BUNDmagazin 3/2011

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Bund f端r Umwelt und Naturschutz Deutschland

BUNDmagazin Friends of the Earth Germany

Halbherzige Energiewende

www.bund.net

3/2011


Zukunft f端r die Natur, durch ein Verm辰chtnis an den BUND.

... f端r Ihre Unterst端tzung! Wir haben gemeinsam viel erreicht. Und wir haben viel vor. Die Zukunft der Natur beginnt jetzt. Mit Ihnen? Erbschaftsunterlagen erhalten Sie unter www.meine-erben.de oder direkt bei Almuth Wenta Tel. 030 / 275 86 - 474


Liebe Leserinnen und Leser, die Energiewende ist das größte politische Projekt seit der Wiedervereinigung – meint Alois Glück (CSU), der als Mitglied der EthikKommission die Bundesregierung bei ihrem Kurswechsel in der Energiepolitik beraten hat. Für den BUND ist die Energiewende nicht erst seit diesem Jahr von eminenter Bedeutung. Speziell der Kampf gegen die Atomkraft prägt unseren Verband seit seiner Gründung. Doch das, was die Bundesregierung als ihre Energiewende bezeichnet, bleibt in vieler Hinsicht hinter dem zurück, was möglich und nötig gewesen wäre. Der BUND wird daher weiter für ein zukunftsfähiges Energiesystem eintreten. Mehr dazu in unserem Titelthema. Ende Juni feierten Abgesandte aus aller Welt in Radebeul bei Dresden den 40. Geburtstag des UNESCO-Programms »Der Mensch und die Biosphäre«. Es zielt darauf, Naturschutz und nachhaltiges Wirtschaften zu verbinden. Als Modellregionen dienen weltweit 580 Biosphärenreservate, 15 davon in Deutschland. Eines der jüngsten ist die Schwäbische Alb. Wir haben sie porträtiert, als Auftakt einer neuen Serie – über Schutzgebiete mit einer vielschichtigen Mission. Der Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene widmet sich der BUND 2011 mit einem eigenen Projekt. In dieser Ausgabe geht’s um die Finanzen: Wer heute Geld in den Umweltschutz steckt – ob in die Gebäudesanierung, die lokale Energieversorgung oder in Fahrradwege –, um morgen und übermorgen weit höhere Ausgaben zu vermeiden, handelt auch im rein ökonomischen Sinn nachhaltig. Doch können es sich womöglich nur reiche Gemeinden leisten, in die Zukunft zu investieren? Nein, meint unser Gastautor von der Heinrich-Böll-Stiftung.

FORUM 4 Leserbriefe/ Impressum

I N HALT

MAGAZI N 6 Kurznachrichten FOTOSEITE 9 Sonnentau KOMMENTAR 10 Sieg für die Umweltbewegung TITELTH EMA 12 Halbherzige Energiewende 13 Zu langsam, zu gefährlich 14 BUND gegen Atomkraft 16 Interview zum Atomausstieg 18 Keine neuen Kohlemeiler 19 Stiefkind Energieeffizienz

Seite 12: Für den Atomausstieg … … und erneuerbare Energien hat der BUND Jahrzehnte gekämpft. Nun, da es endlich nicht mehr ums »ob« geht, ist über das »wann« und »wie« zu sprechen.

RATGEBER 22 Grüne Geldanlage 23 PFC: praktisch, langlebig, giftig AKTION 24 Stromwechsel – eine Stilfrage BIOSPHÄR EN R ESERVATE 26 Schwäbische Alb ZU R ZEIT 28 Neues von der BUNDstiftung 29 Zu arm, um nachhaltig zu sein? 30 BUND-Vision »Lebendige Flüsse« 31 Verkehrspolitik: Mut zu Prioritäten 32 Elektromobilität: falsch gepolt

Den abstrakten Begriff der Nachhaltigkeit mit Leben zu erfüllen, das hat sich auch die BUNDjugend vorgenommen. Ihr Projekt »Morgen Lande« führt junge Menschen mit Unternehmen zusammen. Gemeinsam sollen daraus Projekte für eine sozialere und ökologischere Zukunft entstehen.

AKTIV 33 Neues aus dem BUND 38 Friends of the Earth International 40 Die junge Seite

Viel Spaß beim Lesen dieses BUNDmagazins wünscht Ihnen

MAR KTPLATZ 42 Kleinanzeigen MEDI EN 44 Interessante Neuheiten

Redaktion BUNDmagazin

Seite 26: Schwäbische Alb Zur Modellregion für Nachhaltigkeit soll sie werden, die Alb. Ein komplexer Auftrag – und eine große Chance für alle Einwohner der jungen Biosphäre.

Seite 40: Raum für Visionäre Mit »Morgen Lande« hat die BUNDjugend eine Plattform geschaffen, auf der junge Leute und nachhaltige Unternehmen Ideen austauschen können.

PERSÖN LIC H 46 Alexander Spangenberg [3-11] BUNDmagazin

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FORUM

Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland

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AKWs aus, Sonne an!

Titel der Ausgabe 2/11

Torfverzicht Schon vor über 40 Jahren empfahlen wir öffentlich, im Garten auf Torf zu verzichten, der vor allem schweren Böden zu mehr Leichtigkeit verhelfen sollte. Wer gründlich beobachtete, stellte fest, dass der Torf sehr schnell einfach verschwand und der Boden hart wie eh und je blieb. Viel gescheiter ist fleißiges Mulchen: Der Boden wird mit dem anfallenden Schnittgut abgedeckt. Was wächst und nicht anderweitig verbraucht wird, lässt sich recyceln. In Schwaben und Oberbayern haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich Böden durch Mulchen und Kompostgaben unglaublich verbessern. Leider wird in Gartencentern weiter Torf angeboten, und dies, obwohl man es inzwischen doch besser wissen müsste. Erika Zwicker, Icking

IMPRESSUM Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift des BUND und erscheint viermal im Jahr. Herausgeber: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) – Friends of the Earth Germany Redaktion: Dr. Norbert Franck (V.i.S.d.P.), Severin Zillich (C.v.D.), Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, (0 30) 2 75 86-4 57, Fax -4 40, redaktion@bund. net, www.bund.net. Unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos werden sorgfältig behandelt; eine Haftung wird nicht übernommen. Gestaltung, Produktion: Claudia Gunkel (Produktionsleitung), Marc Venner (Grafik/Layout), Rudolf Gorbach (Grundlayout)

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BUNDmagazin [3-11]

Mobilfunk

2/2011

Herzlichen Dank für diesen hervorragenden, verständlichen und kompakten Artikel. Hoffentlich trägt er dazu bei, dass das Thema Mobilfunk auch in den Ortsgruppen an der Basis mehr wahrgenommen wird. Aus meiner Sicht war so ein Artikel im BUNDmagazin überfällig. Wir hoffen, dass das Thema Mobilfunk künftig öfter aus seinem Schattendasein rückt und von den Mitgliedern als Gefahr für Menschen, Tiere und Umwelt erkannt wird. Marcus Mühleisen, Plochingen Solange eine Gesundheitsbeeinträchtigung durch elektromagnetische Felder nicht ganz ausgeschlossen werden kann, ist es sinnvoll, zu einem kritischen Umgang damit zu raten. Bei der unvoreingenommenen Auseinandersetzung mit dem Thema sollte allerdings auf Aussagen verzichtet werden wie »Fallstudien und Leidensgeschichten elektrosensibler Menschen erlauben eindeutige Aussagen«. Eindeutige wissenschaftliche Aussagen sind nämlich – auch nach dem neuesten Bericht der International Agency for Research on Cancer (IARC)/WHO – aktuell nicht möglich. Moritz Stuplich, Bonn Sie beleuchten das boomende mobile Internet sehr kritisch und geben auch Empfehlungen zur Vermeidung elektromagnetischer Felder. Jedoch scheint Ihnen entgangen zu sein, dass die auf Seite 44 als

Titelbild 3/11 (15. Jg.): Uli Staiger/die lichtgestalten, mit Fotos von Fotolia/williem + Claudia Otte Verlag: Natur & Umwelt Verlags-GmbH, Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin Mitgliederservice: (0 30) 2 75 86-479, Fax -4 40, mitgliederservice@bund.net Bezugspreis: für Mitglieder im Beitrag enthalten; für Nichtmitglieder 15 Euro pro Jahr Anzeigenverwaltung: Nicole Deege, Zweiplus Medienagentur, Pallaswiesenstraße 109, 64293 Darmstadt, (0 61 51) 81 27-1 01, Fax: 89 30 98. Es gilt der Anzeigentarif Nr. 18. Druck: Brühlsche Univ’druckerei GmbH & Co KG Papier: 100% Recycling, glänzend gestrichen Spenden: Der BUND benötigt für seine Arbeit über die Mitgliedsbeiträge hinaus Unterstützung.

»Praktischer Begleiter« bezeichnete mobile Internetanwendung ebenfalls zur Belastung der Umwelt mit elektromagnetischen Feldern beiträgt. Sollte hier nicht besser auf ein herkömmliches Bestimmungsbuch hingewiesen werden? Dieter Hammes, Bonn Es ist dem BUND wichtig, vor den Folgen des mit Macht vorangetriebenen mobilen Internets zu warnen. Gleichzeitig steigt die Zahl und Nutzung verschiedenster Apps, deren Möglichkeiten die der klassischen Medien erweitern können, auch in der Umweltbildung. Wenn wir nun hin und wieder auf unserer Medienseite empfehlenswerte Apps vorstellen, dann im Vertrauen, dass sich unsere Mitglieder auch der Nachteile dieses Mediums bewusst sind.

Energiewende Die meisten Menschen sind froh über die Abschaltung der deutschen AKW in den nächsten Jahren. Es darf aber nicht passieren, dass wir dann Atom- oder Kohlestrom aus Ländern wie Frankreich etc. kaufen. Deshalb ist jetzt mit voller Kraft vor allem die Windenergie auszubauen. Da der Wind nicht immer weht und die Photovoltaik im Winter nur wenig Strom liefert, müssen zudem genügend Pumpspeicherkraftwerke errichtet werden. Dabei sollte sich der BUND nicht querlegen, sonst ist sein Kampf gegen Atom- und Kohlekraftwerke unglaubwürdig. Karl Rauschenberger, Ehingen

Ihre Spende ist steuerlich absetzbar. Bitte überweisen Sie Ihre Spende auf das Konto Nr. 232 der Sparkasse KölnBonn, BLZ 370 501 98. Danke! (siehe dazu www.bund.net/spenden) Copyright: Alle Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck oder sonstige Verwertung nur mit schriftlicher Einwilligung des Verlages. Druckauflage: 152 220 Exemplare (IVW 2/2010); in Natur + Umwelt: 101 000 Ex. (IVW 2/2010) Beilagen: Dieses BUNDmagazin enthält Beilagen von Spiegel-Verlag sowie (in Teilauflage) von Waschbär Umweltversand und Solar Millenium. Das BUNDmagazin 4/2011 erscheint am 12. November mit dem Schwerpunkt »Ehrenamt«.


Ich war letztes Jahr im Hainich und von der Ursprünglichkeit begeistert. Überregional scheint der Nationalpark wenig bekannt zu sein, deshalb freut mich Ihr Artikel. Es ist eine tolle Natur dort, leider gibt es kaum Infrastruktur für ökologische Mobilität, und die Übernachtungsmöglichkeiten in der Umgebung sind etwas eingeschränkt. Ein Besuch aber lohnt sich! Stefan Kunterding, Köln

Grüne Feste Ihr Ratgeber ist ja ganz gut, aber an einigen Stellen noch nicht das ökologische Optimum. Grillen streichen wir in der Regel ganz und braten in der Pfanne oder im Backofen. Das qualmt nicht und verbraucht auch weniger Energie. Einen Eisschrank besitzen wir u. a. aus ökologischen Gründen nicht. Eventuelle Reste haben wir bis jetzt noch immer unter den letzten Gästen verteilt. Dazu ist nur ein entsprechender Bestand an »Einweg«Behältnissen wie alten Speiseeisoder Margerinedosen und größeren Schraubdeckelgläsern praktisch, die im Haushalt sowieso anfallen und die die Gäste gefüllt mitbekommen, ohne sie zurückgeben zu müssen.

Finden in unserem Haus größere Feiern statt, wird mit den Resten in der Regel noch am nächsten Tag die Putz- und Aufräummannschaft verköstigt. Die anderen genannten Maßnahmen sind für uns eigentlich selbstverständlich. Ulrich Schäfer, Darmstadt

Sonstiges

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Nationalpark Hainich

Ist seit Fukushima wirklich alles anders?

Ich finde gut, dass Sie im Magazin (verstärkt?) Menschen aus dem BUND und Ihre Arbeit vorstellen. Meines Erachtens sollten vermehrt junge Aktive präsentiert werden. Dies motiviert und aktiviert junge Menschen, die sehen, dass sie nicht alleine sind und ihr Engagement wertgeschätzt wird. Wolfgang Deuster, Potsdam Zum Leserbrief von Holger Schneider (»Wenig Umweltbewusstsein«): ein wenig konstruktiver Beitrag. Nach dem Motto »Jeder kehre vor seiner eigenen Tür« wäre doch sehr viel geholfen, wenn jeder Einzelne auf ein kleineres Auto, auf weniger Fleisch, auf eine bewusste Müllsortierung, seinen Papier- und Stromverbrauch etc. achten würde. Wir alle können sehr wohl durch kleine Dinge viel bewirken und zu Größerem beitragen! Stephie Damm, Tübingen

Heyne-Taschenbuch · 224 Seiten · € 8,99 [D] ISBN 978-3-453-60230-4

Leseprobe unter www.heyne.de Die Redaktion freut sich über jede Zuschrift, behält sich aber Kürzungen vor. Eine erweiterte Auswahl von Leserbriefen finden Sie unter www.bund.net/ bundmagazin – etwa vier Wochen nach Erscheinen der neuen Ausgabe.

Wie ernst ist es den Politikern wirklich mit dem Atomaustieg? NEUE BUND-POSITION

Ein ebenso aktueller wie schonungsloser Bericht über Wahlkampfmanöver, Wirtschaftsinteressen und die Manipulation der Öffentlichkeit.

Der BUND hat seinen Standpunkt zur Windkraft aktualisiert – mit dem Ziel, ihre Potenziale bestmöglich zu nutzen. Was auch heißt: »besonders und prioritär außerhalb von Naturschutz- und Natura 2000-Gebieten«. Denn so kann ein Großteil der Konflikte mit dem Naturschutz von vornherein ausgeschlossen werden. Als Download finden Sie die Position unter www.bund.net/windenergie, die 16-seitige Druckversion erhalten Sie gratis beim BUND-Versand, (0 30) 2 75 86-4 80, bundladen@bund.net

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Libelle des Jahres

Signalrot

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m Ende ging alles ganz schnell. Schon länger war den Artenschützern des BUND eine Leerstelle im Ensemble der Tiere und Pflanzen des Jahres aufgefallen. Nun bot die Aktion »Feuermelder« einen willkommenen Anlass, die erste »Libelle des Jahres« zu küren. Gemeinsam mit der Gesellschaft deutschsprachiger Odonatologen entschied sich der BUND für die wärmeliebende Feuerlibelle (Crocothemis erythraea). Warum gerade sie? Weil sie ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Folgen des Klimawandels ist. Dazu Heidrun Heidecke, BUND-Naturschutzexpertin: »Die grellrote Feuerlibelle reagiert sehr sensibel auf klimatische Änderungen und ist leicht zu erkennen. Dass sie heute auch bei uns lebt, ist ein klarer Beleg für die Erderwärmung.« Ursprünglich kam die Feuerlibelle nur in Afrika und rund ums Mittelmeer vor. Ab Mitte der 1980er Jahre breitete sie sich erst in Rheinland-Pfalz, dann in ganz

Günter J. Loos

MAGAZI N

Deutschland aus. Um mehr über ihre aktuelle Verbreitung zu erfahren, ruft der BUND dazu auf, jede Beobachtung der Feuerlibelle zu melden: www.bund.net/ feuermelder. Mit der »Libelle des Jahres« will der BUND künftig alljährlich auf eine faszinierende Insektengruppe aufmerksam machen – und gleichzeitig darauf, wie wir Menschen die Natur verändern. Heidrun Heidecke, BUND-Libellenexpertin, Tel. (0 30) 2 75 86-4 95, heidrun.heidecke@bund.net

Fotowettbewerb

Allee des Jahres gesucht

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esucht wird die »Allee des Jahres« – eine Allee mit besonderer Geschichte, mit großem Artenreichtum oder von spezieller Schönheit. Eine Allee, die akut bedroht ist, mit der Sie etwas Spezielles verbindet oder die Ihnen einfach am Herzen liegt, weil sie direkt vor Ihrer Haustür steht. Lassen Sie uns an der Schönheit und der Besonderheit Ihrer Lieblingsallee teilhaben und schicken Sie uns ein Foto Ihrer »Allee des Jahres«. Im Bild rechts das Siegerbild 2010 von Martina Pudert. BUND, Stichwort »Allee des Jahres«, Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, www.allee-des-jahres.de

Ausgezeichnet

Goldenen Löwen gewonnen

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ie Werbewelt ist sich einig: Die von der Berliner Agentur Scholz & Friends für den BUND entwickelte Anzeigenkampagne »5vor12« macht den Verlust der biologischen Vielfalt besonders eindrucksvoll deutlich. Nach dem begehrten Publikumspreis des nationalen »Art Directors Club« gewannen die Motive jetzt auch den weltweit bedeutendsten Kreativpreis der Kommunikationsbranche: den Goldenen Löwen beim »Cannes Lions Festival«. Nun ist Ihre Meinung gefragt: Wie finden Sie diese Kampagnenidee? Sehen Sie sich alle Motive an und stimmen Sie ab unter www.bund.net/wildkatze. Bei ausreichend großer Zustimmung stellt der BUND die Motive als Poster für die lokale Arbeit zur Verfügung.

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BUNDmagazin [3-11]


KURZ + GUT »Only bad news is good news« heißt es unter Medienleuten, vor allem schlechte Nachrichten erregen demnach unsere Aufmerksamkeit. Doch positive Nachrichten aus dem Umwelt- und Naturschutz tun einfach gut. Deshalb finden Sie hier kleine bunte Meldungen der letzten Zeit, über die wir uns gefreut haben.

