gesunde Entwicklung. Umgekehrt braucht die Natur

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Kinder (und Erwachsene), die sich – auch emotional – mit ihr und ihrem Schutz verbinden. Hier ein paar Tipps zur Nutzung digitaler Medien: Folgen Sie nicht den angebotenen Klicks, sondern tun Sie nur das am Rechner, was Sie sich vorgenommen haben. Machen Sie sich bewusst, wie viel Zeit Sie und Ihre Kinder mit digitalen Medien verbringen. Achten Sie auf Anzeichen von Abhängigkeit bei sich und Ihren Kindern: Ist es ein Problem, einen Tag ohne E-Mail und Facebook oder Computerspiele zu leben? Und schaffen Sie lebendige Alternativen. Tätig sein in der Natur und für die Natur ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass sich der Mensch und sein »Ich« gesund entwickeln. Und dafür, die Natur wertzuschätzen und zu wünschen, dass sie geschützt werde.


FOTOSEITE

Auf gute Nachbarschaft

www.delpho.de

Der BUND setzt sich dafür ein, die Nistplätze unserer Gebäudebrüter zu erhalten – zum Schutz auch des Mauerseglers.


Rio + 20

KOMMENTAR

Mehr als Lippenbekenntnisse? Der Autor Hubert Weiger ist Vorsitzender des BUND und Honorarprofessor an der Universität Kassel.

Julia Puder

20

Jahre nach der wegweisenden »Konferenz zur nachhaltigen Entwicklung« von Rio de Janeiro findet Ende Juni an gleicher Stelle die Konferenz »Rio + 20« statt. Als Teil der deutschen Delegation werde ich daran teilnehmen und – im Rahmen der sicher begrenzten Möglichkeiten – mit anderen NGOs versuchen, einen »Rollback« der Umwelt- und Entwicklungspolitik zu verhindern.

Rio + 20 gibt uns Gelegenheit, schonungslos zu bilanzieren und diejenigen beim Namen zu nennen, die eine nachhaltige Entwicklung bis heute blockieren. Zwei Jahrzehnte nach Rio ist dieses Leitbild häufig nur noch eine Worthülse im Zeichen eines schrankenlosen Kapitalismus’, einer Dominanz kurzfristiger Wachstums- und Wirtschaftsinteressen und einer Globalisierung ohne ökologisch-sozialen Rahmen. Der Verbrauch der Ressourcen wurde nicht verringert, das Wachstum der Weltbevölkerung nicht gestoppt. Den Gipfel nehmen BUND und Friends of the Earth daher zum Anlass, frühere Forderungen zu erneuern – etwa ein auf Unternehmen ausgeweitetes, einklagbares Informationsrecht und mehr demokratische Beteiligung. Der BUND begrüßt, dass sich die Konferenzteilnehmer erneut zu Nachhaltigkeit und Armutsbekämpfung bekennen wollen. Auch peilen sie wichtige Ziele an. So will man Indikatoren entwickeln, die das Bruttosozialprodukt als Messgröße für Wohlstand ergänzen – ohne Frage ein Schlüssel zu nachhaltiger Entwicklung. Doch bleibt die Agenda weit hinter dem zurück, was nötig ist. Eine »grüne« Wirtschaft als Motor für weiteres Wachstum verträgt sich nicht mit einer nachhaltigen Entwicklung, die die Grenzen des Planeten wahrt, wie sie 1992 in Rio postuliert wurden. Wer es ernst meint mit einer grünen, nachhaltigen Wirtschaft, muss riskante und schädliche Technologien ausschließen, darf nicht unter dem Credo der »Green Economy« die Atomkraft ausbauen, Flüsse zur Stromgewinnung kanalisieren, Gentechnik oder Kohleverbrennung fördern und soziale Schieflagen manifestieren, statt sie zu beseitigen. Wir brauchen strengere Regeln, um Unternehmen zur Verantwortung zu ziehen und die Macht der Finanz-

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märkte zu brechen. Privatunternehmen lediglich aufzufordern, Aspekte der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen, ist weit vom Notwendigen entfernt. Die Konferenz will »einen ganzheitlichen Ansatz für nachhaltige Entwicklung [finden], der die Menschheit dazu bringt, in Harmonie mit der Natur zu leben«. Doch die bisher geplanten Aktivitäten verengen die Sicht auf natürliche Ressourcen und marktbasierte Instrumente, um die Natur zu schützen. Marktinstrumente wie ökologische Steuern können unter bestimmten Umständen hilfreich sein. Wälder, Moore und andere Ökosysteme bilden jedoch die Basis unserer Existenz und müssen bedingungslos geschützt werden. Den Ressourcenverbrauch deutlich zu senken muss das verbindliche Ziel aller Industriestaaten werden. Die Landwirtschaft muss strenger reguliert werden, um bestehende Monopole aufzubrechen und die Spekulation auf Land und natürliche Güter zu beenden. Die nicht-nachhaltige Produktion muss reformiert, der gesamte Agrarsektor auf lokale Märkte, Lebensmittelsouveränität und bäuerlichen Bio-Landbau umorientiert werden. Zudem muss Rio für die global zunehmend bedrohten Böden eine völkerrechtlich bindende Schutzkonvention schaffen. Nicht umsetzen lässt sich das Leitbild der Nachhaltigkeit, ohne internationale Finanzinstitutionen und die Welthandelsorganisation einzubeziehen und ihnen einen ökologisch-sozialen Rahmen und demokratische Legitimation zu geben. Der Status quo wird sich bestimmt nicht ändern, indem man sie bittet, »ihre programmatische Strategie zu überdenken«, wie es im Beschlussentwurf heißt. Die Politik muss hier absolute Grenzen zum Schutz der Lebensgrundlagen ziehen. Ähnliche Lippenbekenntnisse auch in anderen Vorlagen: Die Probleme werden zwar erkannt, eine Lösung aber nicht präsentiert. Das bloße Versprechen, die »Bemühungen zu verdoppeln«, muss ins Leere laufen. In Rio drohen eben die Strategien und Instrumente diskutiert zu werden, die in 20 Jahren keine Besserung gebracht haben. So aber vergibt die Weltgemeinschaft eine große Chance zur Rettung unserer Lebensgrundlagen. Langfristige Ziele wie die Bekämpfung der sozialen Ungerechtigkeit und des Hungers werden kurzfristigen Interessen im Hier und Jetzt geopfert – statt Demokratie und Zivilgesellschaft zu stärken.


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Der Weg zur Nachhaltigkeit

20 Jahre nach Rio D

as Jahr 1992 stand politisch und gesellschaftlich noch unter dem Eindruck der Umwälzungen im Herbst 1989, mit dem Ende des Kalten Krieges und der neuen Freiheit in Osteuropa. Hoffnung auf Frieden und Gerechtigkeit prägte auch die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio. Es war die Hoffnung, mit der Friedensdividende – also dem Geld, das durch den Abbau der Rüstungsetats verfügbar sein würde, und der positiven Energie nach dem Ende der Konfrontation – gemeinsam die großen Probleme der Menschheit lösen zu können, allen voran die Zerstörung von Natur und Umwelt und die weltweite Armut.

Verantwortung und Vorsorge Damals verabschiedeten 192 Staaten Konventionen zum Schutz des Klimas und der biologischen Vielfalt. Gleichzeit einigten sie sich auf eine »Agenda 21« als Programm für das 21. Jahrhundert, an dem sich alle gesellschaftlichen Gruppen und politischen Ebenen beteiligen sollten, lokal bis international.

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BUNDmagazin [2-12]

Zudem entstand eine Deklaration mit 27 Grundsätzen für eine nachhaltige Entwicklung. Zentral war die Forderung, »den Entwicklungs- und Umweltbedürfnissen heutiger und künftiger Generationen in gerechter Weise zu entsprechen«. Umwelt und Entwicklung sind demnach zwei Seiten einer Medaille. Die Bekämpfung der Armut wurde als integrativer Bestandteil einer nachhaltigen Entwicklung erkannt. Beim Umweltschutz verständigte man sich auf das Vorsorgeprinzip: Der Umstand, dass die Wissenschaft bestimmte Kausalzusammenhänge noch nicht völlig durchdrungen hat, dürfe kein Argument dafür sein, Maßnahmen gegen drohende schwere Umweltschäden aufzuschieben. Betont wird auch die Verantwortung der reichen Länder, die die globale Umwelt besonders beanspruchen. Nachhaltigkeit wurde 1992 zu einem politischen Begriff, den noch kaum jemand kannte. Heute verwenden ihn vor allem Politiker und Unternehmen so inflationär, dass er beliebig zu werden droht.


Rio + 20

TITELTH EMA

Aufbruchstimmung und die Hoffnung, gemeinsam eine bessere Welt schaffen zu können – das kennzeichnete 1992 den Umweltgipfel in Rio. Viele Erwartungen von damals haben sich nicht erfüllt. Welche Lehren hat die Staatengemeinschaft 20 Jahre später daraus zu ziehen, bei der UN-Konferenz, die Ende Juni wieder in Rio tagt? Wir bilanzieren – und werfen einen Blick in die Zukunft.

Zwiespältige Bilanz

noch als Zahl für Science-Fiction und Utopisten, so ist Und was sagt die Praxis, 20 Jahre später? Haben wir es heute Zielgröße für politische Programme. die Zielmarken von damals erreicht? Die Bilanz von • Auch wenn wir allzu häufig noch danach handeln: »Brot für die Welt« und Evangelischem Entwicklungs- Das Motto »Nach uns die Sintflut« ist gesellschaftlich dienst (eed) fällt düster aus: »Von der Überwindung nicht mehr akzeptiert. von Armut und Hunger ist die Welt noch weit entfernt, • Mehr Menschen richten ihren Lebensstil danach aus, auch wenn sich in einigen (…) Schwellenländern der die natürlichen Lebensgrundlagen zu schonen und eine oder andere Indikator verbessert haben mag. Die weltweite Solidarität zu zeigen. Davon künden viele großen Umweltprobleme wie die globale Erwärmung »bio-faire« Produkte und Projekte, die ein ressourcenund der Verlust biologischer Vielfalt sind nach wie vor armes Leben in der Gemeinschaft ausprobieren. ungelöst.« Das Ziel, den globalen • Institutionen von der Kirche bis Artenschwund bis 2010 zu stoppen zur Tagungsstätte bemühen sich Nachhaltige Entwicklung ist oder wenigstens zu begrenzen, um mehr Nachhaltigkeit, sie dowurde deutlich verfehlt. Und die kumentieren dies und lassen sich eine »Entwicklung, die die Weltklimakonferenzen erschöpfen überprüfen. Bedürfnisse der Gegenwart sich in zähen Verhandlungen und • Einst visionäre Ziele wie eine befriedigt, ohne zu riskieren, dünnen Ergebnissen, obwohl das Versorgung mit 100 % erneuerba»Vorsorgeprinzip« sofortiges Hanrer Energie sind in Deutschland dass künftige Generationen deln erfordert, speziell der Induszu einem politischen Ziel mit ihre eigenen Bedürfnisse trie- und großen Schwellenländer. breiter Zustimmung geworden. nicht befriedigen können«. Sprich: Als Weltgemeinschaft sind • Unternehmen entwickeln Stra[Brundtland-Bericht 1987] wir insgesamt nicht auf dem Weg tegien für mehr Nachhaltigkeit zu mehr Nachhaltigkeit. nicht nur als Instrumente ihres Doch könnte man auch anders Marketings, sondern um ernsthaft bilanzieren und danach fragen, was sich im Denken ver- ihre Produktion zu verändern. ändert hat, im öffentlichen Bewusstsein, in politischen Auf staatlicher Ebene haben solche Strategien bisProzessen? Da sieht man keine breiten, gut ausgezeich- lang nur begrenzten Erfolg. Das Gebot der Nachhaltigneten Wege, aber viele kleine Pfade in Richtung Nach- keit ist weder in Deutschland noch sonst wo zum roten haltigkeit. Zwar ist nicht genug und vieles nicht schnell Faden der Politik geworden. Dafür aber hat sich in viegenug passiert, doch hat sich viel entwickelt seit 1992 – len Städten und Gemeinden etwas getan, sowohl in der zum Beispiel: Kommunalpolitik wie auch auf Bürgerebene, ob traditionell mittels einer »Lokalen Agenda 21« oder in vielen • das Denken in globalen Zusammenhängen; • die Erkenntnis, dass die Verteilungsgerechtigkeit etwa neuen Initiativen wie »Urban Gardening« oder der Bebeim Klimaschutz bedeutet, dass jedem Menschen auf wegung der »Transition Towns«, die einmal ganz ohne fossile Brennstoffe auskommen wollen. der Welt die gleichen CO2-Emissionen zustehen; • Der Zeithorizont hat sich erweitert. Offenkundig Nun heben diese Pluspunkte die Negativpunkte der reicht das Denken in Wahlperioden nicht, um globale Bilanz zwar nicht auf, geben aber doch etwas Anlass Probleme zu bewältigen. Galt vor Rio das Jahr 2050 zur Hoffnung.

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TITELTH EMA

Krise statt Aufbruch

Für einen Zivilisationswandel

Was ist nun von Rio 2012 zu erwarten? Anders als vor zwanzig Jahren herrscht diesmal keine Aufbruch-, sondern Krisenstimmung. Angesichts der Banken-, Staatsschulden- oder EU-Krise geraten die ökologische Krise und die Armutskrise in den Hintergrund. Der langsame stille Klimawandel vermag da kaum zu mobilisieren. Vergäben Ratingagenturen ihre Noten nach ökologischer Verschuldung, fielen alle Industriestaaten auf Ramsch-Niveau. Wachstum, Rettungsschirme, noch mehr Wachstum – im Rahmen dieser globalen Agenda wird auch die Rio-Konferenz im Juni stattfinden. Dazu passt ihr inhaltlicher Schwerpunkt der Green Economy. Ein »Green New Deal« soll die Weltwirtschaft ankurbeln und gleichzeitig die Umweltprobleme lösen. »Grüne« Investitionen (etwa in erneuerbare Energien) sollen Ressourcenverbrauch und Emissionen verringern und dazu wirtschaftliches Wachstum schaffen. Mit technischen Verbesserungen hofft man das Wirtschaftswachstum so weit von dem Ressourcenverbrauch zu entkoppeln, dass dem Wachstum keinerlei Zügel mehr angelegt werden müssen.

Eine Vorstellung, ein Design für diesen Zivilisationswandel hat der BUND mit Brot für die Welt und eed in der Studie »Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt« ausgearbeitet. In Kurzfassung heißt dies: Wir brauchen neue globale Übereinkünfte und gleichzeitig eine Renaissance der Regionen. Wir brauchen eine forcierte Effizienzstrategie für Energie und Rohstoffe und gleichzeitig einen achtsamen Lebensstil. Und die Politik muss ihre Priorität gegenüber der Wirtschaft zurückgewinnen. Apropos: Wirtschaft umfasst nicht nur die Geldökonomie, sondern auch Leistungen in Familie und Ehrenamt. Wir benötigen kürzere Arbeitszeiten und mehr Teilzeitmodelle, eine sozial ausgeglichenere, gerechtere Gesellschaft sowie wirtschaftliche und soziale Strukturen, deren Stabilität nicht vom Wachstum abhängig ist.

