Natur + Umwelt 4-2012

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Natur+Umwelt BUNDmagazin in Bayern www.bund-naturschutz.de

Heft 4-2012 94. Jahrgang 4. Quartal

Umweltbildung

Die Schule für’s Leben


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WER BIN ICH? DIE MEISTEN KINDER KĂ–NNEN DAS BEANTWORTEN...

Viele Kinder kennen Natur nur aus den Medien. Sie kĂśnnen kein einziges heimisches Wildtier benennen. Nicht selten waren selbst Sechsjährige noch nie im Wald. Deshalb ist Umweltbildung fĂźr den BN so wichtig. Fast 30.000 Kinder und Jugendliche erleben bei Ausďƒ&#x;Ăźgen in die Natur, in Naturakademien und im „GrĂźnen Klassenzimmer“ jedes Jahr, warum Natur schĂźtzenswert ist. Und wir mĂśchten noch mehr tun. Deshalb brauchen wir UnterstĂźtzung. Je mehr Mitglieder im BN sind, desto mehr kĂśnnen wir bewegen.

Sprechen Sie Ihre Bekannten und Freunde auf eine Mitgliedschaft im BN an. Erzählen Sie von der Arbeit des BN und laden Sie sie ein Mitglied zu werden. Eine Beitrittskarte ďƒžnden Sie im Heft. Vielen Dank fĂźrr Ihr Engagement! h fĂźr den NaturJa, ich will mic utz einsetzen... tsch elts wel Umw nd Um und n Beitritt meine it m rmit hierm l e hie kläre rk e erklär .und er ...und n e.V. schut schutzz in Bayer N d Natur nd und Bund zum Bun Gew

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JANDA+ROSCHER, Die WerbeBotschafter

Fotos: BN-Archiv, fotolia

Die heimische Tierwelt kennen viele aber kaum. Das ist dramatisch. Denn das Bewusstsein fßr Umwelt und Natur wächst in der Kindheit. Deshalb setzt sich der BN dafßr ein, Kindern und Jugendlichen die Natur näher zu bringen.

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Natur + Umwelt 4-2012

Inhalt Bund Naturschutz Bayern 4 Ein Lob auf … Ein Journalist schreibt für die Umwelt, ein Landwirt bringt Wiesen zum ­Blühen, eine BN-Ökostation ­rettet Kulturlandschaft. Engagement, das jetzt belohnt wurde. Und mehr »Intern« 6 Leserbriefe 7 Ein Fall für die Tonne Zehn Tipps, wie Sie Weich-PVC aus Kita und Kinderzimmer ver­ bannen. Ratgeber 8 Eine Schule für’s Leben Unser T­itelthema zur Umweltbildung

Inhalt BUND

24 Serie »Natur schützen«

B1 BUND-Editorial

26 Ein Meilenstein der Energiewende Zwölf-Punkte-Aktionsplan: BN und Umweltministerium starten Energiesparoffensive. Und mehr »Aktuell«

B2 Magazin Kurznachrichten

28 Ein Moor wird wieder Moor Im Deininger Moos packen alle mit an. 29 Fotoseite 30 Ein Fall für den Biobagger Bei einem Beweidungsprojekt setzt der BN auf Wasserbüffel. In den Suhlen, die sie anlegen, siedeln sich Amphibien an. Und mehr »Regional«

B4 Kommentar Die Kosten der Energiewende B6 Biosphärenreservate Die Schorfheide-Chorin hat als Biosphärenreservat einiges zu bieten: Hunderte von Seen, wertvolle Wälder, viel Ökolandbau. Doch der Weg zur Modellregion ist noch weit. B10 Aktion Für eine bessere ­Landwirtschaft: Agrardemo »Wir haben es satt!«

38 Bildung

B11 Zur Zeit Netzausbau: Weniger ist mehr. Und weitere aktuelle Themen

39 Termine, Impressum

B15 Aktiv Neues aus dem BUND B16 Die junge Seite Performance gegen Plastik: Mit Kanus reiste die BUNDjugend Heidelberg den Neckar hinab und machte mobil gegen die Müllflut.

Liebe Leser

B18 Persönlich BUND-Forstexperte Henner Gonnermann im Interview Vielfalt ist dem Bund Naturschutz auch bei der Umweltbildung wichtig. In der aktuellen Ausgabe stellen wir Ihnen unser breit gefächertes Angebot überall in Bayern vor. Der BN leistet hier eine wichtige Arbeit für die ganze Gesellschaft. Gleichwohl wünschen wir uns, dass Natur und Ökologie wieder mehr Platz in unserem staatlichen Bildungssystem bekommen. Viele klassische Lehrstühle in Biologie, Landeskunde und anderen verwandten Disziplinen wurden abgebaut, sodass unseren jüngeren Menschen und Lehrern oft detaillierte Kenntnisse über die Natur- und Kulturzusammenhänge fehlen. Diese Entwicklung muss gestoppt und umgekehrt werden! Die Natur braucht an allen Universitäten und Schulen eine starke Stimme – weil man nur das, was man kennt, auch schützen kann. In diesem ­ Sinne wünsche ich Ihnen eine interessante und lehrreiche Lek­türe! Ihr Peter Rottner, Landesgeschäftsführer

Für’s Leben lernen

Wie lotsen wir Kinder und Jugendliche weg vom Computer und hinaus in die Natur? Gibt es noch Nachwuchs bei ­Hobby-Ornithologen und was können Jung und Alt in der Umweltbildung voneinander lernen? Fragen, denen die Natur+Umwelt im aktuellen Titelthema nachgeht. Ab Seite 8

Rückkehr mit Hindernissen

Die Wahrscheinlichkeit, in Bayerns Wäldern einen Luchs zu treffen, ist ziemlich gering. Und doch sind sie da. ­Spuren, Risse und seltene Schnappschüsse aus Fotofallen zeigen, dass der scheue Jäger zurück ist. Das Luchsprojekt Bayern soll ihm eine Zukunft sichern. Ab Seite 24

Schicksalsjahr für die Donau

Ende 2012 wird die Studie vorliegen, auf deren Grund­ lage sich die Zukunft der Donau entscheiden soll. ­Hoffnung macht eine Aussage des bayerischen Umweltministers gegen die Staustufenvariante. Seite 30

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Arbeitskreise im BN

Mitglieder­ gewinnung

Herr Berner, Mitgliedergewinnung klingt eher nach einem trockenen Geschäft. Warum liegt Ihnen dieser Bereich trotzdem am Herzen? Weil unser politisches Gewicht ebenso wie unsere finanzielle Handlungsfähigkeit an der Mitgliederzahl hängt. Schließlich verzichtet der BN konsequent auf Sponsoring – also sind wir auf Beiträge und Spenden angewiesen. Die Zeiten sind günstig für uns: Immer mehr Menschen ist die Umwelt wichtig, und der BN hat eine sehr hohe Glaubwürdigkeit. Wir wollen dazu beitragen, diese Chance noch konsequenter zu nutzen. Wie arbeitet der LAK Mitglieder­ gewinnung? Telefonhörer in die Hand und los geht’s? Wir haben keine operative Funktion, sondern arbeiten dem Vorstand zu, indem wir Ideen sammeln, ent­ wickeln und verbreiten. So hat die Kreisgruppe Lindau ein sehr erfolgreiches Konzept zur Rückgewinnung von Mitgliedern entwickelt, das wir im Verband bekannt gemacht haben. Und wir haben die Mitgliederwerbung via Internet vorangetrieben. Was war der größte Erfolg des LAK? Wir haben das Bewusstsein für die Bedeutung der Mitgliederwerbung bei ehren- und hauptamtlichen ­Aktiven deutlich verbessert, und wir geben unserer professionellen ­Werbung gute Rückendeckung. Mit vereinten Kräften haben wir erreicht, dass der Verband wieder kontinuierlich wächst. Welches Ziel möchten Sie in den nächsten Jahren erreichen? 300 000 Mitglieder – und eine Ermutigung der anderen Landesverbände in die gleiche Richtung.

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Mit spitzer Feder für die Umwelt

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er Bund Naturschutz hat den Journalisten Herbert Fuehr für seine umweltpolitische Bericht­ erstattung ausgezeichnet. Im Juli verliehen Hubert Weiger (rechts) und Doris Tropper dem langjährigen Leiter des Ressorts Innenpolitik der »Nürnberger Nachrichten« die Bayerische Naturschutzmedaille. Herbert Fuehr habe jahrzehntelang eindrucksvoll über agrar-, naturund umweltpolitische Themen berichtet und gleichzeitig Bezüge zur Region und zum eigenen Handeln hergestellt, hieß es in der Laudatio. »Er hat Konzepte und Programme des staatlichen und verbandlichen ­Umweltschutzes in alltagstaugliche Texte übersetzt, die journalistische Distanz dabei gewahrt und damit zu einer fundierten Diskussion der Umweltpolitik in Bayern beigetragen«, stellte Hubert Weiger heraus. Dabei habe der Journalist nicht an deutlichen Worten gespart: »Er hat die gängige Politik kritisiert, die komplexen Mechanismen von Naturzerstörung oder Klimaveränderung analysiert und Profiteure wie Interessen transparent gemacht«, lobte Weiger. Ermöglicht habe diese engagierte Berichterstattung die ­liberale und doch wertgebundene Redaktion und Verlagsleitung der »Nürnberger Nachrichten«. Weiger hoffe, dass die Zeitung die Tradition von Herbert Fuehr fortführe und »engagierte Umweltjournalisten nicht wie bei vielen anderen Medien bald nur noch auf der Roten Liste für gefährdete Spezies zu finden sind«. Herbert Fuehr hat sich Mitte dieses Jahres in den Ruhestand verabschiedet.

Foto: Steidl

Foto: Nürnberger Nachrichten/Hagen Gerullis

Foto: Gahr & Popp

Mehr im Internet Seit Ausgabe 2-11 stellen wir in jedem Heft einen BN-­ Landesarbeitskreis (LAK) vor. Dieses Mal sprachen wir mit Winfried Berner. Er ist Sprecher des LAK Mitglieder­ gewinnung. Weitere Interviews unter www.bund-natur­ schutz.de/magazin

Der Wiesen­ meister 2012

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n diesem Jahr fand die von BN und Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) ins Leben gerufene Wiesenmeisterschaft im Naturpark Frankenwald statt. 32 Landwirte präsentierten dort ihre artenreichen Wiesen. Neben der Artenvielfalt war entscheidend, dass auf den Grünflächen schmackhaftes Futter für Rinder und Schafe wächst. Bei der Ehrung der Siegerbetriebe erhielt Jürgen Schülein aus dem Landkreis Kronach (Foto) den ersten Platz. Er bewirtschaftet 200 Hektar Weideflächen mit einer großen ­Mutterkuh- und Schafherde. Bei ­ der Siegerwiese handelt es sich um eine für den Frankenwald typische Storchschnabelwiese mit Arten wie Schlangenknöterich oder Großer Wiesenknopf. Der zweite Preis ging an den Demeterbetrieb der Familie Degel, die in Carlsgrün im Landkreis Hof eine Wiese mit Knabenkraut, Kreuzblümchen und KuckucksLichtnelke pflegt. Den dritten Preis teilten sich Heinrich Bauersachs aus Mitwitz,
Manfred Eidelloth aus Stockheim und Manfred Haas. Alle 32 Landwirte erbringen mit ihrer Grünlandpflege wertvolle Leistungen für die Gesellschaft, von denen Landschaft und Tourismus profitieren. Der BN-Vorsitzende ­Hubert Weiger appellierte an die baye­rische Staatsregierung, ausreichend Finanzmittel für die Fort­ führung des Kulturlandschafts- und Vertrags­naturschutzprogramms ­bereitzustellen, um die Bewirtschaftung artenreicher Wiesen und ­Weiden auch künftig zu sichern. Mehr Infos zur Wiesenmeister­ schaft: www.bund-naturschutz.de/ projekte/wiesenmeisterschaft.html


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ie Neumarkter Lammsbräu hat das Ehepaar Hubert Weinzierl und Beate Seitz-Weinzierl (Foto) für sein außergewöhnliches Engagement im Bereich der Umweltbildung mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet. Hubert Weinzierl gehört seit Jahrzehnten zu den führenden deutschen Umweltschützern und war von 1969 bis 2002 Vorsitzender des Bundes Naturschutz. Beate SeitzWeinzierl, ehemals Leiterin des BNBildungswerks, führt heute das Umweltzentrum Schloss Wiesenfelden in Niederbayern. Dort ermögliche das Ehepaar den Menschen faszinierende Naturerlebnisse und fördere so das nachhaltige Handeln des Einzelnen, begründete die Biobrauerei ihre Auszeichnung. Dem Naturschutzzentrum Wengleinpark verlieh die Neumarkter Lammsbräu den diesjährigen Nachhaltigkeitspreis. Sie ehrte die BNÖkostation damit für ihre Umweltbildungsarbeit, den Erhalt einer alten Kulturlandschaft und die Förderung heimatnaher Wirtschaftskreisläufe. Die Pioniere des Naturschutzzentrums, Rainer Wölfel und Karl Heinlein, setzen sich dafür ein, Kulturlandschaft zu erhalten (siehe auch S. 21). Gemeinsam reaktivierten und retteten sie die regionaltypischen »Hutanger« – ehemalige Dorfweiden, die mit ihren alten Baumbeständen und wertvollen Magerrasen einzigartig in Deutschland sind. Auf ihre Anregung hin entstanden Regionalinitiativen wie die Streuobstinitiative Hersbrucker Alb, die Bauerngemeinschaft landwirtschaftlicher Direktvermarkter oder die Initiative »Heimat auf’m Teller«.

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it millionenschwerer Lobby­ arbeit haben Atomkonzerne und Industrieverbände die schwarzgelbe Koalition vor drei Jahren dazu gedrängt, die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke zu verlängern. Nach dem schrecklichen GAU in Fukushima protestierten Hunderttausende gegen diese Politik. Federführend dabei: die Aktiven des Bundes Naturschutz und des BUND. Gemeinsam mit Bürgerinitiativen und den anderen Parteien erreichten sie, dass acht der 17 deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet ­wurden, und setzten damit die ­Energiewende in Gang. Doch diese Wende hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung ist in großer ­Gefahr. Nicht nur, dass keine Partei mehr aktiv den sofortigen Atom­ ausstieg als einzig verantwortbare Konsequenz aus den Katastrophen in Tschernobyl und Fukushima fordert – und das, obwohl der »Stresstest« der EU die Sicherheitsmängel der europäischen Atomkraftwerke gerade erneut offengelegt hat. Wie schon bei der Laufzeitverlängerung warnen Vertreter der Energiekonzerne gemeinsam mit Politikern wie den FDP-Wirtschaftsministern Philipp Rösler und Martin Zeil geradezu unverfroren vor drohenden Stromausfällen und steigenden Strompreisen. Kein Wunder, gefährden doch der erfolgreiche Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Dezentralisierung der Stromerzeugung die lukrativen Geschäfte der Stromkonzerne, die früher Traumrenditen zwischen 15 und 25 Prozent erzielten. Um diese Entwicklung zu bremsen, diskreditieren diese Windkraft, Sonnenenergie & Co. Die Wahrheit ist: Seit 2002 sind die Strompreise um zehn Cent pro Kilowattstunde gestiegen. Die Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren Energien haben sich im gleichen Zeitraum nur um drei Cent pro Kilowattstunde erhöht. Mehr als zwei Drittel des Preisanstiegs haben also nichts mit der Förderung nachhaltiger Energiequellen zu tun. Das bliebe auch in Zukunft so, hätte die Bundesregie-

rung nicht weite Teile der Industrie von der EEG-Umlage ausgenommen. So verbrauchen einige Hundert Firmen zwar rund 18 Prozent des deutschen Stroms, zahlen aber nur 0,3 Prozent der Umlage. Die ­Wochenzeitung »Die Zeit« warnte in diesem Zusammenhang treffend vor der manipulativen »Strompreis­ lüge«. Der Bund Naturschutz wird in Zukunft verstärkt diese Hintergründe offenlegen und gleichzeitig das Energiesparen als zentrale Säule einer echten ökologischen Energiewende einfordern. Außerdem müssen die Erneuerbaren planvoller und gezielt dort ausgebaut werden, wo der Strom gebraucht wird, um zu große Eingriffe in die Landschaft zu vermeiden. Solche »ökologischen Leitplanken« sind wichtig, um die Akzeptanz für die Energiewende zu sichern. Ein erster Erfolg: Der ­bayerische Umweltminister Marcel Huber hat gemeinsam mit dem BN und dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) einen Zwölf-PunkteAktionsplan zum Energiesparen vorgestellt. In den nächsten acht Jahren sollen im Freistaat 20 Prozent des Stromverbrauchs von 2010 eingespart werden. Nur mit einer starken Umweltbewegung können wir dies erreichen und skrupellosen Lobbyisten Paroli bieten. Bitte unterstützen Sie daher weiterhin Ihren Bund Naturschutz und retten Sie mit uns die ökologische Energiewende!

Foto: Roggenthin

Liebe Mitglieder

Foto: Neumarkter Lammsbräu

Ehrung für Ehepaar Weinzierl und Wengleinpark

Retten wir die ökologische Energiewende!

Ihr Prof. Dr. Hubert Weiger, Vorsitzender des BN Ihre Doris Tropper, stv. Vorsitzende des BN Ihr Sebastian Schönauer, stv. Vorsitzender des BN

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Energiewende: finanzieller ­Aufwand nicht zu hoch

Schreiben Sie uns! Wir freuen uns auf Ihre Meinung: BN-Magazin »Natur+Umwelt«, Dr.-JohannMaier-Str. 4, 93049 Regensburg, nu@bundnaturschutz.de

Zum Titelthema »Verschwendung stoppen – Erneuerbare voran­ bringen« in N+U 3-12 Die Regierung spricht von durch die Einspeisevergütung aufgeblähten Stromkosten. Wenn man genau hinschaut, sind es pro Haushalt vielleicht 100 Euro im Jahr. Es könnte erheblich weniger sein, wenn man nicht Teile der Industrie von der EEG-Umlage ausnehmen würde. In Anbetracht der Bedeutung der ­Abkehr von für Generationen gesundheits- und lebensgefährlichen Belastungen durch Atom­kraft und Kohle ist der finan­ zielle Aufwand wohl nicht zu viel, zumal der Privatverbraucher zum Nachdenken über

Stromsparen angeregt werden soll. Mich würde sehr interessieren, wie es kommt, dass die Bundesregierung auf den Gedanken verfallen ist, die Kosten der regenerativen Energien auf die privaten Stromverbraucher zu verteilen, hingegen die enormen Kosten, die durch den Atomstrom entstanden sind und noch entstehen, auf alle Steuer­ zahler. Gisela Munker, Eggstätt

Staudämme zerstören ­ Europas Wildflüsse

Zum Beitrag »Wasserkraft: Geht da noch was?« in N+U 3-12 Erfreulicherweise wurde die Problematik der Wasserkraftnutzung als erneuerbare, »grüne« Energie und die verheerenden ökologischen ­Folgen für die damit verbundene Zerstörung von Fließgewässern – wenngleich regional auf Bayern ­beschränkt – thematisiert. Innerhalb der EU, also gewissermaßen vor unserer Haustüre, vernichtet ein ganzes System von Staudämmen

die letzten Wildflüsse Europas, ­unabhängig von deren Schutzstatus und unter Missachtung von EURecht. An erster Stelle das AKWfreie Portugal, wo zurzeit das gesamte Flusssystem des Rio Douro mit sechs Megatalsperren und zahlreichen kleineren Begleitdämmen dem Energiehunger zum Opfer fällt. Es ist dies unter vielen ein besonders bedrückendes Beispiel dafür, dass der Niedergang der Biodiversität primär nicht mit dem Klimawandel, sondern mit der Zerstörung der Lebensräume verknüpft ist. Rudolf Malkmus, Wiesthal

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PVC-freie Kitas und Kinderzimmer

Hausverbot für Weichmacher Turnmatten, Spielzeug, Gummistiefel, Gymnastikbälle – im Kindergarten sind unzählige Dinge aus Weich-PVC. Schön praktisch, aber auch ganz schön ungesund. Denn häufig verstecken sich darin gesundheitsschädliche Weichmacher. Wie kann man sie vermeiden?