In Köln hat sich unter dem Dach des BUND die türkischsprachige Umweltgruppe »Yesil Cember NRW« gegründet – nach dem Vorbild des Berliner »Grünen Kreises« (so die Übersetzung des Gruppennamens). Dieser wendet sich schon seit vier Jahren gezielt an Menschen mit türkischen Wurzeln, um für den Schutz von Umwelt und Natur zu werben. Mehr zur neuen Gruppe unter www.bund-nrw.de (Über uns) Rügen: Nach über zwölf Jahren Auseinandersetzung hat die Firma HeidelbergCement einen geplanten Kiesabbau im Naturschutzgebiet »Neuendorfer Wiek und Insel Beuchel« aufgegeben. Der BUND will das einmalig schöne Gebiet in der Nordrügenschen Boddenlandschaft nun vollständig erwerben und damit endgültig sichern. Fünf deutsche Buchenwälder gehören seit Ende Juni zum globalen Naturerbe (siehe S. 8). Zudem wurde das bestehende Weltnaturerbe Wattenmeer um den hamburgischen Nationalpark er weitert. Damit schloss die UNESCO auf Antrag des Hamburger Senats eine Lücke, die entstanden war, weil ebendieser im ersten Anlauf die Eingliederung seines Wattenmeers verhindert hatte – aus Sorge, die Elbe nicht länger vertiefen zu dürfen. Nun aber: www.wattenmeer-weltnaturerbe.de

Ein Museum zur Geschichte des Naturschutzes hat auf Schloss Drachenburg in Königswinter bei Bonn eröffnet. Es zeigt, wie wichtig und unverzichtbar ehrenamtliches Engagement für den Naturschutz war – und bis heute ist. Für sein Wirken würdigt das Museum u.a. den BUNDMitbegründer Bernhard Grzimek. Mehr dazu: www.naturschutzgeschichte.de (Museum) Anfang Juli beschloss das Europaparlament überraschend einmütig, den EUMitgliedsstaaten mehr rechtlichen Spielraum zu gewähren, um ihre Landwirtschaft vor den Risiken der Gentechnik zu schützen: ein wichtiger Etappensieg auch für die Lobbyarbeit des BUND. Nach der Sommerpause sind die Kommission und die Mitglieder am Zuge. Besonders Deutschland ist dann gefordert, seine Blockadehaltung aufzugeben und dem Votum des Parlaments zu folgen.

Drei Fragen an …

Umweltexpertin Eva Bulling-Schröter (Die Linke)

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er BUND ist strikt überparteilich. Verbündete unseres Engagements für Natur und Umwelt finden sich in allen großen Parteien. Zu ihnen zählt Eva Bulling-Schröter. Die Umweltexpertin der Linken und Vorsitzende des Umweltausschusses (55) ist mit Unterbrechung (2002–5) seit 1994 im Bundestag. Das BUNDmagazin stellte ihr drei Fragen. Frau Bulling-Schröter, Sie engagieren sich federführend in der parlamentarischen Gruppe »Frei fließende Flüsse«. Warum? Ich wohne an der Donau in Ingolstadt und will nicht, dass diese für Eon und die Rhein-Main-Donau-AG weiter ausgebaut wird. Das letzte unverbaute Stück Donau zwischen Straubing und Vilshofen muss weiter frei fließen. Der Bundestag, der sich 2002 gegen Staustufen entschieden hat, sollte seine Meinung nicht

wieder ändern. Erst kürzlich war ich daher beim Donaufest in Niederalteich, das der BUND mit ausrichtet. Mein wichtigstes Anliegen als umweltpolitische Sprecherin meiner Fraktion ist allerdings der Klimaschutz. Wie empfinden Sie die Diskrepanz, die bei der Linkspartei bisweilen zwischen ökologischer Programmatik und politischer Agenda sichtbar wird? So fördert die rot-rote Regierung in Brandenburg die unterirdische Speicherung von CO2 . Dort hat sich der stärkere Koalitionspartner SPD mit seinem Kurs pro CCS durchgesetzt, das bedaure ich sehr. Wirtschaftspolitik steht in der Praxis eben manchmal über dem Ökologischen, diese Erfahrung haben andere Parteien auch schon gemacht. Im Bundestag hat die Linke beantragt, CCS zu verbieten,

entsprechend unserem Wahlprogramm. Auch sonst arbeiten wir sehr daran, unser ökologisches Profil zu schärfen. Nun ist Ihre Partei traditionell eher sozial- als umweltpolitisch verankert. Sehen Sie Zielkonflikte, etwa wenn die Energiewende – die langfristig enorme Folgekosten durch die Atom- und Kohlekraft vermeiden wird – kurzfristig auch die Privathaushalte belasten sollte? Natürlich gibt es die. Wir meinen jedoch, mit regenerativer Energie neue tariflich bezahlte und damit existenzsichernde Arbeitsplätze schaffen zu können. Wir brauchen den sozial-ökologischen Umbau, dazu gibt es keine Alternative. Und diesen Umbau müssen wir sozial gestalten, damit er genug Akzeptanz findet. sz

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Deutscher Naturschutzpreis

MAGAZI N

Schnell bewerben

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ngagieren Sie sich im BUND für den Schutz des Waldes? Und das vielleicht auf originelle Weise? Dann sollten Sie sich um den Deutschen Naturschutzpreis bewerben. Das Bundesamt für Naturschutz und die Firma Jack Wolfskin (als Stifter) wollen »originelle, zukunftsweisende und vorbildliche Projektideen zu Naturschutz, Naturbildung und Naturerlebnis« künftig mit jährlich 250 000 Euro unterstützen. Da der

Preis zum Auftakt unter dem Motto »Zukunft Wald – schützen, erleben, nutzen« steht, sollte sich Ihr Projekt auf diesen Lebensraum beziehen. Bewerben können Sie sich als Einzelperson, BUND-Gruppe, Bürgerinitiative oder auch Bildungseinrichtung. Wichtig: Ausgezeichnet werden nur neue Projekte. Und: Es eilt! Ihre Ideenskizze müssen Sie bis 22. August eingereicht haben. Die besten Bewerber werden dann auf-

gefordert, ihre Skizze zu einem detaillierten Konzept auszuarbeiten. Alle weiteren Informationen unter www.deutscher-naturschutzpreis.de

Anerkennung

Alte Buchenwälder sind Weltnaturerbe

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m 25. Juni erhob die UNESCO fünf deutsche Buchenwälder in den Rang eines Weltnaturerbes. Als wertvolle Relikte naturbelassener Buchenwälder wurden Kernzonen der Nationalparks Jasmund, Müritz (Serrahn), Hainich und KellerwaldEdersee sowie der Grumsiner Forst im Biosphärenreservat SchorfheideChorin ausgewählt. Nach der Fossilienfundgrube Messel und dem Wat-

tenmeer hat Deutschland damit zum dritten Mal besondere Verpflichtung im Naturschutz übernommen. Ursprünglich war ein Viertel des globalen Buchenwalds in Deutschland beheimatet. Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger forderte daher das neue Weltnaturerbe mit einem nationalen Schutzprogramm zu ergänzen und weitere Buchenwälder von der Holznutzung aus-

zunehmen. »Alle Buchenwälder, die über 1 000 Hektar umfassen und in Bundesbesitz sind, sollten dauerhaft der natürlichen Entwicklung überlassen werden. Denn nur in großen zusammenhängenden Schutzzonen können wir diesen Lebensraum mit seinen bedrohten Pflanzen und Tieren erhalten«, so Hubert Weiger. www.bund.net/wald_der_zukunft

Ökotipp

Besser leben

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ede Woche verbreitet der BUND einen Ökotipp. Bewährte Hausrezepte finden sich hier neben neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Viele große und kleine Zeitungen veröffentlichen die BUND-Ökotipps

regelmäßig. Auch Privatpersonen können sie kostenlos abonnieren. Die gesammelten Tipps finden Sie unter www.bund.net/oekotipps

Nanoprodukte erkennen

istockphoto.com

Die Nanotechnologie bietet Chancen. Sie birgt aber auch Risiken, und die sind noch nicht ausreichend er forscht. Wir sollten uns daher frei entscheiden können: für oder gegen Nano. Vielen Produkten werden bereits Nanoteilchen zugesetzt, ohne dass dies gekennzeichnet werden müsste. Wie lassen sich solche Produkte identifizieren, wenn nicht explizit mit Nano geworben wird? Bestimmte Vokabeln geben Aufschluss – wie »antibakteriell« bei Kosmetik, »besonders schmutzabweisend« bei Kleidung, »Oberflächenversiegelung und -erhärtung« bei Reinigungsmitteln oder »keimfrei« bei Küchenutensilien. Bei Lebensmitteln sollten

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Sie aufhorchen, wenn Ungesundes als gesund bezeichnet wird, da Vitamine oder Mineralstoffe in Nanogröße zugesetzt wurden. Auch als Mittel gegen Verklumpung wird zur Nanotechnik gegriffen, etwa beim Salz. Steht »keine Rieselhife« drauf, ist das Salz wohl nanofrei. Verpackungen enthalten ebenfalls immer öfter Nanopartikel, um Lebensmittel länger haltbar zu machen. Eine gute Übersicht über Produkte, die mit Sicherheit Nanopartikel beinhalten, liefert unsere Datenbank auf www.bund.net /nanodatenbank. Hier sind derzeit über 600 Produkte gelistet. Hinweise auf weitere Nanoprodukte des täglichen Bedarfs sind willkommen! Ann-Katrin.Sporkmann@bund.net, Tel. (0 30) 2 75 86-4 23


Wir wollen Moor!

W. Willner

Torf gehört ins Moor – und nicht in Blumenerde. Auch der bedrohte Rundblättrige Sonnentau gehört ins Moor. Der BUND setzt sich für seine Zukunft und den Schutz seines Lebensraumes ein www.bund.net/moore

FOTOSEITE


Sieg für die Umweltbewegung

KOMMENTAR

Klagerechte ausgeweitet Der Autor Rechtsanwalt Dirk Teßmer ist stellvertretender Sprecher des BUND-Arbeitskreises Recht und hat das für die Umweltverbände so wegweisende Urteil des Europäischen Gerichtshofs erstritten.

nur dann gegen die Verletzung von Vorschriften zum Umweltschutz durch Großvorhaben klagen, wenn die Vorschriften zugleich »Rechte Einzelner begründeten«. Nicht erfasst waren somit besonders Rechtsverstöße im Bereich Naturschutz und Wasserrecht, Boden- und Immissionsschutz (jenseits solcher Vorschriften, die den Schutz der menschlichen Gesundheit bezwecken) – und darüber hinaus auch alle sonstigen Vorschriften, die keine »Rechte Dritter begründen«.

D

er Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) hat am 12. Mai ein für die deutschen Umweltverbände epochales Grundsatzurteil gesprochen: Danach verstößt die in Deutschland praktizierte Beschränkung des Verbandsklagerechts gegen Europarecht. Großvorhaben mit erheblichen Folgen für die Umwelt dürfen künftig nur noch dann gerichtlich genehmigt werden, wenn diese in jeder Hinsicht mit dem geltenden Recht im Einklang stehen – in einem Rechtsstaat eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Doch musste dies vom BUND erst mühsam vor Gericht erkämpft werden.

Auslöser des Urteils war die Klage des BUND Nordrhein-Westfalen gegen die Genehmigung eines Kohlekraftwerks in Lünen. Dieses Kraftwerk würde nicht nur den Klimawandel forcieren und mit Schadstoffen die Umwelt belasten. Es steht zudem im Verdacht, europäische FFH-Schutzgebiete erheblich zu beeinträchtigen. Der BUND forderte eine vollumfängliche gerichtliche Überprüfung der »materiell- und verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen« bei umweltbedeutsamen Großvorhaben und berief sich auf mehrere EG-Richtlinien. Das zuerst angerufene Oberverwaltungsgericht Münster stellte Verstöße gegen Vorschriften zum Schutz von FFH-Schutzgebieten fest, sah sich aber durch das eingeschränkte deutsche Verbandsklagerecht gehindert, den Genehmigungsbescheid aufzuheben. Denn Umweltverbände durften widersinnigerweise bislang

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Da das Oberverwaltungsgericht an der europarechtlichen Gültigkeit dieser Beschränkung zweifelte, legte es den Fall dem EuGH vor. Zum Glück für den Rechtsstaat und die Durchsetzbarkeit der Umweltgesetze hat der Europäische Gerichtshof dieser absurden Beschränkung des Verbandsklagerechts ein Ende bereitet. Um Vorhaben mit erheblichen Umweltfolgen genehmigen und umsetzen zu können, müssen sie in jeder Hinsicht rechtmäßig sein. Umweltverbände wie der BUND können dies künftig per Verbandsklage in vollem Umfang gerichtlich überprüfen lassen. Das wegweisende Urteil betrifft den gesamten Bereich des Verbandsklagerechts, soweit es um Vorhaben geht, die auf ihre Umweltverträglichkeit geprüft werden müssen oder unter die IVU-Richtlinie zur Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung fallen. Dazu zählen Kraftwerke, Massentierhaltungen, Müllverbrennungs-, Deponie- und sonstige Industrieanlagen, wasserrechtliche Erlaubnisse oder Bebauungspläne. Von dem Urteil profitiert aber auch, wer gegen Planfeststellungsbeschlüsse klagt (nach § 64 Bundesnaturschutzgesetz), zum Bau von Autobahnen, Flughäfen, Schienenwegen, Stromleitungen oder bestimmten Bergbauvorhaben. Das vom BUND erstrittene Urteil bewirkt, dass deutsche Gerichte die als europarechtswidrig erkannten Vorschriften ab sofort nicht mehr anwenden dürfen. Eine wahrlich überfällige Stärkung aller anerkannten Umweltverbände, die als Anwälte von Natur und Umwelt geplante Großvorhaben vor Gericht bringen. www.bund.net/verbandsklagerecht


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Kai Löffelbein

TITELTH EMA

Den Atomausstieg herbeidemonstriert Wie hier am 12. März bei der Menschenkette von Stuttgart nach Neckarwestheim gingen aus Protest gegen die Laufzeitverlängerung der deutschen AKW mehrere Hunderttausend Menschen auf die Straße.

Halbherzige Energiewende Was lange währt – wird deshalb noch nicht gut. Bald 40 Jahre sorgt die Nutzung der Atomkraft für erbitterte Debatten in Politik und Öffentlichkeit. Erst der GAU in Fukushima ließ die Befürworter nun einlenken: Die längeren AKW-Laufzeiten wurden zurückgenommen, die ältesten Reaktoren abgeschaltet. Doch das schwarz-gelbe Energiekonzept greift weiter zu kurz. Lesen Sie, warum – und wie es nachgebessert werden muss. Illustriert sind die nächsten Seiten mit Titelbildern des BUNDmagazins und seines Vorläufers »Natur und Umwelt« – allesamt Themenhefte, die vom langen Weg zu einer solaren Energieversorgung in Deutschland erzählen. Ein Rückblick schildert zudem den Einsatz des BUND gegen die Atomkraft – von seiner Gründung an.

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BUNDmagazin [3-11]


Energiewende

Zu langsam, zu gefährlich Die Bundesregierung hat in der Atom- und Energiepolitik das Ruder herumgerissen. Zu einer echten ökologischen Energiewende aber fehlt noch viel – meint der BUNDVorsitzende Hubert Weiger.

B

innen sechs Monaten hat die schwarz-gelbe Energiepolitik eine Kehrtwende vollzogen. Ursache war die Erschütterung durch Fukushima – und die Renaissance der Anti-Atomkraft-Bewegung. Hunderttausende Menschen waren im Frühjahr auf die Straße gegangen, im Rahmen der vom BUND maßgeblich mitorganisierten Großdemos und zahlreicher Mahnwachen im ganzen Land. Acht deutsche Atomkraftwerke gingen Mitte März auf einmal vom Netz: ein großer Erfolg für die Umweltbewegung, die in den letzten Jahren gesellschaftliche Bündnisse bis hin zu den Kirchen und Gewerkschaften geschmiedet hat. Der BUND als basisorientierter Mitgliederverband mit 2 000 Kreis- und Ortsgruppen hat die Rücknahme der fatalen AKW-Laufzeitverlängerung mit erzwungen. Diese hatte die Regierungskoalition erst im letzten Herbst gegen allen Widerstand durchgesetzt – als milliardenschweres Wahlgeschenk für die Atomkonzerne Eon, RWE, ENBW und Vattenfall.

Ethisch nicht verantwortbar Am 30. Juni änderte der Bundestag das Atomgesetz, mit Zustimmung auch der SPD und (mehrheitlich) der Grünen, gegen die Stimmen der Linken. Danach soll das letzte AKW im Jahr 2022 abgeschaltet werden. In Anbetracht der wirtschaftlichen Machtverhältnisse ist dies ein begrüßenswertes Umdenken der bisherigen Atomparteien. Doch angesichts einer real drohenden Atomkatastrophe wie in Tschernobyl oder Fukushima, die Ballungsräume mit Millionen Menschen unbewohnbar machen würde, ist allein der sofortige Atomausstieg ohne schuldhaftes Zögern ethisch verantwortbar. Zudem sind strahlende AKW schon im »Normalbetrieb« eine Gefahr für die Gesundheit, und der sichere Verbleib des Atommülls ist weiter völlig ungelöst. Ein Atomausstieg noch in dieser Legislaturperiode, also bis 2013, wäre technisch machbar – und die Voraussetzung für eine echte ökologische Energiewende. Dies haben wir in den letzten Monaten detailliert belegt. Aus Furcht vor Schadensersatzforderungen der Atomkonzerne und aus wahltaktischen Gründen hat sich die Regierung aber nur halbherzig von der Atomkraft verabschiedet. Und dies keineswegs unumkehrbar. Denn nach der Bundestagswahl 2017 werden noch acht Meiler in Betrieb sein. Für die Betreiber würde sich dann eine neuerliche Debatte um längere Laufzeiten lohnen. Spätestens nach der nächsten Wahl 2013 muss der Bundestag daher das Atomgesetz wieder ändern, den schnellstmöglichen Atomausstieg durchsetzen und in der Verfassung verankern.

Der Kampf gegen die Atomkraft – hier in Brokdorf – liefert Anfang 1977 den Titel für eine der frühesten Ausgaben der BUND-Mitgliederzeitschrift.

Zudem fordert der BUND von Bund und Ländern, die AKW-Betreiber endlich zu zwingen, ihre Reaktoren und Atommüllzwischenlager unbegrenzt haftpflichtzuversichern und gegen Flugzeugabstürze und Terrorangriffe zu wappnen.

Weichen falsch gestellt Leider bleiben die von Union und FDP verabschiedeten Gesetze auch bei der Förderung des Energiesparens und beim Ausbau der erneuerbaren Energien weit hinter den Erfordernissen einer ökologischen Energiewende zurück. Speziell unsere größte »Energiequelle«, die Minderung des Energieverbrauchs, wird nicht engagiert angegangen. Auch bei Sonnen-, Biogas- und Windstrom stellt die Bundesregierung die Weichen falsch: Statt die erforderliche »Energierevolution von unten« tatkräftig zu unterstützen, bevorzugt SchwarzGelb weiter die Großinvestoren und will gar neue Kohlemeiler fördern. Hier wird der Einfluss der Atomkonzerne deutlich. Beruht deren Geschäft doch auf verschwenderischer Stromnutzung und der billigen Entsorgung von Abwärme in unsere Flüsse und die Atmosphäre. Nichts fürchten sie daher mehr als Energieeffizienz, Kraft-WärmeKopplung und dezentrale erneuerbare Energien. Umso nötiger ist der lokale Einsatz des BUND für intelligente und ganzheitliche Energie- und Klimaschutzkonzepte, zum Beispiel die Qualitätsplanung naturverträglicher Windkraftwerke vor allem im Süden der Republik. Der BUND wird weiter auf allen Ebenen für eine echte Energiewende kämpfen und bittet Sie um Ihre aktive Mitarbeit.

