Stiftungskooperationen in Deutschland

Page 1

Bundesverband Deutscher Stiftungen Haus Deutscher Stiftungen MauerstraĂ&#x;e 93 | 10117 Berlin Telefon (030) 89 79 47-0 | Fax -81

Theresia Theurl und Annegret Saxe

KurzStudie

Stiftungskooperationen in Deutschland

www.Stiftungen.org


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 28


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 1

KurzStudie

Stiftungskooperationen in Deutschland Theresia Theurl | Annegret Saxe

Herausgegeben vom Bundesverband Deutscher Stiftungen Berlin 2009


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 2

Impressum

Herausgeber:

V.i.S.d.P.:

Bundesverband Deutscher Stiftungen e. V.

Dr. Hans Fleisch, Generalsekretär des

Mauerstraße 93 | 10117 Berlin

Bundesverbandes Deutscher Stiftungen

Telefon (030) 89 79 47-0 | Fax -10 www.Stiftungen.org

Autorinnen: Prof. Dr. Theresia Theurl, Dipl.-Volksw.

Westfälische Wilhelms-Universität Münster Annegret Saxe Institut für Genossenschaftswesen Am Stadtgraben 9 | 48143 Münster

Redaktion:

Telefon (0251) 83-2 28 01 | Fax -2 28 04

Nina Leseberg, Benita von Behr,

www.ifg-muenster.de

Susanna M. Prautzsch

Berlin, April 2009

Gestaltung: Christian Mathis, stickfish productions

ISBN: 978-3-941368-02-6 Druck: trigger.medien.gmbh, Berlin


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 3

Inhalt

1

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2 2.1 2.2

Methodik der empirischen Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Untersuchungsdesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Charakterisierung der Stichprobe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5

Stiftungskooperationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Kooperationsbedeutung und -h채ufigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Kooperationspartner und Formalisierungsgrad der Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Kooperationsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Kooperationsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Kooperationszufriedenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

4

Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

5

Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

6

Anhang: Fragebogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 4

1 Einleitung

Aus unterschiedlichen Gründen gewinnen Stiftungen in Deutschland zunehmend an Bedeutung. Dies spiegelt sich derzeit insbesondere in starken Gründungsaktivitäten wider. In den letzten knapp zwei Jahrzehnten ist die Zahl der Stiftungen in Deutschland auf fast das Dreifache angewachsen – in den Jahren 2007 und 2008 wurden in Deutschland jeweils über 1.000 Stiftungen errichtet. Doch auch die Kooperation von Stiftungen scheint wichtiger zu werden, sowohl mit anderen Stiftungen als auch mit Unternehmen, Non-Profit-Organisationen und staatlichen Akteuren. Größen-, Synergie- und Netzwerkeffekte können so generiert und Effizienzsteigerungen erreicht werden. Ist somit die häufig vermutete Kooperationsaversion von Stiftungen Vergangenheit? Versuchen Stiftungen ihren Stiftungszweck durch die Vereinbarung von Kooperationen besser zu erreichen? Kooperationen sind ein aktuelles und viel diskutiertes Thema – auch in der Stiftungswirtschaft. Da widersprüchliche Vermutungen und Informationen über die Bedeutung kooperativer Strategien von Stiftungen die aktuelle Diskussion prägen, ist die Erhebung des Status-quo von großer Bedeutung.

4

Die vom Institut für Genossenschaftswesen der Universität Münster in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband Deutscher Stiftungen erarbeitete KurzStudie „Stiftungskooperationen in Deutschland“ ist die erste Untersuchung zum Thema anhand einer schriftlichen Befragung von Stiftungen. Die Erhebung verfolgte das Ziel, ein möglichst präzises Abbild des Kooperationsgeschehens im Stiftungssektor zu erlangen und somit belastbare Erkenntnisse über die Kooperationstätigkeit von Stiftungen zu gewinnen. Je genauer die Realität erfasst werden kann, umso konkreter können im Rahmen der weiteren Forschungsarbeit pragmatische Handlungsempfehlungen für das erfolgreiche Gestalten von Kooperationen unter Stiftungen abgeleitet werden.

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 5

Der Begriff der Kooperation wird in Theorie und Praxis in der Regel weit gefasst und nicht immer gleich definiert. So auch unter den befragten Stiftungen, die unter einer Kooperation etwa die operative Zusammenarbeit zweier Stiftungen in einem Projekt, den bloßen gegenseitigen Informationsaustausch oder auch die finanzielle Beteiligung bei einer anderen Organisation verstehen. Um folglich die verschiedenen Facetten einer Stiftungskooperation zu umfassen, wird der Begriff im Rahmen des Forschungsprojekts wie folgt abgegrenzt: Eine Stiftungskooperation ist eine projektbezogene oder längerfristige, freiwillige Zusammenarbeit einer Stiftung mit einer weiteren Stiftung oder einer anderen Organisation (Unternehmen, Nonprofit-Organisationen, staatliche Einrichtung) in einem bestimmten Bereich, während in anderen Bereichen unabhängig voneinander weitergearbeitet wird. Sie kann beendet werden und basiert auf mündlichen oder schriftlichen Vereinbarungen. Die folgenden Kapitel beinhalten eine detaillierte Darstellung der durchgeführten Befragung. In Kapitel 2 wird das Untersuchungsdesign sowie die Methodik der Untersuchung vorgestellt. Kapitel 3 stellt die Ergebnisse dar und interpretiert diese. Das abschließende Kapitel 4 fasst die Ergebnisse zusammen und beschreibt die sich daraus ableitenden nächsten Forschungsschritte.

