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~ SpringerWienNewYork
Wojciech Czaja
WOHNEN IN WIEN 20 residential buildings by Albert Wimmer Photography Lisi Specht With an essay by Sabine Pollak
SpringerWienNewYork
Leute, die in Neubauten Wand an Wand wohnen, scheinen oft zu vergessen, dass sie auch Tür an Tür wohnen. People who live wall to wall often seem to forget that they also live next door to each other. André Brie
INHALT CONTENTS
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Impressions Bilder des Wohnens Picture book
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Living in Europe Neue Häuser in der Alten Welt Homelands of serendipity
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Winy Maas Grüße aus dem Traumlabor Time for revolution
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Anne Lacaton Raum für freie Gedanken Apartment size matters
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Social life Das verlängerte Wohnzimmer My own four walls and beyond
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Sabine Pollak Neutralität und Befreiung im Wohnen Gender studies at home
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Albert Wimmer & Semir Zubčević Das Leben ist voller Pelargonien At home between knick-knacks and gnomes
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Michael Ludwig & Christoph Chorherr Immer mehr Ideen für immer mehr Menschen Plans for a growing tomorrow
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At home Gespräche mit Bewohnerinnen und Bewohnern 55 residents in front of a camera and microphone
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Backstage Werkverzeichnis List of works
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Who is who? Biografien, Bildnachweis, Impressum Curricula vitae, photo credits, imprint
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Living in Europe
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WOHNEN IN EUROPA ESSAY
NEUE HÄUSER IN DER ALTEN WELT HOMELANDS OF SERENDIPITY Vorhang auf: Igor Brożyna steht am Fenster und blickt hinunter auf die Straße. Die Wohnung ist cool eingerichtet, die Möbel sind schick und weiß, Marke skandinavisches Design. Dass die Passanten ihm direkt ins Wohnzimmer schauen können, stört ihn nicht im Geringsten. „Ich mag das offene Wohnen, die Großzügigkeit, und ich mag das Gefühl, dass Innenraum und Stadt fast grenzenlos ineinander fließen“, sagt der 23-jährige polnische Student. „Natürlich bedeutet Ausblick gleichzeitig auch Einblick. Doch was ist schon so schlimm daran, wenn die Leute sehen, ob von der Decke eine weiße oder eine gelbe Lampe baumelt und ob ich gerade auf der Couch sitze oder nicht?“ Das so genannte VM-House in Kopenhagen, errichtet vom dänischen Architekturbüro BIG, ist wohl Inbegriff des neuen nordeuropäischen Wohnens. Es ist ein Setzkasten des täglichen Lebens, öffentlich einsichtig, liebevoll bestückt. Die 209 Wohneinheiten sind wie dreidimensionale Puzzlestücke übereinander gestapelt und chaotisch ineinander verkeilt. 40 verschiedene Wohnungstypen gibt es insgesamt, die meisten davon sind zweigeschoßig. Vor dem Galeriebereich im Wohnzimmer erstreckt sich eine riesige, fünf Meter hohe Glasfassade vom Parkettboden bis zum Plafond. „Kopenhagen hat einige sehr ambitionierte Stadterweiterungspläne“, sagt KaiUwe Bergmann, Architekt und Business Development Director der Bjarke Ingels Group (BIG). „Das wohl größte und interessanteste Entwicklungsgebiet ist Ørestad im Süden der Stadt. Politik und Privatwirtschaft ziehen hier gemeinsam an
Curtain up: Igor Brożyna stands at the window and looks down at the street below. His flat is decorated in a cool, modern manner. The smart furniture is white, Scandinavian in design. The fact that passers-by can look directly into his living room does not bother him in the slightest. “I like open living, I like the expansiveness, and I like the feeling that the interior and the city flow together almost completely, without any boundaries”, says the 23-yearold Polish student. “Of course, if you have a view out that means that people can also see in. But what’s so terrible about people seeing whether my lampshade is yellow or white, or whether I’m relaxing on the couch or not?” What is known as the VM House in Copenhagen, built by the Danish architects practice BIG, is probably the epitome of the new northern European way of living. It is like a kind of display shelving filled with the elements of daily life – enlarged in a way – in which both furniture and tenants are clearly visible to the public. The 209 dwelling units are like three-dimensional jigsaw puzzle pieces that have been stacked on top of each other and chaotically wedged together. There are in total 40 different apartment types, most of them two-storey. From the gallery in the living room a huge, five-metre-high glass façade extends from the parquet floor to the ceiling. “Copenhagen has extremely ambitious urban expansion plans”, says Kai-Uwe Bergmann, architect and Business Development Director of the Bjarke Ingels Group (BIG). “Probably the biggest and most interesting development area is Ørestad in the south of the city. Here politics
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Vorherige linke Seite: VM-House in Kopenhagen vom dänischen Architekturbüro BIG. Der freundlich gepixelte Mann ist Axel Frederiksen, einer der beiden Investoren des Projekts. Oben: Wohnhaus Mirador in Madrid. Die MVRDV-Architekten haben in 40 Meter Höhe ein riesiges Terrassenloch ins Gebäude geschnitten. Previous left page: VM House in Copenhagen by the Danish architects BIG. The friendly man made up of pixels is Axel Frederiksen, one of the two investors in the project. Above: Mirador residential building in Madrid. At a height of 40 metres MVRDV architects cut a huge hole out of the building to serve as a terrace.
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einem Strang, um völlig neue und innovative Wohnmodelle auszuprobieren.“ Während die Stadt Kopenhagen eine neue U-Bahn in Hochlage errichtete und das 300 Hektar große Areal Ørestad parzellierte und anschließend an öffentliche und private Bauträger verkaufte, verpflichteten sich diese wiederum, einen Teil des Bauvolumens als geförderten Wohnbau auszuführen. Der Mix reicht von Miete bis Eigentum, von kleinen Garçonnièren über Familienwohnungen bis hin zu luxuriösen Lofts in WallpaperQualität. Drei Häuser aus der Feder von BIG wurden in Ørestad bisher errichtet, nur wenige U-Bahn-Minuten von der Innenstadt entfernt. Und sie alle folgen der Prämisse, individuellen Wohnraum für wenig Geld zu bauen. Im gläsernen VM-House wird ganz frech mit Privatsphäre und Öffentlichkeit gespielt. Axel Frederiksen, Direktor der Dansk Olie Kompagni und einer der beiden Investoren des Projekts, lächelt neben dem Eingang als riesiges Fliesenmosaik von der Wand. „Früher wurden die Architekten und Geldgeber auf jedem einzelnen Haus namentlich erwähnt“, sagt Kai-Uwe Bergmann. „Wir setzen diese Kultur auf bildliche Weise fort.“ Im Mountain-House, einem futuristischen Wohnberg vis-à-vis, gleitet man mit einer schräg verlaufenden, vollverglasten Skigondel (made in Switzerland) bis zur elften Etage hoch. Und im so genannten 8-House, das aus mehr als 470 Wohnungen besteht, kann man über die mehr als ein Kilometer lange Rampe mit dem Fahrrad bis zur Wohnungstür vorfahren. Mette Philkjær steht in ihrem Vorgarten im zehnten Stock, nippt gelegentlich an einem Aperol-Spritz und putzt ihr Fahrrad. Es ist ein ganz gewöhnliches Stadtrad mit Einkaufskorb an der Lenkstange und Gepäckträger über dem Hinterrad. „Eigentlich bräuchte ich ein Mountainbike“, sagt die 54-jährige Hausfrau. „Kopenhagen ist nicht besonders hügelig, wie wir wissen, aber
and private business join forces in trying out completely new and innovative housing models.” While the City of Copenhagen built a new elevated metro, parcelled up the 300 hectare Ørestad site and then sold the lots off to public and private building developers, the latter agreed to erect a certain proportion of the total building volume as subsidised housing. The mix ranges from rental to privately owned, from small bachelor pads to family size apartments and to luxurious lofts that could easily feature in the pages of Wallpaper. Three buildings designed by BIG have been erected in Ørestad so far, just a few minutes by metro from the inner city. And all of them follow the idea of building individual housing for little money. In the glazed VM Building the private sphere and the public realm are handled with a cheeky playfulness. Axel Frederiksen, director of the Dansk Olie Kompagni, one of the two investors in the project, smiles from the wall beside the entrance in the form of a huge tiled mosaic. “It used to be that the names of the architects and investors were inscribed on every single building”, says Kai-Uwe Bergmann. “We’re just continuing this tradition in a visual way.” In Mountain House, a futuristic mountainous residential building opposite, you can glide in an
Orange ist die Farbe des Miteinanders. Im Wohnhaus Mirador von MVRDV lassen sich die einzelnen Funktionen an der Fassade deutlich ablesen. Sky-Plaza im 12. Stock. Offener Laubengang im letzten Stockwerk.
die letzten 1.100 Meter bis zu meiner Wohnung, die haben’s echt in sich.“ Zuvor hatten sie und ihr Mann, ein Polizist, in einem Einfamilienhäuschen mit Schrebergarten gewohnt. Irgendwo in Dänemark. Mitten in der Pampa. Eines Tages beschlossen sie, sich einen Kick zu geben, das Auto zu verkaufen und urban zu werden. „Sie können sich gar nicht vorstellen, was für ein schönes Gefühl es ist, jeden Tag mit dem Fahrrad nach Hause zu strampeln, vom Sattel zu steigen und gleich daheim zu sein“, sagt Philkjær. „Das ist mein tägliches Krafttraining. Ich habe schon richtige Muskeln bekommen.“ Den Lebensstil von einem Tag auf den anderen umzukrempeln ist keine leichte Aufgabe. Auch nicht für Familie Philkjær. Meist bedarf es viel Zeit und viel Überzeugungskraft. Vor allem aber muss man den Menschen entsprechende Anreize bieten. Eine attraktive und intelligente Architektur ist dafür ein probates Mittel. Davon ist man auch in Spanien überzeugt. Wie viele andere Städte auf der Iberischen Halbinsel ist auch Madrid im Wachstum begriffen. Die Stadt selbst hat 3,3 Millionen Einwohner, im Großraum leben bereits mehr als sechs Millionen Menschen. Hinzu kommt, dass der Immobilienboom vor der Finanzmarktkrise 2008 die Grundstückspreise
Orange is the colour of togetherness. In the Mirador building by MVRDV the individual functions can be clearly read in the façade. Sky plaza on the 12th floor, open access deck on the top storey.
inclined, fully-glazed ski gondola (made in Switzerland) right up the eleventh floor. And in the building known as the “8 House”, which consists of roughly 470 apartments, on a ramp more than one kilometre long you can cycle your bike right up to your apartment door. Mette Philkjær is standing in her front garden on the tenth floor, sipping occasionally at an Aperol and soda, and cleaning her bike. It is a common or garden city bike with a shopping basket fixed to the handlebars and a rear rack. “In fact what I would really need is a mountain bike”, says this 54-yearold housewife. “Copenhagen is not particularly hilly, as we know, but the last 1100 metres to my apartment, well they take it out of you!” She used to live with her husband, a policeman, in a single-family house with an allotment garden. In the wastelands of suburbia, somewhere in Denmark. One day they decided to give their life a kick start, to sell the car and to become urban. “You can’t imagine how great it feels to pedal my way here every day; when I get off the saddle I’m immediately at home”, says Philkjær. “That’s my daily strength training. I’ve developed real muscles.” Unlike the Philkjær family very few people are able to completely change their life from one day to the next. Generally this
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ins Unermessliche steigen ließ. „Madrid wird immer größer und größer“, sagt Winy Maas vom niederländischen Architekturbüro MVRDV. „Und gleichzeitig werden die umliegenden Gemeinden immer gleicher und gleicher. Das kann doch nicht die Zukunft dieser temperamentvollen Stadt sein!“ Eine mögliche Antwort auf die vertrackte Situation ist das Wohnhaus Mirador im nordöstlichen Stadtteil Sanchinarro, fertiggestellt 2005. MVRDV steckte 165 Wohnungen ineinander und fügte diese zu einem 64 Meter hohen Haus mit einem riesigen, fünf Stockwerke hohen Loch in der Mitte. Die unterschiedlichen Wohnungstypologien lassen sich an der weißen und grauen Fassade deutlich ablesen. Die orangefarbenen Einschnitte markieren alles Öffentliche: Stiegenhäuser, Gänge, Kommunikationszonen sowie kreisrunde Sitzkojen auf der so genannten Sky-Plaza. Die öffentliche Terrasse in 40 Meter Höhe kann mit dem Lift direkt von der Straße aus erschlossen werden. „Viel zu wenig Grün“, sagt der Pariser Architekt Édouard François. „Wenn man sich in der Großstadt umsieht, dann merkt man rasch, dass sich die Menschen nach Natur sehnen. Sie haben Sträucher am Balkon und ein Blumenkistchen vorm Fenster. Ich kann das gut nachvollziehen, denn die Pflanzen sind nicht nur Behübschung, sondern auch ein optischer Filter, um die Stadt aus der Wohnung auszublenden.“ Das von ihm geplante Wohnhaus in der Nähe der Porte de Clichy, einem neuen Stadterweiterungsgebiet im Westen von Paris, ist ein neunstöckiger Blumentopf mit 30 geförderten Wohnungen und hört auf den Namen Tower-Flower.
takes a lot of time – and great powers of persuasion. Above all else people must be offered the appropriate incentives. Attractive and intelligent architecture has proved to be effective in this respect. People in Spain are also convinced of this fact. Like many other cities on the Iberian Peninsula, Madrid is in the process of growing. The city itself has 3.3 million inhabitants, already more than six million people live in the greater metropolitan area. And then there is also the fact that, before the financial crisis in 2008, prices sky-rocketed during the real estate boom. “Madrid continues to grow bigger and bigger”, says Winy Maas from the Dutch architects office MVRDV. “And at the same time the communities surrounding it are growing more and more alike. Surely that can’t be the future of such a high-spirited city!” One possible answer to this tricky situation is offered by the Mirador residential building in Sanchinarro, a district in the northeast of the city, which was completed in 2005. MVRDV pieced 165 apartments together and with them formed a 64-metre-high building with a huge hole at the centre. The different apartment typologies are clearly legible in the white and grey façade. The orange coloured incisions mark all the public areas: staircases, corridors, communication zones, and circular seating booths on what is known as the sky plaza. The public terrace at a height of 40 metres above ground level can be reached by lift directly from the street. “Far too little green”, says Parisian architect Édouard François. “When you look around in big cities you quickly notice that the residents have a longing for nature. They have shrubs on their
Mit dem Rad ins Wohnzimmer: Die 476 Wohnungen im 8-House in Kopenhagen werden nicht nur über das Stiegenhaus erschlossen, sondern auch über die mehr als ein Kilometer lange Fahrradrampe. Es ist das jüngste Wohnhausprojekt von BIG. Bike Society. You can reach the 476 apartments in the 8 House in Copenhagen not only by stairs and lift but also by a bike ramp more than a kilometre in length. This is the latest housing project by BIG.
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Oben: Tower-Flower von Édouard François in Paris. Die 380 gigantischen Betontöpfe, die mit der Architektur verschmelzen, sind mit chinesischem Bambus bestückt. Die Bewässerung erfolgt automatisch. Unten: Das Bed Zed von Zed Factory (2002) ist eines der ersten Zero-Carbon-Wohnhäuser in London. Die bunten Zipfelmützen am Dach saugen Frischluft für die Wohnungen an. Above: Tower Flower by Édouard François in Paris. The 380 gigantic concrete flower pots that blend with the architecture are planted with Chinese bamboo. They are watered automatically. Below: The Bed Zed by Zed Factory (2002) is one of London’s first zero carbon housing developments. Fresh air for the dwellings is drawn in through the colourful cowls on the roof.
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Links: Wohnhausanlage in Ljubljana, Slowenien, von Bevk Perović Arhitekti. Auf den ersten Blick ist alles grafisch und kühl. Auf den zweiten Blick ahnt man, wie sich die Nachbarn transbalkonal miteinander unterhalten. Rechts: Das VM-House in Kopenhagen bietet den Bewohnerinnen eine Bühne für Terrassengespräche.
Left: housing development in Ljubljana, Slovenia, by Bevk Perović Arhitekti. The first impression is of a cool, graphic quality. At second glance you get an idea of how the neighbours converse across the balconies. Right: The VM House in Copenhagen offers residents a stage for terrace chats.
Die 380 gigantischen Betontöpfe, die mit der Architektur verschmelzen, sind mit chinesischem Bambus bestückt. Um die Pflanzen nicht der alleinigen Willkür der Bewohner zu überlassen, läuft eine als Reling getarnte Wasserleitung quer durch das Bambusgestrüpp. „Ich möchte Ihnen ein Geheimnis anvertrauen“, sagt François ganz pathetisch: „Nichts ist so schön und so komplex wie Mutter Natur.“ Auch bei seinem Reihenhausprojekt Eden Bio im 20. Pariser Arrondissement spielt Grün eine wichtige Rolle. Für den Bauträger Paris Habitat nahm er Versatzstücke aus der Pariser Innenstadt und fügte sie zu einem kleinteiligen, heterogenen Ensemble zusammen. Der dörfliche Charakter sticht sofort ins Auge. „Ja, ich habe an die klassischen Faubourg-Villen mit ihren üppigen Obstgärten davor gedacht“, sagt Édouard François. Die Blumentöpfe vor den Fenstern warten darauf, von den Bewohnern mit Primeln und Geranien gefüllt zu werden. Vor der Fassade wuchert eine wilde Konstruktion aus Lärchenbalken, die sich als Rankgerüst für Kletterpflanzen he-
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balconies and flower boxes in front of their windows. I can understand this, as plants are not just decorative but also provide a visual filter that can screen out the city from inside the apartment.” The residential building that he designed near Porte de Clichy, a new urban expansion area in the west of Paris, is a nine-storey flower pot that answers to the name “Tower-Flower”. The 380 gigantic concrete flower pots that blend together with the architecture are planted with Chinese bamboo. So as not to leave the plants entirely up to the tender mercies of the residents a water pipe disguised as a railing runs through the bamboos. “I would like to tell you a secret”, confides François with considerable pathos: “Nothing is as beautiful and as complex as Mother Nature.” In his row house project “Eden Bio” in the 20th arrondissement of Paris green also plays an important role. For the developer Paris Habitat he “borrowed” a number of set pieces from traditional town houses and put them together to form a small-scale heterogeneous ensemble. Visitors are immediately struck by the village character. “Yes, I was thinking of the classic suburban villas with their profusely planted orchards” says François. The flower pots in the front of the windows are waiting for the residents to fill them with primulas and geraniums. And in front of the façades there is a wild construction of larch posts and planks that turns out to be a kind of trellis for climbing plants. “The wooden posts are still quite naked at the moment but in a few years the entire housing development will be transformed into a wonderful Garden of Eden with wisteria, bananas and vines”, says François hopefully. “That will
Dörflicher Charakter. Beim sozialen Wohnhaus Eden Bio in Paris orientierte sich Architekt Édouard François an den klassischen Faubourg-Villen. Für die nötige grüne Infrastruktur sorgen Blumenkistchen vorm Fenster sowie hölzerne Rankgerüste, an denen schon bald Efeu und Weinreben hochklettern werden. Village character. In the Eden Bio social housing project in Paris architect Édouard François derived his inspiration from classic suburban villas. Flower boxes in front of the windows as well as wooden trellises soon to be covered by vines and ivy provide the requisite green infrastructure.
rausstellt. „Das Holzgestänge ist zurzeit noch ziemlich nackt, aber in ein paar Jahren wird sich die Wohnsiedlung in einen wunderbaren Garten Eden aus Glyzinien, Bananenstauden und Weinreben verwandelt haben“, hofft François. „Das schafft schöne, lebendige Begegnungspunkte für die Bewohner. Und außerdem kann man an die Holzkonstruktion jederzeit einen Hasenstall anschrauben.“ Das ist Alltag. Noch einen Schritt weiter geht man in Großbritannien. Grün ist dort nicht nur ein soziales Bekenntnis, sondern in erster Linie ein Garant für eine ökologisch intakte Zukunft. Im Dezember 2006 wurde das Bauprogramm „Zero Carbon Home“ beschlossen. Demnach sollen ab 2016 sämtliche Neubauten so ausgeführt sein, dass sie über ihren gesamten Lebenszyklus hinweg exakt null Gramm Kohlendioxyd produzieren. Ein hehres Ziel. Doch der erste Prototyp ist bereits gebaut. In Beddington, am südlichen Stadtrand von London, errichtete das Architekturbüro Zed Factory die Passivhausanlage Bed Zed. Und tatsächlich produziert der Komplex mehr Energie als er verbraucht. Die Heizung aller 82 Wohnungen übernimmt eine zentrale Pelletsanlage, die mit Abfällen aus einem nahe gelegenen Holzverarbeitungsbetrieb gespeist wird. Zur Warmwasseraufbereitung dienen Solarzellen, die auf dem Dach sowie direkt auf den Fenstergläsern angebracht sind. Und für die richtige Frischluft in den Innenräumen sorgen die charakteristischen Zulufthauben am Dach. Die bunten Mähnen sind drehbar gelagert und strecken sich automatisch dem Wind entgegen. So sieht es also aus, wenn
create beautiful, lively places for the residents to meet each other. And you can fix a rabbit hutch to the timber construction any time you want.” That is everyday life. In Great Britain they go a step further. There green is not just social lip service but, first and foremost, a guarantee of an ecologically intact future. In December 2006 the building programme Zero Carbon Home was introduced. According to this from 2016 onwards all new buildings are to be erected in such a way that over their entire life cycle they produce exactly zero grams of carbon dioxide. An ambitious goal. But the first prototype has already been built. The architects from the Zed Factory erected the passive house complex “Bed Zed” in Beddington, on the southern periphery of London. And this housing development in fact produces more energy than it consumes. Heating for all 82 dwellings is provided by a bio-fuelled combined heating and power plant that is fed with urban tree waste. Photovoltaic arrays are used to heat the hot water and are mounted on the roof as well as directly on the window glazing. And the right amount of fresh air in the interior is provided by means of wind cowls on the roof that give the development its characteristic appearance. These differently coloured “manes” are pivot-fixed so that they automatically turn in the direction the wind is blowing. This project was awarded the Building Energy Globe Award 2002. It is the longing for outdoor space and closeness to nature which is gaining increasing importance in social housing throughout Europe. This is illustrated by projects in Slovenia and Croatia,
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ökologische Architektur den Reigen tanzt. Das Projekt wurde mit dem Building Energy Globe Award 2002 ausgezeichnet. Es ist ausgerechnet die Sehnsucht nach Freiraum und Naturverbundenheit, die im sozialen Wohnbau in ganz Europa immer mehr an Bedeutung gewinnt. Das zeigt sich bei Projekten im klimatisch milden Slowenien und Kroatien genauso wie im weitaus kühleren Skandinavien. Niedrige Temperaturen tun der sozialen Zusammenkunft an der frischen Luft keinen Abbruch. Sogar in Italien, wo sich Bewohner mittels Fensterläden traditionellerweise gerne von der Außenwelt abschotten, feiern Balkone und Terrassen eine Renaissance. Im Süden Mailands plante das italienische Büro OBR (Open Building Research) die Wohnhausanlage Milanofiori. Vor den Wohnzimmern befinden sich zwei bis drei Meter breite Wintergärten, davor eröffnen sich Balkone und Terrassen mit Blumenrabatten und Wiesenglück. „Eigentlich haben Balkone in Mailand eine große Tradition“, erklärt Architekt Paolo Brescia. „Aber meist handelt es sich dabei um öffentliche Laubengänge, die zum Tratsch genutzt werden. Die Privatsphäre kommt dabei zu kurz.“ Brescia und seine Kollegen haben die Freiräume zwar den Wohnungen zugeschlagen, doch durch die abgetreppte Geometrie des Hauses ergibt sich die Möglichkeit zur transbalkonalen Kommunikation. Man kann der Nachbarschaft kaum entkommen. Nicht zuletzt dienen die modernen Wintergärten zwischen Wohnung und Freiraum in der warmen Jahreszeit als erweiterter Wohnbereich sowie als thermischer Puffer zur Energiereduktion. „Natürlich ist die Errichtung solcher
Urlaub auf Balkonien: Sozialer Wohnbau Les Nids in Paris-Courbevoie von KOZ Architectes. Die öffentlichen Laubengänge und die privaten Balkone greifen chaotisch ineinander. Die Fassade verrät, dass alle 28 Wohnungen individuell zugeschnitten sind.
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Holiday on the Costa Balconia: Les Nids social housing development in Paris-Courbevoie by KOZ Architectes. The public access decks and the private balconies interlock chaotically. The façade reveals that all 28 apartments have different layouts.
which have relatively mild climates, as well as by projects from climatically cooler Scandinavia. Low temperatures appear to have little effect on social gatherings in the fresh air. Even in Italy, where residents traditionally shut themselves off from the outdoor world by closing their shutters, balconies and terraces are experiencing a new renaissance. In the south of Milan the Italian office OBR (Open Building Research) built the Milanofiori residential building containing 107 apartments. In front of the living area there is a winter garden varying in depth between two and three metres. It faces onto balconies and terraces with flowerbeds and areas of lawn. “In fact there is a great tradition of balconies in Milan”, explains architect Paolo Brescia. “But generally these are in the form of public access decks which people use to chat with each other. The private sphere is rather neglected.” Brescia and is colleagues allotted the outdoor spaces to the apartments, but the stepped geometry of the building provides the possibility of communication with the neighbours.
zusätzlicher Flächen nicht besonders wirtschaftlich“, sagt Brescia. „Aber das spielt keine Rolle, denn schließlich ist das soziale Zusammenleben ein Grundrecht für jeden Bewohner, für jede Bewohnerin. Es ist die Aufgabe von Architekten und Bauträgern, dies zu ermöglichen.“ Wohnen ist mehr als nur ein Dach über dem Kopf zu haben. In seinen altenglischen und mittelhochdeutschen Ursprüngen bedeutet es, nach etwas Gutem zu trachten, etwas gern zu haben, letztendlich auch komplett mit sich zufrieden zu sein. Igor steht am Fenster, Paolo liegt im Rasen, Mette putzt ihr Rad – es ist schön, dass das Wohnen in Europa nach langer Zeit auch physisch dort angekommen ist, wo es sprachlich immer schon beheimatet war.
