Natur+Umwelt 2-2019

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NATUR UMWELT +

FAKTEN, PORTRÄTS, AKTIONEN UND TIPPS FÜR UMWELTBEWUSSTE

02 19

HLEN! G E H E N S IE WÄ


MITGL IE DE R WE RBE N MITG LIED ER

Sind Ihre Freunde auch Freunde der Natur?

JANDA+ROSCHER, Die WerbeBotschafter

Fotos: fotolia.de

DANN SPRECHEN SIE SIE DOCH EINFACH AUF EINE MITGLIEDSCHAFT AN! Mit über 236 000 Mitgliedern und Förderern setzen wir uns mit Kopf, Herz und Hand für Ihre Heimat und für eine gesunde Zukunft unserer Kinder und Enkel ein. Je mehr Menschen sich mit uns schützend vor die Schätze und Kleinode unserer Heimat stellen, desto wirkungsvoller können wir unsere gemeinsamen Naturschutzinteressen vertreten.

Darum: Werben Sie Mitglieder für die gute Sache. Für jedes neue Mitglied sammeln Sie einen BNFreundschaftspunkt, den Sie in attraktive Prämien eintauschen können. Nähere Infos zu den Prämien bekommen Sie bei Ihrer Kreisgruppe oder im Internet. www.bund-naturschutz.de/ spenden-helfen/mitglieder-werben Vielen Dank für Ihr Engagement!

www.bund-naturschutz.de

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Natur +Umwelt 2 | 19 ›  INHALT 3

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Foto: Liana Geidezis

INHALT

AKTUELLES 4–7 Aktuellles 8/9 Aktuelle Meldungen aus Bayern 10/11 Wie geht es weiter nach dem Volksbegehren?

TITELTHEMA 12/13 Europa als Chance 14/15 Wie funktioniert die EU? 16/17 Unsere Forderungen 18/19 Der BUND fragt … 20/21 Votum für die Zukunft Europas 22 Kommentar AKTIONEN 24 Lass brummen! 25 Regeln für Konzerne

LIEBE LESERINNEN UND LESER,

Foto: privat

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Foto: blickwinkel/M. Woike

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NATUR IM PORTRÄT 28 Pflanzenporträt 29 Gerettete Landschaft 30/31 Freunde der Frösche 32/33 Der Fischotter im Fadenkreuz 34/35 Der Schatz im Silbersee 36/37 Gefährdet: die Rauchschwalbe URLAUB & FREIZEIT 38 Reise auf die Insel Pellworm 39 Wanderung im Palsweiser Moos AUS DEM VERBAND 40 Meldungen 41 Editorial des Vorstands 42/43 Meldungen 44/45 Hubert Weiger im Gespräch mit Uwe Schneidewind

INTERNATIONALES 26 Klimaschutz in Österreich 27 #breakfreefromplastic

Die Natur+Umwelt ist das Mitgliedermagazin des BUND Naturschutz und die bayerische Ausgabe des BUNDmagazins.

46/47 BN vor Ort aktiv 48 Bildung 49 Porträt: Lisa und Edgar Munz 50/51 Junge Seite 52–58 Regionalseiten 59 Stadtnatur im Fokus SERVICE 60/61 Ratgeber 62 Leserbriefe 63 Buchtipps und Reisen 66 Ansprechpartner/Impressum

wird man in Zukunft noch von gutem Wetter sprechen, wenn es sehr warm und trocken ist? In einigen Orten ­Bayerns hatte es schon Ende April an die 30 Grad. Noch zeigen sich Bäume und Sträucher in frischem Grün. Doch die Freude über den sonnenreichen Frühling ist getrübt. Ein weiteres Dürre­ jahr droht, mit schweren Folgen. Die Klimakrise zählt zu den Umwelt­ themen, die in jüngster Zeit ungeahnte Aufmerksamkeit gewonnen haben. Kein Tag vergeht mehr, an dem die ­großen Tageszeitungen nicht breit berichten über all das, was dem BN von jeher am Herzen liegt – Klimawandel, das Verschwinden der Insekten, die Z ­ ustände in der Tierhaltung oder Konzepte für die Mobilität von morgen. Auch politisch sind unsere Anliegen ins Zentrum gerückt. Wirklich freuen mag man sich darüber nicht, spiegelt sich darin doch der besorgniserregende ­Zustand unserer Welt. Hoffen wir, dass auch die Europawahl deutlich macht: Höchste Zeit zu handeln! Wir alle können dazu beitragen. Wählen Sie – ein starkes, nachhaltiges Europa!

Luise Frank

Severin Zillich

Redaktion Natur+Umwelt

Redaktion BUNDmagazin


4 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AKTUELLES

AKTUELLES Foto: Ruben Neugebauer/Campact

VERKEHRSKOMMISSION OHNE ERGEBNIS

Lange rang der BUND in der Nationalen Plattform »Zukunft der Mobilität« um Fortschritte bei der Verkehrswende. Doch in der Arbeitsgruppe Klimaschutz war es unmöglich, mit der Industrie ein konkretes Maßnahmenpaket abzustimmen, das sicherstellt, dass der Verkehr seinen Ausstoß von Klimagasen bis 2030 um mindestens 40 Prozent verringert. Die gute Nachricht ist, dass die Arbeit in der Verkehrskommission gezeigt hat: Das Klimaschutzziel für den Verkehr ist noch

Aktion Ende März am Berliner Tagungsort der Kommission

zu erreichen, wenn rasch und umfassend gehandelt wird. Dafür aber müssen die Strukturen des Verkehrs grundsätzlich verändert werden. Sonst nämlich bleiben neben dem Klimaschutz auch alle übrigen Verkehrsprobleme ungelöst. Wir brau­ chen merkliche Veränderungen – beim Warentransport, bei den Alternativen zum eigenen Auto oder beim Trend zum »grö­ ßer, schneller, schwerer«, der weiter die Modellpalette der Autoindustrie prägt. In erster Linie auf »Biokraftstoffe« zu setzen,

Jedes Jahr kürt der BUND zum Tag der Allee am 20. Oktober die »Allee des Jahres«. Der bundesweite Fotowettbewerb dazu hat nun begonnen. Machen Sie mit und fotografieren Sie Ihre Lieblingsallee! Senden Sie uns bis 16. September Ihre schönsten Bilder (maximal vier), digital oder auf Papier. Notieren Sie dazu den Ort, die Länge der Allee, die prägenden Baumarten und, wenn möglich, eine kurze persönliche Geschichte. Eine Jury wird im Herbst die besten Motive präsentieren. Für den 1. Platz gibt es eine Übernachtung auf Burg Lenzen für zwei Personen.

Foto: K. Dujesiefken

GESUCHT: ALLEE DES JAHRES

Eschenallee im Landkreis Vorpommern-Greifswald

Ihre Fotos senden Sie bitte an den BUND Mecklenburg-Vorpommern, Wismarsche Str. 152, 19053 Schwerin, katharina.duje­ siefken@bund.net. Mehr: www.allee-desjahres.de, Tel. 03 85/ 52 13 39- 0

wie es Teile der Industrie tun, ist kurzsichtig und schafft mehr Probleme, als es löst. Der BUND kann den Zwischenbericht der Kommission daher nicht mittragen. Mit wiederholten Störfeuern machte Verkehrsminister Andreas Scheuer klar, dass der Klimaschutz in seinem Ressort bestenfalls untergeordnete Bedeutung hat. Für ihn ist nur praktikabel, was den Autoverkehr in seiner heutigen Form nicht einschränkt. Der BUND wird weiter für eine echte Mobilitätswende kämpfen. Nächster Adressat: das Klimakabinett.

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WWW.BUND.NET/MOBILITAET

DIE ZAHL: 7-MAL DEUTSCHE KOHLE Kürzlich veröffentlichte die EU eine Liste der Unternehmen, die 2018 am meisten Treibhausgase ausstießen. Unter den ersten zehn des Rankings sind allein sieben deutsche Braunkohlekraftwerke. Den traurigen Spitzenplatz belegt das polnische Kohlekraftwerk Bel­ chatów mit etwa 38 Megatonnen. Dahinter folgen die hiesigen Meiler Neurath, Niederaußem, Jänschwal­ de, Weisweiler, Schwarze Pumpe, Lippendorf und Boxberg – und auf Rang acht ein bulgarisches Kraft­ werk. Platz zehn nimmt der Billig­ flieger Ryanair ein. Er war 2018 für einen Ausstoß von 9,9 Megatonnen CO2 und ähnlich klimaschädlichen Treibhausgasen verantwortlich.


Anzeige Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AKTUELLES 5

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BUNDESVORSITZ

AUFRUF ZUR KANDIDATUR Bei der Bundesdelegiertenversammlung des BUND vom 8. bis 10. November 2019 wird der Bundesvorstand neu gewählt. Nach zwölfjähriger Amtszeit wird der jetzige Vorsitzende Hubert Weiger nicht wieder kandidieren.

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er oder die Bundesvorsitzende vertritt den BUND in Politik und Medien gegenüber gesellschaftlichen Gruppen und in der Öffentlichkeit. Und sie oder er leitet den zehnköpfigen Vorstand, der über die politische Strategie des Verbandes entscheidet – nach außen wie verbandsintern. Die Bundesgeschäftsstelle in Berlin bereitet diese Entscheidungen vor und setzt sie um. Im föderal strukturierten BUND ist die Ab­ stimmung und Verbindung mit den Lan­ desverbänden von großer Bedeutung. Die Aufgaben der/des Bundesvorsitzenden setzen eine hohe fachliche Qualifikation und viel Erfahrung mit der Arbeit im Ehrenamt voraus. Das Ehrenamt des/der Vorsitzenden ist mit einer angemessenen Aufwandsentschädigung vergütet.

Die Kandidatur für den Bundesvorsitz steht prinzipiell jedem BUND-Mitglied offen. Bei Interesse lassen Sie sich bitte über die Kontaktadresse den in den BUNDGremien üblichen Kandidatenbogen zu­ senden. Als Kandidat*in haben Sie die Möglichkeit, sich im nächsten BUNDma­ gazin 3/2019 vorzustellen. Dafür müssen Sie Ihre Bewerbung bis zum 10. Juni 2019 über die Kontaktadresse an die Bundes­ geschäftsstelle senden. Ferner ist eine Kandidatur vor Ort bei der Bundesdele­ giertenversammlung möglich. Für Rückfragen wenden Sie sich gerne auch direkt an Hubert Weiger oder an ein anderes Mitglied des Bundesvorstands. Der Bundesvorstand

Wer ist Herr im Hirn?

Der Streit um den freien Willen

• Kann der Mensch aus einem freien Willen heraus handeln? • Oder ist er durch genetische Anlagen, Familie und Gesellschaft weitgehend geprägt? • Und welche Rolle spielt dabei Gott?

Diesen Fragen gehen Hirnforscher, Philosophen und Theologen in dem Publik-Forum Sonderdruck »Wer ist Herr im Hirn?« nach.

%Q Ja,

schicken Sie mir den Sonderdruck »Wer ist Herr im Hirn?« und die nächsten zwei Ausgaben von Publik-Forum bitte kostenlos zu. Die Belieferung endet automatisch nach der zweiten Ausgabe. NAME

VORNAME

STR A SSE , H A U SN U M M E R

P O STL E I TZ A H L , O R T

TE L E F O N

E-MAIL

G E B U R TSD A TU M

Q Ja, ich möchte von weiteren Informationen profitieren. Ich bin damit einverstanden, dass mich Publik-Forum per E-Mail oder Telefon über aktuelle Themen, Neuerscheinungen, Angebote, Kampagnen sowie Veranstaltungen informiert. D A TU M , U N TE R SCH R I F T

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KONTAKT: verband-gremien@bund.net hubert.weiger@bund.net

20192004

B I TTE E I N SE N D E N :

Publik-Forum Verlagsgesellschaft Postfach 2010, 61410 Oberursel Telefon: 06171/7003470 Fax: 06171/700346 oder bestellen Sie Ihre zwei Ausgaben auf: www.publik-forum.de/192004


6 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AKTUELLES

KURZ & GUT »Only bad news is good news« heißt es, vor allem schlechte Nachrichten erregen also unsere Aufmerksamkeit. Doch positive Neuigkeiten aus unserem Verband und aus dem Umwelt- und Naturschutz tun einfach gut. Einige aus jüngster Zeit haben wir wie immer für Sie ausgewählt.

Nach langer Vorbereitung ging es Anfang des Jahres endlich los: Bagger begannen im Auftrag des BUND, den alten Auwald der Hohen Garbe an der Elbe zu renaturieren. So flachten sie das Ufer eines Au­ engewässers ab, zugunsten von vielen Fischarten, aber auch Rotbauch­unke oder Kiebitz. Zuvor hatte das BUND-Auenzent­ rum die Anwohner informiert, Flächen er­ worben, Wasserstände modelliert und Genehmigungen eingeholt. Auch konnten bereits 4000 Bäume und Sträucher ge­ pflanzt werden – zum Teil mithilfe von Schulen aus der Region. Mehr zu den »Le­ bendigen Auen für die Elbe« finden Sie hier: www.bund.net/elbauen

30 000

Erfolgreiche Bilanz zum Abschluss unserer Kampagne »Rette unser Wasser«: Gemeinsam mit hundert Organisationen aus ganz Europa konnten wir rund 380 000 Stimmen für einen starken Wasserschutz und gesunde Flüsse und Seen sammeln. Dabei hat der BUND mehr Men­ schen mobilisiert als alle anderen Partner. Zudem richteten fast 9000 unserer Mitglieder mit einer persön­ lichen Postkarte einen Appell an die Agrarministerin Julia Klöckner, zu­ gunsten einer gewässerfreundlichen Landwirtschaft. Danke allen, die uns hierbei unterstützt haben!

Doppelt erfolgreich war die Klage gegen einen herbizidresistenten Raps der Firma CIBUS. Gegen die Zulassung des mit einem neuen Gentechnik-Verfahren hergestellten Raps hatte der BUND 2015 gemein­ sam mit Mitstreitern Widerspruch eingelegt und damit seine Aussaat verhindert. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes, dass auch neue Gentechnikverfah­ ren als Gentechnik zu regulieren sind, musste das zuständige Bun­ desamt die Zulassung aufheben. Das Gericht bestätigte zudem, dass der BUND hier klagebefugt ist.

KEGELROBBEN Ostseeweit stieg die Zahl der Kegelrobben seit den 1980er Jahren von etwa 2500 auf über 30 000 Tiere. Auch an der Küste M.-Vorpommerns hat sich die Art wieder etabliert. Doch nimmt auch die Zahl der Tot­ funde in der deutschen Ostsee zu: von jährlich 20 (2012–16) über 40 (2017) auf 60 im vergangenen Jahr. Der BUND MV ist deshalb aktiv ge­ worden. Zwischen Rostock und Rü­ gen baut er derzeit ein Netzwerk eh­ renamtlicher Robbenschützer*innen auf und verteilt an Gemeinden ErsteHilfe-Ausrüstungen zum Schutz von Tieren, die am Strand rasten. Mehr zum Projekt »Schatz an der Küste«: www.bund-mv.de/robben

440000 MITGLIEDER

Mit über 440 000 Mitgliedern (und rund 600 000 Unterstützer*innen) ist der BUND erstmals stärker als alle deutschen Parteien. Zum Jah­ resende 2018 überholten wir auch die SPD, deren Mitgliederzahl auf unter 440 000 fiel. Die CDU (weniger als 420 000 Mitglieder) hatte der BUND schon zur Jahresmitte hinter sich gelassen.


Foto: Jörg Farys

Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AKTUELLES 7

Kundgebungen wie die vom BUND seit Jahren mitveranstaltete Demo »Wir haben es satt« fördern das demokratische Engagement.

ATTAC-URTEIL

WAS IST GEMEINNÜTZIG?

den will Victor Orban per Sondergesetz »wegputzen«. In Deutschland galt das bislang als un­ denkbar. Doch nun wird uns und anderen offen unterstellt, wir seien (statt für inhalt­ liche Ziele) nur aktiv, um Spenden einzu­ werben. In der Kritik stehen grundsätzlich alle Vereine, die politische Entscheidungen angeblich zu stark beeinflussen. Dabei erfüllen Vereine und Verbände eine zunehmend wichtige Rolle in moder­ nen Demokratien. Indem wir mehr Klima­ schutz oder eine artgerechte Tierhaltung fordern, greifen wir Anliegen auf, die sich auf große Mehrheiten in der Gesellschaft stützen. Und wir bieten Menschen, die sich sonst nicht vertreten fühlen, ein parteiübergreifendes Engagement an. Wir rufen zur Teilnahme an Wahlen oder Volksent­ scheiden auf, eine Säule der Demokratie. Droht das künftig unsere Gemeinnützig­ keit zu gefährden?

GEMEINNÜTZIG NEU DEFINIEREN

Politisch aktive Vereine stützen die D ­ emokratie. Doch ihr Einfluss führt vermehrt zu Kritik – und zu Versuchen, ihnen die Gemeinnützigkeit streitig zu machen. Hier muss der Gesetzgeber reagieren. OLAF BANDT leitet als Bundesgeschäfts­ führer die Politik und Kommunikation des BUND.

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n den vergangenen Jahren häufen sich Angriffe aus Justiz und Politik auf Umweltverbände und andere Vereine der Zivilgesellschaft: So entzog kürzlich das Bundesfinanzgericht »Attac« die Gemeinnützigkeit. Kreise der AfD, FDP und Union fordern, auch der Deutschen Umwelthilfe die Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Ähnlich erging es dem BUND 2011 in Hamburg, als er einen Volksentscheid unterstützte, um die Hamburger Stadtwerke zu rekommunalisieren.

Der Verlust der Gemeinnützigkeit ist für die Betroffenen existenzbedrohend. Das Finanzamt verlangt dann die Einkommen­ steuern, die Mitglieder und Spenderinnen per Spendenquittung gespart haben, von der Organisation zurück. Da dies oft rück­ wirkend für mehrere Jahre erfolgt, kann der Entzug kleine und große Vereine in den Ruin treiben. Seit dem Urteil gegen Attac fragen sich deshalb viele, wie sie politisch aktiv bleiben können.

DROHT EINE ORBANISIERUNG? Die scharfen Angriffe auch aus etablier­ ten Parteien sind in Deutschland neu. In Ländern wie Ungarn dagegen sind massi­ ve Angriffe und die Behinderung von Stif­ tungen und Vereinen längst an der Tages­ ordnung. Wer unliebsam ist und sich etwa für die Umwelt oder Geflüchtete einsetzt,

Rein formal beruhen die Angriffe auf einer engen Auslegung der Abgabenordnung, die gemeinnützige Spendenzwecke be­ stimmt. Beim BUND sind dies der Naturund Umweltschutz und die Landschafts­ pflege, die als eindeutig gemeinnützig gelten. So urteilte das Bundesfinanzgericht 2017, der BUND dürfe bei der Verfolgung dieser Ziele auch politisch Einfluss neh­ men, was das Grundgesetz im Kern den Parteien vorbehält. Uns droht daher zur jetzigen Zeit kein Entzug unserer Gemein­ nützigkeit. Viel schwerer wiegt dies bei Attac oder Campact, die gemeinnützig wurden, weil sie die politische Bildung fördern. Laut Bundesfinanzgericht schließt das einen gezielten Einfluss auf politische Entschei­ dungen aus – eine sehr enge Auslegung von politischer Bildung. Wegen der Bedeutung vieler politisch aktiver Vereine für unsere Demokratie be­ darf es dringend einer Rechtsreform, wo­ nach demokratisches politisches Engage­ ment selbstverständlich gemeinnützig ist. Nur so lassen sich die Meinungsfreiheit und das Engagement vieler Vereine für eine lebendige Demokratie sichern.


Foto: akf/fotolia.com

Foto: Michael Meijer/fotolia.com

8 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AKTUELLES ›  Meldungen aus Bayern

GRUNDSATZURTEIL: GERICHT STOPPT HÄHNCHENMASTANLAGE

AKTION: WELCHE HUMMEL IST DAS?

Die geplante Hähnchenmastanlage in Eschel­bach im Landkreis Pfaffenhofen – mit rund 145 000 Tierplätzen eine der größten in Bayern – darf vorerst nicht in Betrieb gehen. Das hat das Verwaltungsgericht Mün­ chen Ende März entschieden. Als Begrün­ dung führt das Gericht an, dass der Be­ treiber über zu wenig Ackerland verfügt, um wenigstens die Hälfte des Futters für die Hähnchen selbst erzeugen zu können. »Dieses Urteil ist ein sehr wichtiger Erfolg für den Umwelt- und den Tierschutz, aber auch für die bäuerliche Landwirtschaft«,

In Deutschland gibt es 41 Arten von Hum­meln – aber welche Art habe ich gerade vor mir? Wer das wissen möchte, schickt ein Foto der Hummel per WhatsApp oder E-Mail an ein Team von Experten. Dieses antwor­ tet mit dem Namen der Art und Informati­ onen dazu. Für das Projekt von BUND Na­ turschutz und Institut für Biodiversitäts­ information (IfBI) ist es bereits die zweite Saison. »Wir möchten mit dieser Aktion auf das Insektensterben aufmerksam machen und die Menschen für die pelzi­ gen Flieger begeistern«, erklärt Klaus Mandery, Leiter des IfBI und Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Haßberge. Jede Hum­ melmeldung wird in eine interaktive Karte eingetragen. So kann man mehr über die Verbreitung der Hummel­arten in Bayern und geeignete Schutzmaßnahmen lernen.

sagt der BN-Landesgeschäftsführer Peter Rottner. »Es erschwert nicht nur die Zu­ lassung von industriellen Tierhaltungs­ anlagen erheblich, es trägt auch zu einer umweltschonenderen Bodennutzung bei.« Der BUND Naturschutz hatte gegen die Anlage geklagt.

SOLIDARITÄT MIT FRIDAYS FOR FUTURE Die Verantwortung für das Weltklima bewegt viele junge Menschen, sie wollen den aktuellen Stillstand in der Klimaschutzpolitik nicht mehr hinnehmen. Deshalb sind die weltweiten Demonstrati­ onen von Schülern für eine konsequente Klimapolitik ein wichtiges Signal. »Es ist ein Ansporn und eine große Ermutigung für uns im BUND Naturschutz, dass die Schüler öffentlich für den Klimaschutz eintreten. Das ist gelebtes politisches En­ gagement, das in die Zukunft weist«, be­

tont der BN-Landesbeauftragte Martin Geilhufe. »Diejenigen, die seit Jahrzehn­ ten die Umwelt zerstören, sind nicht die Leidtragenden dieser fehlgeleiteten Poli­ tik. Das sind wir.«, erklärt Melanie Albert, Jugendvertreterin im BN-Landesvorstand. »Wir und unsere Kinder, die in 20 Jahren in einer Welt leben müssen, in der es kei­ ne Gletscher und in vielen Gebieten kein sauberes Trinkwasser mehr gibt. Das ist nicht die Welt, in der ich leben möchte.«

So geht’s: Hummel fotografieren und Bild per WhatsApp versenden an 01 51/18 46 01 63 oder per Mail an hummelfund@ifbi.net.


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AKTUELLES ›  Meldungen aus Bayern 9

Foto: Georg Kestel

BAYERNS WÄLDER BRAUCHEN MEHR KLIMASCHUTZ

STUDIEN ZU FLUTPOLDERN SIND UNVOLLSTÄNDIG Die zu Jahresbeginn von der Staatsregierung veröffentlichten Studien zum Hochwasserschutz sowie zur Wirksamkeit der geplanten Flutpolder und ihrer Alternativen sind aus Sicht des BUND Naturschutz unvollständig. So wurden zum Beispiel Deichrückverle­ gungen pauschal ausgeschlossen. Zent­ rale Bausteine in Landwirtschaft und Landschaft fehlen völlig, etwa die Poten­ ziale der Moor-, Feuchtgebiets- und Fluss-­ Renaturierung. Außerdem gibt es immer

noch keine Berechnungen, wie die einzel­ nen Maßnahmen in der Fläche in ihrer Kombination wirken. Der BUND Naturschutz fordert eine Strategie, die an den Ursachen der Proble­ me ansetzt und einen Rückhalt von Hoch­ wasser in der Fläche genauso umfasst wie einen Rückhalt von Regen im gesam­ ten Einzugsgebiet. Außerdem muss das Bebauen von hochwassergefährdeten Flächen ein Ende haben.

Das Kiefernsterben in Nordbayern hat dramatische Ausmaße angenommen. Grund dafür ist das immer wärmere und trockenere Klima. »Wir machen uns große Sorgen«, bestä­ tigt der BN-Vorsitzende Richard Mergner. »Von der Staatsregierung fordern wir wir­ kungsvolle Klimaschutzmaßnahmen. An­ sonsten befürchten wir eine Neuauflage des Waldsterbens.« Damit in den abster­ benden Wäldern ein neuer, stabiler Mischwald nachwachsen kann, braucht es zu­ dem mehr Förster zur Beratung der Wald­ besitzer und weniger Rehwild, um den Verbiss junger Bäume zu reduzieren. Vor­ bildlich auf den Weg gebracht hat dies zum Beispiel das Waldumbauprojekt »Zu­ kunftswälder« im Landkreis Roth. Die Klimakrise ist in Bayern harte Reali­ tät. Extreme Witterungsereignisse wie Dürreperioden nehmen an Häufigkeit und Intensität deutlich zu. In Nordbayern trifft das besonders die Kiefer, in Südbayern und den Mittelgebirgen die Fichte. Damit werden auch die Leistungen der Wälder wie Trinkwasser-, Hochwasser-, Klima-, Boden-, Lawinen- und Biotopschutz be­ einträchtigt.