Abschied von einem Irrglauben Aber so bedeutsam grüne Innovationen und Effizienz sind, der Glaube an ein grenzenloses Wachstum in einer begrenzten Welt ist ein Irrglaube. 20 Jahre nach Rio müssen die Grenzen der ökologischen Belastbarkeit nicht nur verbal anerkannt, sondern eingehalten werden. Denn sie bilden die Leitplanken unseres Umweltraums, innerhalb derer sich die Wirtschaft und Gesellschaft entfalten. Tatsächlich aber dominiert heute mehr denn je die Ökonomie: Ökologische und soziale Maßnahmen stehen unter Wachstumsvorbehalt und dürfen dem Wirtschaftswachstum nicht schaden. Doch das Gebot der Nachhaltigkeit erfordert einen grundlegenden Wandel, einen Zivilisationswechsel – daran führt nichts vorbei. Die Welt muss Abschied nehmen vom verschwenderischen Konsum in den Industrieländern auf Basis eines unbegrenzten Wirtschaftswachstums. Weil Schwellen- und vor allem Entwicklungsländer wirtschaftliches Wachstum benötigen, müssen die Industrieländer ihren Verbrauch von Energie und Ressourcen drastisch senken – auch wenn dies ihre Wirtschaftsleistung verringert. Der Abschied vom Wachstumsmodell steht an – »by design or by desaster«, wie es der kanadische Ökonom Peter Victor formuliert hat.

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BUNDmagazin [2-12]

Handeln auf allen Ebenen Die stagnierenden internationalen Verhandlungen könnten mutlos machen, würde man allein auf diese Ebene setzen. Umso wichtiger ist das Handeln auf allen Ebenen – auch und gerade vor Ort, in den Kommunen. Hier brauchen wir eine neue Qualität des Handelns: Statt wie bisher auf Pilot- und Leuchtturmprojekte zu setzen, müssen wir die guten Beispiele vervielfältigen. Wir müssen ehrgeizigere Ziele anvisieren: So kann das Ziel, als Gemeinde energieautark zu werden, neue Energien freisetzen. Auch zwingen knappe Kassen zu Prioritäten: Wir können nicht länger zweigleisig fahren, mit herkömmlichen Investitionen (für neue Straßen oder Parkhäuser) und gleichzeitig ein paar Fördermitteln für den öffentlichen Nahverkehr und Radwege. Schließlich wird eine gute Bürgerbeteiligung immer wichtiger. Denn neben Leitbildern und einer konkreten Nachhaltigkeitsstrategie benötigen wir für einen konsequenten Kurswechsel viel Energie, Schwung und Hartnäckigkeit, und dazu technische Innovationen und alle gesellschaftlichen Kräfte. Nur dann wird uns der Zivilisationswandel gelingen. Angelika Zahrnt

… ist Ehrenvorsitzende des BUND und Mitglied im Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung.


Interview

Gemischte Erwartungen Marianne Henkel ist die Sprecherin des Arbeitskreises »Internationale Umweltpolitik« im BUND. Sie ist an der Fakultät für Landschaftsökologie der Universität Greifswald tätig. In Rio wird sie für den BUND und »Friends of the Earth« vor Ort sein. BUND-Redakteur Severin Zillich sprach mit ihr.

Frau Henkel, was erwarten Sie sich von der Jubiläumskonferenz in Rio de Janeiro? Zu viel darf man sich von diesen zweieinhalb Tagen sicher nicht versprechen, auch wenn darin über zwei Jahre Vorbereitung stecken. Der erste Entwurf des Abschlussdokuments enthält nur wenige konkrete Ziele. Ein paar Ergebnisse zeichnen sich aber ab. Und die sollten wir im Erfolgsfall nicht zu gering schätzen. Wie beurteilen Sie das Konzept der »grünen Wirtschaft«, das in Rio im Mittelpunkt stehen wird? Gemischt. Zum Einen beinhaltet es, was die Umweltverbände schon lange fordern: den Abbau schädlicher Subventionen, eine ökologische Steuerreform oder die Förderung umweltfreundlicher Technologien. Zudem räumt es dem Wert natürlicher Ressourcen – wie Wasser, Wälder, Fische etc. – einen hohen Stellenwert ein und sucht diesen besser in der Ökonomie abzubilden. Doch im Fokus der »Green Economy« stehen immer noch technischer Fortschritt und Marktinstrumente, um Probleme zu lösen, deren Ursachen tiefer liegen. Dabei müssen wir in den Industrieländern die Abhängigkeit vom Wachstum lösen: Wir verbrauchen schon heute viel mehr Ressourcen, als ökologisch tragfähig ist. Ein wichtiger Schritt ist, Wohlstand anders als über fortgesetztes Wachstum zu definieren. Nötig sind dafür neue volkswirtschaftliche Indikatoren, die den Verbrauch natürlicher Ressourcen abbilden. Dafür sollte Rio einen Impuls setzen. Wichtig ist uns zudem, Risikotechnologien vom Leitbild der grünen Wirtschaft auszuschließen. Noch zitiert der »Green Economy Report« des UN-Umweltprogramms die Atomkraft unkritisch als »klimafreundliche Technologie« und die Gentechnik als »Beitrag zur Nahrungssicherung«. Beide verletzen das Vorsorgeprinzip und sollten nicht über Entwicklungsgelder oder Hermes-Bürgschaften in Drittländern gefördert werden. Um nachhaltig zu sein, muss die Green Economy außerdem sozial sein, also auch Kleinunternehmer und -bauern fördern, gute Arbeitsbedingungen sichern und zu einem fairen Welthandelssystem beitragen. Und der andere Rio-Schwerpunkt, die Strukturreform? Neben der EU plädieren inzwischen auch viele afrikanische Staaten dafür, das Umweltprogramm in eine UN-Sonderorganisation umzuwandeln, etwa nach dem Vorbild der Weltgesundheitsorganisation WHO. Hier ist die Vorbereitung offenbar recht weit vorange-

schritten und ein Konsens absehbar. Auch wir fordern eine solche »UNEO« mit universeller Mitgliedschaft und besserer Finanzierung. Zudem fordern wir die Kommission für nachhaltige Entwicklung, die den Rio-Prozess seit 20 Jahren weiterführt, zu einem Rat analog dem Menschenrechtsrat aufzuwerten. Auch sollte das Prinzip 10 der Rio-Erklärung zur Beteiligung der Öffentlichkeit bei umweltpolitischen Entscheidungen gestärkt werden – und damit der Zugang zu Informationen, das Recht auf Beteiligung und der Zugang zu Rechtsmitteln auf nationaler wie internationaler Ebene. Werden Großkonzerne in Rio maßgeblich mitmischen? Viele Unternehmen versuchen, ihre Produktion als Beitrag zur grünen Wirtschaft zu präsentieren. Zudem treten sie als UN-Partner auf, um ihre Interessen in internationalen Prozessen zu vertreten und auf freiwillige, marktbasierte Lösungen zu drängen. Unternehmen spielen eine wichtige Rolle, aber Freiwilligkeit allein reicht nicht. Wir benötigen eine Konvention zur Unternehmensverantwortung, die neben einer Berichtspflicht über soziale und Umweltauswirkungen hinaus auch ein Klagerecht von Betroffenen gegenüber transnationalen Unternehmen etabliert. Es bedarf gleicher Wettbewerbsbedingungen, um eine nachhaltige Unternehmensführung wirtschaftlich möglich zu machen. Wird unser Netzwerk »Friends of the Earth« in Rio mit einer Stimme sprechen? In einigen zentralen Punkten sind wir uns einig, etwa, dass Rio ein Mandat für eine Konvention zu Prinzip 10 und zur Unternehmensverantwortung bringen sollte. Manche Anliegen werden nicht von allen Gruppen geteilt. So sind die Partner in Lateinamerika stark kapitalismuskritisch und wehren sich strikt dagegen, Natur ökonomisch zu bewerten und mit Marktmechanismen zu schützen. Der BUND teilt die Kritik an reinen Marktmechanismen. Wir sehen jedoch auch eine Chance darin, die Leistungen der Natur aus einer ökonomischen Perspektive heraus anzuerkennen.

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Globale Entwicklung

TITELTH EMA

Von Rio zu Rio + 20 Die Erde hat sich rapide verändert seit 1992, dem ersten Umweltgipfel in Rio. Das UN-Umweltprogramm (mit seinem deutschen Leiter Achim Steiner) hat den Wandel dokumentiert. Wir haben die wichtigsten Graphiken für Sie aufbereitet.

Mehr Menschen, mehr Nahrung Die Weltbevölkerung nahm um 1,45 Milliarden zu, ein Plus von 26%. Die Herstellung von Nahrungsmitteln stieg gar um 45%. Doch eine Milliarde Menschen leidet unter Hunger.

8

160

Global +26 % seit 1992

+67 % +21 % +28 %

6

+4 % +53 %

4

Vorderasien Nordamerika Lateinamerika und Karibik Europa

Nahrungsmittel

140

Afrika

+26 %

2

1992

1997

2002

2007

CO2-Emission insgesamt in Milliarden Tonnen

Asien/Pazifik

Bevölkerung

1992

1997

2002

2007

2009

Entwickelte Länder +8 % seit 1992

20

Schwellenländer +64 % seit 1992

10 0

+26 % seit 1992

Durchschnittliche Temperaturabweichungen von 2000 bis 2009

Global +36 % seit 1992

30

120

100

2010

+45 % seit 1992

Feldanbau Tierhaltung

0

Mehr CO2, mehr Wärme 36% mehr CO2 wurde 2009 emittiert, vier Fünftel davon in nur 19 Ländern (darunter Deutschland). Durchschnittlich stiegen die Temperaturen um 0,4 Grad, am höchsten in der Arktis.

Herstellung von Nahrungsmitteln Index 1992 = 100

Gesamtbevölkerung in Milliarden Menschen

1992

1997

2002

Temperaturanomalien in Grad Celsius

2009

-2,5

-1,5

Verbrauch von ozonschädigenden Substanzen in Tausend Tonnen

Kunststoffproduktion in Millionen Tonnen

600

250

400

200

200

-0,5

0

+ 0,5 + 1,5 + 2,5

+130 % seit 1992

150 -93 % seit 1992

0

1992

1997

2002

2007 2009

Mehr Ozon Der Verbrauch ozonschädigender Substanzen sank stark, seit Annahme des Montreal-Protokolls 1987 sogar um 98%. Die Ozonschicht erholt sich dennoch nur langsam.

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100

1992

1997

2002

2007

2010

Mehr Plastik Die Produktion von Plastik hat sich mehr als verdoppelt. Die Hälfte des Plastiks wird nur einmal genutzt (als Verpackung etc.). Plastikmüll ist v.a. in den Ozeanen ein ernstes Problem.


Living Planet Index 1992 = 100 120

Gemäßigte Zone

Artenschwund in den Tropen Der Riesentukan aus Südamerika leidet wie unzählige andere Tiere und Pflanzen unter der Zerstörung tropischer Wälder.

100

Terrestrisch Global Süßwasser Meer

80 Tropische Zone

60

1992

1997

2002

2007

Veränderung der Waldbestände in Millionen Hektar pro Jahr Weniger biologische Vielfalt Der »Living Planet Index« basiert auf der Entwicklung von 2 500 Tierarten aus Meer, Süßwasser und Landökosystemen. Nur in der gemäßigten Zone ist er stabil (nach jahrhundertelangen Verlusten), in den Tropen sank er um dramatische 30%.

Europa

Asien/Pazifik

Afrika

-5

300

+230 % seit 1992

-2

-1

Internet- und Mobiltelefonnutzer in Milliarden Menschen

0

1

2

+23 000 % seit 1992

Mobiltelefonnutzer

4 +100 % seit 1992

200

-3

5

Luftfracht in Tonnenkilometern

250

-4

150

3 +29 000 % seit 1992

2 Passagierbeförderung

100

1

50

0

1992

1997

2002

2007 2009

Mehr Flugverkehr Die Anzahl der Flugreisenden hat sich glatt verdoppelt (auf 2009: 2,27 Mrd. Passagiere), die Luftfracht stieg noch stärker.

Internetnutzer

1992

1997

2002

2007

2010

Mehr Kommunikation Die Zahl der Nutzer von Internet und Mobiltelefonen ist förmlich explodiert.

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Die vollständige Datensammlung finden Sie unter www.unep.org/geo/pdfs/Keeping_Track.pdf Quelle der Grafiken: UNEP, Umsetzung: Marc Venner · Fotos: Archiv/Hersteller, Tukan: espana-elke/pixelio.de

Lateinamerika und Karibik

Weniger Wald 300 Mio. Hektar Wald verlor die Welt (seit 1990) in Südamerika und Afrika. Die anderen Kontinente zeigen dank der Wiederaufforstung eine positive Bilanz – obwohl auch hier viel wertvoller Primärwald zerstört wurde. Nur ein Zehntel der globalen Wälder wird derzeit (zertifiziert) nachhaltig genutzt.

Entwicklung des Luftverkehrs Index, 1992 = 100

1990 – 1999 2000 – 2005 2006 – 2010

Nordamerika


Rio + 50

TITELTH EMA

Vision einer nachhaltigen Welt Wie sieht die Welt in 30 Jahren aus? Wie viel Hoffnung dürfen wir haben, dass die Weltgemeinschaft die großen Herausforderungen unserer Zeit meistert? Uwe Schneidewind wagt einen Ausblick. Der Wirtschaftswissenschaftler ist Präsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des BUND.

»

G

reen Economy« ist die zentrale Formel der nahen Rio + 20-Konferenz. Hinter dieser Formel steht ein verlockendes Versprechen, besonders für die Industrienationen: Mit unserer wirtschaftlichen Entwicklung kann alles so weitergehen wie in den letzten knapp 70 Jahren. Ökonomisches Wachstum wird auch künftig Wohlstand garantieren, die sozialen Herausforderungen und Entwicklungsfragen der Welt ebenso lösen wie die ökologischen Probleme. Die einzige Voraussetzung: Es gilt die ökonomische Entwicklung ein bisschen grüner zu gestalten. Neue energieund ressourcensparende Technologien sowie regenerative Energien sind die Bausteine der »grünen Wirtschaft«.

Ein Meilenstein Dieser Optimismus überrascht. Seit Rio 1992 hat sich die globale Umweltsituation weiter drastisch verschlechtert, die CO2-Emissionen liegen heute ganz erheblich höher. Erfolge bei der relativen Entkopplung des Wohlstands (die CO2Intensität des Welt-Bruttosozialprodukts hat sich um rund 20 Prozent verbessert) wurden durch das globale Wachstum weit überkompensiert. Dennoch markiert die Formel der »grünen Ökonomie« einen Meilenstein auf dem Weg in eine nachhaltige Welt: Ihr Optimismus schafft ein umfassendes globales Bündnis. Kaum ein Land zweifelt noch an der Epochenaufgabe »Nachhaltigkeit und Klimawandel«. Sie wird in den Industrieländern genauso anerkannt wie in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Und sie wird zunehmend als Chance begriffen – nicht nur für die Politik, sondern auch die

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BUNDmagazin [2-12]

Wirtschaft der meisten Länder. Das schafft die Grundlage einer umfassenderen Vision für die kommenden 30 Jahre: auf dem Weg zu Rio + 50.