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Hubert Weiger


Der Weg aus der Atomkraft

TITELTH EMA

Lang und steinig Der parteiübergreifende Konsens, aus der Nutzung der Atomkraft auszusteigen, ist ein Erfolg der Anti-Atomkraft-Bewegung. Auch der BUND hat Jahrzehnte vor den Risiken der Atomkraft gewarnt und gegen ihre Nutzung protestiert. Am Beginn dieses Engagements stand ein Meinungswandel.

A

nfang 1975, wenige Monate vor Gründung des BUND in Marktheidenfeld: Hubert Weinzierl, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Bayern, plädiert für eine »Denkpause« in der Energiepolitik. In einem Editorial verkündet er den Mitgliedern eine Zäsur: Der BN habe sein »bedingtes Ja« zur Kernenergie ausgesetzt und lasse seine Position von eigenen Experten überprüfen. Er zweifelt bereits am »dramatisierenden Gerede von einer sogenannten Energielücke« und lehnt den von der sozialliberalen Koalition forcierten Ausbau der Kernenergie ab. An diesem Richtungswechsel orientiert sich denn auch der BUND: »Wir leben nicht in einer Zeit der Energielücke, sondern einer Phase bedenklicher Energievergeudung, sodass ein Hauptaugenmerk der Energiepolitik auf den sparsamen Umgang mit Energie gerichtet werden muss.« Was Weinzierl 1975 schreibt, ist bis heute ein unverändertes Anliegen des BUND.

Solidarität mit den Demonstranten In welchen Dimensionen die staatliche Energiepolitik damals plante, zeigt eine Studie der Kernforschungsanstalt Jülich aus dem gleichen Jahr. Sie hält bis 2030 den Bau von bundesweit 499 (!) Reaktoren für möglich. Der Bund Naturschutz – vorläufig noch Sprachrohr des frisch gegründeten BUND – gibt sich »erschüttert über so viel ökologische Bewusstlosigkeit, kybernetische Verantwortungslosigkeit und energiepolitische FachKirchturms-Politik«. Der erste Vorsitzende des BUND Herbert Gruhl (sein Buch »Ein Planet wird geplündert« avanciert im Herbst 1975 zum Bestseller) sieht das deutsche Atomprogramm von Beginn an mit Skepsis. Angesichts 50 geplanter

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Leichtwasserreaktoren ist auch er für eine Denkpause. In der Folgezeit verschärft sich der Ton auf beiden Seiten. Bei Protesten gegen den Bau des AKW Wyhl formt sich 1974/75 erstmals ernsthafter Widerstand. »Nai hämmer gsait! Kein Atomkraftwerk in Wyhl und anderswo« dringt es unmissverständlich aus dem Badischen. Während die Industrie und einzelne Politiker die Atomkraftgegner zu Staatsgegnern und Kommunisten erklären, sichert Gruhl am 18. November 1976 Zehntausenden Demonstranten gegen das Atomkraftwerk in Brokdorf die »volle Übereinstimmung und Solidarität« des BUND zu, auch im Namen seiner Stellvertreter Bernhard Grzimek und Hubert Weinzierl.

Vordenker Die Erfahrungen dieser frühen Protestjahre fließen 1979 in das erste Energiekonzept des BUND. Zu den zentralen Forderungen zählt, auf die Kernenergie ganz zu verzichten. Und, nicht minder fortschrittlich: den Verbrauch fossiler Brennstoffe drastisch zu senken und »nicht-erneuerbare Energieträger (vordringlich Erdöl) so schnell wie möglich zu ersetzen durch erneuerbare Energieträger (z. B. solar erzeugte Wärme und Brennstoffe)«. Über 30 lange Jahre wird es dauern, bis diese Ziele im deutschen Bundestag konsensfähig sind. Immerhin zeigt der BUND, dass er in wenigen Jahren gelernt hat, Menschen zu mobilisieren. Als bis dato größte Aktion veranstaltet er 1979 eine SonnenenergieAusstellung, zu der 25 000 Interessenten nach Stuttgart strömen. Die Kraft zur Mobilisierung sollte bald darauf neu gefragt sein. Denn die Bundesregierung will eine Wiederaufbereitungsanlage bauen.


picture-alliance/dpa/Istvan Bajzat

Ab 1974: Protest gegen ein AKW in Wyhl, links Axel Mayer, BUND Freiburg. 1986: Über 100 000 beim »Anti-WAAhnsinnsfestival« in Burglengenfeld.

Am zuerst geplanten Standort Gorleben verhindern vehemente Proteste eine WAA – nicht jedoch ein atomares Zwischenlager, das im Wendland bis heute auf starken Widerstand stößt. Ende 1980 bietet der bayerische Ministerpräsident Strauß an, die WAA im Freistaat zu errichten. Die deutsche Anti-Atomkraft-Bewegung steht vor ihrer größten Bewährungsprobe.

Der GAU in Tschernobyl – vom BUND als »Anfang vom Ende der Atompolitik« gedeutet – feuert den Protest weiter an. Erst 1989 werden die WAA-Pläne aufgegeben, die Atompolitik steht vor einem Scherbenhaufen, zehn Milliarden Mark sind in den Sand gesetzt. Gleichzeitig geht mit Neckarwestheim 2 das letzte westdeutsche AKW ans Netz und es wird einige Jahre deutlich ruhiger um die Atomkraft.

Kampf um Wackersdorf Kaum war das oberpfälzische Wackersdorf als Standort bestimmt, wendet sich der BUND-Vorstand Anfang 1985 mit einem fünfmal wiederholten »Wir haben Angst« an die Mitglieder. Angst, »dass dieses kostenexplosivste Projekt der Industriegeschichte Investitionsmittel blockiert, ohne dass Energie eingespart und die Entsorgung des Kernkraftabenteuers gelöst wird«. Angst auch »vor mehr Polizeigewalt« und davor, dass »unsere Heimat morgen einem Heerlager gleicht«. Wie begründet diese Sorge ist, zeigt die Eskalation rings um den Bauplatz im Jahr darauf. 1986 sterben zwei Menschen am Bauzaun, ein Polizist fällt einem Hubschrauberabsturz zum Opfer, auf beiden Seiten gibt es Hunderte Verletzte. Der BUND unterstützt den gewaltlosen Widerstand vielfältig: durch dauerhafte Präsenz vor Ort, durch Großdemos und Protestmärsche, durch Argumentationshilfen, Spendenaufrufe und Klagen.

Der Wind dreht sich Wenn nicht schon nach Tschernobyl, so muss sich doch in den Folgejahren die Stimmung in Deutschland endgültig gegen die Atomkraft gewendet haben. 1998 gewinnt Rot-Grün die Wahlen mit dem Versprechen, mittelfristig aus der Atomkraft auszusteigen. 2001 wird in einem »Atomkonsens« mit den Energiekonzernen vereinbart, bis etwa 2021 alle deutschen Reaktoren abzuschalten. Fraglos ein politischer Fortschritt. Doch dem BUND ist das zu wenig, er fordert mit Aktionen wie »Atomausstieg selber machen« sofortiges Handeln. Im Herbst 2010 kündigt Schwarz-Gelb den Atomkonsens zugunsten längerer Laufzeiten, ein historischer Fehler, wie auch die Regierung sechs Monate später erkennen muss. Gut, dass dem Laufzeitbeschluss selbst keine lange Laufzeit beschieden ist. Tragisch, dass nach den neu entflammten Massenprotesten erst die Kernschmelze in Fukushima für seine Rücknahme sorgt. Nun gibt es also für den Ausstieg wieder ein halbwegs verbindliches Datum. Doch wie hieß es schon 1986 in einem BUND-Konzept zum Atomausstieg: »Eine Wende in der Energiepolitik ist unverzüglich fällig und ohne Komforteinbuße machbar.« Dem ist auch nach 25 Jahren nichts hinzuzufügen. Severin Zillich

Linke Seite: Von 1985 bis 1987 erscheinen gleich drei Ausgaben der Natur&Umwelt mit dem Themenschwerpunkt Energiepolitik – im Mai 85 zur erbittert umkämpften Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf; im August 86 unter dem Eindruck der Katastrophe in Tschernobyl; und ein Jahr darauf mit dem Fokus »Energiesparen«. Sonnenkollektoren auf einem Hausdach stehen für das Energiekonzept, das der BUND im November 1979 seinen Mitgliedern präsentiert.

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Atomausstieg

TITELTH EMA

Praxistest bestanden Acht Atomkraftwerke sind seit Anfang Juli endgültig vom Netz, die übrigen sollen bis 2022 stillgelegt werden. Was dem BUND viel zu lange dauert, geht einigen Bedenkenträgern aus Politik und Stromwirtschaft deutlich zu schnell. Sie warnen vor Versorgungsproblemen, vor Atomstromimporten aus Tschechien und Frankreich und vor steigenden Strompreisen. Was ist dran an diesen Befürchtungen? Fünf Fragen an den BUND-Experten Thorben Becker.

Wenn wir unsere Atomkraftwerke abschalten, müssen wir unweigerlich Strom importieren, im schlimmsten Fall auch aus Atomkraftwerken – stimmt das?

Thorben Becker leitet das Klimateam des BUND.

Nein. Die letzten Monate waren ein Praxistest für den Atomausstieg. Drei Monate lang waren mindestens acht der 17 AKW vom Netz, im Mai konnten zeitweise gar nur vier deutsche Atomkraftwerke Strom einspeisen. Die Stromversorgung hat in all dieser Zeit problemlos funktioniert. Zwar sind die Stromimporte etwas gestiegen, doch blieb die Auslastung unserer fossilen Kraftwerke stabil – der Import war schlicht billiger als die Nutzung der heimischen Kapazität. Bestehende Überkapazitäten, Reserven im Kraftwerkspark und bereits geplante neue Kraftwerke können den Wegfall der Atomkraft komplett kompensieren. Wer behauptet, der zusätzlich (und eigentlich unnötig) importierte Strom käme aus Atomkraftwerken, hat dafür keinerlei Nachweis. Atomstrom ist auf dem Strommarkt kurzfristig nicht zu bekommen. Importiert wird vielmehr – nach einer Untersuchung des ÖkoInstituts – Strom aus fossilen Kraftwerken.

Schadet es nicht dem Klima, wenn jetzt vermehrt Kohlekraftwerke zum Einsatz kommen? Selbstverständlich werden wir bei einem Atomausstieg kurzfristig mehr Strom aus Kohle gewinnen. Der negative Klimaeffekt bleibt jedoch gering, da der Emissionshandel die Summe der CO2-Emissionen europaweit begrenzt. Deshalb war es immer schon falsch zu behaupten, dass längere AKW-Laufzeiten den Klimawandel bremsen könnten. Der einzige Effekt wären sinkende CO2-Preise gewesen. Wäre der Emissionshandel perfekt und nicht voller Schlupflöcher, hätte der Atomausstieg keinerlei negative Folgen für den Klimaschutz. So aber werden wir sicher erleben, dass RWE und andere versuchen, sich CO2-Zertifikate aus fragwürdigen Projekten in Entwicklungsländern zuzukaufen. Das haben sie aber schon vor dem Ausstiegsbeschluss getan. Wesentlicher wird der Effekt sein, dass CO2-Zertifikate teurer werden – was gut ist für den europäischen Klimaschutz. Wie klimaverträglich der Atomausstieg wird, hängt vor allem davon ab, welche neuen Kraftwerke in Deutschland gebaut werden. Wird der Atomausstieg zu höheren Strompreisen führen? Die Händler an der Strombörse glauben offenbar nicht daran, denn dort haben sich die Preise seit Fukushima nur wenig verändert. Der mittlere Preis lag im zweiten Quartal 2011 bei moderaten 53,61€ je Megawattstunde – nach 51,85 € im Quartal davor. An der Strombörse werden auch Lieferkontrakte für künftige Jahre gehandelt. An diesen lässt sich die langfristige Preiserwartung ablesen. Am letzten Handelstag vor dem Tsunami in Japan kostete eine Megawattstunde, die 2012 geliefert wird, 53,20 €. Nach dem Ausstiegsbeschluss Ende Juni lag der Preis dann bei 56,90 € – eine Differenz von gerade einmal 0,37 Cent pro Kilowattstunde. Am Ende sind das nicht mehr als die oft zitierten Peanuts. Denn der Strompreis für Lieferungen im Jahr 2012 schwankte in den letzten Jahren auch ohne Fukushima und energiepolitische Kehrtwenden zwischen 50 und 90 €. Die Preiserwartungen der Stromwirtschaft liegen derzeit also eher im unteren Bereich. Weniger Atomkraftwerke schwächen außerdem die Position der vier großen Stromkonzerne und führen zu mehr Wettbewerb – und damit sinkenden Preisen.

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Links: Zum Weltklimagipfel in Berlin – dem ersten nach Verabschiedung der Klimakonvention von Rio – veröffentlicht der BUND in dieser Ausgabe vom Februar 1995 seine Forderungen für eine rasche Minderung des globalen CO2-Ausstoßes. Programmatisch: Das erste BUNDmagazin des neuen Jahrtausends ist der »Zukunftsaufgabe« Energiewende gewidmet.

Wo soll der Strom herkommen, wenn die Reaktoren abgeschaltet sind? Wir können die Atomkraftwerke spielend ersetzen. Dazu müssen die erneuerbaren Energien weiter engagiert ausgebaut werden. Am sichersten wird unsere Stromversorgung, wenn wir sie dezentral gestalten. Deshalb begrüßt der BUND sehr, dass jetzt endlich auch Bayern und Baden-Württemberg die Windenergie stärker fördern. Die Bundesregierung dagegen hat – trotz der Stilllegung von acht Atomkraftwerken – ihr Ausbauziel für die Erneuerbaren nicht verändert; das ist zu wenig. Am sinnvollsten ist es, die Atommeiler einfach wegzusparen. Wir haben hierfür ein Sofortprogramm vorgeschlagen. Mit Effizienzfonds können bis 2020 durch bereits verfügbare, aber noch nicht konsequent genutzte Technik allein 70 bis 120 Terrawattstunden Strom gespart werden. Nur mittels mehr Effizienz würden so zehn Atommeiler überflüssig. Als Ergänzung werden wir in den nächsten Jahren noch einige neue Gaskraftwerke brauchen. Und davon umso weniger, je stärker wir unseren Stromverbrauch senken und die Erneuerbaren ausbauen.

Braucht Deutschland nun viele neue Stromleitungen? Der Atomausstieg funktioniert laut einer Studie Olav Hohmeyers vom Sachverständigenrat für Umweltfragen ohne einen einzigen Kilometer neue Stromleitung. Doch die Energiewende hin zu einer Vollversorgung mit erneuerbarer Energie braucht ein anderes Stromnetz als heute. Wir werden deshalb in den nächsten Jahren das Netz um- und auch ausbauen müssen. Wenn wir uns dabei nur an den Erfordernissen der Erneuerbaren orientieren, sinkt der Ausbaubedarf. So schafft die Abschaltung der Atomkraftwerke Krümmel, Brunsbüttel und Unterweser neue Kapazitäten für die Einspeisung von Offshore-Windenergie. Je schneller die Energiewende, desto überflüssiger ein Netzausbau mit Leitungen, die gleichzeitig für alte AKW, neue Kohlekraftwerke und Erneuerbare ausgelegt sein müssen. Dies gilt erst recht, wenn endlich auch in Süddeutschland die Windenergie engagiert ausgebaut wird. Vorrangig sollte also der Netzausbau neu und besser geplant werden, um den Netzumbau voranzubringen. Eine gute und eindeutig auf die Energiewende ausgerichtete Strategie wird dann auch die Akzeptanz neuer Leitungen erhöhen – wo sie denn nötig sind.

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PROJEKTE MIT ERNEUERBAREN ENERGIEN


Energiewende

TITELTH EMA

Keine neuen Kohlemeiler Die Bundesregierung hat in Sachen Atomkraft eine bemerkenswerte Wende hingelegt. Bei ihrer Klimapolitik ist dergleichen nicht erkennbar. Unbeirrt setzt sie weiter auch auf schmutzige Kohlekraft. 40 Prozent der deutschen Treibhausgase fallen heute in der Stromerzeugung an. Eine Kehrtwende ist dringend und überfällig.

Z

Dank politischer Reformen hat der Ausbau erneuerbarer Energien Fahrt aufgenommen – Anlass für das Titelthema der Ausgabe 1/03.

www.bund.net/ kohlekraftwerke_ stoppen

usätzlich zehn Gigawatt Leistung aus neuen fossilen Kraftwerken hält die Bundesregierung für nötig, um Deutschland sicher mit Energie zu versorgen. Den Bau dieser Kraftwerke – darunter auch Kohlemeiler – will sie ab 2013 gar mit Geld aus dem neuen Energieund Klimafonds fördern. Nun ist der Regierung zugutezuhalten, dass der Atomausstieg zumindest für sie recht überraschend kam. Szenarien diverser Institute aber zeigen, dass die Klimaziele, zu denen Deutschland sich verpflichtet hat, ohne Atomstrom zu erreichen sind; dass Versorgungsengpässe nicht zu erwarten sind; und dass der Neubau von Kohlekraftwerken unbedingt zu vermeiden ist. Ökologisch und energiewirtschaftlich sind Kohlekraftwerke ein Auslaufmodell.

Zu klimaschädlich Schon heute sind zehn neue Kohlekraftwerke mit rund 11 Gigawatt Leistung genehmigt und im Bau. Nach durchschnittlicher Laufzeit würden diese für 45 Jahre am Netz bleiben. Mindestens die Hälfte der Projekte allerdings kämpft aktuell mit technischen Problemen (Schwächen im Kesselstahl) oder mit Klagen des BUND. Zehn weitere Kohlekraftwerke sind noch in Planung, wobei einige derzeit nicht weiter vorangetrieben werden. Wie viele neue Kohlekraftwerke wann ans Netz gehen, ist damit unklar. Jedes einzelne aber wäre eines zu viel. Denn die Bundesregierung strebt eine 80- bis 95-prozentige Reduktion der Treibhausgase bis 2050 an. Legt man das notwendige Maß an – nämlich mindestens 95 % weniger –, dürfte die Erzeugung von Strom dann nur noch etwa 16 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr freisetzen (bei 80 %: 65 Mio.), so der Sachverständigenrat für Umweltfragen. Doch allein die jetzt im Bau befindlichen zehn Kraftwerke werden jährlich rund 70 Mio. Tonnen ausstoßen. Und selbst wenn der Wunschtraum der KohleLobby, die riskante Technologie zur Abscheidung und Lagerung von CO2 (kurz: CCS), in neuen, effizienteren Kohlekraftwerken zur Anwendung käme, würde ein solch – hypothetischer – fossiler Kraftwerkspark noch immer mehr emittieren, als die langfristigen Klimaziele erlauben.

