Natur+Umwelt 3-2006

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Natur+Umwelt Heft 3-2006 88. Jahrgang 3. Quartal

Bund Naturschutz Magazin www.bund-naturschutz.de

Hier bin Ein Pl채doyer ich Mensch

f체r das Wohnen in Innenst채dten und Ortskernen

(hier zieh ich ein)


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"Wir müssen der Verödung der Innenstädte nach Ladenschluss entgegenwirken. Dies kann nicht nur durch eine kommerzielle Überformung gelingen, denn die Stadt als "Rummelplatz" wird keine neuen Bewohner anziehen. Faktum aber ist, dass angesichts der Zersiedelung der Landschaft der Innenstadtentwicklung Vorrang vor der Außenentwicklung zu geben ist." Josef Deimer, Ehrenvorsitzender des Bayerischen Städtetages

Leben in der Mitte Josef Deimer hat sein Leben lang für lebendige Städte gekämpft über drei Jahrzehnte als Oberbürgermeister von Landshut und als Vorsitzender des Bayerischen Städtetages. Bis heute unterstützt er den Einsatz des Bundes Naturschutz für Bayerns Schönheit. Bitte unterstützen Sie den BN auf Ihre Weise. Sprechen Sie Ihre Freunde, Bekannten, Nachbarn darauf an, Mitglied beim BN zu werden. Gemeinsam können wir Vieles erreichen. a Ihre D

Eine Beitrittskarte finden Sie hier beigeheftet. Ja Vielen Dank.

Bitte chen freima

ur, ich will mich für den Nat setzen... und Umweltschutz ein in Bayern e. V. zum Bund Naturschutz ...und erkläre hiermit meinen

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Beitritt

entrichSie widerruflich, die zu Hiermit ermächtige/n ich/wir meines/ bei Fälligkeit zu Lasten tenden Beitragszahlungen

fahrens einzuziehen. denGirokontos mittels tz Lastschriftver Anunseres turschu nd Na BLZltung Bu . Konto-Nr. rn e.V rverwa in Baye Mitgliede ße 4 le tra ra r-S nt Ze Kreditinstitut n-Maie an Dr.-Joh Regensburg Unterschrift Datum 93049

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Schulen, Vereine, n-CD BN freiwillig mit denme tim Ich unterstütze 52,00 Vogels Betragn.von jährlich Familien dsnum s höheren nde glaeinem bis einschl. 18 Jahren) Mitglie(mit Jugendlichenmie verwe n-Fern _______,chutz Euro Tasche Naturs chte Prä Personen mit atze werden ausschließlich für gewüns für 20,00 Ihre persönlichen Daten ldk erfasst und gegebengeringem e Betrag sch-WiEinkommen Vereinszwecke elektronisch auf Antrag) Plü des Bundes Naturschutz ,g,bitt (Selbsteinschätzun enfalls durch Beauftragte Informations- und Prämie e.V. auch zu vereinsbezogenen Schüler, Eine WeiterKeine

Einzelmitglieder

mer

40,00

Jugendliche, Studenten, Lehrlinge, Wehr- und Zivildienstleistende 20,00 Beitrag) (ermäßigter

und genutzt. Werbezwecken verarbeitet statt. gabe an Dritte findet nicht

bitte ausfüllen: Bei Familienmitgliedschaft 18 Jahren) (mit Jugendlichen bis einschl.

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Geburtsdatum Geburtsdatum Geburtsdatum Geburtsdatum Geburtsdatum

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EDITOR IAL

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Natur+Umwelt 3-2006

Willkommen Wildtier Keine Artenschutzfrage hat in den zurückliegenden Jahrzehnten so viel öffentliche Aufmerksamkeit erlangt wie die Rückkehr eines Bären nach Bayern und die Debatte um seinen Tod. Der Bund Naturschutz hat

Leben in der Mitte

Inhalt

Foto: Willner

Der Gebäude-Bestand von Städten und Dörfern bietet attraktive Wohn-Möglichkeiten. Leben in der Mitte heißt leben mit kürzeren Wegen und längerer Freizeit. Ab Seite 8

Das Geld Die Delegierten des BN haben auf ihrer Jahresversammlung wieder grundlegende Beschlüsse über die Verbandsfinanzen und für die Naturschutzarbeit gefasst. Seite 4

Der Mensch Hermann Eschenbeck aus Traunstein: Aus einem Öko-Bewegten ist ein Öko-Beweger und Umweltexperte geworden. Seite 7

Das Tier Der Tod von Bruno, Bayerns erstem Bären seit 170 Jahren, war unnötig. Der Freistaat braucht jetzt einen ManagementPlan, um auf rückkehrende Wildtiere vorbereitet zu sein. Seite 24

Und Sie!

Foto: Lieber

bei allem Verständnis für die schwierige Situation des bayerischen Umweltministeriums den Abschuss kritisiert, da es nach unserer Meinung durchaus möglich gewesen wäre, Bär Bruno zu betäuben und entweder umzukonditionieren oder in ein bärenfreundlicheres Land zurückzubringen. Der Vorgang zeigt aber, wie überfällig ein qualifiziertes Wildtier-Management in Bayern ist. Wir brauchen endlich ein Kompetenzzentrum für zurückkehrende Großtierarten wie Bär, Wolf und Luchs, um in Zukunft in geeigneten Regionen mit diesen Tieren leben zu können. Es ist deshalb eine wichtige Aufgabe des BN, durch intensive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit über diese Wildtiere zu informieren und über das richtige Verhalten aufzuklären. Unabdingbar sind ein Entschädigungsfonds und geeignete Abwehrmaßnahmen und Schutzeinrichtungen für Weidetiere, um Konflikte möglichst zu minimieren. Es bleibt deshalb zu hoffen, dass der Tod des Bären Bruno letztlich zu positiven Konsequenzen für wiederkommende Wildtiere führt. Ohne den Einsatz des Ehrenamtes im Naturschutz ist diese Aufgabe aber nicht zu leisten. Deshalb freut es uns auch, dass diese ehrenamtliche Leistung – wie sie gerade auch vom BN erbracht wird – endlich unmissverständlich von Ministerpräsident Edmund Stoiber beim Festakt »100 Jahre Naturschutz in Bayern« und vom Umweltministerium verdeutlicht wurde: »Im Endeffekt ist die staatliche Naturschutzarbeit auf die Mitwirkung der vielen ehrenamtlich Tätigen in den verschiedenen Naturschutzverbänden angewiesen. Ohne das Engagement und die mitunter beträchtlichen Eigenleistungen der Verbände wäre die in vielen Bereichen führende Stellung Bayerns im Naturschutz nicht erreichbar gewesen«, schrieb Umweltminister Werner Schnappauf im Frühjahr an die Abgeordneten des bayerischen Landtags. Dies ist eine Würdigung Ihrer Unterstützung, liebe BN-Aktive, und Ansporn für unsere gemeinsame Arbeit. Ihr Hubert Weiger, BN-Vorsitzender

Der Einsatz für ein gentechnikfreies Bayern zeigt Wirkung, die Gen-Lobby gerät unter Druck. Helfen Sie jetzt mit, starten Sie Ihren Protest-Ballon! Seite 26 und Beihefter am Heftende

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Intern 4 Naturschutz sichert Heimat 6 Leserbriefe Portrait 7 Hermann Eschenbeck Titelthema 8 Leben in der Mitte 10 Mehr Zeit durch kurze Wege 12 Innenentwicklung statt Flächenverbrauch 14 Heißes Eisen Eigenheim 16 Literatur, Service Intern 18 Für die Vielfalt Fotoseite 19 Maulwurf Aktuell 20 Nachruf Wolfgang Engelhardt 21 Tschernobyl – Nie wieder! 22 Kurznachrichten 24 Es lebe der Bär 25 Ein Jahr Forst»Reform« 26 Gen-Food, nein! 27 BMW-Beifall Kids + Tricks 28 Lebendig Wohnen Regional 30 Viele Hilferufe 31 Unterfranken 32 Oberpfalz 33 Oberfranken 34 Mittelfranken 35 Oberbayern 36 Schwaben 37 Niederbayern Bildung 38 Endlich Zeit für Natur 39 Termine


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Ehrung für Heimat-Bewahrer Für Ihre besonders verdienstvolle Naturschutzarbeit vor Ort zeichnete der BN Helga Hartstang, ehrenamtliche Geschäftsführerin der BN-Kreisgruppe Kitzingen, und Erich Perchermeier, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Main-Spessart, mit der Bayerischen Naturschutzmedaille aus. Albert Lippert, Vizepräsident des Deutschen Naturschutzrings, wurde als Pionier der Umwelterziehung mit der goldenen BN-Vereinsnadel geehrt. V. l. n. r.: Sebastian Schönauer, Hubert Weiger, Helga Hartstang, Doris Tropper, Richard Mergner, Albert Lippert, Peter Rottner, Erich Perchermeier

Foto: Gößwald

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Naturschutz sichert Heimat Foto: Bisping

Die Delegiertenversammlung 2006 im unterfränkischen Gemünden am Main stand für den Bund Naturschutz ganz im Zeichen der bayerischen Heimat, bei der Ehrung verdienter »Heimat-Schützer« ebenso wie beim Kampf für ein gentechnikfreies Bayern.

Der Autor Peter Rottner ist Landesgeschäftsführer des BN.

Solide Basis Nur die verlässlichen Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden ermöglichen dem Bund Naturschutz seine unabhängige Arbeit für den Erhalt der Heimat.

S

chon in seiner Eröffnungsrede befasste sich BN-Vorsitzender Prof. Hubert Weiger mit dem Verhältnis von Heimatbewahrung und wirtschaftlichem Wachstum. Vor über 200 Delegierten verdeutlichte

er, dass gerade angesichts weltweit wachsender Natur- und Umweltzerstörung nicht weniger, sondern mehr Naturschutz notwendig sei. »Schließlich ist Naturschutz kein Luxusanliegen, sondern schlicht

Sonstige Einnahmen 98.000 Euro Einnahmen der Umweltbildungs-Einrichtungen 285.900 Euro Zuschüsse für Ankäufe, Artenschutz, Projekte 1.272.000 Euro Erbschaften 485.000 Euro

Gesamt-Einnahmen 8,7 Mio. Euro Beiträge von Mitgliedern und Förderern 5.168.000 Euro

Spenden inkl. Hausund Straßensammlung 1.357.000 Euro

Investitionen, Baumaßnahmen 46.000 Euro Verwaltung, Miete und sonstige Ausgaben 1.201.374 Euro

Arten- und Biotopschutz 1.114.354 Euro

Verbandsorgane, Delegiertenversammlung, Naturschutz-Veranstaltungen 291.000 Euro

Ankauf ökologisch wertvoller Grundstücke 454.000 Euro

Unterstützung der Jugendarbeit 235.000 Euro

Natur- und Umweltschutz, ohne Arten- und Biotopschutz 723.772 Euro

Deutschlandweiter und Internationaler Umweltschutz 562.000 Euro

Gesamt-Ausgaben 8,7 Mio. Euro

Information, Öffentlichkeitsarbeit, Pressearbeit, Internet, Mitglieder- und Spendenwerbung 1.191.375 Euro

Unterstützung der Kreis- und Ortsgruppen 1.837.821 Euro

Mitgliederservice, »Natur+Umwelt« 471.795 Euro

Bildungsarbeit 624.091 Euro

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Natur + Umwelt BN-Magazin [3-06]

Überlebensaufgabe«, verdeutlichte der Vorsitzende. Der Naturschutz sei auch keine Wachstumsbremse. Vielmehr gelte es, durch ein Qualitäts- und Vielfaltswachstum, zum Beispiel durch Verringerung des Energieverbrauchs, durch Revitalisierung der Landschaft und Erhöhung der Biodiversität sowie durch Stärkung der Regionalentwicklung die entscheidenden Impulse für Wachstum und dauerhafte Arbeitsplätze zu geben. Die Unterstützung großindustrieller Strukturen schaffe – wie man in Deutschland sehe – keine Arbeitsplätze, sondern zerstöre nur neben der Natur die kleinund mittelständischen Unternehmen. Ausführlich berieten die Delegierten zum Kampf gegen die Genmanipulation und für ein gentechnikfreies Bayern neue Leitlinien, die sie mit überwältigender Mehrheit verabschiedeten (s. S. 26). Breiten Raum nahm traditionell die Haushaltsdiskussion ein. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, wie der BN seine umfassenden Aufgaben, für deren Erreichung auch Geld von naturschutzinteressierten Mitgliedern und Bürgern benötigt wird, auch in Zukunft finanzieren kann (s. Diagramme). Die Delegierten stützten das Konzept des Landesvorstandes, zur Sicherung der Arbeitsfähigkeit des BN alle Anstrengungen zu unternehmen, höhere Spendeneinnahmen zu erzielen. Ebenso einig waren sich die Delegierten in dem gemeinsamen Ziel, die Gewinnung von Mitgliedern durch die Kreis- und Ortsgruppen zu verstärken und im Jahr 2006 die Grenze von 170 000 Mitgliedern zu durchstoßen.


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Foto: Phillipp

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Foto: BN

Foto: Ciecior

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Erfolgreiche Sammelwoche

Wir bereiten den Weg

Ausflug belohnt »Vielwerberei«

»Kröten sammeln einmal anders« –

Die Pflege und der Erhalt der Natur vor Ort erfordern im Hintergrund funktionierende Verwaltungsstrukturen. Das gilt auch für den BN und seine Zentrale in Regensburg. Die Zuschüsse des Landesverbandes für die Arbeit seiner Kreisgruppen sind zuzuteilen, die Liegenschaften zu betreuen und die Adressen der 76 Kreis- und circa 700 Ortsgruppen aktuell zu halten. Um solche Aufgaben kümmern sich in der BNLandesgeschäftsstelle Hanna Reyes, Gerlinde Fischer und Herbert Marischler sowie als Referent für »Zentrale Aufgaben und Liegenschaften« Stefan Maurer. Hanna Reyes und Stefan Maurer unterstützen die Kreisgruppen im Bereich Liegenschaften und organisieren jeden Neuzugang an ökologisch wertvollen Flächen, vom Ankaufswunsch über die Möglichkeit einer Förderung etwa durch den Bayerischen Naturschutzfonds bis hin zur Eintragung ins Grundbuch. Der BN kümmert sich immerhin um derzeit 1600 Hektar eigener und 600 Hektar angepachteter Natur-Flächen. Im Bereich Zentrale Aufgaben stehen Versicherungsfragen und Zuschüsse an die Kreisgruppen im Vordergrund. Gerlinde Fischer und Herbert Marischler wickeln neben vielen anderen Aufgaben den Postein- und -ausgang ab, inklusive Logistik der verbandsinternen Nachrichten. Das Referat besitzt somit eine Schlüsselfunktion in der täglichen Verbandsarbeit, um letztlich den vielen Ehrenamtlichen in ganz Bayern einen reibungslosen Ablauf ihrer Vorhaben zu ermöglichen. Apropos Ehrenamt: Stefan Maurer, der von

Mit einer erlebnisreichen Exkursion in die Waldwildnis des Bayerischen Waldes bedankte sich der BN Ende Mai bei einigen Mitgliedern, die besonders erfolgreich weitere Mitglieder geworben hatten. Die Teilnehmer waren die Gewinner einer 2005 gestarteten Aktion, Ihr Aufenthalt im Nationalpark der Dank für mindestens drei neugeworbene Mitglieder. Trotz des regnerischen Wetters kamen die aus ganz Bayern angereisten Teilnehmer in den Genuss eines abwechslungsreichen und interessanten Programms. BN-Mitarbeiter Nick Fritsch, als Einheimischer und diplomierter Forstwirt mit dem Nationalpark bestens vertraut, konnte der Gruppe beispielsweise ein exklusives Gespräch mit Nationalparkleiter Karl Friedrich Sinner und einen Besuch im Atelier des Künstlers Hajo Blach bieten. Die Verbindung von Kultur und Natur rundeten die Vorführung bei einem Glasbläser, eine Wanderung auf der »Himmelsleiter« zum Lusen sowie ein Spaziergang durch den »Seelensteig« am Rachel ab. Von der guten Stimmung aller Beteiligten zeugt der Dankesbrief eines Teilnehmers: »Herrliche Tage hinterließen bei uns einen nachhaltigen Eindruck. Für uns ein Grund, in Zukunft noch intensiver die Interessen des BN zu vertreten.«

unter diesem Motto waren von 15. bis 21. Mai wieder circa 25 000 Erwachsene und Schüler unterwegs, um für den Natur- und Umweltschutz in Bayern Spenden zu sammeln. Erstaunlich war einmal mehr das Engagement der Teenager. Allein im Landkreis Augsburg sammelten 21 Schulklassen für den BN. Die Motive der jungen Naturschützer sind beeindruckend. Weil sie sich eine gesunde und intakte Umwelt wünschen, setzen sie sich vor Ort für ihre Heimat ein. Denn ihnen ist klar, dass Naturschutz ungeachtet des vielen Ehrenamts etwas kostet. Trotz übervoller Stundenpläne, Lehrermangel und Nachmittagsunterricht engagieren sich immer wieder Schulen neu für die gute Sache. So wie das humanistische Reuchlin-Gymnasium in Ingolstadt, das in diesem Jahr zum ersten Mal begeistert bei der Sammelwoche mitgemacht hat. Mit dem bayerischen Naturschutz verbindet die Schule noch etwas: der BN-Ehrenvorsitzende Hubert Weinzierl hat hier sein Abitur gemacht. »Ich danke allen Helferinnen und Helfern herzlich für ihr Engagement. Das Geld aus der Haus- und Straßensammlung ist eines unserer wichtigen Standbeine für die wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit des BN«, sagte Landesvorsitzender Prof. Dr. Hubert Weiger. Und dafür ging er auch selbst auf die Straße (im Bild mit Landesgeschäftsführer Peter Rottner und Martin Hänsel von der Kreisgruppe München).

seiner ehrenamtlichen Arbeit in der BN-Kreisgruppe Fürth-Land die Bedürfnisse der Basis ebenso gut kennt wie die große Bedeutung jedes Helfers vor Ort, hat ein offenes Ohr für jeden, der selbst im BN aktiv werden möchte.

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Bild mitte: Wegbereiter Herbert Marischler, Gerlinde Fischer, Hanna Reyes und Referent Stefan Maurer (v. l.) kümmern sich um das organisatorische »Öl«, damit das BNGetriebe reibungslos laufen kann.

Kontakt Tel. 09 41-29 72 00, stefan.maurer@ bundnaturschutz.de.


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Begeistert

Auf einem Auge blind?

Herzlichen Glückwunsch zur »Natur und Umwelt«! Ich bin begeistert. Inhalt, Grafik, Rubriken sind übersichtlich, kurz, prägnant, informativ und begeistern zum Lesen und zum Sammeln. »Aktuell« und Aktionen setzen noch ein Positives drauf. Weiter so. Heinrich Kattenbeck, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Forchheim

Zum Titelthema »Heimat« in N+U 1-06 Zur schützenswerten Heimat gehört außer den regionalen Sprachen bestimmt auch das Landschaftsbild. Eine Zerstörung durch immer neue Gewerbegebiete und Einkaufszentren ist sicherlich am offensichtlichsten. Aber auch Windräder und Solarfelder sind dem Landschaftsbild nicht förderlich, ebensowenig wie das komplette Vollpflastern von Dächern mit Solaranlagen. Zu einer intakten Landschaft gehört auch der angepasste und in der Landschaft übliche Baustil. Die überall entstehenden Niedrigenergiehäuser entsprechen aber größtenteils nicht dieser Anforderung. Man muss also aufpassen, dass man nicht auf einem Auge blind wird. Dietmar Eidenhammer, Stein a. d. Traun

Kein Gen-Soja für Mitgeschöpfe

Foto: Mirwald

Schreiben Sie uns! Leserbriefe kommen bei uns gut an: BN-Magazin »Natur+Umwelt«, Dr.-JohannMaier-Str. 4, 93049 Regensburg, Tel. 09 41-2 97 20 22, Fax 2 97 20 31, nu@bundnaturschutz.de

Ihr Manfred Gößwald, leitender Redakteur

Zum Titelthema »Bayern gentechnikfrei« in N+U 2-06 Bayern soll gentechnikfrei werden! »Gentechnikfrei bleiben« könnte Bayern nur, wenn in und um Bayern keine gentechnisch veränderten Pflanzen im Umlauf wären. Das entspricht aber leider nicht der Realität: Der Freistaat stellt mehrere Versuchsflächen der staatlichen Güter für den Genmais-Anbau zur Verfügung, und selbst in der gentechnikfreien Region Österreich landen tagtäglich Tonnen gentechnisch veränderter Sojaprodukte in den Futtertrögen unserer Nutztiere. Ob und wie die veränderte DNA über Fleisch, Milch oder Gülle den Weg in unseren Körper findet und was dort damit passiert, sollte nur ein nachrangiges Thema darstellen. Ansetzen sollten wir hier an der Verantwortung für unsere Mitgeschöpfe. Und wenn wir der Meinung sind, dass die Agro-Gentechnik ein unkalkulierbares Risiko darstellt, dann ist es unverantwortlich, Kühen und Schweinen ebensolche Risikoprodukte in Form von Gen-Soja vorzusetzen. Genau das aber ist die Taktik der internationalen Saat-»gut«Konzerne: Stück für Stück Land zu gewinnen, Fakten zu schaffen und den Kritikern und Gegnern die Entwicklung als unaufhaltbar zu präsentieren. Michael Schropp, Ismaning In dem Artikel vermisse ich einen Hinweis darauf, dass die ödp, die ökologisch-demokratische Partei, entscheidend mit dazu beigetragen hat, dass von den im Standortregister gemeldeten Anbauflächen für gentechnisch veränderte Pflanzen viele wieder zurückgezogen wurden. Die ödp kümmerte sich

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darum, dass es sofort in der lokalen Presse veröffentlicht wurde, wenn zu den gemeldeten eine neue Gentechnikfläche hinzukam, so dass entsprechend Druck auf den Landwirt ausgeübt wurde, sein Vorhaben zu überdenken. Am meisten verwundert bin ich darüber, dass mit keinem Wort die Petition der ödp an den Bayerischen Landtag erwähnt wird. Darin wird gefordert, dass die gentechnikfreie Landwirtschaft im Landesentwicklungsprogramm verankert werden soll, was bedeutet, dass Staatsgüter für gentechnische Versuche nicht zur Verfügung stehen. Immerhin wurde diese Petition von 15 000 Personen unterschrieben und trug zu einer hitzigen Debatte im Landtag bei. Dass dabei die CSU tief gespalten ist, lässt hoffen, dass der Kampf gegen die Saatgutkonzerne noch nicht verloren ist. Renate Jodelsberger-Schrott, Trostberg, stellv. Vorsitzende des ödp-Kreisverbandes Traunstein Die Bedrohung der Fruchtbarkeit von Mensch und Tier – damit auch der Biodiversität – durch GVONahrung hätte deutlich erkennbar gemacht werden sollen, auch wegen der politischen Brisanz. Sie bleibt versteckt in »können toxisch wirken« und »Immunreaktion«. Dr. Jürgen Heinrichs, München

Keine religiösen Standpunkte Zum Leserbrief »Schöpfung ohne Schöpfer« in N+U 2-06 Ich will der Leserin absolut nicht ihren Glauben an eine göttliche Schöpfung absprechen, aber es ist nicht Aufgabe von »Natur+Umwelt«, religiöse Anschauungen zu vertreten, sondern die Fakten darzustellen, die für christliche ebenso wie für anders- und nichtgläubige Menschen interessant und wichtig sind. Würden BN oder N+U religiöse Standpunkte vertreten, wäre zumindest ich nicht mehr dabei. Alexander von der Osten, Prien am Chiemsee

Meisterlich BN-Mitglied Dr. Erdmute Lipper aus Hersbruck, deren energetische Wohnhaus-Sanierung wir in N+U 4-05 vorgestellt haben, erhielt nun den von ZDF.umwelt und der Klimaschutzkampagne verliehenen Titel »Energiesparmeister 2006«. Der Wettbewerb belohnte zehn Familien für ihre Energie sparenden Glanzleistungen in den Bereichen Alltag, Gebäude, Strom und Verkehr. N+U gratuliert herzlich. Auch für 2007 ist ein Wettbewerb geplant. Unter www.klima-suchtschutz.de/wettbewerb finden energiespar-meisterliche BN-Mitglieder die Teilnahmebedingungen.