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iele deutsche Kitas sind hoch mit Phthalaten ­belastet. Das ergaben BUND-Untersuchungen in mehr als 200 deutschen Kindergärten. Diese Weich­ macher wirken ähnlich wie körpereigene Hormone und können damit das hormonelle System des Menschen durcheinanderbringen. Besonders gefährdet sind Föten im Mutterleib und Kleinkinder, weil das Hormonsystem die körperliche und geistige Entwicklung steuert. Weichmacher werden unter anderem mit Missbildungen der Geschlechtsorgane, verfrühter Pubertät und späteren Störungen der Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht.

Durchschnittlich fanden sich in den Kitas deutlich mehr Weichmacher als in normalen Haushalten. Wahrscheinlich, weil hier so viele Produkte aus Weich-PVC verwendet werden – von der Tischdecke aus Wachstuch bis hin zum Bodenbelag. Weichmacher sorgen dafür, dass der harte, spröde Kunststoff PVC elastisch wird. Das Problem dabei: Sie sind nicht fest im Plastik gebunden und gasen mit der Zeit aus. Sie gehen in die Atemluft oder den Hausstaub über und werden von Kindern eingeatmet, verschluckt oder direkt über die Haut aufgenommen. Zwar ist der Einsatz bestimmter Weichmacher in Kinderspielzeug verboten, das gilt aber nicht für viele andere Gegenstände, mit denen Kinder tagtäglich in Berührung kommen. Dänemark will deshalb auf nationaler Ebene vier besonders schädliche Weichmacher in allen Produkten des Innenraums verbieten. Deutschland wartet dagegen ab.

Zehn Tipps für gesunde Kitas und Kinderzimmer

 Meiden Sie Produkte aus Weich-PVC. Diese sind teils mit dem Kürzel »PVC«, der Bezeichnung »Vinyl« oder dem Recyclingcode »3« versehen.  Überprüfen Sie die üblichen Verdächtigen: Fußbodenbeläge, Vlies- oder Vinyltapeten, Turnmatten, Duschvorhänge, abwaschbare Tischdecken, (Gymnastik-)Bälle, Kunstledersofas, Regenbekleidung, aufblasbares Wasserspielzeug.

Rat holen, nachlesen

Der neue BUND-Ratgeber für PVC-freie Kindergärten und Kinderzimmer gibt Tipps, wie Sie Weich-PVC ­erkennen und vermeiden können. Eine Liste mit PVC-freien Kitaprodukten erleichtert den Einkauf. Die Broschüre erhalten Sie gratis im BUNDladen: Tel. 030-2 7586-480, bestellung@bundladen.de.

Illu: Blumenschein

Unsichtbar und überall

 Wenn es Plastik sein muss: Greifen Sie zu Kunststoffen, die auch ohne Weichmacher elastisch sind, wie Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE).  Auch Farben, Lacke und Klebstoffe können Weichmacher enthalten. Schadstoffarme Produkte tragen den Blauen Engel.  Achten Sie beim Spielzeugkauf auf Gütezeichen. Der BUND empfiehlt das GS- und das »Spiel-gut«-Siegel.  Weniger ist mehr: Kaufen Sie lieber weniger und dafür qualitativ hochwertige Produkte.  Auch Lebensmittel können mit Weichmachern belastet sein. Greifen Sie wann immer möglich zu frischen, unverarbeiteten Lebensmitteln, die nicht in Plastik eingeschweißt sind.  Haken Sie beim Hersteller nach, ob ein Produkt besonders gefährliche Stoffe enthält. Die europäische Chemikalienverordnung Reach verpflichtet Unternehmen, Ihnen kostenlos zu antworten. Besonders einfach lässt sich die »Giftfrage« mit dem Anfragegenerator des BUND stellen: www.bund.net/giftfrage  Vertrauen Sie Ihrer Nase: Plastikprodukte, die stark riechen, enthalten ausgasende Stoffe. Diese am besten gar nicht erst kaufen.  Sorgen Sie für gutes Klima: Auch durch häufiges Lüften und Wischen können Sie die Schadstoffbelastung im Innenraum mindern. Sarah Häuser

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Umweltbildung im BUND Die Umweltbildung ist ein Eckpfeiler des Natur- und Umweltschutzes. BUND und BUNDjugend unterbreiten Menschen aller Altersgruppen ein buntes Spektrum von Angeboten. Neben den klassischen Wurzeln der Umweltbildung – Naturerlebnis und Naturerfahrung – greift der BUND immer häufiger auch sozio-ökonomische Aspekte auf. »Bildung für nachhaltige Entwicklung« lautet hier die Devise. Wie keine zweite Disziplin ist die moderne Umweltpädagogik dazu geeignet, die Ziele eines lebendigen, lebenslangen Lernens zu erfüllen. Unser Titelthema gibt Ihnen einen Einblick in die Bildungsarbeit des BUND.

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Natur und Umwelt bilden D

as Grundstück neben meinem Elternhaus war der »wilde Garten«. Eine Brache, in einer Kleinstadt eher eine Seltenheit, mit hohem Gras, verwachsenen Kletterbäumen und Erdlöchern. Viele Stunden waren wir Kinder darin unterwegs, ohne Aufsicht und ins Spiel versunken. Heute wird beklagt, dass selbst derart kleine Freiräume (neudeutsch: Naturerfahrungsräume) vielerorts fehlen. Nun haben Klagen über den Wandel der Kindheit zwar Tradition. »Früher war alles besser«, damit wurde schon so manchem kulturellen Wandel begegnet. Doch zum Besseren scheinen sich die Bedingungen, unter denen Kinder heute aufwachsen, seit meiner Zeit tatsächlich nicht entwickelt zu haben.

TITELTH EMA

Kinder und Jugendliche erfahren Natur immer seltener. Ihr Spiel im Freien findet zu oft auf Spielplätzen statt. Diese erlauben vorprogrammierte Bewegungsabläufe, bieten aber kaum Raum, die eigene Kreativität auszuleben. Wird sie doch ausgelebt und bricht ein Ast vom Kletterbaum, so ist schnell von Zerstörungswut die Rede. Zunehmend trichtern wir schon den Kleinsten ein, dass die Natur vor dem Menschen geschützt werden müsse. Dabei prägen vor allem die Erfahrungen der Kindheit das spätere Naturempfinden. Kinder müssen eine emotionale Bindung zur Natur herstellen. Das funktioniert nur über direkte Erfahrung.

Von der Hand zum Herzen Genormte Spielplätze Über die Hälfte aller deutschen Stadtkinder spielen fast ausschließlich drinnen – in der Wohnung, im Kindergarten oder Schulhort. Kinder zwischen drei und dreizehn schauen täglich im Schnitt rund 90 Minuten fern und sitzen noch einmal fast so lange vor dem PC. Wo Kinder draußen lärmen, ziehen Anwohner vor Gericht. Und Eltern schränken die Bewegungsfreiheit ihrer Kinder ein, indem sie sie von einem Ort zum anderen fahren und davor zurückschrecken, sie allein draußen spielen zu lassen. So treffen sich Kinder kaum noch zufällig zum Spielen im Freien. Auch die »Spielräume« sind selten geworden – mein »wilder Garten« wurde zum Sitz einer Telefongesellschaft.

Das Umwelthaus Neustädter Bucht an der Ostsee dient seit 1992 als außerschulischer Lernort. Kinder lernen hier die Lebensräume Wald und Ostsee kennen, und Menschen jedes Alters buchen Seminare und Exkursionen. 200 000 Menschen konnte der BUND Schleswig-Holstein bereits willkommen heißen. www.bund-umwelthaus.de

Mädchen der Saarländer Kindergruppe »Wilde Clique« bei der Verschönerung ihrer Naturtagebücher.

Parallel zu dieser Entwicklung nehmen Krankheiten und Störungen zu. Jedes fünfte Kind leidet unter dem Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom, Angst und Depressionen sind schon in jungen Jahren keine Seltenheit. Für diese Entwicklung ist eine Fülle von Faktoren verantwortlich – Schulstress zum Beispiel oder Zukunftsangst. Wie immer man diese gewichten mag: Naturerfahrung ist Freiheit. Kinder sind von Natur aus neugierig und möchten experimentieren und forschen. Ein Kind lernt erst mit der Hand, dann mit dem Kopf und schließlich mit dem Herzen. Dabei kommt es vom Erlebnis über die Erfahrung zur Erkenntnis. Wie erhalten Kinder und Jugendliche Gelegenheit, mehr in der Natur zu sein und über Natur zu erfahren?

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TITELTH EMA

Dies ist eine Herausforderung, der sich Schule oder außerschulische Bildung momentan nicht ausreichend stellt. Oder stellen kann: Vielen Bildungseinrichtungen fehlt es an Personal, Geld und Räumen. Auch deshalb kommen Klima- und Artenschutz, Naturerfahrung und Fragen der Nachhaltigkeit entschieden zu kurz. Eltern sind oft ebenfalls überfordert, ihnen fehlt es an Zeit und auch an Wissen über natürliche Zusammenhänge. Klassische familiäre Strukturen – etwa mit Großeltern, die ihre Erfahrungen weitergeben könnten –, gehen allmählich verloren.

Reiches Bildungsangebot

Wege in die Zukunft zeigen In der Bildung für nachhaltige Entwicklung finden Denken und Handeln zusammen. Sie wird zur nächsten großen Aufgabe für Verbände und Kommunen. Es geht um nicht weniger als die sozialen, ökonomischen und ökologischen Fragen der globalen Entwicklung. Wie können junge Menschen ihre Erfahrungen, Wirklichkeiten und Wünsche mit globalen Veränderungen in Beziehung setzen, wie ihre Fragen an die Zukunft entwickeln, ohne mutlos zu werden? Schwierig wird es oft, wenn globale Auswirkungen in Beziehung zur eigenen Lebenswelt treten: Kann ich das hippe T-Shirt kaufen, obwohl seine Hersteller die Natur zerstören und Menschen ausbeuten? Wie sich soziale, ökologische und ökonomische Aspekte verquicken lassen, zeigt die BUNDjugend mit ihren konsumkritischen Stadtführungen. Im BUND tut sich viel in dieser Richtung, an vielen Orten. Das spiegelt auch unsre Bildungsbroschüre wider (siehe Foto links; Bezug: BUNDladen, Tel. (0 30) 2 75 86-4 80, bestellung@bundladen.de). Nun gilt es die Bildung für nachhaltige Entwicklung auf allen Ebenen zu verankern, in Kindergärten, Schulen und Hochschulen, in der Aus- und Fortbildung, in Kantinen und Mensen, Landesjugendplänen und vielem mehr. Dafür wird sich der BUND entschieden einsetzen – und mit seiner eigenen Bildungsarbeit ein Beispiel geben: wertorientiert, kritisch und politisch. Martina Löw … leitet das Freiwilligenreferat des BUND.

Jan Beyer

www.bund.net/ umweltbildung

Im BUND wird die Umweltbildung deshalb auch künftig ihren hohen Stellenwert behaupten. Was 1986 mit einer ersten großen Kampagne zum Thema »Naturschutz beginnt im Garten« startete, hat sich dank unserer Orts- und Kreisgruppen und der Landesverbände zu einem bundesweiten und vielfältigen Angebot der Umweltbildung aufgefächert. So wurde der Bund Naturschutz (BUND in Bayern) schon als »größte ökologische Volkshochschule« des Landes bezeichnet. Unsere Bildungsangebote reichen von den Küsten bis zu den Alpen. Sie richten sich an alle Altersgruppen, von den klassischen Exkursionen über spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche bis zu Bildungsreisen. Aktionstage und selbst politische Kampagnen werden mit Bildungsaspekten versehen. Jede zweite Gruppe im BUND bietet auf die ein oder andere Weise Umweltbildung an. Ihre Veranstaltungen sind für das Erleben der Natur mancherorts unverzichtbar geworden. Und die Umweltbildung hat sich weiterentwickelt, zu einer Bildung für nachhaltige Entwicklung. Mehr denn je erfordert sie heute das Engagement von Lehrern und Schülern, Eltern und Großeltern, Experten und Behörden, damit sie nicht nur ein »Thema« ist.

Das fängt bei der Ausbildung von Lehrerinnen und Erziehern an. Natur und ökologische Zusammenhänge kommen hier so gut wie nicht vor. Wie aber sollen sie dann den Schritt aus dem Klassenzimmer wagen? Viele Schulen begrüßen das Bildungsangebot des BUND – können aber zur Kostendeckung nichts beitragen.

Hämmern und bohren oder die Natur erforschen – die Bildungsangebote des BUND sind reichhaltig. Links: Kinder der sächsischen Regionalgruppe Thalheim bauen ein Insektenhotel. Rechts: Juniorranger in der Goitzsche-Wildnis der BUNDstiftung bei Bitterfeld ( www.bund.net /goitzsche).

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Neugierde und Leidenschaft Birgit Eschenlohr koordiniert die Kindergruppen des BUND Baden-Württemberg und ist stellvertretende Sprecherin des Arbeitskreises »Umweltbildung«. Das BUNDmagazin sprach mit ihr über Qualifizierung in der Umweltbildung.

Frau Eschenlohr, Sie schulen in Baden-Württemberg seit zehn Jahren LeiterInnen von Kindergruppen und solche, die es werden wollen. Mit welchem Ziel? Wir bereiten Frauen und Männer darauf vor, Kindergruppen zu gründen und zu leiten. Jeder muss wissen: Wie sieht es mit der Aufsichtspflicht aus, wie bin ich im Verband versichert? Und wie meistere ich Krisensituationen? Außerdem kommen die Leute zu uns, um zu erfahren, wie sie bestimmte Themen aufbereiten können. Wie vermittle ich die Bedeutung der biologischen Vielfalt? Wie begeistere ich Jugendliche dafür, eine Streuobstwiese zu pflegen? Wir zeigen, wie man Spiele anleitet, einen Spannungsbogen aufbaut oder die Facetten eines Themas wie »Wasser« beleuchtet – vom »virtuellen Wasser« übers Keschern bis zum Hochwasserschutz. Das ist Bildung für nachhaltige Entwicklung zum Anfassen. War Ihr Einstieg in die Umweltbildung auch mit einer gezielten Qualifizierung verbunden? Ja, ich habe mein Handwerkszeug in Freiburg erhalten, im Rahmen einer einjährigen naturpädagogischen Weiterbildung. Was ich dort gelernt habe, konnte ich mit Unterstützung meines BUND-Kreisverbandes Biberach gleich an Schulen praktisch ausprobieren. Was raten Sie Menschen, die in der Umweltbildung aktiv werden wollen? Viele sind anfangs gehemmt, weil sie keine Biologen oder studierte Fachkräfte sind, die auf jede Frage eine Antwort wissen. Diesen Zahn können wir ihnen schnell ziehen. Denn auch wir haben nicht alle Antworten parat. Viel wichtiger ist es für Kinder, Menschen zu erleben, die sich mit Leidenschaft für eine Sache einsetzen, die mit Neugierde und Freude dabei sind, das ist das Wichtigste. Im Übrigen gibt es verschiedenste Möglichkeiten der Weiterbildung. Wer interessiert ist, kann sich gern von uns beraten lassen. Ist Qualifizierung in der Umweltbildung auch deshalb nötig, weil sich die Zielgruppen laufend verändern, etwa über immer weniger Vorwissen verfügen? Manche Kinder wissen heute Details über exotische Tiere, denken aber, dass die Möhren auf Bäumen wachsen. Doch wir erleben ein konstantes Bedürfnis, mehr über die Natur zu erfahren und diese draußen gemeinsam zu erleben. Wirklich verändert hat sich

jedoch unsere Strategie. Denn wir haben festgestellt, dass die Bildungsangebote des BUND bestimmte Menschen bisher nicht erreicht haben – etwa solche mit Migrationshintergrund. Hier liegt also eine Herausforderung, offenere Formen der Qualifizierung zu finden. Gerade die alten Hasen unter uns haben Lust, neue Bildungskonzepte zu entwickeln. Dabei unterstützen wir sie gern. Schon heute schult der BUND vielerorts Menschen für die Umweltbildung. Wollen Sie einige Angebote hervorheben? Sehr gerne. Der BUND in Rheinland-Pfalz bildet derzeit 60 Ehrenamtliche zu »Wiesenbotschaftern« aus, ähnlich wie wir dies in Freiburg mit unseren »Schmetterlings-Guides« tun. In Brandenburg bietet die BUNDjugend tolle Weiterbildungen für nachhaltige Entwicklung an. In NRW stärken BUND und BUNDjugend die Bildung für nachhaltige Entwicklung und qualifizieren UmweltbildnerInnen für die Durchführung von »Umweltagenten-AGs« an Ganztagesschulen. In Hessen gibt es Eine-Erde-Camps und einen tollen Leitfaden »Gesund durch die Freizeit«. Und am Ammersee lädt der Bund Naturschutz alljährlich Umweltbildner aus ganz Deutschland ein, die sich hier austauschen und Projekte planen. Noch ein Wort zum BUND-Arbeitskreis Umweltbildung: Was beschäftigt Sie derzeit, und wer macht da mit? Wir planen für kommendes Jahr ein bundesweites Bildungstreffen – um einander unsere Materialien vorzustellen und uns noch besser zu vernetzen. Zudem erarbeiten wir gerade eine Handreichung für Naturerlebnisräume. Zu unserem Arbeitskreis: Wir sind eine bunte Mischung aus Haupt- und Ehrenamt und Freiberuflern, aus Jung und Alt. Neue Leute sind uns immer willkommen! Birgit Eschenlohr, BUND Baden-Württemberg, Marienstr. 28, 70178 Stuttgart, Tel. (01 77) 9 30 08 89, birgit.eschenlohr@bund.net, www.bund.net / ak_umweltbildung

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BUND + BUNDjugend

TITELTH EMA

Umweltbildung in Zahlen Lädt eine Ortsgruppe zur Exkursion in ein von ihr betreutes Naturschutzgebiet, so ist das Umweltbildung. Werben zehn Landesverbände gemeinsam mit dem Bundesverband jahrelang für den Schutz der Wildkatze, ist dies ebenfalls Umweltbildung. Wir wollten einen Überblick gewinnen und haben alle BUND-Landesverbände gebeten, ihre Bildungsarbeit in Zahlen zu fassen. In der Summe ergaben sich:

430

39

13500

530000

Kindergruppen

Umweltstationen

Veranstaltungen p.a.

Teilnehmer p.a.