During the warmer period of the year the modern winter gardens in the area between living room and outdoor space are an extension to the living space while also forming a thermal buffer that reduces energy consumption. “Naturally providing such additional areas is not particularly economical”, says Brescia. “But that is not important, as ultimately a social kind of co-existence is a fundamental right for every resident. It is the duty of architects and developers to make this possible.” Dwelling means far more than just having a roof over one’s head. The Old English and Middle High German roots of the German word “wohnen” (in modern English translated as “dwelling” or “living in”) mean striving for something good, liking something, ultimately also being completely satisfied with oneself. Igor is standing at his window, Paolo is lying on the lawn, and Mette is cleaning her bike. It is a fine thing that, after all this time, housing in Europe has arrived physically at the place that, in linguistic terms, has always been its home.
Milanofiori von OBR. Vor den Wohnzimmern des Mailänder Wohnhauses befinden sich verglaste Wintergärten und Terrassen mit Blumenrabatten und Wiesenglück. So sieht das neue Wohnen aus. Nur ein Beispiel von vielen.
Milanofiori by OBR. In front of the living rooms in this Milan residential building there are glazed winter gardens and terraces with flower beds and lawns. This is how the new kind of housing looks. And it is just one example of many.
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Winy Maas
„Ich glaube, ich lebe einen gewissen Mix zwischen Lachen und Ernstsein. Eigentlich lache ich sehr gerne, und das spiegelt sich auch in meinen Projekten wider.“ Architekt Winy Maas, Chef des Rotterdamer Büros MVRDV, kurz vor einem Vortrag an der Universität für angewandte Kunst in Wien. “I think my life is a mix of laughing and being serious. Actually, I very much enjoy laughing and I think this is reflected in my projects.” Architect Winy Maas, head of the Rotterdam office MVRDV, shortly before giving a lecture at the University of Applied Arts in Vienna.
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IM GESPRÄCH INTERVIEW
GRÜSSE AUS DEM TRAUMLABOR TIME FOR REVOLUTION
Das niederländische Architekturbüro MVRDV ist weltweit bekannt für seine unorthodoxen, ja oft witzigen Wohnbauten. Doch wie weit kann Humor gehen? Und welche Erfahrungen machte MVRDV bisher in der Zusammenarbeit mit der Stadt Wien? Ein Gespräch mit dem Chefarchitekten Winy Maas Die Projekte von MVRDV fallen durch eine gewisse Ironie auf. Wie wichtig ist Humor in der Architektur? Maas: Sehr wichtig! Lachen und Schmunzeln ist für mich ein wichtiger Bestandteil des Lebens. In schwierigen Situationen ist Ironie ein wertvolles Werkzeug, um über die Runden zu kommen. Das Gleiche trifft auch auf die Architektur zu. Ironie führt meiner Meinung nach zu einer gewissen Qualität, der man sich gar nicht entziehen kann. Man muss nur aufpassen, dass der Humor nicht in Sarkasmus oder gar in verbitterten Zynismus umschlägt. Das wäre verheerend. Wie findet man die richtige Dosierung? Meist ist Humor etwas Kurzfristiges. Architektur jedoch ist im Gegensatz dazu eine sehr langfristige Materie. Maas: Sie sagen es! Der Umgang mit Humor ist eine schwierige Gratwanderung. Ist die Ironie zu stark, dann hat sich der Witz bald erschöpft und wird mit der Zeit dumpf, ja sogar lästig. Ich halte nichts von diesen platten „one time laughs“. Das ist mir zu selbstzweckhaft. Ist die Ironie jedoch zu schwach, dann wird sie von vielen Leuten gar nicht erst wahrgenommen oder als solche erkannt.
The Dutch architecture office MVRDV is known throughout the world for its unorthodox, often witty, housing projects. But how far can one take humour? And what has been the experience of MVRDV in working with the City of Vienna? A discussion with their head architect Winy Maas Projects by MVRDV are notable for a certain degree of irony. How important is humour in architecture? Maas: Very important! Laughing and smiling form an important part of life. In difficult situations irony is a valuable tool that can help you to pull through. The same also applies in architecture. In my opinion irony leads to a certain quality that is impossible to ignore. You just have to make sure that the humour does not turn into sarcasm or embittered cynicism. That would be terrible. How does one arrive at the right dose? Generally humour is something shortlived, whereas architecture has a very long life. Maas: Exactly! Handling humour is a tricky tightrope walk. If the irony is too heavy then the joke quickly loses its wit and in the course of time grows dull, even tedious. I don’t think much of these obvious “one time laughs”. For me they are too self-serving. But where the irony is too weak then many people don’t even notice it or see it for what it is. In this case there is a danger that the apparently ironic components can produce a feeling of irritation or unease – and that can be very unpleasant indeed.
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Das Didden Village ist eines von Winy Maas’ Lieblingsprojekten. Das klassische Rotterdamer Stadthaus wurde aufgestockt und um zwei freistehende Schlafhäuschen und eine gemeinsame Dachterrasse erweitert. Die blaue Polyurethan-Beschichtung wirkt himmlisch. The Didden Village is one of Winy Maas’ favourite projects. A rooftop floor was added to a classic Rotterdam townhouse in the form of two free-standing “bedroom houses” and a shared terrace. The polyurethane coating is simply heavenly.
In diesem Fall besteht die Gefahr, dass die scheinbar ironische Komponente eher Irritation oder Unbehagen erzeugt. Das kann sehr unangenehm sein. In welchen Projekten ist Ihnen der Humor besonders gut gelungen? Maas: Eines meiner Lieblingsprojekte diesbezüglich ist das knallblaue Didden Village. Das ist die Aufstockung eines klassischen, traditionellen Rotterdamer Stadthauses. Durch den kräftigen Anstrich ist es uns gelungen, einen fröhlichen Akzent zu setzen. Und zwar nicht nur für die Familie, die da wohnt, sondern fürs gesamte Grätzel. Dieses Ding ist nicht zu übersehen. Aber auch das Parkrand Building in Amsterdam gefällt mir sehr gut. Das ist eine sehr große Struktur mit 174 Wohnungen. Um dem Gebäude seinen enormen Maßstab zu nehmen, haben wir die Proportionen bis ins letzte Detail erhalten und entsprechend dimensionierte Elemente im Freiraum verwendet: große Lampen, große Ornamente, große Blumentöpfe, aus denen Bäume herauswachsen. Ich mag dieses Projekt und muss immer schmunzeln, wenn ich das Haus sehe.
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In which of your projects was the use of humour particularly successful? Maas: In this respect one of my favourite projects is the bright blue Didden Village. This is the addition of an attic storey to a classic traditional Rotterdam townhouse. With a powerful coat of paint we succeeded in introducing a cheerful accent. And not only for the family living there but also for the entire neighbourhood. This thing is impossible to overlook. And I also like the Parkrand Building in Amsterdam. It is a very large structure containing 174 apartments. To reduce the enormous scale of the building we kept the proportions down to the last detail and in the outdoor spaces we used appropriately dimensioned elements: large lamps, large ornaments, large flower pots in which trees grow. I like this project and I’m always forced to grin when I see the building.
Das Parkrand Building im Amsterdamer Stadtteil Buurt 9 ist eine riesige Struktur: 135 Meter lang, 34 Meter breit und 34 Meter tief. Um dem Gebäude seine Wucht zu nehmen, wurden die Höfe mit überdimensionalen Blumentöpfen und Lampen bestückt.
The Parkrand Building in the Buurt 9 district of Amsterdam is a huge structure, 135 metres long, 34 metres wide and 34 metres deep. To reduce the massiveness of the building oversized lamps and flower pots were placed in the courtyards.
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Ist der Humor von MVRDV auch schon mal danebengegangen? Maas: Oh ja. Und wie! In New Orleans haben wir uns nach der Überschwemmung durch den Hurrikan Katrina im August 2005 an Brad Pitts Wiederaufbauprojekt im Lower Ninth Ward beteiligt. Die Situation war so ernst und so tragisch, dass wir etwas Ironie in diese Sache bringen wollten. Unser Entwurf hat sich zwar am klassischen Louisiana Shotgun House orientiert, das für diese Gegend so typisch ist, doch im Gegensatz zum herkömmlichen, langen Holzriegel, der üblicherweise aufgeständert ist, war unser Bent House in der Mitte eingeknickt und lag am Boden auf. Nur die Bewohner haben sich dafür nicht begeistern können. Das Bent House war unter vielen unterschiedlichen Entwürfen das einzige Haus, das niemand wollte. Maas: Das ist der Punkt. Wir haben uns mit unserem Projekt ziemlich verschätzt. Wir dachten, dass in dieser Situation ein gewisser Humor nicht schaden kann. Doch das war ein Fehler. Und was ist mit Ihnen? Lachen Sie gerne? Maas: Nicht genug! Meinen Freunden nach zu urteilen lache ich zu wenig und zu selten.
Wohnprojekt für den Bauträger BAI in der Donau-City in Wien. Das Bauvorhaben wurde gestoppt. Winy Maas: „Unser Anspruch lautet, Grenzen auszureizen und Neues auszuprobieren. Das ist mit den strengen Vorschriften in Österreich nicht vereinbar.“ Housing project for the developer BAI in the Donau-City, Vienna. This project was stopped. Winy Maas: “We always aim to push the envelope and try out new things. That cannot be reconciled with the strict regulations in Austria.”
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Did the humour of MVRDV ever fall flat? Maas: Certainly – and how! After the flooding in New Orleans caused by Hurricane Katrina in August 2005 we took part in Brad Pitt’s reconstruction project in the Lower Ninth Ward. The situation was so serious and tragic that we wanted to introduce a certain irony. Our design was oriented on the classic Louisiana Shotgun House which is so typical of this region. But in contrast to the long wooden block that is usually elevated above ground level, our Bent House was bent in the middle and lay on the ground. The residents were not impressed by it. Of the many different designs the Bent House was the only one that nobody wanted. Maas: That’s the point! We completely misjudged our project. We thought that in a situation like this a certain degree of humour would be no harm. But this was a mistake. And what about you. Do you like to laugh? Maas: Not enough. According to my friends I laugh too little and too rarely.
2008 haben Sie ein Wohnbauprojekt für die Donau-City in Wien entwickelt. Da ist Ihnen das Lachen vergangen. Maas: Der soziale Wohnbau in Wien ist sehr ausgereift und hat zu vielen hochwertigen Resultaten geführt. Gleichzeitig sind die Sicherheitsbestimmungen, Brandschutzvorschriften und Anforderungen an die Ökologie so hoch, dass man die gewohnten Pfade kaum noch verlassen kann. Das juristische Paket in Österreich ist so dicht und das Budget so knapp, dass der Großteil davon für die ökologischen und sicherheitsrelevanten Maßnahmen aufgewendet werden muss. Den einheimischen Architekten gelingt es, mit diesem engen Korsett umzugehen. Was war das genaue Problem in Ihrem Fall? Maas: Das System funktioniert, solange man sich innerhalb der Spielregeln bewegt und akzeptiert, dass Komfort und Sicherheit im Wiener Wohnen mehr wert sind als konzeptionelle und wohnkulturelle Innovation. Das ist absolut legitim. Das Problem beginnt dort, wo man die abgetretenen Pfade verlassen und sich auf neues Terrain begeben will. Ich kann nur sagen: Unser Anspruch an das Wohnen – nämlich die Grenzen auszureizen und Neues auszuprobieren – ist mit den Vorschriften in Österreich nicht vereinbar. Was schlagen Sie daher vor? Maas: Man muss sich entscheiden: Sicherheit oder Innovation? Mann kann nicht alles haben. Zumindest nicht zu diesem Preis. Wie würden Sie sich als Bauträger oder Investor denn entscheiden: Sicherheit oder Innovation? Maas: Innovation! Ich würde keine Sekunde daran zweifeln. Neugier, Forschung, der Drang nach kultureller Evolution ist einer der wichtigsten Antriebsmotoren im Leben. Ohne Neugier und ohne Leidenschaft für das Neue tritt Stagnation ein, Stillstand. Ist es das, was wir wollen?
In 2008 you developed a housing project for the Donau-City in Vienna. That took the smile from your face. Maas: Social housing in Vienna is very highly developed and has led to high-class results. At the same time the safety regulations, fire protection regulations and the demands in terms of ecology are so exacting that it is almost impossible to depart from the trodden path. The package of laws in Austria is so dense and the budget so limited that most of it must be spent on measures relating to ecology and safety. Local architects manage to deal with these tight restrictions. What exactly was the problem in your case? Maas: The system works as long as you stick to the rules and you accept that in Viennese housing comfort and safety are worth more than conceptual and cultural innovation. This is entirely legitimate. The problem begins when you want to leave the well-trodden paths and venture into new territory. I can only say: our demands on housing – which is pushing the envelope and trying out new things – cannot be reconciled with the existing regulations in Austria. What do you suggest? Maas: A decision must be made: safety or innovation? You can’t have everything – or at least not for this price. If you were a developer or investor how would you decide: safety or innovation? Maas: Innovation! I wouldn’t hesitate for a second. Curiosity, research, the drive towards cultural evolution is one of the most important motors in life. Without curiosity and without passion for the new stagnation soon occurs. Standstill – is that what we want?
Humor und Funktionalität: Das Projekt Markthal in Rotterdam besteht aus 228 Wohnungen und mehr als 100 gedeckten Marktständen, Shops und Restaurants. Der Baubeginn ist bereits erfolgt, die Fertigstellung ist für 2014 geplant. Humour and functionality. The Markthal project in Rotterdam consists of 228 apartments and more than 100 covered market stands, shops and restaurants. Construction has already begun; the planned completion date is 2014.
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What is innovation? Maas: Lateral thinking! Being creative! Throwing norms and conformity overboard. That is the most important thing. And this does not necessarily involve a lot of money. Where necessary a few thousand euros is sufficient to achieve a great effect. It’s all just a question of the way you think. For example? Maas: In some countries you can achieve more with just a few litres of paint than with an expensive new building. We made a study for Caracas and proposed painting the houses in a widely visible favela district white and light blue – like on Santorin. For many people the project was abysmally cynical. But I say: no, that is not cynical at all. That is a conceptual approach with little money and a lot of effect. Just look at Tirana! With the colourful façades the former mayor Edi Rama changed the internal and international perception of the entire city. Colour is an extremely important factor in our environment. But many architects underestimate it. Unfortunately.
Was ist Innovation? Maas: Querdenken! Kreativ sein! Normen und Konformitäten über Bord werfen! Das ist das Wichtigste. Und das hat nicht zwangsweise nur mit Geld zu tun. Falls nötig, reichen schon ein paar tausend Euro aus, um einen großen Effekt zu erzielen. Alles nur eine Frage der Denkweise. Zum Beispiel? Maas: In manchen Ländern kann man mit ein paar Litern Farbe schon mehr bewirken als mit einem teuren Neubauprojekt. Wir haben für Caracas eine Studie gemacht und vorgeschlagen, in einem weithin sichtbaren Favela-Viertel die Häuser weiß und hellblau zu streichen – so wie auf Santorin. Für viele Leute war das Projekt abgrundtief zynisch. Und ich sage: Nein, das ist überhaupt nicht zynisch. Das ist ein konzeptioneller Ansatz mit wenig Geld und viel Effekt. Schauen Sie sich nur einmal Tirana an! Durch die bunten Fassaden hat der damalige Bürgermeister Edi Rama die ganze Stadt in der internen und internationalen Wahrnehmung komplett verändert. Farbe ist ein extrem wichtiger Faktor in unserer Umwelt. Viele Architekten unterschätzen das. Leider. Architektur ist von jeher ein kultureller Akt für eine gehobene, einflussreiche und finanziell potente Gesellschaftsschicht. Das Bauen für schwächere Einkommensschichten ist in der kulturellen Überlieferung gerade mal 150 Jahre alt. Denken Sie, dass die Wohnbedürfnisse von Menschen am relativen Existenzminimum heute schon zur Genüge berücksichtigt werden?
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Architecture was traditionally a cultural act for a sophisticated, influential and financially powerful sector of society. In our cultural tradition building for the economically weaker class is only 150 years old. Do you think that the housing needs of people at the relative minimum existence level are adequately considered today? Maas: Architecture for the poor is an act of belief in the social welfare state. Seen from this perspective awareness of poorer and weaker citizens in a number of countries, above all in Europe, is very strong. In other countries, for instance in the USA, this awareness is entirely absent. This socio-political and economic approach is naturally reflected in housing also. In Austria, Germany, Denmark, the Netherlands, and in parts of Scandinavia social housing is very ambitious. Vienna plays an exceptional role in the international comparison. There is hardly any city of this size with such a large proportion of rented apartments, not to mention subsidized rented apartments. Social housing in this city is known throughout the world. You differentiate strongly. In your opinion does the welfare state have a future? Maas: As long as the middle class and the social mix are recognised as essential values of a heterogeneous society then we will remain faithful to our social and ethical principles. In societies in which the middle class plays no role or perhaps has been squeezed out the welfare state – if indeed this system is still aspired to – is not capable of surviving in the long-term. And no architect in the world can do anything to change this.
Maas: Architektur für die Armen ist ein Bekenntnis zum sozialen Wohlfahrtsstaat. So gesehen ist das Bewusstsein für ärmere und schwächere Bürger in einigen Ländern, vor allem in Europa, sehr ausgeprägt, in anderen Ländern, beispielsweise in den USA, hingegen gar nicht. Diese sozialpolitische und wirtschaftliche Haltung zeigt sich natürlich auch im Wohnbau. In Österreich, Deutschland, Dänemark, in den Niederlanden und in Teilen Skandinaviens ist der soziale Wohnbau sehr ambitioniert. Vor allem Wien spielt im internationalen Vergleich eine außergewöhnliche Rolle. Es gibt kaum eine Stadt dieser Größenordnung mit einem derart hohen Anteil an Mietwohnungen, schon gar nicht an geförderten Mietwohnungen. Der soziale Wohnbau in dieser Stadt ist weltbekannt. Sie differenzieren sehr stark. Hat der Wohlfahrtsstaat Ihrer Einschätzung nach Zukunft? Maas: Solange man die Mittelklasse und die soziale Durchmischung als einen essenziellen Wert einer heterogenen Gesellschaft erkennt, dann ja, dann bleiben wir unseren sozialen und ethischen Prinzipien treu. In Gesellschaften, in denen die Mittelklasse keine Rolle spielt oder womöglich schon längst verdrängt wurde, ist der Wohlfahrtsstaat, sofern dieses System überhaupt angestrebt wird, à la longue nicht überlebensfähig. Daran kann kein Architekt dieser Welt etwas ändern. Wo positionieren Sie sich persönlich? Maas: Ich bin durch und durch Europäer. Sie arbeiten gerade an einer Studie für Barcelona. Aufgrund des Platzmangels in der Stadt haben Sie vorgeschlagen, eine Stadt über der Stadt zu errichten. Ironie? Maas: Ja, das ist ein ironisches Projekt. Aber ich liebe es, ich finde es wunderschön. Ich kann mir sehr gut vorstellen, eines Tages so eine Struktur zu realisieren. Barcelona ist ein prominenter Platzhalter. Realistisch gesehen gibt es aber genug Städte, die zu dicht und zu gesichtslos sind und die sich für so einen Eingriff eignen würden. Das Wichtigste an diesem Projekt ist ja die Komponente der Selbstversorgung. Die Menschen könnten in der Stadt über der Stadt selbst Obst und Gemüse anbauen. Durch ein Postrohrsystem könnte man die Ernte zwischen den einzelnen Stadtteilen hin- und hertransportieren.
Where do you position yourself personally? Maas: I am a European through and through. You are working at present on a study for Barcelona. On account of the shortage of space in the city you have proposed erecting a city above the city. Is this meant ironically? Maas: Yes, the project is ironical. But I love it, I find it really beautiful. I can easily imagine carrying out a structure like this someday. Barcelona is a prominent placeholder. Looked at realistically there are enough cities that are too dense and too faceless and that are suitable for an intervention of this kind. The most important thing about this project is the component of self-sufficiency. In the city above the city people could grow their own fruit and vegetables. By means of a pneumatic tube the harvest could be transported back and forth between the different parts of the city. Isn’t that rather terrifying? Maas: No, it’s a wonderful, intelligent idea. It should be regarded as a kind of vision, as a kind of dream laboratory for the future. How far can dreaming go? Maas: Dreams can be infinite. Are there any boundaries for an architect? Are there limits for Winy Maas? Maas: As far as I am concerned there are none! The century of mediocrity is over. It’s time again for a revolution.
Ist das nicht erschreckend? Maas: Nein, das ist ein wunderschöner, intelligenter Gedanke. Sehen Sie das bitte als eine Art Vision, als eine Art Traumlabor für die Zukunft. Wie weit kann Träumen gehen? Maas: Unendlich weit. Gibt es irgendwelche Grenzen für einen Architekten? Gibt es Grenzen für Winy Maas? Maas: Wenn es nach mir geht, nicht! Das Jahrhundert des Mittelmaßes ist vorbei. Es wird wieder Zeit für eine Revolution.
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Anne Lacaton
„Wir bauen billiger. Und daher schaffen wir es, um das gleiche Budget mehr Wohnraum zu schaffen. Der wahre Luxus ist nicht die Größe an sich, sondern der Freiraum für zusätzliche Nutzungen, die sich manchmal erst nach Wochen und Monaten ergeben.“ Anne Lacaton in ihrem Pariser Büro im 10. Arrondissement. “We build more cheaply. And therefore we manage to create more living space for the same budget. But the real luxury isn’t the size per se but the space for additional functions that sometimes only emerge after weeks and months.” Anne Lacaton in her office in the 10th arrondissement in Paris.
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IM GESPRÄCH INTERVIEW
RAUM FÜR FREIE GEDANKEN APARTMENT SIZE MATTERS
Das Pariser Architekturbüro Lacaton & Vassal hat den sozialen Wohnbau revolutioniert. Anne Lacaton und JeanPhilippe Vassal bauen so billig, dass sie um das gleiche Geld Lofts errichten können, die rund doppelt so groß sind wie herkömmliche Wohnungen . Und das zu gleichen Mietkosten. Ein Gespräch mit Anne Lacaton
The Paris-based architects Lacaton & Vassal have revolutionised social housing. Anne Lacaton and JeanPhilippe Vassal build so cheaply that, for the same cost, they can erect lofts that are around twice the size of standard apartments. And for the same rents. A conversation with Anne Lacaton
Bei sozialem Wohnbau und Paris denkt man automatisch an die Vororte der 60er und 70er Jahre, an die so genannten Banlieues, nicht aber an die Innenstadt. Wie ist die Situation heute? Lacaton: Ja, damals wurden rund um Paris sehr viele Wohnungen errichtet. Leider ist die Situation in den Banlieues sehr angespannt, denn in den meisten Fällen wurden daraus soziale Ghettos. Heute ist man klüger. Man weiß, dass eine Stadt nicht nur aus Wohnhäusern besteht, sondern auch aus Infrastruktur, Arbeitsplätzen, sozialen Treffpunkten und kulturellen Einrichtungen. Aktuell mangelt es im Großraum Paris an rund 200.000 geförderten und freifinanzierten Wohnungen. Hinzu kommt, dass die meisten Wohnungen sehr teuer sind. Und je teurer die Miete wird, desto mehr Menschen ziehen ins Umland. Was das für Folgen für den Verkehr und für die soziale Durchmischung in der Stadt hat, kann man sich leicht ausmalen.
Social housing in conjunction with Paris automatically brings to mind the suburbs from the 1960s and 1970s, the so-called banlieues, but not the inner city. What is the situation today? Lacaton: Yes, back then a lot of housing was erected around Paris. Unfortunately the situation in the banlieues is fraught with tension, as in most cases they have become social ghettos. Today we know that a city doesn’t consist just of apartment buildings but also of infrastructure, working, social meeting points and cultural facilities. Currently in the greater Paris area there is a shortage of about 200,000 subsidised and privately financed apartments. An additional factor is that most apartments are very expensive. And the higher the rents become, the more people tend to move out to the surrounding areas. You can easily imagine what consequences this has for traffic and for the social mix in the city.
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Das klingt nach einer ziemlich vertrackten Situation. Lacaton: Die Ausgangslage ist nicht die beste. In den letzten 20 Jahren gab es im Wohnbau eine Stagnation. Noch schlimmer ist, dass in den letzten fünf Jahren viele Wohnhäuser zerstört wurden, ohne dass man sie durch eine entsprechende Anzahl an Neubauten ersetzt hat. Das soll nun wieder aufgeholt werden. 200.000 Wohnungen zu bauen wird man natürlich nicht schaffen. Aber man wird hoffentlich in der Lage sein, das Problem zu lindern. Welche Rolle spielt in dieser Wohnraumbeschaffung, die der Stadt bevorsteht, der geförderte Wohnbau? Lacaton: Eine sehr wichtige! Und zwar nicht nur in der Abdeckung der Wohnbedürfnisse, sondern erstaunlicherweise auch als Trendsetter. Wenn man sich die Projekte der letzten 50 Jahre anschaut, dann merkt man sofort, dass die meisten Innovationen im sozialen Wohnbau stattgefunden haben. Ein tolles Phänomen! Können Sie ein Beispiel nennen? Lacaton: Es gibt neue Materialien, neue Grundrisslösungen, mehr Freiräume, Miteinbeziehung von Grün, und auch ein bisschen Humor. Das ist eine wichtige Komponente im Wohnen, die meiner Meinung nach oft unterschätzt wird. Ganz allgemein finde ich, dass man in den Projekten der jüngeren Generation eine gewisse Absicht erkennt, noch mehr in diese Richtung zu unternehmen.
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That sounds like a pretty desperate situation. Lacaton: The starting point is certainly not the best. In the last twenty years housing construction has stagnated and, even worse, in the last five years many housing blocks have been torn down and not replaced by the same amount of new housing. In the next years it is planned to catch up. Of course it will not be possible to erect 200,000 apartments. But hopefully we will be in a position to alleviate the problem. In the need to create living space that now confronts the city what role does subsidized housing play? Lacaton: A very important one! And not just in meeting housing needs but astonishingly also as a trendsetter. On looking at projects from the last fifty years you immediately notice that most of the innovations made were in the area of social housing. A great phenomenon! And they were? Lacaton: The use of new materials, new floor plan solutions, more outdoor spaces, incorporation of greenery, and in addition a certain humour. That is an important component in housing and one that, in my opinion, is often underestimated. In general, I find that the projects by the younger generation show a certain intention to change even more in this direction.
Anleitung zur Raumvergrößerung: Durch den Einsatz von Baumaterialien aus dem Lagerund Industriebau können die Baukosten reduziert und die Wohnflächen entsprechend vergrößert werden. Im Wohnhaus in Mulhouse können die zusätzlichen Räume wie bei einem Gewächshaus im Sommer und in der Übergangszeit als verlängertes Wohnzimmer mitgenutzt werden.