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ie ein Kartenspiel fächert Hermann Eschenbeck, 72, seine Fotos vor einem auf. Was sie zeigen, sind Momente aus der Arbeit der BN-Kreisgruppe in Traunstein. Doch Eschenbeck präsentiert sie, als wären es Trumpfkarten. Sie sollen dann stechen, wenn wieder einmal die Frage nach dem Sinn und Erfolg des Naturschutzes gestellt wird. Dann zieht er die ökologischen Trümpfe seines Landkreises aus dem Ärmel, die es ohne den BN so

ne Münchener lebt seit 1960 im Chiemgau und kam Mitte der 70er-Jahre – wie so viele – über ganz andere, damals »weltbewegende« Themen zum BN. Da war zum Beispiel die erste Ölkrise 1973, die auch ihm die Augen für die »Grenzen des Wachstums« öffnete. Das Waldsterben, das Anfang der 80-er-Jahre nicht mehr zu übersehen war, bezeichnet er heute als seine »Erweckungserfahrung«. Und schließlich die atomare Bedrohung durch Tschernobyl, die ihn nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Handeln brachte. »Ich bin ein Wackersdorf-Veteran«, bekennt er. Eschenbeck ist ein Beispiel für all jene, die zunächst eher aus Betroffenheit oder Nachdenklichkeit zur Umweltbewegung fanden, sich dann aber zu versierten Öko-Experten entwickelten. Im BN lernte er, die gro-

Hermann Eschenbeck

Foto: Markl-Meider

Ein Laie, der es wissen wollte Naturschutz lebt vom Fachverstand – und ist dennoch eine Laienbewegung. Auch Hermann Eschenbeck war am Anfang seines Öko-Engagements vor allem nur nachdenklich. Seit fast 15 Jahren leitet er die Geschicke des Bundes Naturschutz in Traunstein und gilt längst als umsichtiger Umweltexperte. Ein Portrait von Christoph Markl-Meider

nicht mehr gäbe. Darunter die berühmten Kendlmühlfilzen, für die seine Kreisgruppe Pionierarbeit leistete, lange bevor europäische Programme zur Rettung des Hochmoores aufgelegt wurden. Stolz ist er genauso auf die Renaturierung des Ödmooses, auf das neu geschaffene Feuchtbiotop am Tüttensee, auf die kleinen Kalkquellmoore, die in reiner Handarbeit gepflegt werden, wie das Meisentalmoos bei Taching, weil es – einzigartig in Bayern – das Pyrenäische Löffelkraut beherbergt. Bei den zum Erhalt der Naturoasen notwendigen Maßnahmen gelingt es dem früheren Deutschlehrer nicht nur, die Ansprüche des Artenschutzes zu erfüllen, sondern auch öko-pädagogische Akzente zu setzen. Er bindet Schulklassen und Jugendgruppen in die Biotoppflege ein, lässt sie beim Bauen von Dämmen einen sichtbaren Beitrag zur Wasserrückhaltung leisten, lernt mit ihnen in und an der Natur – und vergisst nicht, dabei Spaß zu vermitteln.

Magische Momente Er selbst genießt die magischen Momente unter freiem Himmel ebenfalls – etwa als er mit einer GehörlosenSchulklasse eine Benjeshecke anlegt und bei der Brotzeit nach getaner Arbeit schon das erste Rotkehlchen in dem gerade zusammengetragenen Geäst begrüßen kann. Dennoch stand bei Eschenbeck nicht von Beginn an der praktische Arten- und Biotopschutz im Vordergrund des ehrenamtlichen Engagements. Der gebore-

ßen Umweltprobleme in regionale Aktivitäten und konkrete Lösungsschritte umzusetzen. »Im Lauf der Jahre eignet man sich einiges an Wissen und Erfahrung an, denn ohne Kompetenz im Ehrenamt ist Naturschutz vor Ort gar nicht zu machen«, resümiert er.

Traunsteiner Trümpfe Nach wie vor laufen in seiner Traunsteiner Kreisgruppe die Fäden zusammen, wenn es um Fragen des lokalen Umweltschutzes geht. Aber obwohl sich die Themen seit 30 Jahren kaum geändert haben, sind es heute völlig andere Fragestellungen, die daraus resultieren. Aus dem Weckruf anlässlich des Waldsterbens wurde ein Wald-Bündnis gegen die staatliche Forstreform. Aus dem Einsatz für die bäuerliche Landwirtschaft wurde ein Kampf gegen die Agro-Gentechnik. Aus der Liebe zur Bilderbuchlandschaft der Voralpen erwuchs der Unmut über die grenzenlose Bauwut. Manches jedoch hat sich zum Positiven gewendet. So zum Beispiel, dass aus der Anti-AKW-Bewegung inzwischen eine erfolgreiche Energie-Initiative für »Sonnenstrom vom Watzmann bis zum Wendelstein« hervorgegangen ist. Und auch draußen in der Chiemgauer Landschaft entdeckt Eschenbeck immer wieder neue Hoffnungszeichen. So freut er sich besonders an der Rückkehr dicker Schichten von Torfmoorpolstern in Ödmoos, die nach der Trockenlegung verschwunden waren. »Wenn man sie also lässt, kann die Natur alles«, folgert er sichtlich zufrieden.

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Erfolgreich im Ehrenamt Hermann Eschenbeck wollte mehr als nur kritische Fragen stellen. »Man muss und kann selber etwas tun«, ist der BNKreisvorsitzende überzeugt.

Kontakt Hermann Eschenbeck, BN-Kreisgruppe Traunstein, Scheibenstr. 22, 83278 Traunstein, Tel. 08 61-1 22 97, traunstein@bundnaturschutz.de, www.traunstein. bund-naturschutz. de


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Foto: Schlauderer

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»Ja, das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße; mit schöner Aussicht, ländlich mondän, vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn – aber abends zum Kino hast du’s nicht weit.« Kurt Tucholsky

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Foto: Wogeno

Foto: Frey

Foto: Tourismusverband Starnberg

Hier bin ich Mensch


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(hier zieh ich ein)

Foto: Frey

Foto: ADFC Bayern

Ein Plädoyer für das Wohnen in Innenstädten und Ortskernen

Die fatale Tendenz des Menschen zu zerstören was er liebt – nicht eher ein Thema für Romane als für den Bund Naturschutz? »Bayerns Schönheit bewahren«, unter diesem Motto geht der BN konsequent gegen den zerstörerischen Landverbrauch an. Konsequent, das heißt in diesem Fall, alle Faktoren des Flächenfraßes zu thematisieren. Und dazu gehören auch, mit rund einem Drittel Anteil, die neuen Wohngebiete. Der Mensch liebt die unverbaute Landschaft, deshalb baut er dort hinein sein Haus, und zerstört damit was er liebt. Und das deutsche Bodenrecht begünstigt die Neuverbauung, statt vorhandene Bauflächen konsequent zu nutzen. Den Trend zu immer neuen Wohngebieten an bisher unverbauten Ortsrändern zu stoppen, ist aber nicht nur zwingend aus Sicht des Umweltschutzes. Es passt auch zu einem Umdenkprozess, der sich in einer Renaissance der Innenstädte bereits manifestiert. Die Innenstädte und Ortszentren werden attraktiver, je teurer die weiten Autofahrten von draußen zur Arbeit in der Stadt werden. Je mehr ältere Menschen es gibt, die lange selbständig und mobil bleiben wollen, was in der Stadt viel leichter ist. Je mehr jüngere Familien sich bewusst werden, dass die Zentren den Rändern hoch überlegen sind, was die Vielfalt individueller Alltagsplanung, sozialer Kontakte und kultureller Angebote betrifft. Außerdem, ältere Gebäude habe oft Charme, lassen sich mit wenig Aufwand modernisieren. Geschäfte und Ämter sind nah, Kindergärten und Schulen, vielleicht sogar die Arbeitsstelle oft per Fahrrad erreichbar. Aufs Auto kann mancher sogar ganz verzichten. Stadt- und Dorfsanierungen haben viel fürs Image getan … Ja, es lässt sich leben im Zentrum. (Manfred Gößwald)

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Wohnen im Kern – Mehr Zeit durch kurze Wege Foto: Ranz

Näher dran am Leben Mit der Entscheidung, wo wir wohnen, bestimmen wir auch über die Wege, die wir zurücklegen. Und damit über Zeit zum Leben, über Lebensqualität und natürlich über die Kosten des Mobilseins. »Lebens-Wege«, am Beispiel zweier Familien aus Bayern.

Besuch Freunde

Sauna

Marianne 1 mit Kindern 3x pro Woche

Supermarkt

15

m 15

Hannes 1x pro Woche

Spielplatz

Marianne

1 mit

Kindern 2x pro Woche

n

mi

15 m

in

5 min

Hannes, Manuel, Bernhard 1x pro Woche

1

in

m

Besuch Nachbarn

Marianne mit Kindern 2x pro Woche

in

Besuch Freunde Kinder

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Marianne, Manuel, Bernhard 3x pro Monat

Kindergarten

Einkaufen

in

30

5m

Marianne 2x pro Monat

Marianne, Manuel, Bernhard 4x pro Woche

Und jetzt Sie! Erstellen Sie Ihr eigenes Wegediagramm, testen Sie, wo Sie im Vergleich zu Lechners und Hampels stehen. Wie das geht, lesen Sie auf Seite 16!

mi

n

Arbeit

Marianne 2x pro Woche

Die Hampels Marianne, Hannes, Manuel und Bernhard leben am Rand eines 200-Einwohner-Dorfes ohne Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte oder Schulen. Das Haus liegt idyllisch in der Natur. Wenn Marianne und Hannes es in Richtung Arbeit, Einkauf oder Kindergarten verlassen, brauchen sie immer ihre Autos. »Wir wohnen hier mitten in der Natur und haben Wald und Wiesen vor der Tür«, freut sich Hannes. Doch die Zeit, dies zu genießen, ist seit seiner beruflichen Veränderung knapp: »Ich bin unter der Woche nicht mehr in der Landschaft unterwegs, um mich zu erholen. Abends reicht es mir, nachdem ich drei bis vier Stunden am Tag im Auto verbringe.« Weil ihr Mann den ganzen Tag das Auto braucht, hat Marianne jetzt einen Zweitwagen. »Die Kosten des Autos sind schon relativ hoch, am Konto bleibt nichts mehr übrig am Monatsende.« Und auch ihr Zeitbudget leidet. »Wenn ich meinen Sohn vom Kindergarten abhole, dann zwei andere Kinder nach Hause bringe und zurück, bin ich über zwei Stunden unterwegs. Ich hab früher einen Sprachkurs gemacht 20 Kilometer entfernt, hab den aber wegen der Fahrzeit und wegen der Kinder eingestellt.« Die aufsummierten Fahrzeiten haben Hannes Hampel selber überrascht: »Meine Frau und ich legen jede Woche 19 Stunden Wegzeiten zurück!«

So lange sind die Beispielfamilien auf ein ganzes Leben gerechnet unterwegs (alltägliche private Wege)

Familie Lechner (Kleinstadt-Kern)

20 m

in

Familie Hampel (Ortsrand im ländlichen Raum)

Fahrdienst Kindergarten

0

Marianne, Manuel, Bernhard + weitere Kinder 2x pro Woche

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Jahre im Leben

Das kosten die Wege der Beispielfamilien auf ein ganzes Leben gerechnet (alltägliche private Wege)

Familie Lechner (Kleinstadt-Kern) Zu Fuß

Stärken der Linien spiegeln Häufigkeit der Wege wider.

Familie Hampel (Ortsrand im ländlichen Raum)

Die Namen der Familien wurden geändert. Die Wegediagramme beruhen auf realen Angeben der Familien. Die Wege der Kinder sind nicht dargestellt.

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in

Auto

70 m

Fahrrad

Arbeit

Hannes 5x pro Woche

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200 000

300 000

400 000

500 000

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800 000 Euro


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Martin, Elisabeth, Max, Dominico, Joseph und Johannes leben im Kern einer oberfränkischen Kleinstadt von 18 000 Einwohnern. Busse gibt’s, ein Auto haben sie, aber beides brauchen sie kaum. Denn die meisten Wege des täglichen Lebens sind Fußwege von fünf bis zehn Minuten. Glück hat Martin mit seinem Arbeitsplatz, denn der ist im selben Haus, in dem er wohnt. In seinem Statement schildert das Ehepaar Lechner, warum es ihm in der Innenstadt so gut gefällt. »Die verwinkelten Gassen, die schöne Atmosphäre in so einer alten Stadt – deswegen wohne ich gerne hier, weil es einfach etwas Gewachsenes ist«, schwärmt Martin vom Flair seines Wohnorts. Elisabeth genießt ihren allmorgendlichen Weg, »wenn ich durch den

Foto: Frey

Die Lechners

Distanz und Nähe

Foto: Ranz

Stadtgraben lauf, wenn ich die Vögel hör oder viele bekannte Gesichter seh.« Und wenn sie beim Einkauf etwas vergisst, geht sie während des Kochens eben nochmal schnell weg: »Das ist für mich ganz wichtig, dass ich praktisch einmal umfalle, und ich hab mein Zeug.« Auch Martin gewinnt durch die kurzen Wege Zeit und Lebensqualität. »Meine Freunde und Bekannten müssen schon eine halbe Stunde früher aufstehen, um ihre Kinder in die Schule zu bringen.« Und wirklich kein Neid auf die Eigenheim-Besitzer draußen im Grünen? Nicht bei Elisabeth Lechner, denn »es schließt sich nicht aus, dass man mitten in der Stadt wohnt und trotzdem viel Grün um sich hat.«

in

2

Woche

Foto: Scherkamp-Nassl

in Max 20 m 1x pro

Spitalkirche

Grundschule

Kinder 5x pro Woche

5 min

5m

Elisabeth + Kinder 1x pro Woche

n

i 0m

Besuch Freund

in 5x pro

m

5 min

Einkaufen Obere Stadt

Elisabeth + Kinder 2x pro Woche

5 min

Musikschule

Kinder

10

Woche

5 min

in

Kinder 5x pro Woche

m

Nachhilfe

Die Rentner spielen mit den kleinen Kindern, der Vater nimmt der Nachbarin den Kasten Mineralwasser mit, und eine Mutter bringt fünf Kinder gemeinsam in die Schule. Im Wohnprojekt »Neue Wege« in Augsburg wohnen alle Generationen in einem Haus. Davon profitiert jeder – wenn gewünscht.

Foto: Schiebel, Regierung von Oberbayern

Gymnasium

5

Elisabeth + Kinder 3x pro Woche 2 min

in

in

15 m

Alle 1x pro Monat

Martin + Kinder 1x pro Woche

Elisabeth 1x pro Woche min

m 10

Schwimmbad, Wald, Rodeln

Metzgerei

10

Alle 1x pro Woche Bäckerei

Gemeinsam statt einsam

Einkaufen Supermarkt

Besuch Großeltern

Foto: Goebel

Viele Leute um einen herum und kein vertrautes Gesicht? Manche stellen sich das Leben im Ortskern anonym vor. Dabei gibt es gerade dort zahlreiche Möglichkeiten, sich zu begegnen. Und wer sich zurückziehen will, findet auch hier seine Nischen.

Klosterkirche

Alle 7x pro Woche

7m

Elisabeth 7x pro Woche in

Einkaufen Biomarkt

Elisabeth + Kinder 3x pro Woche

30

Schwimmbad

Fotos, Diagramme und Texte dieser Doppelseite stammen zum Großteil von der Ausstellung »Wie wohnen, wo leben«, s. S. 16

in

m

Alle 1x pro Woche

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Wohnen und Leben in Innenstädten und Dorfkernen

Innenentwicklung statt Flächenverbrauch Innenstädte und Dorfkerne bieten durch die Nähe der funktionalen und kulturellen Vielfalt unglaubliche Voraussetzungen für Lebensqualität. Von Univ.-Prof. Matthias Reichenbach-Klinke

ten, die von der Allgemeinheit, aber auch den privaten Bauherren zu tragen sind. Vergegenwärtigt man sich die Immobilien- und Vermietungsanzeigen, so kommt als häufigster Werbeträger die Begrifflichkeit »Park« zum Zuge – »Wohnpark, Schlosspark, Stadtpark, Parklandschaft«. Offensichtlich deckt der Begriff Sehnsüchte ab, die vom Paradiesgarten über Sicherheitsargumente – Park als überschaubares Territorium – bis zum Wohnen im Grünen reicht. An zweiter Stelle stehen Erreichbarkeiten wichtiger landschaftlicher Qualitäten und dann von Einrichtungen. Schließlich erfolgt der Blick auf die Wohnform, die Haustypologie und funktionale Qualitäten. Die wesentlichen Wünsche im Wohn- und Lebensumfeld lassen sich somit stark vereinfacht auf die Faktoren »Grün« und »Erreichbarkeiten« reduzieren. Können die höchst komplexen und intelligenten Strukturen unserer Innenstädte und Dorfkerne diesen Wünschen Rechnung tragen?

Foto: privat

D

ie Bedeutung einer vorhandenen, funktionsfähigen Infrastruktur für Leben und Arbeiten in den Städten und Gemeinden ist lange Zeit von vielen wenig beachtet worden. In Zeiten, in denen die Infrastruktur, wie Schulen oder Straßen – finanziert über Steuern – den Einzelnen vordergründig nur wenig oder gar nichts kostete, wurde sie als selbstverständlich hingenommen. Erst der Preisanstieg der vergangenen Jahre und die Situation in den neuen Ländern zum Zeitpunkt der Wende haben die Wertschätzung einer intakten und kostengünstigen Infrastruktur wesentlich steigen lassen. Dennoch sieht man offensichtlich nach wie vor genügend Gründe, großflächige Neubaugebiete zu erschließen. Was kann die Ursache dieser Widersprüchlichkeit sein? Der Wunsch nach einem Einfamilienhaus im Grünen hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche in den vergangenen 40 Jahren nahezu verdoppelt hat. Derzeit liegt der tägliche Flächenverbrauch in Deutschland bei 115 Hektar. Ursächlich dafür sind auch erhöhte Anforderungen an die Infrastruktur sowie Handel und Gewerbe. Aufgrund gestiegenen Umweltbewusstseins, knapper gewordenen Baulands und steigender Bodenpreise wurden inzwischen vielerorts Konzepte entwickelt, Der Autor dem anhaltenden Zuwachs von Siedlungsflächen, etwa Univ.-Prof. Matthias Reichenbach- durch Flächen sparende Siedlungsformen und die MoKlinke, Jahrgang bilisierung vorhandenen Baulands, entgegenzusteu1945, ist Inhaber ern. des Lehrstuhls für Beliebteste Wohnform, vor allem in den ländlichen Planen und Bauen Gebieten, ist jedoch das frei stehende Einfamilienhaus im ländlichen Raum an der Tech- geblieben; eine Bauweise, die nach Flächenbedarf und Gesamtkosten meist am aufwändigsten ist. Um der nischen UniverNachfrage nach Bauland zu entsprechen, sind gerade sität München. Er wirkt in vielen in kleineren Gemeinden »Abrundungen« oder gar »AnGremien mit, unter stückelungen« mit größeren Bauflächen gängige Praanderem im Vorxis. Diese häufig zufälligen städtebaulichen Entwickstand des Bayerilungen sind nicht nur aus ortsplanerischer und ökoschen Landesverlogischer Sicht unbefriedigend; die Zersiedelung der eins für HeimatLandschaft führt darüber hinaus zu hohen Folgekospflege.