Foto: von Düren/fotolia.com

»BAYERISCHER AKTIONSPLAN WOLF« – EINE VERGEBENE CHANCE Mit dem im März veröffentlichten »Bayerischen Aktionsplan Wolf« versäumt es die Bayerische Staatsregierung, sich zum Nebeneinander von Wolf und Weide­tier­ haltung zu bekennen. So sollen Wolfsabschüsse früher und leichter möglich sein, während die Finan­ zierung des Herdenschutzes ungelöst bleibt. »Wir laufen Gefahr, dass Wolfsab­ schüsse die Regel statt die Ausnahme werden. Der Aufbau eines wirksamen Her­ ­denschutzes wird damit auf Kosten der Weidetierhalter erstmal ausgebremst«, kri­

tisiert der BN-Vorsitzende Richard Merg­ ner. Die bayerischen Regelungen sind pra­ xisfern und verhindern ein bundesweit einheitliches Wolfsmanagement. Sinnvoller wäre es, die laufenden Kos­ ten des Herdenschutzes zu fördern. »Das bringt den Tierhaltern tausendmal mehr als wirkungslose Alibi-Aktivitäten wie Be­ jagung und sogenannten Bestandsregu­ lierungen«, ergänzt der BN-Artenschutzre­ ferent Kai Frobel.


10 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AKTUELLES ›  Wie geht es weiter nach dem Volksbegehren

VOLKSBEGEHREN FÜR MEHR ARTENVIELFALT

HISTORISCHER ERFOLG Große Freude beim BUND Naturschutz und seinen Partnern über den Erfolg des Volksbegehrens »Rettet die Artenvielfalt«: Im April hat die Bayerische Staats­regierung erklärt, den Gesetz­ entwurf des Volksbegehrens anzunehmen. Damit bekommt der Text des Volksbegehrens Gesetzeskraft. Ein riesiger Erfolg für den Naturschutz in Bayern.

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as Volksbegehren Artenvielfalt »Rettet die Bienen« ist das erfolgreichste Volksbegehren Bayerns überhaupt. 1 745 383 Menschen sind aktiv in die Rathäuser und Eintragungsstellen ge­ gangen und haben gegen das Massen­ sterben an Insekten, Vögeln, Amphibien und andere Arten gestimmt. Das bahnbrechende Ergebnis von 18,4 Prozent der wahlberechtigten Bürgerin­ nen und Bürger ist besonders bemerkens­ wert, da Eintragungen im Internet, am In­ fostand oder Briefwahl in dieser Phase ei­ nes Volksbegehrens nicht möglich sind. Kein Landkreis lag unter den benötigten 10 Prozent, das Volksbegehren wurde da­ mit ebenso auf dem Land gewonnen wie in der Stadt. Die Bayerinnen und Bayern haben er­ kannt, was zahlreiche Studien belegen: Der Artenschwund ist dramatisch. Für Spaziergänger und Autofahrer ist der Rückgang an Insekten offensichtlich. Mit dem Verschwinden der Insekten ver­ stummt zudem zunehmend der Gesang der Feldvögel, denen diese Insekten als Nahrung dienen. Als Ursachen hierfür werden unter anderem der Verlust an Le­ bensräumen und die Intensivierung der Landwirtschaft identifiziert. 47 Prozent der bayerischen Landesfläche werden landwirtschaftlich genutzt, die Landwirt­ schaft spielt also eine zentrale Rolle bei der Bewahrung der Artenvielfalt. Doch auch die Landwirtschaft steht ­unter Druck. Nach dem Prinzip »Wachse oder Weiche« werden EU-Fördermittel

RICHARD MERGNER ­BN-Landesvorsitzender

MARTIN GEILHUFE BN-Landesbeauftragter

noch immer hauptsächlich nach der Grö­ ße des Betriebs bezahlt. Das Volksbegeh­ ren fordert daher einen Ökolandbauanteil von 20 Prozent bis 2025. Es ist Aufgabe der Staatsregierung, den Umstieg auf ökologische Produktion für die Bäuerin­ nen und Bauern attraktiv zu machen. Dies kann durch Förderungen und einer Unter­ stützung des Marktes für regionale Bio­ produkte geschehen, etwa durch eine Umstellung aller Kantinen in öffentlicher Hand auf regionale Bioprodukte.

EINE STARKE STIMME FÜR DIE NATUR Der BUND Naturschutz unterstützte das Volksbegehren finanziell, mit Öffentlich­ keits- und Pressearbeit und mit seinem auf Experten gestützten Sachverstand. Über 240 000 Flyer wurden durch die Ortsund Kreisgruppen verteilt. Alle Mitglieder wurden mit einem Anschreiben gebeten zu unterschreiben. Doch der größte Erfolgsfaktor für das Volksbegehren waren die vielen ehren­ amtlichen Helferinnen und Helfer. Den im­ mer leiser werdenden Insekten haben sie gemeinsam eine Stimme gegeben: im tiefsten Winter, bei Schnee und bei Regen, als Rathauslotsinnen und Rathauslotsen, als verkleidete Bienen, als Flyer-Verteile­ rinnen und -Verteiler, als Botschafterin­ nen und Botschafter an ihren Arbeitsplät­ zen, in den Medien, in den Elternbeiräten, beim Einkaufen, bei Freunden, in dem Fa­ milie und auf der Straße.


Oft bildeten sich Warteschlangen vor den Rathäusern, wie hier in München. Auch Regen schreckte die Wartenden nicht ab.

Foto: KG Miltenberg

Foto: Martin Geilhufe

Foto: Jörg Farys

Große Freude über den Erfolg des Volksbegehrens.

Foto: Jörg Farys

Ehrenamtliche stellten sich in vielen Ge­ meinden als Rathauslotsen zur Verfügung, hier im Landkreis Miltenberg.

Foto: Ilona Kienle

Vertreterinnen und Vertreter des Bündnisses appellierten an Ministerpräsident Markus Söder, den Gesetzestext anzunehmen.

Hart im Nehmen: Selbst bei Schnee und Kälte kamen Aktive des BN im Landkreis Deggendorf zur Fotoaktion.


Noch vor 30 Jahren schnitt der Eiserne Vorhang Europa auf über 12 500 Kilometern in zwei Teile. Heute verläuft hier das Grüne Band. (Im Foto: die Donau an der serbisch-rumänischen Grenze.) Um dieses europäische Natur- und Kulturerbe zu erhalten, engagieren sich in den 24 angrenzenden Ländern über 150 zivilgesellschaftliche und staatliche Organisationen, darunter federführend der BUND.

Foto: Liana Geidezis

Lässt sich ein schöneres Symbol dafür denken, dass sich Europa eines Besseren besonnen hat, nach Jahrhunderten voller Kriege? Dass nur Frieden, Vertrauen und Zusammenarbeit eine gedeihliche Zukunft garantieren, nie aber Aggression und Abschottung? Der BUND glaubt an die einende Kraft Europas, auch mit Blick auf Umwelt- und Naturschutz. Lesen Sie in unserem Schwerpunkt, warum die Europawahl am 26. Mai eine Chance ist. Und was aus Sicht des BUND nötig ist, damit Europa natur- und menschenfreundlicher, sprich: nachhaltiger wird.


H C I L R Ü T NA

A P O R EU


Foto: gettyimages.de

EUROPAWAHL

WIE FUNKTIONIERT DIE UNION? Die Idee eines geeinten Europas war schon mal populärer. Dabei haben wir der EU viel zu verdanken. Wer macht eigentlich was in Brüssel? RONJA ENDRES ist Referentin für politische Kommunikation beim BUND Naturschutz.

O

b der Schutz des Białowieża-Urwalds, die Grenzwerte für Luftschadstoffe in den Städten oder die Chemikalienpolitik: Politische Fortschritte im Natur- und Umweltschutz verdanken wir heute vielfach Initiativen der EU. Auf den ersten Blick erscheint die EU kompliziert und schwer durchschaubar. Doch beeinflusst sie nahezu alle Lebensbereiche. Darum lohnt ein genauer Blick auf ihre Struktur und Funktionsweise.

KOMMISSION, RAT, PARLAMENT In der EU gibt es keine klassischen Gesetze, sondern Verordnun­ gen und Richtlinien. Verordnungen setzen klare Regeln, an die sich die Mitgliedstaaten eins zu eins halten müssen. Richtlinien geben ein Ziel vor. Der Weg dahin und die Maßnahmen bleiben den Mitgliedstaaten überlassen. Erarbeitet werden beide von der EU-Kommission, dem Rat der Europäischen Union und dem EU-Parlament. Vorschlagen kann Richtlinien und Verordnungen nur die Kommission. Parlament und Rat stimmen dann darüber ab. Der BUND fordert, dass auch das Parlament künftig Gesetze auf den Weg bringen kann.


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  TITELTHEMA 15

In die EU-Kommission entsenden die Regierungen der Mit­ gliedsländer ihre Vertreter. Der Rat ist je nach Fragestellung un­ terschiedlich besetzt: etwa mit den verantwortlichen Minister*innen der EU-Länder zum Thema Verkehr oder Landwirtschaft. Das Parlament wird als einzige Institution direkt von den Bürge­ rinnen und Bürgern der EU gewählt – das nächste Mal jetzt am 26. Mai bei der Europawahl. Jedes Land ist hier gemäß seiner Bevölkerung mit einer unterschiedlichen Zahl von Sitzen vertre­ ten. Deutschland wählt 96 Abgeordnete. Feste Koalitionen gibt es im EU-Parlament nicht, für jede Entscheidung werden neue Mehrheiten gesucht.

ZIELE UND FINANZEN Ein Problem der noch recht jungen Union ist die Ungleichheit zwischen den Regionen, wirtschaftlich wie sozial. Als zentrales Instrument, um sie zu beseitigen und den Zusammenhalt zu

stärken, dienen der EU die Strukturfonds. Finanziell am besten ausgestattet ist der Europäische Fonds für regionale Entwick­ lung. Der BUND versucht derzeit, ihn im Sinne des Umwelt-, Kli­ ma- und Naturschutzes umzugestalten. Davon hätten auch BUND-Gruppen etwas, die ihre Projekte mithilfe dieses Fonds verwirklichen können. Im Vertrag über die Arbeitsweise der EU sind der Schutz des Klimas, der Gesundheit, der Ressourcen und der Umwelt festgeschrieben. Dieser Schutz muss konsequent verfolgt und aus­ reichend finanziert werden. Da Umwelt- und Klimaschäden keine Grenzen kennen, ist die EU hier der richtige Akteur. Denn sie wirkt über die Mitgliedstaaten hinweg. So erlauben ihre Fauna-FloraHabitat- und Vogelschutz-Richtlinie, wertvolle Natur grenzüber­ schreitend zu bewahren. Dass dieser Schutz künftig noch besser gelingt, dafür setzte sich der BUND (unter anderem) im Vorfeld dieser Europawahl ein.


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16 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  TITELTHEMA

EUROPA MIT ZUKUNFT

ECKPUNKTE

Wie wird Europa zu einem nachhaltigen Kontinent? Wie kann die EU ihren Mitgliedsländern helfen, eine soziale und ökologische Zukunft zu gestalten?

E

uropa muss sich ändern. Die bloße Idee eines geeinten Europas reicht heute nicht mehr als politisches Bindemittel. Der BUND rückt die Menschen und ihre Umwelt in den Mittelpunkt der europäischen Agenda. Für den Aufbruch in ein demokratisches und nachhaltiges Europa fordern wir die Parteien auf, sich folgende Ziele zu eigen zu machen.

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FÜR DEN AUFBRUCH IN EIN NACHHALTIGES EUROPA Werden Sie endlich tätig für ein soziales und ökologisches Europa. Fördern Sie mit einer ehrgeizigen Strategie die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele, damit die Mitgliedstaaten den gesellschaftlichen Umbau gestalten können. Unterstützen Sie dies auch finanziell. Bauen Sie zudem umweltschädliche Subventionen ab und fördern Sie ökologische Erzeugnisse, da­ mit diese für mehr Menschen erschwing­ lich werden.

FÜR EUROPAS NATUR

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Wir wollen eine ökologische und so­ zial gerechte Agrarpolitik. Schaffen Sie die pauschalen Flächenprämien schrittweise ab. Förderung verdienen nur noch gesellschaftlich erwünschte Leis­ tungen für Natur- und Artenschutz, Klima­ schutz, artgerechte Tierhaltung und eine bäuerliche Landwirtschaft. Sorgen Sie da­ für, dass die Landwirtschaft ihre gesetzlichen Pflichten erfüllt – für gute Luft, für intakte Gewässer und für das Klima.

3

Widersetzen Sie sich jedem Versuch, das Umweltrecht der EU zu verwäs­ sern. Wir fordern die Wasserrahmenrichtlinie in der jetzigen Form zu erhalten und ihre Ziele in den Mitgliedstaaten endlich ambitioniert umzusetzen. Sorgen Sie da­ für, dass die Agrar-, die Industrie- und die Energiepolitik den Gewässerschutz för­ dert und nicht konterkariert. Gesundes und sauberes Wasser für alle Menschen in Europa!

4

Mehr Natur statt Flächenversiege­ lung! Das Netz von Schutzgebieten »Natura 2000« benötigt ein Mindestbud­ get. Und die Fördertöpfe für Regionalent­ wicklung, Meer und Fischerei oder die Landwirtschaft müssen stärker der Um­ welt zugutekommen – um Maßnahmen für die biologische Vielfalt (auch solche des BUND) besser belohnen zu können. Als Modell des Biotopverbunds kann das europäische Grüne Band dienen. Stärken Sie zudem das LIFE-Programm, das wich­ tige Projekte zum Schutz der natürlichen Vielfalt fördert.

5

Sorgen Sie für einen guten Umwelt­ zustand unserer Meere! Dafür muss die EU ihre Meeresstrategie und die regio­ nalen Aktionspläne für Nord- und Ostsee engagiert umsetzen. Die maritime Raum­ planung muss Nutzung und Schutz der Natur in Einklang bringen, zugunsten bio­ logisch vielfältiger Meere. Setzen Sie sich für eine ökologische Fischereipolitik ein. Stoppen Sie alle Vorhaben und politischen Initiativen zum Abbau von mineralischen Ressourcen in der Tiefsee.


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6

Bekennen Sie sich zum Pariser Klima­ vertrag. Um die globale Erwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, muss die EU ihr Klimaziel verschärfen und die Treibhausgase bis 2030 (gegen­ über 1990) um 55 Prozent verringern. Da­ für muss der Energieverbrauch von Wirt­ schaft, Haushalten und öffentlicher Hand um 40 Prozent sinken. Auch muss die EU mit mehr Anreizen für eine dezentrale Energiegewinnung aus hundertprozentig erneuerbarer Energie sorgen. Helfen Sie vor allem die Sonnen- und Windenergie schnell, naturverträglich und nachhaltig auszubauen.

7

Reformieren Sie den Euratom-Vertrag, für ein Europa ganz ohne Atomkraft. Sein Ziel darf nicht weiter sein, die Atom­ kraft zu fördern. Und diese darf nicht län­ ger vom europäischen Wettbewerbsrecht ausgenommen werden, weil das den Mit­ gliedstaaten erlaubt, Atomkraftwerke zu begünstigen. Beenden Sie auch die voll­ kommen überzogene Förderung der Atom­ forschung.

8

Wir möchten ein Europa der lebens­ werten Städte, mit einer umwelt- und gesundheitsverträglichen Mobilität im Personen- und Güterverkehr. Sorgen Sie dafür, dass der Energie- und Ressourcen­ bedarf ebenso kontinuierlich sinkt wie der (reale!) Ausstoß von Schadstoffen im Ver­ kehr. Die Mobilitäts- und Energiewende müssen so gefördert werden, dass sie ge­ meinsam den Weg zur emissionsfreien Mobilität der Zukunft weisen.

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FÜR DEN MENSCHEN IM MITTELPUNKT

Das Gebot der Vorsorge muss alle Gesetze des Umwelt- und Verbrau­ cherschutzes prägen. Es darf nicht kurz­ fristigen Wirtschaftsinteressen geopfert werden. Stärken Sie die EU-Chemikalien­ verordnung REACH, damit sie uns besser vor Schadstoffen schützt. Und sorgen Sie für ein weiterhin gentechnikfreies Europa. Auch die neuen Gentechniken bedürfen der Zulassung und Kennzeichnung! Nur so bleibt die Wahlfreiheit für Verbrauche­ rinnen und Landwirte gewährleistet.

Ernst Paul

Dörfler

Wir fordern ein Umdenken in der europäischen Wirtschaftspolitik. Sorgen Sie dafür, dass die EU weniger Rohstoffe verbraucht. Und dass sie trans­ parent über ihre Handelspolitik entschei­ det – im Sinne einer sozial und ökologisch nachhaltigen Entwicklung. Produkte, die in Europa vermarktet werden, müssen ener­ gie- und ressourcenschonend, langlebig und einfach zu reparieren sein. Ökologisch vorteilhafte Produkte müssen durch ent­ sprechende Labels erkennbar sein. Europa muss uns den Weg zu ei­ ner ökologischen Gesellschaft eb­ nen. Der Strukturwandel hin zu einer kli­ maneutralen Wirtschaft ist struktur- und sozialpolitisch abzufedern. Wer in einem Kohlerevier lebt, darf durch das Aus der Kohlekraftwerke nicht abgehängt werden. Auch die Digitalisierung verändert un­ seren Alltag gravierend. Stellen Sie sicher, dass Aspekte wie soziale Gerechtigkeit, menschenwürdige Arbeit und suffiziente Lebensstile dabei im Mittelpunkt stehen.

Ein überraschendes Buch über das Sozialverhalten unserer gefiederten Nachbarn – und eine augenzwinkernde Aufforderung, das eigene Leben hin und wieder aus einer neuen Perspektive zu betrachten. »Eine Liebeserklärung an die Vögel.« SZ Extra Foto: gettyimages, istock

FÜR DEN KLIMASCHUTZ IN EUROPA

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Natur +Umwelt 2 | 19 ›  TITELTHEMA 17

288 Seiten mit Illustrationen. Gebunden Auch als E-Book. hanser-literaturverlage.de


18 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  TITELTHEMA

EUROPAWAHL

DER BUND FRAGT …

Der BUND fordert eine ökologisch und sozial gerechte Landwirtschaft – was mit Blick auf die EU-Agrarpolitik bedeutet: öffentliches Geld nur für öffentliche Leistungen. Zudem fordern wir ein Europa der erneuerbaren Energien, dezentral organisiert und in Bürgerhand.

… und unsere fünf größten demokratischen Parteien antworten. Wer steht für welche Umweltpolitik? Um das herauszubekommen, fragten wir bei den Spitzenkandidat*innen nach.

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Wie sieht Ihre Vision für eine sozial-ökologische EU im Jahr 2030 aus? Und wie kommen wir dorthin?

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KATHARINA BARLEY

ÖZLEM ALEV DEMIREL

Wir fordern die Reform der Gemeinsa­ men Agrarpolitik der EU. Die Agrarförde­ rung soll an Kriterien gebunden werden, die den Menschen in den ländlichen Be­ trieben, den ländlichen Regionen sowie dem Tier- und Umweltschutz zugute­ kommen. Direktzahlungen müssen dem Grundsatz »öffentliche Gelder für öffent­ liche Leistungen« folgen, dabei ist die Größe des Betriebes unerheblich. Flä­ chen mit großem Nutzen für Umwelt und Klima sollen höhere Direktzahlungen er­ halten als Ackerflächen. Landwirte sol­ len künftig für Umwelt-, Klima- oder Tier­ schutzleistungen bezahlt werden, die über dem gesetzlichen Maß liegen.

2030 ist der Kohleausstieg europaweit umgesetzt; bis 2040 wird der Bedarf zu 100 % aus Erneuerbaren gedeckt. Die Energiekonzerne haben wir in Genossen­ schaften und Stadtwerke in Bürgerhand überführt. Kostenfreien ÖPNV in der EU gibt es fast flächendeckend, die größten und schmutzigsten Städte haben bereits 2025 umgestellt, und 60 Prozent der Pendler und Autofahrerinnen sind umge­ stiegen. Die Agrarpolitik ist auf regionale Kreisläufe umgestellt, es gilt das Prinzip »öffentliches Geld für öffentliche Leis­ tungen«. Gefördert werden regionale, ökologische und tiergerechte Formen der Landwirtschaft, in der gute Löhne und Sozialstandards durchgesetzt sind.

SVEN GIEGOLD Die Umwelt- und Natur­ schutzpolitik ist für uns Grüne keine Frage unter vielen, sondern Dreh- und Angelpunkt unserer Politik. Ich selbst war lange in BUND und BUND­ jugend aktiv. Wir machen die europäi­ sche Agrarpolitik zum Wahlkampfthema. Die Subventionierung des Insekten- und Artensterbens mit europäischem Geld muss beendet werden. EU-Gelder soll nur noch jene Landwirte stärken, die die Natur schützen, soziale Standards ein­ halten und das Tierwohl achten. Europa muss klimaneutral werden. Dazu muss die EU die Große Koalition in Berlin zur Einhaltung europäischer Klimagesetze drängen. CO2 benötigt einen Mindest­ preis. Das nutzt Klima und Zukunftsjobs.


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Natur +Umwelt 2 | 19 ›  TITELTHEMA 19

POSITIONEN DER GRÖSSTEN DEMOKRATISCHEN DEUTSCHEN PARTEIEN

MANFRED WEBER

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Mein Europa steht für eine führende Rolle beim Umwelt-, Natur- und Klima­ schutz. Ich setze auch auf erneuerbare Energien und dezentrale Organisation, gerade um auch Anreize zur Einbindung für die Landwirtschaft und Bürger zu schaffen. Beim Klimaschutz will ich ein funktionierendes Emissionshandelssys­ tem und CO2-Budget. Europa braucht eine ökonomisch und ökologisch tragfähige Landwirtschaft. Ich möchte des­ halb die Direktzahlungen zielgenauer auf familiengeführte Betriebe ausrich­ ten: Anreize vor staatlicher Regulierung, Kooperation statt Konfrontation!

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Die Ziele des Pariser Abkommens sind am besten marktwirtschaftlich und technologieoffen zu erreichen. Daher müssen wir den Emissionshandel in der EU auf weitere Sektoren ausdehnen und auch international vorantreiben. Die Landwirtschaft wollen wir durch gezielte Investitionsförderung, smarte Technolo­ gien, Bürokratieabbau und marktwirt­ schaftliche Lieferbeziehungen schritt­ weise unabhängig von Fördermitteln machen und dabei die Erhaltung struk­ tur- und artenreicher Kulturlandschaften sicherstellen.

Grafik: Laëtitia Otal

NICOLA BEER


20 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  TITELTHEMA

KEINE WAHL WIE JEDE ANDERE

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VOTUM FÜR DIE ZUKUNFT EUROPAS

» Die Europawahl bietet die Chance, eine klare Botschaft zu senden.« Jagoda Munic, Geschäftsführerin des BUND-Netzwerks »­ Friends of the Earth Europe«, wirbt dafür, zur Europawahl die Stimme zu erheben. Warum und wofür, schreibt sie hier.

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s ist wirklich ermutigend, wie viele junge Menschen in Deutschland und rund um den Globus aufgestanden sind und auf mehr Klimaschutz drängen. Die Streikenden sagen, was wir alle wissen und die Wissenschaft bestätigt: Bis etwa 2030 bleibt uns noch, um Dürren, Überschwemmungen, extreme Hitze und das Elend Hunderter Millionen Menschen zu begrenzen. Die Jungen stärken damit all jenen den Rücken, die mehr Klimaschutz und Klimagerechtigkeit von den Mächtigen dieser Welt fordern. Gerne würde ich erleben, wie diese frische Energie demnächst von der Straße in die Wahllokale strömt. Viele derer, die an den »Fridays for Future« protestieren, dürfen das neue EU-Parlament noch nicht wählen. Doch haben sie ein Recht auf Zukunft und ein gutes Leben. Wir alle stehen darum in der Pflicht, ihre Botschaft an die Wahlurnen zu tragen.

ES GEHT UM VIEL Trotz aller Skepsis gegenüber der EU und ihrer Politik: Die Europawahl bleibt eine Großübung in Sachen Demokratie. Ihr Er­ gebnis wird Folgen haben für viele unse­ rer Lebensbereiche und Wirkung zeigen über die Grenzen der EU hinaus. Für uns »Friends of the Earth« ist die Europawahl entscheidender denn je. Es geht um viel in den kommenden fünf Jahren. Wir können es uns nicht leisten, diese Wahl als eine ganz gewöhnliche zu behandeln. Im Kampf gegen die Klimakrise dürfen wir keine Zeit mehr verlieren. Darum ist die Prognose so erschreckend, dass die Leugner und Skeptikerinnen dieser Krise Sitze dazugewinnen werden. Zwei Drittel aller Rechtspopulisten im Europaparla­ ment stimmten bisher regelmäßig gegen Maßnahmen für den Klimaschutz. Die Hälfte aller Gegenstimmen bei Beschlüs­ sen für die Energiewende und das Klima kam aus diesem Lager. Wir brauchen am 26. Mai also die Stimmen all derer, die sich um unser Klima sorgen.


Anzeige Natur +Umwelt 2 | 19 ›  TITELTHEMA 21

Foto: FoEE

SUN TIME IS NOW Europa am Scheideweg

Ein Erstarken der rechtsextremen und na­ tionalistischen Parteien hieße auch nichts Gutes für viele unserer (vermeintlich ga­ rantierten) Freiheitsrechte: das Recht auf unabhängige Medien, auf Versammlungs­ freiheit oder Demonstrationen.

GEGEN DEN TREND So erlaubt ein neues Gesetz in Ungarn, regierungskritische Organisationen der Zivilgesellschaft als Risiko für die natio­ nale Sicherheit zu verbieten. Diese Praxis folgt dem Beispiel Russlands, das solche Organisationen gerne zu ausländischen Agenten erklärt und bestraft oder verbietet. In Kroatien wurden Hunderte Prozesse gegen Journalisten und Medien angestrengt, um ihre Berichterstattung zu zensieren. Unsere tschechische Gruppe bekam öf­ fentliche Zuschüsse entzogen, weil sie sich weigerte, ihre Kritik an der staatlichen Abfallpolitik zu beenden. All dies steht für einen Trend, die Zivil­ gesellschaft einzuschnüren, speziell in Osteuropa. Etliche Länder beschränkten und erschwerten die Förderung von Ver­ bänden, griffen bei öffentlichen Protesten rigoros durch und beschnitten das Recht, sich vor Gericht zu verteidigen. Eine ge­ fährliche Entwicklung für die Zukunft der europäischen Demokratie. Das Europa­ parlament kann sich gegen diesen Trend stemmen. Im Falle Ungarns haben die Ab­ geordneten bereits für Sanktionen gegen die Orbanregierung gestimmt.