Wohlstand und Innovation neu verstehen In den nächsten Jahren werden die ökonomischen und sozialen Grenzen des ökonomischen Wachstumsparadigmas in der industrialisierten Welt spürbarer: Die Verheißungen materiellen Wohlstands werden fader, immer regelmäßiger platzen ökonomische Blasen. Nominelle Wachstumsraten alleine versprechen immer weniger Antworten auf den demographischen Wandel und die Anforderungen eines sozialen Ausgleichs. Dies öffnet die Türen für ein erweitertes Verständnis von Wohlstand und Innovation, wie es sich in vielen Debatten der letzten Monate schon andeutete und zur Rio + 50-Konferenz endgültig durchgesetzt haben wird. Eckpunkte dieses Verständnisses sind:

Stabile Strukturen Dezentrale Energieversorgung, die breite Entwicklung individueller Fähigkeiten und die Stärkung lokaler Identitäten und sozialer Netzwerke: All dies ersetzt nicht die Errungenschaften von 50 Jahren globalisierten und technologischen Fortschritts. Es ergänzt ihn, nimmt wieder einen breiteren Raum ein, führt zu neuen Gleichgewichten. Der Aufbau dieser Strukturen macht uns individuell wie auch als Gesellschaft unabhängiger von Wachstumszwängen. Die zarte, aber dynamisch wachsende Pflanze der »Transition Towns« – einer Bewegung von »Städten im Wandel« zu einer postfossilen, relokalisierten Wirtschaft – wird zum globalen Signum der kommenden Jahrzehnte. Die Veränderungen äußern sich in der globalen Lebenswirklichkeit des Jahres 2042: Städte werden attraktiver, weil der Fuß- und Radverkehr immer mehr Bedeutung gewinnt, weil der öffentliche Nahverkehr gut ausgebaut ist, eine intelligente Stadtplanung mehr Grün und neue (alte) Wohnformen wie Mehrgenerationenhäuser integriert, weil die Energieversorgung dezentralisiert und Strukturen der Nahversorgung wiederbelebt wurden. Ermöglicht hat dies eine umfassende soziale Innovationsoffensive. Auf der Rio + 50-Konferenz werden die global erfolgreichsten Konzepte einer »nachhaltigen Stadt« ausgezeichnet und prämiert. Sie sind menschenwürdig und unterscheiden sich damit erfrischend von den einseitigen Technikvisionen der »Sustainable Cities« auf dem Rio + 20-Gipfel.


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Überlebensfaktor Klimaschutz: Nur wenn‘s um Geld geht eine Er folgsstory!

Überlegte Begrenzungspolitik Die Fortschrittsmodelle der Rio + 20-Konferenz waren noch durch einen sehr engen, rein konsumorientierten Freiheitsbegriff gekennzeichnet. Diese Form eines ökonomischen Liberalismus – als Paradigma in den 1980er Jahren voll entfaltet – hatte bereits an Ausstrahlung verloren. Die Freiheit zum fünften Handy und dritten iPad, zum Rauchen an jedem Ort, zum Waffenbesitz als Freiheitsrecht in den USA: All dies verliert in den gesellschaftlichen Debatten ebenso an Kraft wie die politischen Parteien, die sich auf ein solch enges materielles Freiheitsverständnis reduzieren. In den modernen Industriegesellschaften wird ein Lebensentwurf zunehmend dann als gelungen gelten, wenn er darin besteht, mit einer Vielfalt von Optionen souverän und verantwortungsvoll umzugehen – durchaus inspiriert durch Vorbilder in anderen Teilen der Welt. Die Erfahrung, dass selbst verantwortete Begrenzungen befreiend und orientierend wirken, erleichtert es auch, entsprechende Grenzlinien in der nationalen und internationalen Politik zu ziehen. Bewährte Regime wie beim Schutz der Antarktis und des Meeresbodens sind nun auf essenzielle Bereiche der Ressourcennutzung übertragen: Es gibt nationale und globale Ressourcenschutzgebiete, und der gezielte Verzicht auf Extraktionsmethoden wie Öl-Tiefseebohrungen, Fracking und Ölgewinnung aus Ölsanden trägt wesentlich dazu bei, die Erderwärmung zur Jahrhundertwende wenigstens auf drei Grad Celsius zu stabilisieren. Begleitet wird dies durch vielfältige institutionelle Neuerungen im Rahmen bi- und multilateraler Kooperationen, die helfen, Blockaden bei internationalen Klimaverhandlungen ab 2015 Stück für Stück aufzubrechen. Ein wichtiger Baustein ist, dass die Freihandelspolitik keinen Vorrang mehr gegenüber anderen Politikfeldern genießt, weder europa- noch weltweit. Unterschiedliche Formen des ökologischen Grenzausgleichs und die explizite Erlaubnis, dass fortschrittliche Nationen politisch zu Vorreitern werden, haben zu einem produktiven Wettbewerb um bessere Ökologie- und Sozialstandards geführt.

Erweiterte Bildung und Wissenschaft Flankiert wird all dies von einem veränderten Verständnis der Bildung und Wissenschaft. Die wachsende Bedeutung sozialer Innovationen schafft ein neues Gleichgewicht von Technik-, Sozial- und Kulturwissenschaften. »Eingebettete« technologische Innovationen haben sich zum zentralen Orientierungspunkt entwickelt. Die Bildungssysteme setzen auf sehr viel breitere Kompetenzkonzepte. Das ermöglicht auch ein intensiveres Lernen zwischen den Weltregionen, ein Lernen »auf Augenhöhe« innerhalb einzelner Gesellschaften, aber auch global zwischen Gesellschaften. Keine Frage: Auch im Jahr 2042 existiert eine Reihe von Problemen auf der Welt. Doch die Möglichkeiten zu ihrer Lösung haben sich erheblich erweitert, die Welt ist widerstandsfähiger geworden. Das halbe Jahrhundert 1992 – 2042 wird als eine der kulturell produktivsten Phasen in die Menschheitsgeschichte eingehen. Uwe Schneidewind

[2-12] BUNDmagazin

Andreas Wolfsteiner / Günter Wittmann NUR EGOISMUS KANN DAS KLIMA RETTEN Warum ökologisches und ökonomisches Handeln kein Widerspruch sein muss 240 Seiten / kartoniert € 19,99 (D) / € 20,60 (A) / CHF* 28,50 ISBN 978-3-579-06688-2

»Von den mannigfaltigen Facetten des Umweltproblems ist der Klimaschutz vermutlich die politisch schwierigste Aufgabe. Das vorliegende Buch diskutiert auf kompetente Weise diverse Strategien, sie zu lösen. Es verbindet eine Vision einer besseren Welt mit quantitativ präzisen Analysen und beachtlichem ökonomischem Sachverstand. Ich wünsche ihm viele Leser.« Prof. Dr. Vittorio Hösle, Philosoph

www.gtvh.de 19

GÜTERSLOHER VERLAGSHAUS

*empf. Verkaufspreis


Lokale Agenda 21

TITELTH EMA

Auf ganzer Linie gescheitert? Im Rahmen des Umweltgipfels von Rio beschlossen die UN-Mitglieder 1992 ein kommunales Aktionsprogramm. Es wurde zum Vorbild für zahllose Agenda-Gruppen in ganz Deutschland. Was ist von ihnen geblieben?

Miklas Hahn

N

ach der Konferenz von Rio 1992 herrschte bei vielen Menschen Optimismus. Sie hofften auf eine nachhaltige Entwicklung mit der Aussicht, stärker nach den Grundsätzen von Fairness und Umweltschutz zu handeln. Viele inspirierte der zentrale Gedanke der »Agenda 21« als Programm für das 21. Jahrhundert. Erstmals war dort die Bedeutung des Handelns auf lokaler und regionaler Ebene überzeugend formuliert. Plötzlich war klar, dass sich nachhaltiges Handeln im eigenen Umfeld global auswirken kann. Die Agenda 21 skizzierte die Aufgabe der Kommunen deutlich (s. unten). Davon sind wir heute weiter denn je entfernt, angesichts der dramatischen Klimaerwärmung und des Verlusts der biologischen Vielfalt. Mitte und Ende der 90er Jahre trafen sich Kommunen in Göteborg und Lissabon zu internationalen Konferenzen. Auch der Deutsche Städtetag rief die Kommunen auf, nachhaltig zu handeln. Vielerorts wurden Nachhaltigkeitsberichte erarbeitet und lokale Agenden ins Leben gerufen. Einzelne Bundesländer richteten sogar Agendabüros ein, um die lokalen Gruppen zu unterstützen. Nicht zuletzt auf Basis unserer Studie »Zukunftsfähiges Deutschland« sahen viele BUND-Mitglieder in der Teilnahme an solchen Agendaprozessen die große Chance, das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung vor Ort umzusetzen.

Im Sande verlaufen Dieser Prozess trug sicher dazu bei, dass sich viele Kommunen heute als wichtiger Partner der Energiewende verstehen. So streben viele Stadtwerke nach einer Versorgung mit erneuerbaren Energien und richten Energieagenturen ein. Dieses Positivbeispiel kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass kommunale Agendaprozesse heute mehr oder weniger im Sand ver-

laufen sind. Entscheidend war (was die meisten Deklarationen und Vereinbarungen nicht berücksichtigten): In der Regel wirkten die Agendagruppen unabhängig und parallel zu den Gemeinderäten. Das führte dazu, dass ihre Ergebnisse im Gemeinderat sehr oft den Stempel »nicht umsetzbar« erhielten. Über neue Baugebiete und andere Investitionen entschieden die Kommunalpolitiker weiter losgelöst von der lokalen Agenda und dem Gebot der Nachhaltigkeit.

Neue Anknüpfungspunkte So kam die lokale Agenda in vielen Orten zum Erliegen oder erschöpfte sich darin, kleinste Projekte ohne Einfluss auf die Gesamtbilanz der Kommunen zu verfolgen. Fehl schlug auch eine Öffnung zu mehr Bürgerbeteiligung. Obwohl seit Rio 1992 im Programm, wurde diese gerade im letzten Jahrzehnt noch weiter zurückgedrängt. Viele Proteste gegen Großprojekte zeugen heute von diesem Missstand. Diese Proteste fußen oft auf dem langjährigen Engagement Einzelner im Rahmen der lokalen Agenda. Dort haben Betroffene nämlich gelernt, sich zu artikulieren, zu engagieren und Gehör zu verschaffen. Die lokalen Agenden haben durchaus Anteil daran, dass die Kommunen heute speziell im Klimaschutz sehr aktiv sind, ökologische und soziale Kriterien im Beschaffungswesen langsam selbstverständlicher werden und regionale Produkte wieder mehr geschätzt werden. Hieran lohnt es anzuknüpfen. Nur mit Druck von unten lässt sich ein Trend zu mehr Nachhaltigkeit und Bürgerbeteiligung setzen. Brigitte Dahlbender

… ist BUND-Vorsitzende in Baden-Württemberg.

Lokale Agenda – Auszug aus dem UN-Aktionsprogramm

Zukunftsfähige Kommune: So geht’s

»Bis 1996 soll sich die Mehrzahl der kommunalen Verwaltungen der einzelnen Länder gemeinsam mit ihren Bürgern einem Konsultationsprozess unterzogen haben und einen Konsens hinsichtlich einer ‘Kommunalen Agenda 21’ für die Gemeinschaft erzielt haben.« Und weiter: »Alle Kommunen in jedem einzelnen Land sollen dazu angehalten werden, Programme durchzuführen und zu überwachen, deren Ziel die Beteiligung von Frauen und Jugendlichen an Entscheidungs- und Umsetzungsprozessen ist.«

Alle Projekte, die der BUND in dieser Broschüre vorstellt, gehen mit gutem Beispiel voran: ob das Beratungsangebot »Energiecheck« des BUND Berlin, die Kieler Aktion »Einkaufen mit dem Rad« oder das Hamburger Volksbegehren »Unser Netz« mit dem Ziel, die Versorgungsnetze für Strom und Gas wieder in öffentliche Hand zu bringen. www.bund.net /nachhaltigkeit

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BUNDmagazin [2-12]


Abschied vom Wachstum

Wohlstand anders messen S

eit einiger Zeit setzt sich zunehmend die Erkenntnis durch, dass Bruttoinlandsprodukt (BIP) und Bruttonationaleinkommen (BNE) nicht als Maß für Wohlfahrt gelten können. Statistiker haben immer schon betont, dass beide dafür nicht konzipiert wurden. Doch sie widersprachen nicht entschieden genug, als Politik, Medien und die Öffentlichkeit in den letzten 25 Jahren das BIP immer stärker nutzten, um Erfolg oder Misserfolg von Wirtschaft und Wirtschaftspolitik zu messen. Dabei sind die Defizite von BIP/BNE als Wohlfahrtsrechnung gravierend: Sie berücksichtigen negative Folgen der Umwelt- und Ressourcennutzung ebenso mangelhaft wie die Einkommensverteilung oder die nicht über den Markt vermittelte Wertschöpfung durch Hausarbeit und Ehrenamt. BIP/BNE bilden daher die Wohlfahrtsentwicklung eines Landes immer weniger ab, zutreffend wird weder die Lebensqualität der Menschen noch die Inanspruchnahme der Natur erfasst. So kann die Politik ein Legitimationsproblem bekommen, wenn »Erfolgsmeldungen« bei BIP/BNE nicht mehr dem entsprechen, wie Menschen ihre Lebenssituation wahrnehmen. Und es ist extrem schwierig, den langfristig unverzichtbaren ökologischen Umbau der Industriegesellschaft politisch zu vermitteln, solange BIP und BNE als Leitindikatoren begriffen werden. Es ist nämlich nicht sicher, ob sie in einer Wirtschaft, die sich am Kriterium der Nachhaltigkeit und dauerhaften Umweltgerechtigkeit orientiert, weiter wachsen oder nicht doch eher etwas sinken werden.

Anderer Maßstab Es erscheint also sinnvoll, neue Messgrößen für die Wohlfahrt zu finden. Der »Nationale Wohlfahrtsindex« wurde 2009 entwickelt. Er basiert auf dem privaten Verbrauch, in der Annahme, dass der Konsum von Gütern und Dienstleistungen durch die Haushalte positiven Nutzen stiftet und so zur Wohlfahrt beiträgt. Der Verbrauch wird mit der Einkommensverteilung gewichtet, da ein Zusatzeinkommen in armen Haushalten mehr zusätzliche Wohlfahrt stiftet als in reichen. Je ungleicher verteilt das Einkommen einer Gesellschaft, desto niedriger ist dieser Index bei sonst gleichen Bedingungen. Weiter bezieht er die nicht über den Markt bezahlte Wertschöpfung durch Hausarbeit und Ehrenamt ein. Außerdem berücksichtigt er soziale Faktoren – also die Ausgaben des Staates für Gesundheit und Bildung, die Kosten von Kriminalität oder von Verkehrsunfällen –

und ökologische Faktoren: Ausgaben zur Kompensation von Umweltschäden, Schadenskosten durch die Umweltbelastung und Ersatzkosten für den Verbrauch endlicher Ressourcen (wie Investitionen in erneuerbare Energien, wenn das Öl zur Neige geht).

Anne Jessen

Das Bruttoinlandsprodukt ist bis heute eine heilige Kuh der Ökonomie, Politiker messen ihre Erfolge an seinem Wachstum. Seit Jahren gilt es als der Indikator für Wirtschaftskraft und Wohlstand. Dabei ist es blind für vieles, was unser Leben bereichert. Gefragt sind Alternativen.