*

*

* Während die Zahl der Kindergruppen und der Ökostationen sich recht genau ermitteln ließ, konnten die Bildungsveranstaltungen und ihre Teilnehmer nur geschätzt werden. Diese Zahlen dürften in Wirklichkeit noch deutlich höher liegen. Gerade die BUND-Aktivitäten auf lokaler Ebene sind in manchen Bundesländern bislang nur unvollständig dokumentiert.

Bildung für nachhaltige Entwicklung BUND und BUNDjugend in NRW qualifizieren engagierte Mitstreiter für die Leitung einer UmweltAG an Ganztagsschulen. Sie unterstützen zudem mit Material und Beratung sowie der Vermittlung an eine Schule. Eine Lernreihe enthält viele Tipps für die praktische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Für Grundschul-AGs hat die BUNDjugend NRW das Konzept »Umwelt-Agenten – im Auftrag der Natur« entwickelt. Mehr dazu: www.einfachganzanders.de, www.umweltbildung-ogs.de

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Ornithologische Tage am Ammersee Viele Kinder wachsen ohne Bezug zur Natur auf. Ihr Wissen um Natur und Umwelt schwindet – nicht aber ihr Interesse. Deshalb veranstaltet das Naturschutz- und Jugendzentrum Wartaweil am Ammersee das Seminar »Junge Artenschützer auf der Roten Liste? Ornithologische Tage für Kinder und Jugendliche«. Wer zwischen 10 und 16 Jahre alt ist, kann vom 13. bis 15. Februar seine Artenkenntnis vertiefen, unterstützt von erfahrenen älteren Vogelbeobachtern. Im Mittelpunkt stehen die Stand- und Zugvögel, die sich im Winter zu Tausenden auf dem Ammersee einfinden. Infos und Anmeldung: Tel. (0 81 52) 96 77 08, www.bund-naturschutz.de/wartaweil

Naturtagebuch 1993 von der BUNDjugend Baden-Württemberg ins Leben gerufen, hat sich das Natur tagebuch zum größten Umweltbildungsprojekt des BUND für Kinder entwickelt. Jahr für Jahr erforschen Tausende von Kindern zwischen 8 und 12 mit Manfred Mistkäfer die heimische Natur. Das Foto zeigt die diesjährige Auszeichnung der schönsten und originellsten Tagebücher am 24. März in Stuttgart. Begleitend zum Wettbewerb erscheint vierteljährlich das Manfred-Mistkäfer-Magazin. www.naturtagebuch.de

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Je mehr Hightech, desto mehr Natur brauchen wir!

332 Seiten, gebunden, a 19,95 D ISBN 978-3-407-85948-8 Auch als E-Book erhältlich

In seinem neuen Buch zeigt Richard Louv, wie wir trotz Smartphone, Technik und Internet wieder mitten in der Natur leben können. Eine Fülle von Ideen und Projekten aus aller Welt, dazu Interviews und persönliche Berichte, verbunden mit Ergebnissen aus Neurobiologie, Ökopsychologie und Städtebau – sie alle zeigen uns die Natur als Mittel der Entschleunigung, als unverzichtbaren Ruhepol im hektischen Alltag. Erst wenn es uns gelingt, ihre Kräfte zu nutzen, wird es uns möglich sein, gesünder, stressfreier und wieder intensiver zu leben. Und der Naturdefizitstörung, an der immer mehr Menschen leiden, ein Ende zu setzen.

Leseprobe auf www.beltz.de


Perspektive der Umweltbildung

TITELTH EMA

Dialog der Generationen Zu erfahren, was ältere Menschen an Fertigkeiten und Wissen gesammelt haben, kann für junge Menschen wertvoll sein – auch und gerade in der Umweltbildung. Der BUND versucht die Generationen zusammenzubringen. Und das zu aller Nutzen.

staatliche Erhöhung des Rentenalters. Immer mehr ältere Menschen werden im Anschluss an ihr Berufsleben einen Zusatzerwerb suchen müssen. Mit diesen Anforderungen sollten sich Umweltbildungseinrichtungen langfristig auseinandersetzen.

Generation mit Erfahrung

D

ie Deutschen werden immer älter. Eine schlichte Wahrheit, die Politik und Gesellschaft vor gewaltige Herausforderungen stellt. Noch nie lebten so viele Generationen nebeneinander wie heute. Dies erzeugt Spannungen. Gleichzeitig eröffnet es Chancen: Die meisten Kinder lernen noch ihre Großeltern kennen, manche sogar ihre Urgroßeltern. Zudem haben immer mehr Menschen das Bedürfnis, sich nach ihrer Arbeitsoder Familienphase sinnvoll zu engagieren und dabei noch etwas hinzuzulernen. Dies gilt es für die Bildungsarbeit zu nutzen. 2050 wird in Deutschland vermutlich eine der ältesten Bevölkerungen der Welt leben. Die Zahl der über 65-Jährigen wird doppelt so hoch sein wie die der unter 20-Jährigen. Zwei weitere Trends gefährden die Solidarität der Generationen: Der rasante Schwund bezahlter Arbeit, der viele Menschen dazu zwingt, schon vor Eintritt der Rente in den Ruhestand zu gehen – und die

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Ältere Menschen können und wissen oft viel. Dieses Potenzial sollte für die Umweltbildung gewonnen werden. Erhalten interessierte und qualifizierte Ältere eine weiterhin sinnvolle Lebensperspektive, profitiert auch die Gesellschaft. Die dritte Lebensphase – das sind 20 Jahre und mehr, die vielen Menschen in Gesundheit und Aktivität geschenkt sind. Sie gilt es für den Einzelnen, aber auch die Gemeinschaft zu gestalten. Gerade in puncto »nachhaltiger Lebensstil« haben Ältere den Jüngeren viel voraus: Was Nachhaltigkeit heißt, muss ihnen niemand erklären. Sie überblicken lange Zeiträume und durchschauen nicht selten, wenn sich Politik und Wirtschaft in bloßem Aktionismus ergehen. Wenn ältere Menschen eine starke Beziehung zur Natur empfinden, hat dies ganz pragmatische Gründe: Nach dem Krieg war das Sammeln von Nahrungsmitteln und Rohstoffen keine Freizeitbeschäftigung, sondern Überlebensstrategie. Die Menschen waren zu einem nachhaltigen Lebensstil gezwungen und schonten Energie und Material. Man wusste Lebensmittel selbst zu erzeugen, zu verarbeiten und haltbar zu machen. Regionale, saisonale und meist naturschonend erzeugte Zutaten aus dem Garten oder vom Markt prägten den Speisezettel.

Generation mit Zuversicht Alle vier Jahre untersucht die große Shell-Jugendstudie, wie Deutschlands Nachwuchs tickt: zuversichtlich und selbstbewusst, lautete das Fazit 2010. Nicht der oft zitierte deutsche Pessimismus kennzeichnet die Kinder und Jugendlichen, sondern ein Glaube an die Zukunft wie bei kaum einer Generation zuvor. Und das, obwohl die Probleme unserer Zeit sehr wohl bewusst sind – die Wirtschaftskrise, das weltweite Artensterben, soziale Missstände oder die Bedrohung durch Kernkraft und Klimawandel. Viele setzen sich schon als Kind mit globaler Gerechtigkeit und Energieeffizienz auseinander, organisieren als Jugendliche politische Veranstaltungen und diskutieren in Onlineforen. Was sie eint, ist ein großes Interesse an der Welt, die sie umgibt, und ein unerschütterlicher Glaube an die Zukunft.


Nun wachsen junge Menschen heute in einer medialen und globalisierten Welt auf. Sie machen ganz andere Erfahrungen als ihre Eltern und Großeltern. Und sie haben seltener Gelegenheit, selbstständig und ausgiebig Natur und Umwelt zu erkunden und direkt zu erfahren. Die tägliche Daseinsvorsorge spielt für die meisten kaum eine Rolle. Auch die Schulen vermitteln vor allem Theorie und wenig lebenspraktische Kenntnisse und Fähigkeiten. Doch genau um diese Fragen des Lebensstils und der sozialen Gerechtigkeit wird es künftig (wenn die Ressourcen knapper werden) bei einer nachhaltigen Entwicklung wieder verstärkt gehen.

Voneinander lernen Zwei Generationen, zwei sehr unterschiedliche Erfahrungshorizonte. Beide in der Umweltbildung zusammenzuführen, könnte vielversprechend sein. In einigen Bundesländern hat der BUND erste Modellprojekte entwickelt. Und siehe da: Der intergenerative Austausch von Wissen und Erfahrung gestaltet sich für beide Seiten spannend. Lebensfrohe, wissensdurstige Kinder treffen auf erfahrene und mitteilungsfreudige SeniorInnen. Zusammenhänge bekommen die Kinder authentisch und anschaulich vermittelt. Beispielhaft zeigt sich dies in den »Generationengärten« des BUND Koblenz (siehe BUNDmagazin 1/12). Diese Schulgärten werden von Schülern und älteren Menschen gemeinsam betreut. Mit Hilfe der »Senior-

trainer« können fehlende Kompetenzen im Lehrerkreis aufgefangen und Betreuungsengpässe während der Ferien überbrückt werden. Auch junge bayerische Naturschützer, die sich »BN 2.0« nennen, starteten letztes Jahr ein Projekt, das Alt und Jung zusammenbringt. Auf dem »Fest der Generationen« können alle ihre speziellen Fähigkeiten, ihr Wissen und ihre Leidenschaften an die jeweils andere Generation weitergeben. Typisch für viele lokale Bildungsveranstaltungen des BUND dürften die »Jahreszeitenwanderungen« in Regensburg sein. Ein Rentner der Kreisgruppe bietet sie Menschen aller Altersgruppen mit großem Erfolg an. Daneben richten sich einzelne Angebote unserer Umweltbildung gezielt an ältere Jahrgänge. So bietet das bayerische Projekt »Endlich Zeit für Natur« Menschen »um die 50« Gelegenheit, nach einer anstrengenden Berufsphase, intensiver Kindererziehung oder dem Aufbau einer Existenz wieder zur Ruhe zu finden – im Grünen. ( www.bund-naturschutz.de/wartaweil). Axel Schreiner … ist designierter Sprecher des Arbeitskreises Umweltbildung und leitet das Naturschutz- und Jugendzentrum in Wartaweil am Ammersee.

Auf dem Erlebnispfad in Bad Harzburg.

Wildkatzen auf der Spur Wildkatzen sind äußerst selten. Nur mit allergrößtem Glück bekommt man sie im Wald einmal zu Gesicht. Wer mehr über die scheuen Tiere wissen möchte, sollte sich auf einen der drei Wildkatzen-Erlebnispfade des BUND begeben. Bei Bad Harzburg in Niedersachsen, im Hochtaunus bei Ober-Mörlen (Hessen) und in Bad Herrenalb (Baden-Württemberg) führen sie große und kleine BesucherInnen durch abwechslungsreiche Wälder. Tauchen Sie ein in die Welt der heimlichen Waldtiger! Erfahren Sie, wie Wildkatzen leben, welche Lebensräume sie benötigen, welchen Gefahren sie ausgesetzt sind und wie man sie schützen kann. Diese Informationen werden kompakt präsentiert und an jeder Station von spannenden Aktionsangeboten begleitet. Ein Audioguide rundet das interaktive Erlebnis mit kurzen, prägnanten Texten ab. So werden die Erlebnispfade zu einem spannenden Ausflugsziel – besonders für Familien und Schulklassen. Für alle,

die Kinder oder Erwachsene über den Erlebnispfad führen möchten, hat der BUND Hessen ein Handbuch vorbereitet, das sich auch als Reiseführer bewährt. Die drei Erlebnispfade sind die neueste Ergänzung unseres Bildungspakets rund um Wildkatze und Waldverbund. Es besteht aus einer Bildungsmappe für den Schulunterricht, dem Computerspiel »Katz und Maus«, verschiedenen Lehrfilmen und der »Biodiversitätskiste«. Mit ihr können Kinder und Jugendliche im Wald ihrem Forschergeist nachgehen.

Kontakt: Nehle Hoffer, Tel. (0 30) 2 75 86-4 18, nehle.hoffer@bund.net, www.bund.net /wildkatzenbildung

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TITELTH EMA

Lernort Schule

Umweltbildung nach Lehrplan? Wer mehr Natur und ökologische Zukunftsfähigkeit in die Schulen bringen will, sollte nicht (allein) den Weg über den Stundenplan gehen. Nachhaltiges Erleben von Tier und Umwelt findet in Projekten statt, meint der Bildungsexperte Christian Füller.

Kindern ihre natürliche Umwelt näherbringen – wie hier beim »Storchenspiel« des BUND Meiningen (Thüringen) –, gelingt auch außerhalb des Lehrplans.

ehrenvollen Forderungskatalog dieser Art aufgestellt: bund.net/umweltbildung _standpunkt Nichts gegen »obligatorisches Bioangebot in Mensen«! Aber vergessen wir den Lehrplan. Die Schlange derer, die ein weiteres ordentliches Schulfach fordern, ist lang. Alle haben sie gute Argumente: Von einer fest verankerten Schulstunde »Wirtschaft«, »Ernährung«, »Medien« erwarten sich die Lobbyisten Wunderdinge – sogar das Schulfach »Glück« ist derzeit en vogue. Den Lehrplan anzureichern ist eine alte deutsche Disziplin: Kein Land der Welt hat so penible, dicke, umfassende Lehrpläne wie die 16 deutschen Bildungsprovinzen. Unter Pädagogen und Bildungsforschern schlägt das Pendel längst zurück: Weniger ist mehr! Entrümpelt die Stundenpläne! Man denke nur an die berechtigten Proteste, als die Länder das Gymnasium um ein Jahr verkürzten – bei praktisch gleicher Stundenzahl.

Viele gute Ansätze

N

och nie war er so wertvoll wie heute: der direkte Kontakt des Kindes mit der Natur. Eltern wissen, dass diese Momente Mangelware geworden sind: Ein Kind läuft über eine Wiese, dreht einen Stein um, erlebt bewusst das Ökosystem Wald oder ist selbst dabei, wenn ein Kalb geboren wird. Natur, das ist für Kinder heute allzu oft homogenisierte Milch aus dem Tetrapak, eine Fototapete »Dolomitensee« oder – superabstrakt – die virtuelle Drachenzucht im Smartphone des Vaters. (»Papa, hast du die Drachen gefüttert?«) Der US-Autor Richard Louv fragte zu Recht, wann wir »Das letzte Kind im Wald« gesehen haben (so der Titel seines Buches). Er warnt vor einem »Natur-Defizit-Syndrom« – der körperlichen und seelischen Verarmung von Kindern, denen wir das Naturerlebnis entziehen. Studien zeigen, dass Schüler im Schnitt sechs bis sieben Stunden Medienkonsum vorweisen – täglich. Dass sie aber nicht mehr wissen, wie eine echte Kuh auf der Weide aussieht.

Noch ein neues Schulfach? In der Diagnose stimmen alle überein. Bei der Therapie greifen wir aber zu oft zu guten Vorsätzen – mehr mit den Kindern wandern, in den Zoo, an den See gehen … Oder zu drakonischen Forderungen – an den Staat. Die Schulen sollen das Thema Natur auf den Lehrplan setzen. Eine Schulstunde Ökologie/Naturerlebnis/ Waldspaziergang muss her, am besten mit Lehrern, die im Studium Forst-, Jagd- oder Wildhütermodule belegt haben, gern verpflichtend. Auch der BUND hat einen

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Nein, Nachhaltigkeit gibt es nicht nach Lehrplan. Beim Lernen heißt das Wundermittel Authentizität: Kinder sollten Natur selbst erleben, live. Die faszinierendste Biologiestunde ist nicht die aus dem Buch oder 3-D-Beamer, sondern wenn einem im Profikurs der Naturforscher eine Vogelspinne über die Hand kriecht; wenn das Schulgärtlein ein kleines Ökosystem ist – mit wucherndem (Un-)Kraut und Getier; wenn das Klassenzimmer für eine Woche zum autarken System wird, in dem die Stoffzu- und -abfuhr ins Gleichgewicht gebracht werden muss; oder wenn eine Kinder-NGO wie »plant for the planet« Milliarden von Bäumen pflanzen will – und ganze Schulen begeistert mitziehen. Im Verborgenen finden sich viel mehr gute Ansätze, als Statistiken der Kultus- oder Umweltminister zeigen können. Fächerverbindende ökologische Projekte gibt es nicht wenige, der Kampf um einen grünen Schulhof oder den letzten Baum setzt oft viel ökologische Energie frei. Gemeinsam ist all diesen Projekten eben nicht Dienst nach Vorschrift. Der Weg zur Nachhaltigkeit führt nicht darüber, den Lehrplan voll-, sondern den Stundenplan leerzuräumen: um mal ein Vogelnest zu erkunden, den ökologischen Fußabdruck einer Schule zu errechnen – oder die ganze Lernanstalt durch kontrolliertes Recycling oder Solarzellen auf dem Dach zukunftsfähig zu machen. Christian Füller … ist Bildungsredakteur der taz und Autor diverser Bücher über Lernen, etwa »Die gute Schule«. Er bloggt als »pisaversteher.de«.


Bundesfreiwilligendienst

Wir bilden weiter Seit einem Jahr gibt es den Bundesfreiwilligendienst. Seitdem vermittelt der BUND motivierte Menschen an Einsatzstellen, die Unterstützung bei ihrer Arbeit suchen. Umweltbildung gewinnt im Rahmen des Freiwilligendienstes mehr und mehr an Bedeutung.

Ü

ber 170 Bundesfreiwillige haben bereits einen Freiwilligendienst beim BUND begonnen. Das Feedback nach dem ersten Generationswechsel stimmt optimistisch. Unser Ziel, neues bürgerschaftliches Engagement für den Umwelt- und Naturschutz zu gewinnen, scheint sich zu erfüllen: Viele der ausgeschiedenen Freiwilligen bleiben ihrer Einsatzstelle nach eigener Aussage aktiv verbunden. Langfristig möchte der BUND den Bundesfreiwilligendienst als echte Bildungsmaßnahme etablieren. Mit Angeboten der Umweltbildung wollen wir den Freiwilligen Anerkennung zollen. Dafür sammeln und entwickeln wir Seminarangebote, die allen Altersgruppen offenstehen und den Wunsch nach fachlicher wie persönlicher Weiterbildung aufgreifen. Die Pflichtseminare im Rahmen des Freiwilligendienstes gestalten wir so, dass Themen der Umweltpolitik die Agenda bestimmen – von der Energiewende über die Mobilität bis zu Lebensstilen. In Seminaren, die wir allein konzipieren können, greifen wir bewährte Angebote auf: etwa konsumkritische Stadtführungen oder die Wildnisbildung im Nationalpark Harz. Dies übrigens so erfolgreich, dass sich schon Bundesfreiwillige anderer Verbände um eine Teilnahme bewarben. Indem wir das Potenzial vieler Bildungsprojekte stärker nutzen, soll der Bundesfreiwilligendienst auch als berufsqualifizierende Maßnahme an Profil gewinnen. Trainingskonzepte werden Umweltkompetenz

vermitteln – in Organisation und Kommunikation, in Umweltbildung und Fachwissen. Nun ist der Bundesfreiwilligendienst auch für Menschen interessant, die in der Mitte ihres Lebens stehen. Der Lehrplan berücksichtigt schon vorhandene Erfahrungen der Freiwilligen und hebt die Bedeutung lebenslangen Lernens hervor. Module unserer Weiterbildung werden wir auch anderen Ehrenamtlichen im BUND zur Verfügung stellen. Ganz im Sinne einer Empfehlung der deutschen Enquetekommission »Bürgerschaftliches Engagement«, umweltaktive Menschen besser zu qualifizieren. Victoria Muntendorf

In Zahlen Bundesfreiwillige beim BUND.