Wir brauchen neue Abgeordnete, die un­ sere Rechte verteidigen und auf die Forde­ rungen nach mehr Klimaschutz reagieren. Sie werden die Macht haben, Europas Energie- und Abfallpolitik, die Landwirt­ schaft und den Verkehr zu verändern. Sie können helfen, den klimaschädlichen Kohlebergbau und die Zuschüsse für fos­ sile Brennstoffe zu stoppen. Und sie kön­ nen darauf drängen, dass das billionen­ schwere 7-Jahres-Budget der EU eine ge­ rechte Energiewende beschleunigt.

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MENSCHLICH, GRÜN, GERECHT Die Europawahl bietet die Chance, eine klare Botschaft zu senden: Gleichheit, So­ lidarität, Demokratie, Fürsorge für unsere Umwelt und künftige Generationen sowie soziale, ökologische und ökonomische Gerechtigkeit sollten im Zentrum unseres Miteinanders stehen. Damit wir Menschen und unser Planet Vorrang haben vor dem Profit und dem großen Geschäft, benötigt Europa nach der Wahl einen gründlichen Richtungswechsel. Europaweit haben unsere »Friends of the Earth«-Gruppen im Vorfeld der Wahl Diskussionsrunden und andere öffentli­ che Auftritte veranstaltet. Unser gemein­ sames Ziel dabei: Menschen zusammen­ zubringen, um über ihre Visionen eines menschlicheren, grüneren und gerechte­ ren Europas zu sprechen. Und die Bot­ schaft zu verbreiten: Gehen Sie wählen!

Rechtlicher Hinweis: Der Erwerb dieser Finanzanlage ist mit bestimmten Risiken, insbesondere dem Totalverlustrisiko, verbunden. Ausführliche Risikohinweise entnehmen Sie bitte dem Wertpapierprospekt sowie dem Basisinformationsblatt, erhältlich unter greencity.de/ag/solarimpuls


22 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AKTUELLES › Kommentar

KOMMENTAR

GESTALTEN SIE EUROPA Beteiligen Sie sich an der Europawahl – entscheiden Sie mit, an welchen Werten und Zielen sich die EU in den kommenden Jahren orientiert.

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ach vielen blutigen Kriegen zählt die Europäische Union zu den großen Errungenschaften des 20. und 21. Jahrhunderts. Dank dieser Gemeinschaft blicken die meisten von uns heute auf ein Leben in Frieden zurück. Dafür lohnt es weiter zu streiten – auch wenn die großen Visionen der Gründungszeit oft zähen kleinen Schritten gewichen sind. Doch ungeachtet vieler europafeindlicher Stimmen und trotz Brexit (oder gerade wegen seiner chaotischen Folgen für alle Beteiligten): Für den BUND ist das Projekt eines vereinigten Europas weiterhin ein gutes Projekt! Und es ist notwendiger denn je. Denn nur gemeinsam können die Länder Europas die immensen Herausforderungen lösen, vor denen wir heute stehen.

NEUE WERTEGEMEINSCHAFT Mehr europäische Gemeinsamkeit ist nur mit mehr Demokratie zu gewinnen. Konkret: mit einem starken Europaparlament, das – anders als bisher – Gesetze initiieren kann; mit einer transpa­ renteren Gesetzgebung; mit einem Europa, das Minderheiten schützt und offene Grenzen garantiert; und mit einem ­Europa, das eine kritische Zivilgesellschaft und legitimen Protest als Chance für eine lebendige Demokratie begreift, statt sie abzu­ werten oder zu erschweren. Wir wollen diesen Kontinent zu einer natur- und menschen­ freundlichen Wertegemeinschaft vereinen, zu einem Europa der Bürgerinnen und Bürger. Dazu müssen wir künftig ganz anders wirtschaften als bisher: indem wir die Grenzen des Wirtschafts­ wachstums berücksichtigen. Auch eine ambitionierte Umwelt­ politik ist dafür nötig, begleitet von einer Forschungspolitik, in deren Zentrum die Frage steht, wie Europa sozial und ökologisch umgestaltet und fortentwickelt werden kann. Gerade für Umwelt und Natur spielt die EU eine maßgebliche Rolle. Den wenigsten ist ja bewusst, dass 70 Prozent unserer

HUBERT WEIGER ist der Vorsitzende des BUND.

Umweltgesetze in Brüssel entstehen. Es scheint, als entscheide man dort nicht selten sachgerechter, auf Abstand zu den natio­ nalen Lobbyverflechtungen. Denn fast alle Fortschritte der letz­ ten Jahrzehnte haben wir Richtlinien der EU zu verdanken: für die Reinhaltung von Luft und Wasser, die Bewahrung der biologi­ schen Vielfalt, den Schutz vor gefährlichen Chemikalien … Fehlerfrei arbeitet die EU deshalb nicht. So steht ihre Landwirt­ schaftspolitik bis heute unter der falschen Prämisse »Wachse oder weiche«. Dem Geschäftsmodell der Agrarindustrie hat man nicht nur eine Unzahl bäuerlicher Familienbetriebe geopfert, sondern auch das Gros der Artenvielfalt in der Kulturlandschaft. Wie viel fruchtbarer Boden und wie viele Vögel, Frösche oder Schmetter­ linge müssen noch verschwinden, bevor die EU hier umsteuert und endlich Qualität statt Massenproduktion honoriert?

EUROPA MUSS SICH ÄNDERN Ob für eine naturgerechte Landwirtschaft oder für den Schutz des Klimas: Die EU muss ihre Politik rasch den Herausforderungen unserer Zeit anpassen. Dafür braucht sie die richtigen Leute – auch und gerade im Europaparlament. Die Europawahl nächste Woche bietet uns die Chance, für eine bessere Klima- und Natur­ schutzpolitik, eine entschiedene Agrar- und Verkehrswende und eine tatsächlich nachhaltige Entwicklung zu stimmen. Geben Sie Ihre Stimme dafür, dass Mensch und Natur ins Zen­ trum der EU-Politik rücken. Wir als BUND wollen, dass sich etwas ändert. Wir wollen den Aufbruch in ein demokratisches und nachhaltiges Europa – mithilfe einer starken Europäischen Union.

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MEHR ZUM THEMA Mit unserem Dachverband »Deutscher Naturschutzring« werben wir unter der Überschrift #natürlichEuropa dafür, am 26. Mai wählen zu gehen. Mehr dazu unter: www.bund.net/europawahl


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FÜR BIENE, KÄFER, SCHMETTERLING Beteiligen Sie sich an unserer Aktion für die Insekten. Helfen Sie den Käfern auf die Beine, den Schmetterlingen in die Luft! Für eine Landwirtschaft ohne Pestizide, mit vielfältigen Lebensräumen für Biene, Libelle + Co.

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mmer seltener summt und brummt es in der Natur. Eine Langzeitstudie aus dem Jahr 2017 zeigt: Sogar in Schutzgebieten ist die Menge der Fluginsekten in den letzten 30 Jahren um über drei Viertel zurückgegangen. Alle Fachleute sind sich einig: Das dramatische Sterben hat viele Ursachen. Doch hauptverantwortlich sind die industrielle Landwirtschaft und der Verlust natürlicher Lebensräume. Das ist auch der Politik inzwischen be­ wusst. Der »Aktionsplan Insektenschutz« der Bundesregierung ist ein erster Schritt

in die richtige Richtung – im Sommer soll er verabschiedet werden. Eine Chance, die auch ein Risiko birgt. Denn sollte die­ ser Aktionsplan keine eindeutigen Forde­ rungen, Zahlen und Fristen enthalten, wird er scheitern. Beide verantwortlichen Ministerinnen – für die Landwirtschaft Julia Klöckner und für die Umwelt Svenja Schulze – müssen sich jetzt für das Überleben der Insekten einsetzen.

MACHEN SIE MIT •• Schreiben Sie den Ministerinnen, dass Ihnen der Schutz der Insekten am Herzen liegt: In einem Brief, der unsere Forderungen enthalten kann. Oder indem Sie sich an unserer Online-­Aktion beteiligen – unter www.lass-brummen.de •• Sammeln Sie Unterschriften und ­senden Sie uns die Listen bis zum 17. Juni. An den BUND-Bundesverband, Kaiserin-Augusta-Allee 5, 10553 Berlin. Unterschriftenlisten finden Sie unter: www.bund.net/unterschriften •• Abonnieren Sie unseren Newsletter, dann halten wir Sie auf dem Laufenden: www.bund.net/newsletter

•• •• Zudem können Sie unsere Kampagne mit einer Spende unterstützen, auf das BUND-Spendenkonto: DE  43 4306 0967 8016 0847 00 bei der GLS Bank (BIC GENODEM1GLS); Stichwort: »Insekten retten«

WIR FORDERN •• auf zehn Prozent der Agrarflächen Lebensräume für Insekten zu schaffen – mit Hecken, Blühstreifen, artenreichen Wiesen … •• ein Pestizidverbot in Naturschutz- und FFH-Gebieten, in ­besonders wertvollen und ge­ setzlich geschützten Biotopen. •• in Zulassungsverfahren von ­Pestiziden deren Auswirkungen auf Insekten stärker zu berück­ sichtigen. •• ein sofortiges Verbot von Glyphosat in Klein- und Hausgärten sowie auf öffentlich genutzten Flächen; und einen schrittweisen Glyphosat-Ausstieg bis 2021.


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AKTIONEN ›  Regeln für Konzerne 25

REGELN FÜR KONZERNE J

ahrzehntelang verschmutzte der Ölkonzern Texaco in Ecuador Regen­wälder. Giftige Abfallstoffe zerstörten Flüsse und Böden und schädigten die Gesundheit vieler Menschen in der Region. Seit den 1990er Jahren versuchen Betroffene gerichtlich dagegen vorzugehen. Tatsächlich gelang es, den Texaco-­ Nachfolger Chevron in Ecuador zur Zahlung von 9,5 Milliarden Dollar Entschädigung zu verurteilen. Doch das Urteil konnte bis heute in keinem Land vollstreckt werden. Der Grund: Chevron zog einfach sein Geld aus Ecuador ab. Paral­ lel bekam der Konzern von einem internationalen Schiedsgericht 96 Millionen Dollar Schadensersatz zugesprochen – Ecuador habe seine Rechte nicht ausreichend geschützt. Dieser Fall zeigt: Die Weltwirtschaft befindet sich extrem im Ungleichgewicht. Große Unternehmen können ganze Staaten vor internationalen Schiedsgerichten verklagen, wenn sie ihre Profite durch Umweltauflagen gefährdet sehen. Wer dagegen von Um­ weltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen durch multi­ nationale Konzerne betroffen ist (weltweit Millionen Menschen), erhält in den meisten Fällen nicht einmal eine Entschädigung. Deshalb hat der BUND Ende Januar mit über 200 europäischen Organisationen eine Kampagne für eine nachhaltige und gerech­ Anzeige

Aktion des Netzwerks für eine faire Weltwirtschaft

te Weltwirtschaft gestartet. Wir fordern die Abschaffung der um­ strittenen Schiedsgerichte für Konzerne. Diese Gerichte waren einer der Hauptkritikpunkte bei den großen Protesten gegen die Handelsabkommen TTIP mit den USA und CETA mit Kanada, die der BUND unterstützt hat. Außerdem wollen wir Konzerne welt­ weit dazu verpflichten, Umweltstandards einzuhalten und die Menschenrechte zu achten.

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MEHR INFORMATIONEN und die Petition zum Unterzeichnen: www.stopisds.org/de

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26 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  INTERNATIONALES ›  Klimaschutz in Österreich

ERNEUERBARE FÜR EUROPA!

Protestaktion vor der Hauptversammlung des Ölkonzerns OMV.

KLIMASCHUTZ IN ÖSTERREICH

GRÜNE ÖLHEIZUNGEN? Vor einem Jahr deckte unser österreichischer Partner »Global 2000« auf: Eines der größten Industrieunternehmen des Landes hintertreibt die nationalen Klimaziele. Damit hat es nun bald ein Ende. JOHANNES WAHLMÜLLER Klimasprecher von Global 2000

V

erdeckt fördert der Mineralölkonzern OMV den Einbau neuer Ölheizungen mit Millionenbeträgen. 2000 bis 5000 Euro zahlt die Initiative »Heizen mit Öl« für den Einbau neuer Ölheizungen aus. Global 2000 fand heraus: Möglich ist dies

nur, weil OMV den Verein mit Millionen unterstützt. Nach massivem Druck kündigte der Konzern nun an, diese Praxis bis zum Jahresende einzustellen. Zeit wurde es: Während die österreichi­ sche Klimastrategie den Ausstieg aus der Ölheizung zum Ziel erklärt, lief im Radio Werbung für deren Einbau. Haushalte er­ hielten Broschüren, die klimafreundliche Heizsysteme schlechtredeten und üppige Zuschüsse für neue Ölheizungen in Aus­ sicht stellten. Außerdem hieß es tatsäch­ lich, diese Heizungen trügen zum Klima­ schutz bei – obwohl sie ganz besonders klimaschädlich sind.

KLIMAKILLER + KOSTENFALLE Global 2000 bemühte sich um Aufklärung und hielt mit Aktionen und Medienarbeit dagegen. Schließlich gab OMV nach – ein Erfolg für den Klimaschutz und uns alle. Denn die Ölheizung ist Klimakiller und Kostenfalle zugleich: Klettert der Ölpreis wieder auf das Niveau von vor einiger Zeit, fallen pro Einfamilienhaus und Jahr bis zu 1800 Euro zusätzlich an.

Die europäische Bewegung für ­Bürgerenergie hat einen großen Erfolg verbucht. Nach jahrelanger Kampagnenarbeit gelang es ihr, europaweit für jedermann und jede­ frau das Recht zu sichern, erneuer­ baren Strom zu erzeugen, zu spei­ chern und zu verkaufen. Kürzlich verabschiedete die EU dazu eine neue Richtlinie. Nun sind die EUMitgliedstaaten gefordert, dieses Recht umzusetzen. Ein Booklet des BUND-Netzwerks »Friends of the Earth Europe« soll uns alle ­dabei unterstützen, erneuerbaren Energien den Weg zu ebnen. Bürger­energie und 100 Prozent Erneuerbare also bald überall in Europa? Der Weg dahin ist frei! www.foeeurope.org/unleashingpower-community-energy-220319

Der Kampf geht nun weiter: Wir wollen, dass alte Ölheizungen nicht länger gegen neue ausgewechselt werden dürfen. 2018 griff die Stadt Wien als erstes Bundesland unseren Vorschlag auf, bei größeren Sa­ nierungen den Einbau neuer Ölheizungen zu verbieten. Wir hoffen auf zahlreiche Nachahmer. Doch die Ölindustrie versucht wirksa­ me Gesetze zu verhindern. Mit Plakaten und Zeitungsinseraten warb sie für eine »grüne Ölheizung« – die hauptsächlich Palmöl aus Indonesien verfeuert. Offen­ bar ist man bereit, wertvolle Regenwälder zu vernichten, nur um in Österreich weiter Ölheizungen verkaufen zu können. Wir kämpfen deshalb mehr denn je für einen raschen Abschied vom Öl.


Foto: Camille Delbos

Natur +Umwelt 2 | 19 ›  INTERNATIONALES ›  #breakfreefromplastic 27

Aktion vor dem Europaparlament für eine wirksame Richtlinie gegen den Plastikmüll.

PLASTIKMÜLL

EIN ERSTER ERFOLG Der BUND ist mit vielen Partnern von »Friends of the Earth« Mitglied im Netzwerk #breakfreefromplastic – und begrüßt eine neue EU-Richtlinie.

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ber 1400 Organisationen aus aller Welt setzen sich in dem globalen Netzwerk gegen die Plastikverschmutzung ein. Der BUND war in Brüssel vor Ort, bevor das EU-Parlament über das Verbot bestimmter Produkte aus Einwegplastik entschied. Gemeinsam mit Global 2000 (FoE Österreich), Za Zemiata (FoE Bulgarien), Hnuti DUHA (FoE Tschechien) und anderen warben wir für eine starke Richtlinie. Wir sprachen mit Abgeordneten und wiesen öffentlich auf das Ausmaß der Plastikverschmutzung hin. Die neue EU-Richtlinie zielt auf jenen Ab­ fall, der am häufigsten im Meer gefunden wird. Einwegplastik macht mit Fischerei­ gerät mehr als 70 Prozent des Meeres­ mülls aus. Für etliche Plastikprodukte – wie Einweggeschirr und -besteck, Trink­ halme, Wattestäbchen oder Styroporver­ packungen – gibt es längst Alternativen.

Diese Produkte sollen nun ab 2021 verbo­ ten werden. Zudem sollen Warnhinweise und eine Kennzeichnung dafür sorgen, dass man beim Einkauf erkennt, welche Produkte Plastik enthalten. Ferner sollen die Hersteller finanziell dazu beitragen, dass ihre Produkte gesammelt und ver­ wertet werden.

WICHTIGER SCHRITT Die am 27. März vom Europaparlament auf den Weg gebrachte Richtlinie ist ein wichtiger Schritt gegen die gedankenlose Verwendung von Einwegplastik und ge­ gen die Vermüllung der Meere. Beim Jah­ restreffen von #breakfreefromplastic im Juni wollen wir klären, was wir unterneh­ men können, damit die neue Richtlinie von den Mitgliedstaaten nun ehrgeizig in nationales Recht umgesetzt wird. Luise Körner

Die BUND-Expertin für Meeresmüll, Dorothea Seeger, zwischen den Europa-Abgeordneten Martin Häusling (Grüne) und Gesine Meissner (FDP). Rechts steht Frédérique Mongodin vom Bündnis »Seas at Risk«.


28 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  NATUR IM PORTRÄT ›  Pflanzenporträt

PFLANZENPORTRÄT

Blauviolett bis tiefblau präsentieren sich im ­späten Frühjahr und Frühsommer manche trockene Wiesen, sonnige Wegränder oder Böschungen, wenn dort der bis 60 Zentimeter hohe Wiesensalbei (Salvia pratensis) seine in einer langen Ähre stehenden Blüten entfaltet. DR. GERTRUD SCHERF Die Autorin hat mehrere Pflanzenbücher verfasst. Foto: privat

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er Licht und Wärme liebende, aromatisch duftende Lippenblütler stammt wie der verwandte Gartensalbei (Salvia offininalis) aus Südeuropa. Die mehrjährige Pflanze ist an trockene Standorte angepasst durch Verdunstungsschutz (runzelige Blätter, Behaarung von Stängel und Blattunterseite, ätherisches Öl) und die bis zu einem Meter lange Pfahlwurzel. In Bayern hieß es mancherorts, man kön­ ne mithilfe des Wiesensalbeis Mäuse ver­ treiben, wenn man ihn am 4. Juli, dem Ge­ denktag des heiligen Ulrich, des Helfers bei Mäuse- und Rattenplagen, ins Haus bringt – vor Sonnenaufgang und ohne da­ bei von jemandem angeredet zu werden. Schwächer in Geschmack und Wirkung als der Gartensalbei, hat der Wiesensal­ bei keine arzneiliche und nur geringe kuli­ narische Bedeutung (junge Blätter spar­ sam dosiert als Würze). Eine gewisse Berühmtheit er­ langte der Wiesensalbei durch seinen interessanten Bestäu­ bungsmechanismus. Um die Fremdbestäubung zu fördern, lässt er nur ausgewählte Be­ sucher zum Nektar vordringen, der tief in der Blütenröhre ver­ borgen ist. Die Insekten lan­ den auf der Unterlippe und fin­ den den Zugang zum Nektar durch eine Platte versperrt, die von den unteren Teilen der bei­ den Staubblätter gebildet wird. Käfer und Fliegen müssen unbe­ wirtet abziehen. Dagegen haben Bienen, insbesondere Hummeln, ei­ nen bis zum Nektar reichenden Rüs­ sel und sind kräftig genug, mit ih­ rem Kopf die Platte nach hin­ ten zu drücken. Dadurch klap­ pen die oberen Enden der

Staubblätter nach unten, und die Staub­ beutel laden Pollen auf den behaarten ­Rücken des Besuchers. Landet dieser an­ schließend auf einer älteren Blüte – dort hängt der Griffel weit herab – so streift er mit dem Rücken die Narbe und bestäubt sie. Der Wiesensalbei, eine Pflanze der Kalkmagerrasen und Halbtrockenrasen, steht auf der Vorwarnliste der Roten Liste gefährdeter Pflanzen Deutschlands (2018). Die noch immer als »häufig« ein­ gestufte Art ist durch Nährstoffeintrag aus der Luft und durch Düngen von mage­ rem Grünland betroffen. Auch die arbeits­ sparende Mulchmahd, etwa an Dämmen oder Straßenrändern, führt zu Nährstoff­ anreicherung. Ein Halbtrockenrasen kann sich bei zweischüriger Mahd und zurückhaltender Düngung zu einer artenreichen Wiesen­ gesellschaft entwickeln, der Salbei-­Glatt­ haferwiese. Diese sagt auch weiteren Tro­ ckenheits- und Magerkeitsanzeigern zu, wie Karthäusernelke, Margerite, Knolliger Hahnenfuß oder Wundklee. Artenreiches Grünland hat eine große ökologische und kulturelle Bedeutung, ist aber auch besonders gefährdet, vor allem trockene und magere Standorte. Diese bieten auch vielen Tieren – beispielswei­ se Eidechsen, Wildbienen und Tagfaltern – Lebensmöglichkeiten. Der BN fordert verstärkte Schutzanstrengungen, darun­ ter die gezielte Förderung von Landwir­ ten, die diese wertvollen Flächen extensiv und naturschonend bewirtschaften.

BUCHEMPFEHLUNG Dr. Gertrud Scherf Wildpflanzen neu entdecken. Mit Illustrationen von Claus Caspari blv-Verlag, 18 Euro

Zeichnung: Claus Caspari; aus »Wildpflanzen neu entdecken«, BLV Buchverlag

WIESENSALBEI


GERETTETE LANDSCHAFT Die Mertinger Höll mit ihren 1200 Hektar ist eines der letzten ursprünglichen Wiesengebiete im schwäbischen Donau­ried, mit überregionaler Bedeutung für Kiebitz, Bekassine, Braun- und Blaukehlchen. Die BN-Kreisgruppe Donau-­Ries sorgt auf den eigenen, in langjähriger finanzieller Anstrengung erworbenen 140 Hektar für die Dynamik und Artenvielfalt der Riedlandschaft. Sie mäht die extensiven Wiesen, schützt Feuchtgehölze und legt flache Mulden an. Arten im Ried gewährleisten.

Foto: Klaus Leidorf

Ein Netz von Trittsteinbiotopen soll den Austausch der


30 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  NATUR IM PORTRÄT ›  Freunde der Frösche

Foto: Getty Images / GlobalP

GERETTET! ABER WIE LANGE NOCH? Es ist die größte Artenschutzaktion in Bayern: Die alljährliche Amphibienrettung des BUND Naturschutz. Geschätzt 500 000 bis 700 000 Kröten, Frösche und Molche werden so jedes Frühjahr vor dem Tod auf der Straße bewahrt.

I

n den ersten frostfreien Nächten machen sich jedes Jahr die ersten Amphibien auf den Weg zu ihren Laichgewässern. Für die rund 6000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des BN in ganz Bayern heißt dann schnell sein: Innerhalb kürzester Zeit müssen sie den Aufbau von Schutzzäunen schaffen. Unterstützt werden die Ehrenamtlichen dabei von Straßenbaubehörden, Gemeinden und Landschaftspflegeverbänden. Danach kontrollieren die BN-Aktiven die Übergänge, solange die Wanderung an­ dauert – auch bei Wind und Regen, denn die Tiere bevorzugen regnerische Nächte für ihre Wanderung. Die Tiere in den Fangeimern bringen sie dann sicher über die Straße, so dass sie den Weg zu ihren Laichgewässern fortsetzen können. Aber so schön es ist, dass jedes Jahr

Hunderttausende Amphibien auf diese Weise gerettet werden können: Die Helfe­ rinnen und Helfer stellen immer häufiger fest, dass frühere Allerweltsarten wie der Grasfrosch seltener in den Fangeimern zu finden sind. Die Ursachen sind vielfältig: Nicht nur auf der Straße droht den Amphi­ bien der Tod, auch durch die Intensivie­ rung der Landwirtschaft mit dem Rück­ gang an feuchten Wiesen und Weiden so­ wie trocken fallenden Laichgewässern und dem Insektensterben sind sie in Gefahr. Ein Beispiel von vielen im Freistaat: der Landkreis Neu-Ulm. Hier betreut der BUND Naturschutz neun Amphibien­ schutzzäune. Über 40 ehrenamtliche Hel­ ferinnen und Helfer waren über vier Wo­ chen täglich morgens und teilweise abends an den Übergängen. An einem Übergang zwischen Pfuhl und Thalfingen

ist ein stabiler Bestand von über 700 Am­ phibien in den vergangenen drei Jahren auf unter 200 gesunken. Ursache ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die massive forstwirtschaftliche Nutzung in den an­ grenzenden Privatwäldern. Hier wurden mit Einsatz schwerer Maschinen großflä­ chig alte Eichenbestände gefällt. Bei der­ artigen Einsätzen werden die Tiere durch die entstehende Bodenverdichtung in ih­ ren Winterquartieren erdrückt.