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Nicht mehr wettbewerbsfähig Investitionen in neue Kohlekraftwerke rechnen sich schon heute nicht mehr. Auch bei den elf Kraftwerksprojekten, die der BUND und seine Verbündeten seit 2009 gekippt haben, spielte die Rentabilität eine große Rolle. Wegen der großen Investitionssummen sind Kohlemeier auf eine hohe Auslastung angewiesen, müssen rund um die Uhr Strom liefern und verkaufen können. Da die Erneuerbaren aber immer mehr Anteile an der Versorgung übernehmen und auf dem Strommarkt günstiger zu haben sind, werden die Meiler zunehmend mit Absatzschwierigkeiten konfrontiert. Kohlekraftwerke mit CCS wären übrigens im Schnitt um weitere zehn Prozentpunkte ineffizienter und deutlich teurer, also noch unwirtschaftlicher. Ein zusätzlicher Wettbewerbsnachteil: Sollte der Emissionshandel Tritt fassen, dürften Verschmutzungszertifikate deutlich teurer werden. Zudem sind Kohlekraftwerke auch technisch nicht so konzipiert, dass sie auf die naturgemäß schwankenden Strommengen der vorrangig eingespeisten Erneuerbaren flexibel reagieren könnten. Nimmt die Energiewende nun tatsächlich an Fahrt auf und geht der Anteil erneuerbarer Energie so schnell nach oben wie der BUND fordert und die Branche selbst für möglich hält (mind. 45 % bis 2020), werden klassische Grundlastkraftwerke nicht mehr benötigt.

Flexibilität gefragt Gefragt sind für den Übergang solche Kraftwerke, die flexibel und rentabel auf die Schwankungen der Erneuerbaren reagieren können – bis diese sich selbst regeln werden. Als Lückenfüller kommen vor allem moderne Gaskraftwerke in Frage, die nicht halb so klimaschädlich sind wie Stein- oder gar Braunkohlekraftwerke. Hier ist wohl ein geringer Zubau von Kraftwerken mit Kraft-Wärme-Kopplung nötig, wobei der Gasverbrauch insgesamt nicht steigen muss. Ein solcher Neubau muss aber laut Umweltbundesamt nicht vor 2020 entschieden werden. Der mögliche Bedarf hängt ja sehr davon ab, ob der Stromverbrauch endlich sinkt, und wie sich die Erneuerbaren, der Netzumbau und die Speichertechnologie entwickeln. Auch ökonomisch und technisch ist also nur ein Szenario sinnvoll, das ganz auf den schnellen Ausbau der Erneuerbaren setzt. Meint es die Regierung mit der beschleunigten Energiewende und dem Klimaschutz ernst, muss sie neue Kohlekraftwerke verhindern. Tina Löffelsend … ist BUND-Referentin für Klimaschutz.


Energieeffizienz

Stiefkind der Energiepolitik Bundeskanzlerin Merkel lässt kaum eine Gelegenheit aus, um den effizienten – also sparsamen und möglichst wirkungsvollen – Gebrauch von Energie als Schlüssel für die Energiewende zu bezeichnen. Doch die Bundesregierung nimmt diesen Schlüssel nicht zur Hand, auch in ihrem Gesetzespaket zur Energiewende nicht.

D

as Potenzial ist gewaltig: Bis zu zehn Atommeiler ließen sich durch eine Verringerung des Stromverbrauchs einsparen – hochwirtschaftlich, mit bereits verfügbarer Technik und ohne Komfortverlust. Der Netzausbau könnte dann moderater ausfallen, und der Weg zu einer hundertprozentig erneuerbaren Energieversorgung wäre geebnet. Umso unverständlicher ist, warum das Thema Effizienz ein Stiefkind der deutschen Energiepolitik bleibt.

Verbindlichkeit und Anreize Um mit der Energiewende ernst zu machen, müsste die Bundesregierung verbindliche Sparziele definieren. In ihrem Energiekonzept vom Herbst 2010 hat sie zwar ein ambitioniertes Ziel beschrieben: Bis 2020 will sie den Stromverbrauch um zehn Prozent senken (im Vergleich zu 2008). Doch ist dieses Ziel weder rechtlich bindend noch mit entsprechenden Maßnahmen hinterlegt. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft werden nicht ernsthaft auf dieses Ziel ausgerichtet. Mit hoher Effizienz kann viel Energie gespart werden. Effizienz bedeutet, eine Dienstleistung – wie die Kühlung von Lebensmitteln – mit wenig Energieaufwand zu bewerkstelligen. Nun ist ein hocheffizienter Kühlschrank zwar teurer, macht den Aufpreis aber durch die später gesparten Stromkosten schnell wieder wett. Leider wiegt jedoch für die meisten Menschen – ob Privatperson oder Unternehmer – der gesparte Cent im Hier und Jetzt mehr als ein gesparter Euro in der Zukunft. Durch Abwrackprämien für die Stromschlucker unter den Kühlschränken, Heizungspumpen oder Industriemotoren könnte die Bundesregierung die Anschaffung effizienterer Modelle erleichtern. Und je häufiger diese Nischenmodelle nachgefragt werden, desto schneller werden sie zu erschwinglicher Standardware.

brauch zu informieren. Allein diese regelmäßige Rückmeldung des eigenen Verbrauchs könnte geschätzte zehn Prozent Energie einsparen. Auch muss die Stromrechnung verständlich sein. So verdeutlichen Diagramme besser als Wertetabellen, wie sich der Verbrauch entwickelt hat. Mit der Angabe von Vergleichswerten könnten wir Kunden besser einschätzen, ob wir übermäßig viel Energie konsumieren oder ob die Verbannung eines Stromfressers Früchte getragen hat. Energie sparen ist und bleibt der wichtigste Schritt zum Schutz des Klimas und der Ressourcen. Der BUND fordert seit Jahren einen Effizienzfonds einzurichten. Damit könnten Maßnahmen wie eine Abwrackprämie finanziert oder Beratungsangebote für bestimmte Zielgruppen entwickelt werden. Doch statt Industrie, Handel und Haushalten endlich den nötigen Schub zu verpassen, belässt es die Bundesregierung bei Lippenbekenntnissen. So verstreicht wertvolle Zeit – Zeit, die wir der Bundesregierung nicht länger geben dürfen. Irmela Benz … betreut das BUND-Projekt »Energieeffizienz«. www.bund.net/stromsparen

Mehr Transparenz Neben einer gesteigerten Effizienz muss auch die absolute Einsparung von Strom attraktiver werden. Denn trotz wachsender Effizienz steigt der Stromverbrauch in Deutschland stetig. Ein Grund ist der Trend zu immer mehr und immer größeren Elektrogeräten im Haushalt. Ein bisher ungenutztes Potenzial für Einsparungen liegt zum Beispiel in mehr Transparenz. Wir alle profitierten, wenn die Händler die Stromkosten anzeigen würden, die ein bestimmtes Gerät im Laufe der Jahre verursacht. Wichtig wäre es auch, die Energieversorger zu verpflichten, die Kunden monatlich über ihren Ver-

Ende 2005 erklärt der BUND den Klimaschutz zu einem neuen Schwerpunkt seiner Arbeit – der Eisbär auf dem Titel des BUNDmagazins 3/06 zeigt, warum. Weil die florierenden erneuerbaren Energien die Marktmacht der Stromkonzerne bedrohen, planen diese 25 neue Kohlekraftwerke – Ausgabe 4/07 wirbt für die Alternativen.

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Nachhaltig Investieren

RATGEBER

Saubere Rendite Wollen auch Sie Ihr Erspartes sinnvoll anlegen? »Grüne« Geldanlagen investieren in eine nachhaltigere Wirtschaft – und können eine adäquate Wertentwicklung bieten.

G

rüne Geldanlagen stehen für ökologisch, ethisch und sozial sinnvolle oder doch zumindest unbedenkliche Investitionen. An Produkten ist mittlerweile nahezu alles zu haben, was es auch im herkömmlichen Bereich gibt. Und in punkto Rendite und Sicherheit unterscheiden sich die beiden Märkte kaum, urteilte »Finanztest« im September 2010. Grundsätzlich gelten die bekannten Regeln: Anleger müssen sich gut informieren und ihre Situation richtig einschätzen. Viele Sparer haben weder Zeit noch Lust, sich dauerhaft intensiv um ihre Geldgeschäfte zu kümmern. Sie kaufen deshalb statt einzelner Wertpapiere Anteile an Investmentfonds – auch um ihr Risiko zu streuen. Anleger mit hohem Sicherheitsbedürfnis setzen hier auf Rentenfonds, Risikobereitere hoffen auf mehr Rendite und investieren in Aktienfonds. Den goldenen Mittelweg versprechen Mischfonds. Für grüne Fonds sammeln Anbieter Wertpapiere, die sie für sozial und ökologisch unbedenklich erachten. Teils arbeiten sie dabei mit Ausschlusskriterien, nehmen also keine Atom-, Rüstungs- oder Agrogentechnikfirmen auf. Bei der Positivauswahl landen dagegen nur besonders nachhaltig handelnde Unternehmen im Fonds oder die jeweils Besten ausgewählter Branchen.

Direkt an Umweltprojekten beteiligen

Reinhard Blumenschein

Im Gegensatz zu den oben beschriebenen offenen Fonds beteiligt sich ein Anleger über geschlossene Fonds oder Genussrechte direkt an einem Umweltprojekt. Damit hat er Anteil am Gewinn – wie auch am Verlust, meist begrenzt auf die Höhe seiner Einlage. Viele Solar- oder Windparks bieten solche langfristig angelegten Beteiligungen an. Sie sollten über 10 oder 20 Jahre gehalten werden. Denn wer sein Geld früher braucht, wird seine Anteile schwerer veräußern können als bei einem offenen Fonds oder einer Aktie. Bei einer Mindestbeteiligung von 5 000 bis meist 10 000 Euro sind geschlossene Fonds für Kleinsparer eher ungeeignet. Sogenannte Ratensparpläne mit geringen monatlichen Ein-

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zahlungen von 50 Euro bezeichnet »Finanztest« als unseriös und teuer. Auch mit Anleihen und Genussrechten oder -scheinen können Anleger ökologisch wirtschaftende Unternehmen fördern. Bleibt der Erfolg allerdings aus, gilt dies eventuell auch für die jährliche Ausschüttung und den Zins für die Einlage. Kommt es zur Insolvenz, verliert der Geldgeber im schlechtesten Fall seine gesamte Einlage.

Zehn Tipps für die Geldanlage • Der Berater Ihrer Hausbank hält grüne Geldanlagen für Hokuspokus? Dann wechseln Sie zu einer sozialökologisch orientierten Bank (siehe »Rat holen«). • Überlegen Sie zu allem Anfang, wie viel Geld Sie wie lange investieren wollen, und wozu Ihr Geld dienen – und nicht dienen – soll. • Branchenfonds investieren in Bereiche wie Umwelttechnologie, erneuerbare Energien oder Wasser. Aber auch hier gilt: geringe Streuung, höheres Risiko. • Genau hinsehen: Längst nicht alle Nachhaltigkeitsfonds schließen Atomkraft, Rüstung oder Gentechnik garantiert aus. • Legen Sie Wert darauf, dass der Fonds von einem unabhängigen Beirat kontrolliert wird. • Der Begriff Genussrecht ist rechtlich nicht definiert, und die Produkte sind sehr unterschiedlich. Hier lohnt es sich, genau hinzuschauen. • Die private Altersvorsorge lässt sich mit nachhaltiger Kapitalanlage kombinieren. Mehr dazu im BUNDRatgeber (siehe »Rat holen«). • Die betriebliche Altersvorsorge lässt sich ebenfalls »vergrünen«, inklusive staatlicher Fördermodelle wie Riester- und Rüruprente. • Übrigens können sich auch private Investitionen auszahlen: So rechnet sich eine energetische Sanierung oft nach wenigen Jahren durch eingesparte Heizkosten. • Für Hausbesitzer ebenso lohnend: Fotovoltaikanlagen versprechen laut »Finanztest« weiter eine sehr gute Verzinsung.

Rat holen, nachlesen • BUND-Ratgeber »Bank wechseln«: www.bund.net/ besser-leben • Buch »Grüne Geldanlage«, Stiftung Warentest, 2010, 208 Seiten, 16,90 € • Grüne Banken online: www.gls.de, www.umweltbank.de, www.ethikbank.de • Infos und Fonds online: www.nachhaltiges-investment.org, www.ecoreporter.de Heidi Tiefenthaler


Perfluorverbindungen

Praktisch, langlebig, giftig Perfluorverbindungen sind im Haushalt und Freizeitbereich allgegenwärtig. Ihre Beständigkeit ist ein Teil des Problems: Inzwischen belasten sie überall auf der Welt die Umwelt und sind in Organen von Tieren und Menschen zu finden. Einige sind äußerst schädlich.

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Gift reichert sich an Die chemische Bindung des Fluors an Kohlenstoff ist so stabil, dass sie in der Umwelt kaum gespalten werden kann. Perfluorverbindungen sind somit persistent, also nicht oder nicht vollständig biologisch abbaubar. Substanzen wie die Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) reichern sich in der Nahrungskette an und können auch im Menschen nachgewiesen werden. PFOS schädigt die Leber und wirkt ähnlich wie ein Hormon. Es steht ferner im Verdacht, die Fruchtbarkeit von Tieren und Menschen zu verringern und Krebs auszulösen. Inzwischen ist die Herstellung und Anwendung von PFOS weitgehend verboten. Oft aber wird es ersetzt durch ähnliche Stoffe, über deren Struktur und biologische Wirkung wir nur schlecht informiert werden. Das Polymer Teflon selbst schafft kaum gesundheitliche Probleme – solange es nicht stark überhitzt wird. Seine Vorprodukte sind allerdings toxisch.

Globale Umweltbelastung 2006 vergiftete die kriminelle Entsorgung PFC-haltiger Klärschlämme auf Äckern das Grundwasser und mehrere Flüsse im Gebiet von Möhne und Ruhr (NRW). Die Trinkwassergewinnung musste ausgesetzt werden, der PFC-Gehalt im Blut der Anwohner war signifikant angestiegen. Großräumige Belastungen von Boden, Grundwasser und Pflanzenkulturen wurden 2009 in Düsseldorf-Gerresheim festgestellt. Ursache war ein Löschmitteleinsatz bei einem Großbrand im Jahr 2001. Auch Altdeponien und Abwässer aus der Industrie sind Quellen für sehr lang andauernde Kontaminationen von Gewässern und Lebewesen.

naturganznah

erfluorverbindungen (PFC) scheinen Alleskönner zu sein: Sie machen Textilien, Leder, Möbelstoffe und Teppiche wasser- und schmutzabweisend, schützen Metalle vor Korrosion, bewirken einen Antihafteffekt bei Verpackungen und Papier, sind in Lacken, Wachsen und Polituren und in Reinigungsmitteln enthalten. Ob bei der Verchromung von Metall, bei der Halbleiterproduktion oder in der Luft- und Raumfahrt: PFC finden vielseitige Anwendung. Bekannt ist vor allem ein Polymer: Unter dem Handelsnamen Teflon bewirkt es den Antihaft-Effekt von Küchengeräten, und als Goretex-Membran macht es Kleidung wasserdicht und atmungsaktiv. Charakteristisch für PFC sind wasserabweisende, fluorhaltige Molekülgruppen. Perfluorverbindungen verteilen sich weltweit. Selbst im Blut von Tieren der Arktis sind sie heute nachweisbar. Die langlebigen Substanzen werden auch dann noch biologisch angereichert, wenn ihre Freisetzung in die Umwelt längst eingeschränkt wurde.

Was tun? Perfluorverbindungen sind ein Beispiel für Substanzen, die unser Leben »bequemer« machen sollen, deren Preis für Umwelt und Gesundheit uns aber verschwiegen wird. Wir sollten uns bewusst machen, dass diese naturfremden Stoffe langfristige Schäden hervorrufen – und nach Möglichkeit darauf verzichten. Als Alternative werden heute oft Nanomaterialien angeboten, etwa bei der Oberflächenbehandlung von Leder und Textilien. Doch auch hier gilt: Viele Fragen zum Gesundheitsrisiko sind ungeklärt. Der BUND fordert die Industrie und die Behörden auf, das Vorsorgeprinzip zu beachten und Verantwortung zu übernehmen. Gefährliche Perfluorverbindungen dürfen nicht durch Substanzen mit ähnlichen Eigenschaften ersetzt werden, deren Risiken wir nur noch nicht kennen. Stoffe dürfen erst dann auf den Markt, wenn Gefahren für Umwelt und Gesundheit auszuschließen sind. Die Frage, ob der Nutzen bestimmter Substanzen die ökologischen und gesundheitlichen Kosten rechtfertigt, dürfen wir nicht künftigen Generationen überlassen. Heribert Wefers … ist der BUND-Experte für technischen Umweltschutz in der Bundesgeschäftsstelle.

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Wasserabweisendes Blatt einer Kapuzinerkresse – ganz ohne Perfluorverbindungen.


AKTION

Stromwechsel – eine Stilfrage

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Geschäftsstelle BSG (2)

BIOSPHÄR E

Angesichts der globalen Urbanisierung strebt die UNESCO an, mehr städtische Lebensräume zu Modellregionen für Nachhaltigkeit zu entwickeln – links der Kurort Bad Urach. Rechts der Blick über den einstigen Truppenübungsplatz bei Münsingen.

Schwäbische Alb

Wie wird man zum Modell? Nach Jahrzehnten politischer Blockade erhielten die Baden-Württemberger 2009 endlich ihr erstes Großschutzgebiet. Mit Unterstützung des BUND entsteht derzeit 50 Kilometer südöstlich von Stuttgart das Biosphärengebiet Schwäbische Alb – ein Experiment mit ungewissem Ausgang.