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Natur + Umwelt BN-Magazin [3-06]

Wohnen ökonomisch: das Dorf Die heutige Situation der Dörfer ist häufig gekennzeichnet durch wirtschaftliche, kulturelle und soziale Erosion. Die Landwirtschaft ist – fast schon die Regel – aus den Dörfern verschwunden. Zurückgeblieben sind die großen, nunmehr weitgehend ungenutzten landwirtschaftlichen Gebäude. Die bestehenden Dorfanlagen sind höchst ökonomisch erschlossen und bilden klare Abstufungen öffentlicher zu privaten Territorien. Zum Beispiel ein fränkisches Straßendorf hat folgende städtebauliche Idee: Die Hofanlage begleitet den öffentlichen Straßenraum. Sie schließt sich gegenüber dem Straßenraum durch Einfahrtstor und Tor für Fußgänger. Der Hofraum wird beidseits eingefasst durch Wohnstallhaus und Altenteilhaus und nach außen – in der Regel zur Landschaft – geschlossen durch die Scheune. Bei Beibehaltung der Struktur in den Schichten öffentlicher, halböffentlicher, halbprivater zu privaten Zonen kann in dem rückwärtigen Scheunengebäude zum Beispiel höchste Wohnqualität – Bezug zur Landschaft – erreicht werden. Der ehemalige Stallteil des Wohnstallhauses kann für Garagen genutzt werden. Der Wohnteil


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Lebensqualität wiederentdeckt: die Innenstädte Die Innenstädte größerer Städte werden – zumindest in einigen Ansätzen – derzeit als bevorzugte Wohnstandorte wiederentdeckt – jedoch in der Überzahl durch zahlungskräftige, kinderlose Bevölkerungsschichten. Dennoch ist es ein positives Signal für die Verantwortlichen, um die Innenstädte verstärkt für Familien interessant zu machen. Das »Recycling« der großen Brachen – Kasernen, Bahngelände, Industriegelände – zeigt auf, welche großen Potentiale an Woh-

Luftbilder: TU München

könnte sich in einen Arbeitsbereich entwickeln; das Altenteilgebäude beherbergt nach Modernisierung die ältere Generation oder die nachfolgende Generation. Diese Beschreibung verdeutlicht, mit welch geringem Aufwand Qualitäten wiederentdeckt werden können, die in Neubaugebieten generell nicht auffindbar sind. Überdies ist der Kostenaufwand für die Nutzer um ein erhebliches Maß geringer, da sämtliche Infrastrukturen – Wasser, Abwasser etcetera – vorhanden sind und nicht über erhebliche Erschließungskosten geleistet werden müssen. Neben den Vorteilen im privaten Bauen sind in größeren Dörfern Kindergarten, Grundschule, Kirche und Läden für die Grundversorgung in der Regel fußläufig erreichbar. Und zu guter letzt leben die Bewohner in einem unverwechselbaren Umfeld höchster kultureller mitteleuropäischer Qualität.

erreicht werden. Gerade die Kleinstädte leiden allerdings derzeit am Funktionsverlust im Dienstleistungsbereich – die Problematik der durchwegs schlecht gestalteten Einkaufsmärkte wirkt sich hier aus. Die Stadtkerne müssen als Wohnquartiere der Zukunft entdeckt werden, wo höchste Ökonomie sich mit großen kulturellen Leistungen treffen.

Versorgung gut und nah: Die kleinen Städte Die vielen kleineren Städte haben natürlich in der Infrastruktur ein noch breiteres Angebot. Im Schulund Bildungswesen gehören Gymnasien zur Grundausstattung, wie auch ein breiteres und tieferes Dienstleistungsangebot. Die öffentlichen Räume entwickeln höchste Qualitäten in den Nutzungsmöglichkeiten. In der Regel ist der Durchgangsverkehr bereits aus den Kleinstädten verbannt. Das historische Stadthaus ist in seinen vielfältigen Ausformungen so entwickelt, dass die Erdgeschosszone überwiegend dem Arbeiten dient, das Wohnen den Obergeschossen vorbehalten bleibt. Zum öffentlichen Raum orientiert werden weniger lärmempfindliche Bereiche – zum ruhigen, begrünten Innenhof und dem häufig anschließenden kleinen Garten die ruhigen Individualbereiche. Ein Problem mögen die wenigen Stellplätze bilden, das über kleine Quartiersgaragen aber oftmals gelöst werden kann. Auch für die kleinen, dicht bebauten Märkte und Städte gilt: Die Erschließung ist vorhanden – in den bestehenden Kubaturen kann großzügige Wohnqualität mit verhältnismäßig geringem Kostenaufwand

nungsmöglichkeiten die Innenstädte beherbergen. Die Qualität der Dienstleistungs- und Arbeitsplatzangebote ist verbunden mit der notwendigen Nutzung des ÖPNV. Die Kleinmaßstäblichkeit des Stadtquartiers bietet in der Regel differenzierte Wohnformen und Grünzonen im Wohnumfeld. Die Nutzung bestehender Strukturen ist sowohl ökonomischer als auch soziokulturell von größerer Wertschöpfung als die Neuerschließung von Wohnstandorten. Diese Gesichtspunkte decken sich mit den Zielen nachhaltiger Siedlungsentwicklung. Leben und Wohnen in den Dörfern, Märkten und kleinen Städten sowie in den Innenstädten erfüllt die großen unverwechselbaren Errungenschaften mit Leben – die wesentliche Grundlage für den Weiterbestand unserer Kultur- und Stadtlandschaft wäre damit gegeben. Um den Menschen die Vorteile aufzuzeigen, bestehende hochwertige Strukturen weiterzuentwickeln und nicht etwa uniformiertes teures Wohnen in Neubaugebieten zu suchen, bedarf es noch großer Aufklärungsarbeit.

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Stadt, Land, Plus Das Dorf Obbach (934 Einwohner, Landkreis Schweinfurt), die Kleinstadt Dinkelsbühl (11 800 Einwohner, Landkreis Ansbach) und die Innenstadt von München (1,3 Millionen Einwohner) haben mehr gemeinsam als man annehmen möchte. Sie alle bieten große Wohn- und Lebensqualitäten sowie vorhandene, funktionierende Infrastrukturen – und das im Vergleich zu den jeweils vergleichbaren Außenbereichen zu geringeren Kosten.


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Erfolg im Flächenschutz Roßhaupten: Erfolgreiche Dorferneuerung

Flächenverbrauch durch Wohngebiete

Heißes Eisen Eigenheim Der Schutz von Boden und Landschaft hat Tradition im Bund Naturschutz. Jetzt will der Verband auch die Zersiedelung der Heimat durch Wohnhäuser deutlicher thematiseren und Alternativen diskutieren. Hubert Weiger über die BN-Vision von »Städten und Dörfern der kurzen Wege«

In Roßhaupten, Landkreis Ostallgäu, wurden von Anfang an die Bürger eng in ihre Dorferneuerung eingebunden; ein erfolgreicher Weg, der heute von vielen kopiert wird. Ein Hauptziel war, die schönen, alten Bauernhäuser im Ort zu erhalten, die schon leer standen oder aufgegeben wurden. Und tatsächlich: Ein Hof ist heute Dorfzentrum, der Stall wurde zum Feuerwehrhaus, aus der Tenne entstand ein schöner Musikprobenraum. In einem anderen ehemals landwirtschaftlichen Gebäude ist ein Supermarkt angesiedelt. Aus einem alten Haus, siehe Foto, wurde eine offene Parkgarage, darüber fand eine Zimmerei Platz.

Foto: Roggenthin

Einsatz für die »grüne Wiese« Seit 2003 widmen wir uns unter dem Titel »Bayerns Schönheit bewahren« dem Flächenschutz als einem zentralen, dauerhaften Schwerpunkt unserer Verbandsarbeit. Dabei standen zunächst der Straßenbau und Gewerbeplanungen im Fokus. Kaum ein Landkreis, in dem wir uns nicht gegen neue Straßen gewehrt haben und wo wir nicht gegen Einkaufszentren oder Der Autor Gewerbegebiete auf der »grünen Wiese«, teilweise auch Prof. Dr. Hubert Weiger ist 1. Vorsit- mit Erfolg, angetreten sind (Beispiele rechts). Nun wollen wir auch das schwierigere Thema des zender des Bundes Naturschutz. Flächenverbrauchs durch neue Wohngebiete anpacken. Immerhin gehen rund 35 Prozent des Flächenverbrauchs in Bayern von 106 Quadratmeter pro Minute auf deren Konto. Knapp 30 Prozent verbrauchen neue Gewerbegebiete, Versorgungsanlagen und anderes, 25 Prozent sind neuen Verkehrswegen zuzurechnen, der Rest Friedhöfen und anderem. Trotz prognostiziert sinkender Bevölkerung verzichtet kaum ein Dorf auf Neubaugebiete, während innerorts Wohngebäude, oft typischer, historischer und das Ortsbild prägender Bestand, verfällt – ein Trauerspiel.

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Erfolg im Flächenschutz Bamberg: Ökosiedlung bewährt sich Bereits 1988 konnte Architekt Theodor Hentzler das vom Bund Naturschutz intensiv unterstützte Projekt einer Ökosiedlung im Bamberger Stadtteil Gaustadt umsetzen. Seine Vorstellungen von kompakter Bebauung mit Gartenhöfen, Altengeschosswohnungen, Vereinsräumen, typisch fränkischer Gestaltung und Mischung von Funktionen bewährt sich seit 18 Jahren (www.oekosiedlungen.de/cherbonhof/steckbrief.htm). Die 150 Bewohner fühlen sich wohl. Mit dem »Cherbonhof« hat nicht nur Bamberg seine Vorzeigesiedlung, sondern auch der BN Baugeschichte geschrieben.

Foto: BN-Kreisgruppe Bamberg

in zentrales Thema seit seiner Gründung vor über 90 Jahren ist für den Bund Naturschutz die Besorgnis erregende Zunahme an Siedlungs- und Verkehrsflächen. Sie führt zu einem immer größeren Verlust von Freiflächen, sei es unmittelbar durch Bebauung, sei es mittelbar durch Landschaftsentwertung wie Zersiedelung, Zerschneidung oder Verlärmung. Im Unterschied zum Zeitgeist Anfang des vorigen Jahrhunderts hat der BN unter »Naturschutz« immer schon den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen Boden, Wasser, Luft und des Landschaftsbilds verstanden – damals »Heimatschutz«. Angesichts des dramatischen Flächenverbrauchs seit den 1960-er Jahren kommt dem Bodenschutz heute eine besondere Bedeutung zu. Der BN hat deshalb schon 1983 die erste Konferenz in Deutschland zum Bodenschutz initiiert. Diese zentralen Fragen wurden auch in der »Natur+Umwelt« immer wieder thematisiert.

Foto: lag auerbergland

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Schaffe, schaffe …

Erfolg im Flächenschutz Roßtal: Nicht noch ein Supermarkt!

Wie man wohnen will, ist eine sehr private Entscheidung. Sie ist eng verknüpft mit dem Wunsch nach Vertrautheit, gesunder Umwelt und erlebbarer Natur. Damit aber auch alle in den Genuss solcher Qualitäten kommen können, müssen wir die Diskussion über die Städte und Dörfer der Zukunft führen, damit die früher berechtigt konstatierte »Unbewohnbarkeit der Städte« (Bertold Brecht) nicht weiter umschlägt in die Hässlichkeit der zersiedelten Landschaft. Weil Jahrhunderte lang gewachsener fruchtbarer Boden praktisch nicht ersetzbar ist und weil Landschaft in ihrer Einzigartigkeit für die Unverwechselbarkeit unserer Heimat steht, haben wir alle eine hohe Verantwortung für ihren Schutz. Schon aus ökonomischem Interesse sollten wir sparsam mit diesen Qualitäten umgehen: Die Zunahme der Hochwässer in Bayern hat ihre Ursache ja nicht nur in klimatisch begründeten Starkregenereignissen; sondern die Hochwasserspitzen nehmen eben auch aufgrund der Landschaftsversiegelung zu. Sauberes Trinkwasser stammt ausschließlich aus der Filterung durch unvergiftete und unversiegelte Böden. Gesunde Nahrungsmittel wachsen nicht auf Asphalt und Beton. Foto: Liebert

Supermärkte auf der »grünen Wiese« bringen fast überall die innerörtlichen, zu Fuß erreichbaren Geschäfte in Bedrängnis, so auch in Roßtal, Landkreis Fürth. Nachdem der Markt dort bereits vier Supermärkte genehmigt hatte, reichte es den Roßtalern: In einem vom Bund Naturschutz unterstützten Bürgerentscheid lehnten im Juli 2005 65 Prozent von ihnen einen weiteren Einkaufsmarkt der Firma REWE deutlich ab. Die »grüne Wiese«, siehe Foto des geplanten Supermarkt-Standorts, darf grün bleiben.

Erfolg im Flächenschutz Benediktbeuern: ein Original

Foto: Klonz

Das Zentrum für Umwelt und Kultur des Klosters Beneditkbeuern engagiert sich nicht nur sozial in der Bildung junger Menschen sowie ökologisch zusammen mit dem BN im Projekt »Tölzer Moorachse«. Auch bei der Nutzung und Renovierung historischer Bausubstanz gibt die Einrichtung ein Beispiel. Beim Umzug des Bildungszentrums in die ehemaligen Ställe und Tennen des Maierhofs wurde so viel alte Bausubstanz erhalten wie möglich, etwa der alte Dachstuhl und das offene Mauerwerk. Bei der originalgetreuen Sanierung fanden alter Sumpfkalk und als Farbe das typische »Benediktbeuerner Grün« Verwendung, das aus altem Sandstein gewonnen wird.

… auf die Folge schaue Es besteht auch kein Zweifel daran, dass das bayerische Siedlungs- und Verkehrssystem aus globaler und ökologischer Sicht außerordentlich aufwändig ist und mit hohen Ressourcenimporten sowie Belastungsexporten erkauft werden muss. Es ist kurzfristig nur tragfähig, wenn es bei den heutigen globalen Verteilungsungerechtigkeiten bleibt. Mittel- und langfristig ist es ohnehin wegen der knappen und begrenzten Energieressourcen nicht zukunftsfähig. Eine Übertragung unseres »Wohlstandsmodells« auf andere Weltregionen würde den schnellen Kollaps des Welt-Ökosystems bedeuten. Es ist also dringend erforderlich, die durch die Siedlungsstruktur bedingten Belastungen zu reduzieren. Bereits Mitte der 1970-er Jahre machte vom BN aus das Schlagwort die Runde: »Die Zukunft der Landschaft liegt in kompakten Städten und Dörfern«. Und mit dem »Stadtökologischen Manifest« und seiner Umsetzung im Modellprojekt Cherbonhof Bamberg (s. Foto) schrieben wir Geschichte. Unsere Visionen von Ressourcen schonenderen und gleichzeitig attraktiveren Siedlungsmodellen heißt heute »Stadt und Dorf der kurzen Wege«. Merkmale solch einer zukunftsfähigeren Siedlungs- und Verkehrstruktur sind bereits in Umrissen sichtbar: maßvolle Stadtentwicklung statt ländlicher Zersiedelung. Statt gedankenlosem Anstückelungs-Städtebau ökologisch orientierter Umbau innerhalb der bestehenden Siedlungsgebiete. Urbane, auf leistungsfähige Zentren und Knotenpunkte des öffentlichen Verkehrs orientierte Mittelstädte und Stadtteile statt zerstreuter Schlaf- und Trabantenstädte. Von vernetzten, ökologisch wirksamen Freiflächen durchgrünte Siedlungsräume. Daneben Freiräume, in denen Landwirtschaft und Naherholung eine regionale Kreislaufwirtschaft ermöglichen.

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Justitia für Bodenschutz In einer Grundsatzentscheidung hat der bayerische Verfasungsgerichtshof jetzt einen Bebauungsplan aufgehoben, da er gegen Art. 141 Absatz 1 der bayerischen Verfassung verstoße. Im Urteil heißt es: »Zu den vorrangigen Aufgaben auch der Gemeinden gehört es, den Boden als natürliche Lebensgrundlage zu schützen und kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten«.


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Ministerien und Verbände präsentieren neue Ausstellung

Bündnis wirbt für Wohnen im Kern Unter dem Titel »Wie wohnen – wo leben? Flächen sparen – Qualität gewinnen« wandert seit Mitte Juli eine neue Ausstellung durch Bayern und wirbt für das Wohnen im Kern, den Erhalt bestehender, kompakter Ortsstrukturen und die Vorteile kurzer Wege.

Z

igtausendfach werden in Bayern jedes Jahr Entscheidungen getroffen über die Frage ›Wie will ich zukünftig wohnen, wo will ich leben?‹ Und egal, ob Sie sich für Miete, Wohnungskauf oder Hausbau entscheiden – zumindest ein Kauf oder Bau dürfte die größte Investition in Ihrem Leben darstellen. Das will gut überlegt sein.« So wirbt ein aktuelles Flugblatt für die neue Ausstellung. Erstellt wurde sie in einer bisher beispiellosen Kooperation des Bundes Naturschutz (BN) mit dem Umweltministerium, der Obersten Baubehörde im Innenministerium, der Bayerischen Architektenkammer (ByAK) und der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung (SRL).

Jetzt buchen: die Ausstellung Die Ausstellung »Wie wohnen – wo leben« bietet nicht nur jede Menge ansprechend gestalteter Information. Eine Beamer-Präsentation und Film-Interviews sorgen für multimediale Abwechslung. Und auf Mitmach-Stationen kann jeder selbst testen, wie er zu Flächenverbrauch und Verkehrsaufkommen beiträgt. Wäre die Ausstellung auch für Ihren Heimatort oder Ihren Arbeitsplatz interessant; haben Sie Interesse, sie zum Beispiel für Ihr Landratsamt, Ihr Rathaus oder Ihren Bürgersaal auszuleihen? Wenden Sie sich bitte an das Bayerische Landesamt für Umwelt, Claus Hensold, Tel. 08 2190 71 53 44, claus.hensold@lfu. bayern.de. Infos ab August unter www.boden.bayern.de. Übrigens: Noch bis 31. August ist die Ausstellung im Foyer des Umweltministeriums in München, Rosenkavalierplatz 2, anzuschauen.

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Unter Federführung des BN, der dafür nicht nur ein Projektbüro mit dem Experten Thomas Frey besetzte, sondern auch die Abwicklung übernahm, sorgten die drei Trägerverbände BN, ByAK und SRL für neue Akzente in der Debatte um den Erhalt von Dorf- und Stadtkernen. »Die Ausstellung ist deutschlandweit einzigartig«, freut sich Projektleiter Tom Konopka vom BN (siehe »Profil« auf Seite 30) über das Ergebnis. »Wir haben es gemeinsam geschafft, alle wichtigen Aspekte zu behandeln, die vor allem junge Menschen in der Familienbildungsphase und jung gebliebene Senioren umtreiben: Ihre Kinder sollen nicht auf der Straße aufwachsen, sie nervt die tägliche Autofahrerei zur Arbeit und die Kosten, sie träumen vom Landleben und wollen trotzdem Läden, Kulturangebote und Arztpraxen in der Nähe«.

In Deutschland einzigartig Die Ausstellung wurde aus Mitteln des Allgemeinen Umweltfonds gefördert und ist Teil eines Aktionsprogramms zur Reduzierung des Flächenverbrauchs, das 2005 vom »Bündnis zum Flächen Sparen« vorgelegt

Jetzt testen: Flächenrechner und Wegematrix Finden Sie heraus, wie viele Flächen durch Ihr Verhalten, in Wohnen, Verkehr und Freizeit, beansprucht werden. Auf der Website des BN finden Sie dazu einen Flächenrechner, wie er auch bei der Ausstellung »Wie wohnen – wo leben« zum Einsatz kommt. Oder erstellen Sie Ihr eigenes Wegediagramm, testen Sie, wo Sie im Vergleich zu unseren BeispielsFamilien von Seite 10 stehen. Die Wegematrix finden Sie ebenfalls unter www.bund-naturschutz.de/ projekte/flaechenaktion

Weiterlesen: Neue Literatur Aktiv für Landschaft und Gemeinde. Leitfaden für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung. Herausgegeben von BN, BUND

und anderen Umweltverbänden, unter Federführung von EURONATUR, Februar 2005, als PDFDatei kostenlos unter www.euronatur.org/?flaeche DORF KOMM! Dörfer beleben – Flächen sparen. Leitfaden für Kommunen. Herausgegeben von der Leader+ Aktionsgruppe HohenloheTauber, Dezember 2005 Die demografische Lage der Nation. Wie zukunftsfähig sind Deutschlands Regionen? Herausgegeben vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung, dtv, 2006, 10 Euro


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Fotos: Hensold

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Staatsregierung muss nachlegen In seiner Festrede zur Eröffnung der Ausstellung ging BN-Vorsitzender Prof. Dr. Hubert Weiger auf den nach

Ausleihen: Ausstellung »Der Flächenfraß in Bayern« Die BN-Kreisgruppe Rosenheim hat für einige Orte im Landkreis nachgeprüft, ob der »gefühlte« explosionsartige Anstieg des Flächenverbrauchs den Tatsachen entspricht. Mit Hilfe von Luftbildern aus den Jahren 1950, ’70, ’90 und 2000 wurde die jeweils besiedelte Fläche ermittelt. Ziel war es, die Entwicklung des Landschaftsverbrauchs für Wohnen, Arbeiten und Verkehr im halben Jahrhundert nach dem II. Weltkrieg darzustellen. Herausgekommen sind frappierende »Fieberkurven« des Flächenfraßes, die die Kreisgruppe auf elf Plakaten dargestellt hat.

wie vor zu hohen Flächenverbrauch ein. Einerseits seien alle Bürgerinnen und Bürger gefordert, Landschaft zu erhalten. Ihre Wünsche nach billigen Bauplätzen schafften erst die Nachfrage nach neuen Baugebieten. Andererseits ließ er auch die Politik nicht aus der Verantwortung: »Mit administrativen Maßnahmen allein ist es nicht getan. Eine Stärkung des Gesetzesvollzugs und die Verhinderung weiterer Einkaufszentren auf der ›grünen Wiese‹ wären das Gebot der Stunde«, so Weiger. »Wir begrüßen, dass die Bundesregierung die Eigenheimzulage – zuletzt eine reine Zersiedelungssubvention – gestrichen hat und stattdessen den Gebäudebestand durch enorme Zuschüsse für Sanierung und Wärmedämmung fördert. Wir brauchen die Verteuerung der Flächeninanspruchnahme durch eine ökologische Steuerreform.« Tom Konopka, BN-Regionalreferent

Die Plakate in den Maßen 1,00 mal 1,30 Meter können ausgeliehen werden, die CD gibt’s für 15 Euro: Bund Naturschutz, Kreisgruppe Rosenheim, Steinbökstr. 7, 83022 Rosenheim, Tel. 0 80 31-1 28 82, bund.naturschutz@bnro.de

Jetzt mitmachen: N+U-Fotowettbewerb Haben Sie das richtige Motiv für Ihr Wettbewerbs-Foto noch nicht gefunden? Schicken Sie uns doch ein Bild, das für Sie das Thema »Wie wohnen – wo leben« illustriert! Die enge Gasse, durch die Sie nach Hause gehen? Das alte Treppenhaus, der kleine Erker, die Aussicht vom Balkon? Oder einfach Ihr Dorf,

Foto: Gößwald

wurde. Dieses Bündnis war im Juli 2003 von den Ministerien für Umwelt sowie des Innern mit den kommunalen Spitzenverbänden, Kirchen, Universitäten, Architekten-, Planer- und Umweltverbänden und anderen geschlossen worden. Alle Bündnispartner haben sich verpflichtet, sich für eine deutliche Reduzierung des Flächenverbrauchs in Bayern im Sinne einer nachhaltigen Siedlungsentwicklung einzusetzen, sich zu einem schonenden und Flächen sparenden Umgang mit Böden zu bekennen, die Bemühungen für eine Flächen sparende Nutzung und möglichst geringe Versiegelung der Böden zu unterstützen und in ihrem Einflussbereich das Bodenbewusstsein zu fördern.