PESTIZIDE UND STRASSENBAU: PROBLEME FÜR FROSCH & CO Auch in anderen Regionen beobachten die Helferinnen und Helfer mit Sorge, wie die Landschaft zunehmend ungastlicher für Amphibien wird, zum Beispiel im Land­ kreis Main-Spessart: »Die Zerschneidung der Landschaft durch Straßen und der Verlust von Kleingewässern, Brachflä­ chen und Saumstrukturen machen den Amphibien massiv zu schaffen«, berich­ tet Norbert Hörning, Vorsitzender der BN-­ Ortsgruppe Retzbach/Zellingen. Im Landkreis Amberg-Sulzbach hatte der BUND Naturschutz neun Amphibien­ schutzzäune aufgebaut und war mit rund 40 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer am Werk. So konnten etwa 6000 Amphibi­ en gerettet werden. Die Tendenz ist auch hier rückläufig. Peter Zahn, Vorsitzender der Kreisgruppe Amberg-Sulzbach, sieht einen weiteren Grund dafür: »Der umfang­ reiche Einsatz von Pestiziden trägt eben­ falls zum allmählichen Verschwinden un­ serer Amphibien bei. Auch für unsere Am­ phibien ist es wichtig, dass die Inhalte des Volksbegehrens zur Artenvielfalt nun ins bayerische Naturschutzgesetz aufge­ nommen werden.« UWE FRIEDEL

Foto: Ursula Lengdobler

GROSSE TATEN FÜR KLEINE WANDERER


Foto: Carola Gaar

So sieht die Arbeit der Amphibienretter aus: Die Tiere einsammeln, oft auch zählen und bestimmen, und dann sicher auf die andere Straßenseite bringen.

Fotos (3): Thomas Stephan

Natur +Umwelt 2 | 19 ›  NATUR IM PORTRÄT ›  Freunde der Frösche 31

Bild oben: In Dinkelsbühl tauchte in diesem Jahr die seltene Knoblauchkröte an einem Übergang auf. Bild unten: Der BN bittet jedes Jahr die Autofahrer um Vorsicht an den Übergängen.

•• die Erhaltung aller naturnahen Gewässer und Feuchtbiotope sowie des Feuchtgrünlandes in Bayern, •• die Wiederherstellung der natürlichen Auendynamik an bayerischen Flüssen in Verbindung mit natürlichem Hoch­ wasserschutz, •• das Belassen von breiten Uferrandstreifen an stehenden und fließenden Gewässern, •• das Verbot von Glyphosat und ein deutlich verminderter Einsatz anderer Pestizide, •• die Berücksichtigung der Auswir­ kungen auf Amphibien im Zulassungsverfahren neuer Pestizide,

•• eine finanzielle Förderung für Land­ kreise und Kommunen beim nachträglichen Einbau von Amphibienschutzanlagen an Kreisstraßen und Ortsverbindungsstraßen, •• Erleichterung der Amphibienwanderun­ gen durch bessere Vernetzung ihrer Lebensräume (Biotopverbund), •• Reduzierung des anhaltend hohen Flächenverbrauchs in Bayern, •• als langfristig wirksame und notwendige Maßnahme eine ambitionierte Klimaschutzpolitik der bayerischen Staatsregierung.

Foto: Getty Images/JensGade

ZUM SCHUTZ DER AMPHIBIEN IN BAYERN FORDERT DER BN


Fotos: Ralph Frank

32 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  NATUR IM PORTRÄT ›  Fischotter

Ist neuerdings wieder ins Fadenkreuz geraten: der Fischotter, der in Bayern schon einmal ausgerottet war.

SCHUTZ FÜR BEDROHTE ARTEN

DER FISCHOTTER – EIN SÜNDENBOCK? »Fischotter bedrohen Existenz von Teichwirten!« So oder so ähnlich war es oft in den Medien zu hören oder lesen. 2018 hat der Landtag nun beschlossen, in besonderen Einzelfällen die Tötung von Fischottern zu erlauben. Der BN wird das aus guten Gründen nicht hinnehmen.

F

akt ist: Wo der Fischotter vorkommt, frisst er Fisch. Aber nicht nur. Im und am Wasser lebt allerlei Getier: Fische, Krebse, Frösche, Molche, Schnecken, Muscheln, Vögel, Ratten, Mäuse und Insekten. Fischotter fressen davon, was sie fangen können, also zuerst die langsamen, schwachen oder kranken Tiere. Langsame Fische ohne ausgeprägtes Feindbild schwimmen auch in Fischteichen. Ein gefundenes Fressen für hungrige Fischotter! Da darf es dann auch mal mehr sein als die 500 bis 1000 Gramm, die sie täglich zum Le­ben brauchen. Fakt ist aber auch: Die Teichwirtschaft ist nicht etwa durch den Fischotter in ihrer Existenz bedroht. Stagnierender Karpfen­ konsum, sinkende Preise für in Deutsch­ land produzierte Fische, Konkurrenz durch die marine Fischzucht, hoher Im­ portdruck und gute Arbeitsplätze außer­ halb der Teichwirtschaft sind die wahren Gründe für die Probleme der Teichwirte. Das bayerische Landwirtschaftsministeri­


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  NATUR IM PORTRÄT ›  Fischotter 33

um hat gemeinsam mit Teichwirten, Na­ turschutzverbänden, Jägern und anderen Beteiligten einen Fischottermanagement­ plan abgestimmt und 2013 veröffentlicht. Darin werden Zuschüsse für den Bau von Abwehrzäunen, Ausgleichszahlungen für Fischverluste und ein Netz von Otterbera­ tern als drei »Säulen« des bayerischen Fisch­ottermanagements festgeschrieben. Die Ausgleichszahlungen gibt es seit 2016. So wurden 2016 vom Freistaat Bay­ ern 224 000 Euro ausbezahlt, 2017 circa 500 000 Euro, was in etwa der Hälfte der angemeldeten Schäden entsprach. Trotzdem wird nun massiv Stimmung gegen die Otter gemacht. Der Landesfi­ schereiverband zieht sogar gegen den Fisch­ otter in Fließgewässern zu Felde. Dort kommen Fische und Fischotter aber schon seit Hundertausenden von Jahren gemeinsam vor. Dass es dem Fischbe­ stand in vielen Bächen und Flüssen heute schlecht geht, liegt an Verbauung, Stau­ stufen und Verschmutzung, das heißt am Menschen, und wahrlich nicht am Fisch­ otter.

ABSCHÜSSE BRINGEN NICHTS Die Fischerei hat nun erreicht, dass der Managementplan um eine vierte »Säule« erweitert wurde: die »Entnahme«, sprich: die Tötung von Fischottern. In den Land­ kreisen Cham, Tirschenreuth und Schwan­ dorf soll sie nun »punktuell« erprobt wer­ den. Klingt einfach, ist aber alles andere als eine Lösung: Der Abschuss einzelner

Fischotter bringt nichts, weil frei gewor­ dene Reviere sofort wieder von Jungtie­ ren oder reviersuchenden Einzeltieren be­ setzt werden. Es gibt sogar Hinweise, dass Abschüsse verstärkte Wanderbewe­ gungen verursachen und damit noch mehr Schäden. Wer dem Fischotter kei­ nerlei Fisch zugesteht, muss klar sagen, dass er die Tierart wieder ausrotten will – alles andere ist Augenwischerei!

WIE DIE PROBLEME LÖSEN? Der BN setzt sich für eine bessere finan­ zielle Grundförderung der naturnahen Teich­ wirtschaft ein, für eine Erhöhung des Entschädigungsfonds und für ein so­ genanntes Otterbonusmodell, um die Ko­ existenz unbürokratischer zu machen. Dabei handelt es sich um ein Kombinati­ onsmodell aus Vermeidung und entweder pauschalem oder einzelfallbezogenem Schadensausgleich. Auch kämpft der Verband seit Jahrzehnten für die Renatu­ rierung von Fließgewässern und damit für mehr Fischreichtum. Denn: Fisch­otter su­ chen Fischteiche deutlich seltener auf, wenn die angrenzenden Flüsse und Bä­ che fischreich sind. Als weitere Schutzmaßnahmen haben sich bei Forellenteichen Zäune bewährt. Nur für große Karpfenteiche sind sie kei­ ne Lösung. Hier hat jedoch die Struktur­ vielfalt der Teiche einen hohen Einfluss: Je mehr naturnahe Flachwasser- oder Schilfzonen am Ufer, umso mehr Ver­ steckmöglichkeiten für die Fische. In be­

In seinem Element: Im Wasser bewegt sich der Fischotter schnell und geschickt.

SCHLÜSSELPOSITION FÜR BAYERN Der Fischotter (Lutra lutra) gehört zu den heimischen Marderarten und war früher in allen geeigneten Gewässern verbreitet. Doch nur am äußersten Rand des Frei­staates – vor allem in der Oberpfalz und im Bayerischen Wald – entkam er der staatlich verord­neten Ausrottung im 19. Jahrhundert. Dank Jagdver­ bot und besserer Gewässerqualität breitet er sich von dort allmählich wieder Richtung Westen aus und hat inzwischen vor allem Ostbay­ ern bis zur Salzach wiederbesie­ delt. E ­ xperten hoffen, dass die bayerische Population langfristig dazu beiträgt, die mitten in Europa ­klaffende riesige Verbreitungs­ lücke des Fischotters zu schließen. Sie teilt die europäischen Vor­kommen bisher in eine östliche und eine westliche Population. sonderen Ausnahmefällen kann eine Ver­ grämung geprüft werden, etwa mit Duft­ stoffen. Sollte jedoch der Abschuss eines Fischotters in Bayern genehmigt werden, wird der BN mit rechtlichen Mitteln dage­ gen vorgehen. Denn Fakt ist: Der Fisch­ otter ist eine nach EU-Recht streng ge­ schützte Tierart. Seine »Entnahme« ist nur möglich, wenn die Art selbst unge­ fährdet ist, keinerlei Alternativen gegeben sind und die verursachten Schäden ur­ sächlich existenzbedrohend sind. Das al­ les ist beim Fischotter nicht der Fall. Angesichts des dramatischen Rück­ ganges der Artenvielfalt sollten wir dank­ bar sein, dass wenigstens einzelne Arten dank Jagdverbot wieder zunehmen und ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet zu­ rückerobern. Wenn sich dort inzwischen der Mensch breitgemacht hat und es da­ durch zu Konflikten kommt, muss und kann das intelligent gelöst werden. Christine Margraf (ht)


34 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  NATUR IM PORTRÄT ›  Der Schatz im Silbersee

Blick über den Silbersee auf die Halbinsel Scharrau (Foto: H.-J. Conrad)

EUROPÄISCHES SCHUTZGEBIET

DER SCHATZ AM SILBERSEE Mitten in ein über­regional wertvolles Schutzgebiet am Rhein erlaubt die Gemeinde Bobenheim-Roxheim ein Hotel zu bauen. Ihr Bebauungsplan ist genehmigt, nur eine Klage des BUND kann das Großprojekt noch verhindern.

V

or drei Jahren erschien ein Band über die »100 besten Vogelbeobachtungsplätze in Deutschland«. Er würdigt Silbersee und Roxheimer Altrhein als »eines der größten und interessantesten Beobachtungsgebiete in Rheinland-Pfalz«. Tatsächlich ist der See mit den benachbarten Altwassern und Kiesseen das landesweit wichtigste Rastgebiet für durchziehende und überwinternde Wasservögel – und auch für etliche Brutvögel von herausragender Bedeutung. Ob all dies für das mehrfach geschützte Refugium in der Metropolregion Rhein-Neckar auch in drei Jahren noch gilt?

WINTERGÄSTE UND EXOTEN Mitte März, am alten Rhein bei Roxheim: Nur wenige Meter sind wir gelaufen, da fliegt am Ufer ein Eisvogel auf. In die Rufe von Grün- und Grauspechten, das Pfeifen der Stare und das Flöten der Singdrosseln

mischen sich plötzlich exotische Töne: Zwei schlanke grasgrüne Halsbandsittiche landen in einer Weide – die ursprünglich rein städtischen Vögel dehnen seit einiger Zeit ihren Aktionsradius aus. Wie hier überhaupt viel fremdartiges Geflügel unterwegs ist: Ein Paar Nilgänse führt be­ reits sechs Junge. Und auf einer Sand­ bank ruhen neben Kanadagänsen auch vier Schwanengänse. Später bekommen wir einen Eindruck der zahlreichen Wasservögel, die Winter für Winter am Silbersee rasten. Etliche Hundert Blässhühner schwimmen hier noch, dazu ein halbes Dutzend Entenarten, Zwerg- und Haubentaucher, Gänsesäger, Möwen ... In den kahlen Pappeln am Ufer bessern Kormorane und Graureiher wohl bald ihre Nester vom Vorjahr aus. Nur das Kieswerk am Westufer und die nahe gele­ gene Autobahn sorgen dafür, dass es nicht zu idyllisch wird.


Silbersee

nter

Winterliche BUND-Exkursion am Silbersee

Foto: Anette Wi

BobenheimRoxheim

Schmid

Scharrau

Foto: Lennart

Fauna-Flora-Habitate (EU) Naturschutzgebiet Vogelschutzgebiet (EU)

Knoblauchkröte (oben), Kammmolch und die wiederangesiedelte Europäische Sumpfschildkröte gehören zu den bedrohten Arten rings um den Silbersee.

GEFÄHRDETES REFUGIUM Doch idyllisch genug, um hier Millionen in eine Hotelanlage zu investieren. Doris Stubenrauch, die Vorsitzende der BUNDKreisgruppe Rhein-Pfalz, deutet zur Halb­ insel Scharrau. Um ein leerstehendes Her­ renhaus gruppieren sich verfallene Hof­ gebäude und einige Bäume. Hier soll ein Tagungs- und Wellnesshotel mit 120 Zim­ mern und allem Pipapo entstehen. Zwei ansässige Sportvereine will man dafür nordwärts verlegen, an einen bisher kaum gestörten Uferstreifen. Gleichzeitig plant die Gemeinde den Kiosk am Südstrand des Silbersees auszubauen und einen Parkplatz zu erweitern. Mit der relativen Ruhe wäre es damit vorbei. Vor allem gegen das Hotel wehren sich der BUND und alle lokalen Umweltverei­ ne. Denn es läge im Zentrum eines Ver­ bundes von Schutzflächen: inmitten eines europäischen Vogelschutzgebietes und umschlossen von einem FFH- sowie meh­ reren Naturschutzgebieten. Was heute der Natur noch als Rückzugsraum in der dicht besiedelten Rheinaue dient, geräte

flächendeckend und ganzjährig unter Druck. Schon heute drängen an warmen Tagen viele Erholungssuchende ins Ge­ lände. Doch nach Sonnenuntergang und im Winterhalbjahr kehrte am Silbersee bisher Ruhe ein.

ERHEBLICH GEFÄHRDET Wie nun ist es möglich, dass ein Gemein­ derat derart folgenreich in ein landesweit bedeutsames, von der EU anerkanntes Schutzgebiet eingreifen kann? Ein Gebiet, für das ein »Verschlechterungsverbot« gilt, mitsamt der Maßgabe, es im Sinne seiner Schutzziele zu entwickeln? Nun – die Ge­ meinde beruft sich auf ein Gutachten. Demnach sei von dem Hotel keine erheb­ liche Beeinträchtigung zu erwarten. Doris Stubenrauch schüttelt den Kopf: »Hier wird ein Naturjuwel dem Kommerz geopfert. Das Hotel würde eine tiefe Kerbe hauen bis ins Zentrum des Vogelschutzgebietes und es damit dauerhaft entwerten.« Um den aus ihrer Sicht rechtswidrigen Bebauungsplan zu kippen, hat der BUND Rheinland-Pfalz eine Anwaltskanzlei ein­

geschaltet und (unterstützt vom NABU) Klage erhoben. Eigene Untersuchungen ergaben nämlich: Der geplante Betrieb des Hotels würde sich sehr wohl »erheblich« negativ auswirken, vor allem auf die ruhe­ bedürftigen Rastvögel im Winter. Und so­ mit verstieße der Plan klar gegen das europäische Naturschutzrecht. Leidtragende des neuen Hotels wären auch die Anwohner. Ihr bislang beschau­ liches Naherholungsgebiet dürfte zur ­Kulisse verkommen für diverse Outdoor-­ Aktivitäten der Hotelgäste. Und die im Be­ bauungsplan geschätzte Verkehrsbelas­ tung auf der einzigen (schmalen) Zufahrt ist augenscheinlich viel zu niedrig ange­ setzt. Doris Stubenrauchs Fazit: »Die Ge­ meinde hat hier öffentliche Belange den Interessen eines Investors geopfert.« Bis Ende Mai hat die Gegenseite nun Zeit, die detaillierten Einwände zu entkräf­ ten. Und das dürfte ihr schwerfallen. Der BUND ist vorläufig optimistisch, die wert­ volle Natur rund um den Silbersee dauer­ haft retten zu können. Severin Zillich


Bedroht Über Jahrhunderte war die Rauchschwalbe ein enger Begleiter des Menschen. In den letzten Jahren ist ihre Zahl merklich gesunken, die Rauchschwalbe gilt inzwischen bundesweit als gefährdet. Stück für Stück rauben ihr industrielle Landwirtschaft und Flächenversie­gelung, was sie zum Leben benötigt: offene Ställe und Scheunen, in denen sie brüten kann; fliegende Insekten, von denen sie sich ernährt; und lehmige Pfützen, aus denen sie ihr Nistmaterial gewinnt.


Foto: blickwinkel/M. Woike


Foto: B. Weinbecker

Foto Sandregenpfeifer: Kretzschmann

38 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  URLAUB & FREIZEIT ›  Reise Pellworm

Bei einer Wanderung im Watt lassen sich viele Zug­vögel beobachten, zum Beispiel der Sandregenpfeifer.

UMWELTFREUNDLICH REISEN

WO ZUGVÖGEL RASTEN Barfuß durchs Watt, die steife Brise um die Nase, das Vogelkundebuch immer dabei – auf der Reise auf die Nordseeinsel Pellworm kann man das alljährliche Schauspiel des Vogelzugs beobachten.

W

eicher, kühler Schlick quillt zwischen unseren Zehen hervor, als wir den Meeresboden betreten. Hier, wo bei Flut das Wasser zwei Meter hoch steht, spazieren wir über gerippten, feuchten Sand. Wir erkennen Austernfischer, Knutt und Löffler. Und ist das dort nicht eine Pfuhl­ schnepfe, die Rekordhalterin im Langstre­ cken-Non-Stop-Flug? Geruch von Seetang steigt in unsere Nasen, wir spüren die run­ den Herzmuscheln unter unseren Fuß­ sohlen. »Eine Wattwanderung ist ein sinn­ liches Erlebnis«, sagt Steffen Kämpfer, ­Ornithologe und unser Reiseleiter. »Wer über seine Augen, Ohren und Füße das Watt erlebt, der erfasst so richtig seine Rolle im Leben der Zugvögel.« Kaum zu glauben: Höher als im Regen­ wald ist hier die Produktion von Biomas­ se. Muscheln, Wattwürmer und Fische ­haben sich an die Extreme von Hoch- und Niedrigwasser angepasst und gedeihen in große Mengen. Sie bilden das Schlem­ merbüffet für die Migranten der Lüfte, die sich hier Reserven anfressen für die nächste Etappe in die Überwinterungsge­ biete im Süden. Wattenmeer und Vogelzug bilden das Themenherz unserer Reise nach Pell­ worm. Auf Radtouren quer über die Insel sehen wir, dass hier extensive Landwirt­

schaft stattfindet, die Salzwiesen gar un­ bewirtschaftet bleiben. Viele Bodenbrü­ ter, im Binnenland immer chancenloser, finden hier Lebensraum, so wie die Ufer­ schnepfe oder der Rotschenkel. Die höchste Erhebung Pellworms ist sein Leuchtturm. Der Wärter dort erzählt uns, gewürzt mit dem trockenen Humor des Nordens, Geschichten vom Leben der Insulaner, früher und heute. Auch Emmy Jensen, die »Himmelsmalerin«, kennt Pellworm wie kaum ein anderer. In ihren Aquarellen fängt sie kunstvoll das Wech­ selspiel von Sonne und Wolken ein, die die Nordseelandschaft in eine einzigarti­ ge Stimmung tauchen. Ein Ausflug mit dem Boot bringt uns an die Seehundbänke heran. Aus gebühren­ dem Abstand beobachten wir die Tiere. »Die Bestände haben sich in den vergan­ genen 30 Jahren sehr gut erholt«, weiß unser Reiseleiter. Sie sind der Beweis für den Erfolg hartnäckiger Schutzbemühun­ gen. Ein Highlight ist der Besuch einer der Halligen, deren Sommerdeich bei Sturm­ flut überspült wird. Starke Nerven brau­ chen die Bewohner, wenn dann die Nord­ see ihre Häuser umtobt! Ein unvergesslicher Moment ist unsere abendliche Wattwanderung. Obwohl die Sonne längst untergegangen ist und die Sterne am Himmel stehen, herrscht im Watt Trubel. Flattern und Rufe verraten uns, dass Nahrungsaufnahme und Kom­ munikation bei den Vögeln im vollen Gan­ ge ist. Wir sind nur stille Besucher und lauschen ins Dunkel hinein. Und spüren: Nicht Tag und Nacht bestimmen hier den Herzschlag des Lebens, sondern das ewi­ ge Kommen und Gehen von Ebbe und Flut. Lucia Vogel

REISEDATEN 15. – 22. September 2019 Infos zu Reisepreis und Anmeldung BUND-Reisen, ReiseCenter am Stresemannplatz Stresemannplatz 10, 90489 Nürnberg Tel. 09 11/ 5 88 88-20 / Fax -22 www.bund-reisen.de


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  URLAUB & FREIZEIT ›  Wanderung 39

INFOS ZUR WANDERUNG

Foto: Heinz Gibowsky

•• Ausgangspunkt: Parkplatz 600 m nördlich des Weilers »Fußberg­ moos« (ca. 3 km nördlich der S-Bahn-Haltestelle Gernlinden) •• Länge / Gehzeit: 3 – 6 km •• Wegcharakter: Teils befestigte Wald- und Wiesenwege, eben •• Einkehr: Entlang des Weges keine

Wo sich die Natur ein Stück Moor zurück­ holen darf: Blick ins Palsweiser Moos.

GERETTETE LANDSCHAFTEN ENTDECKEN

ZURÜCK ZUR NATUR In früheren Zeiten war der Norden Münchens von einem Halbmond von Moorgebieten ein­ gefasst. Heute sind davon nur noch Reste übrig, die an einigen Stellen mit viel Arbeitseinsatz renaturiert werden.

E

ines davon ist das Palsweiser Moos sowie das Fußbergmoos an der Landkreisgrenze Dachau /Fürstenfeldbruck – trotz der zwei Namen ein einheitliches und relativ großes Niedermoorgebiet mit zwei verschiedenen »Türschildern«. Auf der Fürstenfeldbrucker Seite betreibt der LBV ein Beweidungsprojekt mit urigen Heckrindern, während der BN sowohl im Dachauer als auch im Brucker Teil auf die Wiederherstellung ursprünglicher Lebensräume durch Entbuschung, Mahd und Wiedervernässung setzt. Der BN konnte dort dank des Vermächt­ nisses von Josef Koller und mit Unterstüt­ zung des Bayerischen Naturschutzfonds etliche Streifen ankaufen und andere da­ zupachten. In zähen Verhandlungen be­

müht er sich um weitere Flächen, auch um große, offene Gebiete für die bedroh­ ten Wiesenbrüter anzulegen. Die Renaturierung kommt gut voran, auch dank der Unterstützung einiger Bi­ ber, die sich kaum davon be­irren lassen, dass Bauern ihre Dämme immer wieder wegreißen, vor allem aber dank des gro­ ßen Einsatzes von Heinz Gibowsky, der dort seit 2013 als Projekt­ koordinator nicht nur »koordiniert«, sondern unermüd­ lich selbst Hand anlegt, Mäharbeiten und Entbuschungen durchführt, Tümpel bag­ gern lässt, fast verschwundene Pflanzen wiederentdeckt und ihnen optimale Be­ dingungen verschafft. Überraschend zügig schreitet die Rena­ turierung voran. Das deckt sich mit den

Erfahrungen, die der Freilandbiologe Pro­ fessor Jörg Pfadenhauer bei den Kendl­ mühlfilzen gemacht hat: »Was weg ist, ist für immer verloren, aber was noch da ist, kommt relativ schnell wieder, sobald die Bedingungen dafür wieder da sind.« Wer dem Moos bei einem Spaziergang bei seiner Renaturierung zuschauen will, beginnt am besten beim Wanderpark­ platz Fußbergmoos: dort, wo der unge­ teerte Fahrweg einen scharfen Knick nach links macht. Einen Rundweg gibt es nicht, stattdessen gehen wir in Verlänge­ rung des Fahrwegs geradeaus ins Moos hinein, bis der Weg nach rechts abzweigt, und bleiben auf diesem Weg, bis er recht­ winklig nach links abknickt. Dort können wir weitergehen, bis das Moor erkennbar in Agrarland übergeht. Kurz vor Schluss liegt rechter Hand eine Fläche, die dem BN gehört und wo Gibowsky gerade einen größeren Tümpel anlegt. Statt strammem Wandertempo ist hier eine gemächliche Gangart mit Fernglas und Fotoapparat angesagt. Hunde sind unbedingt an der kurzen Leine zu führen, denn ein einziger freilaufender Hund kann eine ganze Wiesenbrüter-Generation ver­ nichten: Die Elternvögel flüchten aus gro­ ßer Distanz, und bis sie zurückkehren, sind die Eier ausgekühlt. Deshalb bitte auch nicht querfeldein gehen! Winfried Berner, Ulrike Rohm-Berner


40 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND

AUS DEM VERBAND

Foto: Toni Mader

Verleihung der Bayerischen Naturschutzmedaille – von links: BUND-Vorsitzender Hubert Weiger, stellvertretende BN-Vorsitzende Doris Tropper, Miriam und Peter Wohlleben, BN-Vorsitzender Richard Mergner, stellvertretender BN-Vorsitzender Sebastian Schönauer

BN EHRT PETER WOHLLEBEN MIT NATURSCHUTZMEDAILLE Seine Bücher haben bei vielen Menschen neues Interesse am Wald und dem Leben der Bäume geweckt. Für sein Wirken verlieh der BUND Naturschutz dem Förster und Bestsellerautor Peter Wohlleben im März in Bamberg die Bayerische Naturschutzmedaille. Ganz bewusst hatte der BN als Ort für die­ se Ehrung Bamberg gewählt, um auf die wertvollen Buchenwälder im Steigerwald aufmerksam zu machen. Der Verband setzt sich seit langem für die Einrichtung eines Nationalparks im nördlichen Stei­ gerwald ein. »Wir freuen uns ganz besonders, dass der Wald durch Ihr Wirken einen neuen Stellenwert bekommen hat«, betonte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger bei seiner Laudatio. Die Deutschen, so Wei­ ger, hätten eine tiefe Beziehung zu ihren

Wäldern. Auch die Geschichte des Natur­ schutzes dokumentiere dies. Doch der Einsatz für den Schutz der Wälder sei oft sehr konfliktbelastet. Nicht selten über­ wiege kurzfristiges Denken, so Weiger, und der Wald werde »maschinengerecht hergerichtet, um nicht zu sagen hingerich­ tet«. Wohlleben habe mit seinen Büchern eine andere Seite des Waldes bekannt ge­ macht, betonte Hubert Weiger: »Sie ha­ ben es meisterhaft verstanden, kompli­ zierte Forschungsergebnisse in einer Sprache zu transportieren, die die Men­ schen verstehen, die sie anrührt und in die Geheimnisse des Waldes hineinführt.« So hätte der Förster beschrieben, dass die vermeintliche Konkurrenz im Wald um Licht und Rohstoffe tatsächlich geprägt ist von Solidarität. Bäume stimmen sich

beispielsweise ab, wann sie blühen, oder kümmern sich um ihren Nachwuchs. Weiger bedankte sich für Peter Wohlle­ bens »mutmachenden Einsatz für unsere Wälder und damit für die Zukunft«. Peter Wohlleben erklärte sich den teils heftigen Widerspruch gegen seine Aussa­ gen mit dem aufklärerischen Denken un­ serer Zeit, das die Welt »als große Ma­ schine« verstehe. In einem Ranking, in dem der Mensch im eigenen Verständnis ganz oben stehe, begreife man Bäume oft als Diener. Die gängige Auffassung vom Leben im Wald sei die eines Kampfes um Rohstoffe und Licht, so Wohlleben. Dabei gelte vielmehr: »Natur ist nicht Kampf, Natur ist Solidarität!« Wohlleben plädierte für weitere Nationalparke, um wertvolle Wälder zu erhalten – »für uns und für un­ sere Kindeskinder«. Den herzlichen Dank des BN sprach auch der Landesvorsitzende Richard Mer­ gner aus – dafür, »dass Sie sich für den Waldnaturschutz und für einen weiteren Waldnationalpark in Bayern einsetzen und Menschen durch Ihre Bücher motivieren, über Bäume und den Wald neu nachzu­ denken und den Wald neu zu entdecken«. »Sie haben ein Herzensthema des BUND Naturschutz in die breite Öffent­ lichkeit getragen«, ergänzte Mergners Stell­vertreterin Doris Tropper. Für die musikalische Umrahmung sorg­ te ein Querflötenensemble der Städti­ schen Musikschule Bamberg.