E

s ist Sommer im Brucktal, einer Kernzone der Biosphäre. Die Sonne glitzert durch die Kronen von Eschen und Ulmen, am Stamm eines Bergahorns prangt die seltene Lungenflechte. Alle paar Sekunden kreuzt ein Schmetterling unseren Weg. Ob Feuriger Perlmuttfalter, Großer Schillerfalter oder der Kleine Eisvogel, von dem gleich vier Exemplare zu unseren Füßen Mineralien aus dem feuchten Boden saugen: Die Tagfalter erweisen sich als prächtige Botschafter des biologischen Reichtums dieser Region. Ganz anders zeigt sich die Alb, wenn wir vom Rand des ehemaligen Truppenübungsplatzes Münsingen in sein Zentrum vorstoßen. Weite trockene Wiesen dehnen sich hier auf einer Hochfläche bis zum Horizont, eingestreut liegen kleine Wäldchen und Felskuppen. Wo bis 2005 Panzer den Boden aufrissen, weiden heute etwa 30 000 Schafe. Über hundert Jahre trainierten deutsche, später alliierte Soldaten hier ihre Manöver. So blieb das Gelände nahe der »Metropolregion Stuttgart« von neuzeitlichen Segnungen wie dem unge-

Was sind Biosphärenreservate? Vor genau 40 Jahren gründete die UNESCO das Umweltprogramm »Der Mensch und die Biosphäre«. Auf seiner Grundlage entstanden bis heute 580 Biosphärenreservate in 114 Ländern, fünfzehn davon in Deutschland. Ihr vorrangiges Ziel ist das harmonische Miteinander von Wirtschaft, Ökologie und Sozialem. Dazu Walter Hirche, Präsident der deutschen UNESCOKommission: »Für nachhaltige Entwicklung gibt es kein Patentrezept. An möglichst vielen Stellen unseres Planeten sind daher Räume für Experimente und für das Lernen nachhaltigen Wirtschaftens unter Realbedingungen gefragt. Diese Räume sind die Biosphärenreservate.« Die Schwäbische Alb nennt sich übrigens »B’gebiet«, um den Begriff »Reservat« zu vermeiden.

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bremsten Bau von Siedlungen, Straßen oder Gewerbegebieten verschont. Als vor zehn Jahren erstmals ein Truppenabzug in Aussicht stand, reagierte ein örtlicher BUND-Aktiver am schnellsten. Günter Künkele, der in Sichtweite des Übungsplatzes aufwuchs, beantragte im März 2002 das 6 700 Hektar große Areal für den Naturschutz zu sichern. Mit Erfolg, bildet es heute doch das Herzstück des Biosphärengebietes Schwäbische Alb.

Naturschutz plus Mit dem Übungsplatz konnte einer der letzten unzerschnittenen Großräume Südwestdeutschlands gerettet werden. Dieses Erbe gilt es nun umsichtig zu verwalten – zum Nutzen derer, die hier nach Stille und schöner Natur suchen; und zum Schutz der bedrohten Tiere und Pflanzen in diesem Refugium. Befremdlich muss es da wirken, dass die den Platz umgebende einstige Panzerringstraße derzeit Firmen wie Daimler oder Liebherr zum Test neuer Fahrzeuge vermietet wird. Doch die eigentlichen Herausforderungen für die 85 000 Hektar große Biosphäre warten an anderer Stelle. Denn die Modellregion für nachhaltige Entwicklung (siehe Kasten) ist dicht besiedelt, ein mitunter industriell geprägter Ballungsraum. Vielschichtig sind daher die Interessen, die hier auf engem Raum abzustimmen sind, um dem anspruchsvollen Konzept mit intensiver Bürgerbeteiligung Leben einzuhauchen. Die Moderatorin dieses Prozesses ist Petra Bernert, seit über zwei Jahren Leiterin der Geschäftsstelle des Biosphärengebiets. Neben einer gewählten Steuerungsgruppe feilen neun Facharbeitskreise an einem Rahmenkonzept für die Region, das im Mai 2012 verabschiedet werden soll. Die Bürger sind auf vielerlei Weise eingebunden.


Viva Idea, Stuttgart

Partizipation soll auch langfristig gewährleistet sein. So gestalten ein Lenkungskreis und ein rund dreißigköpfiger Beirat die Geschicke des Gebietes mit. Die Umweltverbände haben ihre Vorstellungen im Detail formuliert. Sie sind jedoch im Lenkungskreis gar nicht, im Beirat bisher nur mit drei Stimmen vertreten: »Da muss sich was ändern«, findet auch Petra Bernert. Noch dominieren in den Gremien kommunale Interessen, vorgetragen von der Phalanx der Bürgermeister. Erschwerend kommt hinzu, dass die kleine Geschäftsstelle bislang nur wenig Entscheidungsbefugnis hat. Die Kosten für das Biosphärengebiet teilen sich das Land und die Kommunen im Verhältnis 70:30. Und als Motto gilt auch hier: Wer zahlt, bestimmt … Doch die Schwäbische Alb hat einen Entwicklungsauftrag. Als Modellregion braucht sie eine Verwaltung, die personell wie finanziell in der Lage ist, Überzeugungsarbeit zu leisten und Anreize zu setzen. Warum könnte es sich lohnen, die Felder der Alb künftig ökologisch zu bewirtschaften und die noch zahlreichen Streuobstwiesen weiter zu pflegen? Den Wald nachhaltig zu nutzen (FSC-Siegel !) und die bislang arg zerstückelte Kernzone besser zu verknüpfen? Auf den Bau neuer Straßen zu verzichten und stattdessen Radfahrer und den öffentlichen Verkehr zu fördern? Oder »Biosphärengastgeber« zu werden, wie bereits 21 Gastronomen und Hoteliers? Fragen über Fragen. Selbst wenn das Rahmenkonzept den komplexen Auftrag der jungen Biosphäre berücksichtigt: Ohne mehr Spielraum für die Geschäftsstelle wird seine Umsetzung kaum gelingen.

• BUND-Regionalverband Neckar-Alb, Barbara Lupp, Tel. (0 70 71) 94 38 85, www.bund-neckar-alb.de; im Angebot u.a.: Wanderausstellung über die Schwäbische Alb als Biosphärengebiet und Klimaschutzregion

Langer Lernprozess • Biosphärenzentrum Schwäbische Alb im »Alten Lager«, mit neuer interaktiver Ausstellung; leider abgelegen, nur per Auto zu erreichen; 72525 Münsingen, Tel. (0 73 81) 93 29 38-31, www.biosphaerenzentrum-alb.de • Lesetipps: 1) Günter Künkele: Naturerbe Biosphärengebiet Schwäbische Alb – Streifzüge durch eine außergewöhnliche Landschaft, 2008. 176 S., 22,90 €, Silberburg; 2) Biosphärenreservate sind mehr als Schutzgebiete – Wege in eine nachhaltige Zukunft, Deutscher Rat für Landespflege, Heft 83 (2010). 138 S., 5,50 €, Bezug als Heft oder PDF unter www.landespflege.de/schriften

Kleiner Eisvogel (links), daneben die Pfingstnelke, eine gefährdete Felsenpflanze. Günter Künkele (2)

Schon Jahre vor Ausweisung der Biosphäre gab es auf der Schwäbischen Alb starke Initiativen für eine umweltgerechte Regionalentwicklung. Zudem ist keine Gemeinde gegen ihren Willen in das Schutzgebiet eingegliedert worden – was seine kuriose Form erklärt. Bei den 150 000 Einwohnern ist also mit einiger Akzeptanz zu rechnen. Doch richtig verankert ist das Bewusstsein, Teil einer Modellregion zu sein, offenbar noch nicht. »Viel zu viele Leute hier wissen gar nicht, dass sie in einem Biosphärengebiet leben«, bedauert Günter Künkele. Der pensionierte Lehrer hat als Ergebnis seiner zahllosen Streifzüge mehrere Bildbände über die reizvolle Natur der Alb veröffentlicht. Petra Bernert immerhin registriert gehäufte Anfragen, seit sie an der Außengrenze Begrüßungsschilder aufstellen ließ. Auch sie erwartet einen langjährigen Lernprozess, bis all die Chancen erkannt sind, die ein ambitioniertes Biosphärenreservat bietet. Vorläufig prägen also Pioniere das Bild, Menschen wie Barbara Lupp vom BUND Neckar-Alb. Sie engagiert sich mit den anliegenden Kreisgruppen seit den ersten Tagen für das Schutzgebiet. Ein Ergebnis ist das »BUND-Aktionsprogramm Klimaschutz«: Bis 2040 soll sich die Biosphäre ganz mit erneuerbarer Energie versorgen. Nur ein Aspekt von vielen, doch abermals wird deutlich: Hier hat eine Region noch viel vor sich. Und: Der Einsatz könnte sich lohnen. Severin Zillich

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Impressionen von der Elbe, einem künftigen Einsatzgebiet der BUNDstiftung.

BUNDstiftung

Wildnis als Lebensspender Die BUNDstiftung wächst kontinuierlich und will künftig vier zentrale Naturschutzprojekte voranbringen. Aktuelle Spenden zeigen, dass die Richtung stimmt.

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ielfalt erhalten, der Natur Raum geben und Wildnis zulassen – das sind wichtige Grundsätze der BUNDstiftung. Aber was heißt das konkret? Die noch junge Stiftung unterstützt Projekte, welche die Natur auf eben diese Weise schützen. In der Goitzsche-Wildnis bei Bitterfeld, einem einstigen Braunkohletagebau, kaufte die Stiftung rund 1 300 Hektar. Sie achtet hier darauf, dass die einst karge Mondlandschaft zu neuem Leben erwachen kann. Mit Erfolg: See- und Fischadler brüten in der Goitzsche heute genauso wie mehrere Kranichpaare. Neben Biber und Fischotter sind viele bedrohte Libellen- und Heuschreckenarten heimisch geworden. Blühende Gras- und Krautfluren mit seltenen Pflanzen locken Schmetterlinge und Vögel an.

Perspektivisch sind zwei weitere Projekte von großer Bedeutung. Das »Rettungsnetz für die Wildkatze«, das 20 000 Kilometer grüne Lebenskorridore schaffen wird, will die BUNDstiftung mit Flächenkäufen unterstützen. »Hier geht es nicht um Wildnisromantik, sondern darum, neben der Wildkatze viele andere Arten dauerhaft zu schützen«, so Hubert Weiger. Ein weiterer Schwerpunkt der Stiftungsarbeit wird die Elbe. Mit rund 1100 Kilometern Länge ist sie einer der größten Ströme Mitteleuropas und besticht durch ihre Naturnähe. Durch Flächenkäufe entlang der Ufer will die BUNDstiftung zum Beispiel Raum für Überschwemmungen schaffen – damit Hochwasser Auwälder und Auwiesen flutet, statt Deiche zu durchbrechen, hinter denen Dörfer und Städte liegen.

Natur verbinden Außerdem unterstützt die BUNDstiftung das Grüne Band, einen geschützten Naturraum entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze. So sorgt sie für die extensive Pflege BUND-eigener Flächen in der Wakenitzniederung (Mecklenburg-Vorpommern). »Auch hier hilft die Stiftung, selten gewordene Tiere und Pflanzen zu schützen und ihr Überleben zu sichern«, so der Vorsitzende des Stiftungsrates, Hubert Weiger.

Seit 2005 fördert die gemeinnützige Stiftung des BUND den Natur- und Umweltschutz. Der Vorsitzende des Stiftungsrates ist Hubert Weiger. Sie können die Stiftung mit Spenden, Zustiftungen, Stiftungsfonds oder Stifterdarlehen unterstützen. Ihre Ansprechpartnerin ist Almuth Wenta, Tel. (0 30) 2 75 86-4 74, almuth.wenta@bund-stiftung.de. www.bund-stiftung.de

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Spenden und stiften Die 2005 gegründete BUNDstiftung besitzt derzeit einen Kapitalstock von 300 000 Euro – und das besagte Areal in der Goitzsche. In den vergangenen Monaten verstärkte der BUND das Marketing, erstellte neue Publikationen und aktualisierte den Online-Auftritt der Stiftung. Infolgedessen ging eine Großspende über 50 000 Euro ein, zudem wurde ein Stiftungsfond über 30 000 Euro geschaffen und ein Stifterdarlehen in Höhe von 25 000 Euro eingerichtet. So soll es nun weitergehen. Denn je größer der Kapitalstock, desto mehr kann Jahr für Jahr ausgeschüttet werden – um Vielfalt zu erhalten und Wildnis zu schaffen. Almuth Wenta


Klamme Kommunen

ZU R ZEIT

Zu arm, um nachhaltig zu sein? Wer in Kreisen und Gemeinden etwas verändern will, wird sehr schnell den Satz hören: »Dafür haben wir kein Geld.« Droht eine zukunftsfähige Kommunalpolitik an der chronischen Finanzkrise der untersten Staatsebene zu scheitern?

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ichtig ist: Den Kommunen fehlt das Geld allenthalben, viele sind überschuldet. Können sie keinen »ausgeglichenen« Haushalt vorlegen, also einen Plan, in dem (nach neuem Haushaltsrecht) die Erträge mindestens so hoch sind wie die Aufwendungen, wird der Haushalt nur unter Auflagen genehmigt. Bei allen finanziellen Entscheidungen redet dann die Kommunalaufsicht mit – Selbstverwaltung ade. In Deutschland gilt dies für Hunderte von Gemeinden.

Mehr Ausgaben, weniger Einnahmen

Zudem liegt dem Haushaltsrecht ein betriebswirtschaftlicher Investitionsbegriff zugrunde. Ausgaben für Gebäude, Straßen oder Maschinen gelten als Investition, für die auch ein Kredit aufgenommen werden darf. Bildung oder Umweltberatung gelten dagegen als »konsumptive« Ausgaben, also reine Kosten, die keine Werte schaffen – selbst wenn sie für die Zukunftschancen des Gemeinwesens noch so wichtig sind.

Kein Spielraum für die Zukunft?

Langfristig denken

Ausgeglichen wurde all dies vor allem, indem man die Investitionen stetig herunterfuhr. Erhaltung und Sanierung von Bausubstanz und Infrastruktur werden zum Luxus – und dies führt zu weiterer, unnötiger Belastung mit Betriebs- und Reparaturkosten: das Gegenteil von nachhaltiger Politik. Dabei kostet es nicht immer etwas, die Kommunalpolitik in eine zukunftsfähige Richtung zu steuern. Häufig bedarf es nur intelligenter Entscheidungen, um innerhalb eines gegebenen Budgets die beste Lösung zu finden. Nicht selten sind aber auch Investitionen gefragt, Mittel, die heute eingesetzt werden müssen, um künftige Belastungen zu vermeiden. Hier steht einer klugen, strategisch nachhaltigen Finanzpolitik das kurzfristige Denken in jährlichen Haushalten im Wege. Wo der Haushalt jedes einzelnen Jahres »ausgeglichen« sein muss, sind notwendige Maßnahmen wie die energetische Sanierung des kommunalen Gebäudebestandes schwer durchzusetzen. Dabei kommt ihr Unterlassen, auf die nächsten zwanzig Jahre gesehen, wesentlich teurer.

Eine Finanzpolitik im Dienste einer zukunftsfähigen kommunalen Strategie braucht vor allem dieses langfristige Denken. Nicht der aktuelle jährliche Haushalt oder die Wahlperiode sind der Maßstab des Denkens, sondern das Jahrzehnt und die Lebensbedingungen der nächsten Generation. Allerdings müssen Bund und Länder ihren Teil dazu beisteuern: indem sie die Kommunen finanziell besser und stabiler ausstatten und durch Änderungen am Haushaltsrecht die Nachhaltigkeit fördern, statt sie zu behindern. Wolfgang Pohl

W. Neumann

Die zwei wichtigsten Gründe der knappen Finanzen: Zum einen steigen die sozialen Ausgaben der Gemeinden seit Jahrzehnten ständig an. Mussten sie in den Wirtschaftswunderjahren um die sechs Prozent ihrer Einnahmen für Sozial- und Jugendhilfe aufwenden, so sind es heute 25 und mehr. Die Kommune trägt die Kosten hoher Dauerarbeitslosigkeit und wachsender Altersarmut. Außerdem haben mehrere Steuersenkungen wechselnder Bundesregierungen den Gemeinden immer wieder Einnahmen entzogen. Ohnehin schwanken die wichtigsten kommunalen Steuern, die Gewerbe- und die Einkommenssteuer, stark mit der Konjunktur – wenn das Geld besonders gebraucht wird, fehlt es. Andere Gründe, wie lokale Misswirtschaft (die es immer wieder gibt), spielen eine relativ kleine Rolle.

Frankfurt, Rotlintstraße: 50er JahreWohnblöcke werden dank kommunaler Sanierung zu Null-EmissionsGebäuden.

… betreut das Internet-Projekt »KommunalWiki« der Heinrich-Böll-Stiftung (kommunalwiki.boell.de).

Der BUND engagiert sich für mehr kommunale Nachhaltigkeit. In Erfurt findet am 3. September der nächste Workshop einer vierteiligen Reihe für MultiplikatorInnen und Aktive statt. Informationen dazu und zum Projekt »Zukunftsfähige Kommune« bei Christine Wenzl, Tel. (0 30) 2 75 86-4 62, christine.wenzl@bund.net, www.bund.net/nachhaltigkeit

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BUND-Vision

ZU R ZEIT

Lebendige Flüsse Eine neue Studie des BUND analysiert, wie es Deutschlands Bächen und Flüssen geht. Und wie sich unsere großen Flussregionen entwickeln sollen. BUND grenzübergreifend aktiv: Sechs deutsche und tschechische Umweltschützer schwammen 70 Kilometer elbabwärts zum evangelischen Kirchentag nach Dresden. Ihr Ziel: auf die Gefährdung der Flusslandschaft Elbe hinzuweisen. So soll bei D 񡑁񡑀ín (siehe Foto) eine Staustufe entstehen; die Pläne dafür müssen nach einer ausführlichen Stellungnahme des BUND überarbeitet werden. www.elbeinsel.de

und frei fließende Flüsse sind nicht nur Orte großer Artenvielfalt, sondern auch eine bedeutende Trinkwasserressource. Gewässerschutz ist Klimaschutz – und kommt allen Erholung suchenden Menschen zugute, die im Fluss baden, auf dem Fluss paddeln oder am Fluss entlangradeln wollen.

Sechs Visionen

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lüsse sprechen uns Menschen an, mit ihnen assoziieren wir Schönheit, Freiheit und Wildnis. Flüsse sind ein Natur- und Kulturgut, das Verbundenheit erzeugt, regional wie überregional. Verbundenheit im Widerstand gegen weitere Staustufen an der Donau, gegen die notorische Versalzung der Werra oder die hohe Wärmebelastung des Rheins. Aber auch gemeinsame Freude über die vielen Fischarten, die in den Rhein zurückgekehrt sind, oder über die Tatsache von Flussbadetagen, wie sie der BUND an der Elbe veranstaltet, was vor 30 Jahren noch unvorstellbar war. Was wir über den Zustand unserer Flüsse hören, ist widersprüchlich. Wie geht es ihnen wirklich? Um das zu erfahren, hat der BUND eine Studie in Auftrag gegeben. Sie wagt auch einen Blick in die Zukunft und entwirft Visionen für die fünf großen Flussgebiete von Oder, Elbe, Weser, Rhein und Donau.