5

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 6

2 Methodik der empirischen Datenerhebung

2.1 Untersuchungsdesign Innerhalb der vorliegenden explorativen Untersuchung wurde bewusst von Einzelfallanalysen anhand offen gestalteter Befragung Abstand genommen. Für eine möglichst umfassende Beschreibung des Kooperationsgeschehens wurde das Erhebungsinstrument der standardisierten schriftlichen Befragung gewählt. Durch eine sorgfältige Fragenauswahl sollte ein möglichst realitätsnahes Bild der relevanten Merkmale von Stiftungskooperationen in Deutschland erfasst werden. Eine vorläufige Fassung des entwickelten Fragebogens wurde im Rahmen eines Pretests einzelnen Stiftungsvertretern vorgelegt sowie mit Fachleuten diskutiert. So konnte der Fragebogen nochmals auf Verständlichkeit, Antwortwahrscheinlichkeit und Vollständigkeit überprüft und entsprechend modifiziert werden. Um die Auswertung der Fragebögen zu erleichtern und die Objektivität der Befragung zu erhöhen, wurden 15 geschlossene Fragen mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten bzw. halboffene Fragen verwendet (vgl. Fragebogen S. 26). Neben vier einleitenden Fragen zu den allgemeinen Merkmalen der Stiftung (vgl. Kapitel 2.2) enthielt der Bogen die Themenblöcke Kooperationsbedeutung (3.1), Kooperationspartner und Formalisierungsgrad der Kooperation (3.2), Kooperationsfelder (3.3), Kooperationsziele (3.4) sowie die Kooperationszufriedenheit (3.5). 6

Im Februar 2008 wurde der Fragebogen vom Bundesverband Deutscher Stiftungen zusammen mit einem weiteren, einseitigen Fragebogen zum Thema „Bankenbetreuung von Stiftungen“ an 12.544 selbstständige und unselbstständige Stiftungen in Deutschland versandt. Dem Fragebogen beigefügt war ein personalisiertes Anschreiben des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, das den Zweck und Ursprung beider Fragebögen erläuterte.

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 7

Repräsentativität Innerhalb des vorgegebenen Zeitraums von knapp drei Wochen gingen 835 auswertbare Fragebögen ein. Diese Rücklaufquote von knapp sieben Prozent ist zwar niedrig, im Rahmen von schriftlichen Befragungen aber durchaus üblich und lässt die Gewinnung aussagekräftiger Ergebnisse zu.1 Vor dem Hintergrund einer stark zunehmenden Anzahl schriftlicher Befragungen von Stiftungen war eine höhere Quote nicht zu erwarten. Entscheidend für die Repräsentativität der Umfrage ist nicht so sehr die Höhe der Rücklaufquote, sondern vielmehr ihre Zusammensetzung im Vergleich zur Struktur der Grundgesamtheit. Die Grundgesamtheit der Erhebung umfasst einen Großteil der deutschen Stiftungen, unabhängig von ihrer Rechtsform, da auf die Datenbank des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen zurückgegriffen wurde. Es gibt kein bundesweites öffentliches Stiftungsregister und keine Publizitätspflicht für Stiftungen, sodass die statistische Erfassung aller Stiftungen ein nichttriviales Problem darstellt. Nahezu alle staatlichen Aufsichtsbehörden liefern dem Bundesverband die veröffentlichungsfähigen Grundinformationen zu Stiftungen, sodass der Erfassungsgrad der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts in der Datenbank dennoch bei über 80 Prozent liegt. Es fehlen hingegen insbesondere detaillierte Informationen zu Familienstiftungen, die von der Aufsicht nicht weitergegeben werden sowie Stiftungen kirchlichen Rechts, die der kirchlichen Aufsicht unterliegen und daher nicht von den staatlichen Aufsichtsbehörden erfasst werden. Neben der Kooperation mit den Aufsichtsbehörden geht die Sammlung und laufende Aktualisierung der Daten auf die gute und enge Zusammenarbeit mit Stiftungen und Stiftungsverwaltungen zurück. In dieser Untersuchung nicht befragt wurden aufgrund der Thematik des zweiten mitversendeten Fragebogens alle Stiftungen, die den Namen einer Bank enthielten. Die Repräsentativität des Rücklaufs im Hinblick auf die Grundgesamtheit kann daher nicht geprüft werden. Möglich ist jedoch die Überprüfung des Rücklaufs in Bezug auf wesentliche Merkmale, deren Verteilungen innerhalb aller durch den Bundesverband Deutscher Stiftungen erfassten Stiftungen bekannt sind. Ein wesentliches Merkmal ist der Stiftungstyp, der in operativ, fördernd oder „sowohl als auch“ unterschieden 7

Bundesverband Deutscher Stiftungen (2008)2

Studie (2008)

operativ

20 %

21,3 %

fördernd

60 %

51,7 %

„sowohl als auch“

20 %

26,7 %

Tabelle 1: Merkmalsvergleich „Stiftungstyp“ (n = 835)

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 8

werden kann. Tabelle 1 gibt die Verteilung des Merkmals Stiftungstyp im Datenbestand des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen sowie innerhalb der durchgeführten Befragung wieder. Zu erkennen ist, dass im Hinblick auf operativ tätige Stiftungen ein sehr gutes Ergebnis erreicht wurde, da sich die Verteilung der hier herangezogenen Teilmenge des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen als „Ersatzgrundgesamtheit“ kaum von der effektiven Stichprobe unterscheidet. Fördernde Stiftungen hingegen sind etwas unterrepräsentiert, sowohl fördernd als auch operativ tätige Stiftungen leicht überrepräsentiert, sodass von leichten Verzerrungen auszugehen ist. Obwohl aufgrund der dargestellten Probleme keine statistisch-genauen Angaben hinsichtlich der Repräsentativität der Umfrage gemacht werden können, liefert der Merkmalsvergleich „Stiftungstyp“ belastbare Hinweise auf einen zufriedenstellend repräsentativen Charakter der Studie.

2.2 Charakterisierung der Stichprobe Um ein präziseres Bild der Stichprobe zu erlangen, werden im Folgenden kurz die Themenschwerpunkte sowie die Größenordnung der Stiftungen, die geantwortet haben, vorgestellt. Themenschwerpunkte der befragten Stiftungen Hinsichtlich der Themenschwerpunkte von Stiftungen ist von einer großen Heterogenität und Anzahl auszugehen. Um dennoch eine Strukturierbarkeit zu erreichen, wurde eine Anlehnung an die beim Bundesverband Deutscher Stiftungen gängige Klassifizierung der dort ansässigen verschiedenen Arbeitskreise vorgenommen. Als Antwortmöglichkeiten auf die Frage nach dem Stiftungszweck bzw. dem thematischen Tätigkeitsgebiet standen den Stiftungen somit die Kategorien zur Verfügung, wie sie Abbildung 1 inklusive der Prozentzahlen für die Häufigkeit der Nennungen wiedergibt.