Ihre Stadt, so wie Sie sie lieben? Noch bis 15. September können Sie an unserem Wettbewerb teilnehmen (s. Natur+ Umwelt 1-06). Unter dem Motto »Heimat im Fokus« laden wir alle ein, die gerne fotografieren. Als Preise winken eine Reise in den Harz, eine Fotosafari mit Profi-Fotograf durch eine von Bayerns großen Naturlandschaften, und drei Jahresabos der renommierten Zeitschrift »NaturFoto«. Alle eingehenden Bilder werden gewertet, ob Fotoabzug, Dia oder hoch auflösende Datei. Einsenden an: Bund Naturschutz in Bayern e.V., Redaktion »Natur+Umwelt«, Dr.-JohannMaier-Straße 4, 93049 Regensburg, nu@bund-naturschutz.de

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Prominente Flächenschützer Innenminister Dr. Günter Beckstein betonte bei der Eröffnung der Ausstellung »Wie wohnen – wo leben« die Notwendigkeit, die Stadtkerne zu stärken (linkes Bild, mit Lutz Heese, Präsident der Bayerischen Architektenkammer, Umweltminister Dr. Werner Schnappauf, SRLSprecher Johannes Dragomir und BNVorsitzedem Prof. Dr. Hubert Weiger, von links). Weiger und Schnappauf nutzten die neue Ausstellung zur Diskussion über die bevorstehenden Aufgaben beim Flächenschutz.


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Gut angelegt Im Gebiet der »SandAchse Franken« können seltene Tiere und Pflanzen leben und erlebt werden – auch dank des Erbes von Hildegard Friese.

Fotos: BN

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Das Erbe von Hildegard Friese

Zeichen setzen für die Vielfalt Etwas Gutes tun, auch über das eigene Leben hinaus – »Natur+ Umwelt« stellt Persönlichkeiten vor, denen dies mit einem Vermächtnis an den Bund Naturschutz gelungen ist. Hildegard Friese gab ihr Vermögen ohne Zweckbestimmung. So ermöglichte ihr Erbe vielfältige Projekte für Mensch und Natur.

H

elmut Steininger, seinerzeit Landesgeschäftsführer des BN, kann sich noch genau erinnern: »Eines Tages stand Frau Friese in meinem Büro und wollte wissen, was der Bund Naturschutz mit ihrem Geld anfangen würde.« So stellte ihr der heutige Landesschatzmeister die Hauptziele des BN vor, den Ankauf von Schutzgrundstücken, den Arten- und Biotopschutz,

im Oktober 2000 verfasst hat«, schließt Steininger. Hildegard Friese stammte aus Königsberg in Preußen, wo sie am 7. März 1915 geboren wurde und ihre Jugend verbrachte. Nach dem Krieg erlitt sie das Schicksal der Vertreibung. Sie heiratete 1948 den Juristen Dr. Günter Friese und lebte mit ihm in München. Die Ehe blieb kinderlos. Leider verstarb Hildegard Friese schon bald nach der Festlegung ihres letzten Willens, am 5. Juni 2001. Mit den ihm anvertrauten Geldern konnte der Bund Naturschutz seither viele Zeichen setzen. Die Mittel kamen modellhaften Projekten zugute, die zwar staatlich gefördert werden, für die der BN aber einen Eigenanteil leisten muss.

Nicht in den Sand gesetzt

Foto: BN-Archiv

Ein gutes Beispiel ist die »Sandachse Franken«, das größte bayerische Naturschutzprojekt, zeigt es doch die ganze Fülle der Möglichkeiten, wie sinnstiftend der BN Erbschaften verwendet. Ziel des Projektes waren und sind Schutz und Sicherung der faszinierenden Sandlebensräume

von Bamberg bis Weißenburg. Tiere und Pflanzen mit gar sonderlichen Namen wie Ameisenlöwe, Ziegenmelker, Sandschrecke oder Mauerpfeffer zählen zu den Bewohnern der Wunderwelt Sand. Mit Hilfe des Erbes von Hildegard Friese konnte der BN ökologisch wertvolle Grundstücke erwerben, Kinder und Erwachsene an das faszinierende Leben im Sand heranführen, sich an Fachplanung und Forschung beteiligen. Hildegard Friese hat mit ihrem Erbe dem BN einen großen Dienst erwiesen. In Zeiten knapper Kassen stehen Natur- und Umweltschutz oftmals an letzter Stelle, und öffentliche Gelder werden immer knapper. Nachdem sie das Erbe mit keinerlei Zweckbindungen verknüpft hatte, konnte der BN über den vererbten Betrag frei verfügen. Es ehrt und freut den BN, wenn Mitglieder und Freunde ihn in Ihrem Testament berücksichtigen. Diese Menschen investieren in eine Welt, in der auch unsere Kinder und Enkel ihre Heimat von ihrer schönsten Seite kennen lernen können. Der Bund Naturschutz setzt sich dafür ein, und alle können dabei helfen. Rosemarie Kleindl (göß)

Ihr persönlicher Kontakt Hildegard Friese

Jugendarbeit und Umweltbildung. Als sie dann noch wissen wollte, wie sie vorgehen müsse, um den BN als Erben einzusetzen, erklärte Steininger ihr, »dass ein Satz ausreicht: ›Als Erbe setze ich den Bund Naturschutz in Bayern ein.‹ Und genau diesen Wortlaut hat Frau Friese in ihrem Testament verwendet, das sie

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Möchten Sie mehr über die Möglichkeit erfahren, in Ihrem Testament den Bund Naturschutz zu bedenken? Wenden Sie sich bitte an Landesgeschäftsführer Peter Rottner, der Sie als erfahrener Jurist gerne informiert. Sie erreichen ihn unter der Telefonnummer 09 41-2 97 20-12. Oder fordern Sie zunächst unsere kostenlosen Unterlagen an: Bund Naturschutz, Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg, Tel. 09 41-2 97 20-40, rosemarie.kleindl@bund-naturschutz.de


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Foto: blw Naturstudio

Kompliment!

Jeder Maulwurfshügel ist ein Kompliment an den Gärtner. Denn nur in Böden voller Leben bleibt der streng geschützte Tunnelbauer zu Gast. Wer ihn gesetzwidrig verfolgt, ist gegenüber dieser Bereicherung »blind wie ein Maulwurf«. Ein Vorurteil übrigens, denn der Kleinäugige »sieht« mit Riech-, Hör-, Tast- und Erschütterungssinn jeden Gartenschädling, der in sein weit verzweigtes Labyrinth fällt.


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olfgang Engelhardt hat sich für die Wertschätzung des Natur- und Umweltschutzes historische Verdienste erworben. Der BN hat ihn dafür mit dem Bayerischen Naturschutzpreis ausgezeichnet. Wolfgang Engelhardt hatte einen Lehrauftrag für Naturschutz an der technischen Universität in München, der erste einschlägige Lehrauftrag im deutschsprachigen Raum. In der Zeit als Generaldirektor der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlungen Bayerns war er an der Konzeption für den Neubau der

Foto: OroVerde

Prof. Wolfgang Engelhardt † Der langjährige Präsident des Deutschen Naturschutzrings und Ehrenmitglied des BN ist am 1. Mai 2006 in seinem Heimatort Prittlbach verstorben.

Hubert Weinzierl erinnert an Prof. Wolfgang Engelhardt

Eine Umwelt-Institution Der Bund Naturschutz hat mit großer Trauer den Tod seines Ehrenmitglieds und Weggefährten Professor Dr. Wolfgang Engelhardt zu beklagen. Sein Name steht für die Geschichte des Deutschen Naturschutzrings, dessen Präsident er 32 Jahre lang war.

Zoologischen Staatssammlung Bayerns sowie an der Konzeption für das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen maßgeblich beteiligt. Ein weiteres Beispiel für sein großes Wirken ist die Gründung von Oro Verde, einer Stiftung zur Rettung der Tropischen Regenwälder. Auch beim Aufbau der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) war er von Beginn an für viele Jahre als stellvertretender Vorsitzender im Kuratorium tätig. Wolfgang Engelhardt ist ein Stück deutscher Naturschutzgeschichte. Wer sich in dem noch jungen Deutschland der Nachkriegszeit mit Naturschutz befassen wollte, kam an der Institution Wolfgang Engelhardt nicht vorbei; sei es in der Umweltbewegung oder in der Literatur. Im Gymnasium stieß man auf das erste Schulbuch aus seiner Feder, auf der Universität auf das Handbuch für Naturschutz und Landschaftspflege. Und wer sich fürs Leben am Bach, Teich oder Tümpel

Abschied

Gedenken Der Deutsche Naturschutzring wird zusammen mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und dem Bund Naturschutz in Bayern am 12. Oktober 2006 – dem Geburtstag von Professor Engelhardt – in München ein Symposium zu seinem Gedenken veranstalten.

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interessierte, der hatte seinen »Engelhardt« im Rucksack, ein Standardwerk, das heute in der 17. Auflage vorliegt. Ich selbst traf als Forststudent 1953 auf Wolfgang Engelhardt, dessen Wegbegleiter ich durch fünf Jahrzehnte bleiben durfte. Der damalige erste Präsident des Deutschen Naturschutzringes, Professor Dr. Hans Krieg, verwies den für den Naturschutz interessierten Studenten mit der knappen Feststellung weiter: »Das macht der Engelhardt.« Wir Jüngeren, oft genug heißspornig und gelegentlich zu Militanz neigend, mussten immer wieder bewundernd feststellen, dass er die jeweilige politische Situation, nicht zuletzt durch seine stets neueren Informationen aus erster Hand, realistisch einzuschätzen wusste: »Das läuft nicht, schade um die Mühe, die Zeit und das Geld«, sagte er und behielt recht. Und er wies uns umgekehrt an, dort zu powern, wo Erfolge möglich waren: bei der Schaffung von Nationalparken gleichermaßen wie bei der Abwehr von Großprojekten. Der Waldgürtel südlich von München kommt mir dabei in den Sinn, aber auch Wackersdorf. Ich nenne bewusst dieses Stichwort, weil Wolfgang Engelhardt nie anpasserisch war und gerade wegen seiner wertkonservativen Herkunft sich zu den Kritikern der Wachstumspolitik und der Großstrukturen bekannte. Dass es ihm trotzdem immer gelungen ist, als DNRPräsident einen so heterogenen Haufen von über einhundert eigenwilligen Naturschutzverbänden und ein Heer von Individualisten zusammenzuhalten, darf man als »Grünes Wunder« bezeichnen. Er war ein Großmeister der Diplomatie, der aus Krisensitzungen einen gemeinsamen Erfolg zu machen verstand. Gleichzeitig war er Brückenbauer in ganz andere Szenen der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Kultur hinein, aus der Erkenntnis heraus, dass die Zukunftsfragen der Menschheit nur im großen Konsens lösbar sind. Wolfgang Engelhardt hat uns den weiten Blick gelehrt, den Zusammenhang von der Ortsgruppe eines lokalen Naturschutzvereins, vor der zu sprechen er sich nie zu schade war, bis hin zur großen, globalen Herausforderung an der Schwelle zum dritten Jahrtausend. Wir verdanken ihm die Überwindung einer gewissen deutschen Provinzialität des Denkens in der Umweltpolitik hin zu den weltweiten Zusammenhängen von Klimapolitik, Tropenwald und Artenvielfalt. Er hat uns immer wieder auf das Gebot zur Veränderungsfähigkeit in dem rasanten Prozess der Weltentwicklung hingewiesen. Wolfgang Engelhardt war ein großartiger Lehrmeister, ein Pionier der Umweltbildung, für die er in seinen Museen bleibende Zeichen gesetzt hat: Das Jura Museum in Eichstätt, das Naturkundliche Museum in Bamberg, das Rieskrater Museum in Nördlingen und als Krönung seiner Amtszeit das Museum »Mensch und Natur« in München, das 1991 vollendet wurde. Für den BN-Vorstand Hubert Weinzierl, Ehrenvorsitzender


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Jahrestag und Kinofilm verstärken Atom-Ablehnung

Tschernobyl: Nie wieder! Fotos: Ciecior, Gößwald

20 Jahre nach dem schrecklichen Atomunfall in Tschernobyl hat eine »Atom-Renaissance« in der deutschen Bevölkerung wenig Freunde. 79 Prozent lehnen neue AKW ab.

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ur zu gut erinnern sich die meisten an die tiefe Verunsicherung, die 1986 der 1400 Kilometer entfernte GAU auslöste. Aussaaten wurden eingepflügt, Milch weggeschüttet, Kinder ließ man lieber nicht im Freien spielen. Wieviele Krebsfälle und andere Krankheiten heute bei uns auf die Strahlenbelastung damals zurückgehen, weiß niemand. Wenn ein vergleichbarer GAU in Deutschland passieren würde? Die im Frühjahr erfolgreich in den Kinos laufende Verfilmung von Gudrun Pausewangs Roman »Die Wolke« (Interview unten) deutete den Schrecken eines solchen Unfalls im bayerischen AKW Grafenrheinfeld an und sensibilisierte auch eine nach Tschernobyl geborene Altersgruppe für die Atomgefahren. Tschernobyl darf sich nicht wiederholen – raus aus der Atomkraftnutzung! In dieser Forderung waren sich alle Teilnehmer der großen Gedenkveranstaltung einig,

Blick zurück voraus Die große Teilnehmerzahl beim Tschernobyl-Gedenken am 29. April in München zeigte, dass die Katastrophe und ihre zehntausende Opfer nicht vergessen sind. Doch der Blick ging vor allem in die Zukunft. BN-Vorsitzender Hubert Weiger brachte es auf den Punkt: »Dies ist keine Kundgebung gegen das Verdrängen und Vergessen. Es ist eine Kundgebung ›Ja‹ zum Leben, ›Ja‹ zur Nutzung der Sonnenenergie!«

die der Bund Naturschutz mit weiteren Atomgegnern am 29. April in München zur Erinnerung an Tschernobyl veranstaltete. »Diese Technik ist im wahrsten Sinne des Wortes katastrophal; deshalb müssen wir nicht irgendwann einmal aussteigen, sondern sofort«, forderte BN-Vorsitzender Hubert Weiger. (göß)

Die Gefahr ist heute größer

Was können wir alle tun, um die AKW loszuwerden? Am wichtigsten und gleichzeitig am leichtesten für jeden: Strom sparen. Allein damit ließen sich alle AKW überflüssig machen. Eine weitere Möglichkeit, die Atomindustrie zurückzudrängen, ist die demokratische Unterstützung der Parteien, die gegen sie sind. Und vor allem jeder junge Mensch sollte mitreden, wenn das Gespräch um dieses Thema geht. Denn dabei geht es vor allem um sein Wohl und Wehe. Er hat das Recht, der Gesellschaft zuzurufen: »Ihr leistet euch ein Leben auf der Basis üppigen Energieverbrauchs, wobei Ihr uns riskiert. Eure Kinder, Enkel, Urenkel.« Interview: Manfred Gößwald

Frau Pausewang, Sie schrieben Ihren Erfolgsroman »Die Wolke« 1986 unter dem Eindruck der Tschernobyl-Katastrophe. Ist die Gefahr heute noch ebenso real? Sie ist sogar noch größer geworden. Inzwischen haben wir den 11. September 2001 hinter uns. Den Terroristen muss bekannt sein, dass die Atomkraftwerke gegen Angriffe von oben nicht geschützt sind. Es ist eine Frage der Zeit, wann der Terrorismus diese Schwachstelle für seine Ziele ausnutzen wird. Im Gegensatz zu den 80-er-Jahren sieht man Jugendliche kaum auf Anti-Atom-Demos. Jedes Pendel schwingt hin und her. Zurzeit ist die Mehrzahl der jungen Leute politisch uninteressiert. Aber bald wird wieder eine junge Generation kommen, die auf die politi-

schen Barrikaden geht. Ich vermute, sie wird noch radikaler sein als die Achtundsechziger. Der Film »Die Wolke« geht unter die Haut. Welche Reaktionen gab es speziell von jungen Leuten? Die jungen Leute identifizieren sich natürlich mit dem jungen Paar. Im Buch gibt es kein Liebespaar. Aber alle sind sich einig: Auch der Film bringt die Botschaft voll rüber: »Weg von der Atomindustrie!« Viele Schüler haben mir nach dem Besuch des Films geschrieben: Sie hätten sich vorher nicht viel Gedanken um die »atomare Gefahr« gemacht. Aber jetzt sei ihnen bewusst geworden, wie gefährlich die Atomstromgewinnung sei. Und viele fragten konsequenterweise: »Was können wir denn tun, damit so etwas nicht passiert?«

Foto: Ravensburger Buchverlag

Erfolgs-Autorin Gudrun Pausewang über die Verfilmung ihres Romans »Die Wolke«, über Atom-Terroristen und junge Leute auf den Barrikaden

»Atomkraft tötet« Der neue BN-Flyer räumt auf mit den Schein-Argumenten der Atom-Lobbyisten. Kostenlos erhältlich bei der BN Service GmbH, Tel. 0 91 23-9 99 5720, Fax -99, info@service.bundnaturschutz.de

»Eine Million Europäer für den Atomausstieg« Der BN unterstützt diese europaweite Aktion. Setzen Sie jetzt mit Ihrer Unterschrift ein Zeichen für eine atomkraftfreie Zukunft: www.bund-naturschutz.de/projekte/ atomausstieg

Gudrun Pausewang Die 1928 geborene Schriftstellerin erhielt für ihren 1987 erschienenen Roman »Die Wolke« den Deutschen Jugendliteraturpreis. Mit der Verfilmung 2006 ist sie zufrieden, er bringe »die Botschaft voll rüber«.

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Planloses Bayern

Foto: Leidorf

»Das Programm setzt auf völlig überholte Wachstumsrezepte, auf neue Autobahnen, Flugplätze und den Transrapid zu Lasten des Klimaschutzes. Es begünstigt neue Großmärkte auf der grünen Wiese«, urteilt BN-Landesbeauftragter Richard Mergner über das neue Landesentwicklungsprogramm (LEP) des Freistaats. Angesichts des hohen Flächenverbrauchs in Bayern und des kommunalen »Wettkampfes« um neue Gewerbe- und

Siedlungsflächen hatte der BN eine bessere überregionale Abstimmung und verstärkte Lenkung durch das LEP vorgeschlagen. Gemäß der Vorgabe aus der Staatskanzlei nutzte die CSU-Mehrheit im bayerischen Landtag die Gelegenheit jedoch zum Ausbau der »kommunalen Eigenverantwortung für das Siedlungswesen«. Folge: Die Zersiedelung der bayerischen Landschaft geht verstärkt weiter. (hl)

Tag der Regionen und BN-Demo für Gentechnikfreiheit Aus der Regionalentwicklungsbewegung ist er nicht mehr wegzudenken, der Tag der Regionen. Heuer findet er am 1. Oktober bereits zum achten Mal statt. Das jährlich wechselnde Motto des Tages lautet diesmal »Regionen voller Energie: aktiv – genussvoll – erneuerbar«. Überall in

Bayern laden Feste mit bunten Aktionen, Märkten, kulinarischen Köstlichkeiten aus der Umgebung und Infos zu den regionalen Potenzialen erneuerbarer Energien ein. Im Vorfeld des Tages der Regionen ruft der BN am 30. September um 11.00 Uhr in Nürnberg zur Demons-

tration für ein gentechnikfreies Bayern auf (s. S. 26). Weitere Infos zum Tag der Regionen gibt es unter www.tag-der-regionen.de Marion Ruppaner, BN-Referentin für Landwirtschaft (hl)

Transrapid zum Scheitern verurteilt In einer 42-seitigen Stellungnahme hat der BN begründet, warum der Transrapid ein ökologisches und ökonomisches Desaster wäre. Die Gründe für die Ablehnung der Magnetschwebebahn zwischen dem

Münchner Hauptbahnhof und dem Flughafen reichen von naturschutzfachlichen über rechtliche und verkehrspolitische bis hin zu raumplanerischen und klimarelevanten Aspekten. Hinzu kommt, dass

die Planungsunterlagen für den Transrapid unzureichend sind und eine Alternativenprüfung fehlt. Somit hat das Projekt aus Sicht des BN keine Chance, genehmigt zu werden. Um nicht noch mehr Geld zu ver-

schwenden, fordert der BN den Freistaat Bayern deshalb auf, die Planung sofort einzustellen. Die vollständige Stellungnahme gibt es unter www.bund-naturschutz.de/ fakten/verkehr/ (hl)

Der BN begrüßt das Vorhaben der Bayerischen Staatsforste, ein längst überfälliges Artenschutzkonzept auf den Weg zu bringen. Bei einer gemeinsamen Fachtagung mit BN, Landesbund für Vogelschutz (LBV) und der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) im Mai stellten die Bayerischen Staatsforsten in Ebrach die Grundzüge des Konzeptes vor. Danach sollen Altbäume und Reste alter Wälder mit Uraltbäumen von über 180 bezie-