Muster für Nachhaltigkeit Das Fazit der Studie: Unseren Bächen, Flüssen und Strömen geht es schlechter als gemeinhin angenommen. Die Ursachen für diese Diagnose sind vielfältig. Etliche Fließgewässer sind durch Querbauwerke wie Schleusen und Wehre zerstückelt, durch Dämme von ihren Auen getrennt oder durch Nährstoffe und Schadstoffe stark belastet. Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, die diese Übel angehen und neuen Schwung in Europas Flusspolitik bringen sollte, kommt kaum voran und droht an politischer Unlust und bürokratischen Hürden zu scheitern. Dabei könnte die Revitalisierung der deutschen Flüsse zeigen, dass Nachhaltigkeit in einem dicht besiedelten Industrieland wirklich möglich ist. Saubere

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Der BUND vereint viele Menschen, die daran arbeiten, dass lebendige Flüsse in Deutschland Wirklichkeit werden. Zu hoffen, dass unsere Träume von allein wahr werden, ist uns zu wenig. Unsere Visionen sind: • Frei fließende Flüsse: Wandernde Fische wie Lachs oder Stör leben künftig wieder in unseren Flüssen; Fischotter und Biber besiedeln die Ufer. • Flussauen als Kernzonen biologischer Vielfalt: Flüsse und Auen werden wiedervernetzt – um Hochwasser zurückzuhalten und die Artenvielfalt zu sichern. • Umfangreiche Bürgerbeteiligung: Der BUND organisiert Flusskonferenzen – damit Menschen »ihren« Fluss mitgestalten können. • Baden in Flüssen und Flusstourismus: Auch der prosperierende Flusstourismus schützt die Flüsse. Die Menschen erobern sich die Flüsse zum Baden zurück – selbst in Großstädten. • Naturverträgliche, flussangepasste Binnenschifffahrt: Der BUND stimuliert den Dialog zwischen Politik, Verwaltung und jenen, die den Fluss wirtschaftlich nutzen. • Effektiver Flussschutz vor Ort: Kunst und Kultur tragen zum Schutz der Flüsse bei. Umweltbildung an Bächen, Flüssen und Augewässern fördert eine naturgerechte Entwicklung. Helfen Sie uns diese Visionen zu verwirklichen. Kämpfen Sie mit dem BUND für lebendige Flüsse! Mechthild Klocke … leitet das BUND-Team »Biodiversität«. Unsere Fluss-Studie erhalten Sie – auch als Flyer und Kurzversion – gratis unter Tel. (0 30) 2 75 86-4 80, bundladen@bund.net, www.bundladen.de; mehr über die Flussaktivitäten des BUND unter www.bund.net


Verkehrspolitik

Mehr Mut zu Prioritäten Normalerweise verteilen Bedarfspläne für Verkehrswege ihre Investitionen nach dem Gießkannenprinzip über alle Regionen. Bei den Wasserstraßen wird die Bundesregierung nun erstmals klare Prioritäten setzen – ein Vorbild auch für Fernstraßen und Schienenwege.

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enig Freunde fand Verkehrsminister Ramsauer auf der Nationalen Maritimen Konferenz Ende Mai in Wilhelmshaven. Hafen-, Schifffahrts- und Flussbaulobby liefen Sturm gegen seine Priorisierung der Bundeswasserstraßen, die etwa Elbe und Saale nur noch dem Neben- oder Randnetz zuordnete. Doch Ramsauer hielt stand und sagte klar, was nicht mehr durchzusetzen und zu finanzieren ist. Der jahrzehntelange Kampf des BUND gegen einen überzogenen Flussausbau ohne ökologische und ökonomische Vernunft verspricht nun Früchte zu tragen.

Straßenneubau stoppen Mehr Mut zu Prioritäten sollte der Minister auch beim Bau von Bundesstraßen und Autobahnen zeigen. Denn hier stehen die Prioritäten kopf: So flossen fünf Milliarden Euro weniger als geplant in die Erhaltung der Straßen, mehr Geld als geplant dagegen in den Bau neuer Autobahnen und zahlloser Ortsumfahrungen ohne echte Entlastung der Ortskerne. Viel zu viele Politiker und Bürokraten drängeln sich bei Spatenstichen, statt die Lösung unserer Verkehrsprobleme ernsthaft anzugehen. Die Erhaltung des heutigen Fernstraßennetzes und die Sanierung der rund 40 000 Brücken kosten pro Jahr mindestens drei Milliarden Euro. Diese Investitionen schaffen deutlich mehr Arbeitsplätze als der Straßenneubau. Der BUND plädiert auf neue Straßen künftig prinzipiell zu verzichten. Viele hoch belastete Strecken und Verkehrsknoten ließen sich ohne mehr Flächenverbrauch durch den Umbau der Seitenstreifen entlasten. Wo nötig, hat der BUND Ausbaualternativen entwickelt, die kostengünstiger, umweltverträglicher und schneller umzusetzen wären als die geplanten neuen Trassen. Alternativen gibt es speziell für die allermeisten der im Bedarfsplan noch enthaltenen 600 Ortsumfahrungen. Der § 5a des Fernstraßengesetzes erlaubt Investitionen in den Umbau von Ortsdurchfahrten und in innerörtliche Entlastungsstraßen. Zugleich sollte sich Peter Ramsauer für ein allgemeines Tempolimit und ein Verkehrsmanagement einsetzen, das Alternativen zum Individualverkehr bietet.

Rund 10 Milliarden Euro würde dieses Projekt zusammen mit der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm kosten. Noch mehr Geld, nämlich 20 Milliarden Euro, haben Bahn und Politik bisher ins deutsche Hochgeschwindigkeitsnetz gesteckt. Dennoch sank der Verkehrsanteil des Personenfernverkehrs – ganz anders als der Nahverkehr, der um fast ein Drittel zunahm. Die Bahn wie auch CDU, SPD und FDP verweigern sich bisher dem dringend nötigen Strategiewechsel. Die Fernzüge aber werden erst dann für mehr Menschen attraktiv, wenn die Bahn ihren Fern- und Nahverkehr bundesweit besser vertaktet. Auch sollten Bahn und Politik die Öffentlichkeit viel früher als bisher an ihrer Investitionsplanung beteiligen und Alternativen gründlicher prüfen. Fazit: Im nächsten Bundesverkehrswegeplan müssen alle Straßen und Schienenwege, deren Bau noch nicht beendet ist, auf den Prüfstand. Wie bei den Wasserstraßen sind hier rasch neue Prioritäten gefragt – um Klima und Umwelt zu schonen, aber auch um weitere Steuerverschwendung und neue Milliardengräber zu vermeiden. Werner Reh … ist der Verkehrsexperte der BUND-Bundeszentrale.

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Mehr Takt statt Prestige Verkehrte Prioritäten auch bei der Schiene, wo viel Geld in die falschen Projekte fließt. So schönt die Deutsche Bahn bei einem Prestigeprojekt wie Stuttgart 21 die Kosten und rechnet qua »Stresstest« eine hohe Leistungsfähigkeit des geplanten U-Hauptbahnhofs herbei.

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Elektromobilität

ZU R ZEIT

Falsch gepolt Eine Million Elektroautos soll 2020 auf deutschen Straßen rollen. Die Bundesregierung will Deutschland zum »Leitmarkt für Elektromobilität« entwickeln. Ihre Strategie hat sie gemeinsam mit den Autoherstellern entworfen – was man ihr deutlich anmerkt.

M

itte Mai hat das Bundeskabinett ein »Regierungsprogramm Elektromobilität« verabschiedet: Eine Milliarde Euro soll in die Forschung und Entwicklung von Autobatterien oder Akkus fließen. Dazu sollen EAutos Vorteile im städtischen Verkehr erhalten, etwa die Busspuren nutzen dürfen. Sie werden zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit, das unsinnige Dienstwagenprivileg wird für sie ausgeweitet. Alle E-Autos werden zudem als Nullemissionsfahrzeuge behandelt. Nur direkte Kaufprämien, wie sie Japan oder Frankreich bieten, lehnte die Bundesregierung ab.

wurden letztes Jahr bundesweit 200 000 Pedelecs verkauft, Fahrräder mit elektrischer Unterstützung, die dem Rad zu mehr Reichweite verhelfen und den Transport von Lasten erleichtern. Auch E-Scooter (Elektroroller) sind schon lange im Einsatz. Die Bundesregierung redet zwar von Elektromobilität, meint aber Elektroautos. E-Mobilität ist jedoch viel mehr als das, sie muss Fahrräder und Roller ebenso einschließen wie die seit über hundert Jahren bewährte Form von E-Mobilität im öffentlichen Nahverkehr (Tram- und U-Bahnen, Oberleitungsbusse).

E-Mobilität richtig einsetzen

picture-alliance/dpa/Jochen Lübke

Spritfresser durch Stromfresser zu ersetzen, wäre ökologisch sinnlos – und verantwortungslos. Elektroautos haben, weil sie bis zu 90 % der Energie im Auto ausnutzen, durchaus ein großes Effizienzpotenzial. Dafür müssen sie aber anders konzipiert und viel leichter werden. Ein konsequenter Leichtbau könnte ihr Gewicht halbieren: auf 700 Kilogramm inkl. Batterie. So viel wog der erste VW Golf. Mit der Kopplung der EMobilität an zusätzlichen erneuerbaren Strom geht die CO2-Emission im Betrieb tatsächlich gegen Null. Werden E-Fahrzeuge dann noch sinnvoll eingesetzt – im Carsharing, als Taxi, Dienstwagen oder im städtischen Lieferverkehr –, könnte die Belastung durch Lärm und Schadstoffe spürbar sinken. Statt auf teuren Privatbesitz zu setzen, sollte aus der Not der E-Autos, ihrer kurzen Reichweite, eine Tugend werden: E-Mobile sollten öffentliche Verkehrsmittel ergänzen, statt mit ihnen zu konkurrieren. Schließlich ist auch Carsharing ohne guten öffentlichen Nahverkehr nicht denkbar. Tanken an der Steckdose macht ein überholtes Autokonzept noch lange nicht zukunftsfähig.

Elektroautos tragen aber nur dann zum Klimaschutz bei, wenn sie mit zusätzlich erzeugter regenerativer Energie betrieben werden. Ein Konzept dafür sucht man bei der Bundesregierung vergeblich. Unklar ist auch, wo all die E-Autos beladen werden sollen – bislang gibt es nur Modell- und Showprojekte der großen Energieversorger. Nicht akzeptabel ist die Öffnung der Busspur, bremsen E-Autos doch hier den ökologisch viel vorteilhafteren öffentlichen Nahverkehr aus.

Mehr als Autos Noch ist das Angebot von E-Autos insgesamt gering, ihr Preis mit über 30 000 Euro hoch. Deshalb lohnt ein Blick auf die breite Palette kleinerer Elektrofahrzeuge. Dazu gehören der dreirädrige Twike, Kleinserienwagen und viele Nutzfahrzeuge von Mikrovans. Außerdem

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BUNDmagazin [3-11]

Intelligent und nachhaltig Last, not least wird Elektromobilität umso sinnvoller, je mehr sie in eine dezentrale Energieversorgung eingebettet ist. Noch heizen herkömmliche Automotoren mit drei Vierteln der eingespeisten Energie die Atmosphäre auf. Intelligenter ist ihr Einsatz in Mini-Blockheizkraftwerken. Hier können sie – etwa mit Holz aus nachhaltiger Nutzung oder mit Biogas – Wärme und Strom erzeugen und so auch E-Fahrzeuge antreiben. Nur wenn die Bundesregierung ihre Strategie grundlegend ändert, wird sie der Elektromobilität zum Erfolg verhelfen – und dem Verkehr insgesamt zu mehr Nachhaltigkeit. Was auch heißt, rare Ressourcen wie Lithium (in den Autobatterien) äußerst sparsam zu verwenden und auf ihr vollständiges Recycling zu achten. Werner Reh


Kindergesundheit

AKTIV

Staub aufgewirbelt

D

ie BUND-Aktion »Zukunft ohne Gift« hat Staubproben von Kindergärten unter die Lupe genommen – und teils erschreckende Schadstoffwerte ermittelt. Deutschlandweit über 160 Kindergärten wollten es genau wissen: Wie hoch sind ihre Räume mit Schadstoffen belastet? Das Ergebnis war für Erzieher und Eltern oft ein Schock. Viele Kitas sind stark mit gesundheitsschädlichen PVC-Weichmachern belastet, in der Regel dreimal so hoch wie der deutsche Durchschnittshaushalt. Kitamitarbeiter hatten den Hausstaub, der binnen einer Woche anfiel, gesammelt. Die Proben wurden von einem Labor auf Weichmacher untersucht. Weichmacher zählen zu den hormonellen Schadstoffen und werden unter anderem mit einigen Krebsformen, verfrühter Pubertät und späteren Störungen der Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht.

Weichmacher verbieten Die ungewöhnlich hohe Belastung der Kitas ist vermutlich einer Reihe typischer PVC-Produkte geschuldet, aus denen die Weichmacher mit der Zeit ausgasen.

PVC-Böden, Turnmatten, Matratzenbezüge, abwaschbare Tischdecken und Gummistiefel konnten bereits als Schadstoffquellen identifiziert werden. Der BUND fordert Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner auf, gesundheitsschädliche Weichmacher in allen Produkten zu verbieten, mit denen Kinder in Berührung kommen. Aigner hat bisher nur ausweichend auf unsere Analysen reagiert und bereits bestehende, jedoch unzureichende EU-Normen zitiert. Um sie zum Handeln zu bewegen, sammelt der BUND unter www.bund.net/zukunft_ohne_gift Unterschriften.

eine schadstofffreie Ausstattung zu beachten. Zudem haben viele Kitas angekündigt, PVC-Produkte zu verbannen oder bei Renovierungen künftig auf unbedenkliches Material zu achten.

Erste Erfolge Auf Ebene der Länder, Städte und Kommunen hat unsere Aktion bereits einiges ins Rollen gebracht: So arbeitet die Stadt Köln als Vorreiterin an einer Positivliste mit unbedenklichen Materialien für die Einrichtung städtischer Gebäude. Die Stadt Essen will ihre 47 Kitas auf Schadstoffe untersuchen lassen. Und das Familienministerium von NRW hat allen wichtigen Trägern geraten, die Tipps des BUND für

Mehr zur Aktion unter www.bund. net /zukunft_ohne_gift und bei Sarah Häuser vom Team Chemiepolitik, Tel. (0 30) 2 75 86-4 63, sarah.haeuser@bund.net

BUND-Aktion vor dem Ministerium von Ilse Aigner.

Totalherbizide

Vorsicht vor Roundup und Basta

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hre Namen verheißen bereits das Allumfassende ihrer Wirkung: »Roundup« und »Basta« sind Totalherbizide. Sie enthalten Glyphosat oder Glufonisat und töten alle Pflanzen, die mit ihnen in Berührung kommen – es sei denn, diese sind durch gentechnische Eingriffe dagegen immun gemacht worden. Mehr und mehr Landwirte, Weinund Obstbauern setzen derartige Totalherbizide flächendeckend ein. Selbst vor Kleingärten machen die aggressiven Chemikalien nicht halt. »Verbannen Sie gründlich und gefahrlos alles Unkraut aus Ihrem Garten«, rät die Werbung, die immer häufiger gezielt an Privatgärtner adressiert wird.

Doch Totalherbizide sind alles andere als harmlos. Enthalten sie doch Schadstoffe, die stark im Verdacht stehen, für das weltweite Amphibiensterben verantwortlich zu sein. Auch für den Menschen sind sie nicht ungefährlich: Argentinische Wissenschaftler belegten die keimschädigende Wirkung von Glyphosat. Besonders bedenklich: Im menschlichen Urin wurden bereits extrem hohe Konzentrationen dieses Giftstoffes nachgewiesen. Der BUND rät deshalb: Hände weg von »Roundup« und »Basta«!

Weitere Informationen unter www.bund.net/chemie (Pestizide)

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Immer mehr Gartenbesitzer greifen im Kampf gegen ungewolltes Grün zu fragwürdigen Breitbandgiften.


AKTIV

Allergisch gegen Äpfel?

Wieder genussvoll zubeißen

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Gut verträglich: die Goldparmäne.

iele Menschen haben seit Jahren keinen frischen Apfel mehr gegessen. Und das nicht etwa, weil ihnen Äpfel nicht schmecken. Nein, sie reagieren allergisch gegen die handelsüblichen Sorten und verwehren sich deshalb diesen Genuss. Die Ortsgruppe des BUND im ostwestfälischen Lemgo möchte hier für Abhilfe sorgen. Auf einer großen Streuobstwiese kultiviert sie viele alte Apfelsorten. Was kaum jemand weiß: Sorten wie Goldparmäne, Berlepsch oder Schöner aus Boskoop zeichnen sich durch ihre gute Verträglichkeit auch für Allergiker aus. Der BUND Lemgo bietet Apfel allergikern nun ein Forum. Teilen Sie unter kontakt@bund-lemgo.de mit, welche (ungespritzten) Apfelsorten Sie vertragen und welche nicht. Die Ortsgruppe sammelt die

Erfahrungsberichte in einer Datei und macht sie allen Betroffenen zugänglich: www.bund-lemgo.de/ Apfelallergie. Etliche Menschen konnten dank diesem Wissen nach

langer Zeit wieder beschwerdefrei in einen Apfel beißen. Ein Grund mehr, Streuobstwiesen mit alten Apfelsorten zu erhalten. Auf der Internetseite finden Sie zudem viele Informationen rund um das Thema Apfelallergie. Wie kommt man nun an verträgliche Äpfel? Dazu der Initiator Willi Hennebrüder: »Leider sind alte Sorten kaum mehr im Handel. Wir empfehlen daher, sie selbst anzupflanzen oder vorhandene Apfelbäume umzuveredeln.« Der BUND Lemgo stellt Bezugsquellen alter Obstsorten bereit – online oder als Ausdruck. Diesen erhalten Sie gegen 1,10 € in Briefmarken mitsamt einer Liste gut und schlecht verträglicher Apfelsorten beim BUND Lemgo, Liebigstr. 92 a, 32657 Lemgo.

Meeresschutz

Kampf dem Plastikmüll

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Globale Pest Plastikmüll in einem Mittelmeerhafen (Tripolis).