Guide to expanding space: by using materials from warehouse and industrial construction building costs can be reduced and the amount of living space correspondingly increased. In the residential building in Mulhouse the additional rooms in summer and in the transitional times of the year can be used as an extension to the living area.
Das Büro Lacaton & Vassal liefert einen wichtigen Beitrag, wenn es um innovativen sozialen Wohnbau geht. Wie würden Sie Ihre Herangehensweise beschreiben? Lacaton: Wir bauen billiger. Und daher schaffen wir es, um das gleiche Budget mehr Wohnraum zu schaffen. Normalerweise müssen Sie im sozialen Wohnbau mit Baukosten von etwa 1.500 Euro pro Quadratmeter rechnen. Die Wohnungen bestehen dann aus einem Wohnzimmer mit 20 Quadratmetern und ein paar kleinen Schlafzimmern mit zehn oder elf Quadratmetern. Wir kennen das alle. Die Wohnungen, die mein Partner Jean-Philippe Vassal und ich planen, sind meist viel größer als die normalen geförderten Wohnungen, die man am Markt vorfindet. Und das ist gut so, denn ich finde, jede Wohnstätte sollte zumindest ein bisschen den Charakter einer Villa haben. Auch mitten in der Stadt. Für den Bauträger ist nur eines wichtig: Eine Wohnung kostet ihn in der Errichtung rund 120.000 Euro netto. Das ist die Zahl, die wir nicht überschreiten dürfen. Der Rest ist Auslegungs- und Interpretationssache.
The office of Lacaton & Vassal makes an important contribution in the area of innovative social housong. How would you describe your approach? Lacaton: We build more cheaply. And therefore we manage to create more living space for the same budget. In social housing you normally have to reckon with construction costs of around 1,500 euros per square metre. These apartments consist of a 20-square-metre living room and few small bedrooms measuring ten or eleven square metres. We all know apartments of this kind. The apartments we design, my partner Jean Philippe Vassal and I, are generally much larger than the normal subsidised apartments that you find on the market. We think that every apartment should offer something similar to the character and the facilities of a villa, even in a dense city. For the building developer only one thing is important. Constructing an apartment costs him a net figure of around 120,000 euros. The important thing is that we should not exceed this figure. Everything else is a matter of interpretation.
Wie groß sind die Wohnungen, die Sie planen? Lacaton: Eine übliche Familienwohnung im sozialen Wohnbau hat rund 75 bis 85 Quadratmeter. Unsere Wohnungen haben im Schnitt zwischen 120 und 150 Quadratmeter. Und wissen Sie, was der wirkliche Luxus daran ist? Es ist der zusätzliche Wohnraum, der nicht schon von der ersten Minute an mit Funktionen belegt und millimetergenau durchgeplant ist, sondern dessen Nutzung sich manchmal erst nach Wochen und Monaten ergibt. Das ist Luxus!
How large are the apartments that you design? Lacaton: In social housing a standard family apartment measures between 75 and 85 square metres. Our apartments are, on average, around 120 to 150 square metres in area. And do you know what the real luxury is here? It is the additional living space, which is not allotted specific functions from the very start or planned in detail down to the last millimetre. Instead the way it is used is established gradually over a period of weeks and months. Now that is luxury!
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Wie gelingt es Ihnen, so günstig zu bauen? Gibt es eine Zauberformel? Lacaton: Wir orientieren uns an Lager- und Industriebauten und planen sehr einfache, rigide Strukturen, die dann mit industriell vorgefertigten Elementen oder mit ganz klassischen Baustoffen geschlossen werden. Beton, Holz, Glas und Gipskarton. Allein dadurch können wir schon günstiger bauen. Doch darüber hinaus bieten wir unseren Kunden so genannte Extraflächen beziehungsweise Bonuskubaturen an. Das sind – wenn Sie so wollen – zweitrangige Wohnräume, die meist nur im Frühjahr, im Sommer und im Herbst oder untertags an sehr, sehr sonnigen Wintertagen benutzt werden können. Meist orientieren sich diese Konstruktionen an Gewächshäusern und bestehen aus unverzinktem Stahl und diversen Kunststoffen wie etwa Polycarbonat. Es ist einfach zu handhaben und zu ersetzen, und außerdem kann es leicht recycelt werden. Wir arbeiten gerne mit diesem Material.
How do you manage to build so economically? Is there a magic formula? Lacaton: In order to build more generously we orient ourselves on warehouse and industrial buildings and design very simple rigid structures that we then infill with industrially prefabricated elements or with classic building materials: concrete, wood and glass, plasterboard. This of itself enables us to build economically. But in addition we offer our clients what are called “bonus volumes” or “extra space”. These are – if you like – secondary living areas which generally can be used at their optimum, in spring, summer and autumn or during the daytime on very, very sunny winter days. In winter it becomes a very efficient bio-climatic envelope. Generally these constructions are based on greenhouses and are made of steel and various synthetic materials such as polycarbonate. We like working with this material because it is very easy to use and to replace, and it can be recycled.
Das heißt, im Sommer ist das nutzbare Haus größer als im Winter? Lacaton: Genau das ist der Punkt. Mit der Jahreszeit verändert sich auch das Wohnen. Im Winter leben sie kompakter und zurückgezogener, in den warmen Monaten dehnt sich das Wohnen aus, und plötzlich wird der Wintergarten zum Wohnzimmer, die Terrasse zum Schlafraum mit Hängematte, der gedeckte Garten zum Essplatz zwischen Zimmerpflanzen und Palmen. Mich erinnert das immer an Finnland, wo die Menschen in manchen Teilen des Landes auf ihrem Grundstück ein großes, offenes und ungedämmtes Haus für den Sommer haben – und ein kleines, kompaktes und gut beheiztes für den Winter. Das ist clever.
That means that in summer the usable area of the house is larger than in winter? Lacaton: That’s precisely the point. The way we live changes with the seasons. In winter we live more compactly, in a more withdrawn way, in the warm months living space expands and the winter garden suddenly becomes the living room, the terrace a bedroom with a hammock, the covered garden a dining area between house plants and palms. This reminds me of Finland where in some parts of the country people have, on the same site, a large, open and uninsulated house for the summer, and a small, compact and well-heated one for the winter. That's clever.
Sanierung statt Abbruch und Neubau: Anne Lacaton und ihr Partner Jean-Philippe Vassal setzen sich für einen sinnvollen Umgang mit baulichen Ressourcen ein. Im Falle des Tour Bois le Prêtre wurde vor das bestehende Gebäude eine neue Stahlkonstruktion gesetzt. Durch die zusätzliche Wohnfläche ergeben sich vergrößerte Wohnräume, Loggien, Balkone und eine weitaus bessere Energieeffizienz.
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Refurbishment instead of demolition and new construction. Anne Lacaton and her partner Jean-Philippe Vassal are committed to a sensible use of building resources. In the case of the Tour Bois le Prêtre a new steel construction was placed in front of the existing building. The additional living space produces larger living rooms, loggias, balconies, and far better energy efficiency.
„Es ist wichtig, dass sich Architektinnen und Architekten an einem bestimmten Punkt aus der Planung zurückziehen und die Detailgestaltung der Wohnung den Menschen überlassen, die darin wohnen werden“, sagt Anne Lacaton. „Auch wenn sie die zusätzliche Kubatur nur als Dschungel voller Zimmerpflanzen und Zitronenbäumchen nutzen.“ “It’s important that architects withdraw from a design at a certain point and leave the detail design of the apartment up to the people who are going to live in it”, says Anne Lacaton. “Even if they use the additional volume only as a jungle filled with house plants and little lemon trees.”
Wann wurde das erste Projekt dieser Art realisiert? Lacaton: Unser allererstes Projekt haben wir 1992 fertiggestellt. Das war das Haus Latapie in Bordeaux. Die Familie hatte ein Grundstück am Rand der Stadt und rund 60.000 Euro zur Verfügung, um damit ein Haus zu bauen. Das ist nicht viel Geld für ein ganzes Haus. Wir dachten uns damals: Das Einfachste wäre wohl, ein kleines und kompaktes Haus zu entwerfen. Aber ist es das, was diese Familie von uns will? Also sind wir den umgekehrten Weg gegangen und haben uns überlegt, wie wir mit billiger Bauweise und günstigen Materialien das Maximum an Fläche und Raum herausholen können. Im Endeffekt ist es uns gelungen, mit dem Budget rund 180 Quadratmeter Wohnfläche zu schaffen.
When was the first project of this kind carried out? Lacaton: We completed our very first project in 1992. That was the Latapie House in Bordeaux. The family owned a site on the outskirts of the city and had around 60,000 euros to build a house on it. That’s really not a lot of money for an entire house. We thought to ourselves back then: the easiest response to a commission of this kind would be to design a small, compact house. But is that really what the family wants from us? So we took a very different approach and considered how we could obtain a maximum floor area and amount of space using cheap building construction methods and economical materials. Ultimately we succeeded in providing 180 square metres of living space with this budget.
Vom Einfamilienhaus zum Massenwohnbau ist es ein weiter Weg. Wie einfach war es, den ersten gemeinnützigen Bauträger von diesem Konzept zu überzeugen? Lacaton: Zwischen unseren Einfamilienhausprojekten und dem ersten sozialen Wohnbau sind tatsächlich viele Jahre vergangen. Wie so oft war die konkrete Situation eine Frage des Glücks. Der gemeinnützige Bauträger Somco hat 2003 sein 150-jähriges Bestehen gefeiert und hat ein paar Architekturbüros zu einem Wettbewerb für ein Wohnhaus in Mulhouse eingeladen. Die Bauaufgabe lautete, innovativen Wohnbau zu machen. Wir durften vorschlagen, was wir wollen. Die einzige Bedingung war, das Baubudget einzuhalten.
But the path from the single-family house to mass housing is a long one. How easy was it to convince the first non-profit developer of your concept? Lacaton: It’s true that quite a number of years passed between our single-family house projects and the first social housing block. As so often the case, the concrete situation was a question of luck. The non-profit developer Somco celebrated its 150th anniversary in 2003 and invited a number of architects to take part in a commission for an apartment building in Mulhouse. The objective was to create innovative housing. We were allowed to propose what we wanted. The only requirement was to stay within the budget.
Wie wurde das Projekt von den Bewohnerinnen und Bewohnern angenommen? Lacaton: Mit Verwunderung und großer Freude! Nach und nach haben die Leute begonnen, die zusätzlichen Räume zu möblieren und sich anzueignen, und sie haben das Projekt
How was the project received by the residents? Lacaton: With amazement and great delight! People began gradually to furnish the additional rooms and to appropriate them, and in this way they augmented the project and, in some cases, totally changed it. When we visit some of the families or when we have
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dadurch ergänzt, ja zum Teil sogar total verändert. Wenn wir bei manchen Familien zu Besuch sind oder dort einen Fototermin haben, sehen wir immer wieder, wie sich die Leute den Raum angeeignet haben. Und wir sind immer wieder überrascht von deren Kreativität! Inwiefern? Lacaton: Manchmal ist die von uns geschaffene Bonuskubatur eine Werkstatt, manchmal eine Bibliothek, manchmal ein Tischtennis-Raum, manchmal ein paradiesisches Wohnzimmer, manchmal ein Dschungel voller Zimmerpflanzen und Zitronenbäumchen, manchmal einfach nur ein Abstellraum. In den meisten Fällen aber ist es so, dass die Leute im Frühling damit anfangen, den Tisch in den Wintergarten zu stellen oder die Couch und das Bett ins Freie zu rollen. Das beweist, dass die Wünsche der Bewohnerinnen und Bewohner kein Einzelfall sind, sondern häufig vorkommen. Das klingt schön. Lacaton: Und wie! Wissen Sie, es ist wichtig, dass sich Architektinnen und Architekten an einem bestimmten Punkt aus der Planung zurückziehen und die Detailgestaltung der Wohnung den Menschen überlassen, die darin wohnen werden. Von Planung bis zur letzten Türschnalle und bis zur letzten Blumenvase halte ich nicht viel. Auch nicht im Einfamilienhausbereich. Aktuell beschäftigen Sie sich mit der thermischen Sanierung und Vergrößerung von Wohnbauten aus den 60er und 70er Jahren. Lacaton: Ja, das ist ein wichtiger Aufgabenbereich. Es gibt in Frankreich ein nationales Programm für Stadtsanierung. In diesem Zuge sollen alte und heruntergekommene Wohnviertel wieder auf Vordermann gebracht werden. Fakt aber ist, dass in den meisten Fällen alte Bausubstanz abgerissen und durch Neubauten ersetzt wird. Auf diese Weise wurden allein im Großraum Paris schon 120.000 Wohnungen zerstört. Eine Wohnung kostet im Abbruch und Neubau im Durchschnitt zwischen 150.000 und 180.000 Euro. Das ist ein sehr unsinniger Umgang mit Ressourcen, nicht sehr clever. Wir haben daher vorgeschlagen, die bestehende Bausubstanz zu nutzen, zu sanieren und flächenmäßig zu erweitern. Das kostet lediglich zwischen 40.000 und 60.000 Euro pro Wohnung. Das ist ein großer Unterschied. Das eröffnet Möglichkeiten zu einer radikalen Transformation dieser Gebäude. Wie konkret sieht so ein Umbau aus? Lacaton: Beim Umbau des Tour Bois le Prêtre, den wir kürzlich mit unserem Partner Frédéric Druot fertigggestellt haben, wurde vor das bestehende Haus eine Stahlkonstruktion gesetzt. Wir haben die Decken betoniert, einen neuen Fußboden verlegt und eine neue Fassade aus Glas und Polycarbonat errichtet. Und das Wichtigste ist: Der gesamte Umbau konnte bei laufender Nutzung aller 97 Wohnungen stattfinden. Aus diesem Grund mussten die Leute nicht einmal ausziehen. Nur einmal wird es ungemütlich, und zwar, wenn die alte Außenwand abgebrochen und die Wohnung an den erweiterten Wintergarten angeschlossen wird. Das dauert je nach Wohnungsgröße ein bis zwei Tage. Danach mussten nur noch kleinere Endarbeiten gemacht werden.
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a photo shoot there we regularly see what people have done with the space. And we are repeatedly surprised by their creativity! In what sense? Lacaton: In some cases the bonus volume that we created has become a workshop, in others a library, in some places it’s a jungle full of house plants and lemon trees, and sometimes just a storage space. In most cases, however, the people start in spring to move the table into the winter garden or to roll the couch and the bed outdoors. This project shows that the wishes are as diverse and wide-ranging as the residents themselves. That sounds lovely. Lacaton: And how! You know, it’s important that architects withdraw from a design at a certain point and leave the detail design of the apartment up to the people who live in it. I don’t think much of planning down to the last door handle and flower vase. Not in the single-family house, either. At the moment you are looking at expanding and thermal retrofitting apartment buildings from the 1960s and 1970s. Lacaton: Yes, this is a very important area. In France there is a national programme for urban renovation. As part of this old and run-down residential districts are to be completely upgraded. The fact is that in most cases this means that the old building fabric is demolished and replaced by new buildings. In the greater Paris area alone 120,000 apartments were destroyed in this manner. The demolition and new erection of an apartment costs on average between 150,000 and 180,000 euros. This is a senseless way of using resources, not particularly clever. We therefore proposed using the existing building fabric, renovating it and increasing the floor area of the dwellings. That costs only between 40,000 and 60,000 per apartment. That’s an enormous difference. That opens the way to a radical transformation of all these buildings! In concrete terms what does a transformation of this kind look like? Lacaton: In the transformation of the Tour Bois le Prêtre in Paris that we recently completed with our colleague Frédéric Druot we placed a steel construction in front of the existing building. We made the slabs in concrete, laid a new floor and erected a new façade of glass and polycarbonate. And the most important thing is: the entire transformation could be carried out while all of the 97 apartments were still in use. That meant the residents did not have to move out. It became somewhat uncomfortable just once, when the old external wall was demolished and the apartment was connected to the extended winter garden. Depending on the size of the apartment, building the extension took one or two days. And then only the finishes had to be done. That sounds very clever. Why isn’t this kind of thing done more often in social housing? Lacaton: If I only knew! It would be very easy to implement this model on a wide scale. I believe there is still a lack of openness and willingness to use new models and to experiment. But I should not complain. I think that since our first housing project in 2003 we have achieved a great deal. I am happy that the awareness of this theme is growing.
Das klingt sehr clever. Warum findet so etwas im sozialen Wohnbau nicht öfter statt? Lacaton: Wenn ich das wüsste! Es wäre sehr einfach, so ein Modell flächendeckend umzusetzen. Ich glaube, es mangelt immer noch an der Offenheit und Bereitschaft, sich auf neue Modelle und Experimente einzulassen. Aber ich darf mich nicht beklagen. Ich glaube, dass wir seit unserem ersten Wohnbauprojekt 2003 schon viel erreicht haben. Ich freue mich, dass das Bewusstsein für das Thema steigt. Wie wird in den von Ihnen geplanten Wohnungen die Miethöhe festgelegt? Mehr Fläche – bedeutet das automatisch auch mehr Miete? Lacaton: Das ist tatsächlich ein sehr wichtiger Punkt. Wie immer orientiert sich auch in Frankreich die Miete an der Größe der Wohnung. Nachdem wir größere, aber gleichzeitig immer noch leistbare Wohnungen errichten wollen, mussten wir ein eigenes Berechnungsmodell für die Miete dieser Wohnungen entwickeln. Einerseits mieten die Leute tatsächlich mehr Fläche, und daher wäre es legitim, mehr Miete zu verlangen. Andererseits kosten die Wohnungen in der Errichtung keinen Cent mehr, insofern braucht der Bauträger oder Investor auch nicht mehr einzunehmen. Unsere Kunden sind ausschließlich gemeinnützige Bauträger. Die Gespräche über die Miethöhe sind bei all unseren sozialen Wohnbauten bisher immer erfolgreich über die Bühne gegangen. Wir teilen das gleiche Ziel. Wir wollen mehr Wohnfläche für die Bewohner – und nicht mehr finanzielle Belastung. Die Mieterinnen und Mieter sind damit einverstanden? Lacaton: Alle sind happy. Wir hören keine Klagen. Erste Abschlussfrage: Wie lautet Ihre Vision für die Zukunft? Lacaton: Meine Vision ist genau das, was ich tagtäglich mache. In der Schaffung von innovativem, leistbarem Wohnraum sehe ich einen essenziellen Beitrag für die Zukunft. Damit könnten die Lebensumstände in der Großstadt für viele Menschen deutlich verbessert werden. Jean-Philippe und ich werden unserer Auffassung von Architektur treu bleiben und diese ökologischen und sozialen Ideen weiterentwickeln und weiterentwickeln und weiterentwickeln.
How are the rents for the apartments you design calculated? More floor area – does that automatically mean a higher rent? Lacaton: That is indeed a very important point. The rent in France, like elsewhere, is based on the size of the apartment. Since our aim is to build larger but still affordable apartments, it is of course necessary to develop a new way of calculating the rent. On the one hand people do indeed rent more floor space, but on the other hand the erection of these apartments does not cost a cent more and consequently there is no reason for the owner to demand more. As our clients are all non-profit developers, in all the housing projects we have done so far the discussion on this question has ended successfully. We share the same aim to create an additional spatial value for people in social housing – and not an additional financial burden. And the tenants are in agreement? Lacaton: Everyone is happy. We don’t hear any complaints. A final question: what is your vision for the future? Lacaton: My vision is exactly what I do day in, day out. I see the creation of innovative, affordable living space as an essential contribution for the future and, especially, a prerequisite for increasing the quality of life in our cities and making this quality available to many people. Jean-Philippe and I will remain faithful to our understanding of architecture and will develop these ecological and social ideas further and further and further. Second final question: what is your own apartment like? Lacaton: Jean-Philippe and I spend a lot of time in the office. Of course to work, but not only that. The space is large, bright and quiet, and we feel very well here. For the rest of the time we live in a 40-square-metre apartment on the top floor of a modern apartment building dating from the 1970s. We can’t afford anything bigger in Paris. But we have a lovely balcony with a view of the city. But you know, all the same, it is not right that living in a big city automatically implies living in a small and expensive apartment. This must change, and it is also our responsibility as architects to help bring about this change. We are working actively for this.
Zweite Abschlussfrage: Und wie wohnen Sie selbst? Lacaton: Wir verbringen viel Zeit im Büro. Natürlich in erster Linie, um hier zu arbeiten, aber nicht nur. Der Raum ist groß, hell und leise. Wir fühlen uns hier sehr wohl. Ansonsten wohnen wir in einer 40-Quadratmeter-Wohnung im letzten Stock eines Wohnhauses aus den 70er Jahren. Mehr können wir uns nicht leisten. Aber dafür haben wir einen schönen Balkon mit Blick auf die Stadt. Und trotzdem: Ist es nicht verrückt, dass das normale Leben in der Stadt automatisch bedeutet, in einem kleinen und teuren Apartment wohnen zu müssen? Das muss sich ändern! Und es ist unsere Verantwortung, uns an diesem Wandel aktiv zu beteiligen. Wir arbeiten daran.
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Hallo Nachbarin !
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LEBEN TÜR AN TÜR SOCIAL LIFE
DAS VERLÄNGERTE WOHNZIMMER MY OWN FOUR WALLS AND BEYOND Ein ungarisches Sprichwort besagt: „Kein There is a Hungarian proverb that says: Mensch ist so reich, dass er nicht seinen “No one is so rich that he doesn’t need his Nachbarn bräuchte.“ Der französische Dra- neighbours.“ The French dramatist Marcel matiker Marcel Achard meinte: „Nachbarn Achard said: “Neighbours are tests that life sind die Prüfungsaufgaben, die uns das sets us.” And the Israeli satirist Ephraim Leben stellt.“ Und der israelische Satiriker Kishom once wrote in a satire: “You choose Ephraim Kishon schrieb in seinem Buch your friends, you can detach close relatives, Die netten Nachbarn: „Freunde erwählt but neighbours remain neighbours.” man, nahe Verwandte kann man entfernen, Nowhere are neighbours closer than aber Nachbarn bleiben Nachbarn.“ in social housing. Dozens, in some cases Nirgendwo ist die Nähe zum Nächsten even hundreds, of people live together in a größer als im sozialen Wohnbau. Dutzende, compact area and not only share a roof but ja manchmal hunderte Menschen leben also a lift that is far too small, the smell of auf kompaktem Raum zusammen und tei- grilling on the terrace, and noises at nightlen sich nicht nur das Dach, sondern auch time. Living together in large numbers is a den viel zu kleinen Aufzug, den Grillduft potential source of conflict. And sometimes auf der Terrasse, die nächtliche Geräusch- anonymity and the fear of the neighbourkulisse. Das Wohnen in der Masse birgt hood are so great that when there is a conKonfliktpotenzial. Und manchmal sind die tentious issue people tend more to contact Anonymität und die Angst vor der Nach- the building administration service or the barschaft so groß, dass im Zweifelsfalle police rather than knocking on their neigheher die Hausverwaltung oder die Polizei bour’s door in order to clarify the matter. verständigt wird, anstatt an Nachbars Tür “For a long time the primary function of zu klingeln und den Dialog aufzunehmen. social housing was seen as the provision „Lange Zeit diente der geförderte Wohn- of adequate living space for large numbers bau in erster Linie der Errichtung von ad- of people”, says architect Albert Wimmer. äquatem Wohnraum für eine große Zahl “The emphasis was on enabling people von Menschen“, sagt Architekt Albert to live alongside each other with as little Wimmer. „Im Vordergrund stand das mög- friction as possible. Notions of neighbourlilichst reibungslose Nebeneinander der ness were generally neglected.” There are Bewohnerinnen und Bewohner. Das Mitei- more than enough examples of such annander blieb dabei meist auf der Strecke.“ onymous and (hardly) social architecture as Beispiele für diese anonyme und wenig practiced in the 1960s and 1970s. Not only soziale Architektur, wie sie bis in die 60er in the high-rise residential blocks in Hong und 70er Jahre praktiziert wurde, gibt es Kong, not just in the housing machines of zur Genüge. Nicht nur in den Wohnhoch- São Paulo, not just in the banlieues around häusern von Hongkong, nicht nur in den Paris, but also in Vienna. Our cities are full Wohnmaschinen von São Paulo, nicht nur of them. in den Banlieues rund um Paris, sondern auch in Wien. Die Städte sind voll davon.
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Freie Flächen für freie Zeit. Links: Landschaftspark in Monte Laa, gestaltet von Martha Schwartz und 3:0 Landschaftsarchitektur. Rechts: Quartier Helgoland in Wien-Brigittenau.
Social life outdoors. Left: landscape park in Monte Laa, designed by Martha Schwartz and 3:0 Landschaftsarchitektur. Right: Helgoland district in Brigittenau.
Einer der ersten Architekten Österreichs, der dieser Anonymität um jeden Preis trotzen und ihr ein Gegenmodell bieten wollte, ist Harry Glück. Entgegen dem Trend der damaligen Zeit – serielle Wohnungsstapelung und Abschottung vom nachbarschaftlichen Rundherum – begann er, Kinderspielräume zu planen und die Dächer seiner Wohnhausanlagen mit Gemeinschaftsterrassen, Saunakabinen und offenen Swimmingpools zu bestücken. „Ich folge dem Modell der englischen Sozialisten des 19. Jahrhunderts“, erklärte Glück vor einigen Jahren in einem Interview. „Ich bemühe mich, das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl zu schaffen.“ Die von ihm geplante Wohnhausanlage Alt-Erlaa, die sich bei den Mietern und Eigentümerinnen laut etlichen durchgeführten Studien in den letzten Jahren bis heute größter Beliebtheit erfreut, zeugt davon. Natürlich mit einem erfrischend kühlen, hellblauen Becken am Dach. „Das offene Schwimmbad ist ein Naturerlebnis“, sagt der 87-jährige Wiener Architekt. „Und es ist jener Ort, an dem die Kommunikation zwischen den Bewohnern beginnt, weil es eine bandstiftende Situation darstellt.“ Statistisch gesehen werden die Schwimmbäder in Glücks Wohnbauten von über 90 Prozent der Bewohner aufgesucht: von zwei Dritteln regelmäßig, von einem Drittel gelegentlich. Glück: „Das reicht offenbar aus, um Kommunikation in Gang zu setzen. Wenn jemand von der Arbeit heimkommt, sich umzieht und mit dem Lift aufs Dach fährt, so trifft er dort wahrscheinlich Tag für Tag die gleichen Nachbarn. Spätestens am dritten Tag wird er sie grüßen.“
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One of the first architects in Austria who wanted to counteract this anonymity at any price and to offer an alternative model, was Harry Glück. In contrast to the prevailing trend at that time – serial stacking of housing space and detachment from the surrounding neighbourhood – he began to design children’s play areas, and to enhance the roofs of his housing complexes with communal terraces, saunas and open-air swimming pools for everybody. “I follow the model of the 19th century English socialists”, said Glück in an interview he gave a number of years ago. “I endeavour to create the greatest good for the greatest number of people.” His Alt-Erlaa housing development, which, according to a number of surveys carried out in recent years among the tenants and apartment owners, remains extremely popular, illustrates this approach. And of course it has a refreshingly cool, light blue pool on the roof. “The open-air swimming pool is an experience of nature”, says the 87-year-old Viennese architect. “And it is where communication between residents begins, as it is a situation where links can be established between people.” Statistics show that over 90 per cent of the residents use the swimming pools in Glück’s residential buildings. Two thirds regularly, one third occasionally. Glück: “Apparently that is enough to initiate communication. When someone comes home from work, changes their clothes and takes the lift up to the roof, they probably meet the same neighbours there day after day. By the third day at the very latest they will say hello to each other.”