Markante Unterschiede Die unterschiedliche Entwicklung von BIP/BNE und Wohlfahrtsindex deuten darauf hin, dass erstere – und damit das Wirtschaftswachstum – die Entwicklung des Wohlstands nicht angemessen abbilden: Während das BNE bis 2008 recht stetig ansteigt, nimmt der Wohlfahrtsindex seit einem Höhepunkt um das Jahr 2000 ab. Verantwortlich dafür sind besonders die immer ungleichere Einkommensverteilung und negative Folgen für die Umwelt, speziell die Ersatzkosten für den Verbrauch endlicher Ressourcen. Positive Faktoren wie der Wert von Ehrenamt und Hausarbeit vermögen dies nicht auszugleichen. Interessant ist nun auch die Entwicklung der Jahre 2008 und 2009: Während das BIP in diesen Jahren wegen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise doch deutlich zurückgeht, ist der Wohlfahrtsindex davon weit weniger betroffen. Der markante Unterschied beider Zeitreihen deutet darauf hin, dass der Wohlstand eines Landes sich offenkundig anders entwickeln kann, als der Maßstab des BIP es nahelegt. Wir sollten also Wohlstand nicht nur als Maximierung der Produktion von Gütern und Dienstleistungen verstehen, sondern auch nach Verteilungsgerechtigkeit und ökologischer Verträglichkeit fragen. Denn dann kommt es nicht nur darauf an, möglichst viel zu produzieren, sondern auch darauf, wie produziert wird und wem die Wirtschaftsleistung eines Landes zugutekommt. Hans Diefenbacher … lehrt an der Universität Heidelberg/FEST.

Wachstum ohne Ende? Was Wirtschaftswachstum mit unserem Leben zu tun hat, warum die Wirtschaft nicht immer weiter wachsen kann und wie wir wirtschaften können, um die Erde zu schützen: In einer Broschüre suchen BUNDjugend und BUND nach Antworten. Illustrationen und Infografiken veranschaulichen komplexe Zusammenhänge. Die Broschüre im Pixiheft-Format richtet sich an junge Menschen. Sie informiert und zeigt gezielt Handlungsoptionen auf. Es gibt sie gegen eine Portopauschale unter www.bundjugend.de/shop

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Dein Grün in der Stadt Beteiligen Sie sich an unserem Fotowettbewerb – es winken attraktive Preise!

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»Die Natur greift an« … So heißt das Debütalbum der Husumer Band »Vierkanttretlager«. Ein Albumtitel und eine Band, die unsere Aufmerksamkeit erregten, als wir die Jury für den Fotowettbewerb des BUND besetzten. Nicht nur der Titel des Albums, auch sein Inhalt wussten zu überzeugen. Wir freuen uns deshalb, dass »Vierkanttretlager« im Sommer mitentscheiden werden, wer den Hauptpreis mit nach Hause nimmt. »Der Hafen unserer Heimatstadt hat uns als Schnittpunkt von Stadt und Natur immer das Gefühl gegeben, nicht ganz eingesperrt zu sein – trotz des Kleinstadtgefüges. Deshalb unterstützen wir den BUND in diesem Wettbewerb«, begründet die Band ihr Engagement. Unsere Jury ist bunt gemischt – neben »Vierkanttretlager« geben die Fotografin Birte Filmer, die Buchautorin Christa Müller, der Bundesvorsitzende der Deutschen Gartenfreunde Norbert Franke und der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger ihr Votum ab.

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über tausend Euro belohnt. Für den zweiten bis sechsten Platz winken Kopfhörer von »Urbanears« und Taschen von »Feuerwear«. Unter allen Teilnehmern verlost der BUND außerdem fünf Gutscheine für ökologische und faire Kleidung von »Zündstoff«. Einsendeschluss für Ihr(e) Foto(s) ist der 30. Juni. Mit dem Fotowettbewerb »Dein Grün in der Stadt« will der BUND auf den Wert urbaner Natur aufmerksam machen und zeigen, wie vielfältig wir von ihr profitieren. »Wir nutzen die Stadtnatur, ohne uns groß darüber Gedanken zu machen. Sonnenbaden und Grillen im Park oder das Brunch und Feierabendbier auf dem blühenden Balkon – all das wäre ohne Stadtnatur nicht möglich«, so Nehle Hoffer von der Naturschutzkommunikation des BUND. »Wer sich an unserem Wettbewerb beteiligt, setzt sich mit der Natur um uns herum auseinander. Wir freuen uns auf viele kreative Einsendungen!« Nach Einsendeschluss wird dann die FacebookCommunity gefragt sein. Aus allen Einsendungen wählt sie die besten 15 Bilder aus. Wer einen der Hauptpreise mit nach Hause nehmen darf, wird schließlich Anfang August eine Jury entscheiden. Mehr Infos zur Stadtnatur, zum Fotowettbewerb und zum Mitmachen unter www.bund.net/wettbewerb und www.facebook.de/bund.bundesverband


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BIOSPHÄR E

Kein Windrad, nirgends Geht es nach dem BUND, bleibt die – wenig windhöffige – Biosphäre auch künftig frei von Windrädern. Doch der Druck der Befürworter steigt.

Pfälzerwald

Muster ohne viel Wert Der Pfälzerwald ist das größte geschlossene Waldgebiet Deutschlands. Gemeinsam mit den französischen Nordvogesen bildet er das einzige grenzüberschreitende Biosphärenreservat Europas. Ziemlich einzigartig dürfte auch sein, wie die Politik das Schutzgebiet vernachlässigt.

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rühling an der Weinstraße! Wer in weniger wärmegesegneten Regionen lebt, hat allen Grund, dem Frühling Richtung Südwesten entgegenzufahren, bis an den sonnenverwöhnten Rand des Pfälzerwalds. Hier öffnen die Mandelbäume schon Mitte März ihre rosa Blüten, dicke Hummeln durchkreuzen die Weinberge, die mediterrane Zaunammer singt (in Deutschland beinahe nur hier) aus Obstbäumen und Hecken. Längs der Weinstraße gedeihen Zedern, Zitronenund Feigenbäume, Gleisweiler gilt gar als wärmster Ort des Landes. Ehrwürdige Weingüter reihen sich aneinander, roter Sandstein und Fachwerk prägen das Bild. Mit den milden Temperaturen setzt auch der Strom der Ausflügler und Touristen wieder ein. Wer hier lebt, weiß, dass er es gut getroffen hat. Was er wahrscheinlich nicht weiß, ist: Er lebt in einer Region, die Wege in eine nachhaltige Zukunft aufzeigen soll. Die Weinstraße am Übergang des Rheingrabens zum hügeligen Pfälzerwald bildet zwar seit 20 Jahren die Ostgrenze eines großen Biosphärenreservats. Doch kaum ein

Was sollen Biosphärenreservate sein? Im Rahmen des UNESCO-Programms »Der Mensch und die Biosphäre« entstanden bis heute 580 Biosphärenreservate in 114 Ländern, fünfzehn davon in Deutschland. Ihr vorrangiges Ziel ist das harmonische Miteinander von Wirtschaft, Ökologie und Sozialem. Dazu Walter Hirche, Präsident der deutschen UNESCO-Kommission: »Für nachhaltige Entwicklung gibt es kein Patentrezept. An möglichst vielen Stellen unseres Planeten sind daher Räume für Experimente und für das Lernen nachhaltigen Wirtschaftens unter Realbedingungen gefragt. Diese Räume sind die Biosphärenreservate.«

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Schild verweist auf seine Existenz. Selbst am Verwaltungssitz in Lambrecht, einige Kilometer waldeinwärts der Weinstraße, fehlt jeder Hinweis, vom winzigen Klingelschild abgesehen. Schon der erste Eindruck ist: Da wird ein Großschutzgebiet unter Wert verkauft.

Weite und Ruhe Auch wenn der Weingürtel ihr wirtschaftliches Rückgrat bildet: Drei Viertel der deutschen Biosphäre werden vom Pfälzerwald beherrscht. Häufigste Baumart ist hier wieder die Buche, nachdem die Forstleute der Kiefer über Jahrhunderte den Vorzug gegeben hatten. Das trockenwarme Klima unterscheidet den Pfälzerwald von allen anderen unserer Mittelgebirge. So dicht besiedelt die Weinstraße, so ruhig geht es in seinem Inneren zu. Kleine Dörfer zwängen sich in die Täler. So weit das Auge reicht, trübt kaum eine Spur von Zivilisation den Blick über die bewaldeten Kuppen. Statt Sendemasten und Windrädern ragen nur hier und da Felsen aus den Wipfeln, nicht selten von Burgruinen gekrönt. So viel Weitläufigkeit und Ruhe – kein Wunder, dass nirgends sonst in Mitteleuropa mehr Wildkatzen leben. Selbst vom Luchs werden immer wieder Einzeltiere gesichtet. Für eine stabile Population braucht er allerdings Unterstützung, welche genau wird derzeit diskutiert. Wie vielfältig die Biosphäre beiderseits der Grenze ist, werden Mitte Juni rund 100 Experten im Rahmen des GEO-Tags der Artenvielfalt dokumentieren. Ein besonders wertvoller Ausschnitt des Pfälzerwaldes ist das zentral gelegene Quellgebiet der Wieslauter. Aus 2 300 Hektar altem Laubwald hat sich hier die Forstwirtschaft zurückgezogen, als größte Teilfläche der von jeder Nutzung befreiten Kernzone.


Eine Region wächst zusammen Mit den Nordvogesen auf französischer Seite bildet der Pfälzerwald seit 1998 ein über 3 100 km2 großes Biosphärenreservat. 2010 hat es die UNESCO überprüft, als weltweit erste grenzüberschreitende Modellregion. Sie beauftragte die Teilgebiete, bis 2020 ein gemeinsames Entwicklungskonzept zu erarbeiten. Werner Dexheimer, der Leiter der deutschen Biosphäre, ist optimistisch: Über die Jahre habe sich – trotz sprachlicher Barrieren – ein Vertrauensverhältnis entwickelt. Davon zeugen die deutsch-französischen Bauernmärkte. Rund 40 ausgewählte Erzeuger präsentieren jedes Jahr in fünf Orten ihre Produkte. Bis zu 15 000 Besucher drängeln sich dann an den Ständen von Biowinzern, Forellenräuchereien, Pilzfarmen oder Schäfereien: ein Musterbeispiel regionaler Wertschöpfung. Und doch leidet das Biosphärenreservat – und hier sei nur die deutsche Seite betrachtet – unter schweren Geburtsfehlern. Man kann nur hoffen, dass sie von der neuen Landesregierung rasch behoben werden.

Misere mit vielen Namen In der Koalitionsvereinbarung hat Rot-Grün vor einem Jahr angekündigt, das Biosphärenreservat »weiterzuentwickeln«. Anlass dafür gibt es genug. Die Misere beginnt damit, dass im Landesgesetz wortwörtlich steht: »UNESCO-Biosphärenreservate sind in Rheinland-Pfalz Naturparke.« Diese Gleichsetzung zweier grundverschiedener Schutzgebietstypen dürfte bundesweit einmalig sein. Dazu passt, dass der Pfälzerwald als einzige deutsche Biosphäre privatrechtlich verwaltet wird, vom Verein Naturpark Pfälzerwald. Eine Form, die auch Werner Dexheimer schlicht »ungeeignet« findet. So hängt die Verwaltung finanziell am Tropf der Kommunen, deren Beitragssätze seit Jahren eingefroren sind. Dem Verein steht damit jedes Jahr weniger Geld zur Verfügung. Zuletzt fiel dem Sparzwang im November die einzige Stelle für Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit zum Opfer. Unverständlich ist auch, dass der seit 1959 bestehende Naturpark Pfälzerwald nach der Anerkennung als Biosphärenreservat nicht als Naturpark zu existieren

aufhörte, sondern parallel weiter fortbesteht und bis heute die Außenwahrnehmung prägt. Dabei darf sich etwa ein Viertel Deutschlands mit dem anspruchslosen Titel »Naturpark« schmücken. Den komplexen Zielen einer Modellregion für Nachhaltigkeit wird diese Konstruktion natürlich nicht gerecht.

Chance nutzen Nach all dem wundert es nicht, dass die Verwaltung zugibt, auf die Nutzung der Wälder – als weitaus 񡑖񡑩∗)(񡑧 #񡑦∃񡑨 wichtigstes Element der Biosphäre Pfälzerwald – keinerlei Einfluss zu ha񡑘∋񡑦∃∀∋񡑩!񡑧 ben. Rein ökonomisch ist die Forstwirtschaft ausgerichtet, Modellregion hin oder her. Und 񡑙񡑩∋∃,%∃񡑩񡑓񡑀񡑅 񡑁 da ist es mehr als 񡑡񡑰#񡑩񡑱񡑩,%∃񡑩񡑓񡑀񡑆񡑑 񡑁 eine Petitesse, dass 񡑗∃)+!񡑧∀#∗∃񡑱(,%∃񡑩񡑓񡑀񡑉񡑃 񡑁 die Kernzone noch immer nicht die nötigen 3 % umfasst. Schutzwürdigen Wald gibt es reichlich in der Als Fahrtziel Natur Biosphäre. Woran es bislang fehlte, war der politische ist der Pfälzerwald – auf Initiative Wille der SPD-Alleinregierung. Mit dem grünen Koali- auch des BUND – tionspartner ist die Ausweitung wieder Thema. Dazu bestens per Bahn Heinz Schlapkohl, zweiter Landesvorsitzender des erreichbar www. BUND: »Weitere 2 000 Hektar Pfälzerwald müssen sich fahrtziel-natur.de unbeeinflusst vom Menschen entfalten dürfen.« Entscheidender noch: Alle politischen Akteure – von den Bürgermeistern über die Landräte bis zur Regierung in Mainz – müssen sich künftig viel stärker mit den Zielen der Modellregion Pfälzerwald identifizieren. Solange die verbliebenen vier Mitarbeiter der Verwaltung auf derart verlorenem Posten stehen, wird die Chance, die dieses Biosphärenreservat für die Region bedeutet, ungenutzt bleiben. Severin Zillich

Fotos (außer Wildkatze): Naturpark Pfälzerwald e.V.

Von links: Die regionalen Bauernmärkte der Biosphäre – hier im pfälzischen Edenkoben – erfreuen sich großer Beliebtheit. Der Pfälzerwald ist der bundesweit wichtigste Lebensraum der Wildkatze. Blühender Mandelbaum vor dem Hambacher Schloss.

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Online einkaufen

RATGEBER

So weit die Dienste tragen Im Netz shoppen ist scheinbar ein rein virtuelles Vergnügen. Doch der unsichtbare Umweltballast ist sehr real – und wohl kaum geringer als beim Einkauf im Geschäft.

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eben Sie im Ballungsraum? Nutzen Sie statt eines hitzespeienden PC ein cooles Notebook, statt Google die Suchmaschine Ecosia? Bündeln Sie Ihre Einkäufe, recyceln Sie Versandkartons und archivieren Sie Online-Rechnungen digital? Dann ist Ihre Ökobilanz beim Online-Shopping vermutlich günstig. Günstiger jedenfalls als die Ihrer Nachbarin, die regelmäßig mit dem SUV ins Einkaufszentrum donnert. Wahrscheinlich toppen Sie aber auch Ihre Bekannten auf dem Land, die als konsequente Öko-Kunden und Auto-Meider kaum noch ohne Internet und ständige Sondereinsätze des Paketdienstes auskommen.

stellungen gehen zurück! Haben Sie Zweifel an Qualität oder Passform der neuen Sonnenbrille oder Bluse, dann kaufen Sie lieber im Laden. Ebenso fragwürdig ist die Praxis, reale Läden zwecks Preisvergleich und Warentest abzuklappern – um anschließend billig im Internet zu ordern. Das schadet der Umwelt doppelt: Erst durch die Leerfahrten, dann durch überflüssige Verpackung und Lieferung. Unfair gegenüber den Ladenbetreibern ist es obendrein.