Foto: Mergner

Hoffnung für den Schutz alter Wälder hungsweise 300 Jahren nicht mehr genutzt werden. In älteren naturnahen Wäldern sollen deutlich mehr Biotopbäume und Totholz im Wald verbleiben. Im Bild von links: Christian Schneider (Moderator), Ulrich Mergner (Forstbetriebsleiter Ebrach), Reinhard Neft (Vorstand der Bayerischen Staatsforste), Ludwig Sothmann (LBV-Vorsitzender), Olaf Schmidt (LWF-Präsident) und Hubert Weiger (BN-Vorsitzender) Ralf Straußberger, BN-Waldreferent (hl)

Studie belegt: Gebäudesanierung höchst rentabel Die energetische Gebäudesanierung ist höchst einträglich. Dies bestätigt jetzt eine Studie, die das Institut Wohnen und Umwelt aus Darmstadt im Auftrag des Bundes Natur-

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schutz und des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz erstellte. Bei den elf wichtigsten Gebäudetypen Bayerns kommen gute Wärme-

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dämmung, hochwertige Fenster, eine moderne Heizung mit Solaranlage oder eine Pelletheizung kostengünstiger als die dadurch ersetzte Ölrechnung. Die Maßnahmen erbringen

Energie-Einsparungen von 60 Prozent und mehr. Mehr Infos im BN-Energiereferat, Tel. 0951-5 19 06 09. Ludwig Trautmann-Popp, BN-Energiereferent (hl)


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Foto: Nationalpark-Verwaltung

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»Haus zur Wildnis« mit BN-Nationalpark-Laden

In Ludwigsthal eröffnete Anfang August der Nationalpark Bayerischer Wald sein neues »Haus zur Wildnis«. Das Infozentrum lockt

mit einem Tier-Freigelände, wo Wolfsrudel, eine Luchsfamilie, Wildpferde und Urrinder leben. Mit dabei im Haus zur Wildnis ist auch der BN mit einem NationalparkLaden. Das Sortiment umfasst Geschenkartikel, Gläser, Textilen, Bücher, Plüschtiere und Souvenirs aus der Region. Infos und günstige Bahntickets: www.nationalparkladen.de. Bei der Einweihung des Hauses

demonstrierte der BN für die geplante Ausdehnung der Naturzonen im Park. Derzeit versuchen einige Nationalpark-Gegner, weitere Flächen, auf denen Natur Natur sein darf, zu verhindern. Benedikt Bisping, Geschäftsführer der BN Service GmbH (hl)

Reichswald retten, Nordspange verhindern Naherholungsgebiet und seltenen Vögeln wie dem Mittelspecht als Lebensraum dient. BN-Regionalreferent Tom Konopka verweist darauf, dass Reisende in einer »Business-Traveller-Umfrage« dem Nürnberger Flughafen 2002 bei der Erreichbarkeit ohnehin

Bestnoten ausgestellt haben. Der BN appelliert an die Regierung von Mittelfranken, kein Planfeststellungsverfahren für die Nordspange einzuleiten. (hl)

Foto: Kreisgruppe Nürnberg

Zusammen mit mehreren Initiativen will der BN die geplante »Nordspange« vom Flughafen Nürnberg zur Autobahn A3 verhindern. Der 52 Millionen Euro teure Straßenneubau bedroht ein Waldstück mit uralten Eichen, das den Bürgern vor Ort als beliebtes

ICE-Neubaustrecke: kein Grund zur Freude Die im Mai eröffnete ICE-Neubaustrecke zwischen Nürnberg und Ingolstadt stellt aus Sicht des BN keinen Grund zur Freude dar. Zu Lasten von Umwelt und Steuerzahlern erhielt die Streckenführung von München über Ingolstadt nach Nürnberg

den Vorzug vor der rund 1000 Millionen Euro günstigeren Alternative, dem Ausbau der vorhandenen Strecke über Augsburg, die zudem nur rund zehn Minuten mehr Fahrzeit mit sich gebracht hätte. Indes warten wichtige Fernverbin-

dungen wie die Strecken München – Salzburg, Augsburg – Zürich oder Nürnberg – Dresden nach wie vor auf Ausbau und Modernisierung. »Statt stur an weiteren Milliardengräbern und Prestigeprojekten wie der ICE-Neubaustrecke Nürnberg–

Erfurt festzuhalten, müssen diese Projekte zugunsten einer zukunftsfähigen Bürgerbahn gestoppt werden«, appelliert BN-Vorsitzender Hubert Weiger an Politik und Bahn. Richard Mergner, BN-Landesbeauftragter (hl)

Jetzt besuchen: Tier-Erlebnispark Arche Mit dem »Tier-Erlebnispark Arche« präsentiert sich der BN noch bis 24. September bei der grenzenlosen Gartenschau im oberfränkischen Marktredwitz und dem tschechischen Cheb. Schafe, Esel, Wollschweine und viele Kleintiere aus alten, gefährdeten Haustierrassen bilden im Streichelzoo des BN einen be-

liebten Anziehungspunkt für die Besucher der Gartenschau. »Schöpfung bewahren – Grenzen überwinden« lautet das Motto des Projekts mit mehr als 50 umweltpädagogischen Veranstaltungen. Ziel ist es, ein Bewusstsein für unsere Mitgeschöpfe und die Natur diesseits und jenseits der deutsch-tschechischen

Grenze zu schaffen. Der BNLandesvorstand besuchte die Gartenschau Ende Mai. Kontakt: BN-Kreisgruppe Wunsiedel, Tel. 0 92 33 - 48 02, bn.wuntir@gmx.de. Karl Paulus, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Wunsiedel (hl)

Links rechts unten www.echtgerecht.de Wer kennt sich noch aus im »Siegel-Dschungel«? Welche Kennzeichen halten, was sie versprechen? Ob es um Lebensmittel, Möbel, Textilien oder Reisen geht – hier steht die Antwort.

www.netzwerkrisiko-mobilfunk.de Das Netzwerk versteht sich als Gemeinschaft aller mobilfunkkritischen Kräfte. Es bietet Ansprechpartner, Kontakt zu kritischen Ärzten und Technikern sowie jede Menge Infos.

www.biotalk.de Allein das Thema »Grüne Gentechnik« diskutierten bereits über 300 Schüler. Neben mehreren Foren bietet die Site eine Infothek und Gewinnspiele zum Mitmachen.

www.portalu.de In dem von Bund und Ländern betriebenen Portal können über eine Million Webseiten, Datenbankeinträge und Adressverzeichnisse zum Thema Umwelt durchsucht werden.

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Archiv-Bild: Willner

Karikatur: Haitzinger

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BN bedauert Abschuss und fordert schnelle Konsequenzen

Vielen Dank Unsere OnlineAktion zur Rettung von »Bruno« haben in kurzer Zeit weit mehr als 1000 Menschen unterstützt. Warum wir jetzt auch Ihre finanzielle Hilfe brauchen, lesen Sie bitte auf der Rückseite dieses Hefts.

Es lebe der Bär Der Bär ist tot, es lebe der Bär. Denn der nächste kommt bestimmt bald nach Bayern. Und dann sollten wir besser auf ihn vorbereitet sein. Bayern braucht ein Wildtier-Management.

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und wird deshalb die Fortführung dieses Projekts kritisch überprüfen.

Foto: privat

is Mai 2006 war die mögliche Rückkehr von Bären nach Bayern ein Thema weniger Spezialisten. Doch dann fand »JJ1« alias »Bruno«, als erster seiner Art nach 170 Jahren, den Weg in die bayerischen Alpen – und in die Herzen der Menschen. Allem Trubel um die Fußball-WM zum Trotz brachte »Bruno« es zum ganz großen Medienstar der Saison. Die Begeisterung zeigte deutlich: Die Menschen freuen sich auf rückkehrende Wildtierarten. Rückschritt Der junge männliche Bär »JJ1« war Ende Mai auf Ein vom BN geforseiner Reviersuche vom italienischen Trentino in die dertes Wildtierbayerischen Alpen gewandert. Bei seiner Futtersuche management kann hatte er Schafe gerissen und war in Hühnerställe eingeauf dem erfolgreidrungen. Auch wenn er offensichtlich seine natürliche chen System der Scheu vor menschlichen Siedlungen verloren hatte: er Biberberater aufbauen, an dem der wurde Menschen gegenüber nie aggressiv. BN maßgeblich mitDer BN hat deshalb die Abschussgenehmigung des wirkt. Jetzt aber ver- bayerischen Umweltministeriums von Anfang an maslagert Bayern die siv kritisiert und verstärkte Fangbemühungen geforZuständigkeit für dert. Über öffentlichen Druck und intensive LobbyFang und Abschuss von Bibern von den arbeit, zahlreiche Schreiben und Gespräche hat der BN versucht, den Abschuss zu verhindern. Umso mehr war Höheren Naturschutzbehörden auf der Verband dann enttäuscht, dass nach einem erfolgdie Landsratsämter, losen Einsatz eines finnischen Teams der Bär sofort wo Entscheidungen zum Abschuss freigegeben und schon drei Tage später oft unter großem am 26. Juni erschossen wurde. politischen Druck Der BN hat dies massiv kritisiert, denn es waren getroffen werden. längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, den Bä»Eine Aushöhlung des Bibermanageren zu fangen, ihn zu erziehen oder umments«, zeigt sich zusiedeln. Die bayerische Verwaltung der BN enttäuscht war letztlich nicht auf den Umgang mit Die Expertin Dr. Christine Margraf ist BN-Artenschutzreferentin für Südbayern.

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rückkehrenden Wildtieren vorbereitet. Und es hat sich auch gezeigt, dass die Beteiligung der Naturschutzverbände im Artenschutzrecht unzureichend ist. »Zentrale Konsequenz der letzten Wochen muss sein, dass auch Bayern endlich ein Wildtiermanagement erstellt und umsetzt«, fordert daher BN-Landesvorsitzender Hubert Weiger. Auch Bayern bietet nämlich Wildtieren wie Bär, Luchs oder Wolf noch geeigneten Lebensraum. Der Hauptgrund für das Verschwinden dieser früher weit verbreiteten und auch in Bayern heimischen Tiere war die Jagd, nicht die Lebensraumzerstörung. Dank erfolgreicher Artenschutzprojekte leben beispielsweise in Österreich wieder 20 bis 30 Bären, in Slowenien und der Slowakei sind es bis zu 500, im Karpatenbogen sogar bis zu 8000 Tiere. Zwar ist der Bär ein scheues, überwiegend vegetarisches Wildtier, doch kann es zu einzelnen Konflikten mit Landnutzern kommen. Daher haben fast alle Länder mit Bärenpopulationen auch ein Bären-Management.

Wildtierland Bayern Die Bereitschaft der bayerischen Staatsregierung, ein Wildtiermanagement nach dem Vorbild Österreichs und der Schweiz einschließlich eines Entschädigungsfonds einzurichten, begrüßt der BN und unterstützt dies durch eigene Vorschläge. Für den BN gehört dazu insbesondere ein festes Beratungsteam von Wildbiologen, unterstützt durch eine breite Basis ehrenamtlicher lokaler Berater, die Erstellung eines Managementplanes, die Logistik für Fang, Betäubung und Besenderung, die finanzielle Unterstützung sowohl für Vorsorgemaßnahmen wie Elektrozäune oder Herdenschutzhunde, als auch die Entschädigung von Schäden für Nutztierhalter, die Aufklärung der Bevölkerung. Der BN bietet seine Unterstützung an. Denn schließlich betreut der Verband seit Jahren das sehr erfolgreiche Bibermanagement und wirkt beim Luchsberatersystem ebenso mit wie bei der Akzeptanzförderung für Wölfe. Letztlich müssen die Menschen in Bayern nach 170 Jahren wieder lernen, den Bären zu akzeptieren und ihn zu respektieren, das heißt richtig mit ihm umzugehen. (göß) Mehr über Wildtiere in Bayern in der nächsten Natur+ Umwelt. Aktuelles zum Thema jetzt auch unter www. bund-naturschutz.de/fakten.


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m Rahmen der Forst-»Reform« hatten Staatsregierung und Landtag eine Reduzierung der Revierförster von maximal 20 Prozent in 15 Jahren beschlossen. Jetzt wollen die »Staatsforsten« die Zahl der Staatswaldreviere von 558 auf 330 verringern, also um 40 Prozent. Das entspricht einer Vergrößerung der Reviere um etwa 70 Prozent, von durchschnittlich 1300 auf 2200 Hektar Waldfläche, was katastrophale Folgen für den Waldzustand befürchten lässt. Die »Staatsforsten« sind eine »Anstalt des Öffentlichen Rechts«, ihr gesetzlicher Auftrag ist eine nachhaltige und naturnahe Waldwirtschaft. Ihr Vorstand agiert jedoch mehr und mehr wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft mit dem Ziel der Gewinnmaximierung durch Personaleinsparung. Damit werden die

Bilanz nach einem Jahr Forst-»Reform« bestätigt viele Befürchtungen

Im Wald mehr Schatten als Licht Denkbar knapp scheiterte 2004 das Volksbegehren »Aus Liebe zum Wald«, die Gründung des Unternehmens »Bayerische Staatsforsten« konnte nicht verhindert werden. Nach einem Jahr zeigt sich: Deren Vorstände wollen noch höhere Gewinne aus dem Wald erzielen und planen deshalb den Personalabbau noch radikaler, als es die Staatsregierung vorgegeben hatte.

Fotos: BN

Nicht vorbildlich Während naturnahe Waldwirtschaft Bäume kleinflächig erntet, ist im Staatswald seit der Forst-»Reform« zunehmend ein großflächiges, maschinengerechtes Vorgehen zu beobachten, bis hin zu Kahlschlägen. Die nachwachsenden Bäumchen leiden häufig unter Wildverbiss. Beide Bilder stammen aus dem bayerischen Staatswald.

Schreibtisch-Förster? Die Qualität der Staatswälder zeigt sich in erster Linie daran, wie gut die Gemeinwohlfunktionen durch eine umfassend nachhaltige Waldwirtschaft erfüllt werden. Und dies hängt entscheidend von der Arbeit der Revierförster im Wald ab. Das »Auszeichnen« der Bäume für die Ernte und eine effektive Jagd waren bisher grundlegende Aufgaben der bayerischen Förster. Künftig sollen sie diese nicht mehr ausüben, weil es angeblich zu teuer kommt. Damit gerade die Staatswälder ihre wichtigen, je nach Standort und Betrieb unterschiedlichen Funktionen vorbildlich erfüllen können, ist qualifiziertes Personal in überschaubaren Reviergrößen unerlässlich, das den Wald nicht nur vom Schreibtisch aus kennt. Eine Vergrößerung der Reviere um etwa 70 Prozent kann nur bedeuten: Waldpflege, Waldentwicklung und Walderhaltung spielen keine Rolle mehr! Es geht um eine Maximierung der Rendite, Holz soll ohne großen Aufwand und Qualitätskontrolle bereitgestellt, über langfristige Verträge mit Großkunden verkauft und durch Unternehmer maschinell geerntet werden. Eine

naturnahe, differenzierte Waldbewirtschaftung ist auf diese Weise nicht mehr möglich.

Nagelprobe steht noch bevor So zeigt die Bilanz des Bundes Naturschutz und des Wald Bündnisses Bayern nach einem Jahr »Bayerische Staatsforsten« mehr Licht als Schatten. Dabei hatten diese zum Start großes Glück – in Form von deutlich steigenden Holzpreisen. So konnten die Gewinnerwartungen erfüllt und auch ein anerkennenswert großer Teil der Erlöse in die Waldpflege und die Pflanzung neuer, gemischter Wälder investiert werden. Die Nagelprobe für die »Staatsforsten« steht aber noch bevor. Denn die nächsten großen Waldschäden durch Stürme, Schnee oder Borkenkäfer kommen bestimmt, der Holzpreis wird wieder fallen. Und erst wenn dadurch das Geld knapp wird, wird sich zeigen, ob der Staatswald, unser aller Wald, in guten Händen ist. Ralf Straußberger (göß)

Foto: BN

Fortschritte bei der Staatswaldbewirtschaftung der letzten Jahrzehnte – vielerorts naturnähere, vorratsreichere, stabilere und artenreichere Wälder – in Frage gestellt; die hierfür aus Steuergeldern finanzierten Aufwendungen werden wieder verspielt.

Der Autor Ralf Straußberger, 41, ist BN-Waldreferent und Geschäftsführer des Wald Bündnis Bayern.

Helfen Sie dem Wald! Das Wald Bündnis Bayern wird in einem Bürgerwaldbericht dokumentieren, wie gut oder schlecht die Staatswälder bewirtschaftet werden. Machen Sie mit, alle Waldfreunde sind eingeladen, positive Entwicklungen wie auch Defizite und Kritikpunkte zum Bürgerwald in Wort und Bild selbst im Internet zu veröffentlichen: www.forum.wald-buendnis-bayern.de

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BN erfolgreich für gentechnikfreies Bayern. Jetzt neue Aktionen

Gen-Food, nein danke!

Foto: BN

Die Welle der Empörung, die die Bundesregierung mit der geplanten Förderung der AgroGentechnik in Deutschland ausgelöst hat, zeigt erste Erfolge. Unterstützen Sie jetzt unsere große Ballon-Protestaktion, und kommen Sie zur Demo am 30. September in Nürnberg.

Delegierte fordern Moratorium Auf der BN-Landesversammlung in Gemünden am Main beschlossen die Delegierten umfangreiche Forderungen an die Politik für ein gentechnikfreies Bayern, darunter ein mindestens zehnjähriges Anbau-Moratorium in Europa und eine bessere Kennzeichnung von Milch, Fleisch und Eiern von Tieren, die genmanipuliertes Futter erhielten. Der Beschluss im Internet: www.bund-naturschutz.de/ gentechnik

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undeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer fährt seinen anfangs forschen Pro-Gentechnik-Kurs inzwischen etwas langsamer, sein geplantes EckpunktePapier für gesetzliche Erleichterungen hat wider Erwarten vor der Sommerpause nicht mehr sein Haus verlassen. In Bayern überraschte CSU-General Markus Söder mit seiner Forderung nach einem GentechJob-Vernichter Moratorium. Und beim Bauernverband macht jetzt die Gentechnik Laut einer neuen Basis mobil: Auf ihrer Landesversammlung haben die Studie der Uni BBV-Kreisobmänner eine Resolution erzwungen, die Oldenburg bringt die kommerzielle Nutzung der Gentechnik ablehnt, die Agro-Gentechzumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Auch die Fordenik in Deutschland keine neuen Arbeits- rung nach einem legislativen Rahmen für gentechnikfreie Regionen zeigt das kritische Potenzial der Bauern plätze. Den derzeit an der Basis. Allerdings plädiert ihr Präsident Sonnleitetwa 500 Gentechnik-Jobs (ohne Stei- ner weiterhin für Gentechnik-Forschung. Von einem gerungspotenzial) generellen Anbaustopp, den der BN fordert, ist beim stehen 150 000 Bauernverband noch immer nicht die Rede. Arbeitsplätze in der Die vielen Protest-Aktionen, die der BN gemeinsam Biobranche gegenmit seinen Partnern im »Bündnis Bayern für gentechüber – die durch nikfreie Natur und Landwirtschaft« durchgeführt hat, Gentechnik gefährdet wären. erbrachten einen weiteren großen Erfolg: Fast alle Bau-

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ern, die genmanipulierten, insektengiftigen »BT-Mais« anbauen wollten, zogen ihre Pläne zurück. Übrig geblieben sind, trotz erheblicher Risiken für die Umwelt, fünf Hektar Mais auf staatlichen Versuchsflächen. Der BN wird weiterhin dagegen protestieren, ebenso gegen einen riesigen Freisetzungsversuch mit Gen-Kartoffeln, die auf bis zu zehn Hektar Fläche auf dem staatlichen Gut Baumannshof im Landkreis Pfaffenhofen wachsen sollen.

Starten Sie Ihren Protestballon Im Herbst kommt ein Gesetzentwurf in den Bundestag, der den Gentechnik-Anbau erleichtern soll. Ein breites Netzwerk von Umwelt-, Verbraucher- und Landwirte-Organisationen startet vorher die große Ballon-Aktion »Gen-Food nein danke«. Tausende Ballons mit den Namen einzelner gentech-kritischer Bürger werden in den Himmel über Berlin steigen und wie Pollen von Gentech-Pflanzen in alle Richtungen fliegen. Sie symbolisieren die nicht rückholbare Kontamination von Natur und Landwirtschaft durch Gentech-Anbau. Jeder Ballon ruft außerdem den Finder auf, sich ebenfalls gegen die Verwässerung des Gentechnik-Gesetzes zu wehren. Machen Sie mit, schicken Sie die Postkarte am Ende dieses Heftes ab. Dann wird auch Ihr Ballon die Botschaft »Gen-Food nein danke« verbreiten.

Auch auf Bundesebene ist keineswegs Entwarnung angesagt. Soweit die Pläne von Minister Seehofer bisher bekannt sind, will er, im Widerspruch zu EU-Recht, erlauben, dass Auskreuzungsprodukte von Gen-Freilandversuchen ohne Kennzeichnung in die Nahrungskette gelangen dürfen. Außerdem will er einen Haftungsanspruch erst ab einer Verunreinigung von 0,9 Prozent festschreiben. Mit Lobbygesprächen auf allen Ebenen und weiteren öffentlichen Aktionen wird der BN den Druck auf Minister Seehofer in den nächsten Monaten deshalb weiter erhöhen. Machen Sie mit, kommen Sie zur zentralen Kundgebung am 30. September in Nürnberg. Los geht’s um 12 Uhr am Jakobsplatz oder um 11 Uhr am Bahnhof zum Demonstrationszug. Marion Ruppaner, BN-Agrarreferentin (göß)

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BN-Jugend gegen Gen-Food Die Jugendorganisation Bund Naturschutz setzt sich dafür ein, dass sich alle bayerischen Jugendherbergen – wie hier die in Eichstätt – zu gentechnikfreien Zonen erklären.


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BN bringt »Rettenbach« auf Konzern-Hauptversammlung

Hoffnung wächst Idyll oder Lärm? Bewahrung oder Zerstörung, Vernunft oder Ignoranz? Noch ist offen, was sich in Rettenbach durchsetzen wird. Im BN wächst die Hoffnung, dass BMW auf ein Trainingszentrum für Offroad-Fahrzeuge bei St. Englmar im Bayerischen Wald verzichten wird. Denn wie jetzt bekannt wurde, sucht BMW nach alternativen Standorten.