Das größtmögliche Glück für die größtmögliche Zahl. Auf dem Dach des Wohnhauses ZIP gibt es einen offenen Swimmingpool und rundherum eine ca. 130 Meter lange Laufbahn.
Some housing complexes are not large Nicht immer erlaubt die Größe einer Anlage die Errichtung eines Schwimmbades. enough to justify the provision of a swimOft spricht die Wirtschaftlichkeit dagegen. ming pool. And often economic reasons Alternativen müssen her. „Ein Schwimm- prevent this. Alternatives must be found. bad am Dach ist nur eine Möglichkeit von “A swimming pool on the roof is only one vielen, um die Gemeinschaft zu fördern“, way among many of encouraging a sense meint Architekt Albert Wimmer. „Im Ge- of community”, says architect Albert Wimgensatz zur Architektur der 60er, 70er und mer. “In contrast to the architecture of the 80er Jahre bauen wir heute nicht mehr für 1980s, 70s and 80s today we are no longer ein homogenes soziales Milieu, sondern für building for a homogeneous social milieu ganz unterschiedliche Menschen und Fa- but for very different types of people and milien mit entsprechend unterschiedlichen families that have very different needs as Bedürfnissen, was das Wohnen und die far as living space and the use of leisure Freizeitgestaltung im unmittelbaren Wohn- time in the immediate surroundings of the umfeld betrifft. Entsprechend vielfältig home are concerned. The range of facilmuss das Angebot an die Bewohnerinnen ities offered to residents must be equally diverse and wide.” und Bewohner sein.“ On the roof of the ZIP residential buildAuf dem Dach des Wohnhauses ZIP in Wien-Brigittenau errichtete der Bauträger ing in Vienna-Brigittenau the developer laid eine rund 130 Meter lange Laufbahn. Sie a 130-metre-long running track. It is aimed soll all jene Mieter ansprechen, die ein paar at those tenants who prefer to run a few schnelle Runden nach dem Feierabend quick rounds at the end of their working einem ausgedehnten Jogging-Ausflug auf day rather than undertaking a jogging exdie Donauinsel vorziehen. Thomas Klee- pedition to the Donauinsel. One of these is wein ist einer von ihnen. Der leidenschaftli- Thomas Kleewein. This passionate jogger che Jogger wirft seine Kalorien zwar lieber actually prefers to shed excess calories
The greatest good for the greatest number of people: on the roof of the ZIP residential building there is an open air swimming pool and 130 metres of running track.
Schwitzen fördert die Gemeinschaft – nicht nur im öffentlichen Hallenbad, sondern auch in der Wohnhausanlage City X. Sweating encourages a sense of community. Not just in the public swimming pool but also in the sauna of the City X housing development.
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Erwachsene und Kinder lassen sich als Zielgruppe verhältnismäßig leicht definieren. Schwieriger haben es die Planer dagegen im Umgang mit Jugendlichen. Sie werden in der Gestaltung von Freiräumen meist außer Acht gelassen. Hier ist eine mögliche Lösung für das Problem: Volleyball- und Basketball-Platz in Monte Laa. Grown-ups and children can be relatively easily defined as target groups. But for planners young people pose more problems. In designing outdoor spaces their needs are generally not considered. Here is a possible solution: volleyball and basketball court in Monte Laa.
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an der Donau über Bord, doch wenn die Zeit knapp ist, springt along the Danube, but when time is short he changes into his er ins Trikot und bleibt im siebten Stock. „Viele Leute kommen running kit and travels no further than the seventh floor. “Lots of zum Laufen her, weil sie hier ungestört und weniger exponiert sind people come to run here because they are undisturbed and less als unten auf der Straße. Außerdem kann man danach gleich du- exposed than down below on the street. And of course you can shower immediately afterwards and then jump into the pool.” schen und in den Pool springen.“ In the district of Monte Laa Boston architect Martha Schwartz Im Stadtteil Monte Laa schufen die Bostoner Architektin Martha Schwartz und das Wiener Landschaftsplanungsbüro 3:0 einen and the Viennese landscape design office 3:0 created a skatepark. Park für Skater. Mitsamt Quarterpipes, Handrails, Flatrails und al- With quarterpipes, handrails, flatrails and all kinds of sporting oblerlei anderen sportlichen Hindernissen für die Fortbewegung auf stacles for those speeding around on a skateboard. And in the dem Brett. Und im Wohnhaus in der Pernerstorfergasse wurde apartment building on Pernerstorfergasse a miniature football auf der untersten Ebene des Innenhofs ein Miniatur-Fußballplatz pitch was laid out on the lowest level of the internal courtyard. errichtet. Eine kleine Sitztribüne für Zuschauer darf nicht fehlen. A small stand for spectators was, of course, essential. Directly Gleich daneben befindet sich der Zugang zur offenen Garage, in beside is the entrance to the open garage where the children der Kinder zwischen Stoßstangen und Kotflügeln hocken und Ver- squat and play hide-and-seek between bumpers and mudguards. stecken spielen. „… acht, neun, zehn“, tönt es aus dem Parkhaus. “… eight, nine, ten”, you hear the kids counting from the garage. “I’m coming!” „Ich komme!“ The fact is that children spend their time on ramps leading to Tatsächlich hielten sich Kinder meist auf Tiefgaragenrampen, auf Autoparkplätzen und auf Stiegenpodesten auf, also über- underground garages, in car parks and on staircase landings, i.e. all dort, wo es nicht erlaubt, zumindest nicht geplant sei, heißt wherever this is not allowed or at least not envisaged, it says in a es in einem Planungsleitfaden für kinderfreundlichen Wohnbau, design guide for child-friendly housing published by Kinderbüro herausgegeben vom Kinderbüro Graz. „Das heißt für die Planer Graz. For designers of housing projects this means “build the most
Verbote sind dazu da, ignoriert zu werden. Links: Illegales Radfahren in der City X. Rechts: Legales Fußballspielen in der Pernerstorfergasse. Bans are there to be ignored. Left: illegal cycling in City X. Right: football being legally played in Pernerstorfergasse.
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Michel Foucault wusste, wovon er spricht: „Der Garten ist ein Teppich, auf dem die ganze Welt ihre symbolische Vollkommenheit erreicht.“ In Monte Laa gibt es einen der wenigen City-Farming-Gärten Wiens. Das Projekt wurde von den Mieterinnen und Mietern selbst initiiert. Michel Foucault knew what he was talking about: „The garden is a rug onto which the entire world comes to enact its symbolic perfection.” Monte Laa boasts one of the few city farming gardens in Vienna. The tenants themselves initiated the project.
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von Wohnbauten: Baut die schönsten Tiefgaragen der Welt und Parkplätze primär für Kinder und sekundär für Daihatsus und Maseratis.“ Das gebaute Exempel funktioniert perfekt. Und das sogar schon wenige Monate nach Fertigstellung und Übergabe an die Bewohnerinnen. Spiel und Sport ist eine Möglichkeit, Kontakte zu fördern – Gartenarbeit eine andere. Es war Joseph Beuys, der als Erster das moralische Recht auf Gärten in der Stadt einforderte. Und sein Zeitgenosse Michel Foucault bezeichnete den Garten sogar als einen Teppich, auf dem die ganze Welt ihre symbolische Vollkommenheit erreiche. Was zu Lebzeiten der beiden Denker noch Utopie war, ist heute ein zunehmender Trend in den Großstädten. Der erste urbane Nutzgarten wurde 2000 in den USA gegründet: Auf der so genannten City Farm Chicago, nur wenige Schritte von der Downtown entfernt, werden seit mehr als zehn Jahren rund hundert unterschiedliche Kräuter- und Gemüsesorten angepflanzt. Mittlerweile ist die grüne Welle auch auf Europa übergeschwappt. In Städten wie Kopenhagen, Paris, Berlin, Hamburg und Leipzig entstehen immer mehr selbstinitiierte und selbstverwaltete Nutzgärten. Ein Pionier auf Wiener Boden befindet sich in Monte Laa. Auf Initiative der Mieterinnen und Eigentümer wurde ein Teil der Freiflächen zu einem kleinen Gemüsegarten ausgebaut. Aus der Erde sprießen Zucchini, Kohlrabi, Radieschen, Paprika, Mangold und Rote Bete, dazwischen immer wieder Sonnenblumen und Kräuter. Die hölzernen Seitenwände der Beete wurden von Kindern bemalt. Der Erfolg trägt Früchte. Im aktuellen rot-grünen Regierungsübereinkommen der Stadt Wien sollen die bisher realisierten Pilotprojekte weiter ausgebaut werden. „Gemeinsames Garteln fördert soziale Beziehungen und Nachbarschaftskontakte“, sagt die Wiener Planungsstadträtin Maria Vassilakou. „Der Ausbau von Community-Gardening-Projekten in Wien ist uns ein großes
beautiful underground garages in the world and design car parks firstly for children and secondly for Daihatsus and Maseratis.” The built example already functions perfectly – within just a few months of completion and handover to the residents. Play and sport offer one opportunity to encourage contacts. Gardening is yet another. Joseph Beuys was among the first to proclaim the moral right to gardens in the city. And his contemporary Michel Foucault even described the garden as a rug onto which the entire world comes to enact its symbolic perfection. What was still a utopian ideal during the lifetime of these two thinkers is today a growing trend in large cities. The first urban vegetable gardens were laid out in 2000 in the USA. On what is known as City Farm Chicago, just a few paces from downtown, people have been cultivating around a hundred different types of herbs and vegetables for more than ten years. In the meantime this green wave has washed onto Europe’s shores. In cities such as Copenhagen, Paris, Berlin, Hamburg and Leipzig more and more individually initiated and administered vegetable gardens have been made. The pioneers in Vienna are in Monte Laa. An initiative by the tenants and owners led to part of the
Haus der Barmherzigkeit in Ville Verdi. Sirin B. in ihrem Zimmer im ersten Stock der Wohngemeinschaft. Haus der Barmherzigkeit in Ville Verdi. Sirin B. in her room on the first floor of the residential community.
Anliegen. Ziel ist es, dass in jedem Bezirk zumindest ein Grätzelgarten geschaffen wird.“ Der Anfang ist geschafft. „Es gibt viele Möglichkeiten, innerhalb des Massenwohnbaus die Wohn- und Lebensqualität sowie die nachbarschaftlichen Kontakte zu verbessern”, erklärt Albert Wimmer. „Doch man kann Gemeinschaft nicht verordnen, man kann nur Angebote und Konditionen schaffen, die es den Leuten erleichtern, in Kontakt zu treten.“ Anders als in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg geht es hier um den Dialog zwischen Jung und Alt, zwischen Österreicherinnen und Migranten, zwischen gesunden Menschen in ihrer Lebensblüte und solchen, die auf fremde Hilfe angewiesen sind. Mehr und mehr tendieren die gemeinnützigen Bauträger dazu, das Wohnhaus als eine Art frei bespielbare Struktur aufzufassen. Aufgefüllt wird sie nicht mehr nur mit Wohnungen wie in der Vergangenheit, sondern darüber hinaus auch mit sozialen Einrichtungen, mit Wohngemeinschaften, mit Pflegeheimen für ältere oder behinderte Menschen. Im Wohnhaus in der Odeongasse betreibt die Magistratsabteilung für Kinder, Jugendliche und Familie der Stadt Wien (MA 11) eine 270 Quadratmeter große Wohngemeinschaft
outdoor space being made into a small vegetable garden. Zucchinis, kohlrabi, radishes, peppers, Swiss chard and beetroot now sprout there. Between them are sunflowers and herbs. The wooden walls edging the beds were painted by the children. This success is bearing fruit. As part of the agreement reached by the red-green coalition that currently governs the City of Vienna the pilot projects carried out so far will be developed further. “Gardening together encourages social relationships and contacts between neighbours”, says Maria Vassilakou, Vienna’s Executive City Councillor for urban planning. “The further development of community gardening projects in Vienna is one of our priorities. The goal is to establish at least one local garden in every district of the city.” A start has been made. “In the area of mass housing there are many different ways of improving the quality of life and housing, as well as contacts between neighbours”, explains Albert Wim- Oben: WG für Jugendliche in der Odeongasse. Der mer. “But you cannot prescribe a sense of 10-jährige Simon kämpft gerade gegen einen Boxsack. Unten: WG-Leiterin Angelika Rabl und Dorian J. community; you can only create the con- im Garten der Wohngemeinschaft Ville Verdi. ditions and provide the facilities that help people to make contact with each other.” Above: Residential community for young people in OdeonUnlike in the decades after the Second gasse. 10-year-old Simon is fighting a punch bag. Below: Angelika Rabl, the head of the community, and World War the issue today is dialogue be- Dorian J. in the garden of the Ville Verdi residential tween young and old, between Austrians community.
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Das Leben hat viele Facetten. Wohngemeinschaft im Haus der Barmherzigkeit in Ville Verdi. „Große und helle Räume sind für uns eine Grundvoraussetzung“, sagt die WG-Leiterin Angelika Rabl. Rechts: Jaqueline E. hat andere Interessen. Sie liebt das Meer. Life has many different facets: residential community in the Haus der Barmherzigkeit in Ville Verdi. “For us large, bright rooms are essential”, says the head of the community Angelika Rabl. Right: Jaqueline E. has other interests. She loves the sea.
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für Mädchen und Buben, die in ihrer Fami- and immigrants, between healthy people in the full flower of life lie Gewalt erfahren haben oder emotional and those who are dependent on help from others. The non-profit developers are tending more and more to intervernachlässigt wurden. Und in den Ville Verdi bei den Gaso- pret the apartment building as a kind of structure that can be freely metern leitet das Haus der Barmherzigkeit used in a number of different ways. It is no longer filled only with eine Habit-Wohngemeinschaft für geistig apartments as in the past but also with social services, residential und mehrfach Behinderte. Betreut wer- communities, nursing homes for elderly or disabled persons. In den Männer und Frauen im Alter zwischen the residential building in Odeongasse the Municipal Department 18 und 46 Jahren. „Das Zusammenleben 11, the Vienna Youth and Family Offices, runs a 270-square-metre mit den Mieterinnen und Mietern im Haus residential community for boys and girls that have suffered viofunktioniert sehr gut“, sagt die WG-Leiterin lence and emotional neglect in their families. And in the Ville Verdi, next to the gasometers, the Haus der Angelika Rabl. „Wie in der Großstadt üblich lebt man völlig ungestört Tür an Tür. Ich Barmherzigkeit runs a Habit residential community for people with kann mich nicht erinnern, dass es bisher severe mental or physical disabilities. Men and women between the ages of 18 and 46 are looked after here. “Living together with irgendwelche Probleme gegeben hat.“ „Seit rund 30 Jahren verfolgen wir in Ös- the other tenants in the building functions very well”, says Angelika terreich das Prinzip der Integration, und ich Rabl, the head of the community. “As is usual in large cities we live habe das Gefühl, dass sich die Gesellschaft next door to each other, without any disturbances. I can’t recall dadurch zum Positiven gewandelt hat“, er- any problems arising.” “For around 30 years we in Austria have been following the prinklärt Wolfgang Waldmüller, zuständiger Geschäftsführer im Habit-Integrationsteam ciple of integration, and I have the feeling that this has brought im Haus der Barmherzigkeit. „Manchmal about a positive change in society”, explains Wolfgang Waldmüller, entwickelt sich ein starkes Netzwerk mit the manager of the Habit integration team in the Haus der Barmden Nachbarn, und sie erkundigen sich herzigkeit. “Sometimes close links with the neighbours develop nach dem Wohlbefinden unserer Klienten and they ask how our clients are doing and sometimes even pay und leisten sogar Besuchsdienste.“ Vom visits.” Waldmüller is convinced that we all could learn something Zusammenleben unterschiedlichster Men- from the way very different kinds of people live together under one schen unter einem Dach, davon ist Wald- roof. “That is a social gain for everyone.” To make everyday life among the different groups of the populamüller überzeugt, könnten alle etwas lertion easier, developers are increasingly offering not only the built nen. „Das ist ein Social Profit für alle.“ Um den gelebten Alltag zwischen den setting but also the appropriate social infrastructure. Tenant supverschiedenen Bevölkerungsgruppen zu port is the specialist term used to describe this additional and erleichtern, bieten immer mehr Bauträger worthwhile feature. And the services offered are highly diverse. A nicht nur den baulichen Rahmen dafür an, few days after handover of the keys in the ZIP building the devel-
sondern zunehmend auch die entsprechende soziale Infrastruktur. Mieterbetreuung nennt sich diese zusätzliche, aber wertvolle Dienstleistung im Fachjargon. Und die gebotenen Dienste sind vielfältig. Wenige Tage nach der Schlüsselübergabe im Wohnhaus ZIP luden Bauträger und Architekt zu einem Barbecue-Fest auf die Dachterrasse. Ziel war das gegenseitige Kennenlernen aller Bewohnerinnen und Bewohner. In einigen größeren Wohnhausanlagen wie etwa Kai 302 wird alljährlich ein Sommerfest mit Life-Musik veranstaltet. Und in Monta Laa und Ville Verdi gibt es sogar ein eigenes Internet-Forum samt Veranstaltungskalender, Tauschbörse und Grätzel-Blog. Wie schreibt Ephraim Kishon über die Menschen auf der anderen Seite der Wohnungstrennwand? „Mit ihnen leben geht oft bis an die Schmerzgrenze – ohne sie leben kann man aber auch nicht. Nachbarn und ihre seltsamen Eigenheiten sind ein fast unerschöpfliches Thema für jedermann. Doch ohne sie wäre unser Leben so viel ärmer, denn auch die Hilfe unter Nachbarn ist legendär.“
opers and architects invited the tenants to a barbecue party on the rooftop terrace. The aim was to help people to get to know each other. In a number of larger housing developments such as Kai 302 a summer party with live music is held every year. And Monte Laa and Ville Verdi even have their own internet forum with an events calendar, an exchange market and a local blog. How did Ephraim Kishon put it when writing about the people on the other side of the party wall? “Living with them often comes close to the threshold of pain – but one cannot live without them. Neighbours and their strange habits are an almost inexhaustible theme for everyone. But without them our lives would be so much poorer, as the help neighbours give each other is also legendary.”
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Gender studies at home
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ESSAY BY SABINE POLLAK
NEUTRALITÄT UND BEFREIUNG IM WOHNEN ON NEUTRALITY AND LIBERATION IN HOUSING Die Hülle glatt und weiß, das Erdgeschoß The building envelope is smooth and white, frei und offen zu ebenerdigen Abstellab- the ground floor is free and open to storteilen und zur Tiefgarage, der Hof gefüllt age spaces at street level and to the undermit Gemeinschaftspavillon, Fußballplatz ground garage, the courtyard is occupied und Biotop, und das Ganze umgeben von by a communal pavilion, football pitch and einer wie gemorphten, hügeligen Land- biotope, and the whole is surrounded by schaft. Straßenraum und Blockinneres a morphed, hilly landscape. The street vermischen sich radikal und manifestieren space and the inside of the block are ein gebautes Plädoyer für Gemeinschaft: radically blended and make manifest an Der Wohnbau in der Pernerstorfergasse eloquent built plea for community. The im zehnten Wiener Gemeindebezirk, er- apar tment building on Pernerstor ferrichtet in Passivhaustechnologie, bie- gasse in Vienna’s tenth district, which was tet mehr als herkömmliche Architektur. erected using passive house technology, Räumliches Angebot, programmatische offers more than a standard residential Zusätze und kollektiver Innenhof erinnern building. The range of spaces provided, an die Ambitionen des Roten Wien am the programmatic additional features and Beginn des 20. Jahrhunderts, als Woh- the collective internal courtyard recall the nen noch eine soziale Funktion und ein ambitions of “Red Vienna” at the start of Wohnbau noch eine politische Vision the 20 th century, when housing still had a transportierte. social function and housing construction a In den 1980er Jahren waren es vor allem political dimension. feministische Planungen, die das Wohnen In the 1980s it was above all feminist erneut in einen solchen sozialen und po- planning that once again positioned houslitischen Zusammenhang stellten. Frage- ing in this kind of social and political context. stellungen wie „Wer produziert Wohnraum Questions such as “who produces housunter welchen Voraussetzungen?“, „Wer ing and under what kind of conditions?”, nutzt welchen Wohnraum?“ oder „Wer ist “who uses what kind of housing space?“ or von welchen Zugängen ein- oder ausge- “who is included or excluded by which apschlossen?“ veränderten vor allem im an- proaches?” altered established patterns of gelsächsischen Raum gewohnte Muster. planning, above all in the English-speaking Planungskollektive arbeiteten partizipativ, world. Planning collectives worked in a parerstellten bauliche Kriterien für Gleichbe- ticipatory way, established building criteria rechtigung und übten offene Kritik an den aimed at achieving equality and directed Mechanismen der Wohnbauproduktion. open criticism at the mechanisms of housEs ist den Feminismus- und Genderfor- ing production. It is thanks to feminism and schungen zu verdanken, dass Qualitäten gender research that qualities such as freewie Barrierefreiheit, offene Grundrisse, dom from barriers, open floor plans, flexFlexibilität und die Vermeidung von Angst- ibility and the avoidance of “angst spaces” räumen längst Standard sind. Auch im have long since become standard features, Wiener Wohnbau. in Viennese housing, too.
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Wer nutzt welchen Wohnraum? Im Farnsworth House in Plano, Illinois, fühlte sich die Auftraggeberin Edith Farnsworth nie wohl. Ihre Idealvorstellung vom Wohnen deckte sich kaum mit den Prämissen ihres Architekten Ludwig Mies van der Rohe. Who uses which kind of living space? The client Edith Farnsworth never felt at home in the Farnsworth House in Plano, Illinois. Her ideal notion of living differed from the concepts of her architect Ludwig Mies van der Rohe.
1 Judith Butler: Das Unbehagen der Geschlechter. Gender Studies. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1991 1 Judith Butler: Gender Trouble. Feminism and the Subversion of Identity. Routledge, New York 1990
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Im wissenschaftlichen Diskurs wurde der Begriff Gender eingeführt, um eine Unterscheidung zwischen dem biologischen Geschlecht einerseits und dem gesellschaftlich geformten, erwarteten und reproduzierten Geschlecht andererseits treffen zu können. Gender beschreibt eine vom Geschlecht selbst unabhängige Größe und bestimmt die kulturelle, politische und soziale Bedeutung, die der sexuell determinierte Körper annimmt, indem er die Erwartungen erfüllt, die an diesen Körper gestellt werden. So definiert es die US-amerikanische Philosophin Judith Butler.¹ In den 1970er Jahren diente der Begriff Gender Feministinnen, um Stereotypen hinterfragen zu können. Körperliche Gegebenheiten wie die Fortpflanzung waren unveränderbar, die soziale und kulturelle Kategorie des Geschlechts war jedoch keineswegs länger konstant. Typisch weibliche oder männliche Rollen wurden plötzlich variable Größen, endlich konnte eine Veränderung tradierter Rollenbilder gefordert werden. Mit dem Satz „Das Private ist politisch!“ stellten Feministinnen schließlich fest, dass privates Wohnen ebenso Machtkonstellationen und -ansprüche beinhaltet beziehungsweise formiert wie öffentlicher Raum. Von gewohnten Schemata abzuweichen ist immer schwierig. Meistens reproduziert Architektur daher auch das gängige Modell eines in öffentlich und privat, in innen und außen sowie in produktiv und reproduktiv geteilten Raumes, in den auch die gängigen Geschlechterrollen fest eingeschrieben sind. Dem Wohnen kommt insofern eine so große Bedeutung zu, als es immer mit Tradition und Unveränderbarkeit verbunden wird, also mit Gewohnheiten. Vor allem jedoch beschreibt Wohnraum jenen Topos der Architektur, der seit jeher mit geschlechtlichen Zuweisungen verbunden wurde. Das Innere und das Umschlossene des Wohnens sowie die Ausgestaltung und Dekoration der Wohnung wurden immer schon mit dem Weiblichen verbunden. Das
The term gender was introduced to the academic discourse as a means of distinguishing between biological sex on the one hand and sexual roles as shaped, expected and reproduced by society on the other. As defined by US philosopher Judith Butler gender describes a quality that is independent of biological sex and defines the cultural, political and social significance that a sexually determinate body adopts in order to meet the demands made on it.¹ In the 1970s feminists used the term gender as a way of questioning stereotypes. Physical givens such as reproduction could not be changed, but the social and cultural category of sex was no longer constant. Typical male or female roles suddenly became variables and it was finally possible to call for a change in traditional role models. With the sentence “the private is political!” feminists noted that private housing contains and shapes constellations of and demands for power just as much as public space does. It is always difficult to abandon a familiar scheme of things. Consequently architecture generally reproduces a commonplace model of space that is divided into public and private, inside and outside, productive and reproductive, and in which traditional sexual roles are also deeply inscribed. In
Der Prototyp der Moderne eignete sich eher als Ausstellungspavillon denn als Wohnhaus. Der gelebte Alltag im Farnsworth House war streng reglementiert. This prototype of modernism was more suitable for an exhibition pavilion than a dwelling house. Everyday life in the Farnsworth House was strictly regulated.