… betreut die BUND-Zentralstelle in Berlin, Tel. (0 30) 2 75 86-5 41, victoria.muntendorf@bund.net.

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T I T E LT H E M A

Der Bund Naturschutz T I T E LT H E M A

Eine ökologische Volkshochschule für Jung und Alt

U

Foto: Stefan

Foto: Roggenthin

mweltbildung war und ist eines der zentralen Anliegen des Bundes Naturschutz. 1978, als der BN ein eigenes Bildungswerk in Bamberg gründete, standen meist Arten- und Biotopschutz oder die Atomenergie auf der Agenda. Doch schon wenig später vervielfältigten sich die Themen und damit auch die Zielgruppen. Die Umweltbildung entdeckte die Wildnis als wichtige Quelle der Inspiration und Motivation; Ernährung, Landwirtschaft und die Globalisierung rückten ebenso in den Fokus wie Verkehrspolitik, Raumordnung oder alternative Energien. Das BN-Bildungswerk, Anfang der 1980er-Jahre von Bamberg nach Wiesenfelden und später nach Regensburg verlegt, hat unter der Leitung von Ludwig Trautmann-Popp, später Beate Seitz-Weinzierl und heute Ulrike Sacher-Ley immer wieder innovative Wege beschritten. Damit hat es den Grundstein für die heutige ganzheitliche Umweltbildung des Bundes Naturschutz gelegt. Mit der jahrzehntelangen Erfahrung wuchs die Einsicht, dass weder Wissen noch Ge- oder Verbote allein die Menschen erreichen. Bildungsangebote, die alle Sinne ansprechen, wurden deshalb schon bald zum Markenzeichen der BN-Umweltbildung. Dafür stehen Die Autoren Klassiker wie das Programm »Sehnsucht Wildnis« in Hubert Weiger ist Mittelfranken, das jedes Jahr rund 5000 Schüler in die Vorsitzender des unbekannte Natur rund um die Schulgebäude lockt. BN und des BunDer Ansatz, den Schulen Umweltbildung quasi »frei desverbands BUND. Haus« zu liefern, war neu und ist heute wichtiger denn Peter Rottner ist je. Viele Kinder kennen die Natur nicht mehr und auch Landesgeschäftsdie Arten- und Naturkenntnis der jungen Lehrkräfte führer des Bundes Naturschutz. nimmt wegen der dramatischen Veränderungen am

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Foto: Pfuhl

Mit Kescher und Becherlupe ­bewaffnete Kinder – das ver­ binden die meisten Menschen mit Umweltbildung. Doch wie wäre es mit Wassertiere ­fischenden Senioren, Energiefresser suchenden Teenagern oder nachhaltig regional-­ bewegten Unternehmern? Seit knapp 100 Jahren wirkt der BN mitten hinein in die Gesellschaft – über alle Altersund Berufsgruppen hinweg.

Ausbildungsangebot der Universitäten ab. Der BN muss hier den Boden bereiten, damit auch die nach uns kommenden Generationen sich für den Naturund Umweltschutz einsetzen. Dauerbrenner wie das Grüne Klassenzimmer, Natur- und Umweltmobile, das Theaterprojekt Emil oder das Donau-Erlebnisschiff ­Takatuka sorgen dafür, dass sich Kinder und Jugend­ liche in Zeiten von Laptop und Facebook nicht ausschließlich mit einer virtuellen Welt, sondern auch noch ganz konkret und emotional mit Laubfrosch und Flockenblume beschäftigen. Innovative Programme wie das Kinderklimacamp thematisieren neue Brennpunkte: Was bewirkt unser Konsum? Wie können wir besser mit unseren Ressourcen haushalten? Themen, über die der BN auch viele Erwachsene erreicht. Mit Veranstaltungen wie dem Donaukongress oder den Seminaren zum Bau- und Einspruchsrecht leistet der Verband seit Jahrzehnten politische Bildungsarbeit – und liefert Menschen damit das Wissen für ihr bürgerschaftliches Engagement. Mit 76 Kreisgruppen, über 300 Kinder- und Jugendgruppen der Jugendorganisation Bund Naturschutz (JBN) sowie sechs Ökostationen und dem BN-­ Bildungswerk sorgt der BN heute für ein nahezu flächendeckendes Umweltbildungsangebot in Bayern. Als Mit­glied des Bayerischen Volkshochschulverbandes ist der BN die »ökologische Volkshochschule« in Bayern und begeistert Jung und Alt für die Idee der Nachhal­tigkeit. Hubert Weiger und Peter Rottner


… auch in Ihrer Nähe!

Der BN betreibt in jedem Regierungsbezirk eine zentrale Umweltbildungseinrichtung. In der Karte finden Sie diese sieben »Ökostationen« sowie 20 ausgewählte Projekte aus dem riesigen Umweltbildungsangebot der knapp 700 BN-Kreis- und Ortsgruppen. Was der BN in Ihrer Stadt bietet? Informieren Sie sich: www.bund-naturschutz.de/bnvorort Abenteurer gesucht: Die Outdoorkids erforschen den ­Wiesendschungel. Kontakt: BN-Kreisgruppe Hassberge, Tel. 0 95 31-9 44 35 66, bund-naturschutz-hassberge@ t-online.de

Weltretter mit Sang und Klang: Ein Umwelttheaterstück selbst entwickeln. Kontakt: BN-Kreisgruppe Bad Kissingen, Tel. 0 97 32-41 48, bn-badkissingen@gmx.de ERNA, ARNE & Co.: Mobiles Naturerlebnisangebot mit Bauwagen. Kontakt: BN-Kreisgruppe MainSpessart, Tel. 0 93 91-88 92, bnmsp@t-online.de

Emil macht Theater: Fünftägiges Theater­ projekt. Kontakt: BN-Kreisgruppe Hof, Tel. 0 92 81 - 1 63 06, info@bund-naturschutz.com Hof

Das Naturmobil: Die mobile Umweltstation. Kontakt: BN-Kreisgruppe Regensburg, Tel. 09 41-2 30 90, regensburg@bund-naturschutz.de

Coburg Ökologische Bildungsstätte Oberfranken Naturschutzzentrum Wasserschloss Mitwitz

Schweinfurt Aschaffenburg

Bayreuth Bamberg

BN-Ökohaus Würzburg

Weiden

JugendSolar: Mit den Solarscouts ent­ stehen Solaranlagen auf Kirchendächern und öffentlichen Gebäuden. Kontakt: BNKreisgruppe Bamberg, Tel. 09 51 -5 19 06 11, bamberg@bund-naturschutz.de

Erlangen BN-Naturschutzzentrum Wengleinpark Fürth

BN-Bildungswerk Regensburg

Lindau

Deggendorf

Ökologisches Zentrum Passau-Stelzlhof

Landshut Augsburg

Freising

München Traunreut

Memmingen BN-Naturschutz- und Jugendzentrum Wartaweil

Rosenheim

Kempten BN-Naturerlebniszentrum Allgäu

UMO – Umwelt mobil: Wenn das UMO kommt gibt’s Natur zum Anfassen. Kontakt: BN-Kreisgruppe Kempten/Oberallgäu, Tel. 0 83 23 -9 98 87 40, kempten-oberallgaeu@ bund-naturschutz.de Weitere Infos zu den Angeboten? www.bund.net/anna (erst Karte, dann Symbol »Umweltbildung« anklicken)

Straubing

Ingolstadt

Waldtage: Geschichten vom Regenbogenbaum für Kindergartengruppen. Kontakt: BN-Kreisgruppe Dillingen, Tel. 0 90 71-15 89, bund.dillingen-donau@bund.net

Takatuka und Schatzkiste Donau: Per Schiff die Geheimnisse der Donauauen ­erleben. Kontakt: BN-Kreisgruppe Deggendorf, Tel. 09 91-3 25 55, bund-naturschutz@degnet.de

Schwandorf

Neumarkt

Sehnsucht Wildnis: Am Lehrplan orientierte Naturexkursionen in und um Nürnberg. Kontakt: BN-Kreisgruppe Nürnberg, Tel. 09 11 45 76 06, info@bund-naturschutz-nbg.de

Grünes Klassenzimmer: Themenorientierte Umweltbildung und Naturerfahrung. Kontakt: BN-Kreisgruppe Pfaffenhofen/Ilm, Tel. 0 84 41-7 18 80, bund. naturschutz@pfaffenhofen.de

Naturerlebnistage: Projekttage und Lernwerkstätten zu verschiedenen Themen. ­Kontakt: BN-Kreisgruppen Cham und Schwandorf, Tel. 0 96 74-9 24 02 72 oder Tel. 0 94 33-68 83, cham@bund-naturschutz.de oder schwandorf@bund-naturschutz.de

Nürnberg

Ansbach

Klassenzimmer Natur: Naturerlebnis­ aktionen zu Themen wie Wald, Wiese oder Bach. Kontakt: BN-Kreisgruppe Ansbach, Tel. 09 81 - 1 42 13, bn-ansbach@t-online.de

Illustration: © artalis – Fotolia.com

Stadtoase: Eine Forschungsstation mit unterschied­ lichen Programmen. Kontakt: BN-Kreisgruppe Kronach, Tel. 0 92 61-9 44 04, kronach@bund-naturschutz.de

Ristorante Radula: Mobiles Umweltbildungsprogramm zum Thema Ernährung. Kontakt: BN-Kreis­ gruppe ­Kelheim, Tel. 0 94 43-91 80 17, bn. kelheim@t-online.de

NaturWerkstatt: Klaus der ­Regenwurm lockt in die Tiefe und die Ökorallye bietet einige Knobeleien. Kontakt: BN-Kreisgruppe Landshut, Tel. 08 712 37 48, bnkgla@landshut.org

GarmischPartenkirchen

Naturerlebnistage und Exkursionen: Angebote für Schulklassen und Kindergärten sowie Familien und Senioren. Kontakt: BN-Kreisgruppe München, Tel. 0 89-5 15 67 60, info@bn-muenchen.de

Naturtagebücher und mehr: In 200 Kinderund Jugendgruppen bietet die JBN einen spannenden Zugang zu den Themen Natur, Ökologie und Klima. Kontakt: JBN, Tel. 0 89-15 98 96 30, info@jbn.de

Natur pur! Alles, was das Herz begehrt: Wasseruntersuchungen, Nachtwanderungen, Kochen in der Natur. Kontakt: BNKreisgruppe Traunstein, Tel. 08 61-1 22 97, traunstein@bund-naturschutz.de Stadtökologie Rosenheim: Mit Führungen und Stadtrallyes Natur in der Stadt erleben. Kontakt: BN-Kreisgruppe Rosenheim, Tel. 0 80 31-1 28 82, rosenheim@bund-naturschutz.de

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Die BN-Ökostationen: Grüne Schritt

Foto: Güthler

T I T E LT H E M A

»Wir wecken Lust auf Natur – gerade bei den Einheimischen. Viele wussten lange gar nicht, welche Schätze wir hier in der Region haben.«

Dietrich Förster, Ökologische Bildungsstätte Ober­ franken Naturschutzzentrum Wasserschloss Mitwitz Oberfranken ist reich an wertvollen Besonderheiten wie den Frankenwaldtälern oder dem Grünen Band. Die Ökostation Mitwitz kümmert sich darum, diese zu erforschen und schützen. Mit Führungen, Schulprojekten und Schautafeln informiert das Team Touristen wie Einheimische, berät Nutzer und Eigentümer besonderer Flächen und weckt so die Lust in der Region, sich für die Kulturlandschaft vor der eigenen Haustüre einzusetzen. Und auch in puncto Energiewende leistet die Ökostation erfolgreich Überzeugungsarbeit: Dank des BN-Projekts »Energievision Frankenwald« versorgt sich das Bioenergiedorf Effelter mittlerweile fast ausschließlich mit Strom und Wärme aus Biomasse. Weite­ re Infos: www.oekologische-bildungsstaette.de

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Foto: Förster

Foto: BN Passau

T I T E LT H E M A

»Gesund und ökologisch wohnen, das wollen heute viele Menschen. Bei uns bekommen sie wertvolle Tipps für ihre ›private Energiewende‹.« Klaus Isberner, BN-Ökohaus Würzburg

Im Ökohaus Würzburg kann man nicht nur viel über ökologisches Wohnen lernen, man kann es auch erleben: Mit Niedrigenergiestandard, Sonnenenergie- und Regenwassernutzung sowie umweltfreundlichen Baumaterialien war es bereits 1990 ein Musterbeispiel für nachhaltiges Bauen. Das schlägt sich auch im Umweltbildungsprogramm nieder: Bauen, Wohnen und Energie spielen eine große Rolle. Und wenn es um einen nachhaltigen Lebensstil geht, darf das Thema Ernährung nicht fehlen. Hier hat sich die Ökostation wichtige Partner aus Gastronomie, Landwirtschaft und den Slow-Food-Verband ins Boot geholt. Gemeinsam begeistern sie das Publikum auf der Mainfranken-Messe mit einer Bioschauküche. Weitere Infos: www.wuerz­ burg.bund-naturschutz.de


macher in Bayern

Foto: Neubauer

BN-Bildungswerk die Rolle der Experimentierwerkstatt. Hier erproben BN-Aktive und andere Umwelt­ pädagogen, was sie später in der praktischen Umweltbildung einsetzen. Menschen, die sich vor Ort für den Naturschutz engagieren wollen, liefert die Vernetzungsstelle praktisches Wissen – sei es im Bau- und ­Naturschutzrecht oder in der Exkursionsdidaktik. Gemeinsam mit den Kreisgruppen bringt es das BN-Bildungswerk damit auf jährlich bis zu 45 000 Teilnehmer in der Erwachsenenbildung. Weitere Infos: www.bundnaturschutz.de/umweltbildung

»Wer Kulturlandschaften erhalten will, der muss vor allem eines können: die Menschen in der Region überzeugen.« Rainer Wölfel, BN-Naturschutzzentrum Wengleinpark

Landwirte, Waldbauern, Jäger, Touristiker und Gastronomen – die Zielgruppen der Ökostation Wengleinpark sind nicht gerade typisch für die Umweltbildung. Aber wer Kulturlandschaften erhalten will, muss mit jenen reden, die von ihr leben. Der Wengleinpark hat es sich auf die Fahne geschrieben, die sogenannten Hutanger, historische Weideflächen mit wertvollen alten Unterstandsbäumen, zu erhalten. Eine eigene Rinderherde, viele Gespräche und pfiffige Vermarktungskonzepte haben die Menschen der Region überzeugt. Heute zeigt die Ökostation mit ihrem zwölf Hektar großen Naturerfahrungsgelände und den zahlreichen regionalen Initiativen, dass Naturschutz am besten funktioniert, wenn er in der Region verankert ist. Weitere Infos: www.naturschutzzentrum-wengleinpark.de

»Hier erleben Menschen, wie eine ­zukunftsfähige Landwirtschaft und ­Ernährung aussehen kann.«

Karl Haberzettl, Ökologisches Zentrum Passau-Stelzlhof Auf dem Stelzlhof wird nicht nur geredet – auf dem Stelzlhof wird gemacht. Das Ökozentrum beherbergt einen Bauernhof und ein Wirtshaus unter seinem Dach – beides biologisch geführt. Entsprechend praktisch ist das Bildungsprogramm: Apfelsaft pressen, Kartoffeln »klauben«, Brot backen. Mit solch handfesten Aktionen zum Mitmachen schafft es das Stelzlhof-Team, Kindern und Erwachsenen die vielfältigen Zusammenhänge zwischen Tier, Pflanze, Wasser und Boden sowie die Unterschiede zwischen bäuerlicher und industrieller Landwirtschaft nahezubringen. Und wer Landwirtschaft als etwas Spannendes und Bereicherndes erfährt, gestaltet auch seine eigene Ernährung bewusster. Weitere Infos: www.stelzlhof.de

»Natur erleben, wie sie ist – ohne Funpark und Bergbahn. Das können die Menschen bei uns wieder entdecken.« Andreas Güthler, BN-Naturerlebniszentrum Allgäu

»Das Bildungswerk ist der ›Transport­ riemen‹ der BN-Umweltbildung. ­ Wir liefern den Kreis- und Ortsgruppen aktuelles Wissen und neue Ideen.« Ulrike Sacher-Ley, BN-Bildungswerk Regensburg

Auf die Plätze, fertig – Luchs! Nach diesem Kommando schleichen acht Männer und Frauen durchs Unterholz. Sie ahmen das Jagdverhalten des heimlichen Jägers nach. Bei Veranstaltungen wie diesen übernimmt das

Entdecken, erkunden, experimentieren – im BN-Natur­ erlebniszentrum Allgäu (NEZ) wird es nicht langweilig. Mit einer Naturwerkstatt, Naturerlebnisaktionen oder dem Junior-Ranger-Programm lockt das NEZ im nagelneuen Alpseehaus nicht nur Kinder und Familien der Region, sondern auch viele Urlauber an. In Zeiten des Schneller, Höher und Weiter im Fremdenverkehr bietet sie Touristen die Möglichkeit, das schöne Allgäu einmal ganz anders zu erleben. »Die Sensation im Kleinen entdecken«, ist das Motto. Die Herausforderung, aber auch große Chance: Dieser »flüchtigen« Zielgruppe die Idee einer nachhaltigen Lebens- und Urlaubsgestaltung mit nach Hause zu geben. Weitere Infos: www.nezallgaeu.de

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Aktuelles aus dem BN-Naturschutzund Jugendzentrum Wartaweil lesen Sie auf den Seiten 13 bis 15.


T I T E LT H E M A

T I T E LT H E M A

Aktuelle Herausforderungen in der Umweltbildung

»Das Gelernte mit dem ›realen‹ Leben verbinden« Wenn Umweltbildung wirklich fruchten soll, müssen außerschulische und schulische Einrichtungen Hand in Hand arbeiten. Natur+Umwelt fragte zwei BN-Experten, wie gut das bisher funktioniert.

Foto: Roggenthin

N+U: Frau Tropper, welche Rolle spielt das Thema Umweltbildung heute im Schulalltag? Doris Tropper: Die bayerischen Lehrpläne geben hier nur Empfehlungen. Insofern geht jede Lehrkraft das Thema anders an. Was fehlt, ist die Verbindlichkeit und ein roter Faden, der gute Einzelaktionen verbindet – etwa in Form von fächerübergreifender Projektarbeit.

Foto: Roggenthin

Doris Tropper unterrichtet an einem Erlanger Gymnasium. Seit 1996 ist sie stellvertretende Landesvorsitzende des Bundes Naturschutz.

Günter Krell war 37 Jahre Lehrer an der Haupt- beziehungsweise Mittelschule Neuburg an der Donau. Er leitet den BNArbeitskreis Umweltbildung und ist Mitglied des Landesvorstands.