Selbst abholen

Ist Einkaufen via Internet eher gut oder schlecht für die Umwelt? Online-Händler verweisen gern auf eine einsame Studie, die ihnen klare Umweltvorteile im Vergleich mit dem herkömmlichen Einkaufen bescheinigt. Kein Wunder: Fußgänger und Radler fehlen darin völlig. Doch pauschale Aussagen sind ohnehin unmöglich. Zu viele schwer fassbare Faktoren prägen den ökologischen Fußabdruck des Onlineshoppings: vom eigenen Mobilitäts- und Einkaufsverhalten über die Umweltambitionen von Händlern und Paketdiensten bis zur Einwohnerdichte und Online-Kauflaune in der Nachbarschaft. Manches aber haben Sie selbst in der Hand.

Deutlich aufbessern können Sie die Ökobilanz der Lieferkette durch Eigenleistung: Paketdienste bieten oft die Möglichkeit der Selbstabholung. Bei DHL melden Sie sich dazu für eine Packstation an, deren Adresse Sie fortan für Ihre Bestellungen verwenden. Bei GLS genügt ein Anruf im nächsten Paketshop. Sinn hat das natürlich nur, wenn Sie zum Abholen Rucksack, Fahrradanhänger oder ohnehin fällige Autofahrten nutzen. Keine Bedenken sollten Sie beim Online-Einkauf von Ökoprodukten haben. Sie sind über die klassischen Vertriebswege oft nicht erhältlich. Die Umweltbelastung durch den Versand dürfte hier akzeptabel sein, weil es den Markt ansonsten nicht gäbe. Überdies bemühen sich Ökoshop-Betreiber meist um möglichst umweltneutrale und effiziente Logistik.

Lieferexzesse vermeiden

Zehn Tipps für Einkäufe im Netz

So sollten Sie ihre Einkäufe auch online umsichtig planen und bündeln. Wer im digitalen Bazar impulsiv und schusselig herumklickt, vervielfacht die Umweltbelastung. Nicht nur in Form heiß laufender ServerFarmen, sondern vor allem durch viele vermeidbare Einzelbestellungen – mit drastisch erhöhtem Materialverbrauch und Schadstoffausstoß für Verpackung und Lieferung. Gleiches gilt für unbedachte oder gar vorsätzlich verursachte Retouren. Rund 20 bis 30 Prozent aller Be-

1. Kaufen Sie nichts online, was Sie auch in Ihrer Nähe bekommen. 2. Bündeln Sie ähnliche Produkte und bestellen Sie bei möglichst wenigen verschiedenen Händlern. 3. Verteilen Sie Einkäufe nicht wegen minimaler Preisvorteile auf mehrere Anbieter. 4. Nutzen Sie für Ökoprodukte regionale Lieferdienste wie die »Ökokiste«. 5. Kaufen Sie Waren mit hoher Rücksendequote wie Schuhe oder Hosen nur im Laden. 6. Vermeiden Sie vergebliche Lieferversuche durch Terminabsprache oder Anwesenheit. 7. Umweltschädlich und unfair ist es, im Laden zu probieren und im Web zu ordern. 8. Achtung bei Onlineportalen: Sie bestellen nur scheinbar bei einem Händler. 9. Geben Sie Lieferdiensten mit Pfandkisten oder Recyclingkartons den Vorzug. 10. Bilden Sie Einkaufsgemeinschaften, etwa für Ökolebensmittel. Tino Schlagintweit

Reinhard Blumenschein

Dünne Faktenlage

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Bürgerbeteiligung bei Verkehrsprojekten

ZU R ZEIT

Licht am Ende des Tunnels? Nach dem Konflikt um Stuttgart 21 versprechen heute Politiker aller Couleur, uns Bürger früher und umfassender in ihre Planungen einzubeziehen. Wie sieht die Praxis bei Verkehrsprojekten aus?

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as Schlichtungsverfahren zum Umbau des Stuttgarter Bahnhofs begann 17 Jahre nach dem Projektstart und nachdem die Bagger bereits angerückt waren. Wie so oft war der umweltverträglichere und kostengünstigere Vorschlag des BUND – Ausbau statt Neubau, Netzlösung statt Betrachtung von Einzelstrecken – nicht untersucht worden. Die Bahn und ihre politischen Unterstützer verteidigten ihren Plan und scheuten die offene Prüfung von Alternativen. Heiner Geißlers Schlichterspruch war daher von der Politik schon abgelehnt, bevor er formuliert wurde.

Beteiligung, wie es euch gefällt Eher negativ sind auch die Erfahrungen mit Mediationsverfahren. So endete das aufwendige Dialogforum zum Flughafenausbau Frankfurt/Main mit dem Konsens, eine neue Landebahn nur bei einem Verzicht auf Nachtflüge zu bauen. Oktober 2011 wurde die Landebahn eingeweiht, doch ohne Nachtflugverbot – die hessische Regierung hatte ihr Wort gebrochen. Und Schleswig-Holsteins Landesregierung initiierte Ende letzten Jahres ein Dialogforum zur Brücke über den Fehmarnbelt. Weil sie vorab die Teilnehmer, den künftigen Sprecher und die Geschäftsordnung festlegte, lehnte der BUND dankend ab. Ein Dialog nicht auf Augenhöhe ist eine reine Alibiveranstaltung.

entwickelte unter Beteiligung der Umweltverbände eine alternative Trasse entlang der A5. Nun haben der Beirat und die betroffenen Gemeinden und Landkreise Gelegenheit, die Vor- und Nachteile umfassend abzuwägen. Eine echte Herausforderung auch für Winfried Hermann, den grünen Landesverkehrsminister.

Transparenz und Konfliktlösung Mit dem Bau der 155 Kilometer langen A14 erwarten Gutachter eine Verdopplung des Verkehrs auf der Strecke Magdeburg – Wittenberge – Schwerin bis 2025. Dabei geht die Bevölkerung in diesem Korridor bis dahin um ein Fünftel zurück. BUND und Bürgerinitiativen plädieren stattdessen für den Ausbau von Bundesstraßen plus einzelne Ortsumgehungen. Unsere Alternative würde den künftigen Verkehr problemlos bewältigen, wertvolle Naturreservate schützen und nur ein Drittel der Autobahn kosten. Doch Politik und Behörden verweigern eine Prüfung. Sie stützen sich weiter auf unseriöse Verkehrsprognosen, mit denen der gewünschte Bedarf auftragsgemäß herbeigerechnet wurde. Über die A14 muss nun das Bundesverwaltungsgericht entscheiden. Vorbildlich läuft dagegen ein anderes Verfahren: Der Ausbau der Rheintalbahn um zwei Gleise für den Güterverkehr zwischen Karlsruhe und Basel ist das bundesweit dringlichste Bahnprojekt. Südlich von Offenburg ist ein schwieriger Konflikt über die Trassenführung zu lösen: Der Ausbau der alten Trasse würde drei Orte stark mit Lärm belasten. Ein Projektbeirat

Es geht auch früher und besser Im Rahmen der Energiewende muss das deutsche Stromnetz um- und auch ausgebaut werden. Entscheidend für den BUND ist, dass der Ausbaubedarf transparent und nachvollziehbar ermittelt wird. Der erste Schritt ist bereits erfolgt: Die Bundesnetzagentur hat verschiedene Energieszenarien genehmigt. Sie bilden eine akzeptable Basis, um den Ausbaubedarf bis Mitte des Jahres festzulegen. Der BUND hat 2011 erfolgreich eine Strategische Umweltprüfung für die Stromnetzplanung gefordert. Diese Prüfung muss nun parallel zur Aufstellung des Netzentwicklungsplans geschehen. An der konkreten Ausgestaltung des Plans hat der BUND noch viel Kritik. Dennoch kann dieses Vorgehen als Vorbild für künftige Planungsverfahren gelten. Mehr Bürgerbeteiligung auf Bundesebene und viel transparentere Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren wären Garanten dafür, dass unsere Verkehrsinfrastruktur deutlich umweltverträglicher – und wirtschaftlicher – geplant wird. Werner Reh … betreut die Verkehrspolitik des BUND.

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Protest gegen die Westumfahrung von Würzburg.


Falko Heidecke

ZU R ZEIT

Libelleninsel in der Goitzsche-Wildnis der BUNDstiftung.

Ilse Vormann

Legat Ilse Vormann

Werte von Dauer Vor zehn Jahren erhielt der BUND eine großzügige Erbschaft von Ilse Vormann. Getreu ihrem Willen haben wir sie dazu verwendet, wertvolle Natur zu schützen und wiederherzustellen sowie juristisch gegen Naturzerstörung zu kämpfen.

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lse Vormann lebte Zeit ihres Lebens in bescheidenen Verhältnissen. Es war das Erbe ihres Mannes in Höhe von 16 Millionen Mark, das sie für Natur und Umwelt einsetzte. Zu gleichen Teilen vermachte sie es dem BUND und drei anderen Umweltverbänden. Mit einem Legat dieser Größenordnung bot sich dem BUND die Möglichkeit, vielen langfristig angelegten Projekten finanziell so »unter die Arme zu greifen«, dass diese weitere Mittel von Stiftungen, Spendern und öffentlichen Stellen einwerben konnten. Zusammen mit unseren Landesverbänden vermochten wir die Legatmittel oft um das 10- bis 20-fache zu erhöhen, teilweise noch deutlich darüber hinaus.

Lebendige Bäche, Flüsse, Seen Die Liste der unterstützten Projekte des Ilse-Vormann-Legats ist lang und vielfältig. Sie erstreckt sich vom Bodensee bis an die nordfriesische Küste und von Westfalen bis ins östliche Sachsen-Anhalt. Bedacht

werden konnten wegweisende Projekte von europäischer Bedeutung, so die größte Deichrückverlegung Europas an der Elbe bei Lenzen und das dort ansässige Auenökologische Zentrum des BUND. Hier entsteht seit 2002 eine dynamische Auenlandschaft, die nicht nur seltene Vögel und Pflanzen anzieht, sondern gleichzeitig Hochwasser abpuffert. Auch die vom Bergbau verwüstete Goitzsche bei Bitterfeld gehört dazu. Bedrohte Tier- und Pflanzenarten konnten die junge Wildnis zurückerobern, Kraniche und Seeadler zählen bereits zu den Brutvögeln. Schließlich wird die einst weitgehend begradigte Radolfzeller Aach, die in den Bodensee mündet, auf ganzer Länge und mitsamt ihrer Auwiesen renaturiert. Zusätzlich konnte der BUND dank Ilse Vormann viele Projekte mit regionaler Strahlkraft umsetzen. Einen Schwerpunkt bildete auch hier die Gewässerund Auenrenaturierung. So lebte der vormals völlig überdüngte Sellstedter See bei Bremen genauso wieder

Erbschaften und Vermächtnisse tragen dazu bei, die Unabhängigkeit des BUND zu sichern. Als gemeinnütziger Verband sind wir von der Erbschaftssteuer befreit. Lassen Sie sich informieren von der Broschüre »Was bleibt, wenn wir gehen« und unserer ausführlichen Vorsorgemappe. Ihre Ansprechpartnerin ist Almuth Wenta, Tel. (0 30) 2 75 86-4 74, almuth.wenta@bund.net.

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Neu geschaffene Elbaue bei Lenzen.

auf wie die Welter Bachaue im Münsterland, deren angrenzende Feuchtwiesen heute ein Refugium für seltene Bodenbrüter bieten. Gleichzeitig war Ilse Vormann daran interessiert, den juristischen Kampf gegen Naturzerstörung zu fördern. So setzten wir ihr Legat für unsere Klage gegen die Zerstörung des Mühlenberger Lochs in Hamburg ein.

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Ausblick Ein Jahrzehnt nach Erhalt der großzügigen Erbschaft beschloss der Vorstand des BUND nun, mit dem verbliebenen Geld vor allem zwei große Naturschutzprojekte voranzubringen. Zum einen werden wir in der Garbe-Alandniederung westlich von Wittenberge die Auenentwicklung langfristig absichern und so dazu beitragen, dass die Elbe ihre in Europa einzigartige Naturnähe behält. Zum anderen können wir dank des Legats unser »Rettungsnetz für die Wildkatze« als größtes Naturschutzprojekt Mitteleuropas weiterentwickeln, wissenschaftlich begleiten und in der Öffentlichkeit verankern. Damit wollen wir 20 000 Kilometer Waldkorridore anlegen und isolierte Populationen der vom Aussterben bedrohten Wildkatze vernetzen. Und wir wollen Menschen dafür begeistern, sich gemeinsam mit uns langfristig für den Schutz der Wildkatze und ihrer Lebensräume einzusetzen. Um so – ganz im Sinne von Ilse Vormann – Werte von Dauer zu schaffen. Tamara Doerfel … ist die Verbandsorganisatorin des BUND in der Bundesgeschäftsstelle.

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Suche nach Atommülllager

ZU R ZEIT

Mit Transparenz – ohne Gorleben Gut, dass die Bundesregierung nun die Suche nach einem deutschen Endlager für Atommüll vorbereitet. Erfolg aber wird sie damit nur haben, wenn sie den rechtlichen Rahmen richtig setzt.

Hier kein atomares Endlager: Tausende demonstrierten am 28. April in Gorleben dafür, diesen Standort aufzugeben.

Andreas Conradt/PubliXviewinG

Entscheidend ist, in allen Phasen des Verfahrens mehrere Standorte anhand vorher festgelegter, streng wissenschaftlicher Kriterien miteinander zu vergleichen. Diese Kriterien müssen gesetzlich fixiert werden und dürfen nicht einem späteren Aushandlungsprozess überlassen werden. Klar regeln muss das Gesetz zudem, dass die Verursacher des Atommülls die Suche nach einem Lager finanzieren müssen – dieser Passus fehlt im Gesetzentwurf bislang.

Transparenz gewähren

S

eit Ende des letzten Jahres verhandelt das Umweltministerium mit Vertretern der Bundesländer ein »Standortauswahlgesetz« für die Endlagerung von Atommüll. Noch vor der Sommerpause will man sich einigen. Der BUND begrüßt, dass nach Jahren des Stillstands der Versuch unternommen wird, die Suche nach dem vergleichsweise geeignetsten Endlager in Deutschland neu zu starten. Gerade als Umweltverband liegt uns sehr viel an einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Atommüll, was bedeutet: einer Endlagerung im Inland. Eine dauerhafte Zwischenlagerung oder der Export unseres Atommülls wären die schlechteren Alternativen.

Grundsätzliche Mängel Die bisher bekannt gewordenen Gesetzesentwürfe weisen jedoch grundsätzliche Mängel auf und sind nicht geeignet, die Suche nach einem Endlager ergebnisoffen und transparent einzuleiten. Der Standort Gorleben ist geologisch ungeeignet und vor allem auch politisch verbrannt. Er muss von vornherein vom Suchverfahren ausgeschlossen und endgültig aufgegeben werden. Dazu gehört, die Erkundungsarbeiten sofort zu stoppen und speziell die »Vorläufige Sicherheitsanalyse Gorleben« abzubrechen, um hier nicht vollendete Tatsachen zu schaffen. Nur so ist ein echter Neuanfang überhaupt möglich.