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND 41

Foto: Ronja Endres

Im Februar traf sich der BUND Naturschutz zu einem Gespräch mit der Fraktionsspitze der CSU im bayerischen Landtag: Thomas Kreuzer, Eric Beißwenger und Tanja Schorer-Dremel. Die BN-Delegation bestand aus dem Vor­ sitzenden Richard Mergner, seinem Stell­ vertreter Sebastian Schönauer, Landes­ geschäftsführer Peter Rottner, Landes­ beauftragter Martin Geilhufe und Ronja Endres, Referentin für politische Kommu­ nikation. In konstruktiver Atmosphäre wurden die Themen Artenschutz und Flächenverbrauch diskutiert. Trotz eini­ ger Meinungsverschiedenheiten wünscht sich Thomas Kreuzer »eine weitere pro­ duktive Zusammenarbeit« mit dem BUND Naturschutz, vor allem beim Artenschutz, bei dem laut Kreuzer »etwas passieren muss«. Besonders erfreulich war die Ent­ scheidung von Tanja Schorer-Dremel, an diesem Tag BN-Mitglied zu werden (im Bild beim Ausfüllen der Beitrittserklärung mit Richard Mergner). Der BUND Naturschutz wird weiterhin auch bei politischen Gesprächen dafür eintreten und darauf bestehen, dass Um­ welt- und Naturschutz in Bayern kein Lip­ penbekenntnis bleibt und sich nicht nur auf das Prinzip der Freiwilligkeit be­ schränkt.

Tanja Schorer-Dremel wird BN-Mitglied.

­­

LIEBE MITGLIEDER, es ist ein historischer Erfolg: Nach ­ihrer anfangs ablehnenden Haltung gegenüber dem Volksbegehren ­»Rettet die Bienen« hat die Bayeri­ sche Staatsregierung am 3. April ver­ kündet, den Gesetzestext des Volks­ begehrens zu übernehmen. Damit ­bekommt Bayern eines der engagier­ testen Naturschutzgesetze Deutsch­ lands! Die über 1,7 Millionen Unter­ zeichner haben dem Anliegen des ­Artenschutzes eine starke Stimme gegeben. All das wäre nicht möglich gewesen ohne das Engagement ­vieler Ehrenamtlicher, die bei Aktio­ nen oder als Rathauslotsen aktiv ­waren. Wohl noch nie zuvor waren so viele Leute in Bienenkostümen auf Bayerns Straßen unterwegs. Selbst von Regen und Schnee haben sie sich nicht abschrecken lassen. Herzlichen Dank für dieses tolle E ­ ngagement! Dieses erfolgreichste Volksbegeh­ ren, das es in Bayern je gegeben hat, zeigt: Politikverdrossenheit sollte der Vergangenheit angehören, denn wir können etwas bewegen! Die Staats­ regierung hat erkannt, dass Natur­ schutz inzwischen ein zentrales The­ ma für viele Menschen geworden ist. Auch die »Fridays for Future«-Demos der Jugend haben bereits etwas be­ wegt: Die Dringlichkeit des Themas Klimaschutz ist in der breiten öffent­ lichen Wahrnehmung angekommen. Leider gibt es aber auch die ­Tendenz, unliebsame Vereine und Verbände zu diskreditieren oder ihnen die finanzielle Grundlage zu entzie­ hen. Die Aberkennung der Gemein­ nützigkeit von attac und die massiven

Angriffe auf die Deutsche Umwelt­ hilfe vor allem durch die Parteitags­ beschlüsse von CSU und CDU sowie Äußerungen von FDP- und AfD-Abge­ ordneten gefährden die Demokratie. Der BUND wird sich gemeinsam mit anderen Umweltorganisationen ent­ schlossen d ­ agegen wehren. Es kann nicht sein, dass Verbände, die gelten­ dem Recht zur Umsetzung verhelfen, mundtot gemacht werden sollen! In anderen Ländern Europas haben sich die Möglichkeiten für zivilgesell­ schaftliche Mitgestaltung bereits deutlich verschlechtert. Die Wahl des

Foto: Roggenthin

GESPRÄCH MIT CSU-FRAKTION

Europaparlaments am 26. Mai ist deshalb nicht nur eine Entscheidung über die wichtige EU-Umwelt- und Landwirtschaftspolitik, es ist auch eine – vielleicht die entscheidende – Wahl darüber, wohin Europa sich ent­ wickelt. Wenn die Europäische Union die friedenssichernde, demokratische Institution bleiben soll, die sie jetzt ist, zählt jede Stimme! Deshalb appel­ lieren wir an Sie, liebe Mitglieder: ­Informieren Sie sich, wer für welche Politik in Straßburg und Brüssel steht, und gehen Sie zur Wahl.

Richard Mergner

Doris Tropper

Sebastian Schönauer

Landesvorsitzender

stv. Vorsitzende

stv. Vorsitzender


42 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Meldungen

JUNGE NATURFORSCHER AUSGEZEICHNET Strahlende Augen, begeisterte Spurensucher und stolze Urkundenträger gab es im Februar im Heidehaus München. Die Jugendorganisation des BUND Naturschutz (JBN) veranstaltete für rund 60 Kinder und Jugendliche einen Naturforschertag mit feierlicher Preisverleihung. Mit dem Naturtagebuchwettbewerb er­ forschten auch dieses Jahr wieder zahl­ reiche Kinder und Jugendliche ihre Natur »um die Ecke«: Sie beobachteten Schmet­ terlinge und Vögel, wirkten bei einem Mo­ nitoring zum Vorkommen von Wildkatzen oder Gelbbauchunken mit, nahmen einen Baum im Garten das Jahr über genau un­ ter die Lupe oder drehten einen Film über das Leben der Wildkatze in Bayern. Her­ aus kamen 15 einzigartige Naturtagebü­ cher, viele davon wurden mit einer Urkun­ de und einem JBN-Naturforscherpreis ge­ ehrt.

Beim Naturforschertag gingen die Kin­ der und Jugendlichen auf Spurensuche in der Heide: Welche Spuren hinterlassen Tiere dort? Gefunden wurden ein Kanin­ chenbau, Fraßspuren von Specht, Maus und Co. Auf spielerische Art und Weise er­ forschten die Teilnehmerinnen und Teil­ nehmer auch Käfer in diesem Lebens­ raum. Den Abschluss des Tages bildete die feierliche Preisverleihung (siehe Bild). Wer im nächsten Jahr gerne dabei sein will, kann jetzt beginnen, mithilfe des Na­ turtagebuchs die »Wildnis um die Ecke« zu erforschen. Bis 31. Oktober 2019 soll­ ten die Tagebücher an die JBN geschickt werden.

APPELL AN POLITIK

die Dringlichkeit des Umwelt- und Natur­ schutzes hinzuweisen. Damit unsere Kin­ der und Enkelkinder in einer sauberen, in­ takten Umwelt und einem lebenswerten Klima großwerden und leben können, müssen bereits heute einschneidende Maßnahmen getroffen werden. Dabei be­ tonte Mergner auch, dass die Themen Umwelt und Soziales nicht gegeneinan­ der ausgespielt werden dürften.

Solidarität ist ein wichtiges Gut in unserer Gesellschaft. Das gilt nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch zwischen den Generationen. Das betonte BN-Vorsitzender Richard Mergner in seinem Grußwort beim 71. Landesparteitag der Bayern SPD in Bad Windsheim im Januar. Richard Mergner nutzte seine Rede, um die SPD-Politikerinnen und -Politiker auf

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Im Februar und März waren BN-Vorsitzender Richard Mergner und Landesgeschäftsführer Peter Rottner in den USA unterwegs. Sie führten in Washington Gespräche mit Organisationen aus den Bereichen Naturund Umweltschutz, Verbraucherschutz, Agrarpolitik, Handelspolitik, Regionalöko­ nomie, kritische Wissenschaft, Think- und Do-Tanks. Unter anderem sprachen sie mit Friends of the Earth sowie mit Public Citizen’s Global Trade Watch. Deren Che­ fin Lori Wallach ist in den USA geradezu eine Legende. Darüber hinaus trafen sie sich mit Vertreterinnen und Vertretern der Heinrich-Böll- und der Hanns-Seidel-Stif­ tung sowie der deutschen Botschaft. Zu­ vor hatte Peter Rottner an einer interna­ tionalen Tagung für Umweltjuristen teilge­ nommen. Ziel der Gespräche war es, von den Er­ fahrungen und Gegenstrategien der ame­ rikanischen Umweltorganisationen zu pro­fi­tieren. Diese versuchen dem bei­ spiellosen Abbau von Umwelt- und Ver­ braucherschutzvorschriften durch die Trump­administration entgegenzutreten, wie etwa der Zerschlagung der zuständi­ gen staatlichen Organisationen, zum Bei­ spiel der Environmental Protection Agen­ cy (vergleichbar mit dem deutschen Um­ weltbundesamt). Ebenso gab es einen ­regen Austausch darüber, wie die interna­ tionale Zusammenarbeit zivilgesellschaft­ licher Organisationen gegen die Klima­ erwärmung gestärkt werden kann.

Foto: BN

Foto: Marius Krebs

INTERNATIONALE KONTAKTE

BN-Vorsitzender Richard Mergner (links) und Ge­ schäftsführer Peter Rottner vor dem Weißen Haus in Washington.


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Meldungen 43

Der BUND Naturschutz ist Teil des internationalen Netzwerks Friends of the Earth mit über zwei Millionen Mitgliedern in über 70 Ländergruppen. Der österreichische Partnerverband ist Global 2000. Dieses Netzwerk ist wichtig für die Lö­ sung globaler Umweltprobleme, denn die Klimakrise macht vor Landesgrenzen ge­ nauso wenig halt wie atomare Strahlung. Grund genug für den BUND Naturschutz und die österreichische Umweltschutz­ organisation Global 2000, sich Gedanken über eine verstärkte grenzübergreifende Zusammenarbeit zu machen. Zu ersten Gesprächen trafen sich Ex­ pertinnen und Experten beider Verbände im März im BN-Jugend- und Bildungszen­ trum Wartaweil (siehe Bild). Sie diskutier­

Foto: BN

GRENZÜBERGREIFENDE ZUSAMMENARBEIT

ten über mögliche gemeinsame Aktivitä­ ten zum Beispiel im Bereich Gewässer­ schutz oder Landwirtschaft. Als erste österreichisch-­bayerische Ak­ tion ist bereits der Protest gegen das slo­ wakische AKW Mochovce angelaufen.

Und natürlich interessierten sich die Um­ weltschützerinnen und Umweltschützer von Global 2000 sehr dafür, wie das baye­ rische Volksbegehren »Rettet die Bienen« so erfolgreich werden konnte.

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»Umweltpolitik ist ja gut und schön. Aber es kostet halt Arbeitsplätze!« Um solchen Scheinargumenten fundiert entgegentreten zu können, soll es im BN einen eigenen Arbeitskreis »Wirtschaft« geben, der Antworten auf solche Behauptungen liefert. Denn in aller Regel ist es ja umgekehrt: Von den Erneuerbaren Energien bis hin zur Öko-Landwirtschaft bringt ökologi­ sche Politik sogar mehr Arbeitsplätze. Der Arbeitskreis möchte dafür Beispiele aus ganz Bayern sammeln, aber auch die

Gerhard Mester

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großen Zusammenhänge nicht verges­ sen: Wie müssen wir unsere Art zu leben und zu wirtschaften verändern, damit auch unsere Enkelinnen und Enkel auf dieser Erde noch ein gutes Leben führen können?

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44 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›   Hubert Weiger im Gespräch mit Uwe Schneidewind

ZUKUNFTWEISEND

DIE KUNST DER DEMOKRATIE Kann ein Umweltverband wie der BUND die Welt nachhaltiger machen? Ein Gespräch mit unserem Vorsitzenden Hubert Weiger und Uwe Schneidewind, der Präsident des Wuppertal-Instituts ist und dem Wissenschaftlichen Beirat des BUND angehört. Herr Schneidewind: Das Wuppertal-Institut hat sich der »Utopie einer nachhaltigen Entwicklung« verschrieben. Ihr neues Buch »Die große Transformation« handelt davon, wie dieser Wandel bewerkstelligt werden kann. Welche Rolle spielt der BUND hierbei? US: Unser Institut und der BUND haben ei­ nes gemeinsam: einen klaren Kompass. Der BUND hinsichtlich seiner politischen Arbeit, und wir mit Blick darauf, welches Wissen wir für die Gesellschaft und Poli­ tik produzieren – nämlich Wege zu einer nachhaltigen Entwicklung. Über die Jahre haben wir gemerkt, dass es offenbar nicht ausreicht, ganz rational Zusammenhänge zu erklären und zu verdeutlichen, was ei­ gentlich passieren müsste. Denn die Welt läuft trotzdem in eine andere Richtung. Woran liegt das? Meine These ist: Um besser zu verstehen, wie sich Verände­ rungen vollziehen, ist Zukunftskunst ge­ fragt. Was heißt: Prozesse des Wandels kreativ und mit Lust an der Gestaltung zu begleiten.

Hubert Weiger im Gespräch mit Uwe Schneidewind (rechts)

Den BUND verstehen Sie dabei als Mahner, als Mittler und als Motor des Wandels? US: Richtig, ich messe der Zivilgesell­ schaft und damit auch den Umweltver­ bänden eine zentrale Rolle in diesem Wandel zu. Nachhaltige Entwicklung be­ deutet im Kern ja eine moralische Revolu­ tion, einen Zivilisationssprung in diesem 21. Jahrhundert: nämlich allen bald acht Milliarden Menschen den gleichen An­ spruch auf ein gutes Leben zuzugeste­ hen. Und das, obwohl die Erde ökologisch begrenzt ist. Institutionen, die für diesen humanistischen Traum öffentlich einste­ hen und diese Werte hochhalten, spielen hier als positive Mahner eine ganz wichti­ ge Rolle. Mittler ist der BUND, indem er Plattfor­ men organisiert für die gemeinsame Ar­ beit seiner vielen Mitglieder, die – so ver­ schieden sie sind – ein Ziel vereint. Und Motor heißt: immer wieder mit gutem Beispiel voranzugehen. Gerade ein star­ ker Mitgliederverband kann mit seinen

Kreis- und Ortsgruppen zeigen, was vor Ort möglich ist. Ein erfolgreicher Umwelt­ verband spielt auf all diesen drei Bühnen. Eine große Bühne bot zuletzt die Kohlekommission. Herr Weiger: In welcher Funktion war der BUND hier gefragt? HW: Vorab: Schon seit seiner Gründung fühlt sich der BUND der Nachhaltigkeit verpflichtet. Früh war für uns ganz klar: Um ein gutes Leben für alle zu erreichen, müssen wir alle Bereiche der Wirtschaft, Politik und Gesellschaft verändern – und das teilweise radikal. Und dafür müssen wir die Menschen begeistern. Oft fällt es allerdings nicht leicht, sich über die Grä­ ben hinweg auf das Gemeinsame zu be­ sinnen. Zumal wir ja eher trainiert sind, Konflikte zu verschärfen als Gräben zu schließen. Zum Kohlekompromiss: Die Betroffe­ nen haben berechtigte Interessen – ob sie im Bergbau beschäftigt sind, vom sub­ ventionierten Kohlestrom profitieren oder ihre Heimat an die Bagger verlieren sol­


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Hubert Weiger im Gespräch mit Uwe Schneidewind 45

len. Auch wir sind betroffen, indem wir die Interessen künftiger Generationen vertre­ ten, die ausbaden müssen, was ihnen kli­ mapolitisch eingebrockt wurde. Zum ers­ ten Mal saßen wir alle an einem Tisch. Es dauerte seine Zeit, sich kennenzulernen und Verständnis füreinander aufzubauen. Ganz deutlich wurde: Die ökologische Fra­ ge ist nur gemeinsam mit der sozialen gut zu lösen.

Vergangenheit. Wie soll unser Leben heute und morgen ausschauen? Wie gestalten wir diesen Wandel? Und wie sichern wir das Wohl derer, die nach uns kommen? US: Als Umweltverband haben wir die in­ nere Freiheit, die Rechte von Menschen mitzudenken, die noch gar nicht geboren sind. Huber Weiger hatte in der Kohle­

Sie braucht Menschen, die sich einbrin­ gen, die diskutieren, auf die Straße gehen, mit der Politik reden. Dafür gibt es im BUND viele ermutigende Beispiele. Hinter jedem Umwelterfolg der letzten Jahr­ zehnte stehen Menschen, die das initiiert haben. Und die als Pioniere – der Wind­ kraft, des Ökolandbaus und so weiter – belächelt, ausgegrenzt, ja be­ schimpft wurden. Den Jugend­ lichen, die nun für ihre Zukunft auf die Straße gehen, will ich damit sagen: Lasst euch nicht entmutigen! Engagiert Euch weiter, damit sich etwas be­ wegt für die Nachhaltigkeit. sz

»Wir müssen motivieren und fördern, damit die Demokratie Anerkennung findet.«

Der BUND war hier also zuerst als Mittler gefragt? US: Ja, denn die Idee nachhaltiger Entwicklung ist zutiefst demokratisch. Jeder Mensch hat das gleiche Recht auf Entwicklung, auch die vielen Milliarden Menschen weltweit, die keine Stimme besitzen. Mit diesem Leit­ bild darf ich die Demokratie nie verraten, nur weil ich an einer vermeintlich starrsin­ nigen Politik verzweifle. Die Kohlekom­ mission ist für mich ein starkes Signal, dass unsere Anliegen demokratisch vor­ angetrieben werden können. Hätte der BUND – ganz als Kämpfer – diese Kom­ mission platzen lassen, hätte das nur die Abwicklung demokratischer Prozesse ge­ fördert, wie wir sie heute in vielen Ländern beobachten.

Der BUND wäre aber kaum beteiligt worden, hätte er nicht zuvor für seine Ziele gekämpft. HW: Und besonders für uns spricht hier der basisdemokratische Aufbau, unsere Orts- und Kreisgruppen. Wir wissen, was es heißt, öffentlich Druck auszuüben und Dinge auszuhandeln und Kompromisse zu schließen, damit das Ergebnis am Ende Akzeptanz findet. Hätten wir den Kohlekompromiss abgelehnt, wäre der erste – politisch wohl ehrlich gemeinte – Versuch des nötigen Wandels gescheitert. Und das zum Schaden des Klimas. So haben wir gezeigt: Es ist möglich, im Sinne der kommenden Generationen zu handeln, demokratisch vereinbart. Weil wir Alternativen und Visionen haben. Wir müssen uns wieder mehr der Zukunft zu­ wenden als den Fehlentwicklungen der

kommission das Mandat der BUND-Mit­ glieder, auch die Rechte der künftigen Generationen mit zu verhandeln, gleich­ berechtigt mit anderen. HW: Jemanden ernst zu nehmen heißt auch, nicht nur an egoistische Motive zu appellieren. Sondern an die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen – für die eigenen Kinder und Enkel, aber auch die Mitgeschöpfe, deren Lebensraum wir zer­ stören. Wir müssen es schaffen, dass möglichst viele Menschen erkennen: Da wollen uns nicht die Naturschützer wieder irgendwas verbieten – da geht es um uns selbst. Wie kann der BUND hier Brücken bauen? HW: Wir dürfen Menschen nicht an den Pranger stellen. Wir müssen ins Gespräch kommen und politisch dafür sorgen, dass beispielsweise die Bauern überleben können, mit Ökolandbau und artgerechter Tierhaltung. Wir müssen motivieren und fördern, damit die Demokratie ihre Anerkennung findet. Viele sagen: Schaut die Chinesen an, die schaffen mit einem Erlass, woran wir jahrelang scheitern. Wir aber setzen auf Überzeugung, auf den Wandel als gemeinsamen Prozess. US: Der BUND stärkt die Demokratie, in­ dem er Formen der Selbstermächtigung fördert. Damit spielt er eine zentrale Rolle in dieser Phase des Umbruchs. HW: Die Demokratie erlaubt etwas zu be­ wegen, indem man sich selbst bewegt.

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46 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  BN vor Ort aktiv

EHRENAMT IM BUND NATURSCHUTZ

NEULICH IM »ZWIEMÖH«-BEET Kindergruppen sind ein EhrenamtsKlassiker des BUND Naturschutz. Woche für Woche, Jahr für Jahr finden sich Freiwillige, um mit Kindern die Natur zu erkunden – und sie selbst immer wieder aufs Neue zu entdecken. Heidi Tiefenthaler hat für uns mit der BN-Kindergruppe Kronach gegartelt.

Fotos: gettyimages, fotolia

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usanne Meier kennt kein schlechtes Wetter, das sieht man ihr sofort an. Mit einer Strickmütze auf dem Kopf, in grauen Cordhosen und geringelten Gummistiefeln steht sie da und strahlt die Kinder an, als ob die Sonne aus allen Knopf­löchern schiene. Ihre roten Wangen verraten, dass sie viel Zeit im Freien verbringt. Zusammen mit Elisabeth Hoffmann, Vor­ sitzende der Kreisgruppe Kronach, leitet sie die Kindergruppe. Vom Frühjahr bis zum Herbst sind sie mit den Kindern mög­ lichst oft im BN-Garten. Der Garten ist in Wirklichkeit ein Gärt­ chen: Etwa acht auf acht Meter duckt er sich neben einem alten Häuschen in eine Straßenecke. Der Besitzer des leerstehen­ den Gebäudes stellt dem Verband das Grundstück unentgeltlich zur Verfügung. Ein Zwetschgenbaum steht in der Mitte, daneben wächst eine kleine Naturstein­ mauer aus dem Boden. Weiter hinten gibt es ein selbstgebautes Frühbeet und einen leicht windschiefen Kompost. Ein kleiner Feuerplatz zeugt von den Stockbrotaben­ den der letzten Saison. Noch meint es das Wetter relativ gut mit uns. Zwar hängen die Wolken tief und

der Wind fährt kalt in die Pflanzengerippe aus dem Vorjahr. Doch Susanne hat die ersten Kinder schon beschäftigt: Mit wil­ dem Wein befestigen sie lockere Latten in dem Steckzaun, der das Gärtchen um­ gibt. Elisabeth und Susanne haben ihn zu­ sammen mit einigen Eltern gebaut, eben­ so wie die Frühbeete, einen kleinen Mate­ rialunterstand und den Kompost. Jetzt, Mitte März, sieht der Garten noch etwas zerrupft und öde aus. Ein einsamer Lauch steht schief im Beet und die Brombeere reckt ihre scheintoten Ranken in die Höhe.