Es gibt viele positive Ansätze wie etwa Schulgärten oder das Projekt Klimadetektive. Reicht das, um ­Kinder für Nachhaltigkeit zu begeistern? Günter Krell: Entscheidend ist, dass die Schüler das Gelernte mit dem »realen Leben« verbinden können, etwa durch Projekte im Energie- oder Ernährungsbereich. Außerdem muss der Begriff Nachhaltigkeit mit Leben gefüllt werden: Eine Lehrkraft, die mit dem Rad zur Schule fährt, ist hier genauso wichtig wie der ­Elternbeirat, der sich für eine ökologische Schulverpflegung stark macht. Kinder brauchen Vorbilder und Beständigkeit. Viele Kinder kennen die Natur nur noch aus dem Fernsehen. Wie können Schulen und andere Bildungs­ einrichtungen hier gegensteuern? Doris Tropper: Der BN fordert beispielsweise einen ­obligatorischen »Draußen-Tag«, wie er in Montessorioder Waldorfschulen bereits umgesetzt wird. Wir sehen den Auftrag für eine Bildung für Nachhaltigkeit aber nicht nur im Bereich Schule. Umweltaspekte müssen Bestandteil aller Bildungs- und Ausbildungspläne sein. Auch Azubis sollen wissen, welche Auswirkungen ihr Lebensstil hat. Und ganz im Sinne des lebenslangen Lernens fordern wir, dass auch Bayern endlich den Bildungsurlaub einführt. Welche Rolle spielt die Jugendorganisation Bund ­Naturschutz in puncto Umweltbildung? Günter Krell: Die JBN leistet die wesentliche Basis­ arbeit für die außerschulische Umweltbildung. Sie

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kümmert sich um die Fortbildung der Gruppenleiter und organisiert Hunderte von Gruppen für Kinder und Jugendliche. Dort erfahren diese ihre heimatliche Umgebung als Lebensumfeld und lernen gleichzeitig den Umgang miteinander und mit den Möglichkeiten, die das Leben jenseits von PC und Spielkonsole bietet. In Bayern gibt es 47 Umweltstationen, neun Wald­ erlebniszentren und eine Reihe weiterer Einrichtun­ gen wie Schulbauernhöfe. Das hört sich doch nach einer flächendeckenden Versorgung an? Doris Tropper: Ja, es gibt viele Einzelangebote, aber gerade bei den Umweltstationen fehlt eine solide Grundfinanzierung. Sie müssen sich immer wieder neu über Projekte finanzieren und haben so keine längerfristige Planungssicherheit. Ideal wäre eine Umweltstation pro Landkreis mit mindestens einer bezahlten Stelle. ­Außerdem muss sich die Zusammenarbeit zwischen schulischen und außerschulischen Einrichtungen verbessern. Wie könnte das konkret aussehen? Günter Krell: Im Schuljahr 2011/2012 hat das Kultusministerium endlich grünes Licht für einen Schulversuch gegeben, bei dem Lehrkräfte für ein Jahr an Umweltstationen abgeordnet werden. Die ersten Erfahrungen im BN-Naturschutzzentrum Wartaweil waren sehr positiv (siehe Interview S. 23). Wir möchten die beiden beteiligten Ministerien ausdrücklich ermuntern, diesen Versuch fortzusetzen. Interview: Ulrike Sacher-Ley


Lehrer unterstützen Umweltstationen

Foto: Stephan

Weil das Teamwork­ zwischen Schulen und ­Umweltstationen noch verbesserungswürdig ist, hat das Kultusministe­ rium einen Modellversuch gestartet: Bis 2013 tauschen acht bayerische ­Lehrkräfte Pult gegen Gummistiefel. Natur+Umwelt sprach mit Barbara Kappelmeier. Die Lehrerin verstärkte ­vergangenes Schuljahr das Team des Naturschutzund Jugendzentrums Wartaweil.

Kinder am Kochtopf Pizza, Pasta, Pommes – damit kann man bei allen Kindern punkten. Deshalb benutzte Barbara Kappelmeier sie auch als »Türöffner«. Beunruhigt über die Essgewohnheiten vieler Schüler ent­ wickelte sie in Wartaweil das Programm PIPAPO (Pizza, Pasta, Pommes). Morgens Donuts, mittags Döner und abends Pizza aus der Packung – so sieht die Realität heute oft aus. Wie also Schüler für gesundes oder gar umweltverträgliches Kochen und Essen begeistern? Mit acht Forschungsstationen spricht PIPAPO den Entdeckergeist an. Was muss auf meiner Tiefkühlpizza draufstehen? Was verspricht die Verpackung und was bekomme ich dann tatsächlich? Und wie viel Chemie versteckt sich in der Zutatenliste? So gut vor­ bereitet, erkannten die Kinder langsam einen Unterschied zwischen Fastfood und einer selbst gekochten Mahlzeit. Das anschließende »Eat-in« mit Eltern und Lehrern organisierten sie quasi in Eigenregie: einkaufen, schnippeln, braten – am Ende gab es ein mehrgängiges Menü und viele zufriedene Köche. (ht)

N+U: Lehrer kommen vom Mars, Umweltpädagogen von der Venus: Ist das so? Barbara Kappelmeier: Also mir persönlich ist die Zusammenarbeit leicht gefallen. Natürlich sind Lehrer und Umweltpädagogen etwas unterschiedlich gestrickt. Aber es gibt sehr große Schnittmengen, und man kann sich gegenseitig bereichern. Was können Lehrer besser als Umweltpädagogen und andersherum? Lehrer haben in puncto Didaktik und Pädagogik meist eine umfassendere Ausbildung als Umweltpädagogen. Dafür haben jene einen klareren Blick für aktuelle Umweltthemen und mehr Hintergrundwissen. Und sie denken manchmal ganzheitlicher und wesentlich breiter. Ein Lehrer ist immer etwas mit dem Lehrplan verhaftet – und das ist natürlich nur ein kleiner Ausschnitt der Wirklichkeit. Wo hapert es bei der schulischen Umweltbildung? BNE – also die Bildung für nachhaltige Entwicklung – ist an den Schulen noch gar nicht so richtig angekommen. Es fehlt an Fachwissen und Zeit. Natürlich kann ich die goldenen Regeln des Umweltschutzes in 45 Minuten durchpeitschen. Aber BNE zielt ja auf Erkennt­nis und einen veränderten Lebensstil ab. Das braucht Zeit und funktioniert am besten beim Lernen mit allen Sinnen vor Ort. Warum ist es wichtig, Lehrer als Ansprechpartner an Umweltstationen zu haben? Ein Lehrer kann wesentlich konkreter auf schulische Themen eingehen und entsprechende Programme entwickeln. Er weiß genau, was in der Schule nicht vermittelt werden kann und was sich Lehrkräfte deshalb von den Umweltstationen wünschen. Wenn Sie einen Wunsch ans Kultusministerium frei hätten … Ich würde an so vielen Umweltstationen wie möglich Lehrer als feste Ansprechpartner für die Schulen integrieren. Engagierte Menschen, die das ganze motiviert betreiben. Das könnte der schulischen Umweltbildung einen deutlichen Ruck nach vorne geben. Interview: Heidi Tiefenthaler

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Foto: Rall

Ein Modell, das Schule machen sollte!

Barbara Kappelmeier ist Grundschul­ lehrerin im oberbayerischen Murnau. Sie gehörte zu den ersten ­Lehrkräften, die ein Schuljahr lang in bayerischen ­Umweltstationen arbeiteten.


Eine Chance für den Luchs

Foto: Willner

Naturschutz im BN: Der Luchs

Vor 150 Jahren hat der Mensch den Luchs in Bayern ausgerottet. Jetzt streifen wieder einige Exemplare durch die Wälder. Bei der Rückeroberung der alten Heimat braucht Europas größte Katzenart unsere Hilfe.

N

achts geht der scheue Jäger auf Beutezug. Seine Kennzeichen sind bernsteinfarbene Augen, Haarpinsel an den Ohren und ein markanter Backenbart: Lynx lynx, wie der Eurasische Luchs in der Wissenschaftssprache heißt, wird äußerst selten gesichtet, und doch gibt es ihn seit einigen Jahrzehnten wieder in Bayern. Die Tiere mit dem gepunkteten Fell faszinieren in vielerlei Hinsicht: Ihre Augen sind rund sechsmal so lichtempfindlich wie die des Menschen und mit ihren feinen Ohren hören sie das Rascheln einer Maus in bis zu 70 Metern Entfernung. Männliche Luchse, auch Kuder genannt, erreichen ein Gewicht von 20 bis 25 Kilogramm und werden mit bis zu 70 Zentimeter Schulterhöhe etwa so groß wie ein Schäferhund. Die Weibchen sind rund 15 Prozent kleiner. Als Nah-

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rung dienen dem Luchs kleine und mittelgroße Säugetiere wie Reh, Fuchs oder Hase. Nur äußerst selten erlegt er auch Nutztiere. Dies aber war einer der Gründe, warum der Luchs weichen musste. 1846 erlegte ein Jäger das letzte Exemplar im Bayerischen Wald. In anderen ­Re­gionen Westeuropas erging es der Katzenart, die einst über den ­ganzen Kontinent verbreitet war, ähnlich. Schließlich war sie Anfang des 20. Jahrhunderts komplett verschwunden. Der Umschwung kam erst, als in den 1970er- und 1980erJahren im Bayerischen Wald und im Böhmerwald einige Tiere ausgesetzt wurden. Die Population konnte sich ausbreiten und eroberte seit den 1990er-Jahren neue Reviere in Bayern. Die Diplom-Biologin Sybille Wölfl, die das Luchsprojekt Bayern leitet, schätzt, dass heute zwischen 15 und 30 Exemplare durch unsere Wälder streifen. Die meisten von ihnen sind derzeit im bayerischböhmischen Grenzgebiet zwischen Hof und Passau unterwegs, weshalb hier auch das Haupteinsatzgebiet

der Luchsbeauftragten liegt. Mit vielen ehrenamtlichen Helfern sammelt sie Hinweise auf Luchse und wertet Risse, Kotspuren oder Fährten aus. Mit Hilfe von Fotofallen identifiziert sie zudem einzelne Tiere und dokumentiert ihre Wege. Einem Luchs in freier Wildbahn ­begegnet die Biologin allerdings ­selten: Der Einzelgänger ist meist im Dunkeln unterwegs, bewegt sich äußerst diskret und ist durch sein gepunktetes Fell bestens getarnt. Das Luchsprojekt Bayern wird seit 2010 von Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Wildland-Stiftung des Bayerischen Jagdverbands getragen und vom Bayerischen Umweltministeri-

Eurasischer Luchs (Lynx lynx)

Ordnung: Raubtiere (Carnivora) Familie: Katzenartige (Felidae) Lebensraum: größere Waldgebiete mit ausreichend Rückzugsmöglichkeiten Verbreitung: in Bayern v. a. Bayerischer Wald, vereinzelt Oberpfälzer Wald und Fichtelgebirge Status: streng geschützte Art nach FFH-Richtlinie


Foto: Stephan Foto: Luchsprojekt Bayern

um gefördert. Sein Ziel ist, das langfristige Überleben des Luchses in Bayern zu sichern und das Mit­ einander von Mensch und Luchs zu fördern. Noch scheint der Erfolg aber fraglich: Bis jetzt ist die Luchspopulation deutlich zu klein, um als stabil zu gelten. Große Sorge bereitet den Luchsexperten, dass die Zahl der Tiere seit rund zehn Jahren stagniert und das, obwohl regelmäßig Jungtiere geboren werden und ausreichend Lebensraum vorhanden wäre. Immer wieder werden Luchse überfahren, die Zerschneidung ihrer Reviere durch Straßen ist ihr Todesurteil. Darüber hinaus verschwinden aber auch regelmäßig einzelne Tiere spurlos. Sybille Wölfl vermutet, dass es trotz aller Überzeugungsarbeit immer wieder zu ­illegalen Abschüssen kommt. Besonders tragisch war der Fall Tessa: Im Frühjahr dieses Jahres starb ein Muttertier durch einen mit Gift präparierten Köder. Der Täter konnte bisher nicht ermittelt werden. Das größte Problem des Luchses scheint damit nach wie vor der Mensch zu sein. Den Hauptteil ihrer Arbeitszeit verbringt Sybille Wölfl daher nicht draußen im Revier, sondern im Gespräch. Regelmäßig

Erwischt! Oft kontrolliert Sybille Wölfl die installierten Fotofallen vergeblich. Doch 2009 gelang im Bayerischen Wald ein echter Glückstreffer: Bei Bodenmais lief die Luchsin Felis mit ihren Jungen direkt vor die Linse.

sucht sie den persönlichen Kontakt und bringt die einzelnen Interessengruppen aus Forst- und Landwirtschaft, Jagd und Naturschutz an einen Tisch. Damit können Konflikte entschärft werden, und das Werben für den Luchs zeigt erste Erfolge. Zahlreiche Förster und Jäger unterstützen das Luchsprojekt heute aktiv, zum Beispiel indem sie Spuren melden oder bei der Begutachtung von Rissen helfen. Im Moment nimmt die mit Luchshinweisen ­belegte Fläche offenbar leicht zu. Daher blickt Sybille Wölfl vorsichtig optimistisch in die Zukunft und hofft, dass der Mensch dem Luchs eine gute Zukunft in Bayern ermöglicht. Träger des Luchsprojekts Bayern sind der Bund Naturschutz, der Landesbund für Vogelschutz (LBV) und die Wild­ land-Stiftung Bayern des Bayerischen Jagdverbandes.

»Mein Luxus ist die Arbeit draußen im Revier« Sybille Wölfl leitet das Luchsprojekt Bayern, das von BN, LBV und der Wildland-Stiftung ­getragen wird. Ihr Anliegen: Der Luchs soll in Bayern und europaweit eine Chance ­be­kommen.

N+U: Warum engagieren Sie sich für den Luchs?

Sybille Wölfl: Der Mensch hat den Luchs in Bayern ausgerottet, deshalb empfinde ich es als gerecht, wenn wir ihm jetzt bei der Wiederansiedlung helfen. Mein Handeln ist also ethisch motiviert. Außerdem wünsche ich mir die Wiederherstellung eines funk­ tionalen und kompletten Ökosystems – zu dem der Luchs als Fleischfresser eben gehört.

Was fasziniert Sie an den Tieren?

Als Katze gehört der Luchs zu einer Tiergruppe, die den Menschen schon immer begeistert hat. Diese Mischung aus Geschmeidigkeit, Kraft und gelassener Ruhe macht für mich seine Attraktivität aus.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag einer ­Luchsbeauftragten aus?

Den größten Raum nimmt die Kommunikation mit Menschen ein. Meist beantworte ich zunächst ­E-Mails und telefonische Anfragen, oft stehen dann Gespräche mit Behörden, Verbänden oder Einzel­ personen an. Die Arbeit am Luchs hingegen nimmt weniger Raum ein: Hier gilt es zum Beispiel Rissmeldungen nachzugehen oder die Fotofallen zu prüfen.

Welches war Ihr schönstes Erlebnis bei ­ Ihrer Arbeit für das Luchsprojekt?

Mein Luxus ist die Arbeit draußen im Revier. Als ich vor einiger Zeit in einer Fotofalle das gestochen scharfe Bild einer Luchskatze mit ihren Jungen fand, war ich begeistert, denn ich wusste, dem Tier und seinem Nachwuchs geht es gut.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Eine vitale und langfristig überlebensfähige Luchspopulation. Voraussetzung dafür ist eine ­kon­struktive Zusammenarbeit aller betroffenen ­Interessengruppen: Jagd, Forst, Naturschutz und Landwirtschaft.

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Ende Juli feierte der Bund Naturschutz zum vierzigsten Mal das Nürnberger Reichswaldfest. Dabei würdigte der BN in Zusammenarbeit mit den Nürnberger Nachrichten den zumeist erfolgreichen Kampf um den Erhalt des Reichswaldes mit einer Foto-

ausstellung unter dem Titel »40 Jahre Bürgerbewegung für den Reichswald – 40 Jahre Reichswaldfest des BN«. Die großformatigen Tafeln mit Zeitungsfotos und -artikeln zeigten historische wie eindrückliche Formen des Protestes gegen Großbauprojekte

wie etwa einen Rangierbahnhof (Bild von 1973). Dabei dokumentiert die Ausstellung den Aufschwung einer Bürger­ bewegung, die mit demokratischen Mitteln ­ für ihren Wald eintritt und zivilen Ungehorsam pflegt – bis heute.

Foto: Nürnberger Nachrichten

Reichswald: 40 Jahre Bürgerengagement

Ja zu Energiewende und EEG! Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist eine der Erfolgsgeschichten Deutschlands. Wind-, Sonnen- und Bioenergie sind heute reale Wirtschaftszweige und Garanten für einen sicheren Atomausstieg. Doch Bundesumweltminister Peter Altmaier will

das EEG zerschlagen, den Vorrang der Einspeisung für Strom aus Erneuer­baren Energien abschaffen und das erfolgreiche Vergütungskonzept beseitigen. Damit bereitet die Regierung letztlich das Ende des Atomausstiegs vor. Um dem entgegenzutreten,

hat der BN gemeinsam mit dem Aktionsbündnis »KettenreAktion Bayern« eine ­Online-Unterschriftenaktion gestartet für das EEG und die Energiewende: www.eeg-buendnis.de

Foto: Ruppaner

Teller statt Tonne Einen Akt kulinarischen Ungehorsams begingen Ende August rund 1500 Menschen auf dem Münchner Odeonsplatz: An langen Tafeln sitzend ließen sie sich »nicht vermarktbares Gemüse«

schmecken. Mit der Aktion »Teller statt Tonne« protestierten sie dagegen, dass Unmengen an Lebensmitteln weggeworfen werden, bevor sie überhaupt in den Handel kommen, nur weil sie beispielsweise opti-

schen Vorgaben widersprechen. Die Aktion war Auftakt zum »Good Food March«, einem Protestmarsch nach Brüssel für eine bessere EU-Agrar­ politik.

Finanzspritze für die Wildkatze Damit lässt sich etwas anfangen: 50 000 Euro genehmigte das bayerische Forstministerium dieses Jahr für BN-Projekte zum Schutz der Wildkatze. Mit

dem Geld baut der BN unter anderem das »Grüne Klassenzimmer« am Wildkatzengehege im Wildpark Klaushof aus, dem städtischen Tierpark von Bad

Kissingen, mit dem der BN beim Wildkatzenschutz zusammenarbeitet. Außerdem fließen die Finanzmittel in ein BN-Projekt, das mit Hilfe von Lockstö-

cken und genetischen Analysen die derzeit erfreuliche Ausbreitung der Wildkatze in Bayern dokumentiert und mit Informationsarbeit unterstützt.

BN und Umweltministerium starten Energiesparoffensive

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Mergner (links) Anfang September dazu einen Zwölf-Punkte-Aktionsplan vor. »Dies ist ein Meilenstein bei der Umsetzung der Energiewende durch die Staats­ regierung, die das Energiesparen bislang eher stiefmütterlich behandelte«,

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erklärte Mergner. Würden die technischen und in der Regel auch wirtschaftlichen Einsparpotenziale genutzt, könnte man jährlich 17 Milliarden Kilowattstunden, mehr als das Doppelte des Stromverbrauchs von München, einsparen. Foto: Bay. Umweltministerium

Energiesparen und Energieeffizienz sind neben dem Umstieg auf Erneuerbare Energien die zentralen Säulen der Energiewende. Auf Initiative des Bundes Naturschutz und auf Basis der aktuellen BN-Stromsparstudie (vgl. N+U 2-12) stellten der bayerische Umweltminister Marcel Huber (Bild Mitte), der Vorsitzende des Landesbundes für Vogelschutz Ludwig Sothmann (rechts) und der BN-Landesbeauftragte Richard


Neuer BN-Landesvorstand Christian Hierneis (rechts) und Dieter Scherf (9.v.l.). Neu gewählt wurden ­Martin Geilhufe (2.v.l.) und Günter Krell (6.v.l.) als ­Beisitzer. Agnes Grasberger (links) vertritt die BN-­ Jugendorganisation JBN. Komplettiert wird der Vorstand durch den Landesgeschäftsführer Peter Rottner (10.v.l.) und den Landesbeauftragten Richard Mergner (8.v.l.).