ALIMDI.NET/Egmont Strigl

Nadja Ziebarth, BUND-Projektbüro Meeresschutz, Tel. (04 21) 7 90 02-32, nadja.ziebarth@ bund.net

üll, überall Müll – wer nach einem Sturm am Strand entlangläuft, bekommt eine Vorstellung davon, wie viel Müll sich inzwischen im Meer angesammelt hat. Schuld daran tragen der Tourismus (mit geschätzten 35%), die Fischwirtschaft (15%) und die Schifffahrt sowie weitere Verursacher an Land. Drei Viertel des Mülls bestehen aus Plastik. Durch seine Langlebigkeit – Plastik ist erst nach 300 bis 450 Jahren abgebaut – bedroht es die Meeresumwelt in wachsendem

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BUNDmagazin [3-11]

Maße. Über die Hälfte der Müllpartikel sinkt auf den Meeresboden. Müll aus dem Meer findet sich also nicht nur an den Stränden, sondern verteilt sich schwimmend von den Polarregionen bis in die Tiefsee, im Durchschnitt mit 46 000 Teilen pro Quadratkilometer. In manchen Regionen konzentriert sich der Müll in riesigen Strudeln, die selbst vom Weltraum aus zu erkennen sind. Hier kommen auf einen Planktonorganismus mitunter bis zu 60 Plastikteilchen.

So kann es nicht weitergehen. Seit 1. Juli setzt sich der BUND im Projekt »Plastikfreie Meere« dafür ein, Nord- und Ostsee zu entmüllen. Meeresschutzexpertin Nadja Ziebarth zielt darauf, die wichtigsten Verursacher/innen für dieses Anliegen zu sensibilisieren. Außerdem soll auf je einer Insel in Nord- und Ostsee der Plastikverbrauch modellhaft so reduziert werden, dass spürbar weniger Plastik ins Meer gelangt. www.bund.net/plastikfreie-meere


Projekt 500 000 – die Erde braucht Freunde

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Ein Familienausflug in die Natur ist etwas Besonderes. Gemeinsam gibt es viel zu entdecken, verschlungene Waldpfade zu erkunden oder ein Picknick auf der Wiese zu erleben. Auch zu Hause legen viele junge Familien Wert auf ein natürliches Leben, ohne giftige Chemikalien in Textilien und ohne Gentechnik in Lebensmitteln.

Mitglieder werben Mitglieder, damit die BUND-Familie weiter wächst. Unsere Mitglieder garantieren unsere politische und finanzielle Unabhängigkeit von Wirtschaft und Politik. Machen deshalb auch Sie mit und werben Sie neue Mitglieder. Entweder mit dem Coupon (unten) oder unter www.bund.net.

Haben Sie noch Fragen? Telefon: (0 30) 2 75 86-479 E-Mail: mitgliederservice @bund.net

Die Familienmitgliedschaft im BUND lädt Sie zu spannenden Naturerlebnissen und Aktionen ein. Unsere Ökotipps und aktuelle Artikel im BUNDmagazin unterstützen Sie in Fragen rund um Energiesparen, ökologische Ernährung und Verbraucherschutz. Melden Sie Familienmitglieder nach bzw. stellen Sie auf eine Familienmitgliedschaft um – ganz einfach per E-Mail oder Telefon (rechts). Jede Stimme zählt, damit Natur- und Umweltschutz noch mehr Gewicht erhalten.

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Ich habe ein neues BUNDmitglied geworben und mein gewünschtes Geschenk angekreuzt.

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Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. Mitgliederverwaltung Am Köllnischen Park 1 10179 Berlin

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Manfred Mistkäfer

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Nationalpark Thayatal

AKTIV

Partner des BUND

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und bei C. Bohn, christiane.bohn@ bund.net, Tel. (0 30) 2 75 86-4 96

www.np-thayatal.at

Thomas Stephan

www.bund.net/biotopvernetzung

it dem österreichischen Nationalpark Thayatal ist der BUND gleich zweifach verbunden: Einmal durch seine Lage am internationalen Grünen Band, für das der BUND in Deutschland den Grundstock gebildet hat. Denn der namensgebende Fluss Thaya bildet die Grenze zwischen Österreich und Tschechien, zwischen den einstigen Machtblöcken in West und Ost. Hier markiert das Grüne Band den Verlauf des ehemaligen Eisernen Vorhangs – quer durch Europa. Zum anderen ist der Nationalpark Partner des BUND in einer EUgeförderten Kampagne zur Biotopvernetzung (LIFE+). Mit ihr will der BUND Wildkatzen und anderen Waldbewohnern neue Lebensräume erschließen. Nachdem die Wildkatze bei unseren südlichen Nachbarn lange als ausgestorben galt, wurde sie vor einigen Jahren erstmals wieder nachgewiesen – im Nationalpark Thayatal. Bis zum 4. September widmet der Park dem Heimkehrer rund um sein neues Wildkatzengehege die Ausstellung »Wildkatze – Rückkehr auf leisen Sohlen«. Gute Gründe, dem Natur-Kleinod im Voralpenland einen Besuch abzustatten.

Kinder sammeln Haare von einem Lockstock für Wildkatzen.

Bildungspaket

Lernen – nicht nur für die Katz

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ie werde ich ein echter Wildkatzenforscher? Wie baue ich ein Waldsofa? Und zu welchem Tier gehören die Spuren dort auf dem Waldboden? Antworten auf diese und andere Fragen bekommen Kinder und Jugendliche mithilfe eines neuen BUND-Bildungspaketes. Es enthält vier umfangreiche Teile: die Unterrichtsmappe »Bildung für die Katz«; eine Kiste mit Material zur biologischen Vielfalt, für Erlebnispädagogik im Freien; die Computersimulation »Katz und Maus«; und die Anleitung für die Mitmachaktion »Spuren der Biodiversität«. Mit ihr kann man lernen, die scheue Wildkatze anhand von Lockstöcken nachzuweisen, die mit Baldrian bestrichen wurden.

Ob drinnen oder draußen, das BUND-Paket hält für jede Eventualität etwas bereit. Lehrerinnen oder Umweltbildner können mit dem modulartigen Material ihren Unterricht individuell gestalten – fächerübergreifend für alle Altersgruppen vom Kindergarten bis zum Abitur – und dabei an Lehrpläne diverser Bundesländer anknüpfen. Das Paket ist ein Ergebnis des Projekts »Biotopvernetzung – Netze des Lebens«, unterstützt von dem LIFE+-Programm der EU und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Mehr über das Bildungspaket unter

Wenn Sie sich für eine Familienmitgliedschaft entschieden haben, tragen Sie bitte die Namen Ihrer Familienmitglieder hier ein. Jede Stimme zählt!

Ich wurde geworben Ja, ich mache mich für den Natur- und Umweltschutz stark und werde jetzt BUNDmitglied. Ich wähle folgenden Jahresbeitrag: 앬 Einzelmitglied (mind. 50 €) .................................................................. (mind. 65 €) .................................................................. 앬 Familienmitgliedschaft 앬 Ermäßigt (nach Selbsteinschätzung) (mind. 16 €) .................................................................. (einmalig mind. 1500 €) .................................................................. 앬 Lebenszeitmitglied

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Ja, ich zahle per Einzugsgenehmigung Name/Vorname

und spare damit Papier- und Verwaltungskosten. Bitte ziehen Sie den Betrag ab dem ___________ bis auf Widerruf von meinem Konto ein.

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Naturschutztage

Lenzen lockt Naturliebhaber

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um vierten Mal locken vom 30. September bis zum 2. Oktober die Norddeutschen Naturschutztage in die BUND-Burg nach Lenzen an der Elbe. Eingeladen fühlen dürfen sich speziell all jene, die an aktuellen und praktischen Naturschutzaspekten interessiert sind. In diesem Herbst dreht sich das Wochenendtreffen unter anderem um die Themen Gewässer, Umweltbildung und Internationales Jahr der Wälder. Als Gastreferenten werden die für das Thema Wald zuständigen Abgeordneten des deutschen Bundestags erwartet. Zudem stellen sich einige spannende norddeutsche BUND-Projekte vor. Übrigens: Da der 3. Oktober auf einen Montag fällt, kann das Wochenende um einen Feiertag mit Touren in die schöne Elblandschaft und einem Grillfest im Burghotel erweitert werden.

Mehr zum Programm und Anmeldung www.bund.net / naturschutztage oder auf Burg Lenzen, Tel. (03 87 92) 50 78-12 21, info@burg-lenzen.de

Fakten und Taten statt Spekulationen Während der heißen Phase der Diskussion um den Atomausstieg verkündeten alle Sender: Wir müssen künftig mit höheren Strompreisen rechnen und umgehend neue große Stromleitungen quer durch Deutschland bauen. Wie kam es, dass die Nachrichtensendungen diese Mär so unisono verbreiteten? Und warum wurde sie weder in den Info-Formaten noch den Wissenschaftssendungen richtiggestellt? Warum hat man in dieser Frage nur die Sicht der großen Stromkonzerne und Wirtschaftsvertreter transportiert? Wie auch immer: Auf jeden Fall muss jetzt – um einen AltBundespräsidenten zu zitieren – ein Ruck durch die Berichterstattung gehen. Die längst überfällige Energiewende er fordert die Beteiligung vieler Bürgerinnen und Bürger. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben die Aufgabe und Chance, hierzu beizutragen: indem sie Hintergrundwissen vermitteln sowie Tipps zu Energiesparen, effizienter Energienutzung und erneuerbaren Energien geben. Und selbstverständlich müssen die Sender beim eigenen Energiemanagement mit gutem Beispiel vorangehen. Klaus Brunsmeier, stellvertretender Vorsitzender des BUND

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Abenteuer Faltertage

Jeder zählt!

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ie deutsche Volkszählung ist in vollem Gange. Der BUND aber zählt in diesem Sommer keine Zweibeiner, sondern wieder sechsbeinige Schmetterlinge. Hochsommer ist nämlich Hochsaison für viele unserer selten gewordenen Tagfalter. Am letzten Augustwochenende (27. und 28. August) ruft der BUND erneut zur Inventur von zehn leicht erkennbaren Arten auf. Viele Menschen haben uns bereits am Pfingstwochenende ihre Beobachtungen gemeldet. Beteiligen auch Sie sich – ob Ende August oder zu einem beliebigen anderen Termin noch bis Ende der Faltersaison. Mit der »Volkszählung der Schmetterlinge« will der BUND mehr über die Verbreitung ausgewählter Arten erfahren und eine Lobby für die Vielfalt vor unserer Haustür schaffen. Die gesuchten Schmetterlinge sind auf dem Zählbogen abgebildet. Sie helfen Ihnen beim Bestimmen, sodass Vorkenntnisse kaum nötig sind. Zählbogen und die Broschüre »Schmetterlinge schützen« gibt es kostenlos unter www.bund.net/faltertage oder Tel. (0 30) 2 75 86-4 18, schmetterling@bund.net

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für Berufs(wieder)einsteigerInnen der Studienrichtung Biologie und angrenzender Displinen

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die familiengerechte, individuelle bzw. berufsbegleitende Weiterbildung

Weitere Informationen: email: nadiquak@ph-karlsruhe.de webside: http://www.natwiss.ph-karlsruhe.de/nadiquak

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Nach Fukushima

I NTER NATIONAL

Chance zum Wandel Das atomare Schreckensszenario in Fukushima hat auch in Japan zu einem Meinungswandel geführt. Akiko Yoshida, die Energie-Campaignerin unseres Partners Friends of the Earth Japan, war zu Besuch in Berlin. Almut Gaude, Pressereferentin des BUND, sprach mit ihr. Akiko, wie hast Du persönlich die Atomkatastrophe in Fukushima erlebt? Die ersten Nachrichten meldeten nur ein schweres Erdbeben, das übrigens auch in Tokio für Stromausfälle und Chaos sorgte. Erst später erfuhr ich über die Medien, dass es einen Tsunami gegeben hatte und Atomkraftwerke betroffen waren. Ich war schockiert. Wir haben oft darüber gesprochen, dass eine Energiewende in Japan wohl leider erst möglich wird, wenn etwas wirklich Schlimmes passiert. Wir wussten, dass unsere Atomkraftwerke durch die ständigen Erdbeben beson-

Wie wollt Ihr das erreichen? Wir brauchen einen gesamtgesellschaftlichen Wandel und haben deshalb mit rund 60 Organisationen ein neues Netzwerk gegründet: »e-Shift« vereint Umweltverbände und Anti-AKW-Veteranen mit Konsumentengruppen und vielen jungen Leuten. Und speziell die jungen Leute wollen wir von der Energiewende überzeugen und sie auf die Straße bringen, um den Druck auf die Regierung zu erhöhen. Schon im April haben in Tokio 15 000 Menschen gegen die Atomkraft demonstriert – so etwas hat es zuvor nie gegeben. Wirkt der deutsche Atomausstieg auch auf Japan? Bei uns wurde viel über die Proteste und den Politikwechsel in Deutschland berichtet. Die Demos haben der Anti-AKW-Bewegung in Japan definitiv Mut gegeben und uns geholfen, viele Menschen zu mobilisieren. Bei einer unserer Demos konnten wir sogar Transparente des BUND zeigen!

Demo in Tokio Mika, ehemalige Praktikantin der BUND-Ökostation in Freiburg, führte diese Fahnen mit.

ders gefährdet sind. Aber einen GAU hat hier niemand für möglich gehalten, auch wir nicht. Warum hat FoE Japan nicht schon vor Fukushima gegen die Atomkraft gekämpft? Wir waren schon immer gegen Atomkraft. Nur schien uns das Thema einfach zu groß, die Lobby der Befürworter zu stark. 70 Prozent der Japaner waren vor Fukushima für die Atomenergie. Heute ist immerhin über die Hälfte dagegen. Der öffentliche Meinungswandel ist eine Chance, die wir jetzt nutzen müssen. Was plant Ihr? Zuallererst wollen wir die Betroffenen und den Wiederaufbau konkret unterstützen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Menschen aus den hoch verstrahlten Regionen endlich evakuiert werden und ihre Heimat nach Möglichkeit dekontaminiert wird. Der Grenzwert von 20 Millisievert pro Jahr für Schulkinder muss gesenkt werden, er ist viel zu hoch und gesundheitsschädlich. Außerdem werben wir dafür, dass Japan nicht länger auf Atomkraft und fossile Energieträger setzt, sondern auf Energiesparen und erneuerbare Energie.

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BUNDmagazin [3-11]

Glauben die Japaner daran, dass ihre AKW ersetzt werden können? Noch nicht wirklich, das ist das Problem. Viele bezweifeln, dass dies nur mit erneuerbarer Energie und Energiesparen möglich ist. Die Propaganda der Energiekonzerne ist stark. Seit Jahren trichtern sie uns immer wieder ein: Wir brauchen die Atomkraft, sie ist gut, sauber, effizient und billig und deshalb ganz unverzichtbar. Sogar Schulkinder werden dieser Propaganda schon ausgesetzt. Aber jetzt haben wir die Chance, alles zu ändern. Wir müssen die Menschen und unsere Politiker überzeugen, dass es Alternativen gibt und die Energiewende unvermeidlich ist.

… hat 15 Mitarbeiter und 500 Mitglieder und gehört damit in Japan schon zu den größeren Umweltorganisationen. Arbeitsschwerpunkte sind der internationale Waldschutz, Umweltgerechtigkeit, Abfallvermeidung und Klimaschutz. Seit der Kernschmelze in Fukushima zählt auch der Widerstand gegen die Atomkraft zur Agenda.


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Am internationalen Aktionstag für die Flüsse demonstrierte in Regensburg auch Gerhard Nagl für den Schutz der Donau (3. von rechts, links daneben der BUNDWasserexperte Sebastian Schönauer). In Hintergrund das lebensgroße Bild eines Hausen. Dieser riesige – und heute global vom Aussterben bedrohte – Stör kam früher vom Schwarzen Meer flussaufwärts bis nach Bayern.

Internationale Kooperation

Aktiv für Europas Flüsse

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eit der Weltsüßwasserkonferenz 2001 in Deutschland ist Gerhard Nagl vom BUND-Arbeitskreis Wasser international aktiv. Ehrenamtlich vertritt er den BUND in der Gewässer-AG des Europäischen Umweltbüros. Zugleich ist er Sprecher des »Danube Environmental Forum«, eines Dachverbandes zum Schutz der Donau. Inzwischen hat er ein ganzes Jahrzehnt der internationalen Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und dem Kampf für die Donau gewidmet: auf Konferenzen, in Expertengruppen, mit Beiträgen zu europäischen Leitlinien und zum Donau-Management-Plan. Mit seiner Hilfe gelang es, die hohe ökologische Qualität der frei fließenden Donau in Bayern rechtlich zu fixieren – eine wichtige Einschränkung für die Staudamm-Befürworter.

»Trotz Wasserrahmenrichtlinie und Naturschutzgesetzen droht in den nächsten Jahren ein weiterer Ausbau der europäischen Flüsse. Daher wird die internationale Ebene immer wichtiger. Nur gemeinsam schützen wir Donau, Elbe, Rhein und Oder – und die vielen kleineren Flüsse und Bäche, für die europäische Leitlinien gelten«, so der FlussAktive. Mit der Unterstützung des BUND hofft Gerhard Nagl auf eine europäische Bewegung zum Schutz der Flüsse. Der gut ausgestatteten Lobby der Flusskanalisierer müsse auf europäischer Ebene und in der Donauschutzkommission weiter entschieden begegnet werden. Gerhard Nagl, BUND-Arbeitskreis Wasser, Tel. (09 91) 3 83 16 09, gerhard.nagl@donaufluss.de

Internationale Arbeit des BUND Viele BUND-Gruppen pflegen grenzüberschreitende Partnerschaften oder Projekte in anderen Ländern. Doch dringt nur wenig darüber nach außen. Deshalb berichten wir regelmäßig über die internationale BUND-Arbeit auf allen Ebenen. Schreiben Sie uns von Ihren Kontakten und Erfahrungen! Redaktion BUNDmagazin, Tel. (0 30) 2 75 86-4 57, redaktion@bund.net

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Gutes tun

DI E J U NGE SEITE

Wie schafft man eine sozialere und ökologischere Zukunft? Mit ihrer Initiative »Morgen Lande« bringt die BUNDjugend junge Menschen und nachhaltige Unternehmen zusammen.

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ast Food? Kann lecker und gesund sein – und nachhaltig obendrein. Aber nur, wenn man es richtig macht. Also: 200 Gramm Couscous, Kokosmilch, zwei Paprika, eine Stange Lauch, Knoblauch und Zwiebeln und Möhren sowie ein paar Gewürze, vielleicht ein wenig Käse zum Überbacken. All das wird genau nach Rezept verpackt, das Rezept dazu – und fertig ist die »Kochtüte«, ein schönes Angebot für gestresste Hausmänner und Hausfrauen. Bald wird man sie sich liefern lassen oder im Bioladen kaufen können. Wer dann das Kleingedruckte liest, wird feststellen, dass das Rezept im Rahmen einer ungewöhnlichen Initiative mit klingendem Namen entstand: Morgen Lande.