SAMEN AUS DEM ZAUBERKÄSTCHEN Jetzt kommt Susannes Zauberkästchen ins Spiel. Für jeden Monat hat sie darin die richtigen Samen vorbereitet. Heute sind Möhren, Zwiebeln, Ringelblumen und ver­ schiedene Getreidesorten dran. Ich habe inzwischen beschlossen, die Kinder anhand ihrer Mützen auseinander­ zuhalten. Julius, das ist der mit dem Neonbommel auf dem Kopf, gründet eine Arbeitsgruppe mit Alexandra (blaue Müt­ ze). Zu zweit haben sie sich die Möhren und Zwiebeln vorgenommen. »Möhren und Zwiebeln sind Freunde«, hat Susanne vorher gesagt. »Sie halten sich lästige Ge­ müsefliegen gegenseitig vom Leib.« Auch müssten die Möhren woanders gesät werden als letztes Jahr, das schone den Boden und tue dem Wachstum gut. Julius und Alexandra sind offenbar alte Hasen, was das Gärtnern angeht. Versiert zieht Alexandra mit dem »Rillenziehstöck­ chen« eine Linie nach der anderen in die kalte Erde, während Julius die Samen da­ rin verteilt – versunken in seine Aufgabe, wie nur Kinder es können. Das »Zwiemöh-­ Beet« taufen sie später ihren Arbeitsbe­ reich. Dann die Rillen wieder zubuddeln und noch ordentlich wässern. Die Kindergruppe Kronach feiert dieses Jahr ihren 20. Geburtstag. Natürlich ha­ ben die Mitglieder seit den Anfängen x-­ mal gewechselt. Das Erstaunliche ist die Kontinuität: Seit 20 Jahren finden sich Eh­ renamtliche, die immer wieder überlegen, was Kinder in und an der Natur begeistern könnte. Die vorbereiten, auch auf die Ge­


Fotos: Philip Herr

Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  BN vor Ort aktiv 47

Beim Säen ist höchste Konzentration angesagt.

fahr hin, dass das Wetter ihnen dann ei­ nen Strich durch die Rechnung macht. Die pünktlich zur Stelle sind, auch wenn statt der erwarteten zehn Kinder doch nur drei erscheinen. Susanne ist eine von ihnen. Sie ist Er­ zieherin und hat die Gruppe mit aus der Taufe gehoben – damals, als ihre eigenen Kinder noch klein waren. Neben ihrem Erstjob in einem Hort betreut sie jährlich um die 2000 Kinder an rund 100 Tagen im Namen der BN-Umweltbildungseinrich­ tung »Stadtoase Kronach«. Die Kinder­ gruppe stemmt sie ehrenamtlich neben­ her, sozusagen als Drittjob. Auch heute ist sie direkt vom Kinderhort hierher in den BN-Garten gekommen. »Die zwei Stunden Gruppe sind das Wenigste«, sagt sie. Die meiste Arbeit mache die Vorbereitung: Eine Woche vor der Veranstaltung fängt sie an zu planen. Und jeden Tag gebe es irgendetwas für die Gruppenstunde zu or­ ganisieren. Dieses Mal hat sie Weidenru­ ten geschnitten, um bei schlechtem Wet­ ter ein Ausweichprogramm für drinnen zu haben: Körbe flechten. Die Wolken sind noch ein Stückchen tie­ fer gerutscht und die Kinder ziehen die Schultern hoch. Mara (hellblaue Mütze) stülpt die Ärmel über ihre Hände und Ju­ lius schlüpft in seine Regenhose. Am un­

Susanne Meier (Mitte) und Elisabeth Hoffmann zeigen, welche Samen heute in die Erde können.

gerührtesten ist die kleine Anna (dunkel­ grüne Erdbeermütze). Sie ist die Kleinste und das Draußensein bestens gewöhnt, weil sie einen Waldkindergarten besucht. Zusammen mit ihrer großen Schwester (hellgrüne Erdbeermütze) darf sie heute Ringelblumen säen. Kleine Löcher boh­ ren, Samen rein, Loch zubuddeln, gießen, fertig. Im Sommer lassen die unkompli­ zierten Gartenblumen die BN-Beete dann in Gelb und Orange leuchten.

doch etwas von seinem Leben aufgeben«, meint Susanne nachdenklich. Und dann schart sie die Kinder um sich und steigt mit ihnen hinauf in die Oberstadt, wo das warme BN-Büro mit Werkbank, Tee und Keksen auf sie wartet. Vielleicht werden Susanne und Elisabeth ja doch noch die »silberne Hochzeit« mit ihrer Kindergrup­ pe feiern.

EIN TEIL DES LEBENS Jetzt ist das Getreide dran. Susanne teilt die Samen aus und die Kinder säen am Zaun entlang Sommerweizen und Johan­ nisroggen. Im Sommer, wenn hoffentlich alles gut gewachsen ist, wollen Susanne und Elisabeth die Körner durch die Flo­ ckenquetsche drehen und den Kindern ein Müsli servieren – selbstgemacht, vom Acker bis zum Teller. Wir räumen auf, während der Wind ungemütlich auf­ frischt. Susanne packt die Gartengeräte in ihren alten Passat. »Ich überlege jedes Jahr, ob ich nicht doch die Gartengruppen mal in andere, jüngere Hände übergeben soll«, sagt sie. »Wenn du weitermachst, mach’ ich auch weiter«, sagt dann Elisa­ beth. Und schon ist es wieder für ein Jahr ausgemachte Sache. »Man würde halt

Auch wenn es noch kalt ist: Gießen muss sein!


48 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Bildung

BAUMPFLEGE Was tun mit dem Baum, der beim Sturm zwei große Äste verloren hat? Vor solchen und ähnlichen Fragen stehen die Mitarbeiter der kommunalen Bauhöfe immer wieder. Häufig werden sie zusätzlich zu ihren Auf­ gaben mit Baumpflegemaßnahmen be­ traut. Fehlen die fachlichen Kenntnisse, kommt es oft zu Ergebnissen wie große Schnittwunden, der Verwendung von fal­

schem Werkzeug oder unzureichende Zu­ gangstechnik in die Baumkrone. Leider finden schlechte Beispiele auch Nachah­ mer in der Bürgerschaft, da man bei der öffentlichen Hand fachgerechtes Arbei­ ten voraussetzt. Schulungen in der richtigen Pflege von Bäumen im Siedlungsbereich bieten die BN-Baumexperten Christopher Busch und Daniel Mühlleitner. Die Mitarbeiter des kommunalen Bauhofs in Forchheim profitierten bereits davon, ebenso wie alle Anrufer bei der Baumhotline. Wer Bera­ tung und Fachwissen zum Thema Baum­ schutz sucht, kann sich per E-Mail oder Telefon an die beiden Experten wenden. Kontakt: Christopher Busch, Daniel Mühlleitner E-Mail: stadtbaum@bund-naturschutz.de Tel.: 0800/stadtbaum (08 00/7 82 38 22)

BIODIVERSITÄT – SO ODER SO?

NATUR­ WERKSTATT Ein Taschenmessser und eine kleine Säge, ein Paar Hände, etwas Zeit – mehr braucht es nicht. Unter Anlei­ tung von Christine Hanser entstehen aus verschiedenen Holz­arten Wichtelmännchen oder ein einfaches Besteck, kleine Körbe oder geflochtene Dosen.

Naturerlebniszentrum Allgäu, Immenstadt, 4. Juni 2019 Anmeldung: Info@NEZ-Allgaeu.de, Tel. 0 83 23 / 9 98 87 60

WANDERUNG Entdecken Sie den neuen Themen­ rundwanderweg durch das Tal der Wolfsteiner Ohe. Hier wandert man entlang historischer Zeugnisse der Wasserkraftnutzung und durchquert den sogenannten »Schmalzdobel«, ­einen wärmebegünstigten Talkessel unterhalb von Ringelai.

Perlesreuth, Parkplatz Messerschmidmühle; 4. August 2019

Foto: Uwe Reuter

Eine beeindruckende Bandbreite an Vorträgen und Workshops rund um die Artenvielfalt eröffnete sich den zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern beim Biodiversitäts-Symposium im Forum in Altötting. Die lange Vorbereitungszeit der BN-Kreis­ gruppe unter dem Vorsitzenden Gerhard Merches und Ideengeber Uwe Reuter hat sich gelohnt. Das Programm wartete mit namhaften Referentinnen und Referenten auf, so zum Beispiel dem Politiker Josef Göppel, dem Tierstimmen-Imitator Dr. Uwe Westphal oder dem Naturfilmer Jan Haft, der zu seiner Filmvorführung »Biene Ma­ jas wilde Schwestern« viele Interessierte in das Forum lockte. Bei rund 20 Workshops erfuhren die Teil­nehmerinnen und Teilnehmer, wie Ar­ tenschutz im Kleinen umgesetzt werden kann. So klärte der »Blumenwiesen-­

TERMINE

Papst« Dr. Reinhard Witt über das Anle­ gen heimischer Blühflächen auf und Dr. Andreas Zahn gab Tipps zum Umgang mit Amphibien. Umrahmt wurde das Sym­ posium von einer Begegnungsbörse mit zahlreichen Ausstellern.

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WWW.ALTOETTING.BUNDNATURSCHUTZ.DE

Information: Ökostation Stelzlhof, Tel. 08 51/9 66 93 66 und 9 66 93 30 info@stelzlhof.de

BETRIEBS­ BESICHTIGUNGEN •• Landwirtschaftlicher Demo-Betrieb Mayerhofer, Ortenburg-Parschalling, 1. Juni 2019, passau@bund-natur­ schutz.de •• Vollkornbäckerei Köhler, Würz­ burg-Rottenbauer, 5. Juni 2019; info@bn-wuerzburg.de •• Biolandhof Baumgartner, Vilshofen-­ Algerting, 30. Juni 2019, passau@ bund-naturschutz.de

Foto: pixabay

Foto: AdobeStock

BILDUNG ­­


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Porträt 49

UNSERE EHRENAMTLICHEN

POWER-DUO

Foto: privat

Keinen »Hühnerknast« in Eschelbach wollte die BN-Kreisgruppe Pfaffenhofen. Seit Jahren an vorderster Linie für den Tierschutz mit dabei: das Ehepaar Lisa und Edgar Munz

N

ur ein Quadratmeter! Für 23 Hähnchen!« ruft Lisa Munz. Die Locken der Umwelt- und Tierschutzaktivistin stehen förmlich zu Berge. Ihr Mann Edgar zeichnet ein imaginäres Quadrat auf den Boden. Man kann sich die Enge vorstellen. »Die Tiere können sich nie hinlegen, für sie bedeutet das ein Stehen bis zum Tod.« Das Ehepaar Munz steht an einem Früh­ lingstag auf einem Wiesenhang in Eschel­ bach bei Pfaffenhofen. Von hier fällt der Blick auf ein langgestrecktes Gebäude, dem hohe Entlüftungsschächte aufge­ pflanzt sind: eine nagelneue, betriebsbe­ reite Hähnchenmastanlage. 145 000 Tie­ re könnten hier hineingepfercht werden. Dass sie nicht in Betrieb ist, hat nicht zu­ letzt mit den Munzens und der BN-Kreis­ gruppe Pfaffenhofen zu tun. Seit langem hat die das Thema Tierwohl auf der Agen­ da. Ein Beschluss des Bayerischen Ver­ waltungsgerichts hatte im März 2019 die Aufnahme des Betriebes gestoppt. Das Gericht hatte damit der Beschwerde des BN stattgegeben. »Die Größe der Futter­ mittelflächen genügt nicht den gesetzli­ chen Auflagen eines landwirtschaftlichen Betriebes«, erklärt Lisa Munz. Dass Umweltschutz oft Mut braucht, wird an diesem Nachmittag klar. Plötzlich

Lisa und Edgar Munz auf einer von vielen Demos. Oft machen sie in Tierkostümen auf das Leid von Nutztieren aufmerksam.

taucht nämlich der Besitzer der Anlage in einem schwarzen Geländewagen auf, fährt mal im Schritttempo neben Lisa und Edgar her, umkurvt das Gelände, behält die beiden durch die Windschutzscheibe im Auge. »Es ist mein Recht, hier zu sein«, sagt Edgar ruhig. Die beiden bewegen sich auf Gemeindeboden.

LIEBE ZUR NATUR UND LEBENSMUT ALS »TREIBSTOFF« Das Lebenselixier des Ehepaars sind De­ monstrationen. Auf rund 100 Protestakti­ onen waren die beiden schon. Seit Jahren reisen sie mit der Ortsgruppe Reicherts­ hofen auf die »Wir haben es satt«-Demo in Berlin, gerne auch in auffälligen Tier­ kostümen. Für den Umweltschutz neh­ men sie viel in Kauf, auch eine kühle Nacht im Schlafsack vor der Bayerischen Staatskanzlei. »Dort haben wir mit Aufge­ MUCKT gegen die Dritte Startbahn des Münchner Flughafens demonstriert«, er­ klärt Lisa. Auch auf den Protesten anläss­ lich des G7-Gipfels 2015 in München und des G20-Gipfels 2017 in Hamburg war das Ehepaar zur Stelle.

Der Munz’sche Keller ist eine Art Wider­ standsnest. Hier lagern Hunderte von Protestplakaten zu den Themen Agrar­ chemie und Monsanto, TTIP und Aufrüs­ tung, zu Frieden und Umweltschutz, hier wird gezeichnet und getextet. Hilfe be­ kommen sie dabei auch von ihren drei er­ wachsenen Söhnen. Und was sagen die beiden Teenager-Enkel zu derlei Einsatz? Lisa Munz lacht: »Die sagen: Geil, Oma!« So unterschiedlich die beiden sind – Lisa wirkt eher wie ein wandelnder Vulkan, ­Edgar wie ein Fels in der Brandung – sie stehen auf einem gemeinsamen Werte­ boden. Edgar erklärt ihn so: »Wo es unge­ recht wird, klinken wir uns ein.« Viel Kraft ziehen sie aus der Gemein­ schaft der BN-Ortsgruppe, die sich sehr für den Artenschutz engagiert. »Viele Leute im BN empfinden wie wir«, sagt Ed­ gar. »Die Liebe zur Natur und ein heiliger Zorn gegen ihre Zerstörung, aber auch Lebensmut – diese Mischung ist wie ­ Treibstoff!« Für ihr Engagement haben beide bereits die Goldene Ehrenadel des BN erhalten. Margarete Moulin


Fotos: Helge Bendl

50 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Junge Seite

JUNGE SEITE

AUSZEIT VOM ALLTAG Alles außer Langeweile: Das bietet jedes Jahr das »Eine-Erde-­Camp« der BUNDjugend Hessen. Eine ganze Sommerwoche gibt es Workshops zu Umweltthemen und ein buntes Rahmenprogramm.

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ie lebt es sich vegan? Was lässt sich aus Altkleidern schneidern? Und wie repariert man kaputte Elektrogeräte? Wer all das nicht nur diskutieren, sondern einfach ausprobieren will, kann dies (und noch weit mehr) bei einem Sommercamp der BUNDjugend tun – mit vielen Gleichgesinnten.

SO WAR’S 2018 Es ist eine Safari für die Sinne. Die einen starten mit Yoga in den Tag. Andere lau­ schen dem vielstimmigen Konzert der Vögel, das hier mal nicht im Verkehrslärm erstickt. Manche springen in einen eiskalten Bach, statt wie zu Hause unter der Dusche zu stehen. Und wer bis in die frü­ hen Morgenstunden am Lagerfeuer saß,

bleibt eben noch ein wenig im Schlafsack. Kein Stress! Um zehn Uhr aber geht’s los, die Work­ shops starten. »Wildnis« heißt diesmal der Schwerpunkt des »Eine-Erde-­Camps«. So dreht sich das Programm um Tiere in der Stadt und das Insektensterben, um »wilde« Lebensentwürfe und Utopien oder um essbare Wildkräuter. Dazu gibt es ein Aktionstraining, eine Kleidertauschparty und allerlei Angebote zum Selbermachen – wie Kleider umnähen und Elektrogeräte wieder fit machen.

ZELTLAGER ODER FESTIVAL Ob Teenager oder erwachsen, ob Schüle­ rin oder Student: 60 junge Leute sind beim Eine-Erde-Camp der hessischen

BUND­jugend zusammengekommen. Seit einigen Jahren findet es immer am Fuß der Burgruine Lißberg in der Wetterau statt. »Uns geht es darum, eine Woche ge­ meinsam einen nachhaltigen Lebensstil zu lernen, uns zu vernetzen und dabei viel Spaß zu haben«, erzählt Barbara Mi­chalski, eine der Koordinatorinnen. Neben dem inhaltlichen Input gibt es viele kreative Open-Space-Angebote. Und tief im Herzen ist das Eine-Erde-Camp auch ein Festival mit viel Musik und Kino. »Zeltlager? Das klang für mich eher doof. Doch seit eine Freundin mich mitnahm, bin ich immer dabei – jetzt schon zum achten Mal«, erzählt Carolin Lotter. »Man kann hier abschalten und mal was ganz anderes erleben. Außerdem motiviert es, Gleichgesinnte zu treffen.«

DIE KÜCHE REGT AN Bio? Check! Fleischlos? Check! Regional? Check! Saisonal? Check! Tag für Tag ser­ viert das Küchenteam Gerichte, die nicht nur ziemlich alle Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Ob als Hauptspeise der indisch inspirierte Linseneintopf mit Fladenbrot oder zum Nachtisch das hessische Tira­ misu: Das Essen wird frisch zubereitet – das kann man schmecken. »Die meisten im Camp essen ohnehin vegan oder vege­ tarisch. Die freuen sich über anregende neue Rezepte«, erzählt Noemie Waldhau­


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  RUBRIK ›  Thema 51

CAMP FOR [FUTURE] Du möchtest neue Menschen kennen­ lernen, Spaß haben und in die Klima­ bewegung eintauchen? Dann werde vom 26. Juli bis 4. August Teil des »camp for [future]« im rheinischen Braunkohlerevier! Dieses Jahr integriert: das Summercamp der »Young Friends of the Earth Europe«. Aktive aus ganz Europa wollen gemein­ sam für das Klima aktiv werden. Im Revier erfahren wir das Ausmaß der Konflikte rund um den Kohle­ausstieg. Mit Aktionen, die wir im Camp entwickeln, kannst du ein starkes Zeichen für den Kli­ maschutz und das Ende der Braunkohle setzen. Abends gibt es dann ein buntes Programm: von Konzert bis Kino …

campforfuture.de er. »Für manche hier ist es aber auch eine tolle Möglichkeit, ihre Ernährung einmal probeweise umzustellen. Die merken: Das geht eigentlich ganz einfach!« Erst war sie einfach Teilnehmerin, dann Teamerin, nun schmeißt Noemie mit ein paar Mitstreiter*Innen seit Jahren die Kü­ che: Sie ist schon zum neunten Mal da­ bei. »Ich koche einfach gern«, meint die Studentin der Ökotrophologie, »und hier wissen die Leute gutes Essen echt zu schätzen.« Außerdem: Wer beim Ko­ chen hilft, kann immer naschen. Wer Noemie im Weg rumsteht, in der Hoffnung, gleich den Topf mit der Schoko­ creme ausschlecken zu können, darf das zwar – wird aber anschließend prompt zum Zwiebel­ schälen verdonnert.

BODEN SCHÄTZEN Nach dem Camp ist vor dem Camp: Das Organisationsteam bereitet inzwischen längst das Programm des nächsten Tref­ fens vor. »Boden schätzen« soll der Titel 2019 lauten. Der neue Schwerpunkt soll nicht primär um den Abbau wertvoller Rohstoffe kreisen. Sondern um die ge­ meinsame Lebensgrundlage von Mensch, Tier und Pflanze. Und wie man den Boden wahrnehmen und bewahren kann. Ob weiches Moosbett oder kratziges Kissen aus Fichtennadeln: Die Teilneh­

mer*Innen werden im Juli ihre Sinne schärfen. Um den Boden in seiner Vielfalt kennenzulernen, werden sie sich ihm be­ hutsam nähern. Wie fühlt er sich an? Wie riecht er? Was lebt dort alles? »Mit Auge, Lupe und Mikroskop werden wir das viel­ fältige Leben im Erdboden erkunden – und sicher oft ins Staunen kommen«, freut sich Stephan Hübner, Jugend­ bildungsreferent der BUNDjugend. Beim Fühlen und Entdecken soll es aber nicht bleiben. Denn was Landwirtschaft und Industrie dem Boden zumuten, bei uns oder im globalen Süden, entzieht der Menschheit langsam aber sicher die Grundlage. Abgetragen, ausgelaugt, enteignet, übernutzt, vergiftet, ver­ siegelt: »Wir wollen uns klarmachen, wie unser Wirken weltweit Böden zerstört«, erklärt Stephan Hübner. »Und was wir dagegen tun können.« Das klingt nach einem Programm für Kopf, Herz und Hand. Und sicher bietet das Eine-Erde-­Camp auch diesen Sommer wieder eine Safari für alle Sinne. Helge Bendl

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BEATS UND BOHNE Du interessierst dich für Landwirtschaft und Ernährung? Und willst dich vernetzen und Visionen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft entwickeln? Du genießt den Sommer am liebsten unter freiem Himmel, liebst leckeres Essen und gute Musik und möchtest neue Menschen kennenlernen? Dann komm vom 20. bis 23. Juni zum Beats-und-­Bohne-Festival, dem Jugendfestival des Aktionsbündnis­ ses »Wir haben es satt«. Bei Frankfurt am Main erwarten dich vier Tage voll span­ nender Arbeitsgruppen und Werkstätten, Filme, Bands, Theater und vieles mehr.

wir-haben-es-satt.de

MEHR ZUM THEMA Das nächste Eine-Erde-Camp steigt vom 20. bis 27. Juli: bundjugendhessen.de/ projekt/eine-erde-camp. Leider keine Zeit? Weitere Camps und Freizeiten findet ihr auf: www.bundjugend.de

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52 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Niederbayerm

NATURNOTIZEN AUS NIEDERBAYERN AUSGEZEICHNET: Für seine For­

Der erste Lebend-Nachweis der Waldbirkenmaus (Sicista betulina) seit den 1990er Jahren gelang 2013 bei Altreichenau.

KREISGRUPPE FREYUNG GRAFENAU

SENSATIONELLE ENTDECKUNG Mit nur zehn Gramm ist die Waldbirkenmaus ein echtes Leichtgewicht – und eines der ­seltensten Säugetiere Mitteleuropas. Nun tappte sie im Bayerischen Wald in eine Fotofalle.

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n Bayern konnten sich die in der Eiszeit weit verbreiteten Tiere nur im ­Allgäu und im Bayerischen Wald halten. Auf Moorflächen der BN-Kreisgruppe Freyung-­Grafenau an der tschechischen Grenze wurde der kleine Nager mit dem markanten Aalstrich nun erneut nachgewiesen – eine kleine Sensation! Bereits vor fünf Jahren hatte ein Projekt des Landesamts für Umweltschutz die Existenz der Waldbirkenmaus im Bayeri­ schen Wald belegt. 2018 setzten der BN und der Landesbund für Vogelschutz (LBV) das Monitoring fort, gefördert durch die Regierung von Niederbayern. In vier Moorgebieten erfassten insgesamt

20 mit Infrarotsensoren ausgestattete Wild­ tierkameras die nachtaktiven Tiere; BN- und LBV-Aktive wechselten alle zwei Wochen die Speicherkarten. Von Mai bis Ende September entstan­ den so rund 200 000 Fotos. Deren Aus­ wertung übernahm Säugetierexperte Da­ vid Stille, der noch weitere Arten wie Zwerg­ spitzmaus, Alpenspitzmaus und Zwergmaus sowie Bekassine und Baum­ marder identifizierte. Die im Projekt ge­ wonnenen Daten helfen nun, die wertvol­ len Moorflächen gezielt als Lebensraum für die Waldbirkenmaus und ihre Ver­ wandten zu erhalten und optimieren. Julika Selinger-Schreiber (as)

Foto: BAdW

Foto: Dr. Richard Kraft

schung über Wildbienen erhielt Erwin Scheuchl im Dezember 2018 den Akade­ miepreis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, überreicht von Akade­ miepräsident Professor Thomas Höll­ mann. Scheuchl, der in der BN-Kreisgrup­ pe Landshut aktiv ist, wurde in 30 Jahren nebenberuflicher Bienenforschung zu ei­ nem der führenden Experten für Wildbie­

nen weltweit. Sein »Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas« ist das erste vollständige Bestimmungsbuch dieser Art (ISBN 978-3-494-01653-5). Am 30. Juni leitet Erwin Scheuchl mit Wolfgang Willner eine naturkundliche Exkursion der Kreis­ gruppe zu Wildbienen und Tagfaltern.

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ANMELDUNG UNTER bnkgla@landshut.org oder Tel. 08 71/2 37 48

RUND UMS IMKERN: Vor rund 170 Zuhörern sprach Berufsimker Günter Fried­mann Ende Januar im Stadtsaal Eg­ genfelden zum Thema Bienensterben. Die Veranstaltung hatte die BN-Kreisgruppe Rottal-Inn in Kooperation mit der Katholi­ schen Erwachsenenbildung Rottal-InnSalzach organisiert. Der Vortrag ist im ­Internet abrufbar unter: https://youtu.be/ wZjan6Kt0gc IHRE ANSPRECHPARTNERIN Niederbayern: Julika Selinger-Schreiber Tel. 0 89 /54 83 01 12 julika.selinger@bund-naturschutz.de


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Oberpfalz 53

NATURNOTIZEN AUS DER OBERPFALZ Kreisgruppe Amberg-Sulzbach alle 27 Land­kreiskommunen angeschrieben, um eine insektenfreundliche Pflege kommu­ naler Flächen anzuregen. Die Auswertung der Antworten zeigte nun, dass bisher nur einzelne Gemeinden beispielsweise das Mulchen des Mähguts beendet oder ge­ zielt Blumenwiesen angelegt haben. Sommer 2018: BN-Demo in Brennberg bei Regensburg

KREISGRUPPEN OBERPFALZ

STROMTRASSEN: UNMUT WÄCHST Bei den Aktiven in der Oberpfalz nimmt der Widerstand gegen die Pläne für den Neu- und Ausbau von »Stromautobahnen« zu. Statt ein dezentrales Energie­system in Bürgerhand aufzubauen, sollen der Bevölkerung neue Stromtrassen vor die Nase gesetzt werden.