8

Soziales Bildung und Ausbildung Kunst/Kultur Wissenschaft/Forschung Kirchliches Umweltschutz/Gesundheit Internationales Kommunales Prozent der befragten Stiftungen 0

48% 37% 31% 24% 15% 14% 11% 7% 5

10

15

20

25

30

35

40

Abbildung 1: Themenschwerpunkte der befragten Stiftungen (n=835)

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |

45

50


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 9

Erfreulicherweise haben Stiftungen aus allen Themenschwerpunkten an der Befragung teilgenommen. Die meisten Stiftungen ordnen sich der Kategorie „Soziales“ zu (48 Prozent), gefolgt vom Arbeitsschwerpunkt „Bildung und Ausbildung“. Für die Entdeckung von Repräsentativitätshinweisen konnte das „Merkmal Themenschwerpunkt“ jedoch nicht herangezogen werden, da bei der Beantwortung dieser Frage sehr häufig Mehrfachnennungen auftraten. Überraschend wenige Stiftungen ordnen sich innerhalb der vorliegenden Studie dem Bereich „Kommunales“ zu. Da dieser Bereich zwar Thema eines Arbeitskreises im Bundesverband ist, hingegen nicht in seiner Datenbank gelistet wird, ist eine Aussage über die Unter- bzw. Überrepräsentativität des Bereichs nicht möglich. Größe der befragten Stiftungen Um Aussagen über die Größe der kooperierenden Stiftungen zu erhalten, wurde im Fragebogen nach den jährlichen Ausgaben der Stiftung gefragt.4 Abbildung 2 zeigt, dass der größte Anteil (68 Prozent) der relevanten Stichprobe aus sehr kleinen Stiftungen mit einem jährlichen Ausgabenvolumen von bis zu 200.000 Euro besteht (im Folgenden als Gruppe 1 kategorisiert), gefolgt von den Stiftungen mit einem Volumen von bis zu 500.000 Euro (11 Prozent, Gruppe 2). Sechs Prozent der Stiftungen verfügen über jährliche Ausgaben in Höhe von 500.000 bis eine Million Euro (Gruppe 3), vier Prozent über eine Million bis 2,5 Millionen Euro (Gruppe 4) und sieben Prozent über ein Ausgabenvolumen von über 2,5 Millionen Euro (Gruppe 5). Nur vier Prozent der Stiftungen machten keine Angaben hinsichtlich ihres Ausgabenvolumens. Dies ist ein erstaunlich niedriger Prozentsatz für diese häufig als hochsensibel eingeschätzte Kategorie. Die in der Befragung gezeigte hohe Auskunftsbereitschaft der Stiftungen ist zum einen auf das Vertrauensverhältnis der Befragten zum Bundesverband Deutscher Stiftungen zurückzuführen, kann aber zugleich auch als Anzeichen einer steigenden Bereitschaft zur Transparenz innerhalb des Stiftungssektors gewertet werden. Ein weiterer Hinweis auf den Zusammenhang zwischen Transparenz und Kooperationstätigkeit ist, dass 62 Prozent der Stiftungen, die keine Angaben zu ihrem Ausgabenvolumen machen, nicht kooperieren. Diese These lässt sich in diesem Kontext allerdings nicht überprüfen und soll daher im Folgenden nicht weiter verfolgt werden. < 0,2 Mio. 0,2 – 0,5 Mio. 0,5 – 1 Mio. 1 – 2,5 Mio. > 2,5 Mio. k. A. Prozent 0

68%

9

11% 6% 4% 7% 4% 5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

55

60

65

70

Abbildung 2: Ausgabenorientierte Stiftungsgröße (n = 835)

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 10

3 Stiftungskooperationen

3.1 Kooperationsbedeutung und -häufigkeit Um die Bedeutung von Kooperationen für Stiftungen zu ermitteln, wurden die Stiftungen gebeten, die Wichtigkeit von Kooperationen für sie einzuschätzen. Für die möglichen Antworten wurde eine siebenstufige Skala von eins (unwichtig) bis sieben (sehr wichtig) zugrunde gelegt. Das Ergebnis zeigt eine zweigeteilte Haltung gegenüber Kooperationen im deutschen Stiftungssektor (vgl. Abbildung 3). sehr wichtig 7

18%

6

10%

5

11%

4

11%

3

12%

2

14%

unwichtig 1 Prozent

20% 0

1

2

3

4

5

6

7

8

9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Abbildung 3: Einschätzung der Kooperationsbedeutung (n=835)

10

20 Prozent der Stiftungen stufen Kooperationen als völlig unbedeutend ein. Da Stiftungen in der Regel politisch und wirtschaftlich unabhängig sind, bewahren sie diese Unabhängigkeit häufig auch innerhalb der Generierung ihrer Stiftungsleistung. Eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Stiftungen miteinander oder eine Vernetzung mit anderen Nonprofit-Organisationen, Unternehmen oder staatlichen Stellen scheint somit für viele Stiftungen derzeit nicht naheliegend. In der Fachliteratur wird diesbezüglich auch von einer Kooperationsaversion von Stiftungen gesprochen.5 Zur

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 11

Unterstützung dieser These sei eine im Rahmen der Befragung häufig in dieser oder ähnlicher Formulierung gegebene Antwort von nicht kooperierenden Stiftungen genannt: Wir haben überhaupt kein Interesse an Kooperationen, weil die Stiftung zur Erfüllung ihres Stiftungszwecks ausreicht. Diese Antwort überrascht insofern nicht, als die Stiftung die gesetzesmäßige Erfüllung ihres Stiftungszwecks allein garantieren können muss, um von der Stiftungsaufsicht genehmigt zu werden. Dabei geht es bei der Kooperationsentscheidung vielmehr um die Frage, mittels welcher strategischer Entscheidungen und alternativer Maßnahmen der Stiftungszweck am effizientesten erreicht werden kann. Im Rahmen einer solchen ökonomischen Abwägung können Kooperationen einen Weg – neben anderen – zur effizienteren Erreichung des Stiftungszwecks darstellen. Eine solche Abwägung scheint in vielen Stiftungen derzeit jedoch nicht stattzufinden. Gleichzeitig stufen aber fast genauso viele Stiftungen (18 Prozent) Kooperationen aus ihrer Sicht als sehr bedeutend ein. Insgesamt beurteilen 50 Prozent der befragten Stiftungen die Kooperationsbedeutung auf der siebenstufigen Skala mit vier oder höher. Unabhängig von weiteren Kriterien und Informationen lässt sich somit festhalten, dass es weder einen uneingeschränkten Trend zur Kooperation gibt, wie zuweilen behauptet wird, noch ist der gesamte Stiftungssektor als kooperationsavers einzustufen. Vielmehr lässt sich aus der festgestellten Zweiteilung des Stiftungssektors hinsichtlich ihrer Kooperationseinschätzung die These generieren, dass derzeit ein Umbruch stattfindet: Die Kooperationsaversion verringert sich und die positive Beurteilung von Kooperationen nimmt in ihrer Bedeutung zu. Ein detaillierteres Bild erschließt sich, wenn man die Einschätzung der Kooperationsbedeutung in Abhängigkeit von der Stiftungsgröße (kategorisiert nach jährlichen Ausgaben) ermittelt (vgl. Abbildung 4). < 0,2 Mio.