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Die Suche nach einem Lager, in dem hochradioaktiver Müll für mindestens eine Million Jahre möglichst sicher gelagert werden kann, ist eine Generationenaufgabe. Sie kann nur in einem breiten gesellschaftlichen Dialog mit der betroffenen Bevölkerung gelingen. Nötig ist deshalb eine umfassende Beteiligung der Öffentlichkeit in allen Phasen des Suchverfahrens und ein breiter gesellschaftlicher Dialog. Bislang wird das Gesetz hinter verschlossenen Türen und ohne Bürgerbeteiligung ausgearbeitet. Damit die Endlagersuche erfolgreich starten kann, dürfen Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung nicht erst im formellen Gesetzesverfahren Einzug halten – oder gar erst, wenn das Gesetz verabschiedet ist. Der BUND hat die bisherigen Verhandlungen über das geplante Gesetz in Berlin mit Aktionen begleitet und so Druck für seine Forderungen aufgebaut. Auch die Umzingelung des Erkundungsbergwerkes in Gorleben am 28. April haben wir aktiv unterstützt. Wichtig ist uns, dass das langwierige Suchverfahren jetzt beginnt. Ein konkreter Standort für das Endlager darf aber erst genehmigt werden, wenn alle deutschen AKW endgültig vom Netz gegangen sind. Noch besser wäre es freilich, die verbliebenen neun Meiler sofort stillzulegen. Denn so würde sich die Menge des zu lagernden Atommülls deutlich reduzieren. Thorben Becker … ist der hauptamtliche Atomexperte des BUND. Mehr Infos, die BUND-Position und alle aktuellen Dokumente und Gesetzesvorschläge bund.net/atommüll


Bundesweit einmalig

AKTIV

Willkommen im Wildkatzendorf!

D

as »Rettungsnetz für die Wildkatze« hat jetzt ein Zentrum in der Mitte Deutschlands: das Wildkatzendorf bei Eisenach in Thüringen. Hubert Weiger eröffnete mit Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht und über 300 Gästen am 27. März bei strahlender Frühlingssonne die bundesweit einmalige Anlage im Örtchen Hütscheroda. »Das Wildkatzendorf macht die Faszination der heimischen kleinen Raubkatzen vor Ort erlebbar – und die Notwendigkeit, ihre Lebensräume zu erhalten und miteinander zu vernetzen«, so Hubert Weiger. Zeigt doch die Anlage nicht nur echte Wildkatzen, sondern spannt auch den Bogen zu ihren Lebensräumen und den Ursachen ihrer Bedrohung. Das Infozentrum »Wildkatzenscheune« erwartet seine Besucher mit einer interaktiven Ausstellung direkt im Dorfzentrum. Im natur-

nahen Schaugehege können die scheuen Jäger ausgiebig beobachtet werden. Von der Aussichtsplattform »Hainichblick«, eine kurze Wanderung entfernt, reicht schließlich der Blick über die Wipfel des Nationalparks Hainich bis zum ersten Wildkatzenkorridor zwischen Hainich und Thüringer Wald. Hier hat der BUND 2007 den Grundstein für die bundesweite Biotopvernetzung im »Rettungsnetz für die Wildkatze« gelegt. Ein Beispiel, das bundesweit Schule machte. »Auch der Naturschutz braucht Visionen«, betonte Weiger. Die Projekte des BUND zur Vernetzung von Lebensräumen für die Wildkatze und viele andere Arten seien Generationenaufgaben. Mit dem Wildkatzendorf erhält dieses langjährige Engagement nun einen festen Anlaufpunkt für die Bildung und die Begegnung von Mensch und Tier.

Diese Porzellantasse erhalten Sie für 19,90 € unter www. bundladen.de/sammeltasse – mit Unterteller und BUNDlogo auf der Rückseite. Weitere Informationen unter www.bund.net/wildkatze

Viele Gäste zur Eröffnung – links am Band Hubert Weiger.

Gewinnen Sie! Gewinnen Sie eine Reise zu zweit zum ersten deutschen Wildkatzendorf. Verbringen Sie zwei Sommertage in Hütscheroda mit Übernachtung, An- und Abreise sowie Eintritt und Führung im Wildkatzendorf im Gesamtwert von 500 Euro. Die Gewinnfrage lautet: Stammen unsere Hauskatzen von der Europäischen Wildkatze ab? Schicken Sie uns Ihre Antwort an wika@bund.net. Einsendeschluss ist der 9. Juni 2012. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Anzeige

Die Verantwortung fürs Geld kann man am Bankschalter abgeben, muss man aber nicht.

n Ma c h e t! Sie’s gu n Sie e rd e W d. Mitglie glsbank

Geld ist ein soziales Gestaltungsmittel – wenn wir es gemeinsam dazu machen.

das macht Sinn

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.de


Ein Jahr nach Fukushima

AKTIV

50 000 für eine schnellere Energiewende

Därge/PubliXviewinG

U

nter dem Motto »Fukushima mahnt: Atomanlagen jetzt abschalten!« gingen am 11. März, dem ersten Jahrestag des ReaktorGAUs von Fukushima, rund 50 000 Menschen in sechs deutschen Regionen auf die Straße. Sie forderten die Urananreicherung in Gronau einzustellen, Gorleben und Schacht Konrad als mögliche Endlager für Atommüll aufzugeben und den Atommüll aus den Lagern Asse II und Morsleben zügig zu bergen. Hier wie auch in Brokdorf, Gundremmingen, Neckarwestheim und Hannover (AKW Grohnde) hatte der BUND mit vielen Verbündeten zu Demonstrationen aufgerufen. Die Proteste sind ein deutliches Signal an die Bundesregierung, ihren halbherzigen Atomausstieg zu beschleunigen und die Energiewende voranzutreiben. Mit dem Beschluss, die Förderung der Fotovoltaik zu

senken, torpediert die Regierung stattdessen den Umbau. Dazu Hubert Weiger: »Hier droht ein wichtiger Eckpfeiler der Energiewende abgewürgt zu werden. Gleichzeitig sind Rösler und Röttgen dafür verantwortlich, dass in Sachen Energieeffizienz und Minderung des Energieverbrauchs nichts vorangeht. So scheitert die Energiewende.« Der BUND-Vorsitzende besuchte mit Richard Mergner vom Wissenschaftlichen Beirat des BUND am 11. März die Partner von Friends of the Earth Japan. Im Gepäck: 10 000 Kraniche aus Papier, die in Japan für Glück und Gesundheit stehen und zudem als Symbol der Atomkraftgegner gelten. In jeder Größe, Form und Farbe konnten sie diese am Rande der größten Demonstration in der Region Fukushima verteilen, gemeinsam mit den japanischen Verbündeten.

Oben: Demo am 11. März in Hannover. Am gleichen Tag verteilten Hubert Weiger und Richard Mergner in Koryama 10 000 gespendete Papierkraniche (darunter).

Aktionen zum Nachmachen

Schlaglochangeln Fränkischer Tag

Der Anlass

Aktive der Kreisgruppe Lichtenfels protestierten gegen eine neue Ortsumfahrung.

Sie protestieren gegen den geplanten Neubau einer Straße und fordern stattdessen den Bestand besser zu pflegen – nicht zuletzt für die Rad fahrende Minderheit. Ihr Motto: Straßen sanieren statt neue bauen!

Die Aktion Sie setzen sich – im Umfeld einer geplanten Neubaustrecke – allein oder zu mehreren mit Angeln um ein wassergefülltes Schlagloch, als Motiv für die eingeladene Presse.

Der Aufwand Fürs Material gering: Angeln oder Attrappen (etwa Haselnussstöcke), bei Trockenheit Wasser mitbringen. Die Pfütze können Sie mit einer

Plastikente dekorieren (siehe Foto). Eine Anmeldung Ihrer Aktion ist sinnvoll, um den Straßenabschnitt für die Dauer der Aktion sperren zu lassen. Oder Sie suchen sich ein Schlagloch auf dem Randstreifen. Tipp: Nutzen Sie den Fototermin, um die Botschaft Ihrer Aktion inhaltlich zu unterfüttern – durch ein Pressegespräch oder plakativ durch ein Schild oder Transparent mit Ihrer politischen Forderung.

Praxiserprobt und bewährt, an keinen konkreten Ort gebunden, zeitlich und finanziell wenig aufwendig und daher leicht umzusetzen: Aktionen wie die obige wollen wir Ihnen künftig regelmäßig präsentieren. Gruppen und Aktive finden auf bund-intern.net einen neuen Aktionskatalog. Hier erhalten Sie für diese und andere Aktionsideen Unterstützung durch Musterpressemitteilungen, Material sowie Tipps und Tricks. Wir laden zum Nachmachen ein!

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BUNDmagazin [2-12]


Projekt 500 000 – die Erde braucht Freunde

Mit der Familie im BUND

Geschenk 1 Das Manfred MistkäferMagazin Das Jahresabo des beliebten Mitmach-Magazins für die kleinen Naturfreunde (8 bis 12 Jahre – inkl. Begleitheft für Erwachsene)

Ein Familienausflug in die Natur ist etwas Besonderes. Gemeinsam gibt es viel zu entdecken, verschlungene Waldpfade zu erkunden oder ein Picknick auf der Wiese zu erleben. Auch zu Hause legen viele junge Familien Wert auf ein natürliches Leben, ohne giftige Chemikalien in Textilien und ohne Gentechnik in Lebensmitteln.

Mitglieder werben Mitglieder, damit die BUND-Familie weiter wächst. Unsere Mitglieder garantieren unsere politische und finanzielle Unabhängigkeit von Wirtschaft und Politik. Machen deshalb auch Sie mit und werben Sie neue Mitglieder. Entweder mit dem Coupon (unten) oder unter www.bund.net.

Haben Sie noch Fragen? Telefon: (0 30) 2 75 86-479 E-Mail: mitgliederservice @bund.net

Die Familienmitgliedschaft im BUND lädt Sie zu spannenden Naturerlebnissen und Aktionen ein. Unsere Ökotipps und aktuelle Artikel im BUNDmagazin unterstützen Sie in Fragen rund um Energiesparen, ökologische Ernährung und Verbraucherschutz. Melden Sie Familienmitglieder nach bzw. stellen Sie auf eine Familienmitgliedschaft um – ganz einfach per E-Mail oder Telefon (rechts). Jede Stimme zählt, damit Natur- und Umweltschutz noch mehr Gewicht erhalten.

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Geschenk 2 Geschenkbox Gourmetsalze

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Lecker – frischer Wind für Ihre Küche mit Rosmarin-Orange-Salz, Fleur de Sel und der Salzkreation Rustika. Mit dieser Geschenkbox können Sie Genießern oder Kochfans etwas Neues bieten. Bis auf die Salze sind alle Zutaten aus kontrolliert biologischem Anbau.

Geschenk 3 Kosmos-Naturführer für unterwegs Einfaches Bestimmen durch die klare Gliederung nach Lebensräumen: Wald, Wiese und Feld, Dorf und Stadt, Gewässer, Berge, Küste. Über 500 Porträts der wichtigsten und bekanntesten Tiere, Pflanzen und Pilze.

bitte wenden ➔

Ich habe ein Mitglied geworben. 񡑂񡑑񡑖񡑖񡑈񡑀񡑒񡑔 񡑈񡑗񡑙񡑈񡑓񡑀񡑅񡑑񡑈񡑀񡑗񡑓񡑖񡑈񡑓񡑀񡑄񡑐񡑔 񡑉񡑈񡑘񡑠񡑓񡑕񡑇񡑐񡑖񡑈񡑕񡑀񡑃񡑈񡑕񡑇񡑐񡑈񡑓񡑒񡑀񡑆񡑓񡑁

Ich habe ein neues BUNDmitglied geworben und mein gewünschtes Geschenk angekreuzt.

Name/Vorname

Antwort Adresse

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. Mitgliederverwaltung Am Köllnischen Park 1 10179 Berlin

Beruf

Geburtsdatum

Telefon

E-Mail

Mitgliedsnummer

Unterschrift

Manfred Mistkäfer

Geschenkbox Gourmetsalze

KosmosNaturführer für unterwegs


Neue Materialien

AKTIV

Pestizide töten Vögel

D

er BUND engagiert sich seit Langem dafür, dass auf unseren Feldern viel weniger Pestizide versprüht werden. Die industrielle Landwirtschaft setzt große Mengen von Giften ein, um unliebsame Konkurrenz zu bekämpfen. Diese Pestizide töten neben den eigentlichen Zielarten auch Bienen und

viele andere Kleintiere – und nehmen so den Vögeln die Nahrung. Um darauf aufmerksam zu machen, dass viele unserer Vogelarten in der Agrarlandschaft durch Pestizide sehr selten geworden sind, hat der BUND ein Materialienset entwickelt. Es enthält ein Faltblatt, fünf Postkarten und fünf Klingeltöne, die auf www.bund.net/klingeltoene herunterzuladen sind. Postkarten

und Faltblatt gibt es kostenlos im BUNDladen, Tel. (0 30) 2 75 86-4 80, bestellung@bundladen.de. Wie wirken sich Pestizide auf die Artenvielfalt aus? Antworten darauf gibt es auch unter www.bund.net /pestizide. Hier haben wir für Sie Informationen zum Einsatz von Pestiziden in der Land- und Forstwirtschaft sowie in den Kommunen zusammengefasst.

Die neuen Postkarten: Beispielhaft für viele bedrohte Vögel der Agrarlandschaft stehen Rebhuhn, Kiebitz, Kuckuck, Wiedehopf und Braunkehlchen.

Wenn Sie sich für eine Familienmitgliedschaft entschieden haben, tragen Sie bitte die Namen Ihrer Familienmitglieder hier ein. Jede Stimme zählt!

Ich wurde geworben Ja, ich mache mich für den Natur- und Umweltschutz stark und werde jetzt BUNDmitglied. Ich wähle folgenden Jahresbeitrag: (mind. 50 €) .................................................................. 앬 Einzelmitglied 앬 Familienmitgliedschaft (mind. 65 €) .................................................................. 앬 Ermäßigt (nach Selbsteinschätzung) (mind. 16 €) .................................................................. 앬 Lebenszeitmitglied

Name/Geburtsdatum

Name/Geburtsdatum

(einmalig mind. 1500 €) .................................................................. Name/Geburtsdatum

Zahlungsweise: 앬 jährlich 앬 halbjährlich 앬 vierteljährlich

Ja, ich zahle per Einzugsgenehmigung Name/Vorname

und spare damit Papier- und Verwaltungskosten. Bitte ziehen Sie den Betrag ab dem ___________ bis auf Widerruf von meinem Konto ein.

Straße

KontoinhaberIn

PLZ/Ort

Konto-Nr.

Bankleitzahl

Geburtsdatum

Datum

Unterschrift (bei Minderjährigen Unterschrift des/der Erziehungsberechtigten)

E-Mail

Ihre persönlichen Daten werden ausschließlich für Vereinszwecke elektronisch erfasst und – ggf. durch Beauftragte des BUND e.V. – auch zu vereinsbezogenen Informations- und Werbezwecken verarbeitet und genutzt. Eine Weitergabe an Dritte findet nicht statt.