Foto: Lieber

Auf der BN-Delegiertenversammlung im Frühjahr wurde turnusgemäß nach vier Jahren der Landesvorstand neu gewählt. In ihren Ämtern bestätigt wurden der erste Vorsitzende ­Hubert Weiger(4.v.l.), seine Stellvertreter Doris Tropper (5.v.l.) und Sebastian ­Schönauer (3.v.l.), der Schatzmeister Helmut Steininger sowie die Beisitzer Winfried Berner (7.v.l.),

Streit um »biberfreie Gebiete« Im März hatte das bayerische Umweltministerium die Landratsämter aufgefordert, bei Konfliktfällen zwischen Mensch und Biber die Tiere verstärkt abzuschießen. Im Behörden­ jargon hieß das: mehr »biberfreie Gebiete« ausweisen. Anzeige

Damit will man die Ausgleichszahlungen für entstandene ­Biberschäden reduzieren, zum Beispiel wenn sich Biber wiederholt bei Feldfrüchten bedient oder Wiesen mit ihren Dämmen unter Wasser gesetzt haben. Dem dahinter stehen-

den Prinzip »töten statt zahlen« trat der Bund Naturschutz energisch und mit hoher ­Presseresonanz entgegen – mit Erfolg: Die Landratsämter ­können auch wie bisher im ­Einzelfall entscheiden anstatt bürokratisch pauschale Gebiete

festzulegen. Wenn Abschuss­ gebiete festgelegt werden, sind dabei die Naturschutzbeiräte zu beteiligen. Der BN wird auch künftig darauf dringen, von derartigen Pauschalverordnungen ganz abzusehen.

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Foto: Kaut-Bullinger

Ärmel hochkrempeln … hieß es für die Belegschaft von Kaut-Bullinger beim Räumen des ­B N-Grundstücks im ­Deininger Moor.­

Moorschutz

Wenn alle anpacken

Moore sind Horte der Artenvielfalt und Lebensraum vieler seltener und vom Aussterben bedrohter Tiere und Pflanzen. Als CO2-Speicher haben sie außerdem eine wichtige Funktion für den Klimaschutz. Mit dem Deininger Moor renaturiert der BN ein solches Naturjuwel. Unterstützung kam dabei von unerwarteter Seite.

D

er BN ist seit einigen Jahren Eigentümer eines Grundstückes im Deininger Moor im Südosten von München. Wie viele andere, ist auch das Deininger Moor in den letzten Jahrzehnten entwässert worden und hat damit einen Großteil seiner wichtigen Funk­ tionen eingebüßt.

Die Arbeit beginnt

Im Jahr 2010 hat das Landratsamt München im Rahmen des »Klimaprogramms 2020« seine Wiedervernässung und Renaturierung mithilfe einer Anschubfinanzierung der bayerischen Staatsregierung eingeleitet. Nach Beseitigung des standortfremden Fichtenbestandes gilt es nun, das Gelände wieder zu vernässen und mit intensiven und wiederkehrenden Pflegemaßnahmen dafür zu sorgen, dass aus dem Moor wieder ein Moor wird. Der Arbeitskreis Arten- und Biotopschutz der BN-Kreisgruppe München übernimmt diese Aufgaben – und erhielt dabei Unterstützung von unerwarteter Seite: Die Firma Kaut-Bullinger aus Taufkirchen bei München suchte, um dem Nachhaltigkeitsgedanken ihrer Firmenphilosophie Ausdruck zu verleihen, nach einer konkreten Beteiligung an einem sinnvollen Umweltprojekt in der näheren Umgebung und wurde mit dem Moorprojekt fündig. Eine Zusammenarbeit mit Unternehmen kommt für den BN dann infrage, wenn ein Mehrwert für Natur

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und Umwelt sichergestellt ist und der Verband finan­ ziell unabhängig bleibt. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Unternehmen Kaut-Bullinger leistet nicht nur ausschließlich Projektspenden für die Renaturierung des Moores, sondern arbeitet konkret mit. Unter Anleitung der BN-Aktiven der Kreisgruppe München packen die Mitarbeiter der Firma bei der Wiedervernässung und Renaturierung des Deininger Moores mit an. Viermal jährlich ist die Belegschaft einen ganzen Tag im Moor tätig – mit wachsender Begeisterung. Weiterhin trägt die Firma Kaut-Bullinger zur Umweltbildung und Sensibilisierung für den Umweltschutz bei, sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei den Kunden: Statt Geschenke zu überreichen, informieren die Mitarbeiter an Weihnachten über das Moorprojekt. Das eingesparte Geld fließt direkt in die Re­ naturierung.

Mitarbeiten und begreifen

Initiiert wurde die Projektbeteiligung des Unternehmens von der leitenden Mitarbeiterin Cornelia Schambeck, selbst seit vielen Jahren BN-Mitglied und im ­Naturschutz aktiv. Sie begründet dies so: »Um unser Umweltengagement mit noch mehr Leben zu erfüllen und aktiv zur CO2-Reduktion beizutragen, haben wir gezielt ein Regionalprojekt gesucht, bei dem unsere Mitarbeiter selbst anpacken und im wahrsten Sinne des Wortes ›begreifen‹ können. Teilzuhaben an der Renaturierung des Deininger Moores ist eine einzigartige Sensibilisierungschance für die individuellen Möglichkeiten von aktivem Umweltschutz.« So hat sich seit 2010 eine fruchtbare Zusammenarbeit für den Schutz eines kostbaren Stücks Natur mit diesem Unternehmen entwickelt. Christian Hierneis


Foto: www.delpho.de/Manfred Delpho

Aufgute Nachbar schaft

Der Bund Naturschutz setzt sich dafür ein, artenreiche Stadtbrachen und geeignete Nistplätze für unsere Gebäudebrüter zu erhalten – auch zum Schutz der Dohle.


Foto: BN-Archiv

Bayerns Arche Noah Auf dem voll besetzten Ausflugsschiff »MS Deggendorf« haben auch heuer wieder Mitglieder und Freunde des BN die frei fließende Donau um die Isarmündung erlebt. Die Auwälder hier sind das Refugium für viele Tiere, die im übrigen Land kaum mehr Lebensräume finden.

Untersuchung zum Donau-Ausbau

Schicksalsjahr für die Donau Ende 2012 wird die Studie vor­ liegen, die Grundlage für die Entscheidung über das Schicksal der frei fließenden Donau sein soll. Die Frage lautet: Verbesserungen für die Schifffahrt mit Rücksicht auf den freien Fluss oder Kana­ lisierung und Stau.

Foto: Lieber

D

Der Autor Dieter Scherf ist BN-Vorstandsmit­ glied und kämpft seit vielen Jahren ­ für den Schutz der Donau.

ie Untersuchung zum Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen, in der für 33 Millionen Euro, zur Hälfte gefördert von der EU, der Ausbau in zwei Varianten detailliert geplant und in den jeweiligen Wirkungen und Auswirkungen untersucht wird, steht vor ihrem Abschluss. Drei Jahre lang wurde untersucht und geplant, eine »Monitoring-Gruppe« mit vier Vertretern aus der Wirtschaft und vier Vertretern von Naturschutzorganisationen wurde laufend über Vorgehensweise und Ergebnisse informiert. Kurz vor Abschluss der Untersuchungen zeigt sich deutlich: Hier wird nicht wie vorgegeben die objektive Grundlage zur Entscheidung über die Zukunft der frei fließenden Donau erarbeitet.

»Mit Staustufen ökologische Schäden vermeiden«?

Die Variante ohne Staustufen, die den freien Fluss erhalten würde (Va-

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riante A), wird mit krassen Plänen als ökologisches Desaster ohne besondere Wirkung für die Schifffahrt dargestellt. Die Variante mit einer Staustufe und einem über zwei ­Kilometer langen Schleusenkanal, in der die Donau über die Isarmündung hinaus bei mittlerem Wasserstand über zehn Kilometer, bei Niedrigwasser an die 25 Kilometer zurückgestaut würde (Variante C 2,80), wird so dargestellt, als könnte man bei bestem Effekt für die Schifffahrt die Schäden an der Landschaft, am Fluss und an den einzigartigen Lebensräumen vermeiden, ausgleichen oder durch Ersatzmaßnahmen wieder gut machen. BN-Experten können

Liebe Leser,

im Juni hatte der BN seine Mitglieder um Spenden für die frei fließende Donau gebeten. Über 160 000 Euro kamen zusammen – ein großartiges ­Ergebnis. Herzlichen Dank dafür! Mit dem Geld wollen wir Fachgutachten zur EU-Studie finanzieren und weitere Schutzgrundstücke kaufen. Dafür fehlen uns noch 20 000 Euro. Bitte helfen Sie uns dabei, diesen Betrag noch zusammen zu bekommen. Vielen Dank im Namen der Donau! Spendenkonto 93 00 000 300 Bank für Sozialwirtschaft BLZ 700 205 00

aber unschwer nachweisen, dass mit fehlerhaften Annahmen, unzulänglichen Modellrechnungen und unzutreffenden Auswirkungsprognosen ein falsches Bild abgegeben wird. Hinweise und Forderungen unabhängiger Experten, die auf Drängen der Umweltorganisationen zugezogen wurden, bleiben unberücksichtigt.

RMD: Interessenspartei und Regisseur

Verwunderlich ist das nicht, denn die Untersuchungen werden von der RMD gesteuert, die sich seit Jahren im eigenen Interesse für die Staustufenkanalisierung der Donau stark macht. Der Bund Naturschutz wird zusammen mit dem Landesbund für Vogelschutz und dem Landesfischereiverband mit eigenen Expertisen und Kommentaren zu den von der RMD abgegebenen Untersuchungsergebnissen die Öffentlichkeit und die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung auf die Diskrepanzen hinweisen und damit zu einer objektiven Entscheidungsgrundlage beitragen. Der Güter­ verkehr auf der Donau braucht keine kostspielige und rücksichtslose Begünstigung, aber die Natur dieser einmaligen Flusslandschaft braucht ihren Schutz.

Erstes Umdenken in Politik

Hoffnung gibt ein Interview der Süddeutschen Zeitung mit dem bayerischen Umweltminister Marcel Huber von Mitte Oktober: Huber sprach sich dabei überraschend dafür aus, die Donau ohne Kanal und Staustufe auszubauen. Jetzt gilt es, die gesamte bayerische Staats­ regierung davon zu überzeugen, sich diesem Schritt anzuschließen und die Donau als frei fließenden Fluss zu schützen. Dieter Scherf


Kreisgruppe Bamberg

Ein an sich erfreuliches Ereignis bereitet dem Bamberger BN Sorge: Die US-Armee zieht ab diesem Jahr aus Bamberg ab, wodurch große Flächen frei werden – etwa am Flugplatz in der Breitenau, einem Trockenstandort von landesweiter Bedeutung. Doch als im Mai Pläne für die Ansiedlung des Industrieunternehmens Brose b ­ ekannt wurden, läuteten beim Bamberger BN die Alarmglocken.

Foto: Kreisgruppe

Zerstört Brose wertvolle Lebensräume?

B

Ortsumfahrung Leimitz: Der BN wendet sich gemeinsam mit dem Bayerischen Bauernverband (BBV) gegen das Vorhaben der Stadt Hof, eine Ortsumfahrung für den Stadt-

lung der Firma Brose, der Flugbetrieb und der Schutz des wertvollen Biotopkomplexes gleichzeitig möglich. Die Bamberger BN-Aktiven können nur vermuten, dass es hinter verschlossenen Türen weitgehende Zusagen an die Firma Brose gegeben hat. Für die Zukunft sollen alle Optionen offen bleiben, so dass man die Flächen bei entsprechenden Forderungen der Firma Brose

teil Leimitz zu bauen. Die geplante Trasse würde unnötig viel Natur zerstören und Fläche versiegeln. Um Leimitz vom Verkehr zu entlasten, schlagen BN und BBV eine naturverträglichere und kostengünstigere Alternative vor, bei der eine bestehende Straße ausgebaut und die Ortsdurchfahrt von Leimitz nur noch für den Anlieger­ verkehr freigegeben würde. 25 Jahre Umweltbüro: Am 18. Juli feierte das Bayreuther Umwelt­ büro mit einem Fest sein 25-jähriges Bestehen. In den Räumen des Umweltbüros unterhält die BNKreisgruppe ihre Geschäftsstelle; außerdem finden sich hier weitere

schutzlos Stück für Stück opfern kann. Aus Sicht des BN darf das nicht sein. Was soll diese undemokra­ tische Geheimdiplomatie? Wer bestimmt in unserem Land, die Wirtschaft oder die Politik? Würden die ökologisch hoch bedeutsamen Flächen unter Schutz gestellt, würde auch der BN einer Ansiedlung von Brose zustimmen. Heinz Jung (hl)

Umweltverbände wie der Verkehrsclub Deutschland, die Lokale Agenda 21 und Greenpeace. Das Umweltbüro dient seit 1987 als zentrale Anlaufstelle für den Natur- und Umweltschutz sowie dem Austausch der hier tätigen Vereine und Initiativen.

die Spuren des Wolfs. Dabei räumte Fräulein Brehm mit Vorurteilen gegenüber dem Wolf auf und bescherte den Schülern ein spannendes Bühnenabenteuer. Mehr Info: www.brehms-tierleben.com

Fräulein Brehms Tierleben: »Fräulein Brehm« tourt im Auftrag des BN durch Schulen und Museen, wo sie ihre selbst geschriebenen und fachlich fundierten Theaterstücke über Wolf, Bär, Wildkatze oder Luchs aufführt. Anfang ­August begab sie sich mit den Fünftklässlern der Herzog-OttoMittelschule in Lichtenfels auf ­

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NATURNOTIZEN AUS OBERFRANKEN

Landesgartenschau: Im Rahmen eines Rundgangs machte sich der BN-Landesvorstand Anfang August ein Bild von der diesjährigen Landesgartenschau in Bamberg. Besonders beeindruckt zeigten sich die Vorstandsmitglieder von der aktuellen Entwicklung der Gartenkultur zu naturnahen Gärten. Der BN-Vorsitzende Hubert Weiger lobte zudem die BN-Präsentation von Lebensräumen der SandAchse Franken.

Flugplatz für seltene Vögel Vielleicht sieht man es dem ehemaligen Militärflughafen in der Breitenau nicht gleich an, aber er ist ein Zufluchtsort für viele bedrohte Tierarten. Hier fühlt sich beispielsweise das einst so weit verbreitete, heute aber stark gefährdete Rebhuhn wohl.

Foto: Willner

ei der derzeitigen Planung würde das ökologisch höchst wertvolle Gebiet teilweise zerstört. Dabei bildet das »Bamberg Airfield« einen vielfältigen Biotopkomplex unter anderem aus Sandmager­ rasen, Gebüschen, Großseggenrieden und Ginsterheiden. Hier brüten die vom Aussterben bedrohte Heide­lerche und andere stark gefährdete Vogelarten wie Bekassine und Braunkehlchen. Mit 209 re­ gistrierten Arten bietet das Gebiet zudem einen kaum zu glaubenden Pflanzenreichtum, darunter die Sandgrasnelke und das Blaublütige Bergsandglöckchen. Die Flächen nehmen einen zentralen Platz im Verbund der Sand­Achse Franken ein und sind prädestiniert für eine Ausweisung als Naturschutzgebiet. Der hohe ökologische Wert des Gebiets ist unbestritten, auch Politiker der Bamberger SPD, die hier den Oberbürgermeister stellt, forderten letztes Jahr, das Gebiet unter Schutz zu stellen. Doch davon wollen jetzt weder die Stadt noch die Regierung von Oberfranken noch etwas wissen. Dabei wären die Neuansied-


Kreisgruppe Nürnberger Land

Foto: Konopka

Gewerbegebiet im Reichswald ist noch nicht vom Tisch

Nach wie vor plant der Markt Feucht ein Gewerbegebiet »Moser ­Brücke« mitten im Lorenzer Reichswald. Mit einer Fläche von etwa 15 Hektar wäre das Gewerbegebiet derzeit einer der größten Eingriffe im Reichswald, der hier als Bannwald, Vogelschutzgebiet und E­ rholungswald geschützt ist.

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ie BN-Ortsgruppen Feucht und Wendelstein sowie das hiesige Bannwaldbündnis setzen sich deshalb schon seit Längerem intensiv mit Kundgebungen, Gesprächen, Infoständen und Presseaktionen für den Erhalt des Waldgebietes ein.

Freie Landschaft: Die OettingenSpielbergsche Forstverwaltung muss den elf Kilometer langen Zaun auf ihrem Gebiet im Landkreis Ansbach abbauen (s. N+U 1-12). Das entschied das Verwaltungsgericht Ansbach am 27. Juni. Der BN geht seit 2009 gegen den Zaun vor, weil der gegen das per Verfassung geschützte Recht der Betretbarkeit der freien Landschaft verstößt. Mit dem Zaun versucht die Forstverwaltung, den künstlich hoch gehaltenen Wildschweinbestand im eigenen Wald einzusperren anstatt ihn stärker zu bejagen. Ehrungen: Beim 40. BN-Reichswaldfest im Juli in Nürnberg (vgl.

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­ ereits 2010 übergab das Bündnis B über 900 Unterschriften gegen das geplante Gewerbegebiet an den Feuchter Bürgermeister Konrad Rupprecht, den Regierungspräsidenten Thomas Bauer in Ansbach und Landrat Armin Kroder. Immer-

S. 26) würdigte Umweltstaatssekretärin Melanie Huml den Einsatz des BN und der Bürger für ihren Wald und verlieh drei verdienten Naturschützern den »Grünen Engel«, die Auszeichnung der Staatsregierung für besonderes Engagement im Umweltschutz: dem Schmetterlingsspezialisten Wilhelm Köstler, dem Umwelt­ pädagogen Dr. Gerhard Brunner und dem Stadtnaturschützer ­Günther Raß. Regionalmarkt: Beim 19. Wein-, Bauern- und Handwerkermarkt der BN-Ortsgruppe Scheinfeld im Landkreis Neustadt/Aisch – Bad Windsheim herrschte am ersten

Natur + Umwelt BN-Magazin [4-12]

Septembersonntag wieder großer Andrang. Bis zu 3000 Besucher ­informieren sich hier jährlich bei 40 Ausstellern über regionale ­Produkte, die Energiewende und umweltfreundliche Mobilität.