25% 16%

(n=545)

0,2 – 0,5 Mio.

6% 28%

(n=89)

0,5 – 1 Mio.

6% 29%

(n=46)

1 – 2,5 Mio.

9% 24%

(n=35)

> 2,5 Mio. (n=57) Prozent

12% 29% 0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

20

22

24

26

28

30

Abbildung 4: Kooperationsbedeutung und Stiftungsgröße ( ■ unwichtig ■ sehr wichtig)

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |

11


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 12

Bei einem Vergleich der beiden Pole ergibt sich, dass die beschriebene Kooperationsaversion gerade in der größten Gruppe der sehr kleinen Stiftungen (Gruppe 1) sehr ausgeprägt ist. 25 Prozent dieser Gruppe schätzen Kooperationen als unwichtig und nur 16 Prozent als sehr wichtig ein. Potenzielle Nachteile einer Kooperation überwiegen im Kalkül der Stiftungen mit relativ niedrigen Stiftungsausgaben pro Jahr demnach noch die potenziellen Chancen, die Kooperationen bieten können. Bei allen anderen Stiftungsgrößen ist das Verhältnis umgekehrt: Mittlere und größere Stiftungen geben weitaus häufiger an, dass Kooperationen sehr wichtig sind. Kooperationshäufigkeit Stellt man dieser Einschätzung der Kooperationsbedeutung die tatsächliche Kooperationsaktivität gegenüber bestätigt sich das Ergebnis: Über die Hälfte aller Stiftungen kooperieren: 16 Prozent in einer Kooperation, 27 Prozent in zwei bis fünf und neun Prozent sogar in über fünf Kooperationen. Weitere Erkenntnisse liefert auch hier die Aufschlüsselung der Kooperationsaktivitäten nach der Stiftungsgröße (vgl. Abbildung 5).

< 0,2 Mio. (n=566)

52,8%

0,2 – 0,5 Mio. (n=91)

31,9%

0,5 – 1 Mio. (n=46)

19,6%

1 – 2,5 Mio. (n=37)

8,1%

> 2,5 Mio. (n=58) Prozent

12,1%

X keine Angaben

10

21,9%

41,8%

19,6%

13,2%

43,5%

15,2%

56,8%

19%

0

18,7%

27%

29,3%

20

X gar nicht

30

40

X in einer

46,6%

50

60

70

X zwischen zwei und fünf

80

90

100

X mehr als fünf

Abbildung 5: Kooperationsaktivität und Stiftungsgröße (n=835)

12

Rund 53 Prozent der Stiftungen aus der Gruppe 1 der sehr kleinen Stiftungen kooperieren gar nicht, bei den drei folgenden Gruppen nimmt der kooperierende Prozentanteil sukzessive zu, die zweite Gruppe kooperiert zu ca. 70 Prozent, die dritte Gruppe zu ca. 80 Prozent. Die Gruppe 4 der großen Stiftungen, mit einem jährlichen Ausgabenvolumen von bis zu 2,5 Millionen Euro, kooperiert zu 92 Prozent in mindestens einer Kooperation und ist somit die Gruppe mit der höchsten Kooperationstätigkeit. In Gruppe 5 der sehr großen Stiftungen sinkt der Anteil der kooperierenden Stiftungen wieder etwas, 19 Prozent dieser Stiftungen kooperieren gar nicht.

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 13

Unterschiede hinsichtlich der Kooperationshäufigkeit zeigen sich nicht nur in den oben dargestellten Abhängigkeiten, sondern auch, wenn eine Differenzierung hinsichtlich des Stiftungstyps vorgenommen wird. So ergibt sich, dass 66 Prozent der operativ tätigen Stiftungen in mindestens einer, 34 Prozent in keiner Kooperation zusammenarbeiten. Im umgekehrten Verhältnis stehen die Prozentsätze bei fördernd tätigen Stiftungen zueinander. Hier sind 62 Prozent der Stiftungen in keiner, 38 Prozent in mindestens einer Kooperation aktiv. Am häufigsten kooperieren Stiftungen, die sowohl fördernd als auch operativ tätig sind, wie aus Abbildung 6 ersichtlich wird.

Operative Stiftungen (n=178)

34% 66%

Fördernde Stiftungen (n=432)

62% 38%

„Sowohl als auch“ Stiftungen (n=223)

27% 73%

keine Kooperation mind. eine Kooperation Prozent

0

5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 73

Abbildung 6: Kooperationshäufigkeit und Stiftungstyp

3.2 Kooperationspartner und Formalisierungsgrad der Kooperation Um zu erfahren, ob Stiftungen beim Eingehen von Kooperationen bevorzugt unter sich bleiben oder sektorübergreifend kooperieren, wurde in der Befragung nach den aktuellen Kooperationspartnern gefragt. Da eine Kooperation nicht zwangsläufig mit nur einem Partner erfolgen muss, waren hier ebenfalls Mehrfachnennungen möglich. Hatte eine Stiftung mehrere Kooperationsvereinbarungen, wurde sie gebeten, die Frage im Hinblick auf die für sie bedeutendste Kooperation zu beantworten.