Beruf

Telefon

xm02 12

Bank


Mit Zählbogen und Stift

Hinaus zu Distelfalter & Co

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ie Zählaktion »Abenteuer Faltertage« ist mittlerweile voll im Gange. Bereits Anfang März, einen Monat vor Beginn der Faltertagssaison, erreichte den BUND der erste Zählbogen: Eine Schmetterlingsfreundin aus Starnberg hatte 18 Kleine Füchse gesichtet! Inzwischen haben die Falter Gesellschaft bekommen, durch Arten wie Tagpfauenauge, Trauermantel, Disteloder Aurorafalter. Um diese und fünf weitere leicht zu erkennende Arten geht es beim »Abenteuer Faltertage«. Notieren Sie Ihre Beobachtungen auf unseren Zählbögen und melden Sie uns diese bis Ende Oktober, online oder per Post. An Pfingsten findet zudem das erste Aktionswochenende der Saison statt. Vom 26. bis 28. Mai bieten BUNDGruppen Veranstaltungen rund ums Thema Schmetterlinge an. Mehr dazu erfahren Sie unter www.bund.net/ faltertage oder bei Ihrer BUND-Gruppe vor Ort. Bestellen Sie jetzt gratis den Zählbogen und die Broschüre »Schmetterlinge schützen«: Tel. (0 30) 2 75 86-4 42, schmetterling@bund.net

Gute Zeiten, schlechte Zeiten Wird man mit dem Alter weiser? »Panorama« nicht. Dort geht es nach 50 Jahren journalistisch bergab. Gerd von Paczensky, Eugen Kogon und Peter Merseburger, um nur drei Namen aus den Glanzzeiten von Panorama zu nennen, sorgten durch solide Recherchen dafür, dass so mancher Skandal in der verkrusteten Bundesrepublik aufgedeckt wurde. Mit politischen Konsequenzen. Seit Leitung und Moderation der Sendung nicht mehr in einer Hand liegen, schielt man zunehmend auf das schlichte Strickmuster der Privaten: Die Geschichte, die erzählt wird, muss nicht stimmen, sondern nur stimmig erscheinen. Im März wollte »Panorama« den Eindruck erwecken, die BUNDLandesverbände Niedersachsen und Schleswig-Holstein hätten sich Klagen gegen einen Windpark, einen Flughafen- und Flussausbau abkaufen lassen; sie hätten Vergleiche geschlossen, um an Geld zu kommen. Wie wurde diese Mär berichtet? Schlicht: Ein einfacher (kleiner) Naturschützer ist mit der Entscheidung von (großen) Umweltverbänden nicht einverstanden. Das ist sein gutes Recht. Pflicht von »Panorama« wäre es gewesen, die ganze Geschichte zu erzählen. Zum Beispiel: Was wurde mit dem Vergleich erreicht? Welche Schäden wurden verhindert? Doch diese Fakten wurden bewusst weggelassen: Weil die Fakten das Klischee gestört hätten. Fakt ist: An den BUND ist weder in Schleswig-Holstein noch in Niedersachsen Geld geflossen, weil Klagen mit Vergleichen abgeschlossen wurden. Der BUND lässt sich nicht kaufen. Mehr dazu unter www.bund.net /naturschutz. Norbert Franck, Leiter der BUND-Presse-/Öffentlichkeitsarbeit

Schadstoffe in Alltagsprodukten

Weichmacher als Dickmacher

W

er unter Fettleibigkeit leidet, isst zu viel und bewegt sich zu wenig – so die gängige Meinung. Auch Ärzte bestätigen den Zusammenhang zwischen schlechter Ernährung, wenig Sport und Übergewicht. Doch Schadstoffe, die in vielen Alltagsprodukten stecken, können ebenfalls Dickmacher sein. Das ergab eine Studie, die der BUND mit der britischen Umweltorganisation CHEMTrust veröffentlicht hat. So haben Weichmacher, Flammschutzmittel und Bisphenol A bei Versuchstieren zu einer Gewichtszunahme geführt. Zudem wiesen die Tiere eine erhöhte Insulinresistenz auf – was auf ein Diabetesrisiko auch beim Menschen hindeutet. Die Chemikalien sind in Konservendosen, PVC-Böden, Kinderspielzeug oder Elektrogeräten enthalten. Sie beeinflussen das empfindliche Hor-

monsystem des Körpers. Gefährdet sind vor allem Föten im Mutterleib, weil das Hormonsystem ihre Entwicklung steuert. Bisher verband man hormonelle Schadstoffe vor allem mit Störungen der Sexualfunktionen. Die neue Literaturstudie, eine Bilanz von rund 240 Untersuchungsergebnissen, verdeutlich, dass die Belastung mit diesen Chemikalien auch das Risiko für Fettleibigkeit und Diabetes erhöhen kann. Die Zahl der Betroffenen hat in den letzten Jahrzehnten weltweit massiv zugenommen. Der BUND fordert daher die Bundesregierung auf, vor allem sensible Gruppen wie Schwangere und Kleinkinder besser zu schützen. Länder wie Frankreich sind uns hier schon voraus: Bisphenol A ist dort in allen Lebensmittelverpackungen verboten.

Mehr dazu unter www.bund.net/ dickmacher. Kontakt: Sarah Häuser, Team Chemiepolitik, Tel. (0 30) 27586-463, sarah.haeuser@bund.net

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Friends of the Earth

I NTER NATIONAL

Bedrohte Vielfalt Wie ist unser Netzwerk »Friends of the Earth« weltweit aufgestellt? Was sind die drängendsten kontinentalen Probleme? Und was haben wir damit zu tun? Die asiatisch-pazifische Region gehört zu den politisch, sprachlich, kulturell, religiös, geographisch und biologisch vielfältigsten der Welt. Das zeigt sich auch in der Zusammensetzung der Friends of the Earth Asia Pacific (FoE APAC).

Korea Japan Nepal Palästina Bangladesch

Philippinen

Malaysia Sri Lanka

PapuaNeuguinea

Indonesien Timor-Leste Australien

Neuseeland

Gründung der gemeinsamen Anti-Atomkampagne in Seoul.

D

ie dreizehn Mitglieder von FoE APAC verteilen sich von Palästina im Mittleren Osten bis zum süd-pazifischen Neuseeland. Reiche Länder wie Australien, Japan und Südkorea gehören genauso dazu wie Osttimor, das zu den ärmsten Staaten der Welt zählt. Föderative Bündnisse aus Umwelt- und Menschenrechtsgruppen wie »Walhi« (Indonesien) mit 483 Untergliederungen und über einer Million Mitglieder sind ebenso Teil des Netzwerks wie der klassische Mitgliederverband »Korean Federation of Environmental Movement« mit 85 000 Mitgliedern und 47 lokalen Gruppen. Der britische Auswanderer Graham Searle gründete FoE Neuseeland bereits 1975, während FoE Südkorea erst seit 1993 besteht. Die Partner aus Bangladesch, Nepal, Sri Lanka, Malaysia, den Philippinen und Papua-Neuguinea arbeiten vor allem als juristische Berater für lokale Gemeinschaften und zivilgesellschaftliche Gruppen, die mit Umweltstraftaten konfrontiert sind.

Für Wälder und Wasser Um dem illegalen Holzeinschlag wirkungsvoll zu begegnen, haben die Freunde der Erde Australiens, Indonesiens, Japans, Malaysias und Papua-Neuguineas die Ursachen der Rodungen analysiert – Holznutzung, Palmöl- und Jatrophaplantagen – und wollen nun über schlagkräftige Gegenstrategien beraten. »Pengon« (Palästina) setzt sich speziell mit dem Problem der großen Wasserknappheit und -verschmutzung

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BUNDmagazin [2-12]

in der Region auseinander. »Sahabath Alam Malaysia«, »Centre for Environmental Justice« (Sri Lanka) und »Walhi« wehren sich gegen konkrete Absichten, die Wasserversorgung zu privatisieren. Als Reaktion auf den Reaktorunfall in Fukushima/ Japan startete FoE APAC auf seiner letzten Mitgliederversammlung im Juni 2011 die gemeinsame Kampagne »Nuclear free Asia, Nuclear free world«.

Schwieriges Umfeld Obschon die meisten Gruppen in einem demokratischen Umfeld agieren, ist ihre politische Situation nicht immer einfach. Osttimor ist eine noch junge, von Unruhen geschüttelte Demokratie. Die Arbeit in Palästina wird durch die israelische Besetzung des Westjordanlandes erschwert. In vielen Ländern werden Umweltaktivisten unterdrückt und müssen um ihre Menschenrechte fürchten, vor allem auf den Philippinen, in Indonesien und Papua-Neuguinea. Dennoch lassen sich unsere Verbündeten der asiatisch-pazifischen Region nicht davon abhalten, für den Schutz der Natur und einer lebensfreundlichen Umwelt zu kämpfen und sich für die Rechte indigener und lokaler Gemeinschaften einzusetzen. Antje von Broock …betreut die internationale Umweltpolitik des BUND. Möchten Sie mehr über die internationale Arbeit des BUND erfahren? Kontakt: antje.vonbroock@bund.net


FoE International

Ein neues Gesicht

A

msterdam ist der Sitz des internationalen Sekretariats von Friends of the Earth. Hier laufen die Fäden für Pressearbeit, Kaufmännisches und Koordination zusammen. Die Leitung dieser Geschäftsstelle hat im April David Hirsch übernommen. Er beerbte damit Marejke Torf, die diese Funktion dreizehn Jahre lang erfüllte. David Hirsch blickt auf eine Karriere bei FoE USA zurück, wo er 1996 als Praktikant begann, einige Jahre das Verkehrsreferat leitete und zuletzt die Geschäftsführung innehatte. Im Rahmen seiner Mitarbeit

in der internationalen Projektgruppe »Mitgliederentwicklung« und im internationalen Vorstand erkannte er die »unglaublichen Potenziale« des Netzwerkes – und bewarb sich deshalb für den Posten des internationalen Koordinators. »Unser Bündnis könnte die Welt verändern, wenn die einzelnen Gruppen kraftvoller wären und wir mehr kooperieren würden«, so David Hirsch. »Ich möchte erreichen, dass alle Gruppen erkennen, wie sie die Mitgliedschaft bei FoE stärkt – auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene.«

David Hirsch

McPlanet.com

Informatives Klassentreffen

V

om 20. bis 22. April trafen sich in Berlin zum vierten Mal all jene, die sich für globale Umwelt- und Entwicklungsfragen interessieren. Mit 1 800 Teilnehmern und etwa 200 Referenten, Organisatoren und Helfern toppte »McPlanet.com« dieses Jahr alle Vorläufer. Der vom BUND mit attac, Brot für die Welt, Evangelischer Entwicklungsdienst, Forum Umwelt & Entwicklung, Greenpeace, HeinrichBöll-Stiftung und terre des hommes organisierte Kongress ist für viele zu einer Institution geworden. »McPla-

net ist ein großes Klassentreffen«, so Gert Sanders von der BUNDjugend. Hier treffe man alte Bekannte und lerne neue Verbündete kennen. »Die Menschen, die ich hier sehe, tun mir gut und bestärken mich in dem, was ich mache«, so Wolfgang Deuster vom BUND Brandenburg. Manch einer kam, um Referenten zu hören, die er oder sie einmal live erleben wollte – wie Achim Steiner, Leiter des Umweltprogramms der UN, oder Nnimmo Bassey, Vorsitzender von Friends of the Earth International. Andere nutzten den

Kongress, um sich fortzubilden. Denn während frühere Kongresse eher die Aktion in den Mittelpunkt stellten, war der diesjährige McPlanet.com deutlich sachorientierter. McPlanet: Gruppenbild der BUNDjugend mit der BUND-Ehrenvorsitzenden Angelika Zahrnt und Nnimmo Bassey (re. vorne).

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DI E J U NGE SEITE

Auf die Straße! Engagiert für lebenswerte Städte: In Bielefeld verwandelte die BUNDjugend ein verkehrsumtostes Stück Beton für einen Tag in ein buntes Wohnzimmer.

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erade hat hier, mitten in Bielefeld, jemand die Kulissen ausgetauscht. All der lebensfeindliche Asphalt der Straße ist verschwunden, der ständige Lärm des Autoverkehrs plötzlich verklungen. Kein Stress mehr, kein Gestank, kein Hupen. Auch das Grau des Betons ist blühendem Grün gewichen. Das Zentrum der Stadt hat sich in einen lebendigen und lebenswerten Ort verwandelt, in dem Menschen Vorfahrt haben vor dem motorisierten Individualverkehr. Es gibt nun Parks statt der Parkplätze, Kreisverkehre und Verkehrsinseln: Fußgänger und Radfahrer haben Priorität vor Fahrzeugen, die Abgaswolken ausstoßen.

Was wäre, wenn? Leider ist das Ganze – noch – eine Vision. Doch gut 25 Aktive der BUNDjugend Nordrhein-Westfalen tun einfach so, als ob diese Vision schon Wirklichkeit sei: Was wäre, wenn? An einem Samstag Vormittag im März haben die Jugendlichen eine Verkehrsinsel mit Fußgängerüberweg temporär (und mit Genehmigung) besetzt und in Beschlag genommen. Sie verhalten sich, als gäbe es die stark befahrene Straße gar nicht, zwischen deren Spuren sie sich niedergelassen haben. Sie haben Sofas und Tische mitgebracht und treffen sich hier zum Picknick. Manche stricken in aller Seelenruhe, andere verspeisen eine Pizza, spielen Trommel, beweisen ihr Geschick beim Mikado oder pusten ein paar Seifenblasen in die Luft. Wieder andere aber tragen Atemmasken und Ohrenschützer, verteilen Flyer an

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BUNDmagazin [2-12]

Passanten und diskutieren mit Autofahrern, die sich aufregen, weil vor ihnen Jugendliche den Asphalt mit Malkreide verzieren und so immer wieder mal für eine halbe Minute die Straße blockieren – bis ein Polizist das untersagt.