Ein Hotelier will vor seiner Haustüre ein Geländewagen-Trainingszentrum von BMW, und weder den Autokonzern noch die regionale Politik scheint zu stören, dass damit eine der schönsten

und ruhigsten Erholungslandschaften des Bayerischen Waldes unter die Räder käme (N+U berichtete). Karin Meindorfer und Winfried Berner sehen noch Chancen für einen Sieg der Vernunft.

Herr Berner, Sie kämpften »Auge in Auge mit dem kompletten BMW-Management«, hieß es neulich in der Mittelbayerischen Zeitung.War’s wirklich so dramatisch auf der Hauptversammlung des Konzerns? Naja, nach 15 Monaten Widerstand vor Ort ist es schon etwas Besonderes, unseren Protest dem versammelten BMW-Vorstand und -Aufsichtsrat von Angesicht zu Angesicht zu vermitteln, noch dazu vor den Aktionären im großen Forum der Münchner Olympiahalle. Aber was uns am meisten überrascht hat, ist, dass Dr. Krumbacher (ein Anwohner und pensionierter Chefarzt, d. Red.) und ich dort nicht auf eisiges Schweigen trafen, sondern von den Aktionären mehrfach durch Beifall unterbrochen wurden – ein deutliches Signal dafür, dass auch viele BMW-Aktionäre die Zerstörung eines Schmuckstücks unserer Heimat nicht wollen.

lich zu verringern. Da wäre es doch völlig widersinnig, wenn BMW die eigenen Anstrengungen dadurch konterkariert, dass sie in einer ebenso schönen wie gefragten Urlaubsregion ein Denkmal der ökologischen Unvernunft errichten, das auf Jahrzehnte hinaus das gute Image der Marke belastet.

Herr Berner, hat BMW nicht eigentlich – für einen Autokonzern – einen relativ guten Umwelt-Ruf? Doch, und sie tun auch einiges dafür, vor allem in der Produktion. Auch auf der Hauptversammlung hat der BMW-Vorstand auf Fragen von Aktionären mehrfach betont, dass BMW intensiv daran arbeitet, den hohen Flottenverbrauch und CO2-Ausstoß – zu dem die schweren Geländewagen maßgeblich beitragen – deut-

Foto: privat

Frau Meindorfer, ein bayerischer Konzern will ein Fahrertrainigszentrum am liebsten in Bayern realisieren; was ist daran aus Ihrer Sicht so problematisch? Grundsätzlich nichts, wenn das Opfer dieser bayerischen Standortpolitik nicht ausgerechnet Landschaftsschutzgebiet und einer der schönsten Plätze im Naturpark Vorderer Bayerischer Wald wäre. Hinzu kommt, dass die Notwendigkeit für Offroad-Übungen mit schweren Geländewagen im Rahmen eines Fahrsicherheitstrainings kaum nachvollziehbar ist. Fest steht, dass ein solches Gelände generell in einer unberührten und hoch sensiblen Mittelgebirgsregion fehl am Platz ist.

Foto: Roggenthin

Frau Meindorfer, Ihre Prognose: Wird das Fahrerzentrum in Rettenbach gebaut? Nein, das kann ich mir nach wie vor nicht vorstellen. Andernfalls würde dies eine grobe Missachtung geltenden Naturschutzrechts bedeuten und jedem gesunden Menschenverstand zuwiderlaufen. Außerdem sind wir zuversichtlich, dass das Management von BMW mehr Weitblick besitzt als die Kreistagsmehrheit von Straubing-Bogen. Warum sollte BMW wegen eines nicht zwingenden und ökonomisch eher unbedeutenden, aber ökologisch und landesplanerisch katastrophalen Projekts seinen guten Ruf aufs Spiel setzen? Es wäre an der Zeit, nach naturverträglichen Alternativen zu schauen, damit in Rettenbach Erholungssuchende und Schwarzstörche wieder aufatmen können. Das Gesprächsangebot, das BN-Vorsitzender Hubert Weiger BMW schon im letzten Jahr gemacht hat, gilt jedenfalls weiterhin. Interview: Manfred Gößwald

Für die Heimat Karin Meindorfer, 41, ist fachliche Mitarbeiterin der BN-Kreisgruppe Straubing-Bogen. Winfried Berner, 52, ist Mitglied im BN-Landesvorstand. Beide engagieren sich ehrenamtlich für ihre niederbayerische Heimat.

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Fotos: Berner

BMW-Beifall gegen BMW-Projekt

Mehr dazu Ausführliche Details und Hintergründe zum Thema Rettenbach finden Sie unter www.bundnaturschutz.de/ brennpunkte


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Illustrationen: Schellmoser

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Lebendig Wohnen

Hallo, hier bin ich wieder: Bibo, der neugierige Biber. Ich bin überall dort, wo uns die Natur mit spannenden Merkwürdigkeiten überrascht. Heute geht es um’s Wohnen. In der Stadt und auf dem Land. Um Lebens-Raum, für Mensch und Tier, für Klein und Groß. Viel Spaß beim lebendigen Wohnen wünscht Euch Reinhard Witt.

Lebendige Straßenränder

Saison-Thema

Wildblumen am Wegrain

Leben ist überall

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einer ist wie der andere. Die Hausmaus wohnt unter dem Kompost im Garten, wir dagegen im Haus. Ein Wilder Majoran lebt auf dem Hausdach, Wildbienen auf dem Balkon, während sich unter der Fassadenverkleidung Fledermäuse verstecken. Und unten, an der Straße, wohnen Gras und heimische Blumen, Bäume und Büsche. Und, wir glauben es kaum, sogar der Fuchs wohnt mitten unter uns. Doch Platz ist knapp – und teuer. Denn für alles, was wir neu bauen, geht ein Stück Muttererde verloren. Deshalb müssen wir uns beschränken beim Flächenverbrauch. Und die bereits bewohnten Flächen möglichst wohnlich, also lebendig machen.

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iele Städte und manche Dörfer mähen die Straßenränder weniger. Das ist prima, denn so können Blumen anstelle von Gras wachsen. Stellen wir uns vor, wir fahren oder spazieren an einem Blumenmeer vorbei, statt an kurz gemähtem Rasen. An manchen Stellen gibt es das schon. An anderen könnte es das leicht geben. Wir bräuchten nur da, wo weniger gemäht wird, ein paar Wildblumensamen für trockene, magere Standorte am Wegrand ausstreuen. Zum Beispiel, wie auf dem Foto, gelbe Färberkamille, blauer Natternkopf, bunte Kronwicke und Malven. Mit etwas Glück wird uns was blühen.

Wohnungsnot für Höhlenbrüter

Wildbienen-Hotels

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Fotos: Witt

berall ist Wohnraum knapp. Helfen wir doch Wildbienen und Grabwespen und bauen ihnen ein Wildbienen-Hotel. Dazu braucht es Schilfhalme und angebohrte Laubholzstücke, mit Löchern von zwei bis zehn Millimeter Durchmesser. Man kann auch wie auf dem Foto eine sehr kreative Hotelanlage bauen. Aufgestellt wird das Ganze auf Balkon oder Terrasse, an der Hauswand oder mit Regenschutz frei im Garten. Die Wohnungen sollten nach Süden oder Südwesten zeigen.

P.S.: Hier die Auflösung vom letzten Rätselbild: Im Holzstapel hatte eine Hermelin-Mama ein gemütliches Nest für ihre Jungen gebaut. Allen Einsendern vielen Dank für’s Mitmachen und den Gewinnern herzlichen Glückwunsch! Viel Spaß mit dem Entdeckerbuch wünschen wir Martin Fischer, sechs Jahre, Leonhard Salzer, zwölf Jahre und Daniel Seitz, vier Jahre.


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Mut zur Lücke

Fledermäuse in der Hauswand

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achts sind im Ort Fledermäuse auf der Jagd. Je natürlicher das Umfeld, desto mehr. Wie bei Wildbienen fehlt es oft am Unterschlupf. Auch hier dürfen wir helfend eingreifen. Man kann Fledermaus-Nistkästen an Hauswänden aufhängen oder sogar Niststeine in Mauern einbauen. Außerdem machen wir uns nützlich, wenn wir mal nicht alles aufräumen. Auch in Schuppen oder Gartenhäusern suchen sich die gewandten Insektenjäger hinter losen Brettern ein Quartier. Die Abendsegler im Foto wohnen unter Fassadenplatten inmitten der Stadt.

Natur ins Dorf

Auf den Spuren der Wölfe Für Zwölf- bis 15-Jährige 22. – 24. September 2006 im Wildniscamp am Falkenstein im Nationalpark Bayerischer Wald Ein Muss für Fans, die alles über den Wolf erfahren wollen. Natürlich wird es auch Wölfe zu sehen geben. Übernachtet wird in kultigen Themenhütten, wie dem Baum-, Erd- oder Wasserhaus. Anmelden bis 1. 9. 06, Preis 50 Euro (40 Euro für JBN-Mitglieder)

Basics – Lust am aktiv Sein! Für Jugendliche ab 16 Jahre 13. – 15. Oktober 2006 in Bamberg Basiskurs für Jugendliche, die bei der JBN aktiv werden wollen, mit Themen wie Teamwork, Motivation, Projektmanagement. Voraussetzung für den Erwerb der Jugendleiter-Card. Anmelden bis 22. 9. 06, Preis 40 Euro (30 Euro für JBN-Mitglieder)

Erlebnis Kindergruppe

Heimische Pflanzen allerorten

Für Kindergruppenleiter und solche, die es werden wollen 13. – 15. Oktober 2006 in Bamberg Basiskurs mit Themen wie »Wer ist die JBN«, Organisatorisches zur Gruppenleitung, inhaltlichen Anregungen, Aufsichtspflicht, Gruppenpädagogik. Anmelden bis 22. 9. 06, Preis 60 Euro (50 Euro für JBN-Mitglieder)

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örfer können wunderbar natürlich sein. Vorausgesetzt, die Bewohner lassen einen Teil des spontanen Pflanzenwuchses zu. Außerdem lassen sich Grünstreifen ganz gezielt mit Wildpflanzen besetzen und Rasenflächen in bunte, weniger oft gemähte Blumenwiesen umwandeln. Auch in Privatgrundstücken gäbe es viel Lebensraum. Lassen wir doch mal die Zäune weg und legen einen Naturgarten an. Und selbst Spielplätze könnten Natur-Erlebnis-Plätze werden ...

Der große JBN-Herbstkongress

Sherlock Holmes auf heißer Spur Rätsel lösen und gewinnen

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un wollen wir doch gleich mal mit jenem Vorurteil aufräumen, dass Fleischfresser blutrünstig und gnadenlos seien. Ja sicher, das von uns gesuchte Tier ist ein Räuber, an dem keine Maus ungestraft vorbei kommt. Aber … es frisst zuweilen auch vegetarisch. Jedenfalls finden wir in seinem Kotwürstchen die jetzt reifen Vogelbeeren und noch junge Eicheln. Ob es wohl geschmeckt hat? Unser Suchtier legt seine Würstchen auffällig aus, damit Artgenossen sehen und vor allem riechen, dass dieses Revier besetzt ist. Denn unser vegetarischer Räuber ist nächtens unterwegs. Und sein Revier liegt nicht selten zwischen Häusern und Gärten. Sozusagen unter Euren Augen. Zur Hilfe: Das Rätselwesen misst ohne Schwanz 45, mit Schwanz aber 70 Zentimeter. Sein Kot ist so lang wie Euer kleiner Finger! Es hat keine Federn, kann klettern wie ein Weltmeister und ist überaus neugierig, was manchen Autobesitzer schon geärgert hat. Also wer war’s? Unter allen von Euch, die uns die richtige Lösung schicken, verlosen wir diesmal das neue Buch von Reinhard Witt »Wir entdecken die Natur«. Schreibt bitte an »Natur+Umwelt«, Stichwort Rätselbild, Dr.-Johann-Maier-Straße 4, 93049 Regensburg, Fax 09 41- 2 97 20 31, nu@bund-naturschutz.de. Bitte vergesst nicht Eure Adresse und Euer Alter.

Für JBNler und solche, die es werden wollen, von zwölf bis 27 Jahre 10. – 12. November 2006 in Nürnberg Die JBN plant und startet während des Herbstkongresses ihre neue umweltpolitische Kampagne. Wer Vorschläge hat und mitarbeiten will, ist herzlich eingeladen. Anmelden bis 20. 10. 06, Preis 30 Euro (15 Euro für JBN-Mitglieder)

Neue DVD »Ein AKW geht in die Luft« Zu ihrer Aufsehen erregenden Aktion vor dem AKW Grafenrheinfeld (N+U 2-06) hat die JBN diese professionelle Doku-DVD erstellt. Anlass der Aktion war der 20-ste Jahrestag der Katastrophe von Tschernobyl. Bestellen bei der JBN-Landesstelle, Preis fünf Euro, Laufzeit ca. 13 Minuten

Infos und Anmeldung Wo nicht anders angegeben: JBN, Trivastraße 13, 80637 München, Tel. 0 89-15 98 96-30, Fax 089-15 98 96-33, info@jbn.de, www.jbn.de

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DI E I N FOEC KE DER J BN

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IM PROFIL

Flächenverbrauch: BN unterstützt Betroffene

Viele Hilferufe

Flächenfraß ist kein notwendiges Übel. Wo Bürger und BN gemeinsam aufbegehren, ist manches Unsinns-Projekt schnell vom Tisch. Jeder heimat-bewusste Bürger findet beim BN Unterstützung, sowohl beim Landesverband (siehe »Im Profil«), als auch bei den Kreisgruppen, wie Erich Jörg aus Lindau zu berichten weiß. Gerettet Diese GrünlandFläche in Mellatz, Landkreis Lindau, war von einem 22 Hektar großen Gewerbegebiet bedroht. Betroffene Bauern und besorgte Bürger konnten es mit Hilfe des BN verhindern (N+U 2-06). Die Rolle der Kreisgruppe war es, den Leerstand alternativ vorhanderer Gewerbeflächen nachzuweisen und den Menschen, die von sich aus für ihre Heimat aktiv wurden, Zuversicht zu geben.

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err Jörg, als Vorsitzender einer BN-Kreisgruppe stehen Sie oft »im Feuer«, wenn Sie in Konfrontation zu Wirtschaft und Politik für die unverbaute Fläche eintreten. Welche Erfahrungen machen Sie dabei? Das Thema »Flächenverbrauch«, griffiger wäre »Landschaftsverbrauch«, ist in der Politik noch kaum angekommen. Darum sind Erfolge schwierig zu erzielen. Das ändert sich aber schlagartig, wenn Bürgerinnen und Bürger gemeinsam mit dem BN aufbegehren. Da gibt es durchaus Erfolge, auch im Landkreis Lindau (s. Foto). Der BN-Landesverband hat vor drei Jahren seine Aktion »Bayerns Schönheit bewahren« gestartet, um den Flächenverbrauch zu stoppen. Hat sich seither etwas verändert?

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Fotos: Miller

Freund und Schützer Erich Jörg, 58, ist seit fast 20 Jahren BN-Vorsitzender in Lindau. Der Kampf gegen den Landschaftsverbrauch spielt für seine Kreisgruppe eine zentrale Rolle. Weitere Schwerpunkte sind der Erhalt der Streuobstwiesen, Artenschutz sowie Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit. Warum Erich Jörg sich ehrenamtlich im BN engagiert? »Mir war es immer zu wenig, nur Naturfreund zu sein«, erklärt er seine Motivation. »Ein Naturfreund sollte auch Naturschützer sein.«

Durch das massive Auftreten des BN ist das Problembewusstsein in der Bevölkerung gewachsen. Das zeigen die vielen Hilferufe an den BN. Selbst Bauern kommen zu uns und erbitten Beistand gegen Flächenfraß. Jetzt geht der BN auch das sensible Thema des Flächenverbrauchs durch Wohnbebauung an. Wird das viele Menschen ärgern, die gern ihr Häuschen im Grünen haben wollen? Auch beim Thema »Wohnbebauung« ist Nachdenklichkeit zu beobachten, aber hier weniger in der Politik als in der Bevölkerung. Wobei öfters ein bisschen Eigennutz festzustellen ist; man will sich beispielsweise nicht die Sicht verbauen lassen. Viele Menschen sehen ja mit Schrecken, wie immer mehr ihrer Heimat verbaut und zubetoniert wird, fühlen sich aber ohnmächtig. Das Gefühl, dass immer mehr Landschaft unter Beton und Asphalt verschwindet, ist durchaus bei den Menschen vorhanden. Wir sagen stets, wenn die Menschen sich gemeinsam mit den Umweltverbänden zur Wehr setzen, horcht die Politik auf. Die Befürchtung, ohnmächtig zu sein, löst sich dann rasch auf. Interview: Manfred Gößwald

Tom Konopka

Alle fünf Regionalreferenten betreuen im BN den Schwerpunkt »Bayerns Schönheit bewahren«. Als »Leib- und Magenthema« hat ihn sich der Referent für Mittel- und Oberfranken, Tom Konopka (46), ausgesucht. Der Diplom-Biologe ist seit 1997 für den BN-Landesverband hauptamtlich tätig. Zuvor hatte er seit 1990 in der Kreisgruppe Erlangen den Biotop- und Artenschutz organisiert und ein Landesprojekt zum Thema »Stadtbrachen« erfolgreich durchgeführt. Als gebürtiger Oberfranke vom Land hatte er die Folgen der Flurbereinigung hautnah gespürt; aber vor allem der Kampf gegen

Foto: Mader

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das AKW Brokdorf und das geplante Atomendlager Gorleben gaben dem Bio-Studenten an der Uni Göttingen seine politische Prägung. »Im BN kann ich mein Interesse an Umweltpolitik und sozialer Gerechtigkeit sinnvoll verknüpfen«, meint der heutige Nürnberger. »Ich stelle immer wieder fest, dass hier viele Gleichgesinnte aktiv sind, das gibt mir enorm Motivation«. Zu seinen Tätigkeiten im Regionalreferat gehört die Koordination und Betreuung der 20 Kreisgruppen: »Die Aufgaben reichen dabei von der Beratung bei allen Fragen der Aktiven bis zur Organisation von Kundgebungen gegen Autobahnprojekte wie die A 73, außerdem Klageverfahren und Projektbetreuung wie bei der SandAchse Franken. »Das ist so vielfältig und spannend wie alles im BN«, freut sich Konopka, der in seiner Freizeit BN-Biotope pflegt und sich in einem Kulturzentrum engagiert. Ihr direkter Draht zu Tom Konopka: Tel. 09 11 - 8 18 78-24, Fax 09 1186 95 68, tom.konopka@bundnaturschutz.de


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Foto: Willner

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Zunächst schien es, die geschützte Gelbbauchunke hätte auf dem ehemaligen Standortübungsplatz Ebern ein sicheres Refugium gefunden. Die Ruhe könnte aber nur mehr von kurzer Dauer sein, denn das Landratsamt Haßberge hat für Teile des Geländes einen Offroad-Park genehmigt. tere Fläche mit der Bauleitplanung beginnen – nicht zuletzt, weil man sich von dem Fahrerzentrum 180 Arbeitsplätze verspricht. Für das Vorkommen der Gelbbauchunke wäre eine kontinuierliche Nutzung das Todesurteil. Die zum Ablaichen genutzten Pfützen in den Fahrspuren würden in viel zu kurzen Abständen durchfahren, die Kaulquappen hätten keine Überlebenschance. Deshalb hat der BN gegen diese Genehmigung bereits Klage eingereicht und möchte nunmehr im Verhandlungswege erreichen, dass das

20 begeisterte Kinder pinselten bei der Aktion mit Quarkfarben bunte BN-Lindenblätter auf einen Schimmel. Die Kreisgruppe verdeutlichte damit, dass der BN die bei der HuS gesammelten Gelder immer öfter für Umweltbildungsund Naturerfahrungsprojekte verwendet. Das motivierte gerade auch Familien, den Einsatz des BN mit einer Spende zu unterstützen.

Foto: Schultheiß

Kunst am Pferd: Mit einer besonderen Malaktion für Kinder warb die Kreisgruppe Miltenberg Mitte Mai für die Haus- und Straßensammlung (HuS) des BN. Rund

Kommt ein Naturparadies unter die Räder?

Herzstück des FFH-Gebietes von der Befahrung durch Offroad-Fahrzeuge freibleibt. Damit könnte gerade noch ein Ausgleich zwischen den Natur- und Wirtschaftsinteressen gefunden werden. Schon wegen dieses Komromissangebotes sind aus Sicht des BN in jedem Falle polemische Äußerungen fehl am Platze, die die Gelbbauchunke als Jobkiller brandmarken und die Naturschützer für den wirtschaftlichen Untergang einer einstmals blühenden Stadt verantwortlich machen. Helmut Schultheiß (hl)

Schwarze Köpfe, kluge Köpfe: Mehrere hundert Kinder und Erwachsene hatten sich beim Jubiläumsfest des Rhönschafprojektes im Herbst 2005 an einem kniffeligen Quiz mit Fragen zu der schwarzköpfigen Schafrasse beteiligt. Als Preise winkten für Kinder Rhönlämmchen aus Plüsch; für Erwachsene gab es Bocksbeutel mit Rhönschafetiketten, die Prof. Kneitz – der Vater des Projekts – gezeichnet hatte. Ende März 2006 erhielten die stolzen Gewinner ihre Preise bei einem Pressetermin. Natur+Umwelt gratuliert! Zum Anbeißen: Mit Feldhamstern aus Amerikaner-Teig wirbt die

Freie Fahrt? Die Pisten des einstigen Standortübungsplatzes ziehen nicht nur die begehrlichen Blicke von OffroadFans an. Auch die seltene Gelbbauchunke schätzt die wassergefüllten Fahrspuren als Laichplätze.

Kreisgruppe Würzburg sehr erfolgreich im Rahmen einer ImageKampagne für die pelzigen Nager. Die Leckereien vertreiben drei Bäckereien aus Estenfeld und Kürnach, die die Kampagne mittragen und auch Info-Broschüren zum Feldhamster auslegen. Obwohl geschützt, zerstören immer mehr Bau- und Gewerbegebiete den Lebensraum des Hamsters und bedrohen damit seinen Fortbestand bei Würzburg.