Stiftungen

58%

NPO

50%

13

Staat

30%

Privatwirtschaft Prozent

24%

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

55

60

Abbildung 7: Aktuelle Kooperationspartner (n=441)

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 14

Abbildung 7 zeigt, dass 58 Prozent der Stiftungen mit Stiftungen kooperieren, davon 24 Prozent der operativ tätigen und 34 Prozent der fördernd tätigen. Aber auch andere Nonprofit-Organisationen sind häufig gewählte Kooperationspartner (50 Prozent). An dritter Stelle stehen staatliche Einrichtungen (30 Prozent) und an vierter Stelle Unternehmen (24 Prozent). Sektorübergreifende Kooperationen sind folglich seltener als sektorinterne Kooperationsvereinbarungen. Um zu erfahren, ob dieses Ergebnis nur zustande kommt, weil andere Organisationen den Stiftungen die Kooperation verweigern, wurde nach den gewünschten Partnern für eine Kooperation gefragt. Die Ergebnisse sind ähnlich, auch bei den gewünschten Kooperationspartnern stehen Stiftungen an erster Stelle (39 Prozent), gefolgt von Nonprofit-Organisationen (31 Prozent). Unternehmen aus der Privatwirtschaft sind für 24 Prozent der Stiftungen gewünschte Partner und staatliche Stellen für 20 Prozent. Sowohl aktuell als auch in der Zukunft stellen folglich sektorinterne Kooperationspartner (Stiftungen sowie andere Nonprofit-Organisationen) die bevorzugten Partner von Stiftungen dar. Einen Erklärungsansatz hierfür liefern die jeweiligen Charakteristika der drei Sektoren Staat, Privatwirtschaft und Nonprofit-Organisationen, wie zum Beispiel die zugrundeliegenden unterschiedlichen Zielvorstellungen.6 Die Gewinnmaximierung von Unternehmen ist beispielsweise nicht immer kompatibel und somit kooperationsverträglich mit den von Stiftungen verfolgten gemeinnützigen Zielen. Um weitere Erkenntnisse hinsichtlich der Kooperationspartner zu erlangen, wurden die Stiftungen gebeten, die wichtigsten Ressourcen ihres Kooperationspartners zu benennen. Es zeigt sich eine relativ gleichmäßige Verteilung zwischen den ersten fünf Ressourcen ■ Erfahrung, ■ finanzielle Mittel, ■ Kontakte, ■ Know-How und ■ Ideen (vgl. Abb. 8). Dies verdeutlicht die Heterogenität von Stiftungskooperationen und bestätigt ihren individuellen Charakter. 14

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 15

Erfahrung

36%

Finanzielle Mittel

27%

Kontakte

25%

Know-How

22%

Ideen

20%

Image

9%

Größe Prozent

4% 0

2

4

6

8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36

Abbildung 8: Ressourcen des Kooperationspartners (Mehrfachnennungen möglich, n=835)

Am häufigsten wurde mit 36 Prozent Erfahrung als wichtigste Ressource des Kooperationspartners genannt. Voneinander lernen kann somit als ein wichtiger Kooperationsaspekt für Stiftungen angesehen werden. Der finanzielle Kooperationsaspekt (hier mit 27 Prozent an zweiter Stelle) wird weiter unten nochmals erörtert (vgl. Kapitel 3.3). Es folgen etwa gleich häufig Kontakte, Know-How und Ideen. Vernetzung und Wissenstransfer sind folglich ebenso wichtige Kooperationsmotive bezüglich des Partners. Die Organisationsgröße stellt über alle Stiftungen hinweg betrachtet die unwichtigste Partnerressource dar und ist nur für vier Prozent von Bedeutung. Dies erstaunt auf den ersten Blick, da das Erlangen von Größe gerade für die mengenmäßig in Deutschland am häufigsten vertretenen kleinen Stiftungen als ein Kooperationsgrund zu vermuten war.7 Bei der Betrachtung der Kooperationsziele (vgl. 3.4) zeigt sich jedoch, dass das Erreichen einer größeren Wirkung sowie die Erhöhung des Wahrnehmungsgrades als die wichtigsten Motive für das Eingehen einer Kooperation genannt werden. Es ist folglich häufig das Ziel, durch Kooperationen mehr Größe im Sinne einer erhöhten Reichweite zu erlangen. Die Analyse des Formalisierungsgrades der Kooperationsverhältnisse hat folgendes Ergebnis: 63 Prozent der Stiftungskooperationen haben ein formlos ausgestaltetes Kooperationsverhältnis, 37 Prozent haben ihre Vereinbarung vertraglich abgesichert bzw. streben eine solche Absicherung an (vgl. Abbildung 9).

formlos

63%

15 individuell vertraglich abgesichert

33%

vertragliche Absicherung angestrebt Prozent

4% 0

5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60

Abbildung 9: Formalisierungsgrad der Kooperationsverhältnisse (n=421)

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 16

Die Dauer des Kooperationsverhältnisses wurde bei 68 Prozent der Stiftungen nicht befristet, 20 Prozent haben eine Kooperationsdauer von über zwei Jahren, acht Prozent von ein bis zwei Jahren und vier Prozent eine Dauer von zwölf Monaten oder weniger. Der sehr niedrige Formalisierungsgrad ist als spezifisch für den Stiftungssektor zu werten. Er weist auf den in der Literatur beschriebenen kooperativen Charakter der Stiftungswirtschaft hin,8 der aufgrund der Größe und des Ausmaßes der durch Stiftungen zu lösenden Probleme sowie des fehlenden „First-Mover-Zwangs“ Kooperationen fördert, aber nicht aufgrund von Wettbewerbsdruck erzwingt. Kooperationen von Forprofit-Unternehmen weisen – eben aufgrund des Wettbewerbsdrucks – in der Regel einen sehr viel höheren Grad der Formalisierung auf.

3.3 Kooperationsfelder Um zu überprüfen, ob innerhalb der Stiftungswirtschaft ein bestimmter Kooperationsinhalt generell als „unzulässig“ angesehen wird, wurde in Frage 6 des Fragebogens allgemein gefragt, was die antwortende Stiftung unter dem Fachterminus Kooperation versteht. Als Antwortmöglichkeiten wurden aufgrund von Expertengesprächen und Literaturrecherchen die Oberbegriffe inhaltliche Zusammenarbeit, Informationsaustausch, finanzielle Unterstützung und Ideengenerierung gewählt. Alle vier stießen auf breite Akzeptanz (vgl. Abbildung 10).