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leich drei große Planungen zum Stromnetzausbau bringen die betroffene Bevölkerung in Rage: Neben dem Ersatzneubau der Freileitungen des Ostbayernrings nördlich von Schwandorf sollen die Erdkabel der Gleichstromtrasse SuedOstLink den Regierungsbezirk durchziehen. Von der sogenannten Jura­ leitung wäre vor allem der Landkreis Neumarkt betroffen. Gemeinsam ist all diesen Trassenneuund -ausbauten, dass sie die alte Struktur der Stromerzeugung durch Großanlagen in der Hand von Konzernen festschreiben würden. Demgegenüber vertritt der BUND Naturschutz zusammen mit vielen Bünd­ nispartnern die dezentrale Energiewende in der Hand der Bürgerinnen und Bürger. Dabei wird der ländliche Raum nicht als reine Transitstrecke für Strom betrachtet.

Vielmehr soll seinen Bewohnern vermehrt eigene Wertschöpfung mit Erneuerbaren Energien ermöglicht werden. Klar ist, dass beim Bau der geplanten Stromtrassen neben Zerstörungen in Wald­gebieten durch Rodungen und Zer­ schneidung auch heftige Eingriffe in Bo­ den und Wasserhaushalt für Erdkabel zu erwarten wären. Der Widerstand in der Oberpfalz wächst, und gemeinsam mit Bürgerinitiativen und Kommunen enga­ giert sich der BN an vielen Stellen entlang der Trassen. Ob im Stiftland im Landkreis Tirschenreuth, im Raum Weiden oder im Landkreis Regensburg: Bei den Men­ schen in der Region nimmt das Unver­ ständnis darüber zu, wie sie von derart brachialen Planungen überrollt werden sollen. Reinhard Scheuerlein (ht)

WIEDERWAHL: Robert Kurzmann ist Ende Februar in seinem Amt als Vorsit­ zender der Kreisgruppe Cham bestätigt worden. Anlässlich der Jahreshauptver­ sammlung blickte er auf die erfolgreich durchgeführten Aktionen zurück, zum Beispiel die Lockstockforschung zum Vorkommen der Wildkatze oder die Bio­ toppflege am Rötelseeweiher. BN-Vorsit­ zender Richard Mergner bedankte sich für die geleistete Arbeit und gratulierte.

Foto: Thomas Stock

Foto: BN

INSEKTENSCHUTZ: 2018 hat die

NATURFILM: In Weiden zeigte der Na­ turfilmer Thomas Stock (siehe Bild) An­ fang Februar sein neues Werk mit dem Ti­ tel »Ein Streifzug durch die Insektenwelt des Herbstes im Oberpfälzer Wald«, den er auch zur Vorführung bei BN-Versamm­ lungen anbietet. Der Film wurde bei ver­ schiedenen Naturfilm-Festivals für seine Detailschärfe gelobt und zeigt, dass es sich lohnt, für den Erhalt der Artenvielfalt in der Oberpfalz zu kämpfen.

IHR ANSPRECHPARTNER Oberpfalz: Reinhard Scheuerlein Tel. 09 11/ 8 18 78-28 reinhard.scheuerlein@ bund-naturschutz.de


54 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Oberfranken

NATURNOTIZEN AUS OBERFRANKEN

Mit einer riesigen Silofolie veranschaulichten die BN-Aktiven und der Landesvorstand den Flächenfraß in Bayern: 81 Quadratmeter pro Minute.

KREISGRUPPE KULMBACH

JEDE STIMME ZÄHLT! Am 26. Mai entscheiden die Bürger, ob in Himmelkron bei Kulmbach weitere 24 Hektar wertvoller Boden einem Gewerbegebiet geopfert werden sollen. Der BN macht klar: Dies ist ein Bürgerentscheid von bayernweiter Bedeutung!

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m Mai besuchte der BN-Landesvorstand den geplanten Standort für das umstrittene Gewerbegebiet Himmelkron-­ Nord. Hier will die Gemeinde Acker- und Grünland für Gewerbebetriebe ausweisen. Am 26. Mai wird in einem Bürgernetscheid darüber agesteimmt. Die BN-Landesvertreter zeigten sich mit den Gegnern des Gewerbegebietes soli­ darisch: Gemeinsam mit Aktiven der Bürgerinitiative »Nein zum neuen Gewer­ begebiet Himmelkron« und der BNOrts­gruppe breiteten sie eine riesige Silo­ folie aus und verdeutlichten damit den Flächenverbrauch im Freistaat und in Oberfranken. Nach wenigen Minuten wa­ ren 250 Quadratmeter bedeckt. Das ent­ spricht der Fläche, die in Bayern alle drei Minuten versiegelt wird, Tag für Tag. »Wir begrüßen den Widerstand der Himmel­

kroner gegen ein weiteres Gewerbegebiet an der A9. Wir brauchen Menschen, die sich für den Erhalt der landwirtschaftlich nutzbaren Böden einsetzen. Der Bürger­ entscheid ist für uns von bayernweiter Be­ deutung. Gewinnen wir ihn, motiviert das überall in Bayern Basisgruppen, genauso vorzugehen«, so Richard Mergner, Lan­ desvorsitzender des BN. »Wir rufen alle Himmelkronerinnen und Himmelkroner auf, beim Bürgerentscheid für den Erhalt der Landschaft zu stim­ men. Jede Stimme zählt!«, so Martin Geil­ hufe, Landesbeauftragter des BN. Die Bürgerinitiative und die BN-Orts­ gruppe hatten Anfang Januar in der Re­ kordzeit von gerade einmal drei Wochen 602 Unterschriften für ein Bürgerbegeh­ ren gesammelt, nur 283 wären nötig ge­ wesen. Tom Konopka (ht)

Landesvorstand im Mai auch bei den bei­ den Kampfprojekten Umfahrung Dormitz und Westumfahrung Neunkirchen am Brand im Landkreis Forchheim. Hier kämpfen die Kreisgruppe, die Ortsgruppe Neunkirchen am Brand und Umgebung zusammen mit Bürgerinitiativen, dem Bayerischen Bauernverband und Interes­ sengemeinschaften der Grundstücksei­ gentümer seit vielen Jahren gegen flä­ chenfressende Staatstraßenbauten.

ARTENSCHUTZ: Die vom BN umge­ baute Huschermühle bei Regnitzlosau überzeugte den Landesvorstand bei sei­ nem Besuch im April absolut. Hier gren­ zen zwei Großprojekte des Artenschut­ zes, die Flussperlmuschel-­Nach­­zucht (siehe Bild) und der Schutz des Goldenen Scheckenfalters, aneinander. Dank der Aktiven wachsen dort Jungmuscheln her­ an und auf den Wiesen blühen Tausende

Foto: Tom Konopka

Foto: Tom Konopka

BETONFLUT: Flagge zeigte der BN­-

von Teufels­ abbissen, die nun die Nah­ rungsgrundlage für die Raupen des Gol­ denen Scheckenfalters bilden. Der BN investiert mit Förderung durch den Bayerischen Naturschutzfonds aus Mitteln der Glücksspirale hier im Laufe von jeweils fünf Jahren insgesamt 2,15 Millionen Euro in die Artenvielfalt.

IHR ANSPRECHPARTNER Oberfranken: Tom Konopka Tel. 09 11/ 8 18 78-24 tom.konopka@bund-naturschutz.de


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Unterfranken 55

NATURNOTIZEN AUS UNTERFRANKEN Foto: Friedrich Photography

WEGRANDPFLEGE: Der monatelan­

Kahlschlag: An die 350 Bäume sind hier für ein neues Baugebiet gefallen.

KREISGRUPPE ASCHAFFENBURG

BIOTOPKOMPLEX VERNICHTET

gen Überzeugungsarbeit zweier BN-Mit­ glieder ist es zu verdanken, dass in der Gemeinde Rottendorf ein Umdenken bei der Wegrandpflege erreicht wurde. Ein­ stimmig hat sich dort der Gemeinderat für eine ökologisch ausgerichtete Pflege an gemeindeeigenen Wegen ausgespro­ chen. Auch der Antrag für eine generelle »Ökologisierung« der Böschungs- und Wegrandpflege (Beispiel siehe Bild) wur­ de gebilligt. Die Kreisgruppe Würzburg hat den entsprechenden Antrag mittler­ weile all ihren Ortsgruppen zur Verfügung gestellt. Gerne können auch andere BN-­ Gruppen den Antrag bei der Kreisge­ schäftsstelle im Ökohaus Würzburg an­ fordern.

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m November 2018 rückten am Nilkheimer Anwandeweg die Großmaschinen zu Fäll- und Rodungsaktionen für ein 27 Hektar großes Baugebiet an. Sie machten in dem Biotopkomplex »Tabula rasa«, so als müssten dort Kulissen für einen Katastrophenfilm geschaffen werden. Obwohl der BN detailliert auf die hohe ökologische Bedeutung des Areals hinge­ wiesen und den drohenden Verlust der Naturoase mit einer Demonstration ange­ prangert hatte, bügelte die Stadtrats­ mehrheit die Einwendungen mit faden­ scheinigen Argumenten ab. Wo zuvor Schmetterlinge über Wiesenflächen gau­ kelten, wo Kinder ungefährdet vom Auto­ verkehr auf Entdeckungstour gingen und sich Spaziergänger am Anblick von Stein­ kauz, Neuntöter oder Wendehals erfreu­ ten, wurden aus Wiesen öde Schlamm-

pisten. Fast 350 (Obst-)Baumveteranen wurden umgerissen und zum Abtransport aufgeschichtet. Dabei hätte die Stadt Aschaffenburg wesentlich naturschonen­ der neuen Wohnraum aktivieren können, beispielsweise durch konsequente Nach­ verdichtung. Ein derart massiver Eingriff wird sich durch Versetzungsaktionen für ein paar Obstbäume, Zauneidechsen oder Rosen­ käfer und auch durch neue Blühflächen nicht ansatzweise ausgleichen lassen. Als Lebensraum für Wildbienen-, Schmet­ terlings- und andere Insektenarten, aber auch als Erholungsraum wird der dabei entstehende Flickenteppich nicht mit den großflächigen und reich strukturierten Biotoparealen vergleichbar sein, die die Stadt Aschaffenburg am Anwandeweg geopfert hat. Helmut Schultheiß (ht)

Foto: Reinhold Schulz

Im Zuge des Volksbegehrens Artenvielfalt hat die Stadt Aschaffenburg versucht, sich in der Öffentlichkeit als Bewahrer der Biodiversität zu profilieren. Dennoch hat sie zuvor einen b ­ edeutenden Biotopkomplex einem riesigen Neubaugebiet geopfert.

KLIMASCHUTZ: Ihren alljährlichen Kli­ maschutzpreis hat die Kreisgruppe Mil­ tenberg Anfang Dezember gleich zweimal vergeben: Der erste Preis ging an die Fir­ ma Deckelmann für die Restaurierung ih­ res historischen Mühlengebäudes und die Reaktivierung ihrer klimafreundlichen Stromproduktion. Den zweiten Preis er­ hielten die Firma Fripa sowie der Land­ kreis Miltenberg. Sie haben gemeinsam ein Nahwärmenetz für Schulgebäude in Miltenberg-Nord aufgebaut, für das die Abwärme aus der Papierherstellung der Firma Fripa genutzt wird.

IHR ANSPRECHPARTNER Unterfranken: Helmut Schultheiß Tel. 0 91 23 /9 99 57-13 helmut.schultheiss@ bund-naturschutz.de


56 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Schwaben

NATURNOTIZEN AUS SCHWABEN

Foto und Montage: Alexander Beck

KLEINGEWÄSSER-NETZWERK: Im

Das 5-Sterne-Hotel beim Festspielhaus soll 70 Meter lang werden, das Konferenzgebäude knapp 44 Meter.

KREISGRUPPE OSTALLGÄU-­K AUFBEUREN

Mai läuft in der Bodenseeregion dieses Projekt aus, in dem sich auch die BN-Kreis­ gruppe Lindau engagiert, als einer von neun Partnern aus Deutschland, Öster­ reich und der Schweiz. Kleingewässer sind Lebensraum und Laichgewässer für bedrohte Amphibien, aber auch Habitat für Insekten und Vögel. Seit Projektbe­ ginn 2015 legte die Kreisgruppe etliche neue Tümpel an, sanierte bestehende Ge­ wässer wie in Hergatz (siehe Foto) und veranstaltete Vorträge und Exkursionen. Mindestens 60 Kleingewässer sind Ziel des vom EU-­Regionalprogramm »Interreg« geförderten Projekts. Foto: N.N.

BOMBAST AM WASSER Wegen seiner vielen Seen ist das Ostallgäu ­bekannt und beliebt, leider auch bei Bauträgern und Investoren: Aktuell sind gleich zwei Riesen­bauten am Seeufer geplant.

S

o soll neben dem Füssener Festspielhaus am Forggensee ein Luxushotel mit 300 Betten und Tagungszentrum entstehen, und am Hopfensee ein riesiges Restaurant für das Strandbad. Beide Projekte liegen im Landschaftsschutzgebiet »Forggensee und benachbarte Seen«. Der geplante Hotelkomplex umschließt das bereits früher gebaute Festspielhaus auf beiden Seiten. Insgesamt entstünde so am Seeufer, mit Blick auf die Königs­ schlösser, ein gewaltiger Baukörper von 390 Metern Länge und bis zu 21 Metern Höhe, der zudem in ein Biotop hineinragt und im Überschwemmungsgebiet liegt. Die BN-Kreisgruppe Ostallgäu kämpft ge­ gen das gigantische Vorhaben. Unterstüt­ zung kommt aus Schwangau, wo der Ge­ meinderat das Projekt im Februar ein­ stimmig ablehnte.

Auch gegen den Neubau eines 800 Quadratmeter großen Restaurants im Strandbad am Hopfensee formierte sich rasch Widerstand. Nachdem der Füsse­ ner Stadtrat jedoch bereits zwei Bürger­ begehren zur Verringerung der Baugröße abgeschmettert hatte, erteilte er im Feb­ ruar die Baugenehmigung. Die Kreisgrup­ pe prüft nun juristische Schritte, um das Seeufer im Landschaftsschutzgebiet vor dem Bau zu schützen – ganz im Sinne der Bayerischen Verfassung. Darin heißt es: »Staat und Gemeinde sind berechtigt und verpflichtet, der Allgemeinheit die Zugän­ ge zu Bergen, Seen, Flüssen und sonsti­ gen landschaftlichen Schönheiten freizu­ halten.« Thomas Frey (as)

IRRSINN AN DER ILLER: Seit 20 Jah­ ren engagiert sich die BN-Kreisgruppe Neu-­­Ulm für die Untere Iller. Deren Rena­ turierung haben sich auch Bayern und Baden-­Württemberg auf die Fahnen ge­ schrieben. Gleichzeitig will ein Investor dort acht Wasserkraftwerke bauen – ob­ wohl schon heute 90 Prozent des Was­ sers zur Stromerzeugung genutzt wer­ den. Seine Klage gegen das erste, bei Die­ tenheim geplante Kraftwerk hatte der BN im Herbst 2018 verloren. Im Februar legte er nun Berufung gegen das Urteil ein. IHR ANSPRECHPARTNER Schwaben: Thomas Frey Tel. 0 89 / 54 82 98-64 thomas.frey@bund-naturschutz.de


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Mittelfranken 57

Foto: Winrich Heidinger

NATURNOTIZEN AUS MITTELFRANKEN GARTENSCHAU: Am 24. Mai startet

KREISGRUPPE ERLANGEN

BN FORDERT BESSERE TRASSE Die Stadt-Umland-Bahn (StUB) im Raum Nürnberg-Erlangen ist ein entscheidender Schritt in Richtung nachhaltige M ­ obilität. Für die geplante Trassenführung bei Erlangen plädiert der BN für eine naturverträg­lichere Variante.

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n Nürnberg ist bereits ein Teil der StUB Richtung Erlangen gebaut worden und seit Ende 2016 in Betrieb. Umstritten ist nun jedoch die weitere Streckenführung über eine Brücke in Kosbach bei Erlangen. Sie durchschnitte die Regnitzauen an ihrer sensibelsten Stelle. Damit würde das wertvolle, vom BN be­ treute Seelöchergebiet – Biberlebens­ raum und Vogeleldorado – beeinträchtigt. Außerdem würde das Bauwerk das herrli­ che Landschaftsbild der weiten Wiesen­ flächen – eine Besonderheit in einer Groß­ stadt – zerstören, die Baufahrzeuge wür­ den unwiderruflich den Boden verdichten und die Frischluftzirkulation zwischen Wiesengrund und Erlanger Innenstadt könnte unterbrochen werden. Der BN hat außerdem erhebliche Zwei­ fel daran, dass die Kosbacher Brücke die

beste Lösung ist: Der Zweckverband der StUB hat bis Anfang 2019 zwar mögliche Alternativen mit der Referenztrasse ver­ glichen. Die berücksichtigten Möglich­ keiten waren allerdings wenig attraktiv und schnitten daher erwartungsgemäß schlecht ab. Der BN hält es für wesentlich sinnvoller, diese Trassenvarianten durch Alternativen mit höherem Fahrgastpoten­ zial zu ersetzen. Nur so ist ein fairer Ver­ gleich möglich. Die Idee für die Stadt-Umland-Bahn (StUB) stammt vom BN Erlangen. Bereits Ende der 1980er Jahre hatte ein Mitarbei­ ter der Kreisgruppe dazu eine Machbar­ keitsstudie erstellt. In den 1990er Jahren holte der Verband sogar einen Straßen­ bahnwaggon per Tieflader in die Fußgän­ gerzone, um für das Projekt zu werben. Rainer Hartmann (tk/ht)

Foto: Marc Hamon

Die geplante Trassenführung würde das Feuchtgebiet Seelöcher durchschneiden.

die Landesgartenschau in Wassertrüdin­ gen zum Thema Wasser. Die BN-Kreis­ gruppe Ansbach wird mit einem Pavillon vertreten sein. Im Mittelpunkt werden dort die heimischen Amphibien stehen. Die BN-Aktiven werden über deren Biolo­ gie, Lebensweise, Lebensrauman­sprü­che, die Bestandssituation und Rückgangs­ ursachen informieren. Zugleich wollen sie aufzeigen, was der Einzelne zum Schutz der Amphibien tun kann. Neben den Schauobjekten wird eine Fachausstellung weiteres Wissen vermitteln und die wich­ tige Rolle der Tiere im Naturhaushalt auf­ zeigen. Zudem sind eine laufende Bilder­ schau sowie Filmvorführungen geplant, auch die Stimmen können gehört werden.

BETONFLUT: Die mit 3600 Einwohnern recht kleine Gemeinde Rohr im Landkreis Roth will im großen Maßstab neue Bauflä­ chen ausweisen. Und das, obwohl die vor­ handenen Flächen ausreichen würden, um den prognostizierten Bevölkerungszu­ wachs vollständig zu versorgen. Unter an­ derem mit einer Presseaktion (siehe Bild) im November 2018 haben die BN-Aktiven für Wirbel gesorgt. Die Planung wurde da­ raufhin immerhin von 40 auf knapp 23 Hektar neuer Bauflächen reduziert. Der BN hält maximal 7,5 Hektar für akzepta­ bel und bleibt am Thema dran. IHR ANSPRECHPARTNER Mittelfranken: Tom Konopka Tel. 09 11/ 8 18 78-24 tom.konopka@bund-naturschutz.de


58 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  AUS DEM VERBAND ›  Oberbayern

NATURNOTIZEN AUS OBERBAYERN

Foto: Tobias Hase

AUFGESPÜRT: Die »UN-Dekade Biolo­

Bei der Radsternfahrt war der Altstadtring, hier am Königsplatz, mit Radlfans aus ganz Bayern gefüllt.

gische Vielfalt« der Vereinten Nationen zeichnet noch bis 2020 beispielhafte Pro­ jekte aus. Nun wurden die GEO-Tage »Der Artenvielfalt auf der Spur« der Kreisgrup­ pe Altötting als UN-Dekade-Projekt aus­ gewählt. Am 13. Februar überreichte Pro­ fessor Josef Reichholf die Auszeichnung an Organisatorin Eveline Merches. Bei den GEO-Tagen geht es darum, innerhalb von 24 Stunden möglichst viele verschie­ dene Arten an Tieren, Pflanzen und Pilzen zu entdecken – wie die Bergsingzikade im Jahr 2016.

PEDAL-POWER FÜR MÜNCHEN Die Kreisgruppe München des BUND Naturschutz macht beim »Radentscheid München« als Trägerorganisation mit. Mit zwei Bürger­ begehren will die Initiative das Radfahren in der Stadt sicherer und attraktiver machen.

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mmer mehr Menschen fahren mit dem Rad, doch Münchens Verkehrsinfrastruktur hinkt dieser Entwicklung hinterher. Radwege enden im Nichts oder mitten im Verkehr, unübersichtliche Kreuzungen sorgen für Gefahr. Damit sich dies ändert, werden seit 28. März Unterschriften gesammelt. Bis Ende Juni müssen mindestens 33 000 Men­ schen unterschrieben haben, damit es im Herbst zu einem Bürgerentscheid über die Forderungen für einen besseren Rad­ verkehr kommt. Zentrale Forderung ist mehr Sicherheit für Radfahrende, insbesondere für Kinder, Senioren und unsichere Radler. Ein lü­ ckenloses und engmaschiges Netz brei­ ter und komfortabler Radwege, gut ein­

sehbare Kreuzungen und geeignete Ab­ stellmöglichkeiten sollen das Radfahren in der Stadt erleichtern. Dazu muss der ­öffentliche Raum zugunsten des Radver­ kehrs gerechter aufgeteilt werden. Als konkretes Ziel soll die Stadt einen durch­ gängigen »Radlring« um die Altstadt anle­ gen, so die Forderung des zweiten Bürger­ begehrens. Auf einer großen Radstern­ fahrt am 6. April bekräftigten 15 000 Men­ schen ihre Entschlossenheit, München zur Fahrradstadt zu machen. Annemarie Räder (as)

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WWW.RADENTSCHEIDMUENCHEN.DE.

Foto: KG Mühldorf

KREISGRUPPE MÜNCHEN

NACHRUF: Am 20. Februar verstarb Gerd Ruchlinski, der langjährige Vorsit­ zende der Kreisgruppe Mühldorf. Sein ­unermüdliches Engagement für den Na­ turschutz wird allen im BN in dankbarer Erinnerung bleiben. Besonders der Bio­ topschutz war ihm ein Anliegen. Für die Beweidung der BN-Kiesgrube in Jetten­ bach mit Wasserbüffeln brachte er Land­ wirte und Naturschützer zusammen. Er setzte sich für die Renaturierung des Inns ein und rief den »Umwelttaler« als Aus­ zeichnung der Kreisgruppe ins Leben. Zu­ letzt engagierte er sich für die Aktion »Waldkraiburg blüht auf«. Der BN wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

IHRE ANSPRECHPARTNER Oberbayern: Annemarie Räder Tel. 0 89/54 82 98-89 annemarie.raeder@bund-naturschutz.de Agnes Grasberger Tel. 0 89/54 82 98-88 agnes.grasberger@bund-naturschutz.de


Natur +Umwelt 2 | 19 › AUS DEM VERBAND ›  Bayerischer Heimattag 59

Foto: Heini Inkoferer

BAYERISCHER HEIMATTAG 2019

IM FOKUS: NATUR IN DER STADT »Stadtregionen – Lebensräume der ­Zukunft« lautet das Motto des Bayerischen Heimattages 2019 in Landshut. Die ­niederbayerische Hauptstadt boomt. Wo bleibt da die Natur?

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ie schaffen wir es, dass unsere Städte grün und lebenswert bleiben und die Mieten bezahlbar? Nachverdichten oder Grünflächen erhalten? Naturschutz in der Stadt ist heute ein Spannungsfeld vieler unterschiedlicher Interessen. Im vergangenen Jahr fand in Landshut ein Bürgerentscheid zu einem Straßenbau­ projekt statt. Das kuriose Ergebnis: Für den Erhalt der von der geplanten Westtan­ gente bedrohten Isarau stimmte eine Mehrheit von 53,4 Prozent. Aber auch die Frage »Straße ja oder nein?« wurde von ­einer Mehrheit der Wählerinnen und Wäh­ ler mit ja beantwortet. »Die BUND-Natur­ schutz-Kreisgruppe Landshut lehnt diese Straße weiterhin ab, da sie durch ein natur­ schutzfachlich wertvolles Auwald­ gebiet führen würde«, erklärt die Kreisvor­ sitzende Kathy Mühlebach-­ Sturm. »Zu­ dem würde der beliebte und bedeutsame

Es blüht und summt im Landshuter Stadtpark: Auch ein kleineres Projekt trägt positiv zum Stadtnaturschutz bei.