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NATU R NOTIZEN AUS U NTER FRAN KEN

Neuer Vorstand: Die Kreisgruppe Aschaffenburg wählte im Mai Gerhard Radl aus Mömbris zum neuen Kreisvorsitzenden. Radl tritt die Nachfolge von Eduard Bernhard an, der nahezu einstimmig zum Ehrenvorsitzenden ernannt wurde. Unterstützt wird Gerhard Radl von Leonie Kapperer und Karl-Heinz Wissel als stellvertretende Vorsitzende. Natur+Umwelt gratuliert dem neuen Kreisvorstand zur Wahl!

Kreisgruppe Haßberge

Foto: BN

ehlender Spritzmitteleinsatz, Verzicht auf intensive Düngewirtschaft und extensive Nutzung – das klingt nach ökologischem Landbau, ist aber auch auf vielen militärischen Übungsplätzen Realität. So auch auf dem seit Anfang 2006 stillgelegten Standortübungsplatz Ebern im Landkreis Haßberge. Auf einer Teilfläche von rund drei Hektar hat vor allem die durch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) als »prioritäre Art« geschützte Gelbbauchunke von dieser besonderen Situation profitiert. Seit 2004 stehen diese und andere wertvolle Flächen in dem Bereich als FFHGebiet unter Schutz. Was sich so gut anlässt, droht jetzt im wahrsten Sinne unter die Räder zu geraten. Kommunalpolitiker aller Parteien, darunter der Bürgermeister der Stadt und der Landrat, planen dort ein Fahrsicherheitszentrum mit Offroadpark zu errichten. Für einen Teil des FFHGebietes liegt bereits eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vor. Betroffen wären große Teile des Schutzgebiets, die Stadt Ebern will dieses Jahr für eine wei-

Foto: Thein

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Kreisgruppe Cham

Rückbau zum Nulltarif »Die Stadt kapituliert vor den landesplanerischen Aufgaben und ignoriert ihr eigenes Leitbild«, wirft der BN der Stadt Furth im Wald vor. Auf der Fläche des alten LKW-Terminals plant die Stadt eine Gewerbeansiedlung – direkt neben einem sensiblen Naturschutzgebiet.

Foto: Mayer

Einmalige Chance Das Tal des Ponnholzbachs braucht endlich Ruhe. Die Stadt Furth könnte einen alten Fehler korrigieren und den unmittelbar angrenzenden, doch heute ungenutzten LKW-Terminal abbauen.

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Foto: Kreisgruppe

NATU R NOTIZEN AUS DER OBER PFALZ

as ein Hektar große Gewerbegebiet »Furth-West« soll auf der Fläche des jetzigen LKW-Terminals der Stadt entstehen. Baubeginn wäre frühestens Anfang 2007. Vordergründig mag diese Umwidmung einer bereits versiegelten Fläche sinnvoll erscheinen. Bei näherem Hinsehen erweist sich das Vorhaben jedoch als Verschwendung wertvollen Bodens, da ohnehin zwei voll erschlossene, bislang ungenutzte Gewerbegebiete mit insgesamt zwölf Hektar zur Verfügung stehen.

Tage des Wassers: Wissenswertes rund ums Wasser boten die Kreisgruppe Schwandorf und die Ortsgruppe Nabburg Anfang April an den fünf Wassertagen im Oberpfälzer Freilandmuseum NeusathPerschen. Für über 70 Schulklassen aus der ganzen Oberpfalz stellten sie Schautafeln auf, die Bedeutung und Gefährdung des Grund-

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In Furth-West entstünde zudem fernab jeder vorhandenen Bebauung ein neuer Zersiedelungskern, der mit unkalkulierbaren Risiken für das angrenzende Naturschutzgebiet Ponnholzbachtal verbunden wäre. Der LKW-Terminal, auf dem die neue gewerbliche Ansiedlung entstehen soll, wurde vor zehn Jahren angesichts der anwachsenden LKWFlut aus der Tschechischen Republik auf einer Schilffläche direkt neben dem Schutzgebiet errichtet.

wassers erklärten. An einem Schutzzaun sammelten die Schüler Amphibien, das Modell einer Stadt aus Legosteinen verdeutlichte die Folgen der Flächenversiegelung für den Wasserabfluss. Trauer: Am 1. April verstarb Franz Weber im Alter von 88 Jahren. Als Gründungs- und Vorstandsmitglied ebenso wie als PC-Experte prägte er die Arbeit der Kreisgruppe Neustadt a. d. Waldnaab engagiert und maßgeblich mit. Der BN trauert um Franz Weber und bewahrt ihn in ehrendem Andenken.

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Aufgrund der verbesserten Verkehrsregelung ist der Terminal mittlerweile überflüssig geworden. Darin sieht die Kreisgruppe die einmalige Chance, die Teerfläche jetzt abzutragen und der Natur zurückzugeben, zumal damit eine dringend benötigte Pufferzone zwischen dem Naturschutzgebiet und einer geplanten Umgehungsstraße entstünde. Der Vorschlag des BN: Beim Bau der Umgehung könnte der nicht mehr benötigte Terminal den Baufirmen als bereits befestigte Stellfläche überlassen werden. Im Gegenzug könnten die Bauunternehmen den Rückbau des Terminals kostenlos vornehmen. Der BN appellierte bei einem Pressetermin im April deshalb an die Stadt Furth, diese einmalige Chance zu nutzen. Sollte Furth dem Wunsch des Unternehmers nachgeben, der sich genau auf der betroffenen Fläche ansiedeln will, würde sie ihre vom Landesentwicklungsplan vorgegebene Planungshoheit aus der Hand geben. Auch ihrem eigenen Leitbild, mit der Ressource Boden sparsam und sorgsam umzugehen sowie Fehlentwicklungen zu verbessern, entspräche sie nicht mehr. Roger Mayer (hl)

Infos für Kletterer: Anlässlich der geplanten Errichtung eines Kinderklettersteiges hat die Kreisgruppe Amberg-Sulzbach am Höhenglücksteig in Hirschbach zwei neue Schautafeln aufgestellt. Bilder und Texte informieren die Kletterer an dieser besonders bedeutsamen Fläche über »Naturschutz und Klettern« sowie über speziell an Felsen lebende Schneckenarten. Die Tafeln sollen dazu beitragen, bei den ohnehin naturverbundenen Sportlern noch mehr Verständnis für Beschränkungen und Schutzvorschriften zu wecken. Foto: BN

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Forschende Erdferkel: Sie machen ihrem Namen alle Ehre, die Kinder der Ortsgruppe Obertraubling (Landkreis Regensburg). Als »forschende Erdferkel« gehen sie mit dem Naturmobil auf Entdeckungstour, begeben sich auf Biberpirsch, erkunden den örtlichen Wertstoffhof oder helfen, ein Biotop zu gestalten. Viele neugierige Besucher hatten die Erdferkel auf dem Obertraublinger Bürgerfest im Juli 2005 mit einer Sinnes-Ecke und ihrer selbst gemalten Fahne angezogen. Kontakt: Marianne Adam, Tel. 0 94 01- 62 09


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Kreisgruppe Hof

Biotopverbund auf Kirchengrund Der östliche Frankenwald beheimatet ein bundesweit einmaliges Naturschutzprojekt: »Biotopverbund auf Kirchengrund«. Hier arbeiten die evangelischen Kirchengemeinden, private Grundstücksbesitzer und der BN für den Erhalt der heimischen Flora und Fauna zusammen.

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Stadtsanierung Bamberg: Der zu Füßen des Dombergs am linken Regnitzarm gelegene Stadtteil »Sand« gilt vielen als Herzstück des UNESCO-Welterbes »Stadt Bamberg«. Leider ist die das Gebiet als Hauptverkehrsachse durchziehende schmale und kurvige Sandstraße durch enormes Verkehrsaufkommen völlig überlastet. Schon seit Jahren existieren gut ausgearbeitete Konzepte zur Verkehrsberuhigung, die jedoch bislang nicht umgesetzt wurden. Der BN hat jetzt die Sperrung der Sandstraße für den Durchgangsverkehr gefordert und hofft auf den Elan des neuen Bamberger Oberbürgermeisters Andreas Star-

kreis Bayreuth. Um die vielen ge– fährdeten Arten dauerhaft zu schützen, beschloss man 2002 den Start des Projekts »Biotopverbund auf Kirchengrund«, das auch der Bayerische Naturschutzfonds finanziell unterstützt. Durch eine Biotopvernetzung unter Einbeziehung von 123 Hektar land- und forstwirtschaftlich genutzter kirchlicher

Foto: Kreisgruppe Bamberg

usgangspunkt für die erfreuliche Allianz aus Kirche und Naturschutz war die Frage nach einem nachhaltig verantwortlichen Umgang der Kirche mit ihrem Grundbesitz. »So besitzt diese Mittelgebirgsregion für Schwarzstorch, Braunkehlchen und Holunderknabenkraut bayernweit eine besondere Verantwortung«, erklärt Pfarrer Helmut Bullemer als Umweltbeauftragter im Kirchen-

ke (SPD). Nur wenn das Verkehrsproblem gelöst ist, sind die Grundstückseigentümer bereit, in die bauliche Substanz ihrer historischen Gebäude zu investieren. Walberla verschont: Proteste des BN verhinderten ein Gewerbegebiet am Eingangstor der Fränkischen Schweiz in der Gemeinde Pinzberg. Den Plan vereitelten im April die Mitglieder des Regiona-

Grundstücke sollen Tiere und Pflanzen bessere Überlebensbedingungen erhalten. Seit 2003 werden im Rahmen des Projekts die für den Frankenwald ehemals charakteristischen offenen Täler von den Fichtenaufforstungen der vergangenen Jahrzehnte befreit. Dem starken Rückgang der landesweit bedeutsamen Wiesenbrütervorkommen im Raum Bad Steben wirkt die mit Landwirten vertraglich vereinbarte Grünlandextensivierung auf den Kirchenflächen entgegen. Gerade dem stark gefährdeten Rebhuhn als Indikator einer artenreichen Feldflur helfen neu gepflanzte Hecken, Raine, Stoppelbrachen und die Förderung des Hackfruchtanbaus als Nahrungsgrundlage. Um das umfangreiche Artenschutzprojekt zu koordinieren, treffen sich regelmäßig Vertreter der Fachbehörden, Verbände, Landnutzer, Kommunen und Kirchen in einer das Projekt begleitenden Steuerungsgruppe. Dank ihrer flächendeckenden Präsenz kommt der Kirche bei der Öffentlichkeitsarbeit für die Schutzbemühungen eine wesentliche Aufgabe zu: Gottesdienste und Gemeindeausflüge ins Grüne, naturkundliche Wanderungen für verschiedene kirchliche Gruppen und konkrete Naturschutzaktionen mit Konfirmanden verstärken die Identifikation mit den Projektzielen. Klaus Schaumberg (hl)

len Planungsausschusses, die einstimmig einem Antrag des BNLandesverbandes und der Kreisgruppe Forchheim folgten und das Gebiet nicht für Besiedelung zuließen. Der BN bedeckte zuvor innerhalb von drei Minuten 300 Quadratmeter einer Wiese in dem betroffenen Gebiet mit schwarzer Folie und machte so auf Bayerns Flächenverbrauch aufmerksam. Die Gemeinde wollte das Gewerbe in der Talaue des Trubbachs südwestlich von

Mit Schaufel und Segen Die Konfirmanden der Kirchengemeinde Marlesreuth verstehen, was es bedeutet Schöpfung zu bewahren: Mit der Schaufel in der Hand, unterstützt vom BN-Aktiven Thomas Hojer und Pfarrer Klaus Wiesinger, pflanzen sie Hecken.

Gosberg direkt unterhalb des Walberla ansiedeln, einem der markantesten Zeugenberge und Touristenattraktion Frankens. Heinrich Kattenbeck, Vorsitzender der Kreisgruppe, freut sich riesig, »dass wir hier unsere heimatliche fränkische Kulturlandschaft bewahren konnten.«

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Foto: Konopka

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Foto: Kreisgruppe Hof

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Kreisgruppe Roth

Wozu einen Discounter mit begrenztem Sortiment, der das vorhandene Komplett-Angebot des ansässigen Einzelhandels verdrängt und Ackerland versiegelt? Die Schwanstettener lehnten die von der Gemeindespitze geplante Ansiedlung jetzt in einem Bürgerentscheid ab.

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Baumbesetzung: Als eine Fürther Wohnungsgenossenschaft vier gesunde, über 20 Meter hohe Bäume fällen lassen wollte, kletterte ein Nachbar kurzerhand auf einen der Bäume. Trotz Großaufgebots von Polizei und Feuerwehr verließ der pensionierte Lehrer seinen »Hochsitz« in sieben Metern Höhe erst nach der Zusicherung, dass die Bäume an diesem Tag nicht gefällt würden. Der Fälltrupp zog unverrichteter Dinge wieder ab. Aufmerksam geworden war der Baumbesetzer auf die geplanten Fällungen durch die Pressearbeit der Kreisgruppe. Leider fielen die Bäume eine Woche später dann doch der Säge zum Opfer.

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schutz und Bürgerinitiative im Vorfeld, die Gemeindevertreter davon zu überzeugen, dass Schwanstetten keinen Discounter braucht. Dieser böte kein Vollsortiment mehr, würde jedoch gleichzeitig einen ansässigen Vollversorger zwingen zu schließen. Besonders Menschen ohne Auto wären in diesem Fall aufgeschmissen. Auch die Existenzgrundlage des seit Jahrzehnten ansässigen Einzelhandels stünde auf dem Spiel. Neben Arbeits- und Ausbildungsplätzen fielen dem Discounter 4000 Quadratmeter wertvolles Acker- und Waldland zum Opfer. Doch die Kommunalpolitiker ließen sich nicht umstimmen und verwiesen auf angeblich winkende Einnahmen aus der Gewerbesteuer. Ein Argument, das nicht zutrifft,

Foto: Joas

NATU R NOTIZEN AUS MITTELFRAN KEN

emeinsam mit der Bürgerinitiative »Leben und Leben lassen« hat die Ortsgruppe Schwanstetten im Landkreis Roth die erste Hürde für das Bürgerbegehren gegen die Ansiedlung eines Discounters überwunden. Innerhalb von nur fünf Stunden brachten 396 der 5600 Wahlberechtigten ihren Protest gegen die Ansiedlung mit ihrer Unterschrift zum Ausdruck. Nach 14 Tagen lagen nahezu doppelt so viele Unterschriften wie notwendig vor. In Gesprächen mit den Fraktionen und dem Bürgermeister der Gemeinde versuchten Bund Natur-

Foto: Ortsgruppe Schwanstetten

Bürger gegen Discounter

Artenschutzwoche: Auf Initiative der Kreisgruppe fand in Stadt und Landkreis Ansbach anlässlich der »BayernTourNatur« Ende Mai die 2. Ansbacher Artenschutzwoche statt. Schirmherr der Veranstaltung war Landrat Rudolf Schwemmbauer. Viele Behörden

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Bürgerprotest Reges Interesse am Infostand der Bürgerinitiative: Innerhalb von zwei Wochen unterschrieben doppelt so viele Bürger gegen den geplanten Discounter, wie nötig gewesen wären.

denn die Steuer fiele am Ort des Firmensitzes, nicht in Schwanstetten an. Für die Bürger war der Fall klar: Sie wollen den Discounter nicht, was sie mit dem klaren Ergebnis des Bürgerbegehrens deutlich zeigten. Als nächster Schritt folgte am 16. Juli der Bürgerentscheid: 57,25 Prozent der Wähler stimmten gegen den Discounter. Damit haben Schwanstettens Bürger entschieden, dass der Discounter nicht gebaut und der Beschluss des Gemeinderats für eine Änderung des Flächennutzungsplans zugunsten des Supermarkts zurückgenommen wird. Elke Küster-Emmer (hl)

und Verbände halfen mit, den Naturschutz in all seinen Facetten zu zeigen. Menschen, die dieses Kulturgut erhalten und – wie zum Beispiel die Schäfer – bewirtschaften, boten als fachkundige Führer eine gelungene Mischung aus Natur, Artenvielfalt und Kultur. Mehr Info: www.bn-ansbach.de Privatisierung verhindert: Mit einem Bürgerbegehren wehrte das Wasserbündnis Fürth Ende März die Privatisierung der Stadtentwässerung ab. Das Begehren erbrachte in nur drei Wochen über 13 000 Unterschriften. Für einen Bürgerentscheid nötig gewesen wären lediglich 4100 Stimmen.

Dieser eindrucksvollen Willensäußerung konnte sich der Stadtrat nicht entziehen. Ende Mai beschloss er einstimmig, die Stadtentwässerung nicht zu privatisieren. Ein Bürgerentscheid wurde damit unnötig. Schon früher vereitelte das Wasserbündnis, bestehend aus BN, attac, verdi und weiteren Vereinen, die wiederholten Versuche der Stadt, die Entwässerung in private Hände zu geben.


eit Jahrzehnten schwelt ein Wirtschaftskleinkrieg zwischen den sonst freundschaftlich verbundenen Nachbarn in Südostoberbayern und dem Salzburger Land. Nach dem Zweiten Weltkrieg lockte Freilassing mit günstigeren Steuersätzen die österreichischen Nachbarn zum Einkauf nach Bayern. In den letzten Jahren wandelte sich das Bild. Zahlreiche Einkaufszentren, Factory-Outlet-Center und kostenlose Parkgaragen im Salzburger Land ziehen seither die Kundenströme in die umgekehrte Richtung. Den ersten vermeintlichen Rettungsanker gegen den Kaufkraftabfluss warf die Kaufhauskette »Globus«. Ihr Plan: Im Süden von Freilassing soll auf 5,6 Hektar idyllischem Grünland inmitten der Fremdenverkehrsregion ein Shopping-Center entstehen. Baubeginn war im Mai 2006. Neben dem Verlust an unversiegelter Fläche drohen dem heimischen Mittelstand empfindliche wirtschaftliche Einbußen, da Globus seinen SortimentsSchwerpunkt ausgerechnet auf Lebensmittel legen möchte. Damit nicht genug, steigt die prognostizierte Verkehrsbelastung um mehrere Tausend PKW pro Tag an. Die Kreisgruppe nahm nach Bekanntwerden der Pläne im April 2005 umgehend in Raumordnungsverfahren, Flächennutzungs- und Bebauungsplan detailliert Stellung zu dem Vorhaben. Immerhin konnte sie erreichen, dass die Verkaufs-

»Totalangriff auf Berg«: Mit diesem kurzen Kommentar brachte es Axel Doering, Vorsitzender der Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen auf den Punkt. Dem Ausbau der »Kandahar«-Abfahrt für die Ski-WM 2011 fallen zehn Hektar, der Erweiterung der HornAbfahrt weitere zwei Hektar Bergwald zum Opfer. Ein künstlicher See von 65 000 Kubikmetern für Beschneiungsanlagen sowie die Deponieflächen für den nötigen Aushub werden ebenfalls mitten in schützendem Bergwald platziert. Der BN hatte die rücksichtslosen Eingriffe bereits im Vorfeld scharf kritisiert.

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Kreisgruppe Berchtesgadener Land

Rupertiwinkler Flächenfresser Selbst ein Bürgerentscheid gegen derartige Ansiedlungen half nichts: Das Einkaufszentrum »Globus« und das Logistikunternehmen »Dachser« vernichten zehn Hektar Grünland im Berchtesgadener Land. Zum Schaden für Mensch, Natur und Tourismus.

Schwindendes Bayern Wiesen, Wälder, Berge – wo es heute noch nach Bayern aussieht (kleines Bild), steht morgen eine

fläche um ein Drittel reduziert wird und eine spätere Erweiterung nicht möglich ist. Doch gegen das grundsätzliche Übel, den Bau des Einkaufszentrums auf der grünen Wiese, half alles nichts: weder ein Bürgerentscheid vor etwa zehn Jahren gegen derartige Ansiedlungen in Freilassing-Süd noch die Ablehnung selbst einiger Nachbargemeinden. Ähnliches geschieht im benachbarten Ainring. Hier baut das Logistikunternehmen Dachser ein neues

Polizei löst BN-Treffen auf: Anfang Mai protestierten rund 20 Bürger, darunter BN-Aktive, bei Forstwiesen im Landkreis Pfaffenhofen gegen die Aussaat gentechnisch veränderten Maises. Nach Ansicht des BN handelte es sich dabei um eine spontane Versammlung, die nicht genehmigungspflichtig ist, wie Peter Bernhart von der Kreisgruppe betont. Die Polizei war anderer Auffassung und löste das Treffen kurzerhand auf. Die Demonstranten waren kurzfristig an dem betroffenen Acker zusammengekommen, da dieser am Vortag geeggt worden war und sie deshalb vermuteten, dass am Tag der Demo ausgesät werden solle.

Frachtzentrum. 4,1 Hektar landwirtschaftliche Fläche verschwinden, ein DemeterBauer verliert seine Pachtflächen, und erwartete 700 LKW pro Tag bringen reichlich Lärm und Abgase mit sich. Den sachlich fundierten Einwänden des BN zum Trotz genehmigte der Gemeinderat im Juni 2006 das Vorhaben mit 19 von 20 Stimmen. Michael Behringer (hl)

Tag des Baumes: Unter dem Motto »… die alten erhalten« beteiligte sich die Kreisgruppe Bad TölzWolfratshausen am Tag des Baumes am 27. April. Die Aktiven der Kreisgruppe befestigten an rund 50 alten Bäumen im Landkreis Plakate mit dem Motto. Dort blieben die Banner drei Wochen hängen.

Fotos: Behringer

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gesichtslose Frachthalle der Firma Dachser. Das Gelände wird bald ein ähnliches Bild abgeben wie die Baustelle von »Globus« (großes Bild).

Erinnern: Nach über 20 Jahren Ringen für seinen Erhalt sind die Würfel gefallen: Eine unsinnige Umgehungsstraße wird das Laufinger Moos bei Ebersberg zerstören. Mit dem Bildband »Erinnerungen an eine Landschaft« suchen die Menschen, denen das Moos am Herzen lag, einen Weg sich zu verabschieden. Wunderbare Fotografien und nachdenkliche Texte vermitteln einen tiefen Eindruck von der Schönheit des Laufinger Tals. Kontakt: BN-Kreisgruppe Ebersberg, Tel. 0 80 92- 8 88 71.