Foto: Konopka

NATURNOTIZEN AUS MITTELFRANKEN

Picknick für den Wald Aktive des Bundes Naturschutz und des Bannwaldbündnisses verdeutlichten Mitte Juni mit einem Picknick die Bedeutung des Reichswaldes als Erholungsgebiet für über eine Million Menschen im Großraum Nürnberg.

hin stehen im Raum Nürnberg 510 Hektar Gewerbegebiete leer. Die müssen aus Sicht des BN zuerst genutzt werden, bevor man neue ausweist. Zudem bedeuten noch mehr Leerstände neuer Gewerbegebiete steigende Kosten für die Kommunen, die ihre erschlossenen Areale nicht vermarkten können. Aufgrund dessen kann der Markt Feucht den Bebauungsplan für das Gewerbegebiet »Moser Brücke« derzeit offenbar auch nicht abschließen, was der BN als Zwischenerfolg wertet. Und es gibt weitere gute Zeichen für den Schutz des Lorenzer Reichswaldes: Der Markt Wendelstein als Anrainer lehnt das Gewerbegebiet mittlerweile ab, die Stadt Nürnberg hat eine kritische Stellungnahme zu dem Bauprojekt abgegeben. Andere Großvorhaben wie die Südumfahrung bei Erlangen und die Südspange zum Gewerbegebiet NürnbergFeucht konnten in letzter Zeit bereits verhindert werden. Der BN und das Bannwaldbündnis appellieren deshalb weiter an den Feuchter Gemeinderat, auch das Gewerbegebiet »Moser Brücke« im Sinne des Naturschutzes und des Gemeinwohls zu stoppen, und an die für Feucht zuständige Regierung von Mittelfranken, den Flächennutzungsplan so nicht zu genehmigen. Tom Konopka (hl)

Fest zum Aus für Südumfahrung: Die Südumfahrung Buckenhof-­ Uttenreuth-Weiher durch den Reichswald bei Erlangen ist vom Tisch(s. N+U 3-12). Diesen großen Erfolg feierte die Gemeinde Buckenhof am 23. September mit einem großen Fest. Mit dabei waren auch die Bürgerinitiative »Umweltverträgliche Mobilität im Schwabachtal« und die BN-Kreisgruppe Erlangen. Deren Vorsitzende Doris Tropper dankte besonders dem Bürgermeister Georg Förster und Esther Schuch von der Bürgerinitiative sowie allen Aktiven für den gemeinsamen Einsatz. Der BN kämpfte seit den 70er-Jahren gegen die Straßenplanung.


Foto: Paulus

Foto: Kramer/fotolia.com

100 Äcker für die Vielfalt: Die Kreisgruppe Amberg-Sulzbach ­beteiligt sich seit diesem Jahr mit einem eigenen Grundstück am bundesweiten Projekt »100 Äcker für die Vielfalt« der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Die offizielle Teilnahmeurkunde

Kreisgruppe Tirschenreuth

Hände weg vom Hessenreuther Wald

Neue Gebiete für den Sand- und Kiesabbau, eine Stromtrasse, der Ausbau einer ­Bundesstraße, mehrere Windkraftwerke – der Hessenreuther Wald sieht sich einer ­Vielzahl von Bedrohungen ausgesetzt. Doch der Wald ist keine Spielwiese für Planungen aller Art, sondern ein wichtiges ökologisches Rückzugs- und Erholungsgebiet. zerschneiden würde – ebenso wie der anvisierte Ausbau der B299 am Hessenreuther Berg (siehe N+U 2-11). Im Zuge dieses Ausbaus will das staatliche Bauamt AmbergSulzbach andererseits auf eine Grünbrücke verzichten – weil das Verkehrsaufkommen dafür zu gering sei. »Da fragt sich doch jeder vernünftige Mensch, warum plant man denn dann so einen völlig überzogenen Ausbau mit einer 16 Meter tiefen Schneise am Scheitelpunkt des Berges?«, kritisiert der stellvertretende BN-Kreisvorsitzen-

überreichte Bernd Blümlein vom Deutschen Verband für Landschaftspflege (im Bild vorne rechts) Mitte Juli an den BN-Kreisvorsitzenden Peter Zahn (vorne links). Ziel des Projektes ist es, dem Schwund der Ackerwildkräuter mit einem Netz von Schutzflächen zu begegnen. Auf dem von einem Biolandwirt bewirtschafteten BN-Acker wachsen über 40 teils gefährdete Wildkräuter wie Frauenspiegel oder Blauer Ackergauchheil. Mehr Info: www.schutzaecker.de Jubiläum: Anfang Juni feierte die BN-Ortsgruppe Tän-

de Werner Schubert. »Da bricht doch das ganze Ausbaukonzept der Straßenplaner zusammen«. Weil nur 1600 Fahrzeuge am Tag die Straße benutzen, fordert der BN stattdessen einen moderaten Ausbau. Aus Sicht des Bundes Naturschutz ist der Wald keine Spielwiese für Planungen, bei denen es nur darum geht, die Natur für viel Geld auszubeuten. Deshalb fordert der BN: Hände weg vom Hessenreuther Wald – Vorfahrt für die Natur und die Erholung der Menschen! Karl Paulus (hl)

nesberg im Landkreis Neustadt an der Waldnaab ihr 25-jähriges Be­ stehen. Bei einer vom Ortsgruppenvorsitzenden Toni Wolf geleiteten Exkursion zum Biodiversitätsprojekt im Kainzbachtal würdigte der BN-Landesbeauftragte Richard Mergner das vielfältige Engagement der BN-Aktiven als beispielhaft für ganz Bayern. So leistete die Ortsgruppe einen wichtigen Beitrag zur Auszeichnung von Tännesberg als »Bayerische ­Modellgemeinde Biodiversität«. »Demokratisches Lehrstück«: Ende 2011 wurde bekannt, dass die Stadt Weiden einen neuen Festplatz unmittelbar neben einem

wertvollen Bachbiotop bauen will. Um das Biotop zu schützen, ini­ tiierte die BN-Ortsgruppe im Juli 2012 ein Bürgerbegehren – mit großem Erfolg. Trotzdem musste man noch vor Gericht klagen, damit sich die Gemeinde auch an das Ergebnis des Begehrens hält und das Biotop unangetastet lässt. Um das Bürgervotum zu umgehen verkaufte der Weidener Oberbürgermeister Kurt Seggewiß das Gelände dann im Juli kurzerhand an die eigenständigen Stadtwerke – ein demokratisches Lehrstück der besonderen Art. Ende September wurde der Festplatz fertiggestellt, das Biotop zerstört.

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NATURNOTIZEN AUS DER OBERPFALZ

m Zuge der 23. Änderung des ­Regionalplans Oberpfalz-Nord, die im Juni ausgelegt wurde, sollen südlich von Altköslarn bei Kastl zwei neue Vorranggebiete für Sandund Kiesabbau ausgewiesen werden. Das betroffene Gebiet umfasst rund 200 Hektar mitten im Wald, die für den Sandabbau vorgesehenen Flächen bedrohen schutzwürdige Flechten-Kiefernwälder und Tiere wie das Rotwild, die stark gefährdete Kreuzotter und seltene Fledermausarten. Auch gibt es Pläne, im Herzen des Hessenreuther Waldes eine Vielzahl von Windkraftwerken zu errichten. Dabei könnte sich nun bitter rächen, dass es kein schlüssiges Konzept für den Ausbau der Windkraft im Landkreis gibt. Außerdem ist eine neue Stromtrasse vorgesehen, die von Kemnath über ­Erbendorf nach Windischeschenbach verlaufen und damit den Wald

Foto: Schwemmer

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Vorrang für Mensch und Natur! Im Hessenreuther Wald brüten noch Schwarzstorch und Fischadler (kleines Bild). Die Zerstörung dieses Lebensraumes, der den Menschen der Region auch als­Erholungsgebiet dient, wäre unverantwortlich.


Foto: Ruchlinski

Foto: Zahn

Biobagger Die ersten Ergebnisse der Büffel­ beweidung sind positiv: In den Suhlen, die die Wasserbüffel anlegen, hat sich die Gelbbauchunke angesiedelt.

Kreisgruppe Mühldorf

Wasserbüffel in Jettenbach

Seit 1996 betreibt die Kreisgruppe Mühldorf des Bundes Naturschutz in J­ ettenbach ein erfolgreiches Beweidungsprojekt mit Rindern. Um Tümpel für Amphibien und Libellen zu erhalten, kommen seit 2011 Wasserbüffel als »Biobagger« zum ­Einsatz. Die Zwischenbilanz des ersten Jahres ist überaus positiv.

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landwirtschaftlich genutzt und ermöglicht eine tierschutzgerechte Fleischerzeugung. Die Beweidung mit Rindern erhält zwar offene Gewässer für Amphibien und Libellen, doch wurden die Tümpel durch den Viehtritt am Ufer allmählich kleiner. Eine Ausbaggerung stand an, doch die Kreisgruppe suchte eine Alternative zum Maschineneinsatz. Büffel legen Suhlen an und können so die Ver-

Foto: Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen

NATURNOTIZEN AUS OBERBAYERN

achdem der Talraum bei Jettenbach brachgefallen war, stellte der Eigentümer Graf zu ToerringJettenbach die rund sieben Hektar große Fläche vor 16 Jahren dem BN zur Verfügung. Wunsch der Gemeinde war es, den offenen Charakter des Tals zu erhalten und eine Bewaldung zu verhindern. Dies stellt der BN seit 16 Jahren durch die ­Beweidung sicher. Gleichzeitig wird das Tal so auf traditionelle Weise

Riskant: In Bayern soll das erste »Schachtkraftwerk« außerhalb universitärer Versuchsanlagen gebaut werden. Diese neue Wasserkrafttechnik, die noch nicht ausgetestet ist und möglicherweise den Fischbestand schädigt, soll als Pilot­ projekt ausgerechnet in einem

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FFH-Gebiet an der Loisach gebaut werden, an einer für ­Fische gut durchgängigen Schwelle bei Großweil im Landkreis Garmisch-Partenkirchen (siehe Foto). Der BN und der Landesfischereiverband befürchten eine Verschlechterung für Fischarten wie Äsche, Huchen und Groppe und lehnten das Vorhaben daher beim Erörterungstermin im September ab. Rasant: Der noch immer ungebremste Flächenfraß im Landkreis

Natur + Umwelt BN-Magazin [4-12]

landung verhindern und neue Kleingewässer schaffen. Wie gut dies funktioniert, wird nun seit 2011 erprobt. Da die Auswirkung kleinflächiger Standweiden auf Feuchtgebiete kaum untersucht ist, hat das Projekt modellhaften Charakter. Die Kreisgruppe dokumentiert ­deshalb die Veränderung von Flora und Fauna, mit bisher erfreulichem ­Resultat: Ein vielfältiges Vegeta­ tionsmosaik ist entstanden, von dem Arten wie Gelbbauchunke oder Zauneidechse profitieren. An einem zuvor zugewachsenen Bach gibt ­ es nun offene Wasserflächen, wo Kleine Pechlibelle und Südlicher Blaupfeil vorkommen. Das BN-Projekt, das von dem Biologen Andreas Zahn betreut wird, belegt, dass auch kleine Flächen durch extensive Rinderstandweide kostengünstig und naturschutzgerecht gepflegt werden können. Kreisvorsitzender Gerd Ruchlinski freut sich, dass die Gemeinde Jettenbach und die Bevölkerung stolz auf das Biotop sind und den BN unterstützen. Kurt Schmid (as)

Fürstenfeldbruck war für die Kreisgruppe Anlass, im September die Unterschriftenaktion »Stoppt die Flächenversiegelung – Landkreisentwicklung ohne Landschafts­ verbrauch« zu starten. Hiervon ­erhofft sich der BN Impulse für die Entwicklung eines flächenschonenden Leitbilds für den Landkreis, sind doch noch immer zu viele neue Gewerbegebiete geplant. Giftig: Auf Einladung der örtlichen Bürgerinitiative und der BN-Ortsgruppe Wellheim protestierten Ende September zahlreiche Bürger gegen eine Quarzsandaufbereitungsanlage in Hard im Landkreis

Eichstätt, die neben einer Wohnsiedlung entstehen und mit Elek­ troschlacke fundamentiert werden soll. Die giftige Schlacke stammt aus der Stahlherstellung in Elek­ troöfen im Raum Augsburg. ­Geplant ist eine elf Meter starke Schicht, etwa 72 000 Kubikmeter, vorgeblich als notwendiger Unterbau für die Anlage. Der BN bezweifelt dies und stellt infrage, dass ausreichend Quarzsand für einen mehrjährigen Betrieb der Anlage gefördert werden kann. Vertreter von SPD, Freien Wählern, Grünen und Die Linke haben ihre politische Unterstützung zugesagt. Die Entscheidung im Verfahren liegt beim Bergamt in München.


Kreisgruppe Günzburg

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noch touristische Infra­struktur ­gebaut werden. In den vergangenen 40 Jahren gab es keinerlei ­Ausnahme – und wenn es nach dem BN geht, bleibt dies auch am Riedberger Horn so. Abschluss: Nach fünf Jahren und Tausenden ehrenamtlicher Arbeitsstunden ist die Renaturierung des Hagspielmoores bei Scheidegg im Landkreis Lindau seit Juni abgeschlossen. Unter Trägerschaft und Anleitung der BN-Kreisgruppe wurde der 22 Hektar große Moorkern wiedervernässt (s. Foto). Dazu wurden Entwässerungsgräben deak­ tiviert und Bäume und Sträu-

Foto: Frey

Alpenplan: Dessen 40-jähriges ­Jubiläum feierten Aktive des BN und anderer Alpin- und Umweltverbände am 1. September 2012 am Riedberger Horn im Ober­ allgäu (s. Foto). Damit protestierten sie auch gegen Pläne von Investoren, dort, in einer Ruhezone, einen Liftverbund zu errichten. Als Ruhezonen sind im ­Alpenplan etwa 40 Prozent des bayerischen Alpenraumes definiert. Dort dürfen weder öffent­liche Straßen

nachrangig zu sein. Da zählt selbst der Einwand nicht, dass Überschwemmungsgebiete nur erschlossen werden dürfen, wenn es dazu keine Alternative gibt. Der BN, der ein Sperrgrundstück im Trassenverlauf besitzt, und die Schutzgemeinschaft Hochwang erwägen nun eine Klage. Es mag für Politiker ungewohnt sein, wenn selbstherrliche Ambitionen der Exekutive von unabhängigen Gerichten überprüft werden. Doch möglicherweise wird nur so deutlich, dass ein »Nikolausi« eben kein »Osterhasi« ist. Alexander Ohgke, Rita Jubt, Manfred Schmid (as)

Foto: Kreigruppe Lindau

Das im Frühjahr beendete Raumordnungsverfahren für die Ortsumgehung Ichenhausen hat nämlich eine gleichwertige Alternativtrasse aufgezeigt, die die Flussaue nicht berührt. Doch das Bauamt ­erklärte deren Verlauf für politisch nicht durchsetzbar. Dabei wird die vom Schwerverkehr arg gebeutelte Stadt Ichenhausen von der Günztaltrasse kaum entlastet, denn die ­Gewerbegebiete liegen weitab davon. Dies wäre Grund genug, auf das Vorhaben zu verzichten. Doch Naturschutz und die sinnvolle Verwendung öffentlicher Mittel scheinen für schwäbische Lokalpolitiker

icher kennen viele die Szene, in der Gerhard Polt einem widerspenstigen Kleinkind den Unterschied zwischen einem »Nikolausi« und einem »Osterhasi« beizubringen versucht – vergeblich. So etwa stellt sich die jahrzehntelange ­Auseinandersetzung um die Umfahrung Ichenhausen südlich von Günzburg dar. Nun wollen die lokalen Mandatsträger die Bundes­straße 16 als Ortsumfahrung durch das öko­logisch wertvolle Günztal bauen, obwohl nahezu alle verkehrsplanerischen Argumente und rechtliche Vorgaben der Raumordnung dagegen sprechen.

cher entfernt, die dort in den letzten Jahrzehnten aufgeschossen waren. Erhalt und Wiedervernässung von Hochmooren sind wichtig für den Arten- ebenso wie den Klimaschutz, da in Mooren große Mengen Kohlenstoff gebunden sind. Wilder Lech: Der Augsburger Bio­ loge Heinz Fischer war ein Kenner

Bedrohtes Idyll Gegen den ­Straßenbau in den malerischen Günzauen wollen die Aktiven des BN und der Schutzgemeinschaft Hochwang auf dem Rechtsweg vorgehen.

des Lechs. Seine Fotografien aus den Jahren 1936 bis 1957 hat Eberhard Pfeuffer, Vorstandsmitglied der BN-Kreisgruppe Augsburg, zu einem wunderschönen Schwarz-Weiß-Band zusammengestellt. Das Buch zeigt, wie ein großartiger Wildfluss der Strom­erzeugung geopfert wurde – und mahnt eindringlich, den letzten frei fließenden Flussabschnitt auf bayerischem Boden zu erhalten. Der ungebändigte Lech – Eine ver­ lorene Landschaft in Bildern, her­ ausgegeben von Eberhard Pfeuffer, Wißner Verlag, 29,80 Euro.

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NATURNOTIZEN AUS SCHWABEN

Bisher konnten die Vertreter des Bundes Naturschutz und der Schutzgemeinschaft Hochwang das Günztal vor dem Straßenbau retten. Akut gefährdet ist es durch die ­geplante Ortsumfahrung Ichenhausen, für die das Planfeststellungsverfahren droht: Im August gab das Straßenbauamt seine Entscheidung für diese Trasse bekannt. ­ Die Kreisgruppe prüft nun recht­liche Schritte.

Foto: Ohgke

Kein Straßenbau im Günztal!


Kreisgruppe Freyung Grafenau

Mehr Moorschutz Fotos: BUND-Projektbüro Grünes Band (l.), Maurer (r.)

schutzprojekt auch den kommunalen Mandatsträgern vor. Sie betonten die ökologische Bedeutung der Moore und die hohe naturschutzfachliche Wertigkeit der Flächen, die großteils im Natura 2000-Gebiet »Bischofsreuter Waldhufen« liegen. Obwohl intakte Moorflächen keine dauerhafte Pflege erfordern, ist punktuell eine Wiedervernässung oder die Entfernung des Gehölzaufwuchses notwendig. Wie der Vorstand der Kreisgruppe bei einer Exkursion im Sommer feststellte, wird es keine leichte Arbeit sein, noch vorhandene Entwässerungsgräben zu verstopfen und Fichten zu entfernen. Damit die Moore wieder wachsen können und als Kohlendioxidspeicher funktionieren, ist dies bei einigen Flächen jedoch unabdingbar. »Wir wollen mit den Grundstückskäufen aber auch dazu beitragen, dass die Moore und Moor-Wiesen-Komplexe in diesem Raum dauerhaft gesichert werden und als Lebensraum für seltene und gefährdete Arten erhalten bleiben«, erklärte Christiane Grapentin. Als Beispiele nannte sie Fischotter, Birkhuhn, Kreuzotter und den Hochmoorgelbling sowie verschiedene Orchideen- und Wollgrasarten oder die Rausch- und Moosbeere. Kurt Schmid (as)

Die Moore im Hinteren Bayerischen Wald zu bewahren und zu ­renaturieren ist seit Langem ein Schwerpunkt der BN-Kreisgruppe Freyung-Grafenau. Nachdem sie Ende 2011 weitere wertvolle ­Flächen erwerben konnte, zeigte eine Ortsbesichtigung im Sommer 2012, wie die BN-Aktiven den Moorflächen helfen können, wieder zu wachsen.

oore sind für den Erhalt zahlreicher hoch spezialisierter Arten und der biologischen Vielfalt insgesamt sowie für den Wasserrückhalt und den Klimaschutz von enormer Bedeutung. Ende 2011 konnte die Kreisgruppe fast 22 Hektar Moorflächen an der bayerischtschechischen Grenze, am »Grünen Band«, ankaufen. Unterstützt wurde sie dabei von der Regierung von

Belohnt: Über 3700 Euro sammelten die Schüler des Maristengymnasiums Fürstenzell bei der diesjährigen Haus- und Straßensammlung für den BN. Als Dank für ­diesen großartigen Einsatz lud die Kreisgruppe Passau die über 90 Schüler im Juli in den Nationalpark Bayerischer Wald zu einer mehrstündigen Wanderung durch das Tierfreigehege ein. Den Aus-

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Niederbayern und durch Mittel aus dem Klimaprogramm »KLIP 2020«. Der Eigen­anteil des BN stammte aus zweck­gebundenen Spenden für Grund­erwerb am »Grünen Band«. Bei einer Bürgermeisterversammlung des Landkreises im ­vergangenen Frühjahr stellten die Kreisvorsitzende Christiane Grapentin und die Geschäftsstellen­ leiterin Heike Dülfer das Moor-

flug begleiteten Landesschatzmeister Helmut Steininger, Helgard Gillitzer, Biologielehrerin am Gymnasium, und Martin Scherr, stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe (von links). Beschildert: Die BN-Ortsgruppe Oberes Binatal/Rottquelle feierte im Juli ihr 20-jähriges Jubiläum. Auch Maria Neudecker, die Bürgermeisterin der Gemeinde Wurmsham, gratulierte und dankte für die sehr gute Zusammen­ arbeit seit Beginn ihrer Amtszeit 2008. Sie betonte insbesondere die Idee der Ortsgruppe, die bei Wurms­ham entspringenden Quellen der Flüsse Rott und Bina

Natur + Umwelt BN-Magazin [4-12]

sowie des Zellbachs zu beschildern. Die Ortsgruppe befreite die Quellen auch von 20 Tonnen Bauschutt und half bei der Vermarktung der »Drei-QuellenGemeinde«. Sogar die Route des offiziellen Rottalradwegs wurde geändert und führt jetzt bis zur Rottquelle in Müllerthann.