Inhaltliche Zusammenarbeit

60%

Informationsaustausch

49%

Finanzielle Unterstützung

40%

Ideengenerierung Prozent

27%

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50

55

60

Abbildung 10: Kein generelles Kooperationstabu (Mehrfachnennungen möglich, n=835)

16

Der These, dass es ein Kooperationstabu innerhalb der Stiftungswirtschaft gibt, ist folglich zu widersprechen. Auch der Bereich der finanziellen Unterstützung ist als Kooperationsbereich üblich und akzeptiert. Inhaltliche Zusammenarbeit und Informationsaustausch stellen auch für Unternehmen gängige Kooperationsinhalte dar. Die Ideengenerierung kann innerhalb der Kooperationsinhalte von gewinnorientierten Unternehmen am ehesten dem Bereich Forschungs- und Entwicklungskooperationen zu-

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 17

geordnet werden. Finanzielle Unterstützung als ausgewiesener und weit verbreiteter Kooperationsinhalt findet hingegen innerhalb der ForprofitWelt kein Pendant und stellt somit einen stiftungsspezifischen Kooperationsinhalt dar. Er liegt in der Sachzielorientierung sowie im häufig anzutreffenden Fördercharakter von Stiftungen begründet. Mittels einer weiteren Frage wurden die tatsächlichen Kooperationsfelder untersucht. Die Ermittlung potenzieller Kooperationsfelder erfolgte durch Expertengespräche, stiftungsspezifische Literaturrecherche und einen Abgleich mit den Erkenntnissen aus der Kooperationsforschung gewinnorientierter Unternehmen. Abbildung 11 zeigt die so ermittelten potenziellen Kooperationsfelder sowie ihre Bedeutung in der Praxis.

Projektausführung

59%

Austausch von Informationen

52%

Ideengenerierung

42%

Projekterstellung

37%

Materielle Ressourcenbereitstellung

29%

Mat./pers. Ressourcenbeschaffung

15%

Fundraising

14%

Lobbyarbeit

13%

Personalbereitstellung

12%

Sonstige Prozent

4% 0

5

10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60

Abbildung 11: Rangfolge der Kooperationsfelder (Mehrfachnennungen möglich, n=441)

Das häufigste Kooperationsfeld ist die Projektausführung (59 Prozent). Zweit- und dritthäufigstes Ziel, der Austausch von Informationen (52 Prozent) und die Ideengenerierung (42 Prozent), sind hingegen der operativen Leistungserstellung vor- (bzw. parallel-) geschaltet. Eher selten wird in den Arbeitsfeldern Fundraising, Lobbyarbeit und Personalbereitstellung kooperiert.

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |

17


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 18

Exkurs: Kooperationsfelder in der Leistungskette einer Stiftung Eine strukturierte und zielführende Analyse von Kooperationsmöglichkeiten jeglicher Organisationen bedarf der Identifikation der relevanten Wertschöpfungskette,9 denn so können alle relevanten Aktivitäten der am Entstehungsprozess beteiligten Organisationen berücksichtigt werden. Durch das Verständnis der aufeinanderfolgenden Schritte zur Erstellung eines Produktes bzw. einer Leistung können Kooperationspotenziale an den Schnittpunkten zu anderen Organisationseinheiten erkannt und definiert werden. Da bei der Leistungserstellung einer Stiftung nicht die ökonomischmonetäre Wertschöpfung im Fokus steht, wird hier nicht der Begriff der Wertschöpfungskette genutzt, sondern von einer Leistungskette gesprochen. Ziel der Analyse ist die Überprüfung der Eignung der an anderer Stelle entwickelten erweiterten Leistungskette als Instrument zur vollständigen Abbildung eines stiftungsspezifischen Leistungserstellungsprozesses. Die ermittelten Kooperationsfelder wurden daher dahingehend überprüft, ob sie sich in die erweiterte Leistungskette einer Stiftung einordnen lassen.10

Mission

Sekundäre Aktivitäten

➄ Outcome

Potenzial Prozess

➁ ➀

Ergebnis

Externer Faktor

Erreichungsgrad der Stiftungsziele

Ziele

Abbildung 12: Kooperationsfelder in der erweiterten Leistungskette

18

Das wichtigste Kooperationsfeld der Projektausführung entspricht innerhalb der erweiterten Leistungskette dem Element Output bzw. Ergebnis (vgl. das Feld 1 in Abbildung 12). Austausch von Informationen ist hingegen eine den eigentlichen Leistungserstellungsprozess unterstützende Tätigkeit und dem Informationsmanagement zuzuordnen (Feld 2). Als dritthäufigstes Kooperationsfeld lässt sich die Ideengenerierung dem linken Bereich der erweiterten Leistungskette zuordnen (Feld 3), der auch als kreativer Kooperationsbereich bezeichnet werden kann. Die Projekterstellung als vierthäufigstes Kooperationsfeld entspricht der Prozessdimension, die Ressourcenbereitstellung der Potenzialdimension (Feld 4 und 5). Zur Abbildung des vollständigen Leistungsprozesses einer Stiftung kann das Modell der erweiterten Leistungskette somit als geeignet angesehen werden.

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 19

Differenziert man bei der Betrachtung der Kooperationsfelder wieder nach den unterschiedlichen Größengruppen, ergibt sich für alle Gruppen mit Ausnahme der Gruppe 4 der größeren Stiftungen die gleiche Reihenfolge wie in der Absolutbetrachtung (vgl. Abbildung 13).

52% 50%

< 0,2 Mio.

37% 33%

(n=249) 15%

62% 51%

0,2 – 0,5 Mio.

46%

(n=61)

39% 10% 64% 55%

0,5 – 1 Mio.

39% 39%

(n=36) 14%

71% 47%

1 – 2,5 Mio.

68%

(n=34)

53% 21% 77% 66%

> 2,5 Mio.