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Foto: Kreisgruppe

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Kreisgruppe Neu-Ulm

Bauwahn in Senden Gewerbeflächen stehen leer, Industriebrachen stünden für neue Zwecke zur Verfügung. Dennoch will die Stadt Senden noch mehr neue Baugebiete für Gewerbe und Wohnhäuser ausweisen. In Ay bedrohen diese Pläne einen geschützten Auwald.

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bwohl die Stadt Senden fast überall an ihre Grenzen stößt und durch Verkehrswege wie die A 7 und die B 28 eingeschränkt ist, geht sie weiterhin großzügig mit den letzten noch verfügbaren Landschaftsreserven um. So sollen ab 2007 in Ay-Nord Wohnhäuser »in idyllischer Ortsrandlage« bis hart an den Iller-Auwald heran entstehen. Unbeachtet bleibt, dass das Ökosystem des Waldes unter europäischem Schutz steht, ein überschwemmungsgefährdetes Gebiet

Bewährtes nutzen: Die Kreisgruppe Augsburg lehnt den geplanten Neubau eines Fußballstadions für 52 000 Zuschauer im Stadtsüden Augsburgs ab. Allein die Verkehrsanbindung würde mit Kosten von circa 15 Millionen Euro Mittel binden, die aus Sicht des BN dringend für den Hauptbahnhof oder die regionale S-Bahn benötigt werden. Etwa 60 Millionen Euro verschlänge der Stadion-Neubau. Das alte und fast ebenso große RosenauStadion ließe sich weit günstiger renovieren.

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darstellt und Pufferraum zu Nutzflächen benötigt. Auch dass sich hier das mit 300 Tieren größte Vorkommen der Zwergfledermaus im Landkreis befindet, lässt Stadtrat und Behörden unbeeindruckt. Viel sinnvoller wäre aus Sicht der Kreisgruppe, das Neubaugebiet östlich der Freudenegger Straße an ein bereits bestehendes Wohngebiet in unmittelbarer Nachbarschaft anzuschließen. Diese Lösung würde zudem die Ortsrandbegrünung mit alten Bäumen schonen. Um ihrem

Kies contra Molch: Für ein neues Kiesabbaugebiet möchte Marian Freiherr von Grafenreuth in der Gemeinde Taiting, Landkreis Aichach-Friedberg, seinen Privatwald roden. Dies würde den Wasserhaushalt in einem angrenzenden Tal mit Feuchtwiesen erheblich stören, dort lebende Bergmolche bedrohen. Hinzu käme massiver LKW-Verkehr in den umliegenden Dörfern. Die Kreisgruppe und eine örtliche Bürgerinitiative wehren sich gegen die Pläne.

Natur + Umwelt BN-Magazin [3-06]

Vorschlag Nachdruck zu verleihen, organisierte die Kreisgruppe eine Pressefahrt, rief die Bewohner des angrenzenden Wohngebiets zum Protest gegen die Verbauung auf und schaltete Untere Naturschutzbehörde sowie Wasserwirtschaftsamt ein. Beide verwiesen lediglich auf eine inhaltliche Prüfung und die Einspruchsmöglichkeit im Bedarfsfall. Im Sommer will die Kreisgruppe ihren Alternativvorschlag dem Stadtrat vorlegen. Das Bauvorhaben in Ay stellt indes nur einen Brennpunkt dar. In Senden werden insgesamt 61 000 Quadratmeter unbebaute Gewerbeflächen angeboten, obwohl beispielsweise in Senden-Süd Gebäude leerstehen. Demnächst will die Stadt die Gewerbegebiete Junkeräcker mit 26 Hektar und St. Florianstraße mit 13 Hektar ausweisen. Bernd Kurus-Nägele (hl)

Foto: Willner

NATU R NOTIZEN AUS SC HWABEN

Bedrohter Zwerg Ausgerechnet in der Heimat der Zwergfledermaus, einem geschützten Auwald bei Ay, will die Stadt ein Neubaugebiet errichten. Für mehr Gewerbe weist Senden zudem neue Gebiete aus, anstatt auf ungenutzte Brachflächen wie die der früheren »Donaufertigbau-Halle« zurückzugreifen.

Foto: Willner

Foto: Zach

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Leere Versprechungen: 1998 erschloss die Gemeinde Ziertheim, Landkreis Dillingen, für etwa 165 000 Euro ein Baugebiet von 2,2 Hektar für 16 Wohnhäuser, Grunderwerbskosten nicht mitgerechnet. Bis heute wurden vier Häuser gebaut, von den versprochenen 80 Bäumen kein einziger gepflanzt. Währenddessen stehen im Dorfkern landwirtschaftliche Anwesen leer. Statt »die grüne Wiese« zu verbauen, wäre der richtige Weg eine maßvolle Verdichtung im Ort gewesen.


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Kreisgruppe Passau

Skischaukel im Nationalpark Die Kreisgruppe will zusammen mit der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Grünes Band (IAG) den nahen österreichischen Hochficht und den tschechischen Nationalpark Sˇ umava vor einer »Dreiländer-Skischaukel« schützen. Im Mai legten BN und IAG ein Alternativ-Konzept vor.

im BN-Landesvorstand, kündigte deshalb den Einsatz aller Kräfte auch auf internationaler Ebene an, um die irreparable Zerstörung einer der schönsten Naturlandschaften Mitteleuropas zu verhindern. Unterstützung erhofft sich die IAG dabei von der Weltnaturschutzorganisation IUCN sowie den Umweltministerien der drei Länder Bayern,

Pfelling über 13 Hektar wertvoller Auwälder gerodet. Das Wasserwirtschaftsamt missachtete den besonderen Schutz der Wälder als FFH- und Vogelschutzgebiet und unterließ die zwingend vorgeschriebene Prüfung sämtlicher Alternativen. Des Weiteren vermisst die Kreisgruppe in den vorgelegten Unterlagen des Amtes eine nachvollziehbare Begründung, warum und wie viel das Abholzen der Wälder zum Sinken des Wasserstands im Hochwasserfall beitragen solle, zumal in direkter Nachbarschaft eine neue

Österreich und Tschechien. Dass das tschechische Umweltministerium den Plänen des Skilifts zustimmt, gilt als unwahrscheinlich. Sollte mit dem Bau der »Skischaukel« allerdings begonnen werden, kündigt die IAG an, den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Karl Haberzettl (hl)

Auwaldpflanzung vorgesehen ist. Gegen die für Oktober geplanten weiteren Rodungen kündigte die Kreisgruppe ihren Widerstand an. Sie fordert ein umfassendes Hochwasserschutzkonzept.

Wert der Wildnis Noch sucht sich dieser Bach seinen Weg ungehemmt durch die Wildnis des Nationalparks Sˇ umava nahe der bayerischen Grenze. Österreichische Skilift-Betreiber sähen dort lieber eine Skiabfahrt.

Auswahl von Speisen und Getränken auf. Mit der Aktion warben BN, mehrere Bio-Bauern und ein konventioneller Landwirt für gentechnikfreies Essen. Die Initiatoren ernteten für ihr Anliegen auf dem belebten Wochenmarkt viel Aufmerksamkeit, die Lokalzeitung brachte die Aktion groß auf der Titelseite heraus.

Schmackhafter Protest: Mitten auf dem Regener Wochenmarkt baute die Kreisgruppe im Mai eine komplette Tischgarnitur samt bunter

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NATU R NOTIZEN AUS N I EDER BAYER N

Skandal im Auwald: Die Kreisgruppe Straubing des BN verurteilt die Rodungen im Natura 2000-Gebiet »Donauauen zwischen Straubing und Vilshofen«. Im Februar wurden im Auftrag des Wasserwirtschaftsamtes Deggendorf an der Donau zwischen Straubing und

südlichste Elchpopulation. Hinter dem »Skilift Schwarzenberg« stehen das Stift Aigen-Schlägl und die Schröckswald-Gruppe, denen jeweils zu 50 Prozent der bereits bestehende Skilift Hochficht gehört. Durch das Vorhaben sieht der Bund Naturschutz das international bedeutsame Naturerbe in seinem Fortbestand bedroht. Helmut Steininger, IAG-Sprecher und Mitglied

Foto: Kreisgruppe

Foto: Kreisgruppe

as Konzept der IAG – bestehend aus bayerischen, österreichischen und tschechischen Naturschutzverbänden – setzt ganz auf den sanften Tourismus: Mit Langlauf-Loipen, Winterwanderungen und geführten Schneeschuh-Touren wollen sie das Gebiet für Wintersportler öffnen. Durch die bewusste Lenkung der Besucherströme ließen sich Störungen der Natur minimieren und der Erholungswert der weiträumigen Waldlandschaft des österreichischen und tschechischen Böhmerwalds nahe der Grenze zu Bayern bewahren. Ginge es nach dem Willen des oberösterreichischen Vereins »Schilift Schwarzenberg«, entstünden am Hochficht stattdessen auf österreichischer Seite ein neuer Vierer-Sessellift und auf der tschechischen Seite des Bergs eine drei Kilometer lange Skiabfahrt – mitten in die besonders schützenswerte Zone 1 ˇ des Nationalparks Sumava hinein. Dort, im Herzstück des Grünen Bandes, lebt neben Luchs, Fischotter und Auerhuhn auch Europas

Fotos: Haberzettl

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herrlichen Region. Die Teilnehmer lernen unter anderem den geheimnisvollen Paterzeller Eibenwald, das Kloster Wessobrunn und das Naturschutzgebiet Ammersee-Süd kennen. Zudem bleibt genügend Zeit zum Einkehren, Kaffeetrinken und Spazierengehen am See. Nähere Informationen zum Programm gibt es beim Naturschutz- und Jugendzentrum Wartaweil (s. Randspalte). Axel Schreiner (hl) Wartaweil, 6. bis 8. Oktober 2006

Für Menschen in reiferen Jahren

Endlich Zeit für Natur

Foto: Rohrbeck

Erlebnis Bildung Naturschutz- und Jugendzentrum Wartaweil, Wartaweil 76 / 77, 82211 Herrsching, Tel. 0 81 52 - 96 77 08, wartaweil@bundnaturschutz.de

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ft lässt der Alltagsstress keinen Raum für die Beschäftigung mit der Natur. Nach einem anstrengenden Berufsalltag, dem Aufbau einer Existenz oder einer intensiven Kindererziehungszeit wünschen sich viele Menschen nichts sehnlicher, als »endlich Zeit für Natur« zu haben. Dem Bedürfnis nach Ausspannen, Ruhe Finden und Natur Erleben will das Naturschutzzent-

rum Wartaweil mit diesem Seminar für Menschen in reiferen Lebensjahren nachkommen. Das Zentrum lädt dazu ein, zusammen mit ortskundigen Führern die Region rund um den südlichen Ammersee und den Pfaffenwinkel zu erkunden. Auf der dreitägigen Rundreise bereichern historische, mystische und naturschutzfachliche Informationen das Naturerlebnis in dieser

Ökologische Einkehrtage

Einfach leben

BUNTER SEMINARHERBST

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Natur und Kunst Fantastische Skulpturen aus Holz

Eine Holzskulptur erschaffen nach eigenen Bildern im Kopf – dieser kreative Akt ist für viele ein eindrucksvolles Erlebnis. Aus Holz wird Kunst statt Humus, es lebt in der Kunst auf eine andere Weise fort und erfährt neue Wertschätzung. Mit Hilfe der bekannten Bildhauerin Gretel Eisch und des jungen Künstlers Örni Poschmann werden Interessierte in die Technik der Holzbildhauerei mit dem Holzeisen eingeführt. Der Ablauf des Workshops richtet sich nach den Kenntnissen der Teilnehmer. Wiesenfelden, 15. bis 17. September 2006

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Das Programm ist erhältlich beim BN-Bildungswerk, Straubinger Straße 5, 94344 Wiesenfelden, Tel. 0 99 66 - 12 70, bw@bnbildungswerk.de

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it dem Seminar »Einfach leben« öffnet das BN-Bildungswerk die bewährten Ökologischen Einkehrtage »Fasten, tanzen, Natur erleben« für Menschen, die aus den verschiedensten Gründen nicht fasten können oder wollen. Die Einkehrtage umfassen besinnliche, botanische, literarische, sportliche und thematische Angebote. Was dem einzelnen gut tut, kann er selbst auswählen. Wer will, sucht sich einzelne Programmeinheiten heraus. Dabei kann das Thema »Einfach leben« in doppelter Hinsicht interpretiert werden: als Leben mit einfachen Mitteln, wenig Material- und Energieverbrauch ebenso wie als Betonung auf das bewusste Erleben der Natur und von sich selbst. Beate Seitz-Weinzierl (hl) Wiesenfelden, 2. bis 9. September 2006

Natur + Umwelt BN-Magazin [3-06]

Foto: Seitz-Weinzierl

Foto: Seitz-Weinzierl

»Man muss sich öfter faul sein traun Und nur auf Schmetterlinge schaun Und nur auf Drossellieder hören Und manchen Plunder gern entbehren Den Schritt durch stille Landschaft lenken Und gar nichts tun – als öfter denken« Hubert Weinzierl

Netzwerke für Artenvielfalt Die Fachtagung wendet sich sowohl an Laien als auch an Fachleute, die mehr über die Bedeutung von Mooren und Feuchtgebieten erfahren wollen. Die Vorstellung gelungener Schutzprojekte und neuer naturwissenschaftlicher Erkenntnisse zu Pflege, Artenvielfalt, Hochwasser- und Klimaschutz ergänzt eine Exkursion in ein nahe gelegenes Feuchtgebiet. Wartaweil, 16. – 17. Oktober 2006


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BN-BILDUNGSWERK | TEL. 0 99 66 - 12 70 Flugverkehrsplanung in Bayern

Leben wie die Indianer »Wilder Sonntag« für Familien Wiesenfelden, 24. September 2006

Strategien für einen Ausstieg aus der Flughafenmanie Freising, 14. November 2006

Foto: Seitz-Weinzierl

Erdäpfel und Himmelsäpfel Ein Fest rund um Kartoffeln und Äpfel Wiesenfelden, 8. Oktober 2006

Foto: MEV/Baeuerle

Der mit dem Wolf heult

Demografischer Wandel und Bevölkerungsrückgang – Chance für die Umwelt? Rosenheim, 11. November 2006

Schöne Grüße aus der Wildnis »Wilder Sonntag« für Familien Grußkarten aus Naturmaterialien basteln Wiesenfelden, 5. November 2006

ARTige Naturerfahrung Kunst mit Blättern Ökohaus Würzburg, 21. Oktober 2006

Kunsthandwerker und Literatur Kunsthandwerkermarkt mit Kulturprogramm Wiesenfelden, 18. / 19. November 2006

Bauernmarkt – Gentechnikfrei

Ginolfs, 2. September 2006 Kontakt: BN-Regionalreferat, Tel. 09 11-8 18 78 14, helmut.schultheiss@bund-naturschutz.de

Forchheim, 16. September 2006 Kontakt: BN-Kreisgruppe Forchheim, Tel. 0 91 91-6 59 60

Tölzer Herbstzauber Bayerische Öko-Erlebnistage Hoffeste, Märkte, Betriebsführungen, Kochkurse, Weinfest Bayernweit, 9. September bis 1. Oktober 2006 Kontakt: LVÖ, Tel. 0 81 61-9 17 10, www.oekoland-bayern.de

Große herbstliche Verkaufsausstellung rund um Garten und Kunsthandwerk. Mit Musik, Vorträgen und Kinderbastelwerkstatt sowie BN-Podiumsdiskussion zum Thema Bergwald, mit Prof. Hubert Weiger.

Hafenlohrtalfest Rothenbuch, 10. September 2006 Kontakt: BN-Kreisgruppe Main-Spessart, Tel. 0 93 91-43 78, bn-msp@web.de

Bad Tölz, 29. September bis 1. Oktober, Podiumsdiskussion 30. September, 17.30 Uhr

Mittelwaldtag Infos zu Bewirtschaftung, Management und Vermarktung von Mittelwäldern. Ipfhofen, 30. September 2006 Kontakt: BN-Regionalreferat, Tel. 09 11-8 18 78 14, helmut.schultheiss@bund-naturschutz.de

Gentechnik-Demo Foto: Grabe

Foto: Ruppaner

Rhönschaffest

Foto: Veranstalter

BN-VERANSTALTUNGEN

Für gentechnikfreie Landwirtschaft und Nahrungsmittel. Nürnberg, 30. September 2006

Kontakt: BN-Referat Landwirtschaft, Tel. 09 11-8 18 78 21, marion.ruppaner@ bund-naturschutz.de

Consumenta Bayerns größte Verbrauchermesse Nürnberg, 28. Oktober bis 5. November 2006 Kontakt: BN-Agrarreferat, Tel. 09 11-8 18 78 21, marion.ruppaner@bund-naturschutz.de

Faszinierende Donau Die Studienreise führt durch einen Natur- und Kulturraum mit über 2000 Jahren Geschichte, von der Isarmündung bei Deggendorf bis zur Marchmündung an der

Exkursionen erschließen Deutschlands größte Insel mit ihrem ebenso großen Facettenreichtum. 7. bis 15. Oktober 2006

Rügen – Insel der Vielfalt Naturbelassene Strände, Klippen, wilde Wälder, märchenumwobene Seen, Moore und Bodden: Die Foto: Bisping

Foto: Krell

Grenze Österreich / Slowakei. Deutschland, Österreich, 30. September bis 5. Oktober 2006

Winterreise durch Sibirien Tief beeindruckend: die Faszination des unendlichen Eises am Baikalsee, die klare Luft, die Weite und die Wintersonne Sibiriens. Eine exklusive Reise mit der Transsib. Russland, 17. Februar bis 7. März 2007

ANGEBOT BN-Naturschutzkalender 2007 Den attraktiven Monatskalender des BN können Sie ab jetzt

vorbestellen. Unter dem Motto »Bayerns Schönheit bewahren – seltene Pflanzen« zeigt er zwölf wunderschöne Pflanzenaufnahmen von Schachbrettblume, Frauenschuh, Schlauch-Enzian und Co. Praktisch mit abtrennbaren Postkarten. Ein muss für jeden

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Herausgeber: Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN), vertreten durch Peter Rottner, Landesgeschäftsführer, Dr.-Johann-Maier-Str. 4, 93049 Regensburg, www.bund-naturschutz.de Leitender Redakteur (verantw.): Manfred Gößwald (göß) Redaktion: Holger Lieber (hl), Christoph MarklMeider (cm), Tel. 09 41 -2 97 20-22, Fax -31, nu@bund-naturschutz.de Mitglieder-Service: Tel. 09 41 -2 97 20-29 und -20 Gestaltung: Gorbach GmbH, Utting a. Ammersee (Layout: Waltraud Hofbauer) Titelfoto: Birgitt Schlauderer Litho: PHG GmbH, Augsburg Redaktion BUND-Magazin: Severin Zillich (verantw.), Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin, Tel. 0 30 -27 58 64-57, Fax -40 Druck und Versand: Brühlsche Universitätsdruckerei Gießen Anzeigen: BN Service GmbH, Eckertstr. 2, Bahnhof Lauf (links), 91207 Lauf an der Pegnitz, Tel. 0 91 239 99 57- 30, Fax -99, info@service.bund-naturschutz.de Auflage: 98000 Bezugspreis: Für Mitglieder im Beitrag enthalten, für Nichtmitglieder Versandgebühr ISSN 0721-6807 BN-Konto: Bank für Sozialwirtschaft, Konto 8 885 000, BLZ 700 205 00 BN-Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft, Konto 8 844 000, BLZ 700 205 00 Mit Namen gezeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des BN wieder. Nachdruck nur mit Genehmigung des BN. Für unverlangt eingesandte Artikel oder Fotos keine Gewähr. Die Redaktion behält sich das Recht vor, Leserbriefe zu kürzen. »Natur+Umwelt« wird auf 100 % Recyclingpapier gedruckt.

IMPR ESSUM

BN-STUDIENREISEN | TEL. 0 91 23 - 999 57 10


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Fotos: Wolfgang Willner, Nick Fritsch, Günter Moosrainer

Dass Ziel?

Wildtieree in n Bayern n lasstt siee leben! Der nächste Bär kommt sicher... Der Bär war in den Wäldern Europas so selbstverständlich wie der Storch auf dem Scheunendach. Dank vieler erfolgreicher Artenschutzprojekte leben in den Alpen Österreichs und Italiens wieder 40 bis 50 Braunbären. Bayern war früher Heimat für Bär, Luchs, Wolf, Wildkatze und Biber. Der Mensch hat seit Generationen verlernt, mit diesen Tieren zu leben. Die auftretenden Konflikte sind in den meisten Fällen lösbar durch dauerhafte Vorbeugungsmaßnahmen, eine fachlich kompetente Beratung und angemessene Einzelfalllösungen. Seit Jahren betreut der BN das Bibermanagement, wirkt mit bei der Betreuung von Luchsen und der Akzeptanzförderung für Wölfe. In den Nachbar-Ländern funktioniert das friedliche Miteinander von Mensch und Wildtieren seit Jahrzehnten. Warum nicht auch bei uns? BAYERN BRAUCHT EIN WILDTIERMANAGEMENT

Ihre Spende hilft! Das wollen wir für Bayerns Wildtiere erreichen: umfassende Aufklärung der Bevölkerung für den richtigen Umgang mit Bär, Wolf und Luchs einen Entschädigungsfonds, mit dem Einzelschäden von Wildtieren finanziell ausgeglichen werden können finanzielle Hilfen für Vorsorgemaßnahmen der Tierhalter (wie Elektrozaun und Hütehunde) Bündnisse schließen, Einrichtung eines staatlich getragenen wildbiologischen Kompetenzteams

Danke für Ihre Unterstützung! Ihre Spende von z.B. 15, 25 oder 50,- Euro hilft uns beim Einsatz für Bayerns Wildtiere!

Verwendungszweck >> Wildtiere << Bund Naturschutz in Bayern Spendenkonto 93 00 00 30 00 BLZ 700 205 00 Bank für Sozialwirtschaft, München

BITTE HELFEN SIE!

Weitere Informationen und die neue Veröffentlichung BN aktuell: Bärenland Bayern finden Sie unter

www.bund-naturschutz.de/fakten


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