Zustimmend bis genervt »Unser Konzept ist, ein möglichst buntes Wohnzimmer mitten auf die Straße zu bringen und die Leute so zum Nachdenken zu bewegen«, sagt Rebekka Schlang aus Münster. Die 20-Jährige absolviert bei der BUNDjugend Nordrhein-Westfalen ihr Freiwilliges Ökologisches Jahr und war wie gut zehn weitere Aktive an der Vorbereitung des kreativen Happenings beteiligt. Bei Fußgängern und Radfahrern ernten die jungen Demonstranten viel Lob und Zuspruch. Viele Autofahrer schütteln dagegen entnervt den Kopf – sie sind gefangen in genau dem Stress, der Hektik und dem städtischen Chaos, das die BUNDjugendlichen mit ihrer Aktion anprangern. Auf Vorbereitungstreffen und via Internet hat die BUNDjugend ihre Ideen und Vorschläge für lebenswerte Städte zusammengetragen. Denn was in Bielefeld ein Problem ist, ist es auch anderswo in deutschen Metropolen. Auf einem grünen Flyer, der hundertfach verteilt wird, steht: »Wir fordern autofreie Innenstädte mit mehr Platz für Grün- und Erholungsanlagen, Rad- und Fußgängerzonen. Statt Straßen auszubauen, sollte man sie lieber rückbauen. Eine nachhaltige Flächennutzung


und umweltbewusste Stadtplanung sind wichtige Grundlagen für ein besseres Leben in der Stadt.« Auch eine konkrete Forderung haben die Jugendlichen im Gepäck. Sie sorgt für viel Diskussion mit den Passanten: »Kostenloser Nahverkehr für alle würde viele Menschen sofort dazu motivieren, ihr Auto häufiger stehen zu lassen«, sagt Yanna Josczok aus Münster. Die 23-jährige Geographie-Studentin, engagiert auch in der Bundesjugendleitung der BUNDjugend, erklärt es so: »Im Vergleich zu den Kosten, die wir für Bau und Instandhaltung unserer Straßen aufwenden, sind die Einnahmen aus den Fahrpreisen des ÖPNV fast zu vernachlässigen. Wir müssen aber echte Anreize schaffen, um den Wandel in den Städten zu ermöglichen – sonst stinkt der Verkehr weiter zum Himmel.«

Wie überzeugen? »Wir haben die Aktion anlässlich unserer Landesjugendversammlung terminiert, damit möglichst viele Aktive und auch neue Interessierte mitmachen können«, erklärt Andrea Schaupp, die Referentin für Jugendbildung in der

Geschäftsstelle der BUNDjugend NRW. »Genauso wichtig wie unser Picknick auf der Verkehrsinsel war aber die kritische Reflektion danach«, meint die 28Jährige. »Wir haben überlegt, wie wir bei weiteren Aktionen für Aufmerksamkeit sorgen, mehr Leute ansprechen und diese auch überzeugen können. Schließlich geht es ja nicht darum, nur Spaß zu haben bei einer Aktion.«

Das BUNDjugend-Projekt about change will Jugendliche animieren, ihren Alltag klimafreundlicher zu gestalten. Auf Stadtführungen stellen wir klimabewusste Projekte und Alternativen vor. Zudem laden wir zu Klimaexperimenten ein. Auch du kannst mitmachen: Lass dich als about changeStadtführer/in ausbilden und zeige Jugendlichen, wie sie klimafreundlicher leben können! Das erste Ausbildungswochenende findet vom 15. bis 17. Juni in Erfurt statt. Willst du dich anmelden oder mehr über unser Projekt wissen? Dann melde dich bei: judith.bauer@bundjugend.de

Weiter kreativ In Nordrhein-Westfalen kann man sich, das ist das Ergebnis des Wochenendes, auf weitere kreative Aktionen der BUNDjugend freuen. »Wir werden uns auch dieses Jahr wieder gegen die Nutzung der Braunkohle engagieren – das ist hier in der Region immer ein heißes Thema«, so Andrea Schaupp. »Und auch diejenigen, die glauben, neue Ställe für die Massenhaltung von Hühnern bauen zu müssen, werden von uns hören. Wir haben überlegt, uns in aller Öffentlichkeit einschweißen zu lassen wie die Hähnchen, die später im Supermarktregal liegen. Das wird sicher wieder eine spannende Aktion.« Helge Bendl (Text und Fotos)

Hadi bakalım – WELTbewusst Dank einer türkischsprachigen BUNDGruppe ist das Pixi-Heft für konsumund globalisierungskritische Stadtrundgänge nun auch auf Türkisch zu haben (zu bestellen über www.bundjugend.de/shop). Mit internationalen und globalen Themen beschäftigt sich auch das WELTbewusst-Sommertreffen vom 13. bis 16. September in Würzburg. Neben tollen Workshops, Referenten und Aktionen er warten euch über 50 Aktive aus ganz Deutschland, mit denen ihr euch austauschen, gemeinsam diskutieren und kreativ werden könnt. Mehr zum Projekt und zur Anmeldung unter www.weltbewusst.org

Jugend im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V., Am Köllnischen Park 1a, 10179 Berlin, Tel: (0 30) 2 75 86-50, Fax: -55, info@bundjugend.de, www.bundjugend.de

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DI E I N FOSPALTE DER BU N DJ UGEN D

about change – Klima leben


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Erlebnisführer fürs Grüne Band

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Kennen Sie die Wanderführer für Ausflüge am Grünen Band, der einstigen innerdeutschen Grenze? Nun ist die Reihe komplett: Der BUND hat den letzten Band der siebenteiligen Serie »Vom Todesstreifen zur Lebenslinie« von Reiner Cornelius veröffentlicht. Er ist dem südlichsten Teil des Grünen Bandes gewidmet, dem Abschnitt Frankenwald-Vogtland. Erleben Sie das Grüne Band zwischen Eisfeld am Fuß des Thüringer Waldes und Hranice (Rossbach) unweit des »Dreiländerecks« Bayern-Sachsen-Tschechien. Spannende Reportagen und über 300 Abbildungen regen

dazu an, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Erkunden Sie den Natur gewordenen Grenzstreifen, sichten Sie das Kulturerbe der Umgebung und kosten Sie die regionalen Spezialitäten. Neben dem Grüne-Band-Fernwanderweg beschreibt Cornelius 25 Rundtouren, die zu den schönsten Stellen des südlichen Grünen Bandes führen; jede Tour mit detaillierter Wegbeschreibung, Karte und allen Infos für einen lohnenden Ausflug. Zu empfehlen sind übrigens auch die anderen sechs Bände der Serie. Der vergriffene Harz-Band ist – rundum aktualisiert – seit Kurzem wieder erhältlich.

Reiner Cornelius: Frankenwald-Vogtland, 2012. 232 S., 22,50 €, Bezug beim Autor – Tel. (0 66 25) 91 93 44, www.grünes-band-wandern.de (Rabatte bei Abnahme von Teilserien oder allen sieben Bänden) – und über www.bundladen.de/wanderfuehrer, Tel. (0 30) 2 75 86-4 80

Energie- und Klimaquiz Wie lang dauert es, bis ein Windrad die gleiche Energie erzeugt hat, die zu seiner Herstellung nötig war? Wie viele Atomkraftwerke hätten ab 2010 nach einem Szenario der Enquetekommission von 2002 für eine »nachhaltige Energieversorgung« in Deutschland neu gebaut werden sollen? 55 spannende Fragen, Antworten und Hintergrundinfos rund um Klima und Energie hat Uwe Nestle, ehemals Regierungsdirektor im Umweltministerium, zusammengetragen. Fotos von Protesten der Umweltbewegung, informative Grafiken sowie ein Exkurs »100 % erneuerbare Stromversorgung« runden das Bild ab.

Die Darstellung der Gegensätze von Atomkraft und erneuerbaren Energien bilden den Schwerpunkt, passend zur Veröffentlichung im Jahr des Atomausstiegs 2011. Probleme fossiler Energieträger kommen etwas kürzer. Die Energieeffizienz als natürlicher Partner der erneuerbaren Energien wird leider nur kurz gestreift. Dennoch ist die Lektüre für Energienovizen wie Klimaprofis gleichermaßen interessant, ob als Argumentationsquelle, Nachschlagewerk oder kurzweiliges Quiz. Die Antworten zu den Fragen oben lauten übrigens: nur 2 bis 4 Wochen; und: stattliche 50 bis 70 Reaktoren!

Uwe Nestle: Das Energie- und Klimaquiz, 2011. 224 S., 19,80 €, VAS; siehe auch www.dasenergiequiz.de

Heißer Stoff Deutschland ist Kaffeeland. Deutsche trinken mehr Kaffee als Bier. Vier Tassen am Tag, 180 Liter im Jahr. Deutschland importiert rund 15 Prozent der weltweiten Kaffeeernte. Kaffee ist ein globales Handelsgut; er wird in über hundert Ländern angebaut. Millionen Menschen leben von der Produktion des Wachmachers. Martin Krieger hat eine Kaffee-Geschichte vorgelegt. Über zweitausend Jahre und fast alle Kontinente nimmt er ins Blickfeld. Er zeichnet den Weg dieses Genussmittels von Afrika in die gesamte Welt nach, beschreibt seinen Durchbruch im 19. Jahrhundert und wie sich der Kaffeegeschmack heute zunehmend globalisiert. Auch skizziert er die politi-

schen, wirtschaftlichen und sozialen Dimensionen der Kaffeeherstellung: Früher verhalf Sklavenarbeit der Bohne zum Erfolg; heute machen Kinder und schlecht bezahlte Tagelöhner den Stoff hierzulande erschwinglich. Krieger vernachlässigt allerdings die ökologischen Folgen des Kaffeeanbaus: Für Kaffee wurde und wird tropischer Urwald zerstört. Zu kurz kommen auch der (noch immer bescheidene) Bio-Anbau und faire Handel. Trotzdem ist »Kaffee« eine informative und gut geschriebene Stoffbiografie. Daran ändern auch kleine Schlampereien nichts (so heißt der Autor des ersten deutschen Grundlagenwerks über Kaffee Jacob, nicht Jacobs).

Martin Krieger: Kaffee. Geschichte eines Genussmittels, 2011. 308 S., 24,90 €, Böhlau

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Sintflut der Globalisierung Waren und Daten werden weltweit immer häufiger, schneller und über größere Distanzen transportiert und ausgetauscht. Durch diese »Sintflut der Globalisierung« wird unsere Erde biologisch und kulturell immer homogener. Die meisten Tiere und Pflanzen verschwinden, noch bevor wir ihre Geheimnisse auch nur annähernd erschließen können. Mit jeder verlorenen Art berauben wir uns auch der Möglichkeit, ihre spezifischen Laute, Farben, Düfte oder Formen in unsere Kultur eingehen zu lassen. Unsere Vorstellungskraft verarmt – und die Welt ist wieder etwas weniger vielfältig, wundersam und phantastisch geworden.

Auf diesen Verlust von Leben und Kultur weist der Biologe Marcel Robischon in seinem Buch »Vom Verstummen der Welt« eindringlich und mit unzähligen Beispielen hin. Wie viele über Millionen Jahre entstandene schillernde Lebenswelten haben Siedler aus Europa allein dadurch verheert, dass mit ihnen auch ihr tierisches Gefolge die entferntesten Winkel der Erde kolonisierte, von den Honigbienen bis zu den Ratten und Ziegen … Die Aufzählung all dessen, was heute schon unrettbar verloren ist – wie sollte sie nicht traurig machen? Und doch: Das Bewusstsein für den Verlust ist aufs Neue geschärft. Und so Vieles gilt es noch zu retten!

Marcel Robischon: Vom Verstummen der Welt – Wie uns der Verlust der Artenvielfalt kulturell verarmen lässt, 2012. 320 S., 19,95 €, oekom

Tatort Wald Nach sechs Jahren gibt es dieses Porträt des Försters und engagierten BUND-Mitglieds Georg Meister in neuer und aktualisierter Form: ein rundum überzeugendes und lesenswertes Plädoyer für naturnahe Mischwälder! Der BUND-Ehrenvorsitzende Hubert Weinzierl hat dazu ein Vorwort geschrieben.

Von einem Mitglied der Redaktion Norbert Franck: Gekonnt referieren. Überzeugend präsentieren. Ein Leitfaden für die Geistes- und Sozialwissenschaften, 2012. 168 S., 14,95 €, VS-Verlag

Claus-Peter Lieckfeld: Tatort Wald. Georg Meister und sein Kampf für unsere Wälder, 2012. 272 S., 22,99 €, Westend

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Im Gespräch mit Gert Müller

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Gert Müller ist Prorektor der Musikhochschule Hanns Eisler in Berlin. Gemeinsam mit seiner Frau kämpft er in Haßleben (Uckermark) seit Jahren gegen die Wiedereinrichtung einer riesigen Schweinemast aus DDR-Zeiten. Herr Müller, wieso wehrt sich ein Berliner Jazzmusiker gegen eine 90 Kilometer entfernte Schweinemast? Weil ich auch Uckermärker bin. Mit meiner Frau und den zwei Töchtern habe ich seit Anfang der 90er Jahre einen Zweitwohnsitz, ein kleines Häuschen etwa acht Kilometer entfernt von Haßleben. Ich verbringe fast die Hälfte der Woche da draußen, schreibe meine Musik, halte Proben, was auch immer. Irgendwann bekamen wir mit, dass in dieser traumhaften Gegend, die wir sehr lieben gelernt haben, eine Schweinemast mit über 80 000 Tieren geplant ist. Wir sind darauf zu einer kleinen tapferen Bürgerinitiative gestoßen, mit der wir seit sieben Jahren gegen die Anlage kämpfen, in enger Kooperation mit dem BUND. Er hat den geplanten Mastbetrieb als Präzedenzfall eingestuft und uns juristisch unterstützt. Obwohl die Unterlagen lückenhaft und teilweise falsch waren, erlaubte das Landesumweltamt als Genehmigungsbehörde dem Investor van Gennip immer wieder, seine Anträge nachzubessern. Derzeit versucht er durch eine erneute Änderung auf »nur noch« 35 000 Tierplätze ein drohendes Scheitern abzuwenden. Doch nun scheint ein Ende in Sicht … Ja, das Vorhaben wird jetzt unter Umständen abgelehnt wegen eines nahen Moores. Das ist ein bisschen wie Schattenboxen: Da wird formalistisch über die Abluft, den Brandschutz, das Tageslicht in den Ställen oder eben die kleinflächigen Folgen für ein Moor diskutiert. Dabei ist das ganze System der industrialisierten Landwirtschaft krank. Uns wäre eine politische Entscheidung viel lieber – dass das Land Brandenburg sagt: Wir wollen diesen Schweinkram nicht, diese industrielle Landwirtschaft mit all ihren negativen Folgen. In Regionen mit vielen Arbeitslosen klammert man sich an jeden, der Arbeit verspricht. Waren Sie da als Berliner mit sicherem Auskommen nicht in Rechtfertigungsnot? In unserer Bürgerinitiative sind durchaus auch arbeitslose Uckermärker. Aber mit dem Argument »Arbeitsplätze« wurden wir natürlich oft konfrontiert. Dabei versprach man nicht einmal 50 Menschen einzustellen, und die meist zu Minilöhnen. Wer weiß, ob man nicht Billigarbeiter aus Polen geholt hätte? Und bei den wenigen hochqualifizierten Stellen dürfte vor Ort kaum jemand zum Zuge kommen. Gleichzeitig raubt man vielen kleinen Schweinemästern die Existenzgrundlage und bedroht Arbeitsplätze in der Naherholung. Mehr zu Haßleben:

www.kontraindustrieschwein.de

Wurde Ihnen der Sinn für eine intakte Kulturlandschaft in die Wiege gelegt?

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Das wohl nicht. Ich habe zwar als Kind am Rande einer niedersächsischen Kleinstadt in den Wiesen gespielt. Doch war es ein wirklich großes Erlebnis, die Uckermark kennenzulernen. Wie anders es dort aussah als in der Gegend meiner Kindheit! Überall Hecken, viel Mohn und Kornblumen auf den Feldern, die Wiese voller Frösche. Zu erleben, wie all dieser Reichtum immer weniger wird, bewog uns etwas zu tun. Gemeinsam mit Ihrer Frau gründeten Sie letztes Jahr auch die Bürgerinitiative »Verseuchte Felder in der Uckermark«. Was war der Anlass? Sensibilisiert für das Thema Landwirtschaft stellten wir fest, dass der Artenschwund in der Uckermark selbst für uns Laien wahrnehmbar war. Verschiedene Behörden gaben uns zu verstehen, dass sie nur aufgrund belastbarer Daten tätig werden könnten. Wir beschlossen den Schaden chemisch zu belegen: Aus dem nächstbesten Feldsoll in einem der heute typischen Maisäcker zogen wir eine Wasserprobe und ließen sie analysieren. Und siehe da: Die dort gefundenen Pestizide überschritten die europäischen Grenzwerte um das bis zu 120-fache. Das hat viel Aufsehen erregt. Denn alle Behörden gehen davon aus, dass dies kein singuläres Problem ist, sondern die industrielle Landwirtschaft flächendeckend betrifft. Es heißt nun aber auch, man könne dem Maisbauern keinen echten Verstoß nachweisen und müsse das erst einmal beobachten – dergleichen flügellahme Antworten. Sehr frustrierend! Waren Sie schon vor Ihrem Uckermärker Engagement für Umwelt und Natur aktiv? Gar nicht. Ich war in der Musik- und Theaterszene unterwegs, war auch Mitglied bei Umweltverbänden, aber mehr als Karteileiche. Erst die direkte Betroffenheit hat mich zur Aktion gezwungen. Interview: Severin Zillich


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