Äußere hingegen wurde mit der Öffentlich- this context housing has major significance, keit und die Konstruktion und die Struktur as is always associated with tradition des Raumes mit dem Männlichen in Ver- and the unchanging as well as with the bindung gebracht. Der Zusammenhang habitual. Above all residential space describes zwischen Wohnen und geschlechtlichem Körper reicht von Symbolik und Emblema- a topos of architecture that has always tik über Metapher und Verortung bis hin been described in terms of traditionally understood sexuality. The interior, enclosed zur Verkörperung des Geschlechts. Was also tun, um gängige Vorstellun- aspect of living as well as the design and gen und Klischees zu vermeiden? Die decoration of the apartment have always Anreicherung mit funktionalen und kom- been associated with the female and femifortablen Zusatzfunktionen, wie anfangs ninity, while the exterior has generally been erwähnt, bietet eine Möglichkeit. Je weni- linked to the public aspect and, along with ger monofunktional das Wohnumfeld ge- the construction and structure of space, plant ist, desto eher vermischen sich Pro- is associated with the male. The relationduktions- und Reproduktionsarbeit, also ship between housing and the sexual body klassisch männlich und weiblich zugeord- ranges from symbolism and emblematics nete Bereiche. Je mehr Räume für Kollek- to metaphors and location and ultimately tivität vorhanden sind, desto eher können to the embodiment of sex. How can standard notions and clichés Hausarbeit geteilt, Synergien genutzt und best be avoided? Enrichment with efficient Solidarität gelebt werden. In den 1930er Jahren erkannte man and comfortable additional functions as dies und dachte im Wohnbau entspre- referred to above offers one possibility. chend um. Nachdem zunehmend auch The less mono-functional the design of the Frauen einer Erwerbstätigkeit nachgingen, domestic setting is, the more production wurden Modelle entwickelt, die Gemein- and reproduction work (the classic areas schaftsküchen, organisierte Hausarbeit attributed to the male and female) tend und Kinderbetreuungsstätten beinhalteten. to blend. The more spaces there are for Viele der damaligen Erneuerungen wurden collective activity, the easier it is to divide 1938 jäh beendet, einiges wurde bis heute up housework, to use synergies and to beibehalten, anderes wiederum bewirkte practice solidarity.
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das Gegenteil dessen, was geplant worden war. Die neue und praktische Einpersonenküche etwa, die Margarete Schütte-Lihotzky 1927 entwickelt hatte, erzeugte bei aller Erleichterung der Hausarbeit letztlich eine neuerliche Verortung der Frau in eben diesem Raum. Wie offen, wie neutral kann Wohnbau letztendlich sein? Gerade die Forderung nach Neutralität im Wohnen beschreibt einen der beständigsten Mythen der Architektur. Wohnen kann niemals neutral sein. Sobald Linien zwischen innen und außen, zwischen privat und öffentlich, zwischen Kochen und Wohnen oder etwa zwischen Kinder- und Erwachsenenbereich gezeichnet werden, ist es vorbei mit der Neutralität. So gesehen erzeugen auch so genannte offene Grundrisse nicht zwangsweise offene Bewohnerinnen und Bewohner. Das beste Beispiel dafür ist wohl das Farnsworth House in Plano, Illinois, das der aus Deutschland nach Amerika emigrierte Architekt Ludwig Mies van der Rohe 1951 für eine erfolgreiche, alleinstehende Ärztin plante. Trotz radikaler Offenheit, freiem Grundriss und gläsern neutralem Raum fühlte sich Edith Farnsworth stets eingeschränkt, beengt und vor allem beobachtet.² Ihre Idealvorstellung vom Wohnen entsprach nicht jener Mies van der Rohes. Der Prototyp der Moderne eignete sich eher als Ausstellungspavillon denn als Wohnhaus. Bis heute bleibt es vage, was Wohnen bewirkt, welche Freiheitsgrade und Emanzipation es realisiert und inwiefern Offenheit gelebt werden kann. Und dennoch existieren einige einfache Regeln, die viel erreichen: Frei in den Wohnraum gestellte Küchen
This fact was recognized back in the 1930s and led to the development of new ideas in the area of housing. As increasing numbers of women were engaging in gainful employment, models were devised that offered communal kitchens, organized house work and child care facilities. Many of the innovations introduced back then came to an abrupt end in 1938. While some of them have survived to the present day, others resulted in the opposite of what had been intended. Although it made house work easier, the new, practical, singleperson kitchen designed by Margarete Schütte-Lihotzky in 1927 ultimately anchored women to precisely this space. How open, how neutral can housing actually be? It is precisely the demand for neutrality in housing that describes one of architecture’s most persistent myths. Housing can never be neutral. Once a line is drawn between inside and outside, between private and public, between cooking and living or between areas for children and those adults, neutrality has been abandoned. Looked at from this perspective it becomes clear that so-called open plans do not necessarily produce open male and female residents. The best example of this is the Farnsworth House in Plano, Illinois, which German architect Ludwig Mies van der Rohe, who had emigrated to the USA, designed in 1951 for a successful (single) woman doctor. Despite the radical openness, the free floor plan and the glazed neutral space Edith Farnsworth constantly felt herself restricted, cramped and, above all, observed.2 Her ideals with regard to living differed from those of Mies van der
Die Ausgestaltung der Wohnung wurde immer schon mit dem Weiblichen verbunden. Die Konstruktion und die Struktur des Raumes hingegen wurden mit dem Männlichen in Verbindung gebracht. Diese strenge Logik ist heute aufgebrochen.
2 Siehe Sabine Pollak: Leere Räume. Weiblichkeit und Wohnen in der Moderne. Wien: Sonderzahl 2004 2 See Sabine Pollak: Leere Räume. Weiblichkeit und Wohnen in der Moderne. Sonderzahl, Vienna 2004
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Decorating the apartment was traditionally associated with the female and femininity. In contrast the construction and structure of the space was associated with the male. Today this strict logic has been shattered.
etwa unterstützen ein gemeinsames Kochen. Neutral zugeschnit- Rohe, and this prototype of modernism par excellence was more tene Zimmer verhindern Hierarchien zwischen Erwachsenen und suitable for an exhibition pavilion than a dwelling house. It has not, so far, proved possible to clarify exactly what the Kindern. Die Trennung zwischen konstruktiven und raumbildenden Teilen ermöglicht Flexibilität. Und gut platzierte Gemein- effects of housing are, what degree of freedom and emancipation schaftsräume fördern nicht nur die Kommunikation unter Frauen, it achieves and to what extent openness can be lived. Yet there Männern und Kindern, sondern erleichtern dadurch auch den are certain simple rules that achieve a great deal. Kitchens placed freely in the living room make it easier to prepare meals together, Wohnalltag. Also muss doch festgelegt werden? Müssen Räume doch zu- neutrally-sized rooms prevent hierarchies between parents and geordnet werden? Müssen Programme doch definiert werden? children, the separation of structural and space-shaping elements Guter Wohnbau, der ein emanzipiertes Bewohnen aller Bewoh- allows flexibility, and sensibly positioned communal spaces not nerinnen und Bewohner ermöglicht, bewegt sich wahrscheinlich only encourage communication between women, men but also irgendwo zwischen Festlegung und Offenheit. Ein machbarer children and make everyday living easier. One feasible approach lies in providing as wide a range of Ansatz liegt im Bereitstellen eines möglichst großen Raumangebots mit möglichst wenig programmatischen Festlegungen, ein spaces as possible with the minimum number of programmatiAngebot, das angenommen, jedoch auch verändert werden kann. cally determined functions, an offer that, if accepted, can also be Kommunikation, Synergie, Gleichberechtigung und letztlich Be- changed. Communication, synergy, equal rights and, ultimately, freiung können nicht erzwungen werden – und müssen dennoch liberation cannot be imposed – but yet they must be initiated. This has been successfully achieved in the residential building on initiiert werden. Im Wohnbau in der Pernerstorfergasse ist das wohl gelungen. Pernerstorfergasse. The range of spaces is good. More areas for Das Raumangebot ist da. Noch mehr Flächen für Kommunika- communication, exchange and synergy are scarcely conceivable. tion, Austausch und Synergie können kaum zur Verfügung gestellt Even though the sun terraces, playgrounds, communal rooms werden. Auch wenn vielleicht Sonnenterrassen, Spielplätze, Ge- and green areas may be used differently than originally envisaged: meinschaftsräume und Grünflächen anders genutzt werden als despite the formally defined areas the openness, generosity and vorgesehen: Bei aller formalen Festlegung lassen Offenheit, Groß- enrichment suggest that a collective and ultimately also emancizügigkeit und Anreicherung erwarten, dass hier ein kollektives und pated way of living can be established here. letztendlich auch emanzipiertes Wohnen gelebt werden kann.
„Das Private ist politisch.“ Es ist den Feminismus- und Gender-Forschungen zu verdanken, dass Qualitäten wie Barrierefreiheit, offene Grundrisse, Flexibilität und die Vermeidung von Angsträumen längst Standard sind. Auch im Wiener Wohnbau. “The private is political.” It is thanks to feminism and gender research that qualities such as freedom from barriers, open floor plans and the avoidance of “angst spaces” have long since become standard – also in Viennese housing.
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Albert Wimmer & Semir Zubčević
„Unsere Ansprüche an den Wohnbau sind sehr hoch. Daher kommt man nicht umhin, sich regelmäßig zu überlegen: Wo soll das Schaffen hingehen? Und wo geht es tatsächlich hin?“ Albert Wimmer (links) und sein Büropartner Semir Zubčević in ihrem Büro in Wien. “The demands we make on housing are sizable and therefore you really have to ask yourself regularly: where should this creative work lead us? And where is it actually going?” Albert Wimmer (left) and his partner Semir Zubčević in their office in Vienna.
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IM GESPRÄCH INTERVIEW
DAS LEBEN IST VOLLER PELARGONIEN AT HOME BETWEEN KNICK-KNACKS AND GNOMES
Herr Wimmer, wie wohnen Sie? Wimmer: Ich wohne im 18. Bezirk in einer alten Fabrikhalle, die ich damals für mich und meine Familie umgeplant und umgebaut habe. Aber wir befinden uns gerade in Übersiedelung, denn Veränderung tut gut. Unser neues Zuhause ist ein Mischobjekt zwischen Alt und Neu. Und Sie, Herr Zubčević? Zubčević: Ich wohne in einem Altbau. Meine Frau ist Architektin. Gemeinsam haben wir uns für einen sehr offenen Grundriss entschieden. Wir haben wenige Türen in der Wohnung. Allerdings muss ich gestehen: Mit pubertierenden Kindern entwickelt sich diese Wohnform langsam zu einem Problem. Mal schauen … Die Altbauten haben es Ihnen angetan. Die meisten Architekten wohnen ganz anders, als sie bauen. Woran liegt das? Wimmer: Widerspruch! Etwas Neues zu bauen setzt andere finanzielle Ressourcen voraus, als etwas Bestehendes zu finden und das dann im Laufe der Zeit langsam zu adaptieren. Es ist also vor allem eine wirtschaftliche Frage. Im Übrigen würde ich gerne in einem unserer Wohnbauten leben. Es gibt eine einzige Facette im geförderten Wohnbau, die ich persönlich ehrlich gesagt nicht bereit bin zu akzeptieren. Und das ist die Raumhöhe. Warum? Wimmer: Seit Jahrzehnten werden sämtliche Objekte im sozialen Wohnbau mit der Mindestraumhöhe von 2,50 Metern errichtet. In diesem Punkt müssen wir etwas ändern. Als Architekten können wir mit verschiedenen Raumhöhen arbeiten und unterschiedliche Wohnungstypen anbieten.
Mr Wimmer, what is your home like? Wimmer: I live in the 18th district of Vienna, in an old factory building that I redesigned and remodelled for me and my family. But actually we are in the process of moving, change is good for one. Our new home is a kind of mix of old and new. And what about you, Mr Zubčević? Zubčević: I also live in an old building. My wife is an architect and together we decided on a very open layout. We have hardly any doors in the apartment. But I have to confess that, with children just entering their teens, this way of living is becoming something of a problem. We’ll have to wait and see … Both of you were taken with old buildings. Most architects live entirely differently to the way they build. Why is this? Wimmer: Objection! Building something new requires very different financial resources to finding an existing building and adapting it slowly. It’s above all a financial question and in fact I would like to live in one of our residential buildings. But there is one aspect of subsidized housing which, quite honestly, I personally am not prepared to accept and that is the room height. Why? Wimmer: For decades all social housing has been built with a minimum room height of 2.50 metres. This is something we have really got to change. As architects we can work with different room heights and offer different kinds of apartments.
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Sehen Sie eine Möglichkeit, jemals wieder zu den 3,00 oder 3,30 Meter Raumhöhe der Gründerzeit zurückzukehren? Das ist es doch, was sich viele Leute wünschen. Wimmer: Schon 2,70 Meter wären ein voller Erfolg! Zu den gesundheitlich und psychologisch sinnvollen Maßen vor hundert Jahren ist es ein weiter Weg. Es gibt allerdings eine Voraussetzung: Die Mieten und Betriebskosten dürften dadurch nicht teurer werden. Welchen Stellenwert nimmt Wohnen in Ihrem Leben ein? Zubčević: Das Wohnen ist sehr lebenszyklusabhängig. Wenn Sie frisch verliebt sind und erstmals zusammenziehen, dann hat das Wohnen eine sehr hohe Bedeutung. Wenn Sie eine Familie gründen, dann hat das Wohnen auch einen sehr hohen Stellenwert. Und wenn Sie Single sind, dann nimmt die Wichtigkeit des Wohnens in der Regel ab, weil die Mobilität und Flexibilität höher ist. Für mich persönlich war das Wohnen immer an die jeweilige Lebenssituation gekoppelt. Mit dem Buch „Wohnen in Wien“ blicken wir auf Ihre Wohnbauprojekte der letzten 20 Jahre zurück. Warum gerade jetzt? Zubčević: Mitte der 90er Jahre sind wir in Wien zu einer Reise in neue Gefilde aufgebrochen. Damals haben wir begonnen, einen Blick nach Europa zu werfen und die Situation in den einzelnen Ländern miteinander zu vergleichen. Ich denke, dass wir den Wiener Wohnbau in gewisser Weise revolutioniert haben. Einige Innovationen im sozialen Wohnbau sind unseren Studien und jahrelangen Recherchen zu verdanken. Nach 20 Jahren wollten wir nun eine Zwischenbilanz ziehen und schauen, wo wir mit unseren Plänen und Ideen gelandet sind. Wimmer: Unsere Ansprüche an den Wohnbau sind sehr hoch. Daher kommt man nicht umhin, sich regelmäßig zu überlegen: Wo soll das Schaffen hingehen? Und wo geht es tatsächlich hin? Das Buch ist für uns nicht zuletzt eine Art Kontrolle, ob unsere Ideen und Vorhaben gelungen sind oder nicht. Und? Wimmer: Wir haben Fachexkursionen mit Architekten, Bauträgern und Vertretern der Stadtverwaltung organisiert und sind nach Spanien, nach Deutschland und in die Niederlande gereist, um uns den Wohnbau dort anzusehen und vor Ort zu recherchieren. Wir haben verglichen und abgewogen, und wir haben uns überlegt, welche Ideen für Wien passend wären und welche nicht. Ja, ich denke, dass wir in vielen Punkten erfolgreich waren. Die Ideen sind im Großen und Ganzen aufgegangen. Konkret: Was sind die größten Innovationen Ihres Büros? Zubčević: Wir haben es geschafft, den Typus „Wohnblock mit fünf Regelgeschoßen und zurückgesetztem Dachgeschoß“ über Bord zu werfen. Es gibt nichts Uninspirierteres als das!
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Do you see any chance of ever returning to the 3.00 or 3.30 metre ceiling heights of the 19th century? That’s something lots of people wish for. Wimmer: Even 2.70 metres would represent a considerable success. But it is a long way to the dimensions of 100 years ago that make such good sense in health and psychological terms. And there is one condition: such measures must not cause any increase in rents and service charges. What kind of role does the home play in your life? Zubčević: The individual notion of home is very much dependent on the particular life cycle. When you’ve just fallen in love and set up a joint household, then your home is very important. If you have a family then obviously the home also has a considerable significance. But when you are single then the importance of the place where you live generally declines, and mobility and flexibility become more important. For me personally the significance of my home has always been related to the situation in which I found myself at the time. In the book “Wohnen in Wien” we take a retrospective look at your housing projects of the last 20 years. Why now in particular? Zubčević: In the mid-1990s in Vienna we embarked on a journey to new territory. Back then we started looking around in Europe and comparing the different situations in various European countries. I think that, in a certain sense, we revolutionized Viennese housing. A number of innovations in social housing are the result of our studies and many years of research. Now, 20 years later, we want to draw an interim balance and look at where we have arrived with our plans and our ideas. Wimmer: The demands made on housing are sizable and therefore you really have to ask yourself regularly: where should this creative work lead us? And where is it actually going? Ultimately this book is also a kind of check, a way of seeing whether our ideas and aims are successful or not.
Was ist denn so schlimm daran? Zubčević: In der Stadt geht es doch in erster Linie um Vielfalt, um Abwechslung, um Lebendigkeit. Niemandem ist geholfen, wenn in einem Haus in allen übereinander liegenden Fenstern um 20 Uhr das Licht angeht und wenn in den gleichen übereinander liegenden Fenstern um 20:15 Uhr das bunte Fernsehflackern beginnt. Ich finde es wichtig, gerade im großmaßstäblichen Wohnbau Lösungen zu finden, in denen unterschiedliche Grundriss-Typologien, vielfältige Wohnformen und neue, innovative Erschließungskonzepte angeboten werden. Das macht das Leben abwechslungsreicher und spannender. Sonstige Innovationen? Wimmer: Die weiteren Innovationen unseres Ateliers sind Freizeitzentren, Schwimmbecken und Laufbahnen am Dach, Gärten mit Nutzungsangeboten für alle Bewohnerinnen und Bewohner sowie unterschiedlichste Sonderwohnformen. Das alles lässt sich wohl am besten unter dem Begriff „sozialer Mehrwert“ zusammenfassen. Sozialer Mehrwert – das hat es bei Harry Glück in den 70er und 80er Jahren auch schon gegeben. Wimmer: Natürlich. Harry Glück war ein wichtiger Motor. Er hat den sozialen Wohnbau nicht nur in den Mittelpunkt der Debatte gerückt, er hat ihn auch revolutioniert. Es gibt zahlreiche Studien und Forschungsarbeiten, die den Erfolg seines Schaffens belegen. Doch im Gegensatz zu damals haben wir es heute nicht mehr mit dieser einen homogenen Community zu tun. Während im Wohnhaus Alt-Erlaa noch Leute mit ähnlichem Profil und Lebensstil angesprochen wurden, bemüht man sich heute darum, Menschen aus unterschiedlichen Ecken und sozialen Schichten in einem Wohngebäude zusammenzubringen. Anders gesagt: In der Ära Alt-Erlaa ging es darum, ein vielfältiges Angebot für eine homogene Bewohnerschaft zu schaffen. Heute brauchen wir ein vielfältiges Angebot für einen vielfältigen Mieter-Mix – angefangen bei Single-Haushalten, über Patchwork-Familien, bis hin zu alternativen Lebensmodellen, die nach langer Zeit endlich Berücksichtigung finden. Zubčević: Wir haben heute eine unglaubliche Vielfalt. Diese Vielfalt gab es in den 70er und 80er Jahren nicht. Von einem einzigen Wohnkonzept zu sprechen ist heute unmöglich. Im Jahr 2008 hat Wohnbaustadtrat Michael Ludwig den Begriff „soziale Nachhaltigkeit“ geprägt. Wimmer: Ich kann mich noch gut erinnern. Als Michael Ludwig die soziale Nachhaltigkeit als so genannte vierte Säule im Wohnbau eingeführt hat, haben wir uns in unserer Arbeitsweise bestätigt gefühlt. Soziale Nachhaltigkeit war für uns und all unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer schon eine Selbstverständlichkeit. Und zwar nicht nur im Wohnbau, sondern in der Architektur ganz allgemein. Ohne eine gewisse soziale Langlebigkeit und Flexibilität darf man gar nicht erst zu bauen beginnen.
And? Are they? Wimmer: We organised a number of trips with experts, architects, developers and members of the city administration and travelled to Spain, Germany and the Netherlands to take a look at housing there and to carry out research on site, as it were. We compared and contrasted and considered which ideas might possibly be suitable for Vienna and which not. Yes, I think that in a number of points we were very successful. By and large the ideas turned out well. In concrete terms: what are the major innovations introduced by your office? Zubčević: We succeeded in finally throwing overboard the “standard housing block with five identical storeys and a set-back rooftop level”. There can surely be nothing less inspired than this concept! What’s so bad about it? Zubčević: The city is above all about diversity, about change, liveliness. It is of no benefit to anyone when in an apartment building a light goes on at 8 pm in all the windows, one above the other, and then the television screens begin to flicker at 8:15. I believe that it’s important, especially in large scale housing, to find solutions that offer different floor plan typologies, diverse forms of living and new, innovative circulation concepts. This makes life more eventful and exciting. Any other innovations? Wimmer: The other innovations our office introduced are leisure centres, swimming pools and running tracks on the roof, gardens that offer something for all the residents, as well as a wide range of special forms of housing. All of this can probably be best summarised under the term “added social value”. Added social value – didn’t Harry Glück offer something very similar back in the 1970s and 80s? Wimmer: Yes, of course. Harry Glück was an important motor. He not only shifted social housing into the centre of the discourse, he also revolutionized it. There are numerous studies and research works that confirm the success of his efforts. But, in contrast to the situation back then, today we are no longer dealing with a homogeneous community. Whereas the housing blocks in Alt-Erlaa were built for people with a largely similar life-style and background, today efforts are being made to bring together people from very different social classes and positions. Or, to put it somewhat differently, in the Alt-Erlaa era the aim was to create a diverse range of facilities for a homogeneous group of residents, whereas today we need this diverse range of options for a diverse mix of tenants – starting with single person households, including patchwork families and alternative ways of living, which, finally, are now being given consideration. Zubčević: The diversity today is quite incredible. This simply didn’t exist in the 1970s or 80s. Nowadays it’s impossible to speak of just a single housing concept.
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Zubčević: Auch im technischen Bereich haben wir einige neue Standards eingeführt. In den meisten Projekten bauen wir zweischalig mit vorgehängten Fassaden. Die meisten Materialien haben wir federführend mitentwickelt. Der Mehrwert ist leicht erkennbar, denn die Lebensdauer dieser zweischaligen Fassaden beträgt im Durchschnitt das Zweieinhalbfache einer herkömmlichen Putzfassade. Das ist ein Argument. Wimmer: In jedem Fall ist Innovation für uns nur dann interessant, wenn es auch eine Innovation aus der Perspektive des Nutzers ist. Hübsches Design als Selbstzweck interessiert uns nicht. Das ist keine Innovation. Sehen das die Mieter und Eigentümerinnen auch so? Zubčević: Die beste Bestätigung für unser Denken ist die Vermietungsrate. Der Leerstand bei all unseren Projekten ist exakt null. Im Gegenzug: Was sind die größten Fehler oder Misserfolge der letzten 20 Jahre? Wimmer: Die größten Misserfolge waren all jene Projekte, die wir nicht gewonnen und für die wir daher keinen Auftrag bekommen haben, die aber aus unserer Sicht zukunftsweisend waren. Das ist doch eine Politikerantwort. Damit können Sie den Lesern nicht kommen! Wimmer: Doch, und zwar in dem Sinne, dass es uns in diesen Projekten scheinbar nicht gelungen ist, unsere Ideen ausreichend und klar verständlich zu kommunizieren. Das ist bedauerlich. Das ist tatsächlich eine gewisse Niederlage. Wenn ein Projekt fertiggestellt wird, ist es zunächst steril und makellos schön. Nach ein paar Jahren sieht man dann Graffiti, bunte Markisen, Katzengitter und Blumenkisten voller Pelargonien und Geranien. Was sagt der Architekt dazu? Zubčević: Wenn das unsere Häuser nicht aushalten, dann sind unsere Konzepte nicht gut genug. Architektur, und hier vor allem Wohnbau, muss in der Lage sein, mit diesen alltäglichen Nutzungen umzugehen. Sie muss fähig sein, durch die Besetzung und Inanspruchnahme durch Menschen nicht schlechter zu werden, sondern besser! Wimmer: Ich denke, dass Wohnbau erst mit den Jahren reift und besser wird. So wie guter Wein. Am Tag der Fertigstellung und Übergabe an die Mieter und Mieterinnen ist ein Wohnbau per se nur bedingt interessant. Interessant und beurteilenswert wird er erst, nachdem die Menschen ihn in Besitz genommen haben. Erst wenn die Blumenkistchen mit den Pelargonien an der Fassade hängen, kann man sagen, ob ein Projekt gegriffen hat oder nicht, ob es ein Erfolg geworden ist oder nicht. Die Lebendigkeit eines Wohnhauses ist ein Zeichen für die Qualität der Konzeption. Und was ist mit der Komponente Glück? Wimmer: Immer dabei! So ehrlich muss man sein. Man kann als Architekt in das Gelingen eines Projekts sehr weit eingreifen. Aber bestimmte Faktoren bleiben – wie immer im Leben – dem Glück und Zufall überlassen.
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In 2008 Michael Ludwig, Vienna’s Town Councillor for Housing, coined the term “social sustainability”. Wimmer: Yes, I remember that very well. When Michael Ludwig introduced social sustainability as the so called “fourth pillar” of housing we saw this as a confirmation of our way of working. Social sustainability was something that we and all our staff took for granted – not just in the field of housing, but in architecture in general. Without a certain social longevity and flexibility one should not even start to build. Zubčević: We introduced a number of new standards in the technical area, too. In most of our projects we build double-leaf external walls with front-hung façades. We played a leading role in developing most of the materials. The additional value is evident: the lifespan of this double-leaf façade is on average two and a half times that of a standard rendered façade. This is one argument in its favour. Wimmer: We are interested in innovation when it also means innovation from the users’ perspective. Pretty design for its own sake doesn’t interest us at all. That is not innovation. Do the tenants and owners see this the same way? Zubčević: The best confirmation of our approach is the letting rate. In all our projects the number of vacancies is exactly zero. Conversely: what were the biggest mistakes or failures of the last 20 years? Wimmer: The biggest failures were all those projects that, in our view, were forward-looking but yet didn’t win the competition, which meant we didn’t get the job. Oh come on! That’s the kind of response one might expect from a politician! Wimmer: No, it’s not. I mean that in these projects we seemingly failed to communicate our ideas in a clear, understandable way. That is regrettable. And that is, in fact, a certain kind of defeat. When a project has just been completed, it is initially sterile, immaculately beautiful. Then, a few years later, you see the graffiti, the differently coloured awnings, cat meshes, and flower boxes brimming over with geraniums or lobelia. What does the architect say to this? Zubčević: If our buildings can’t cope with this kind of thing that means our concepts are inadequate in some way or other. Architecture – above all housing – must be in a position to handle everyday use of this kind. It should be able to become better, not worse, as the result of being occupied and appropriated by its users! Wimmer: I think that housing matures and improves with time. Like a good wine. On the day it is completed and handed over to the tenants a residential building is of limited interest. It first becomes really interesting and worth evaluating after people have taken it over. It’s only when the flower boxes full of geraniums hang from the façade that you can say whether the project has caught on, whether it is a success or not. The liveliness of a residential building is a sign of the quality of the concept.