45% 43%

(n=47) 11% Prozent 0 X Projektausführung

5

10

15

X Infoaustausch

20

25

30

35

X Ideengenerierung

40

45

50

55

X Projekterstellung

60

65

70

75

80

X Ressourcenbereitstellung

Abbildung 13: Kooperationsfelder und Stiftungsgröße (Mehrfachnennungen möglich)

In der Gruppe 4, mit einem jährlichen Stiftungsausgabenbudget von 1 bis zu 2,5 Millionen Euro, wird wie in den anderen Gruppen auch, am häufigsten im Feld der Projektausführung kooperiert (71 Prozent). An zweiter Stelle mit 68 Prozent folgt jedoch das Feld der Ideengenerierung – anstatt der Informationsaustausch, wie bei den anderen Gruppen. Dieser liegt in Gruppe 4 mit 47 Prozent an vorletzter Stelle, die Projekterstellung auf Platz 3. Gruppe 4 ist damit nicht nur, wie in Kapitel 3.1 festgestellt, die Gruppe mit der höchsten Kooperationshäufigkeit, sondern legt im Unterschied zu allen anderen Größenklassen einen Kooperationsfokus auf den kreativen Bereich der Ideengenerierung. Des Weiteren wurde überprüft, ob sich die Kooperationsfelder in Abhängigkeit vom Stiftungstyp unterscheiden (vgl. Abbildung 14).

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |

19


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 20

34% 27%

fördernd (n=164)

40% 31% 48% 53% 47%

operativ (n=117)

74% 26% 59% 40% 41%

sowohl als auch (n=162)

66% 29% 52%

Prozent 0 X Ideengenerierung

5

10

15

X Projekterstellung

20

25

30

35

40

X Projektausführung

45

50

55

60

X Resourcenbereitstellung

65

70

75

X Infoaustausch

Abbildung 14: Kooperationsfeld und Stiftungstyp (Mehrfachnennungen möglich)

Es zeigt sich, dass fördernde Stiftungen am häufigsten im Bereich des Informationsaustauschs kooperieren, was ihrer Tätigkeitsart entspricht. Operative Stiftungen und „sowohl als auch tätige“ Stiftungen legen ihren Fokus klar auf die Projektausführung und somit auf den Bereich der primären Aktivitäten. Beide Stiftungstypen kooperieren aber auch sehr häufig im Sinne eines Informationsaustausches.

3.4 Kooperationsziele Um herauszufinden, warum Stiftungen Kooperationen eingehen, wurde in einem ersten Schritt auf die wichtigsten Kooperationsgründe für gewinnorientierte Unternehmen rekurriert. In einem zweiten Schritt wurden diese um stiftungsspezifische Motive ergänzt, sodass den Stiftungen ein Katalog von 14 Motiven zur Auswahl stand. Abbildung 15 zeigt die Rangfolge der Kooperationsmotive für Stiftungen.

20

Größere Wirkung Erhöhung Wahrnehmungsgrad Finanzielle Unterstützung Know-How Gewinnung Ideenentwicklung Ideenverbreitung Optimierung Ressourceneinsatz Synergiepotenziale Kompetenzergänzung Kosteneinsparung Neue Projektfelder Vermeidung Doppelarbeit Größenvorteile Risikoteilung

43% 33% 31% 28% 27% 25% 22% 22% 21% 17% 17% 14% 10% 3% 0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Abbildung 15: Rangfolge der Kooperationsmotive (Mehrfachnennungen möglich, n=835)

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 21

Bei genauerer Betrachtung der Kooperationsmotive ergeben sich drei Gruppen: Die erste Gruppe umfasst die Kooperationsziele mit höchster Wichtigkeit und beinhaltet das Erzielen einer größeren Wirkung (Outcome), die Erhöhung des Wahrnehmungsgrads sowie die finanzielle Unterstützung. Letzteres kann als Subziel der zwei erstgenannten Ziele gesehen werden. Der inhaltliche Schwerpunkt der Gruppe 1 ist somit stiftungsspezifisch und verdeutlicht, dass Kooperationen für viele Stiftungen ein geeignetes Instrument zur Erfüllung des Stiftungszwecks sind (vgl. Abbildung 16). Gruppe 2 umfasst die in der Rangliste folgenden drei Ziele Know-HowGewinnung, Ideenentwicklung und Ideenverbreitung, die nicht stiftungsspezifisch sind, sondern auch bei gewinnorientierten Unternehmen als Kooperationsmotive vorkommen. Sie können unter dem Oberbegriff Wissenstransfer zusammengefasst werden und sind von mittlerer Wichtigkeit für Stiftungen beim Eingehen von Kooperationen. Gruppe 1 und 2 beschreiben somit von der operativen Leistungserstellung losgelöste Motive.

Größere Wirkung Erhöhung Wahrnehmungsgrad Finanzielle Unterstützung

Höchste Wichtigkeit Stiftungsspezifische Kooperationsinhalte

Know-How-Gewinnung Ideenentwicklung Ideenverbreitung

Mittlere Wichtigkeit Wissenstransfer

Optimierung Ressourceneinsatz Synergiepotenziale Kompetenzergänzung Kosteneinsparung Neue Projektfelder Vermeidung Doppelarbeit Größenvorteile Risikoteilung

Untergeordnete Wichtigkeit Operative und andere Ziele

Abbildung 16: Gruppierung der Kooperationsziele

Die dritte Gruppe umfasst die Kooperationsgründe, welche die operative Leistungserstellung betreffen, wie das Motiv der Ressourcenoptimierung (22 Prozent), der Kosteneinsparung (17 Prozent), der Vermeidung von Doppelarbeit (14 Prozent) sowie der Größenvorteile (zehn Prozent). Es überrascht, dass die Ziele Größenvorteile und Vermeidung von Doppelarbeit zu den am wenigsten verbreiteten Motiven zählen. Im Vorfeld wurde angenommen, dass Stiftungen im Sinne ihrer gesellschaftlichen Verantwortung auch das Ziel verfolgen, Doppelarbeiten und somit Ressourcenverschwendungen zu vermeiden und Kooperationen als geeigneten Lö-

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |

21


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 22

sungsweg dafür ansehen. Somit verdeutlicht die Rangfolge auf einer übergeordneten Ebene, dass Stiftungen ähnlich wie gewinnorientierte Unternehmen in erster Linie einzelwirtschaftliche Motive verfolgen und das Erreichen ihres Stiftungszweckes anderen (wohlfahrtserhöhenden) Zielen überordnen.