Lebensraum »Obere Isarau und Flutmul­ de« in seiner Naherholungsfunktion zer­ stört werden.« Das Abstimmungsergebnis zeigt ein Spannungsfeld, das für unsere Zeit ty­ pisch geworden ist: Die meisten Men­ schen möchten heute auf gut ausgebau­ ten Straßen schnell überall hinkommen, gleichzeitig soll es aber vor der eigenen Haustür grün und ruhig sein. Unter diesen Vorzeichen können es weder Stadtplaner noch Naturschützer allen recht machen. Allmählich setzt sich aber in immer mehr Verwaltungen und Stadträten der Gedan­ ke durch, dass grüne Oasen in der Stadt ein wichtiger Bestandteil von Lebensqua­ lität sind. Von der Erkenntnis bis zur Um­ setzung in der Tagespolitik ist es aller­ dings oft ein weiter Weg. Wie man auf diesem Weg vorankom­ men kann, welche Möglichkeiten und wel­ che Probleme es gibt, diese Fragen wird der BUND Naturschutz beim Bayerischen Heimattag 2019 einbringen. Der Bayeri­ sche Heimattag ist ein Zusammen­ schluss des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege, des Verbandes bayeri­ scher Geschichtsvereine und des BUND Naturschutz Bayern. Er veranstaltet alle zwei Jahre die gleichnamige Veranstal­ tung in einer anderen Stadt in Bayern. In diesem Jahr geht es am 28. und 29. Juni um die Gestaltung unserer Städte als Le­ bensräume der Zukunft. Auch alle interes­

sierten Bürgerinnen und Bürger sind ein­ geladen. Am Stand des BUND Naturschutz und bei thematischen Stadtführungen kann man Beispiele für erfolgreich umgesetzte Projekte der Kreisgruppe zu Natur in der Stadt entdecken. Herausragend ist hier das Naturschutzgebiet auf dem ehemali­ gen Standortübungsplatz, dessen Einrich­ tung der BN 1991 erreichen konnte. Aber auch kleinere Aktionen wie eine Wildbie­ nenweide im Stadtpark tragen zu mehr Natur in Landshut bei. Luise Frank

BAYERISCHER HEIMATTAG 2019 28. und 29. Juni, Landshut •• Infopavillons vor dem Rathaus •• Stadtführungen zu verschie­ denen Themen •• BN-Exkursionen: »StadtNatur entdecken« in Landshut, 28. Juni ab 15 Uhr; Vorstellung eines BN-Grundstücks im Tal der Großen Vils, 29. Juni ab 14 Uhr •• Vortrag des Geographen Professor Manfred Miosga Mehr Infos unter: www.bayerischer-heimattag.de


60 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  SERVICE ›  Ratgeber

INSEKTEN SCHÜTZEN

Illustration: Ann-Kathrin Hahn/ Das Illustrat

WIESE STATT RASEN

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o flattert, krabbelt, brummt und surrt es in diesem Frühling noch? Auf den Produktionsflächen der Agrar- und Forstindustrie immer seltener. Nahrung und Nistplätze finden Insekten heute eher in Dörfern und Städten. Hier können wir ihnen Lebensraum bieten, den sie in Feld und Flur längst verloren haben. Was also tun für Ameise oder Zitronenfalter? Zuerst einmal: Üben Sie sich in Toleranz für das wilde, natürliche Werden. Lösen Sie sich vom Bild eines allzu aufgeräumten »sau­ beren« Gartens. Kiesflächen gesäumt von immergrünen Hecken bieten Insekten kaum noch Nischen.

BLÜHEN LASSEN Wichtig: Mähen Sie Ihren Garten selten und möglichst spät. Wildkräuter wie Margeriten, Lichtnelken, Klee oder Taubnesseln kommen so zur Blüte. Oder mähen Sie Teilflächen zeitlich ver­ setzt und lassen Sie ein paar wilde Ecken stehen. Wie entwickelt sich ein Stückchen Wiese, wenn Sie es sich selbst überlassen? Welche Pflanzen locken welche Insekten an? Lassen Sie heimische Pflanzen blühen. Mit Exoten können un­ sere Insekten oft wenig anfangen. An gefüllten Blüten dringen sie nicht zu Nektar und Pollen vor. Ideal ist ein Garten, der vom zeitigen Frühjahr bis spät in den Herbst Blüten bietet. Und der vielen Arten erlaubt, sich fortzupflanzen. Ein richtig gestaltetes Insektenhotel ist gut, lockt aber nur einige Wildbienen an. Verzichten Sie vor allem auf chemisch-synthetische Pestizide. Wer Pflanzengifte wie Glyphosat sprüht, entzieht Insekten, die Blüten besuchen, jegliche Nahrung. Insektizide wiederum scha­ den auch solchen Arten, die im Garten nützlich sind. Für jede

Um die bunte Welt unserer Insekten zu bewahren, ist zuerst die Politik gefragt – etwa um den Rahmen für eine naturverträgliche Landwirtschaft zu setzen. Doch wir alle können zu einer besseren Zukunft von Käfer und Co beitragen. Pflanzenkrankheit und jedes lästige Insekt kennt die Natur ein Gegenmittel. Je vielfältiger Ihr Garten, desto eher siedeln sich »Nützlinge« an, die dann Blattläuse und Co dezimieren.

TIPPS: GARTEN UND MEHR •• Beliebt bei Wildbiene oder Schmetterling sind Gartenpflanzen wie Traubenhyazinthe, Krokus, Schlüssel- und Glockenblume, Malve, Kornblume, Distel, Wilde Möhre, Natternkopf, Margerite, Beerensträucher, Obstbäume und Efeu. •• Auch Ihr Balkon kann Insekten anlocken – etwa mit den Blüten von Lavendel, Salbei, Thymian, Minze oder Basilikum. •• Attraktive Nistplätze sind besonnte Freiflächen am Boden, morsches Holz, markhaltige Pflanzenstängel, Fels- oder Mauer­ spalten, leere Schneckenhäuser … •• Denken Sie über Ihren Garten hinaus: Kaufen Sie möglichst oft Biolebensmittel (da ohne chemisch-synthetische Pestizide er­ zeugt). Ökofelder sind deutlich artenreicher als konventionelle. •• Nutzt Ihre Kommune Pestizide zur Pflege von Grünflächen, Wegen oder Sportplätzen? Fragen Sie nach und leiten Sie uns die Antwort weiter! > www.bund.net/pestizidfreie_kommune •• Werden Sie politisch aktiv: Werben Sie im Rahmen der Agrar­ wende dafür, die Pestizidmenge zu verringern und besonders schädliche Stoffe wie Glyphosat zu verbieten. Corinna Hölzel

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MEHR ZUM THEMA Insektenschutz unter www.bund.net/pestizide oder www.bund.net/pestizidfreier-garten


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  SERVICE ›  Ratgeber 61

ÖKOTIPPS Alle Ökotipps des BUND finden Sie unter:

FISCH GENIESSEN? Ist es ökologisch noch vertretbar, Fisch zu essen? Jein, die Menge macht’s. Ein Drittel aller Speisefische gilt derzeit als überfischt. Die Bestände großer Arten wie Thun- oder Schwertfisch sind in den letzten Jahren stark geschwunden. Auch ist der Bestand des Dorschs in der Ostsee teilweise zusammengebrochen. Wegen dieser Überfischung kommt immer mehr Speisefisch aus Aquakulturen – was zu neuen Umweltproblemen führt. Vor allem gilt: Essen Sie am besten selten Fisch und genießen Sie ihn dafür bewusst als etwas Besonderes. Verzichten Sie ganz auf Fischprodukte vom Aussterben bedrohter Arten wie Aal oder Dornhai

(von dem die »Schillerlocken« stammen). Obwohl die Wissenschaft seit Jahren ei­ nen kompletten Fangstopp für den Aal fordert, blieben die EU-Mitgliedstaaten bislang tatenlos. Der Karpfen steht bei uns nur selten prominent auf der Speisekarte. Dabei ist er eine der wenigen Fischarten, die man bedenkenlos essen kann. Meist stammt Karpfen aus heimischen Zuchtgewässern, ist also regionaler Herkunft. Die Teich­ zucht ist zudem in der Regel umwelt­ freundlicher und besser kontrollierbar als andere Zuchtmethoden. Doch auch Fisch hieraus sollten Sie nur in Maßen verzeh­ ren. Denn nachhaltige Zucht ist mit Mas­ senproduktion unvereinbar. Das Gleiche gilt für Fischprodukte mit Gütesiegeln, die

Foto: Tobias Dahlin

www.bund.net/oekotipps

Obwohl hochgradig gefährdet, wird Aal weiter befischt.

einen nachhaltigen Fang oder biologische Produktion versprechen. Zwar sind sie je­ nen ohne Siegel vorzuziehen. Doch ambi­ tionierte Kriterien liegen den Siegeln nur selten zugrunde.

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MEHR ZUM THEMA www.bund.net/fischerei

GÄRTNERN OHNE TORF Wie jedes Frühjahr stapeln sich in Gartencentern und Baumärkten wieder Säcke voll von Blumen- und Pflanzenerde. Noch immer enthalten die meisten Torf – der Stoff, aus dem die Moore sind. Und dafür wird der Lebensraum von Hochmoorbläuling oder Sonnentau zerstört. Kaufen Sie deshalb ausschließlich torf­freie Erde. Moore beheimaten nicht nur viele bedroh­ te Tiere und Pflanzen. Sie binden auch doppelt so viel Kohlendioxid wie alle Wäl­ der der Erde und speichern hervorragend Wasser. Dennoch werden in Deutschland jedes Jahr rund zehn Millionen Kubikme­ ter Torf verschwendet, zu einem Viertel von Hobbygärtner*innen. Ein großer Teil davon kommt heute aus baltischen und russischen Hochmooren – den kostbars­ ten Mooren, die Europa geblieben sind. Mit dem Kauf von Torf unterstützen Sie diesen Raubbau.

Wer torffrei gärtnern will, wird in den meisten Baumärkten und Gartencentern fündig. Hier gibt es neben Universal-Erden ohne Torf auch torffreie Spezialerden für Kräuter, Gemüse oder Hochbeete. Die moorfreundlichen und klimaschonenden Alternativen sind zwar etwas teurer. Den­ noch: Achten Sie beim Kauf bitte auf die Kennzeichnung »torffrei« oder »ohne Torf«. Dagegen ist der Aufdruck »Bio« hier nicht geschützt und findet sich auch auf torfhaltigen Erden.

Meiden Sie möglichst auch den Torf in Fertigtöpfen. Säen Sie Kräuter, Blumen und Gemüsepflanzen lieber selbst an – in torffreier Erde.

AM BESTEN KOMPOST Der beste Torfersatz für den Garten ist im­ mer noch der eigene Kompost. Hierzu fin­ den Sie Anleitungen im Netz und in der Gartenliteratur. Wer größere Mengen Erde braucht und noch keinen Kompost hat, kann torffreie Erde in Kompostieranlagen kaufen.

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MEHR ZUM THEMA Unser Einkaufsführer »Blumenerde ohne Torf« listet torffreie Erden in Baumärkten, in Gartencentern und Online-Shops auf. Zum Download: www.bund.net/torffrei


62 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  SERVICE ›  Leserbriefe

LESERBRIEFE LANDWIRTSCHAFT Zum Titelthema in N+U 4/2018 Frau Hirschs Aussagekraft beim Thema »Schreddern« von männlichen Küken hat mich nachhaltig beeindruckt. Im Ergebnis hat sie der Industrie klar die »Rote Karte« gezeigt! Hier ist jetzt der Verbraucher gefragt, unter anderem durch Kaufent­ scheidungen seiner Verantwortung gerecht zu werden. Gottes Schöpfung mutwillig zu zerstören geht gar nicht! Schließe mich Ihrem Fazit an: »Wir müssen runter vom Gaspedal.« Johann Rottach, Kempten/Allgäu

KEINE NAHRUNG FÜR INSEKTEN Zum Thema Artensterben in N+U 1/2019 Artensterben fängt in Privatgärten an. Kaum zeigt sich eine »wil­ de« Blume auf dem reinrassigen Rasen, wird die Mähmaschine rausgeholt. Noch schlimmer ist die neue Mode, den Garten ordentlich und pflegeleicht mit Steinchen zu bedecken. Mit ­ schlechtem Beispiel voran geht das Landratsamt Erlangen. Bü­ sche werden vor oder in der Blüte geschnitten, die Bäume wer­ den geköpft. Die einzigen Stellen, wo Wildblumen noch wach­ sen, sind die Straßenränder, aber diese werden ständig gemäht. Ein immer härterer Krieg gegen die Natur ist im Gange. Keine Nahrung für Insekten, dadurch keine Nahrung für Vögel. Mirjami Ärmänen, 90542 Eckental

MÜLLSAMMELAKTION Zu »Rama dama an der Mangfall« in N+U 1/2019 Grundsätzlich ist Müll sammeln natürlich notwendig, um eine saubere Umgebung und Natur vorzufinden. Doch sollte nicht der Ansatz ein anderer sein? Nicht die Aus­ wirkung bekämpfen, sondern an der Ursache ansetzen: bei der Erziehung der Kinder und Jugendlichen zumindest in der Schule, wenn schon manchem Elternaus die Bewahrung der Natur nicht wichtig ist. Das Näherbringen dieser, der Pflanzen- und Tierwelt, und dass wir Menschen für sie Verantwortung tragen und sie schützen müssen, bewahren vor denen, die den Bezug zu unse­ rer Erde verloren haben oder sie nur ausbeuten wollen? Ich selbst habe an Müllsammelaktionen in Nürnberg teilge­ nommen, auch privat erledigt, bis ich gemerkt habe, dass die ge­ räumten Stellen nach spätestens ein, zwei Wochen wieder zuge­ müllt waren. Außerdem ist es auffällig, dass es sich bei dem Müllaufkommen sehr häufig um die gleichen Abfallreste han­ delt, zum Beispiel Zigaretten-, Burger-Verpackungen, Schnaps­ flaschen usw. Mein Appell an Eltern und Lehrer ist, sich die Zeit zu nehmen für ihre Kinder und Schüler, um ihnen sensibel und auch spiele­

risch das Thema Müll, dessen Vermeidung, Trennung und Ent­ sorgung näherzubringen. Ute Wittig, Nürnberg

EINE ANDERE LANDWIRTSCHAFT

So schön kann Landwirtschaft sein

Zum Buchtipp »So schön kann Landwirtschaft sein« in N+U 4/2018 Das Buch des früheren BN-Bildungsrefe­ renten und im gesamten Allgäuer Bereich mit seinem Kulturlandbüro tätigen Ernst Wirthensohn verdient größten Respekt. Selten kam ein Buch auf den Markt, das so viel an positiver Ein­ stellung für das Berufsbild von Landwirten vermittelt hat. End­ lich einmal ein Werk, das mit seinen vielen Biografien über pure Lebenslust versprühende Bäuerinnen und Bauern einen einzigar­ tigen Zugang zum ökologischen Landbau eröffnet. Das Inter­ view mit Ernst Wirthensohn als Herausgeber und Hannes Fene­ berg als regionale Verantwortung übernehmendem Lebensmit­ telhändler eröffnet Perspektiven für eine Landwirtschaft und ein Handwerk mit Zukunftspotenzial. Die Reportagen der beiden einfühlsam berichtenden Autorinnen Sabine Eichhorst und ­Friederike Görzinger bauen mit ihren sensiblen Texten einen un­ gewöhnlichen Spannungsbogen auf. Kein erhobener Zeigefinger, kein Wort des Jammerns und Klagens, dafür aber Bilderbuch-­ Landwirtschaft ohne jegliche Gefühlsduselei. Landwirt*innen, die ein klares Bild von ihrer Zukunft haben und die an diesem Le­ bensgefühl mit Stolz und Freude andere teilhaben lassen. Ein Nachweis, dass ökologisches Wirtschaften sich nicht über andere erhebt, sondern lediglich das eigene Wirken mit großem Selbstbewusstsein präsentiert und wirken lässt. Mehr braucht die Werbung für eine andere, eine zukunftsfähige und ökono­ misch tragfähige Landwirtschaft nicht. Hier kommen Menschen zu Wort, die sich ihrer Verantwortung für ihre Familien, für die nachkommenden Generationen, aber auch für ihre Mit- und Um­ welt bewusst sind. Und die zeigen, dass diese Generationenver­ antwortung sogar mit großer Freude als Lebensqualität verstan­ den und aktiv gelebt wird. Wer noch Hoffnung auf eine zukunfts­ fähige Landwirtschaft hat, sollte dieses Buch lesen. VonHier – ein Allgäuer Modell für die Regionen Europas

Dieter Popp, Haundorf/Fränkisches Seenland

SCHREIBEN SIE UNS! Wir freuen uns auf Ihre Meinung BN-Magazin »Natur+Umwelt«, Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg oder an nu@bund-naturschutz.de Leserbriefe können gekürzt werden. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.


Natur +Umwelt 2 | 19 ›  SERVICE ›  Buchtipps und Reisen 63

BUCHTIPPS

Ohne bürgerliche Einmischung werden wir die Gier nicht stoppen Peter Grassmann Verlag Westend, 22 Euro

k Ökosoziale Zeitansagen

Ökosoziales Forum Niederalteich

k Ökosoziale Zeitansagen

estalten

ch ist die dritte Ausgabe Zeitansagen“. Die Mitglieder re Fachleute aus Österreich, schland wagen einen f“ in die ländlich-bäuerliche

Heimat Europa gestalten Ökosoziales Forum Niederalteich

osef Göppel, Franz-Theo Gottwald, maier, Alois Heißenhuber, ed Jäckle, Nora Klopp, Hermann üller, Nicole Podlinski, Josef Rehrl, tenaicher, Leonhard Strasser, nd dem Impulspapier zur GAP: ell mit Leben füllen.

Heimat Europa gestalten

d Autoren wollen auch nach wieder Anstöße zu zukunftsterentwicklungen in ndlichen Räumen liefern.

ISBN 978-3-95907-018-8

HEIMAT EUROPA GESTALTEN Ökoszoziales Forum Niederalteich Morgenroth Media, 7,50 Euro Zu beziehen bei der Landvolkshochschule St. Gunther, Niederalteich, Tel. 0 99 01/9 35 20

Europa gestalten Das vorliegende Buch ist die ­dritte Ausgabe der Reihe »Ökoso­ ziale Zeitansagen«. Die Mitglieder des Ökosozialen Forums Nieder­ alteich im Landkreis Deggendorf und weitere Fachleute aus dem deutschsprachigen Raum ma­ chen sich weit über ihre Fachlich­ keit hinaus Gedanken zur Heimat Europa, zu nachhaltiger Entwick­ lung und einer neuen Landwirt­ schaft. Oder sie geben der Sorge um den Boden, auf dem wir leben, Ausdruck. Die Antworten, die die ­Autorinnen und Autoren in ihren Beiträgen finden, sind nicht nur regional anwendbar, sondern für ganz E ­ uropa. Eine lesenswerte Utopie eines gerechten, fried­ lichen Europas, genau richtig als weiterführende Lektüre zum ­Titelthema dieser Natur+Umwelt. Unter a ­ nderem mit Beiträgen von Josef Göppel und Josef Rehrl.

BUND-REISEN ­

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WANDERN AM GRÜNEN BAND 7. – 13. Juli 2019, Deutschland /Tschechien 2015 hat der BN die Ge­ meinde Haidmühle als erste »Modellgemeinde am Grü­ nen Band Europa« ausge­ zeichnet. Sie liegt in direkter Nachbarschaft zu den Nati­

NATIONALPARK JOTUNHEIMEN 26. August – 4. Sept. 2019, Norwegen Der Nationalpark Jotunhei­ men in Norwegen besticht durch seine wilde, unberühr­ te Landschaft. Die vielleicht gebirgigste Region Skan­di­ naviens heißt nicht ohne

onalparks Bayerischer Wald und Sumava (CZ). Das ­»Kulturlandschaftsmuseum Grenzerfahrung« ­KuLaMu zeigt, wie grenzen­loser ­Naturschutz funktioniert. Zwei fachkundige Museums­ führer begleiten die Gruppe auf der Entdeckungsreise durch den Bayerischen Wald und Südböhmen.

Grund »Reich der Riesen«. Die reizvolle Landschaft der Valdresregion liegt im Her­ zen Südnorwegens und er­ streckt sich von bewaldeter und seenreicher Hügelland­ schaft im Süden bis zu den imposanten Zweitau­ sendern des Nationalparks ­Jotunheimen im Norden.

Foto: Schön Touristik

ZÄHMT DIE WIRTSCHAFT

Klare Regeln nötig Es sind ungewöhnliche Töne für einen ehemaligen Topmanager: In seinem Buch »Zähmt die Wirt­ schaft« spricht Peter Grassmann von einem mörderischen Wirt­ schaftssystem. Die Klimakatast­ rophe und das Artensterben seien ein Signal, dass wir einen Krieg gegen alles Leben führten. In ­seiner Analyse geht Grassmann hart ins Gericht mit den großen Lobbyverbänden der Unterneh­ men. Was er dann als Lösungen an­bietet, bleiben aber leider rela­ tiv handzahm. Er fordert zwar ­klare Regeln für die Marktwirt­ schaft. Doch hält er es für reali­ tätsnäher, wenn die Zivilgesell­ schaft diese Regeln gemeinsam mit der W ­ irtschaft und ihren Ver­ bänden erarbeitet. Ob eine solche Selbstregulierung angesichts der drastischen Probleme wirklich zum Ziel führt? Wie schwierig Fortschritte beim Klimaschutz sind, wenn die Wirtschaft mit am Tisch sitzt, hat die Kohlekommis­ sion unlängst erst gezeigt.

WANDERN AUF SARDINIEN 6. – 15. September 2019, Italien Felszerklüftete Küsten, traumhafte Strände, grüne Hügel, Karstgebirge mit ­tiefen Schluchten, Ebenen mit Eichenwäldern und ­Olivenbäumen – die Insel im

Mittelmeer zeigt ihre span­ nendsten Seiten. Die Reise führt in den Norden Sardiniens, überwiegend in ­Küstennähe, wo der Wind die F ­ elsenküste in einen auf­ regenden Skulpturenpark ­verwandelt hat und man sich an Farben und Formen gar nicht satt sehen kann.

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66 Natur +Umwelt 2 | 19 ›  SERVICE ›  Konktakt und Impressum

IHRE ANSPRECHPARTNER

TERMINE 2019

MITGLIEDERSERVICE (allgemeine Fragen zur Mitgliedschaft, Adressänderung) Tel. 09 41/2 97 20-65, mitglied@bund-naturschutz.de

SPENDENBESCHEINIGUNGEN Tel. 09 41/2 97 20-66, spenderservice@bund-naturschutz.de

Redaktion Natur+Umwelt Luise Frank Tel. 09 41/2 97 20-22 natur+umwelt@bund-naturschutz.de

BERATUNG ZU SPENDEN, ANLASSSPENDEN UND VERMÄCHTNISSEN Claudia Ciecior-­Bordonaro Tel. 09 41/2 97 20-34 claudia.ciecior@bund-naturschutz.de

HAUS- UND STRASSENSAMMLUNG EHRENAMTLICH AKTIV WERDEN Christine Stefan-­Iberl Tel. 09 41/2 97 20-11 christine.stefan@bund-naturschutz.de

BN-BILDUNGSWERK Ulli Sacher-Ley Tel. 09 41/2 97 20-42 ulrike.sacher-ley@bund-naturschutz.de

BN-STIFTUNG Christian Hierneis Tel. 09 41/2 97 20-35 christian.hierneis@bund-naturschutz.de

Foto: BN

PRESSE- & ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

KINDER-KLIMA-CAMP In seinem Jugend- und Bildungszentrum in Wartaweil am Ammersee veranstaltet der BUND Naturschutz jedes Jahr ein Kinder-Klima-Camp. In diesem Jahr beschäftigen sich die Mädchen und Jungen unter dem hochaktuellen Motto »Hilfe für Schmetterling & Co« mit den Ursachen des Insektensterbens. In praktischen Workshops geht es um die Bestimmung von verschiedenen Insektenarten und deren Ansprüchen an die Umwelt. Die Kinder erfahren aber auch, was not­ wendig ist, um eine Verbesserung der Situation herbei­ zuführen. Angefangen beim eigenen Lebensstil über die Anlage von Blühstreifen in Gärten, auf kommunalen ­Flächen und auf dem freien Feld bis hin zur Vermeidung von Lichtverschmutzung und den Einsatz von Insektizi­ den. Die Ideen werden sie dann mit Politiker*innen, Wis­ senschaftler*innen, Landwirt*innen, Gartenbesitzer*innen und Zuständigen in den Städten und Gemeinden disku­ tieren und sie auffordern, gemeinsam tätig zu werden.

Das Kinder-Klima-Camp findet statt vom 2. bis 7. Juni 2019 und ist eine Kooperation mit Schulen rund um den Ammersee.

IMPRESSUM Herausgeber: BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BN), vertreten durch Peter Rottner, Landes­geschäfts­führer, Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg, www.bund-naturschutz.de Leitende Redakteurin (verantw.): Luise Frank (lf), Tel. 09 41/2 97 20 -22, Fax -31, natur+umwelt@­bund-naturschutz.de Redaktion: Holger Lieber (hl), Heidi Tiefenthaler (ht), Andrea Siebert (as) Mitglieder-Service: Tel. 09 41/2 97 20-65 Gestaltung: Janda + Roscher, die WerbeBotschafter, www.janda-roscher.de (Layout: Waltraud Hofbauer) Titelbild: Kerstin Jana Kater Redaktion BUND-Magazin: Severin Zillich (verantw.), Kaiserin-Augusta-Allee 5, 10553 Berlin, Tel. 0 30/27 58 64-57, Fax -40

Druck und Versand: Fr. Ant Niedermayr GmbH & Co. KG, Regensburg Anzeigenverwaltung: Ruth Hansmann, Runze & Casper Werbeagentur GmbH, Tel. 0 30/2 80 18-145, Fax -400, hansmann@runze-casper.de. Es gelten die Mediadaten Nr. 27. Verlag: BN Service GmbH, Eckertstr. 2, Bahnhof Lauf (links), 91207 Lauf an der Pegnitz, Tel. 0 91 23/9 99 57-20, Fax -99, info@service.bund-naturschutz.de Druckauflage 1-2019: 145.000 Bezugspreis: Für Mitglieder des BN im B ­ eitrag e ­ nt­­halten, für Nichtmitglieder V ­ ersandgebühr, ISSN 0721-6807 BN-Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft München, IBAN DE27 7002 0500 0008 8440 00, BIC: BFSWDE33MUE

Mit Namen gezeichnete Artikel geben nicht unbedingt die M ­ einung der ­Redaktion oder des BN wieder. Nachdruck nur mit Geneh­migung des BN. Für unverlangt e ­ ingesandte Artikel oder Fotos keine Gewähr. Die Redak­tion behält sich das Recht vor, Leserbriefe zu kürzen. »Natur+Umwelt« wird auf 100% R ­ ecycling­­­­papier gedruckt.


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