Inwiefern können Sie als Architekten die Inanspruchnahme durch Mieterinnen und Mieter beeinflussen? Zubčević: Bestes Beispiel ist und bleibt der Balkon. Die Detailgestaltung eines Balkons – angefangen bei der Proportion und Größe bis hin zur Gestaltung des Geländers – muss ermöglichen, dass die Menschen sich darin verwirklichen können. Das heißt, die Planung muss von Anfang möglichst viele Nutzungs-, Ergänzungs- und Veränderungsvarianten berücksichtigen. Wo bleibt die Eitelkeit der Architekten? Zubčević: Eitelkeit hat in diesem Job nichts verloren. Die Strohmatten, Hirschgeweihe und Gartenzwerge auf der Loggia sind gelebter Alltag. Das zu tolerieren ist zu wenig. Man muss es fördern! Der soziale Wohnbau in Wien ist mittlerweile 90 Jahre alt. Was ist der Unterschied zwischen damals und heute? Wimmer: In den 20er und 30er Jahren waren die Anforderungen klarer formuliert, es wurde eine ganz spezifische, zielgerichtete Wohnpolitik betrieben. Heute hingegen sind die Anforderungen komplexer, pluralistischer, heterogener. Die Frage, die sich heute mehr denn je stellt, ist: Kann man es im Wohnbau allen recht machen? Und? Kann man? Wimmer: Sicher nicht mit jedem einzelnen Gebäude! Aber das Angebot ist so vielfältig, dass ich glaube, dass für jeden etwas dabei ist.
And what about the component luck? Wimmer: That always plays a role. One must be honest here: as an architect you can strongly influence the success of a project, but, like in life, certain factors are a matter of chance – and luck. To what extent can you as architect influence the way tenants appropriate the building? Zubčević: The best example here is certainly the balcony. The detailed design of a balcony – starting with the proportions and size, down to the design of the railing – must allow people to use it the way they want to. That means that, from the very start, the design must take into account as many different kinds of use as possible, as well as potential additions and changes. And does this leave anything to satisfy the architect’s vanity? Zubčević: There’s absolutely no place for vanity in this job. The straw mats, the stag’s antlers and the garden gnomes on the loggia are part of everyday life as it is lived. Tolerating this is too little. You have to encourage it! Social housing in Vienna is now 90 years old. What is the difference between the early days and today? Wimmer: In the 1920s and 30s the demands were far more clearly formulated and a very specific, focussed housing policy was implemented. In contrast today the demands are more complex, pluralistic, and heterogeneous. Nowadays one question is more pressing than ever before: in the area of housing is it possible to satisfy everyone? Well, is it? Wimmer: Certainly not with every single building! But the range of what is offered is so wide that I believe there is something for everyone.
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Im Vergleich zwischen damals und heute: Sind wir im Umgang mit dem Bauen ausschließlich besser geworden, oder haben wir womöglich auch das eine oder andere vergessen und verlernt? Wimmer: Manchmal habe ich das Gefühl, dass aus der „Wohnpolitik“ von damals im Laufe der Zeit eine Art „Wohnbaupolitik“ geworden ist. Nur ein Beispiel: Wir sprechen oft von Stadterweiterung und neuen Wohnquartieren am Rande der Stadt, aber niemand spricht vom Umgang mit der bestehenden Bausubstanz der Nachkriegszeit! Auf diesem Gebiet wird immer noch zu wenig getan. Schauen Sie sich nur einmal Frankreich und die Projekte des Pariser Architekturbüros Lacaton & Vassal an! Da werden Versuche unternommen, abgewohnte und längst unattraktive Wohngebäude aus den 60er und 70er Jahren zu sanieren, aufzuwerten und wieder in die Wahrnehmung der Stadt zu rücken. Das ist ein Ansatz. Da müssen wir hin. Zubčević: Ich habe das Gefühl, dass wir in Wien zu viel über einzelne Projekten sprechen und zu wenig über eine Gesamtstruktur beziehungsweise von der Ausgewogenheit einer solchen Gesamtstruktur. Es wäre schön, wenn man sich wieder mehr mit grundlegenden Fragen des Wohnens auseinandersetzen könnte. Wimmer: Ein Beispiel: Das orangefarbene Wohnhaus in der Odeongasse ist nicht das Resultat einer architektonischen Überlegung, sondern primär das Resultat eines städtebaulichen und sozialen Konzepts, der „Blocksanierung“. Diese Verschränkung zwischen Stadt, Umfeld und Projekt, diese Ausbalancierung der einzelnen Faktoren findet noch viel zu selten statt. Diese Balance funktioniert aber nur in einem bereits existierenden Stadtgefüge. Was macht man auf der grünen Wiese? Zubčević: Je mehr Rahmenbedingungen es gibt, auf die man reagieren kann und reagieren muss, desto leichter ist es, ein Wohnkonzept ins Umfeld zu integrieren. Mit entsprechender Vorsicht lässt sich das aber auch in neu erschlossenen Wohngebieten realisieren. Ein großes und für uns sehr innovatives Projekt diesbezüglich ist das Bauvorhaben auf den Sonnwendgründen, also beim neuen Wiener Hauptbahnhof. Das Projekt heißt „6 plus 1“ und umfasst 280 Wohnungen, die auf sechs unterschiedliche Themen verteilt sind. Es gibt einen Bauteil mit kleineren Einheiten, einen mit Wohnungen für Jungfamilien, einen mit Lofts und so weiter. Auf diese Weise wollen wir möglichst viele unterschiedliche Menschen in einem einzigen Projekt vereinen. Das „plus 1“ bezieht sich auf ein Leisure-Gebäude, das einzig und allein aus Gemeinschaftseinrichtungen besteht, also aus Veranstaltungsräumen, Sauna, Fitnessraum und Schwimmbad. Ein Haus für alle. Wimmer: Uns ist durchaus bewusst, dass das ein sehr experimentelles Modell ist. So etwas hat es bisher noch nie gegeben. Das ist eine Revolution. Das Projekt steht kurz vor Baubeginn. Wir wollen sehen, wie sich diese Idee entwickeln wird.
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Comparing earlier times with today: have we improved as regards the way we build or have we forgotten or lost a number of things? Wimmer: Sometimes I have the feeling that the “housing policy” from back then has developed into a kind of “housing construction policy”. To give just one example: We talk a lot about urban expansion and new residential districts on the periphery of the city but nobody talks about how to deal with existing building fabric from the post-war period. There is still far too little being done in this area. Just take a look at France and the projects by the French architecture office of Lacaton & Vassal! They are making serious attempts to renovate dilapidated buildings from the 1960s and 1970s, to upgrade them and reposition them in peoples’ perception of the city. That’s a start and this is the direction we have to take. Zubčević: I have the feeling that in Vienna we talk too much about individual projects and too little about an overall structure or about the balance of such a structure. It would be a good thing if we could look more at the fundamental questions of housing. Wimmer: Just one example: the bright orange residential building on Odeongasse is not the result of architectural considerations but primarily the outcome of an urban planning and social concept, of what is known as “block renewal”. This way of linking the project with its surroundings and the city, this balancing of individual factors is still far too rare.
But this balance only works in an established urban mesh. How can one achieve something similar on a greenfield site? Zubčević: The greater the number of outline conditions to which one can and must react, the easier it is to integrate a housing concept in its surroundings. If done with enough care it would be possible to achieve something similar in newly developed residential areas. A large, and for us very innovative, project in this respect is the development of the Sonnwend grounds beside Vienna’s new Main Railway Station. The project is called “6 plus 1” and comprises 280 flats that reflect six different themes. There is a building with smaller units, one with flats for young families, one with lofts and so forth. Our aim here is to integrate as many different kinds of people as possible in a single project. The “plus 1” refers to a leisure building that consists solely of communal facilities such as meeting rooms, sauna, fitness room and swimming pool. It’s a building for everyone. Wimmer: We are keenly aware of the fact that this is a very experimental model. Something of this kind has never been done before. This is a revolution. Construction work on this project is just about to start and we are eager to see how this idea will develop.
Ein Trend, der dieser Vielfalt ebenfalls gerecht werden will, ist der Themenwohnbau. Da gibt es autofreie Siedlungen, Bike-Cities, Wohnbauten für Frauen und einbruchsichere Wohnhausanlagen. Was kommt als nächstes? Wimmer: Der nächste Schritt wird definitiv nicht sein, noch ein weiteres Thema zu finden. Der nächste Schritt wird sein, die bisherigen Themen miteinander zu verbinden und Synergien zu schaffen. Themenwohnbau macht meines Erachtens nur dann Sinn, wenn diese Sparte des Wohnbaus nicht isoliert betrachtet wird, sondern im Kontext der Gesellschaft. Zubčević: Ich persönlich stehe dem Themenwohnbau kritisch gegenüber. Eine Wohnhausanlage für Radfahrer, eine Wohnhauslange für Nicht-Autofahrer … Was ist der Punkt? In meinen Augen ist diese Thematisierung häufig nur ein Marketing-Gag. Im Grunde genommen geht es doch um Wohnraumschaffung, die so gut und so vielfältig ist, dass sie nicht nur eine einzelne Bewohnergruppe anspricht, sondern potenziell jeden. Und dabei ist es an der Zeit, die Prinzipien des „Universal Design“ umzusetzen. Wie die Wohnung dann gestaltet und genutzt wird, das bleibt jedem einzelnen überlassen. Eine Schwierigkeit dieser Schwerpunktprojekte ist: Themenwohnbau bedeutet ja nicht nur Integration der Personengruppe A, sondern auch Ausschluss der Personengruppe B. Wimmer: Genau das ist das Problem. Wenn jemand ein Frauenwohnprojekt mit besonderen Schwerpunktthemen entwickelt, dann ist das ein sehr interessanter und wertvoller Beitrag. Doch hat man gleichzeitig das Recht, andere Interessenten aus diesem Angebot auszuschließen? Nein. Wie gesagt: Es geht um Vielfalt. Und das Recht auf Vielfalt hat jeder.
One trend that also aims at satisfying this kind of diversity is theme-related housing. There are car-free developments, bike cities, housing especially for women, and burglar-proof housing complexes. What will come next? Wimmer: The next step will certainly not be to find yet a further theme. It will be to link the earlier themes with each other and to create some synergies. In my opinion theme-related housing only makes sense when this branch of housing is not viewed alone but in the context of society as a whole. Zubčević: Personally, I take a rather critical view of themerelated housing. A housing complex for cyclists and a housing development for non-drivers … what’s the point? In my view this is frequently nothing more than a marketing gag. Essentially, the goal must always be to create living space that is so good and diverse that it appeals not only to a single group of residents but potentially to every group. And in this respect it is about time we began to implement the principles of what is known as “universal design”. How the flat is designed and used is left up to each individual. One difficulty of these projects that focus on special themes is that theme-related housing doesn’t just mean the integration of group A but also the exclusion of group B. Wimmer: That’s exactly the problem. When somebody develops a women’s housing project with particular focal points then that is a very interesting and valuable contribution. But at the same time does one have the right to exclude others from this offer? I believe not. The issue is diversity, and everyone has a right to diversity.
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Der deutsche Politiker und ehemalige EU-Abgeordnete André Brie von den Linken hat in einem Interview einmal gesagt: „Leute, die in Neubauten Wand an Wand wohnen, scheinen oft zu vergessen, dass sie auch Tür an Tür wohnen.“ Wie geht man mit dieser Anonymität im Massenwohnbau um? Wimmer: Das ist eine schöne Aussage. Und sie spiegelt tatsächlich die Realität in vielen Wohnhausanlagen wider. Doch die Wahrheit ist: Man kann Gemeinschaft nicht verordnen, man kann nur Angebote und Konditionen schaffen, die es den Leuten erleichtern, in Kontakt zu treten und aktive Nachbarschaft zu leben. Anders ausgedrückt: Die Bassena ist nicht verordenbar, sie ist bestenfalls ein Angebot. Wie sieht dieses Angebot bei Ihnen aus? Wimmer: Ganz einfach: Wir bauen unterschiedliche Räume für das Entstehen sozialer Netzwerke mit unterschiedlichen Raumqualitäten. Nur ein Beispiel: Wir bauen keine Stiegenhäuser, mit denen 20 oder 30 Wohnungen pro Stockwerk erschlossen werden, wie man das im sozialen Wohnbau oft sieht, sondern meist nur eine Handvoll. Zubčević: Und wir bauen Stiegenhäuser mit einer Stiegenhöhe von 15 statt der sonst üblichen 18 Zentimeter. Wir wissen mittlerweile, dass in der Gründerzeit die Leute problemlos Stiegen benutzt haben, weil sie bequem zu besteigen waren. Aber wer geht heute noch freiwillig auf 18 Zentimeter hohen Treppen spazieren? Niemand. Wie sind diese Mehrkosten gegenüber dem Bauträger zu argumentieren? Zubčević: Es gibt keine Mehrkosten. Ob ein Stiegenhaus jetzt 17 oder 19 Stiegen pro Geschoß hat, wirkt sich auf die Baukosten de facto nicht aus. Und wenn, dann sprechen wir hier von einem Bruchteil eines Promilles. Man muss nur rechtzeitig umdenken. Wenn man schon in der Konzeptphase etwaige sinnlose oder fragwürdige Gewohnheiten überdenkt, dann kann man in diesem frühen Planungsstadium vieles besser machen. Außerdem muss man solche Investitionen ganzheitlich betrachten: Wer regelmäßig Stiegen steigt, der bleibt fit und dessen Herz schlägt länger. Vielleicht spart man auf diese Weise langfristig sogar Medikamente und ärztliche Betreuung. Das wäre eine volkswirtschaftliche Rechnung mit positiver Bilanz.
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The bassena was the source of running water in Viennese tenements. Located in a corridor near the staircase it also offered people an opportunity to meet and chat.
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The German politician and former member of the European Parliament André Brie from Die Linken once said in an interview: “People who live wall to wall often seem to forget that they also live next door to each other.” How can one deal with this anonymity in mass housing? Wimmer: That’s a good statement. And it accurately reflects the reality in many housing complexes. But the truth is: you cannot prescribe a sense of community, you can just create the facilities and conditions that allow people to make contact with each other and to establish an active neighbourhood. The bassena quality1 cannot be prescribed, it is at best a facility. And what kind of facilities do you provide? Wimmer: That’s easy to answer. We build very different kinds of spaces that allow social networks with different spatial qualities to develop. To give just one example: we don’t build staircases serving 20 to 30 apartments on each floor as you often find in social housing. Our stairs access just a handful of flats per floor. Zubčević: And the risers in our staircases are only 15 cm high, instead of the usual 18 cm. Today we know that in the late 19th century people used staircases without any problem as they were so easy to climb. But today who voluntarily climbs a staircase with 18-cm-high steps? Nobody. And how do you convince the developers to accept the additional costs? Zubčević: There aren’t any additional costs. Whether a staircase has 17 or 19 steps per floor has de facto no effect on the construction costs. Or, if it does, we are talking about a fraction of one thousandth. You just have to consider these things in good time. If, during the conceptual phase, you take a critical look at senseless or questionable practices then you can do a lot of things better in this early design stage. And also, you have to take a holistic view of such investments: those who regularly climb stairs remain fit, their heart keeps beating longer. Perhaps this could even reduce the costs of medication and medical care in the long term. That would represent a positive economic balance sheet. Is the use of hardware alone sufficient to deal with this anonymity ? Or is certain kind of software required? I am talking about tenant support and district management. Zubčević: Active tenant support is never wrong. Professional support can have a very positive effect on the development of a real neighbourhood. I can remember the opening of the ZIP residential building in Vienna’s 20 th district: on the second day after the handover the developer organized a grill party on the roof so that the tenants could get to know each other. I think this is an excellent idea. Wimmer: At present we are taking a close look at the “social media”, thinking about how to integrate the new technologies in our projects in the sense of social networks. Depending on age and social background Twitter, Facebook and blogs are today completely normal communication tools between friends and neighbours. You could describe them as a kind of new generation of bassena quality. I believe that this will greatly change the way we live in the years to come.
Genügt es, diese Anonymität mit Hardware aufzuheben? Oder braucht man auch eine gewisse Software im Sinne von Mieterbetreuung und Quartiersmanagement? Zubčević: Mieterbetreuung ist niemals ein Fehler. Eine professionelle Betreuung kann die Entwicklung der Nachbarschaft erheblich beeinflussen. Ich erinnere mich an die Eröffnung des Wohnhauses ZIP in der Meldemannstraße im 20. Bezirk. Am zweiten Tag nach der Schlüsselübergabe hat der Bauträger eine Grillparty auf dem Dach organisiert, damit sich die Leute kennenlernen. Ich finde, das ist eine sehr schöne Idee. Wimmer: Zurzeit beschäftigen wir uns sehr stark mit „Social Media“, also mit der Frage, wie wir die neuen Technologien im Sinne sozialer Netzwerke in unsere Projekte einbinden können. Abhängig vom Alter und vom sozialen Hintergrund sind Twitter, Facebook und Blogs heute ganz selbstverständliche Kommunikations-Tools zwischen Freunden und Nachbarn. Wenn man so will: eine Art Bassena 2.0. Ich glaube, dass sich das Wohnen dadurch in den nächsten Jahren stark verändern wird. Zubčević: Ganz gleich, ob Grillparty oder Twittern unter Nachbarn. Manchmal sind es die einfachsten Dinge, die das Miteinander fördern. Wenn das so einfach ist, warum macht man das nicht öfter? Zubčević: Weil das Bewusstsein für diese „Social Networks“ noch nicht stark genug ist. Aber es ist im Begriff zu steigen. Manche Dinge brauchen Zeit. Wimmer: Aber das setzt natürlich voraus, dass man mit dieser Software, wie Sie sagen, eine gewisse Erfahrung und ein gewisses Einfühlungsvermögen hat. Simples Beispiel: Ohne Quartiersmanagement kommen bei Schlüsselübergabe hunderte Einwohner gleichzeitig mit dem Möbelwagen an, es staut sich, die Möbelpacker steigen einander auf die Füße, alle sind genervt. Ist das ein guter Start in ein neues Wohnen? Sicher nicht. Es braucht ein gewisses Service im Hintergrund. Wohnen besteht aus mehr als nur Architektur!
Zubčević: No matter whether it is a grill party or “twittering” between neighbours. Sometimes it is the simplest things that encourage a sense of community. If it’s really that simple then why isn’t it done more often? Zubčević: Because there is not yet sufficient awareness of these “social networks”. But it is growing. Some things just take time. Wimmer: But naturally this requires a certain degree of experience with and sensitivity to this software, as you call it. A simple example: without district management, when the keys to new apartments are handed over around one hundred people arrive with their furniture transporters at the same time, a terrible muddle develops, the furniture movers get in each other’s way and everyone is irritated. Does this represent a good start to life in a new home? Most definitely not. A certain background service is required. Housing consists of more than just architecture! A final question: a number of years ago the Swedish furniture store Ikea used a very memorable slogan in its Germanlanguage advertising: “Wohnst du noch oder lebst du schon?” Which could roughly be translated as: “are you still just living or are you truly alive?” So, what is the difference? Wimmer: The issue is the space we live in – and not just meeting the demand for housing like in the 19th century. We have moved a long way beyond the right to housing. Today the issue is the right to an adequate and appropriate space in which to lead our lives. Zubčević: This slogan is indeed very catchy. But Ikea is right. The architecture discourse in the 21st century should not start with housing; it must begin with life itself. It’s only when we are fully aware of this that we can build high-quality spaces for life that show respect for those who live in them.
Abschlussfrage: Das schwedische Möbelhaus Ikea hat vor einigen Jahren mit einem sehr einprägsamen Spruch geworben: „Wohnst du noch oder lebst du schon?“ Was ist der Unterschied? Wimmer: Es geht um Lebensraum – und nicht allein um die Befriedigung des Wohnbedürfnisses wie seinerzeit im 19. Jahrhundert. Über das Recht auf Wohnen sind wir schon lange hinaus. Heute geht es um das Recht auf einen adäquaten Lebensraum. Zubčević: Der Slogan ist natürlich sehr catchy. Aber Ikea hat schon Recht: Die Architekturdiskussion im 21. Jahrhundert darf nicht erst mit dem Wohnen anfangen, sondern muss schon mit dem Leben beginnen. Erst wenn wir uns dessen bewusst sind, können wir hochwertige und respektvolle Lebensräume bauen.
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Michael Ludwig & Christoph Chorherr
„Um einer wachsenden Stadt gerecht zu werden, bedarf es einer Vielzahl an Instrumenten und Modellen. Das Wichtigste ist, ein buntes und gemischtes Angebot an unterschiedlichen Wohnbauten und Wohnungen anzubieten.“ Wiener Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (links) und der Wiener Gemeinderat und Landtagsabgeordnete Christoph Chorherr. “For a growing city we need a variety of instruments and models. The most important thing is to offer a colourful and mixed range of very different residential buildings and dwelling types.” Vienna’s Town Councillor for Housing Michael Ludwig (left) and Christoph Chorherr, member of the Vienna City Council and Vienna Provincial Parliament.
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IM GESPRÄCH INTERVIEW
IMMER MEHR IDEEN FÜR IMMER MEHR MENSCHEN PLANS FOR A GROWING TOMORROW
Welchen Stellenwert nimmt Wohnen für Sie persönlich ein? Ludwig: Meine Wohnung ist mein persönlicher Rückzugsraum. Sie ist mein privates Gegenstück zu meinem öffentlichen Leben als Politiker, und sie bietet mir Möglichkeiten zur individuellen Gestaltung. Kurzum: Wohnen ist essenziell. Chorherr: Ich lege großen Wert auf die Trennung von privat und öffentlich-politisch. Ich will nicht 24 Stunden erreichbar sein, ich will einen Ort haben, an dem ich das Handy ausschalten und die Zeit gemeinsam mit meiner Familie verbringen kann. Interessant finde ich aber, dass ich diese Privatheit nicht nur in der eigenen Wohnung leben kann, sondern auch im Kaffeehaus, im Supermarkt an der Kassa, auf dem Fahrrad in der Stadt.
What importance does your home have for you personally? Ludwig: My home is somewhere I can retire to. It is my private counterpart to my public life as a politician and offers me an opportunity to shape my own surroundings. In brief, housing and home represent something essential. Chorherr: I attach great importance to the separation of private and public or political. I don’t want to be contactable 24 hours a day. I want to have a place where I can switch off my mobile phone and spend time together with my family. But I also find it interesting that I can live this kind of privacy not only in my own apartment but also in a café, at the cash desk in a supermarket, on my bike while cycling through the city.
Rückblende: Der soziale Wohnbau in Wien ist mittlerweile 90 Jahre alt. Was ist der größte Unterschied zwischen damals und heute? Ludwig: Der größte Wandel ist für mich die Ausgangslage. Man darf nicht vergessen: In der österreichisch-ungarischen Monarchie war die Wohnsituation sehr trist. 96 Prozent aller Wohnungen befanden sich in Mietskasernen und hatten weder Wasser noch WC. Der Gemeindebau der Ersten Republik brachte also vor allem eine Verbesserung dieser Situation. Die Wohnungen waren mit Heizung, Badezimmer und WC ausgestattet. Heute ist die Sachlage ganz anders. Durch die jahrzehntelange kontinuierliche Wohnbaupolitik der Stadt Wien befinden wir uns heute auf einem sehr hohen Level, was den geförderten Wohnbau betrifft. Und es wird ehrlich gesagt immer schwieriger, diese Qualität zu toppen.
Taking a look back: social housing in Vienna is today 90 years old. What is the greatest difference between back then and today? Ludwig: For me the greatest change is the starting point. One should not forget that the housing situation in the AustroHungarian Empire was appalling. 96 per cent of all apartments were in tenements and had neither running water nor a WC. The council housing of the First Austrian Republic was therefore above all an improvement on this situation. The flats had heating, a bathroom and WC. Today the situation is very different. Thanks to decades of continuous development of housing policy by the City of Vienna today we find ourselves at a very high level as far as subsidized housing is concerned. And, quite honestly, it is becoming increasingly difficult to improve on this quality.
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Heißt das, die Obergrenze der Qualität ist bereits erreicht? Ludwig: Das habe ich nicht gesagt. Es wird in Zukunft nur schwieriger werden. Mir persönlich ist wichtig, keine Wohnungen von der Stange anzubieten, sondern ein großes Spektrum, das auf unterschiedliche Lebenskonzepte und Bedürfnisse reagieren kann.
Does that mean that the upper limit of quality has been reached? Ludwig: That’s not what I mean. It will just become more difficult in the future. For me personally it is important not to offer any “off-the-shelf” apartments but to provide a wide range that can react to different needs and concepts for living.
Wie lauten die neuen Bedürfnisse? Ludwig: Die Scheidungsraten haben sich erhöht, man trennt sich früher und öfter, und die Single-Haushalte boomen. Im Gegenzug gibt es aber auch große Patchwork-Familien. Hinzu kommt der Aspekt, dass die heutigen Wohnungen für viele Generationen geeignet sein müssen. Die Leute werden immer älter, die Pflegefälle nehmen zu, die Anforderungen an die Flexibilität steigen. Hier gilt es, Wohnungen zu entwerfen, die diesen Ansprüchen gerecht werden können. Wir merken, dass die Nachfrage kontinuierlich steigt. Chorherr: Die Stadt Wien experimentiert und macht viel auf dem Gebiet des so genannten Themenwohnbaus, in dessen Rahmen man bestimmte Menschen mit bestimmten Interessen anspricht, sei es Generationenwohnen, sei es eine Bike-City, sei es Wohnen am Wasser. Ein besonders interessantes Modell ist für mich jedoch die Baugruppe. Hier können sich Menschen zusammentun, können selbstbestimmt und selbständig ein Wohnprojekt auf die Beine stellen. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist die Baugruppenidee in Österreich noch ziemlich jung, aber ich denke, das ist ein wertvoller und viel versprechender Ansatz für die Zukunft.