Foto: Kreisgruppe Landshut

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Foto: Kreisgruppe Passau

NATURNOTIZEN AUS NIEDERBAYERN

Moorbewohner Auch direkt an der Landesgrenze bei Frauenberg, im Tal der Kalten Moldau (großes Foto), und einem Hochmoor bei Hinterfirmiansreut erwarb die Kreisgruppe etliche Flächen. Hier kommt auch der rundblättrige ­Sonnentau vor.

Geehrt: Für ihre 75-jährige Mitgliedschaft beim Bund Naturschutz wurde im August Erika Heiß (2. von rechts) aus Landshut geehrt. Die BN-Kreisvorsitzende Kathy Mühlebach-Sturm (rechts) sowie der stellvertretende Vorsitzende Paul Riederer und die Geschäftsstellenleiterin Brigitte Engl-

brecht überreichten der ehemaligen Gymnasiallehrerin, die bereits Trägerin der Vereinsnadel in Gold ist, einen Anteilsschein für 60 Quadratmeter wertvoller Fläche im »Grünen Band«. Gleichzeitig nahm die Jubilarin, die schon als Schülerin in München dem Naturschutzverband beitrat, Glückwünsche zum 90. Geburtstag entgegen.


25 Jahre Zeller Quellen: Vor 25 Jahren bewahrten engagierte Bürger das Gebiet der Zeller Quellen im Landkreis Würzburg vor der Errichtung eines Golfplatzes. 1991 gründeten die Naturschützer die BN-Ortsgruppe Zell. In der Folge wirkten die BN-Aktiven dabei mit, Ackerflächen im Umkreis der Quellen zu extensivieren oder stillzulegen und auszuhagern. Heute stellen die Zeller Quellen 60 Prozent des Trinkwassers alleine in Würzburg. Das Schutzkonzept war so erfolgreich, dass das Gebiet im Mai in das Projekt »100 Äcker für die Vielfalt« aufgenommen wurde (vgl. S. 33).

Kreisgruppe Bad Kissingen

25 Jahre Sinnberggarten

Foto: Hartmann

Am 22. Juni feierte die Ortsgruppe Bad Kissingen den 25-jährigen ­Geburtstag ihres Sinnberggartens. In dem Schaugarten wachsen auf 1260 Quadratmetern seltene Garten- und Ackerpflanzen. Dabei wird auch ersichtlich, wie gut sich eine extensive Landnutzung mit dem Erhalt seltener Arten vereinbaren lässt.

üblichen Ziergärten und der intensiv genutzten Landwirtschaft verschwunden ist. Attila Sargin (hl)

Main-Allianz: Wie steht es um den Main als Lebensraum? Dieser Frage widmete sich am 8. September in Aschaffenburg ein Workshop unter Federführung von ­Sebastian Schönauer, dem stellvertretenden BN-Vorsitzenden. Mit dabei waren auch Mitglieder des BUND Hessen sowie der ­Fischerei- und Kanuverbände. Die Workshop-Teilnehmer gründeten die Main-Allianz, um einen weiteren Ausbau der Wasserkraft am Main zu verhindern und den Fluss für Fische wieder passierbar zu machen. Ehrung: Eine hohe Auszeichnung erhielt Hans Schneider, Grün-

Seltene Gelegenheit Das Interesse am Tag der offenen ­Gartentür im Sinnberg­garten war rege. Immerhin bekamen die ­Besucher hier G ­ ewächse zu sehen, die aus ­unserer Heimatlandschaft praktisch verschwunden sind.

dungsmitglied und ehemaliger Vorsitzender der Ortsgruppe Volkach im Landkreis Kitzingen: Am 30. Mai bekam er für sein jahrzehntelanges Engagement im Umweltschutz das Ehrenzeichen des bayerischen Ministerpräsidenten für Ehrenamtliche verliehen.

Schneider setzte sich vor allem im Amphibien- und Baumschutz ein. Große Erfolge erzielte er in den 80er-Jahren mit der Ausweisung der Naturschutzgebiete Vogelsberger Holz und Sandgrasheide. Energiewende von unten: Mit einem Infostand machte die ­ Kreisgruppe Schweinfurt im Mai auf das Thema Energiesparen ­aufmerksam. Den Interessenten gaben die BN-Aktiven dabei ein ­eigens erstelltes Infoblatt über Einsparmöglichkeiten mit. Ziel war es, damit eine Energiewende von unten zu fördern, bei der dem Energiesparen endlich die höchste Priorität zukommt.

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NATURNOTIZEN AUS UNTERFRANKEN

emeinsam mit der Jubiläumsfeier fand im Sinnberggarten der Auftakt zur »Offenen Gartentür« des Kreisverbands für Gartenbau und Landespflege statt. Die Mitglieder des Verbands pflegen die seltenen Gewächse des Gartens. Vorsitzender des Verbands ist Walter Hartmann, der zugleich der BN-Ortsgruppe vorsteht. Das Gelände oberhalb der Saale hatte die Stadt Bad Kissingen dem Arbeitskreis Botanik der Kreisgruppe, in dem sich Hartmann seit 1975 engagiert, überlassen, um einen Wild- und Naturpflanzengarten zu unterhalten. Seither wird der Garten sowohl pädagogisch als auch wissenschaftlich genutzt. Schaubilder verdeutlichen die ökologischen Beziehungen zwischen den mit Namensschildchen gekennzeichneten Pflanzen. Beete zeigen Heil-, Gift- und Nutzpflanzen. Der wissenschaftliche Aspekt konzentriert sich auf die natürliche Entwicklung verschiedener Pflanzengesellschaften, frei von Dünger und Pestiziden. Getreu dem Motto »Biotopvielfalt bringt Artenvielfalt« finden sich alte Getreidesorten wie Kalmut und Einkorn, Weinstöcke mit Zwiebel- und Knollengewächsen, bunte Blumenwiesen, Hecken und Lesesteinhaufen. Hier haben Schmetterlinge und Vögel, Glattnatter und Zauneidechse, Haftdolde, Kornrade und Venuskamm einen Lebensraum gefunden, der in den

Foto: BN-Ortsgruppe

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ahrhundertelang verfolgte der Mensch Bär, Wolf und Luchs als Nahrungskonkurrenten und rottete sie in Bayern aus. Jetzt kehren die drei großen heimischen Beute­ greifer langsam wieder in ihre angestammte Heimat zurück. Ob sie bleiben können, hängt vom vierten im Bunde, dem Menschen, ab. Um die Menschen wieder mit Bär, Wolf und Luchs bekannt zu machen, präsentiert das BN-Naturerlebniszent-

rum Allgäu die Wanderausstellung »Die großen Vier«. Die Besucher können Wölfe heulen hören, dem Herzschlag eines Bären lauschen oder sich in die Rolle eines Luchses auf Reviersuche versetzen. Außerdem geht die Ausstellung auch auf die Frage ein, wie wir Menschen uns auf die Rückkehr dieser faszinierenden Wildtiere einstellen. Ist hierzulande überhaupt noch Platz für Bär, Wolf und Luchs? Ihre Rückkehr in unser Land ist möglich, birgt aber Konflikte. Wie Menschen mit diesen Konflikten umgehen – darin liegen Gefahren und Chancen für Bär, Wolf und Luchs. Die Ausstellung stellt daher auch die Wildtier-Managementpläne für die drei großen Beutegreifer vor. Hinzu kommen ein Theaterabend, Führungen und Schulklassenprogramme.  Immenstadt, 27. Dezember 2012 – 31. Januar 2013 Kontakt: BN-Naturerlebniszentrum Allgäu, Tel. 0 83 23-9 98 87 60, www.nez-allgaeu.de

Hält warm und spart Geld Forschen für die Energiewende

Das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung in Würzburg widmet sich seit 20 Jahren den Erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz. Den Schwerpunkt bilden Materialien für die Wärmedämmung zum Beispiel von Hausfassaden. Die BN-Kreisgruppe lädt zu einer Besichtigung des Zentrums ein.

Foto: fotolia.com/Bartussek

Bär, Wolf, Luchs, Mensch

WISSEN, DAS SICH AUSZAHLT

Ausstellung »Die großen Vier«

 Würzburg, 24. November 2012 Kontakt: BN-Ökohaus Würzburg, Tel. 09 31-4 39 72, info@bn-wuerzburg.de

Silent Spring

Foto: Frl. Brehms Tierleben

Fräulein Brehms Tierleben

Vorhang auf für die Wildkatze

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as BN-Bildungswerk und die Stiftung »Fräulein Brehms Tierleben« helfen der schönen und scheuen Wildkatze auf die Sprünge – oder besser auf die Bühne. Fräulein Brehm präsentiert alles, was es über die scheue Waldkatze zu wissen gibt, auf unterhaltsame Art in einem Theaterstück. Mit Bildern, Grafiken und Tönen wird der Vortrag zu einer ganz besonderen Forschungsreise ins Reich der Tiere, die mit Erstaunlichem, Unfassbarem, Komischem und Wunderbarem auf-

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wartet. Nach Bär, Wolf und Luchs ist die Wildkatze bereits das vierte Wildtier, dem sich Fräulein Brehms Tierleben widmet (vgl. N+U 1-12). Die Schirmherrschaft für das Bühnenstück »Felis silvestris – Die Wildkatze« hat die Staatsekretärin des Umweltministeriums, Melanie Huml, übernommen.  München, 3. Dezember 2012 Kontakt: BN-Bildungswerk, Tel. 09 41-2 97 20 42, bildungswerk@ bund-naturschutz.de

Kann ein Buch die Welt verändern? »Silent Spring« von Rachel Carson konnte! Auf den Öko-Klassiker geht die Ächtung des damals weltweit am meisten verwendeten Insek­ tizids DDT zurück. Grund genug, zum 50-Jährigen des Bestsellers eine öffentliche Lesung zu veranstalten.  München, 30. November 2012 Kontakt: BN-Jugend JBN, Tel. 0 89-15 98 96 30, info@jbn.de

Erdwärme für das Eigenheim

Wie lassen sich Oberflächen- und Tiefengeothermie in Neu- und ­Altbauten nutzen? Der BN stellt verschiedene Arten von Wärmekollektoren und die Wärmeleit­ fähigkeit von Gesteinen ebenso vor wie Genehmigungsverfahren und praktische Beispiele.  Würzburg, 26. Januar 2013 Kontakt: BN-Ökohaus Würzburg, Tel. 09 31-4 39 72, info@bn-wuerzburg.de


BN-VERANSTALTUNGEN UND WEITERE TERMINE

Wie steht es im Kampf um die frei fließende Donau? Und wie ist die Aussage von Umweltminister Marcel Huber einzuschätzen, er sei gegen Kanal und Staustufe? Internatio­ nale Experten diskutieren diese und weitere Fragen.  Niederalteich, 1. – 2. Dezember 2012

Auf ein Wort! Es gibt klare Ansagen zur Umweltpolitik und Musik, für das leibliche Wohl ist gesorgt. Herzliche Einladung an alle zu einem stimmungsvollen Abend!  Plattling, 13. Februar 2013 Kontakt: BN-Kreisgruppe Deggen­ dorf, Tel. 09 91-3 25 55, bund-natur­ Von Bibern und Menschen schutz@degnet.de Mit erlebnisorientierten Führungen lassen sich Biologie und Lebensweise des Bibers ebenso wie Konflikte um den geschickten Wasserbauer auf spielerische Weise vermitteln. Fortbildung für Umweltpädagogen, Naturführer,

Junge Artenschützer auf der roten Liste?

Dreitägige Ferienfreizeit für Kinder und Jugendliche, die sich für Vögel interessieren, unter anderem mit vogelkundlichen Exkursionen.  Wartaweil, 13. – 16. Februar 2013 Kontakt: BN-Naturschutzzentrum

BN-STUDIENREISEN | TEL. 09 11 -5 88 88 20 Fotoworkshop Sächsische Schweiz

Auf den Spuren der Romantik: Beim Winterworkshop Landschaftsfotografie erkunden die Teilnehmer Lilienstein, Prebischtor und Amselgrund – Landschafts­ kulissen der Extraklasse!  Deutschland, 9. – 16. Februar 2013

Herausgeber: Bund Naturschutz in Bayern e. V. (BN), vertreten durch Peter Rottner, Landes­geschäfts­führer, Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg, www.bund-naturschutz.de Leitender Redakteur (verantw.): Holger Lieber (hl), Tel. 09 41-2 97 2022, Fax -31, nu@bund-naturschutz.de CvD: Heidi Tiefenthaler (ht)/ Redaktion greentext Redaktion: Christoph Markl-Meider (cm), Andrea Siebert (as) Mitglieder-Service: Tel. 09 41-2 97 20-29 und -20 Gestaltung: Gorbach GmbH, Utting a. Ammersee (Layout: Waltraud Hofbauer) Titelfoto: Benjamin Pritzkuleit

Fukushima und Japans Atomausstieg

Vortragsreise von Aktiven der i­nternationalen BN-Partnerorga­ nisation »Friends of the Earth Japan«. Genaue Termine folgen unter www.bund-naturschutz.de/ termine.  Bayern, 11. – 15. März 2013 Kontakt: BN-Energiereferat, Tel. 09 11-8 18 78 26, hildegard.grau@ bund-naturschutz.de

Litho: Fotosatz Amann, Aichstetten Redaktion BUND-Magazin: Severin Zillich (verantw.), Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, Tel. 0 30-27 58 64-57, Fax -40 Druck und Versand: Brühlsche Universitätsdruckerei Gießen Verlag und Anzeigen: BN Service GmbH, Eckertstr. 2, Bahnhof Lauf (links), 91207 Lauf an der Pegnitz, Tel. 0 91 23-9 99 57-30, Fax -99, info@service.bund-naturschutz.de Auflage: 108.776 Bezugspreis: Für Mitglieder des BN im ­Beitrag ­ent­­halten, für Nichtmitglieder Versandgebühr ISSN 0721-6807

BN-Konto: Bank für Sozialwirtschaft, Konto 8 885 000, BLZ 700 205 00 BN-Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft, Konto 8 844 000, BLZ 700 205 00 Mit Namen gezeichnete Artikel geben nicht unbedingt die M ­ einung der ­Redaktion oder des BN wieder. Nachdruck nur mit Geneh­migung des BN. Für unverlangt eingesandte Artikel oder Fotos keine Gewähr. Die Redak­tion behält sich das Recht vor, Leserbriefe zu kürzen. »Natur+Umwelt« wird auf 100 % ­Recycling­­papier gedruckt.

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Wintermärchen Isergebirge

Aktivurlaub im Länderdreieck Tschechien – Polen – Deutschland: Von Dorf zu Dorf geht’s mit Schneeschuhen oder Langlaufskiern durch verschneite Wälder und einsame Hochmoore.  Tschechien, 9. – 16. März 2013

Kult!

Kultautos räumen den Schreibtisch auf. Platz für jede Menge Stifte und Co! In sechs verschiedenen Modellen, Maße ca. 11 x 22 x 9 cm.

Schneeschuhwandern

14,90 €

Foto: Stephan

Zauber der Bergnatur im male­ rischen Winterkleid: Die Allgäuer Hochalpen sind ein perfektes ­Terrain für herrliche Winter-­ Genusswanderungen.  Bayern, 24. Februar – 2. März 2013

Steigerwald-Panoramaweg

Auf einer der schönsten Wanderrouten Deutschlands gibt es u ­ ralte Baumriesen, seltene Tiere und filigrane Pilzkunstwerke zu entdecken.  Bayern, 30. März – 6. April 2013

Stiftebox VW T1

Gratis Katalog anfordern: Tel.: +49 (0) 58 24 / 955 -0 | info@werkhaus.de

Produktion mit:

IMPRESSUM

Donaukongress

Umwelt-Aschermittwoch

600246

Mit Patenten auf Lebewesen sichern sich Konzerne wie Monsanto Monopolrechte auf Tiere und Pflanzen. Zeit, der Gentechnik­ industrie mit einer Großdemo den Marsch zu blasen!  München, 30. November 2012 Kontakt: BN-Fachabteilung, Tel. 0 89-54 82 98 63, fa@bund-­ naturschutz.de

Lehrer, BN-Aktive und alle ­Interessierten.  Regensburg, 3. März 2012 Kontakt: BN-Bildungswerk, ­ Tel. 09 41-2 97 20 42, bildungs­ werk@bund-naturschutz.de Foto: BN-Archiv

Kein Patent auf Leben!

Wartaweil, Tel. 0 81 52-96 77 08, wartaweil@bund-naturschutz.de

Foto: Naturschutzzentrum

Foto: BN-Archiv

Kontakt: BN-Kreisgruppe Deggen­ dorf, Tel. 09 91-3 25 55, bund-­ naturschutz@degnet.de


Bitte unterstützen Sie uns auch 2013: Seltene Tiere und Pflanzen schützen

Für eine gesunde Umwelt einsetzen

Natur mit allen Sinnen erlebbar machen

Weihnachts spende Heimat Natur

Historische Ku l t u r l a n d s c h a f t e n b e w a h re n

Die Natur sagt

! e k Dan

Danke für Ihre Unterstützung im vergangenen Jahr 2012: Die Natur holt Atem in der Winterruhe. Auch für uns ein guter Zeitpunkt, um inne zu halten und

für Ihre Hilfe.

zurück zu blicken. Dank Ihres Engagements haben wir für den Erhalt unserer Heimat viel erreicht. So manches Mal blieben Flora und Fauna Sieger und leuchtende Kinderaugen belohnten unser Tun. Im nächsten Jahr erwarten uns neue Herausforderungen.

Dafür brauchen wir Ihre Hilfe. Spendenkonto 93 00 000 510, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 700 205 00, Überweisungsvordruck im Heft


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