3.5 Kooperationszufriedenheit Der Zufriedenheitsgrad der Stiftungen, die Kooperationen eingegangen sind, ist sehr hoch. 90 Prozent der Stiftungen, die kooperieren, sind mit der (den) Kooperation(en) zufrieden, nur neun Prozent sind unzufrieden, aber optimistisch und weniger als ein Prozent sind von der eingegangenen Kooperation enttäuscht (vgl. Abbildung 17). Es ist somit davon auszugehen, dass die Erwartungen, die Stiftungen in ihre Kooperationen gesetzt haben, erfüllt wurden.

zufrieden

90%

unzufrieden aber optimistisch

9%

enttäuscht Prozent

1% 0

10

Abbildung 17: Zufriedenheitsgrad (n=420)

22

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |

20

30

40

50

60

70

80

90


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 23

4 Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Einschätzung der Bedeutung von Kooperationen ist innerhalb des Sektors zweigeteilt: 20 Prozent der befragten Stiftungen schätzen Kooperationen als völlig unwichtig, 18 Prozent als sehr wichtig ein. Es gibt im Stiftungssektor folglich weiterhin eine nicht zu vernachlässigende Aversion gegenüber Kooperationen. Dieser stehen jedoch 66 Prozent der rein operativ tätigen und 73 Prozent der Stiftungen, die sowohl fördernd als auch operativ tätig sind, gegenüber, die in mindestens einer Kooperation mit anderen Organisationen zusammenarbeiten. 62 Prozent der rein fördernden Stiftungen kooperieren hingegen gar nicht. Am häufigsten, nämlich in 58 Prozent der Fälle, kooperieren Stiftungen mit anderen Stiftungen. Das Erreichen einer höheren Wirkung ist dabei für Stiftungen der wichtigste Grund zu kooperieren. Die meisten Stiftungen (59 Prozent) kooperieren innerhalb der Projektausführung. Aber auch dem operativen Leistungserstellungsprozess vorgelagerte Aktivitäten sind von hoher Bedeutung. Der Austausch von Informationen ist für 52 Prozent und der Bereich der Ideengenerierung für 42 Prozent der Stiftungen ein sehr wichtiges Kooperationsfeld. Löst man sich von der absoluten Betrachtung, zeigt sich, dass gerade kleine Stiftungen die Chancen einer Kooperation noch nicht so hoch einschätzen. 25 Prozent der sehr kleinen Stiftungen schätzen Kooperationen als vollkommen unwichtig ein. Es ist daher eine wichtige Aufgabe, die verschiedenen Möglichkeiten und Chancen von Kooperationen insbesondere unter den kleineren Stiftungen bekannter zu machen. Denn Kooperationen sind eine gegenüber anderen Instrumenten häufig unterschätzte Möglichkeit, um den Stiftungszweck effektiver zu erreichen. Dabei geht es nicht darum, um jeden Preis zu kooperieren, weil Kooperationen als en vogue gelten mögen. Vielmehr muss der Entscheidung für eine Kooperation eine

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |

23


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 24

Abwägung unterschiedlicher Optionen zur Erreichung des Stiftungszwecks vorgeschaltet sein. Innerhalb dieser Abwägung können, müssen aber nicht zwangsläufig, Kooperationen für Stiftungen ökonomisch sinnvoll sein. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, ist Inhalt der weiteren Forschungsarbeit.11

Endnoten 1

Vgl. Evanschitzky (2003), S. 177 mit weiteren Nachweisen.

2

Während operative Stiftungen ihre Stiftungszwecke unmittelbar selbst verwirklichen, unterstützen Förderstiftungen Dritte bei der Durchführung von Tätigkeiten, die ihrer Zwecksetzung entsprechen. Vgl. Schlüter/Stolte (2007), S. 44.

3

Vgl. Bundesverband Deutscher Stiftungen (2008), S. 108.

4

Die Aufteilung der Größenklassen wurde vom Bundesverband Deutscher Stiftungen vorgegeben und entspricht der aktuellen, innerhalb des Verbands vorgenommenen Mitgliederkategorisierung.

5

Vgl. Lang, Schnieper (2006), S. 177

6

Vgl. hierzu auch Saxe (2008).

7

Vgl. dazu auch Spiegel (2007), S. 10

8

Vgl. Lang/Schnieper (2006), S. 177, Moore (2003), S. 8 ff.

9

Vgl. Porter (2000) S. 63 ff.

10 Vgl. Saxe (2008). 11

Vgl. Saxe (2009).

24

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 25

5 Literaturverzeichnis

Bundesverband Deutscher Stiftungen (2008): Verzeichnis Deutscher Stiftungen. Band 1: Zahlen, Daten, Fakten zum deutschen Stiftungswesen. Berlin. Evanschitzky, Heiner (2003): Erfolg von Dienstleistungsnetzwerken. Ein Netzwerkmarketingansatz. Wiesbaden. Lang, Niklas; Schnieper, Peppi (2006): Professionelles Management von Stiftungen. St. Gallen. Moore, Michael H. (2003): The Public Value Scorecard: A Rejoinder and an Alternative to „Strategic Performance Measurement and Management in Non-Profit Organizations“ by Robert Kaplan, The Hauser Center for Nonprofit Organizations, The Kennedy School of Government, Harvard University, Working Paper No. 18. Porter, Michael E. (2000): Wettbewerbsvorteile. Spitzenleistungen erreichen und behaupten. Frankfurt am Main. Saxe, Annegret (2008): Erfolgsfaktoren von Stiftungskooperationen – ein Problemaufriss. Arbeitspapiere des Instituts für Genossenschaftswesen der Universität Münster, Nr. 73. Saxe, Annegret (2009): Erfolgsfaktoren für Kooperationen von Stiftungen. Münster (erscheint Juni 2009). Spiegel, Heinz Rudi (2007): Marga und Kurt Möllgaard-Stiftung. Effizienz durch Kooperation und den Menschen zugewandt. In: Stiftung & Sponsoring, H. 2, S. 10.

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |

25


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 26

6 Anhang: Fragebogen

26

| Bundesverband Deutscher Stiftungen |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 27

27

| KurzStudie Stiftungskooperationen in Deutschland |


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 28


BvDS_KurzStudie_04

28.04.2009 0:06 Uhr

Seite 28


Bundesverband Deutscher Stiftungen Haus Deutscher Stiftungen MauerstraĂ&#x;e 93 | 10117 Berlin Telefon (030) 89 79 47-0 | Fax -81

Theresia Theurl und Annegret Saxe

KurzStudie

Stiftungskooperationen in Deutschland

www.Stiftungen.org


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.