Ideen mit Zukunft

Kokos-Couscous in die Kochtüte »Man bekommt einen tollen Einblick ins Arbeitsleben und wird motiviert, seinen eigenen Weg zu gehen. Ich hätte nie gedacht, dass es bei nachhaltigem Konsum so viele Möglichkeiten gibt, Ideen umzusetzen und sich damit am Ende selbst einen Arbeitsplatz zu schaffen«, sagt Marie Nieberg. Die Berliner Zehntklässlerin nahm an einem FutureLab zum Thema Ernährung teil. Sie und ihre Mitstreiterinnen überlegten sich dabei ein neues Rezept für die Kochtüte – und ein paar Vermarktungsstrategien dazu. »In der Kochtüte steckt, was man für eine Mahlzeit braucht – gesund, frisch, regional und saisonal.« Erfun-

Jan Letocha

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»Nachhaltiger Konsum ist ein abstrakter Begriff, der mit Leben gefüllt werden muss. Wir wollen das Thema konkret und greifbar machen: Morgen Lande ist eine neue Plattform für junge Leute und nachhaltige Unternehmen, um sich auszutauschen und Ideen und Projekte für eine sozialere und ökologischere Zukunft zu entwickeln«, so die Koordinatorin Christina Rupprecht von der BUNDjugend. Nach einem Pilotversuch und dem ersten Workshop im März ist die von Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium geförderte Initiative im Sommer richtig angelaufen. Das Projekt ist klar strukturiert. »Zu Beginn entwickeln wir mit

Unternehmen aus dem ökosozialen Umfeld erste Ideen für eine Kooperation. Dabei fragen wir: Welche Erfahrungen bezüglich Nachhaltigkeit bei Produktion und Vertrieb kann es weitergeben? Und wie könnten junge Leute ihre Ideen und ihr Know-how einbringen?«, so Christina Rupprecht. Projekte mit Potenzial werden anschließend im Internet vorgestellt – um Teilnehmer für ein »FutureLab« zu gewinnen: Junge Leute treffen hier auf Vertreter von Unternehmen, um mithilfe der »Design Thinking«Methode fünf Stunden lang Projektideen zu diskutieren und weiterzuentwickeln. Am Ende soll ein möglichst konkreter Fahrplan zeigen, wie es weitergeht. Bei guten Ideen soll es nämlich nicht bleiben – im Idealfall machen sich die Teilnehmer auch an die Umsetzung.

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den hat die Kochtüte Eva Koch (die wirklich so heißt). Sie tat sich mit den Morgen Lande-Jugendlichen zusammen, um eine neue Kochtüte zu entwickeln. Demnächst also im Programm: »Paprika gefüllt mit Kokos-Couscous«. »Wir haben beim Probekochen in der Schulküche alles mögliche kombiniert: Hirse, Linsen, Buchweizen, verschiedene Gewürze und Gemüse. Am Ende war es eine Bauchentscheidung: Die Variante, die jetzt in die Kochtüte kommt, hat allen am besten geschmeckt«, schmunzelt Eva Koch. Im September zum Weltkindertag soll das neue Produkt präsentiert werden. Die Morgen Lande-Teilnehmer wollen sich auch beim Design der Verpackung einbringen. »Vielleicht geht die spannende Kooperation ja noch weiter. Es gibt einige Ideen, wie man die Kochtüte unter die Leute bringen könnte – zum Beispiel über eine Schülerfirma mit Fahrrad-Kurierdienst.«

Grüne Musik Bei einem anderen Morgen LandeProjekt dreht sich alles um die »Green Music Initiative«, ein Projekt zum Thema Energieeffizienz im Clubbereich.

»Wir haben uns überlegt, wie man Clubbetreiber in Berlin für das Thema Energiesparen und grünen Strom sensibilisiert«, so Iris Strehmann, die nach ihrem Freiwilligen Ökologischen Jahr bald studieren wird. Die 21-Jährige fand es spannend, mit Unternehmen an einem sinnvollen Projekt zu arbeiten. »Dabei kann man nicht nur viel lernen, sondern auch Kontakte für die Zukunft knüpfen.« Nach stundenlanger Diskussion schälte sich eine Idee heraus, die nun im Herbst umgesetzt werden soll. »Wir wollen einen Carrotmob in einem Berliner Club organisieren. Dazu werden wir zunächst Betreiber fragen, ob sie bereit sind, den am Abend der Party erzielten Umsatz teilweise in Maßnahmen zur Energieeffizienz zu investieren.« Damit möglichst viele Leute mitfeiern und das Motto »Groove to save the world« mit Leben füllen, übernimmt eine andere Morgen Lande-Gruppe mit Video- und Animationskünstlern sowie Grafik- und Motiondesignern der Berliner Agentur Sinnwerkstatt die Vermarktung des Events. So soll ein »Green Music Video« entstehen und sich viral im Internet verbreiten.

Perspektiven Warum aber machen Unternehmen mit bei Morgen Lande? »Als Student hätte ich mir Initiativen gewünscht, um Kontakt zu nachhaltigen Unternehmen zu bekommen. Nun bin ich bei einer solchen Firma – und finde es spannend, überschaubare Projekte mit findigen Leuten umzusetzen, die eines Tages auch bei uns arbeiten könnten«, sagt Roman Dashuber, zuständig für die »Green Music Initiative« bei der Denkfabrik Thema 1. Er wünscht sich, dass die Plattform Morgen Lande noch mehr Teilnehmer begeistert. »Hier können wir jungen Leuten zeigen, dass es viele Chancen gibt, Gutes zu tun – und damit sogar Geld zu verdienen.« Helge Bendl

Aktiventreffen Die BUNDjugend lädt alle Aktiven vom 30. September bis 3. Oktober nach Burg Lutter im Harz ein. Auf der mittelalterlichen Burg werden wir uns selbst versorgen und Gelegenheit haben, uns zwischen Workshops, Diskussionen, Tieren, Vollkornbackstube, Textildruck-Werkstatt und Mosterei kennenzulernen. Die Inhalte des Aktiventreffens gestalten Ehrenamtliche der BUNDjugend. Wer eigene Ideen zum Programm einbringen will, ist dazu herzlich eingeladen. Rückfragen und Anmeldungen bitte an Björn: bjoern.obmann@bundjugend.de www.bundjugend.de/termine

WASsERRETTUNG BUNDjugend und DLRG-Jugend rufen alle Kinder und Jugendlichen zwischen 9 und 16 Jahren auf, sich beim Wettbewerb WASsERRETTUNG für unseren wichtigsten Rohstoff zu engagieren: das Wasser! Als Hauptgewinn lockt ein Wasserabenteuer-Wochenende sowie Geld- und Sachpreise im Wert von 25 000 Euro. Bis zum 7. Dezember können »Blue Caches« als Beiträge zum Wettbewerb eingereicht werden. Blue Caches sind Geocaches (Schatzsuchen) zu besonderen, vom Wasser geprägten Orten, deren GPS-Koordinaten online veröffentlicht werden. www.wasserlebnis.de

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Generation Garten

MEDI EN

»Die neuen Gärten stehen für Teilhabe in einer grünen und produktiven Stadt, für die Wiederaneignung von Kulturtechniken der Kooperation, für die Wertschätzung von Landwirtschaft und Ernährung, von den Grundlagen des Seins«, schreibt die Soziologin Christa Müller. Die Herausgeberin des Buchs »Urban Gardening« hat verschiedenste Stimmen eingeholt, von der Zeitdiagnose der Trendforscherinnen über die Fachmeinung von Landschaftsarchitekten, Stadtplanerinnen und Agrarexperten bis zum politischen Statement der neuen Gartenbewegung. Sie ermöglicht damit einen Blick auf das, was in

unseren Städten blüht: Guerilla Gardening, interkulturelle Gärten, City Farms, Nachbarschaftsgärten oder gemeinsame Dachgärten. Produktive Stadtlandschaften eben, die sich auch als Antwort auf die globale Ressourcenkrise und die Skandale der industriellen Nahrungsmittelproduktion verstehen. Die neue Lust am Gärtnern verknüpft sich mit dem Trend zum Selbermachen und zur Gestaltung der Nachbarschaft. Urbane Gärten werden so auch zu Orten einer neuen Politik gegen die Ökonomisierung der Gesellschaft – und verbessern ganz nebenbei noch das Klima unserer Städte, ökologisch wie sozial.

Christa Müller: Urban Gardening – Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt, 2011. 352 S., 19,95 €, oekom

O schöner, grüner Wald Sehnsuchtsort Wald – geliebt und gefürchtet zugleich: Über viele Jahrhunderte haben die Menschen den Wald beschrieben, besungen und bedichtet. Liebevoll hat Iris SchürmannMock zahllose historische Texte, Geschichten und Gedichte über den Wald zusammengetragen. Kleine Sachtexte, Kochrezepte und Sprichwörter ergänzen die Sammlung. Gemälde, Stiche und historische Fotografien laden zum Schauen und Träumen ein. Das Ergebnis ist ein abwechslungsreicher, vergnüglicher Lesespaziergang. Die poetischen, sachlichen oder kuriosen Kleinode aus Kunst und Literatur öffnen dem Leser gedankliche Räume zum Verweilen und

zur Reflektion – über die unterschiedlichen Facetten des Waldes, seine sich wandelnde Rolle in der Zeit. Wie durch ein Kaleidoskop können die Leserinnen den Wald aus immer neuer Perspektive betrachten. Diese Sammlung von Fundstücken ist besonders wertvoll für Menschen, denen die Suchfunktionen des Internets wenig vertraut sind. Sie eignet sich aber auch für Waldfreunde der Online-Generation fabelhaft zum Stöbern und Schmökern. Das ideale Geschenk für alle, die den Wald und klassische Literatur lieben. Eine wundersame Schatzgrube, die wie auf einem Spaziergang immer neue Entdeckungen bietet.

Iris Schürmann-Mock: O schöner grüner Wald – Ein Lesespaziergang, 2011. 160 S., 22,95 €, Gerstenberg

Waldnatur erleben Passend zum UN-Jahr der Wälder hat der Haupt-Verlag in seiner Reihe »Natur erleben – beobachten – verstehen« den Band »Im Wald« veröffentlicht. Die gelungene Mischung aus Lehrbuch und Naturführer steht unter dem Motto »Runter vom Sessel, raus in die Natur!«. Dank vieler Beobachtungstipps lässt sich der Wald im Wandel der Jahreszeiten entdecken. Für jede sind ausgewählte Tiere und Pflanzen anschaulich beschrieben sowie Besonderheiten des Lebensraumes Wald dargestellt. Quizfragen zu einzelnen Themen erlauben das eigene Wissen unter Beweis zu stellen – und machen den Familienausflug zu einem

Erlebnis für Groß und Klein. Wer auch daheim dem Ruf des Buchfinks lauschen oder dem Treiben der Waldameisen zusehen möchte, wird auf »www.naturerleben.net« verwiesen: mit Aufnahmen von Vogelstimmen, kurzen Filmen und einer Vielzahl von Bildern. Die Edition »Natur erleben« besteht aus sechs Bänden und besagter Website (und ab Herbst einer App). Trotz ihrer Schweizer Herkunft ist sie problemlos auch auf deutsche Gefilde übertragbar. Neben dem anderen bereits erschienenen Band »Auf der Wiese« sind Führer zu »An Fluss & See«, »Im Gebirge«, »In der Stadt« und »An der Küste« geplant.

Andreas Jaun, Sabine Joss: Im Wald – Natur erleben, beobachten, verstehen, 2011. 200 S., 22 €, Haupt

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Warum Bioessen gesünder ist Sind Bio-Lebensmittel vom Discounter qualitativ genauso hochwertig wie die vom Wochenmarkt? Oder sind Bioprodukte aus dem Naturkostladen gesünder? Ist in Lebensmitteln, auf denen »Bio« steht, auch wirklich Bio drin? Welche Vorteile bieten ökologisch produzierte Lebensmittel? Und was bleibt uns, aber auch unseren Nutztieren und der Umwelt erspart, wenn wir zu ihnen greifen? Darauf gibt die Ernährungsexpertin Andrea Flemmer präzise Antworten. In ihrem Ratgeber »Bio-Lebensmittel – Warum sie wirklich gesünder sind« erläutert sie, warum Bio-Ware insgesamt nicht gravierend teurer sein muss

als konventionelle Ware. Detailliert zeigt sie, welche Qualität bestimmte Bio-Lebensmittel haben müssen, und bei welchen Produkten es sich auf jeden Fall empfiehlt, Bio zu kaufen. Auch die Praktiken der Lebensmittelindustrie werden beleuchtet: ob der Einsatz von Zusatzstoffen, die Massentierhaltung oder die Agro-Gentechnik. Anhand fundierter Studien führt die Autorin aus, was Bio gesünder macht. Wer persönlich recherchieren will, findet im Anhang zusätzliche Adressen und Links. Fazit: ein praktisches und anschauliches Nachschlagewerk, mit einem Vorwort von Sarah Wiener und wertvollen Tipps für eine gesunde Lebensweise. Lassen auch Sie sich davon anregen! Andrea Flemmer: Bio-Lebensmittel – Warum sie wirklich gesünder sind, 2011. 192 S., 9,95 €, humboldt

Übrigens: Der BUND-Jahresbericht 2010 ist erschienen. Einen kompakten Einblick in unsere Arbeit für Natur und Umwelt erhalten Sie unter www.bund.net /jahresbericht; Bezug der Druckversion (gratis) über Tel. (0 30) 2 75 86-4 80, bestellung@bundladen.de Anzeige

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Im Gespräch mit Alexander Spangenberg

PERSÖN LIC H

In Ladenburg, einem Ort zwischen Mannheim und Heidelberg, errichtete Carl Benz vor über hundert Jahren die erste Autowerkstatt der Welt. Innovativ ist auch die hiesige BUND-Gruppe, der ihr vielseitiges Engagement den Titel »Ortsverband des Jahres« (in Baden-Württemberg) eingetragen hat. Ein Vater dieses Erfolgs ist Alexander Spangenberg.

allen möglichen Aktivitäten vom Kindergeburtstag bis zu den Projekttagen des Gymnasiums.

Herr Spangenberg, wie kommt ein Unternehmensberater dazu, eine BUND-Gruppe zu leiten? Zu meiner Heidelberger Zeit hatte ich mit meiner Lebensgefährtin einen Garten gepachtet. Nach der Explosion in Tschernobyl sorgten wir uns, welches Gemüse wir noch ernten dürften. Da erfuhren wir von einer Gartengruppe des BUND, die eben diese Frage aufgriff. So kam der erste engere Kontakt zustande. Als ich später nach Ladenburg zog, verkaufte die Ortsgruppe beim Altstadtfest Apfelsaft von Streuobstwiesen. Und weil das sehr sympathische Leute waren, entschloss ich mich spontan mitzumachen. Ladenburg ist Teil der Kurpfalz, einer historisch reichen und mit viel Natur gesegneten Landschaft. Da konzentrierten sich Ihre BUND-Aktivitäten anfangs sicher auf den Naturschutz? Tatsächlich liegt ein langjähriger Schwerpunkt unserer Gruppe auf dem Schutz von zwei Bächen aus dem Odenwald, die in Ladenburg zusammenfließen und in den Neckar münden. Wir haben für diese Bäche eine Patenschaft übernommen und reinigen sie zweimal im Jahr vom Müll. Und seit zehn Jahren besteht an diesem Zusammenfluss unsere Bacherlebnisstation, ein umweltpädagogisches Angebot für Kinder. Wenn ich sehe, wie die heute aufwachsen, dass sie kaum noch Freiräume haben und Natur vielfach nur aus zweiter Hand – sprich beim Fernsehen – erfahren, ist das ein echtes Erfolgsprojekt. 800 bis 900 Kinder kommen jedes Jahr vor allem im Sommer hierher, zu

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2005 entdeckten Sie dann, dass der Konzern Monsanto in Ladenburg heimlich Genmais anbaute. Ja, beim nächtlichen Surfen im Gentechnikregister stieß ich plötzlich auf ein Feld in unserer Gemeinde, von dem niemand wusste. Ein Bauer hatte einer Saatgut-Versuchsfirma Grund verpachtet. Schnell entstand daraufhin eine Bürgerinitiative, der auch alle umliegenden Ortsgruppen des BUND beitraten. Wir haben damals sofort mobilgemacht und mehrfach direkt am Feld demonstriert. Vor allem waren wir persönlich bei allen Landwirten im Ort und haben sie über die Risiken der Gentechnik informiert. Und dieser Entdeckung verdankt sich auch der Kurpfälzer Regionalmarkt? Wir fanden damals, es reicht nicht, nur gegen etwas zu sein, wir wollten auch ein positives Zeichen setzen. Darum haben wir unsere Initiative »Bürger für eine gentechnikfreie Landwirtschaft« genannt. Und wie fördern wir die am besten? Indem wir allen Bauern, Imkern und Winzern unserer Region, die ohne Gentechnik wirtschaften, die Möglichkeit geben, ihre Erzeugnisse direkt zu vertreiben. Unser Regionalmarkt hat sich in den letzten Jahren ganz toll entwickelt, mit Biergarten, Live-Jazz und vielen Besuchern. Die Anbieter sichern uns dafür zu, gänzlich auf den Einsatz von Gentechnik zu verzichten. Regelmäßig zeigen wir zudem bei Matinees mit Biofrühstück kritische Filme über die Gentechnik. Und ich halte Vorträge an der gymnasialen Oberstufe über die ökologischen, ökonomischen, sozialen und juristischen Folgen, falls sich ein Bauer auf Verträge mit Monsanto einlässt. Für Ihre Arbeit weiter viel Erfolg! Interview: Severin Zillich


Letzte Zufluchtsstätten für gefährdete Arten Vielfalt erhalten, natürliche Wildnis schaffen, die Selbstheilungskräfte der Natur wecken – das sind wichtige Grundsätze der BUNDstiftung. Was heißt das konkret? Die noch junge Stiftung erwirbt Flächen, die die Natur auf genau diese Weise schützen. In der Goitzsche-Wildnis bei Bitterfeld zum Beispiel hat sie dafür gesorgt, dass aus einer rund 1 300 Hektar großen, kargen Mondlandschaft Lebendiges erwachsen ist. Kristallklare Seen haben Kraniche zu Besuch, lange verschwundene Gras- und Krautfluren gedeihen. Am ehemaligen Todesstreifen zwischen den beiden deutschen Staaten schützt der BUND seit 1989 zudem das damals so benannte „Grüne Band“. Dank des gezielten Flächenkaufs durch die BUNDstiftung reihen sich dort mittlerweile wertvolle Lebensräume wie Altgrasfluren und Auenwäldern aneinander. Mehr als 600 bedrohte Tier- und Pflanzenarten konnten sich ins Grüne Band retten.

Informieren Sie sich jetzt über Ihre Möglichkeiten der Unterstützung. Ihre Ansprechpartnerin Almuth Wenta ist unter Telefon: (0 30) 2 75 86-474 zu erreichen.

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