What are the new needs? Ludwig: The divorce rate has risen, people separate earlier and more often, and the number of single person households is booming. On the other hand there are large patchwork families. Additionally there is the aspect that today’s apartments must be suitable for many different generations. People are living longer, the number of people in need of care is increasing, the demands made on flexibility are growing. The important thing is to design apartments that can meet these requirements. We notice that the demand is growing continuously. Chorherr: The City of Vienna experiments and is doing a great deal in the area known as theme-related housing in which certain people with certain needs are catered for, whether it be different generations living together, or a Bike City, or living beside the water. For me the “Baugruppe”, which is an autonomous building group, is a particularly interesting model. Here people can join forces and set up their own independent and selfdetermined kind of housing project. In contrast to other countries this housing cooperative idea is relatively new in Austria but I think this is a valuable and promising approach for the future.
Im Wohnbereich sprechen wir immer wieder von Neubauten und von Stadterweiterung. Doch der Löwenanteil der Wiener Wohnungen befindet sich in bestehender Bausubstanz. Darüber hört man wenig. Warum? Ludwig: Die Stadt Wien gibt für die Sanierung der bestehenden Wohnbauten fast genauso viel Geld aus wie für den Neubau. Und das ist auch gut so. Wien ist meines Wissens die Stadt mit der größten Dichte an Gründerzeitbauten. Ein Drittel aller Wiener Wohnungen befindet sich in Bauten, die vor dem Ersten Weltkrieg errichtet wurden. Eine der wichtigsten Aufgaben ist daher, nicht nur Wohnraum zu schaffen, sondern auch das historische Stadtbild zu erhalten. Und das ist gar nicht leicht, denn Abbruch und Neubau, so wie das in vielen anderen Städten praktiziert wird, ist für Investoren und Projektentwickler meist viel lukrativer.
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In the area of housing we always talk about new build and urban expansion. But the lion’s share of apartments in Vienna is in existing building fabric. But one hears very little about this. Why? Ludwig: The City of Vienna spends almost as much money on the renovation of existing housing stock as on the construction of new housing. And that is a good thing. As far as I know Vienna is the city with the greatest density of 19th century buildings. A third of all apartments in Vienna are in buildings erected before the First World War. Therefore one of the most important tasks is not only creating living space but also preserving the historic appearance of the city. And that is far from easy because for investors and project developers demolition and new building, as is practiced in many other cities, is far more lucrative.
Wie genau gehen Sie vor? Ludwig: Wir setzen hohe Fördermittel ein, aber gleichzeitig verpflichten wir die Hauseigentümer dazu, die Miete 15 Jahre lang nicht zu erhöhen. Nur so können wir garantieren, dass kein allzu rascher Austausch der Bevölkerung stattfindet. Auch das ist Nachhaltigkeit! Dass wir mit diesem Modell erfolgreich sind, beweist eine Auszeichnung, die wir im Herbst 2010 bekommen haben. Die Stadt Wien wurde vom UN Habitat mit der „Scroll of Honour“ ausgezeichnet. Ich bin sehr stolz darauf. Chorherr: Die Sanierungsmaßnahmen in der historischen Substanz sind enorm wichtig! Wien wächst. Und das sogar sehr stark. Was die Wenigsten wissen: In den nächsten Jahrzehnten wird innerhalb der Wiener Stadtgrenzen die zweitgrößte Stadt Österreichs entstehen. Wir sprechen hier von 200.000 bis 250.000 Einwohnern, von Wohnraum, Arbeitsplätzen, Bildungsbauten und Infrastruktur. So ein riesiges Bauvolumen innerhalb der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu realisieren – und das ist keine Übertreibung –, ist ein Jahrhundertprojekt. Und ehrlich gesagt setzt uns das auch ganz schön unter Druck, denn die Grundstückskosten in Wien werden immer höher und höher. Wir sind allerdings in der glücklichen Situation, dass es in Wien eine städtische Bodenbevorratung gibt. Wird das Projekt gelingen? Chorherr: Es muss gelingen! Wenn nicht, dann wird in Wien das passieren, worunter viele Städte weltweit immens leiden: Zersiedlung und Ghettoisierung. Das müssen wir um jeden Preis verhindern.
How do you approach this in detail? Ludwig: We contribute sizable subsidies while at the same time committing the building owners to freezing the rents for 15 years. In this way we can prevent an excessively rapid change of tenants in a building. This is also an example of sustainability! An award that we received in autumn 2010 proves the success of this model. The City of Vienna was awarded the “Scroll of Honour” by the UN Habitat. I am extremely proud of this. Chorherr: Renovation of the historic fabric is extremely important! Vienna is growing, and growing very strongly. Very few people know that in the next decades Austria’s second largest city will develop within the urban boundaries of Vienna. We are talking here about 200,000 to 250,000 residents, about housing, work places, educational buildings and infrastructure. Carrying out such a huge volume of building within the ecological, social and economic outline conditions is a project of the century – and that is no exaggeration. And, quite honestly, this is putting us under considerable pressure, as in Vienna land is becoming more and more expensive. However, fortunately in Vienna we have an urban land bank. Will this project succeed? Chorherr: It must succeed! If it doesn’t then a situation that already exists in many cities throughout the world will develop in Vienna: urban sprawl and the formation of ghettos. This must be avoided at all costs.
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200.000 bis 250.000 zusätzliche Einwohner in Wien. Wie soll sich das flächenmäßig ausgehen? Ludwig: Das ist ein wichtiger Punkt. In den 70er Jahren lag die durchschnittliche Wohnfläche bei 25 Quadratmetern pro Kopf. Heute liegen wir bei circa 38 Quadratmetern pro Kopf. Und die Zahl steigt weiter. In den neuesten Wohnstudien ist bereits von Wohnwünschen in der Größenordnung von 42 bis 45 Quadratmetern die Rede. Das wird sich auf Dauer nicht ausgehen. Und zwar nicht nur flächenmäßig, sondern auch finanziell. Die Menschen werden sich ihre Wunschwohnungen schlichtweg nicht mehr leisten können. Wie kann die Stadt Wien dem entgegenwirken? Ludwig: Es gibt zwei grundsätzliche Möglichkeiten: Wir können Wohnungen anbieten, die zwar klein, aber dafür clever konzipiert sind und einen entsprechenden sozialen Mehrwert in den Allgemeinräumlichkeiten haben. Da gibt es bereits eine Vielzahl an Projekten, die ganz unterschiedlichen Wohnbedürfnissen entgegenkommen. Und wir können so bauen, dass das Wohnen günstiger wird. Der Niedrigenergie-Standard im geförderten Wohnbau ist bereits seit einigen Jahren verpflichtend. Dank den Passivwohnbauten können wir die Wohnkosten noch weiter drosseln. Im größten Passivwohnprojekt Europas auf den Aspanggründen, wo wir derzeit 800 Wohnungen errichten, kommen die Wohnungen ganz ohne Heizung aus. Noch günstiger und noch ökologischer kann man das Wohnen nach heutigem Stand der Technik nicht machen. Der Wiener Wohnbau zeichnet sich heute durch strenge Bauvorschriften und hohe Sicherheitsmaßnahmen aus. Bleibt da überhaupt noch Geld für Innovation? Ludwig: Man darf die Sicherheit nicht gegen andere Themen ausspielen. Es geht nicht um Entweder-oder, sondern um Sowohl-als-auch. Und darin sehe ich keinen Widerspruch. Die Königsdisziplin ist, die Sicherheit mit innovativen Wohnbaukonzepten zu verknüpfen. Chorherr: In Wien gibt es das Phänomen, dass die Qualität im geförderten Wohnbau viel höher ist als im freifinanzierten Bereich. Das ist zwar einerseits sehr schön, andererseits führt sich das System dadurch auch etwas ad absurdum. Das gibt es auf der ganzen Welt kein zweites Mal. Insofern ist es eine Illusion, diese Qualität bei steigenden Sicherheitsanforderungen langfristig halten, geschweige denn steigern zu können. Eines ist klar: Wir werden in Zukunft definitiv kostengünstiger bauen müssen. Wo liegen die Einsparungspotenziale? Chorherr: Ich möchte die Sicherheit nicht in Frage stellen, aber es gibt definitiv ein paar Normen, die man – ich sage es vorsichtig – auf die Sinnhaftigkeit abklopfen sollte. Nicht alle Vorschriften sind einleuchtend. Nur ein Beispiel: Die Brandschutzvorschriften im Holzbau sind strenger als irgendwo sonst. Ich habe das Gefühl, dass die Vorschriften nicht immer nur der Sicherheit dienen, sondern manchmal auch den Bedenken und Befürchtungen der Ziegel- und Zementindustrie. Holz ist in der Tat ein ernsthafter Konkurrent. Hier wäre es an der Zeit, manche Normen zugunsten von Innovation und Nachhaltigkeit neu zu überdenken.
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200,000 to 250,000 additional inhabitants in Vienna. How will this be managed in terms of area? Ludwig: That is an important point. In the 1970s the average per capita floor area in housing was 25 square metres. Today the figure is about 38 square metres. And this figure is rising. In the latest housing studies mention is made of housing wishes in the area of 42 to 45 square metres per capita. But in the long-term this is not sustainable – not just in terms of the space required but also financially. People will simply no longer be able to afford the apartments they want. How can the City of Vienna counteract this? Ludwig: Essentially there are two possibilities. We can offer apartments that, although small, are cleverly designed, with the appropriate added social value in the communal spaces. There are already numerous projects that meet a wide range of very different housing needs. And we can build so that living costs are more reasonable. The low energy standard in subsidised housing has been obligatory for a number of years now. Thanks to passive residential buildings we can further reduce living costs. In Europe’s largest passive housing project on the Aspang site, where we are currently building 800 dwellings, the apartments require no heating at all. With the technology currently available housing cannot be more economical and ecological than this. Viennese housing is characterised by strict building regulations and stringent safety and security measures. Do these leave any money for innovation? Ludwig: One should not play off safety against other themes. It is not a question of either or but rather both and. I see no contradiction here. The aim here must be to link safety with innovative housing concepts. Chorherr: In Vienna there is the phenomenon that the quality of subsidised housing is far higher than that of the privately financed sector. On the one hand this is a fine thing, but on the other the system is developing ab absurdum. This is not found anywhere else in the entire world. In this sense it is an illusion to believe that in the long term and with increasing safety demands this quality can be preserved, not to mention increased. One thing is clear: in the future we will definitely have to build more economically. Where can savings be made? Chorherr: I have no wish to question the importance of safety, but there are certainly a number of standards that, and I put this very cautiously, should be looked at to see whether they make real sense. Not all regulations are sensible. To give just one example: the fire safety regulations with regard to timber building are more stringent than in other areas. I have the feeling that the regulations are not always solely in the interest of safety, but also react to the fears and reservations of the brick and cement industries. Wood is in fact a serious competitor. Here it is really time to rethink some of the standards from the viewpoint of innovation and sustainability.
Wenn man den Markt betrachtet, fällt auf, dass sich sowohl die Baukosten als auch die Kosten für den Endverbraucher im geförderten und freifinanzierten Wohnbau immer näher kommen. Bei manchen Bauträgern gibt es kaum noch einen Unterschied. Ist das langfristig nicht eine Gefährdung des geförderten Modells? Chorherr: Nein. Um einer wachsenden Stadt gerecht zu werden, bedarf es einer Vielzahl an Instrumenten und Modellen. Mit staatlich geförderten Wohnungen alleine werden wir die große Nachfrage, die uns in den nächsten Jahrzehnten erwartet, nicht befriedigen können. Insofern sind wir auf private und gewinnorientierte Bauträger angewiesen, die freifinanziert bauen. Ludwig: Das Zauberwort lautet Vielfalt. Das Wichtigste ist, ein buntes und gemischtes Angebot an unterschiedlichen Wohnbauten und Wohnungen anzubieten. Was sind die nächsten Schritte für Wien? Ludwig: Der nächste große Schritt ist die Wohnbauoffensive der Stadt Wien, wo wir in Zusammenarbeit mit sechs unterschiedlichen Baukonsortien rund 6.200 freifinanzierte Wohnungen errichten. Doch die Bauträger verpflichten sich dazu, die Miethöhen für all jene Mieterinnen und Mieter, die in den ersten zehn Jahren einziehen, unbefristet dem geförderten Wohnbau anzupassen. Solche innovativen Modelle und Nischenprogramme wird es in Zukunft verstärkt geben müssen. Chorherr: Ich habe eine grüne Seele. Und daher will hier noch eine ökologische Perspektive ergänzen: Das Niedrigenergiehaus war der erste Schritt in Richtung Ressourcenschonung und Energieeinsparung. Das Passivhaus war der zweite Schritt. Der nächste logische Schritt, der uns nun bevorsteht, ist das Plusenergiehaus, das in der Lage sein wird, die zum Wohnen benötigte Energie selbst zu erzeugen. Das ist unvermeidlich. Das ist meine Vision für die Zukunft.
On looking at the market one notices that both building costs and the costs for the end consumer in subsidized and privately financed housing are moving closer together. With some developers there is hardly any difference at all. In the long-term does this not endanger the subsidized model? Chorherr: No. For a growing city we need a variety of instruments and models. With state subsidized housing alone we will not be able to meet the great demand that will be made on us in the next few decades. In this sense we are equally dependent on private and profit oriented developers who erect privately financed housing. Ludwig: The magic word is diversity. The most important thing is to offer a colourful and mixed range of very different residential buildings and dwelling types. What are the next steps for Vienna? Ludwig: The next major step is the housing offensive of the City of Vienna where in collaboration with six different building consortiums we will erect around 6,200 privately financed dwellings. The developers agree to set the rents for all tenants who move in during the first ten years at the level of subsidised housing rents for an unlimited period. In the future there will have to be more such innovative models and niche programmes. Chorherr: I have a green soul. And therefore I want here to add an ecological perspective. The low energy building was the first step in the direction of saving energy and making economic use of resources. The passive house was the second step. The next logical step that now lies before us is the plus energy building, which will be able to generate itself the energy it needs for daily life. This is unavoidable. That is my vision for the future.
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Marjeta Adlešič MONTE VERDE 58 m²
ICH BRAUCHE DAS PANORAMA
I NEED THE VIEW FROM FAR ABOVE
In den Medien hört man über den Wienerberg meist nichts Gutes. Die Leute kritisieren die schlechte Lage, die schlechte Anbindung und die schlechte Infrastruktur. Doch als Bewohnerin am Wienerberg – und ich bin hier schon seit immerhin sieben Jahren zu Hause – kann ich sagen, dass sich diese Vorurteile im Alltag keineswegs bestätigen. Die Bushaltestelle ist in der Nähe, im Nebenhaus gibt es ein kleines Shopping-Center mit Supermarkt und Post, ein riesiges Kino, viele Restaurants, gleich ums Eck gibt es eine Apotheke, ein Kaffeehaus, eine Videothek und so weiter. Die Infrastruktur ist gut. Für die tägliche Nahversorgung ist alles da. Ich kann mich wirklich nicht beschweren. Mein persönliches Highlight ist jedoch der Ausblick. Ich wohne im 14. Stock auf der Westseite und schaue mitten ins Grüne. Bis zum Wienerwald, um genau zu sein. Ich brauche die Höhe, und ich brauche das Panorama um mich herum. Ich kann mich erinnern: Ich habe als Kind in Zagreb schon einmal im 16. Stock gewohnt. Natürlich kann man die sozialistischen Plattenbauten in Kroatien nicht mit dem geförderten Wohnbau in Wien vergleichen, denn die Wohnqualität damals war furchtbar. Aber der Ausblick, der war wunderbar! Die Wohnung selbst ist zwar klein, aber sie ist gut geschnitten und verfügt über eine Loggia. Die Einrichtung würde ich als modern bezeichnen. Dunkler Boden, schlichte Möbel, wenig Schnickschnack. Nur die beiden Fauteuils sind alt. Das sind eigentlich ganz unaufregende Erbstücke aus Kroatien, aber sie sind sehr schön und vor allem wahnsinnig bequem. Nur der Stoffbezug ist neu. Das habe ich bei einem Tapezierer in Auftrag gegeben. Im Sommer gehe ich am liebsten ins Schwimmbad. Sobald ich aus der Arbeit komme, fahre ich mit dem Lift sofort aufs Dach und gehe ins Wasser. Meistens schwimme ich 40 bis 60 Längen. Wenn es heiß ist, gibt es nichts Entspannenderes, als da oben ins Wasser zu springen und sich wieder ein bisschen abzukühlen. Manchmal kann man beobachten, wie die Angestellten in den Twin Towers von Massimiliano Fuksas, die ja noch viel höher sind, in ihren Anzügen und Blazern am Fenster stehen und aus ihren klimatisierten Büros auf den Swimmingpool runterschauen. Das ist echt lustig.
Generally you don’t hear anything positive in the media about Wienerberg. People criticise the bad location, the bad transport connection and the bad infrastructure. But as someone who actually lives in Wienerberg – and, after all, I’ve been living here for seven years – I can truly say that these prejudices are not confirmed in everyday life. The bus stop is nearby, in the neighbouring building there is a small shopping centre with a supermarket and post office, a huge cinema, lots of restaurants, just around the corner there is a pharmacy, a café, a video and DVD rental shop and so forth. The infrastructure is good. All the local facilities you need are here. I really can’t complain. But for me personally the highlight is the view. I live on the west side of the 14th floor and I look out at greenery. As far as the Vienna Woods, to be precise. I need this height, and I need this panorama around me. I can remember: as a child in Zagreb I once lived on the 16th floor. Naturally, you can’t compare the socialist pre-cast panel buildings in Croatia with subsidized housing in Vienna, as the quality of the housing back then was terrible. But the view was wonderful! The apartment itself is small but it is well laid-out and has a loggia. I would describe the interior as modern. Dark floors, plain furniture, few frills. Only the two armchairs are old. In fact they are unexciting heirlooms from Croatia but they are lovely and, above all, extremely comfortable. Only the fabric is new. I got an upholsterer to recover them. In summer I like most of all to go to the swimming pool. Once I arrive home from work I immediately travel by lift up to the roof and dive into the water. I usually swim between 40 and 60 lengths. When it’s hot there is nothing more relaxing than jumping into the water and cooling off a bit. Sometimes you can see the people in the Twin Towers by Massimiliano Fuksas, which are far taller, standing at the windows in their blazers and suits and looking down from their air-conditioned offices at the swimming pool. That makes me chuckle.
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Manchmal sieht man, wie die Angestellten in den Twin Towers am Fenster stehen und aus ihren klimatisierten BĂźros auf den Swimmingpool runterschauen. Die Blickbeziehung funktioniert auch umgekehrt. Von der Dachterrasse des Monte Verde schaut man bis zum Wienerwald. Occasionally you can see some of the staff in the Twin Towers standing by the window and looking down from their air-conditioned offices at the swimming pool. The visual connection also works the other way around. From the roof terrace of Monte Verde you can see as far as the Vienna Woods.
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Im Wohnzimmer: Die chinesische Kommode riecht noch ganz neu. Der Krug ist ein Geschenk von einem Bekannten aus Spanien.
In the living room. The Chinese sideboard still has a very new smell. The jug from Spain is a gift from a friend.
Marjeta Adlešič hat immer schon hoch gewohnt. Damals in Zagreb, heute in Wien. Auf ihrer Loggia im 14. Stock baut sie Tomaten an. Doch nicht das Gemüse macht sie glücklich. Es ist die Aussicht, die die Wohnung so unverwechselbar macht. Marjeta Adlešič has always lived high above ground level. Formerly in Zagreb, today in Vienna. She grows tomatoes in her loggia on the 14th floor. But it’s not the vegetables that make her happy; it is the view that makes her apartment so unique.
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Mittelpunkt Küche. „Wollen Sie ein Glas Wasser? Oder einen Kaffee?“ Aus der Entfernung hört man Kindergeschrei und Geräusche von Rollerfahrern und Skateboardern. The kitchen is the centre: “Would you like a glass of water, or maybe a coffee?” In the distance you can hear the shouts of children and the sounds made by skateboarders and kids on scooters.
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Die beiden Fauteuils sind Erbstücke aus Kroatien: neu tapezierte Farbtupfer im Wohnzimmer. The two armchairs were inherited and come from Croatia: now newly upholstered, they provide accents of colour in the living room.
MONTE VERDE
MONTE VERDE
Der Wienerberg im Süden von Wien ist ein Naherholungsgebiet mit einer Gesamtfläche von 117 Hektar. Am Rande dieses Gebiets wurde 1999 mit dem Bau der so genannten WienerbergCity begonnen. Basierend auf einem Masterplan von Massimiliano Fuksas entstanden mehrere Wohn- und Bürotürme sowie ein paar niedrigere Wohnhausanlagen. Monte Verde zählt mit 28 Stockwerken zu den drei höchsten Gebäuden des Wienerbergs. Im Gegensatz zu den umliegenden, meist grauen Hochhäusern bekennt der Turm Farbe. Die gesamte Fassade ist mit charakteristischen grünen Keramikfliesen verkleidet. Dank einer besonderen Photokataylse-Beschichtung ist die Oberfläche selbstreinigend. Kubische Erker sorgen für eine optische Gliederung der Kubatur. Das Gebäude umfasst 13 verschiedene Wohnungstypen, Grünatrien und Gemeinschaftseinrichtungen sowie den höchstgelegenen Swimmingpool der ganzen Stadt.
Wienerberg in the south of Vienna is a local recreation area that measures 117 hectares in total. In 1999 a start was made with the erection of what is known as Wienerberg City at the edge of this area. Based on a master plan by Massimiliano Fuksas, a number of residential and office towers as well as a few lower housing complexes have been built. With its 28 storeys Monte Verde is one of the three tallest buildings in Wienerberg. In contrast to the surrounding high-rise buildings which are mostly grey, this tower shows its colours. The entire façade is clad with striking green ceramic tiles. Thanks to a photocatalytic coating the surface is self-cleaning. Cubic projecting elements visually articulate the volume. The building offers 13 different apartment types, green atria and communal facilities, as well as the highest altitude swimming pool in the whole of Vienna.
Scope of project
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiterin
182 Wohnungen, 5 Büros, Sozialpädagogisches Zentrum Mai 2002 Mai 2004 2.170 m² 15.480 m² Wien Süd Porr Erika Petrić
182 apartments, 5 offices, socio-educational centre Start of construction May 2002 Completion May 2004 Area of site 2,170 m² Usable floor area 15,480 m² Building developer Wien Süd Building contractor Porr Project manager Erika Petrić
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Familie Puhr WOHNHAUS ODEONGASSE 79 m²
EIN GLÜCK, DASS UNS ORANGE SO GUT GEFÄLLT
LIVING WITH A COLOURFUL POPULATION MIX
Die Wohnung ist eine Super-Kombination von all dem, was wir uns The apartment is a fantastic combination of everything we wished gewünscht haben: Einerseits wollten wir nach einigen Jahren am for: on the one hand we wanted to move back into the city after Stadtrand wieder in die Stadt ziehen. Und andererseits haben wir a number of years living on the outskirts. And on the other we uns trotz zentraler Lage etwas Grün rundherum gewünscht. Für wanted to have some greenery, despite the central location. For vier Personen ist die Wohnung zwar recht kompakt, aber dafür four people the apartment is certainly compact, but we now have haben wir nun eine 40 Quadratmeter große Terrasse. Im Sommer a terrace measuring 40 square metres. In summer we leave the ist die Tür die ganze Zeit offen: Wir wohnen gleichzeitig drinnen terrace door open all the time and we live inside and outside. And und draußen. Und zum Augarten und zum Prater ist es auch nicht it’s not far to the Augarten and the Prater. Wonderful! weit. Großartig! The greatest difference between our old apartment in HüttelDer größte Wechsel zwischen unserer alten Wohnung in Hüttel- dorf and this apartment in the second district is the population dorf und dieser Wohnung hier im zweiten Bezirk ist aber die Be- mix. Here there are people from different nations and different völkerung. Es gibt Menschen aus unterschiedlichen Nationen cultures, you hear lots of different languages on the street and at und Kulturkreisen, man hört viele verschiedene Sprachen auf der the playground, and even the shops and restaurants in the area Straße und am Spielplatz, sogar die Geschäfte und die Restau- are entirely multi-cultural. The range offered here is so great that rants hier in der Gegend sind total multikulti. Das Angebot ist so sometimes we can’t decide where to go. groß, manchmal können wir uns gar nicht mehr entscheiden, wo And then the Karmelitermarkt is also nearby – just a few minwir hingehen sollen. utes on foot. Actually, we would like to go there more often but Außerdem haben wir den Karmelitermarkt in der Nähe. Zu Fuß with two small children and two jobs unfortunately we don’t have sind’s nur ein paar Minuten. Eigentlich würden wir gern öfter hin- all that much time. When the children are older we’ll certainly be gehen, aber mit zwei kleinen Kindern und zwei Jobs bleibt leider found there more often. In summary we can only say: it’s really nicht so viel Zeit. Wenn die Kinder dann älter sind, werden wir dort fantastic that subsidized, social housing is built not only on the sicher öfter zu finden sein. In Summe können wir nur sagen: Es ist periphery but also in the city centre. toll, dass geförderte, soziale Wohnbauten nicht nur am Stadtrand As we said, the apartment is not all that large. But the layout is errichtet werden, sondern auch mitten in der Stadt. very good. Most visitors estimate that it is far larger. But the living Die Wohnung, wie gesagt, ist nicht die größte. Aber dafür ist room is really cramped. The two groups of chimney flues that rise die Raumaufteilung sehr gut. Die meisten Besucher schätzen sie through the middle of the space make it really difficult to furnish. viel größer. Wirklich eng ist es jedoch im Wohnzimmer. Wegen Everything made to measure! An architect friend designed these der beiden Kamingruppen, die mitten durch den Raum stoßen, ist back-lit Plexiglas display cases for us. And one thing we don’t der Raum schwierig zu möblieren. Alles Sonderanfertigung! Ein understand is why anyone would made such fine, large windows befreundeter Architekt hat für uns diese hinterleuchteten Plexi- down to floor level – and then put a big radiator in front of them! glas-Vitrinen geplant. Außerdem verstehen wir nicht, wie man so Appalling! We had one of the two radiators in the living room reschöne große Fenster bis zum Boden machen kann – und dann moved. Now it’s more pleasant to live here. Ah, there’s one more einen dicken Heizkörper davor stellt. Schrecklich! Einen der bei- point: it’s certainly a good thing that we like orange so much! den Heizkörper im Wohnzimmer haben wir abmontieren lassen. Jetzt wohnt sich’s gut. Ach ja, noch was: Ein Glück, dass uns Orange so gut gefällt!
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Multikultureller Mikrokosmos: Das Wohnhaus in der Odeongasse ist Resultat einer umfassenden Blockrandsanierung in Wien-Leopoldstadt. Unten befindet sich ein Spielplatz mit Besuchern aus unterschiedlichen Nationen und Kulturkreisen, über der Fußgängerzone schwebt wie eine Brücke das knallige Gebäude. Claudia und Helmut Puhr: „Es ist toll, dass geförderte, soziale Wohnbauten nicht nur am Stadtrand errichtet werden, sondern auch mitten in der Stadt.“ A multi-cultural microcosm. The residential building on Odeongasse is the result of a comprehensive block refurbishment in Vienna Leopoldstadt. The playground at ground level is used by visitors from different countries and cultures. The brightly coloured building hovers like a bridge above the pedestrian zone. Claudia and Helmut Puhr: “It’s great that social housing isn’t just built on the outskirts but also in the heart of the city.”
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The Puhrs’ roof terrace faces southwest and measures around 40 square metres. It offers enough space for the four members of the family as well as a few others, for instance little friends wearing pointy hats. Incidentally, the young man sitting on the high chair is two years old and answers to the name Timo. Die Dachterrasse der Puhrs ist nach Südwesten orientiert und hat rund 40 Quadratmeter. Sie bietet ausreichend Platz für vier Familienmitglieder und einige andere, etwas kleinere Kumpanen mit Mütze. Der junge Herr auf dem Hochsitz ist übrigens zwei Jahre alt und hört auf den Namen Timo.
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Im Bereich des Wohnhauses ist die Odeongasse unterbrochen. Doch die Fußgänger, Radfahrer und Einsatzfahrzeuge können das Grundstück ohne Hindernis queren. Auf den Stufen, die zur Terrasse führen, sitzen die Erwachsenen am liebsten abends mit einem Glas Wein. Die Kinder nutzen das Podest auf ihre Weise. Odeongasse is interrupted by the apartment building, but pedestrians, cyclists and emergency service vehicles can cross the site without hindrance. In the evening grown-ups like to sit on the steps leading up to the terrace and enjoy a glass of wine. Children have their own way of using the raised area.
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Mogli und die Riesenschlange Kaa. Noch teilt sich der kleine Bursch das Kinderdschungelreich mit seiner Schwester Nicole. Doch eines Tages kann das Zimmer bei Bedarf problemlos geteilt werden. Andernorts steht die Terrassentür im Sommer die ganze Zeit offen. Draußen wartet der Großstadtdschungel. Mowgli and the Indian python Kaa. The little boy still shares the jungle kingdom with his six-year-old sister Nicole. But if necessary the room can be divided without difficulty. Elsewhere the terrace door is left open throughout the summer. Outside the big city jungle awaits.
WOHNHAUS ODEONGASSE
ODEONGASSE APARTMENT BUILDING
Wien-Leopoldstadt ist ein multikultureller Mikrokosmos. Doch während die Bevölkerung bunt und vielfältig ist, sind die Straßen grau und dicht bebaut. Mit dem Bau des Wohnhauses in der Odeongasse ist es gelungen, 2003 eine erste Signalwirkung zu setzen und damit eine Sanierungsoffensive in den umliegenden Häusern in Gang zu bringen. Das auffälligste Merkmal des kompakten, horizontal gegliederten Baukörpers ist seine Farbe. In einem kräftigen Orange leuchten die Fassadenflächen bis weit in den Straßenraum. Durch die Überbrückung der Gasse wird der angrenzende Spiel- und Freizeitplatz trotz Beibehaltung der fußläufigen Verbindung optisch abgeschlossen und schafft auf diese Weise Intimität. Die Wohnungen verfügen allesamt über großzügige Loggien und Terrassen, die ein Wohnen an der Schnittstelle zwischen innen und außen ermöglichen.
Vienna-Leopoldstadt is a multi-cultural microcosm. But, while the population is colourful and diverse, the streets are grey and densely developed. The erection of the apartment building on Odeongasse in 2003 successfully made a first signal and started off a wave of refurbishment in the surrounding buildings. The most striking feature of this compact, horizontally articulated building is its colour. The glow from the areas of the façade in a powerful shade of orange extends deep into the street space. By bridging the narrow street the neighbouring playground and leisure area is visually closed off, while still keeping a pedestrian connection. In this way a sense of intimacy is created. All the apartments have generously dimensioned loggias and terraces that allow people to live at the interface between indoors and outdoors.
Scope of project
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiterin
29 Wohnungen, 1 Büro, 1 Wohngemeinschaft für Jugendliche April 2003 Oktober 2004 740 m² 2.370 m² Gewog ARGE Strabag + Universale Romana Köchelhuber
29 apartments, 1 office, 1 residential community for young people Start of construction April 2003 Completion October 2004 Site area 740 m² Usable floor area 2,370 m² Developer Gewog Building contractor ARGE Strabag + Universale Project manager Romana Köchelhuber
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Helga Axmann & Felix Cadez PASSIVWOHNHAUS PERNERSTORFERGASSE 50 m²
AUF DIESE LEBENDIGKEIT HABEN WIR UNS GEFREUT Die letzten Jahre haben wir am Land gelebt. Das hat sich durch Zufall so ergeben. Aber mit der Zeit haben wir gemerkt, dass uns die Stadt mit ihren Theatern und Restaurants ziemlich abgeht. Wir wollten wieder zurück nach Wien. Eines Tages haben wir in der Gewerkschaftszeitung eine Anzeige gesehen, in der diese Wohnungen beworben wurden. Erstens hat uns das Projekt ganz gut gefallen – und zweitens handelt es sich dabei um ein Passivhaus. Das war von Anfang an ein wichtiges Kriterium für uns. Wir sind Pensionisten, haben daher nicht so viel Geld und geben es lieber für unsere gemeinsame Freizeit als für unnötiges Heizen aus. Wir gehen davon aus, dass wir sehr niedrige Heizkosten haben werden. Hoffentlich! Noch können wir nicht viel sagen, denn wir sind nicht einmal noch eingezogen. Aber bisher hatte es in der Wohnung immer 20 bis 21 Grad. Bei dieser Temperatur fühlen wir uns wohl. Der einzige Wermutstropfen an der Passivhaustechnologie sind die Heizkörper über der Tür. Uns wurde gesagt, dass die Zuluft temperiert werden muss. Das ist verständlich. Aber so? Dieses Ding oben an der Decke ist wirklich nicht besonders attraktiv. Ansonsten entspricht die Wohnung genau unseren Vorstellungen. Wir haben eine Wohnküche, ein Schlafzimmer und diverse Nebenräume, die gar nicht mal so klein sind. Die perfekte Wohnung für uns zwei. Und überall Parkettboden. Wir freuen uns schon richtig aufs Einziehen, auch wenn man es sich jetzt noch gar nicht so gut vorstellen kann. Noch leben wir in einem Provisorium aus Umzugskartons und halbfertigen Sachen. Aber das wird schon. Die Kaffeemaschine ist schon da. Das ist das Wichtigste. Der Balkon ist groß genug, um draußen frühstücken zu können. Und außerdem haben wir dann einen wunderbaren Ausblick auf den Innenhof. Zwei gute Dinge gibt es: Erstens sind die Fassaden weiß, und daher ist die Wohnung sehr, sehr hell. Und zweitens ist die Platzgestaltung unten ziemlich lustig. Es gibt einen kleinen Fußballplatz, einen schwebenden Kinderspielraum und viele kleine geschwungene Wege. Einmal haben wir uns schon verlaufen und sind plötzlich vor der falschen Stiege gestanden. Das Alter! Aber wie es scheint, wird der Hof gut angenommen. Die Kinder rutschen, schaukeln und spielen Fangen. Auf diese Lebendigkeit haben wir uns gefreut. Das ist Stadt.
AT HOME IN THE MIDST OF URBANITY For the last few years we lived in the country. That was more or less by chance. But over the course of time we noticed that we missed the city with its theatres and restaurants. We wanted to move back to Vienna. One day we saw an advertisement for these apartments in the trade union newspaper. First of all we really liked the project, and secondly it is a passive house. From the very start that was an important criterion for us. We are pensioners and therefore we don’t have that much money. We prefer to spend what we have on our leisure time activities rather than unnecessary heating. We are assuming that the heating costs here will be low. Hopefully. At the moment we can’t say all that much, as we haven’t really moved in. But so far the temperature in the apartment has always been between 20 and 21 degrees. We feel well at that temperature. The only problem with passive house technology is the radiators above the door. We were told that the intake air has to be warmed. That is understandable. But does it have to be done this way? That thing up there near the ceiling is really not very attractive. Apart from that the flat really meets our expectations. We have a living room with an open kitchen, a bedroom and various ancillary rooms which are not so small. A perfect apartment for the two of us. And parquet floors throughout. We are really looking forward to moving in, even though at the moment we can’t quite imagine how it will be. At the moment we are still living from packing cases, and lots of things are just half finished. But it will all get done. The coffee machine has arrived and that’s the most important thing. The balcony is big enough to have breakfast on. And we have a wonderful view of the courtyard. There are two good things: the first is that the façades are painted in white and the apartment is therefore very, very bright. And the second is that the design of the outdoor space below is really rather amusing. There is a small football pitch, a hovering children’s playroom and a lot of small curving pathways. Once we lost our way and found ourselves standing at the wrong staircase. That’s old age! But it seems that the courtyard is very popular. The children use the slides and swings and play tag. This kind of liveliness is what we were looking forward to. This is urbanity.
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Eine Bühne für die Freizeit. Der Innenhof des Wohnhauses Pernerstorfergasse gleicht einer kreativen Kraterlandschaft und erstreckt sich über drei Ebenen. Auf Straßenniveau gibt es einen Kinderspielplatz und Gemeinschaftsraum, ein Geschoß tiefer steht den Kindern und Jugendlichen ein Biotop sowie ein kleiner überdachter Fußballplatz zur Verfügung. A stage for leisure time. The internal courtyard of the apartment building on Pernerstorfergasse resembles a creative landscape of craters extending across three levels. At street level there is a children’s playground and a communal space, one storey lower a biotope and a small sheltered football pitch are available for the children and young people.
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„Wir wohnen wie vor 50 Jahren in einer kleinen Wohnung mit Wohnküche und Kabinett“, sagt Felix Cadez. „Mit einem einzigen Unterschied: Die Qualität ist viel höher und das Wohnen funktioniert wunderbar.“ Nur der Rest der Küche wurde noch immer nicht geliefert.
“We live like people did 50 years ago in a small apartment with a living room and a small bedroom”, says Felix Cadez. “But with one difference. The quality is far higher and living here functions marvellously.” One problem: the rest of the kitchen has still not been delivered.
Pixelspiel. Um die großen Außenwandflächen des Passivhauses lebendiger zu gestalten, wurden die Fassadenplatten im Fensterbereich geböscht und geknickt. Für den Fenstergucker ergibt sich dadurch ein breiterer Ausblick auf die Stadt. A game with pixels. To enliven the large areas of external wall in this passive house the façade panels around the windows were angled and bent. This gives you a wider view of the city.
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Eigenartige Perspektiven. Der Blick im Innenhof ist dramatisch. Der Blick auf die Wand über der Tür auf seine Weise ebenfalls. Der Heizkörper dient der Temperierung der Frischluft. Die Bewohner sind von der optischen Erscheinung der haustechnischen Vorteile mäßig begeistert. Unusual perspectives. The view of the courtyard is dramatic. In its own way so is the view of the wall above the door. The radiator warms the fresh air. The residents are not so happy about the appearance of the highly efficient building services.
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Signalfarbe. Der Zugang zu den Stiegen ist in einem einheitlichen Orange gestrichen. Bildsprache und Logos wurden für dieses Projekt eigens entwickelt. Signal colour. The approach to the staircases is painted uniformly orange. The logos and signs were developed especially for this project.
PASSIVHAUS PERNERSTORFERGASSE
PERNERSTORFERGASSE PASSIVE HOUSE
Ein Großteil Wiens zeichnet sich durch geschlossene Blockrand- A large area of Vienna consists of closed block edge development. bebauung aus. Die Erdgeschoße sind zugebaut, zwischen Innen- The ground floors are closed and there is no kind of dialogue hof und Straße gibt es keinerlei Dialog. Mit dem Wohnhaus in der between the internal courtyard and the street. The new apartment Pernerstorfergasse in Favoriten wurde diese Tradition aufgebro- building on Pernerstorfergasse in Favoriten breaks with this tradition. chen. Statt in leere Auslagen oder in geschlossene Garagentore Instead of gazing into empty shop windows or at closed garage blickt man zwischen den Säulen und Stützen in einen lebendigen, doors, looking between columns and piers you catch glimpses of verspielten Innenhof auf drei Ebenen. Es gibt kleine Wege, Pflan- a lively and playful courtyard organized on three levels. There are zenbeete, ein Biotop, einen elliptischen Gemeinschaftspavillon small routes, flower beds, a biotope, an elliptical communal pavilion sowie einen gedeckten Mini-Fußballplatz mit Sitztribüne. Und die as well as a covered mini football pitch with a spectators’ stand. Garage, der heimliche Spielplatz der Kinder und Jugendlichen, And the garage, the secret playground for children and young liegt an der frischen Luft und ist vom Innenhof frei zugänglich. In people, is completely open and accessible from the courtyard. den Geschoßen darüber befinden sich mehr als hundert Wohnun- On the floors above there are more than one hundred apartments gen mit Passivhaus-Standard. Dank großer Dämmstärken konnte built to passive house standard. The considerable thickness of the der jährliche Heizwärmebedarf auf rund fünf Kilowattstunden pro insulation means that the annual heating energy requirements can Quadratmeter gesenkt werden. be reduced to around 5 kWh per square metre.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiter Freiraumgestaltung
108 Wohnungen April 2010 Oktober 2011 2.780 m² 8.670 m² WBV-GPA Wohnbauvereinigung für Privatangestellte Diwidag Xaver Marschalek Hannes Batik und Stefan Schmidt
Scope of project Start of construction Completion Area of site Usable floor area Developer Building contractor Project manager Landscape design
108 apartments April 2010 October 2011 2,780 m² 8,670 m² WBV-GPA Wohnbauvereinigung für Privatangestellte Diwidag Xaver Marschalek Hannes Batik and Stefan Schmidt
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Rita Stiebinger & René Bubich HOME & OFFICE HOFBAUERGASSE 103 m²
EIN LEBEN IM PERFEKTEN SOMMER
AND FINALLY THE DOOR WAS LEFT OPEN
Wir kennen uns seit vier Jahren. Doch dafür sind wir schon ver- We’ve known each other for four years. But during that time we’ve hältnismäßig oft umgezogen. Die vorigen Wohnungen waren zwar moved home relatively often. The earlier apartments were all fine, alle schön, aber es hat immer eine Kleinigkeit gegeben, mit der but there was always some small aspect that we weren’t entirely wir nicht besonders glücklich waren. Durch Zufall sind wir auf das happy with. We found out about the Home & Office project by Projekt Home & Office gestoßen. Wohnungen oben, Büros unten. chance. Apartments above, offices below. If you are self-employed Wenn man selbständig ist und so ein kleines Büro braucht, dann and need a small office this is ideal. ist das ideal. On the homepage of the developer everything sounded great, Auf der Homepage des Bauträgers hat alles sehr gut geklungen, but then in theory everything always sounds great. We decided to aber in der Theorie klingt immer alles sehr gut. Also haben wir be- take a look at the “real” project. We must have visited the building schlossen, dass wir uns das Projekt in natura ansehen. Wir waren site about 20 times before finally we found a door left open. And wahrscheinlich 20-mal auf der Baustelle, bis endlich einmal eine then we discovered this maisonette apartment with roof terrace. Türe offen stand. Und dann haben wir diese Maisonette-Wohnung We were immediately enchanted by it mit Dachterrasse entdeckt. Wir waren sofort begeistert. We’ve lived here for two years now. The area is pleasantly quiet Mittlerweile leben wir hier seit zwei Jahren. Die Gegend ist an- but you can be in the city in ten minutes with the metro, and from genehm ruhig, man ist mit der U-Bahn trotzdem in zehn Minuten the roof terrace we have a view across the whole of Vienna. When in der Stadt, und von der Dachterrasse sehen wir auf ganz Wien. the weather is fine we often spend the entire weekend here. And Wenn das Wetter schön ist, verbringen wir hier oft das ganze Wo- sometimes we have cocktail and grill evenings with the neighchenende. Manchmal gibt es sogar gemeinsame Cocktail- und bours. We all get on very well. The perfect summer! Grillabende mit den Nachbarn. Wir verstehen uns alle sehr gut. Otherwise we spend most of the time in the living room. It’s Der perfekte Sommer! a very bright space and the staircase leading upwards gives it a Ansonsten halten wir uns meist im Wohnzimmer auf. Der Raum spatially generous quality. That’s something you don’t find often. ist sehr hell, durch die Stiege nach oben spürt man eine gewisse The metal balusters took some getting used to. But we’ve furGroßzügigkeit. Das gibt’s nicht oft. Nur das metallene Treppenge- nished the place in such a way that they now match our style. The länder war am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig. Mittlerweile furniture is a combination of modern items and inherited pieces haben wir uns so eingerichtet, dass das ganz gut zu unserem Stil from Upper Austria, for instance grandmother’s sideboard. There passt. Die Möbel sind eine Kombination aus modernen Sachen are small accessories and candles on all the horizontal surfaces. und alten Erbstücken aus Oberösterreich wie zum Beispiel die We painted the abstract acrylic pictures that hang on the walls Schubladen-Kredenz von der Großmutter. Auf den Ablagen gibt ourselves. They introduce powerful notes of colour. es überall kleine Accessoires und Kerzen. Und an den Wänden We’ll stay in this apartment for a long time. On the upper hängen selbstgemalte abstrakte Acrylbilder. Das sind bunte, kräf- level there is a bedroom and two smaller rooms that we use at tige Akzente. present as a walk-in closet and a fitness room. But this is just a Die Wohnung wird uns noch lange begleiten. Im oberen Stock temporary solution. Perhaps someday they will become children’s gibt es ein Schlafzimmer und zwei kleinere Zimmer, die wir derzeit bedrooms. als Schrankraum und als Fitnessraum nutzen. Aber das ist nur eine vorübergehende Lösung. Vielleicht werden daraus ja eines Tages Kinderzimmer.
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Das gemütlichste Eck in der ganzen Wohnung: die Couch unter der Treppe. „Nur das metallene Treppengeländer war am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig“, sagen Rita und René. Doch die beiden haben sich zu helfen gewusst. Die neue Einrichtung passt perfekt zur Architektur. The cosiest corner in the entire flat: the couch under the stairs. “It took us a while to get used to the metal balusters”, say Rita and René. But they responded cleverly to the situation. The new furnishings suit the architecture perfectly.
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Buddha, Kerze, Buddha. Weit gereiste Accessoires und Gegenstände aus Wachs und Docht geben dem Wohnen eine Seele. Architekten nennen das Genius Loci.
Buddha, candle, Buddha. Widely travelled accessories and objects made of wax and wicks breathe a soul into the living area. What architects call the “genius loci”.
Zimmermanns Töne: Der Vorraum im Obergeschoß ist halb Musikstudio und halb Galerie. Manches ist alt, einiges neu. Und so manch edles Stück stammt vom Ikea und wurde einfach nur mit blauer Farbe behandelt. In der Küche indes ranken güldene Zweige um die Gunst der Gewürze. Alles selbstgemacht. Sounds by Zimmermann. The hallway on the upper floor is part music studio, part gallery. Some things are old, some are new. And a few of the fine pieces came originally from Ikea and were just given a coat of blue paint. In the kitchen golden branches wind their way towards the spices. Everything do-it-yourself.
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Pixel in der Stadt. Die roten Metallkörbe an der Fassade sind mal Blumenkistchen und mal ressourcenschonende Tiefkühltruhe. Die Nutzung bleibt ganz den Bewohnern überlassen. Pixels in the city. Sometimes the red metal baskets on the façade are used as flower boxes, at other times as energy-saving freezers. The residents can use them however they like.
Loggia und Dachterrasse mit Blick auf Wien. Der perfekte Sommer. Auch wenn beim Fototermin gerade Regen und Nebel im Himmel stehen. „Wenn das Wetter schön ist, verbringen wir hier oft das ganze Wochenende“, sagen Rita und René. „Manchmal gibt es sogar gemeinsame Cocktail- und Grillabende mit den Nachbarn. Wir verstehen uns alle sehr gut.“ Loggia and roof terrace with a view across Vienna. The perfect summer – even though during the photo shoot the sky was overcast and there was a threat of rain. “When the weather is fine we often spend the entire weekend out here”, say Rita and René. “Sometimes we have cocktail or grill evenings with the neighbours. We all get on very well.”
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Stiegen in den Himmel. Über die schneckenförmige Wendeltreppe aus Edelstahl gelangt man aus den Wohnungen direkt auf die Dachterrasse. Stairway to heaven. The stainless steel spiral staircase brings you from the apartments directly up to the roof terrace.
HOME & OFFICE
HOME & OFFICE
Das Projekt Home & Office in Meidling greift einen Trend auf, The Home & Office project in Meidling takes up a trend that in der in den letzten Jahren nicht mehr zu stoppen ist: Immer mehr recent years has become unstoppable. More and more people Berufstätige arbeiten zu Hause. Durch anmietbare Büroflächen are working from their homes. The rentable office areas make gelingt es, Wohnen und Arbeiten unter einem Dach zu vereinen it possible to combine living and working under a single roof, und dennoch die nötige Distanz zu wahren. Der Bauteil an der while still preserving the necessary separation. The part of the Hofbauergasse wird in erster Linie für Bürozwecke genutzt, im building on Hofbauergasse is used primarily for offices, while Bauteil an der Kollmayergasse befinden sich die Wohnungen. Die the apartments are in the section on Kollmayergasse. You can unterschiedliche Nutzung der beiden Gebäudeflügel ist auch an “read” the different functions of the two wings of the building in der Fassade ersichtlich: strenge Geometrie auf der einen Seite, the façades: severe geometry on the one side, a playful dialogue verspielter Dialog aus verglasten Erkern und rot lackierten Blu- between glazed bays and red-painted flower boxes on the other. mentrögen auf der anderen Seite. Das auffälligste Element des But the building’s most striking element is in the courtyard. From Gebäudes liegt jedoch im Innenhof: Aus den Wohnbereichen im the living areas on the top floor spiral staircases lead up to the obersten Stockwerk gelangt man über schneckenförmige Wen- roof terrace. deltreppen auf die Dachterrasse.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiterin
48 Wohnungen, 11 Büros September 2007 Februar 2009 1.590 m² 4.480 m² Wohnpark-Sturzgasse Errichtungs- und Verwaltungsges.m.b.H. Strabag Karin Dörrich
Scope of project Start of construction Completion Site area Usable floor area Developer Building contractor Project manager
48 apartments, 11 offices September 2007 February 2009 1,590 m² 4,480 m² Wohnpark-Sturzgasse Errichtungs- und Verwaltungsges.m.b.H. Strabag Karin Dörrich
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Familie Veit CITY X 88 m²
AN DECK DES OZEANDAMPFERS
ON BOARD A GREEN OCEAN LINER
Wir haben früher sehr schön gewohnt. Alles war perfekt. Nur leider hatten wir keine Terrasse und keinen Garten. Ich bin dann eines Tages auf diese Dachgeschoßwohnung in der City X gestoßen. Mit Dachterrasse! Und wir hatten großes Glück, denn zu diesem Zeitpunkt war die ganze Wohnhausanlage schon vergeben. Wir haben den Zuschlag nur bekommen, weil ein Mieter von seinem Vertrag zurückgetreten war. Das ist jetzt neun Jahre her. Wissen Sie, wir sind nicht mehr die Jüngsten. Das Wichtigste für uns war, dass wir in dieser Wohnung alt werden wollen. Und es spricht alles dafür! Wir haben einen wunderbaren Garten mit 50 Quadratmetern, wir grillen hier, wir laden Freunde und Familie ein, wir sitzen am Abend auf der Terrasse, trinken ein Glas Wein und spielen Karten. Im Sommer ist es natürlich ziemlich heiß hier oben, aber deswegen haben wir ja auch eine Hollywoodschaukel mit Sonnenschutz. Funktioniert wunderbar. Die Wohnung ist hell und ziemlich gut geschnitten. Wir haben Fenster in drei Himmelsrichtungen, und aus dem Schlafzimmerfenster sehen wir sogar den Stephansdom. Die Einrichtung besteht größtenteils aus italienischen Stilmöbeln. Ich glaube, da habe ich mich durchgesetzt, denn mein Mann, der früher Architekt war, hätte sich lieber etwas moderner eingerichtet. Bei dem wäre alles eckig, grau und schwarz. Bei Architekten ist immer alles schwarz! Aber so haben wir zumindest ein paar bunte Farben. Also ich find’s gemütlich. Im dritten Stock gibt es einen Gemeinschaftsbereich mit Esstisch, Ledersofa, Waschküche und Sauna. Im Winter nutzen wir die Sauna wirklich oft. Und zu Weihnachten machen wir dort immer ein kleines Weihnachtsfest. Jeder bringt eine Flasche Sekt und ein bisschen was zum Knabbern mit. Es ist nicht wahnsinnig aufregend, aber zumindest pflegen wir auf diese Weise die Kontakte zu den Nachbarn. Wir wohnen sehr gerne hier. Die Wohnqualität ist super. Nur die Fassade war ziemlich gewöhnungsbedürftig. Das liegt nicht so sehr am grünen Kupfer, sondern eher an der Menge. Wenn man so einen charakteristischen Baustoff über das ganze Haus zieht, dann wirkt das ziemlich wuchtig. Und dann das blaue Glas. Na, ich weiß nicht. Das Haus schaut halt aus wie ein großer Ozeandampfer.
Where we used to live was also very beautiful. Everything was perfect. But unfortunately we had no terrace or garden. Then one day I came across this roof top apartment in the City X. With a roof terrace! And we were very lucky, because actually the entire complex had already been let and we only got the apartment because the tenant withdrew from his contract. That was nine years ago. You know, we’re not that young any more. The most important thing was that we wanted to grow old in this apartment. And everything here seems to make this possible. We have a wonderful garden measuring 50 square metres, we grill here, we invite friends and family, in the evening we sit on the terrace, drink a glass of wine and play cards. Of course in summer it can get rather hot up here, but that’s why we have a porch swing with a canopy. It works wonderfully. The apartment is bright and quite well laid-out. We have windows facing in three different directions and from the bedroom window we can even see St. Stephen’s cathedral. The furniture is mostly Italian period pieces. I managed to have my way here; my husband, who was an architect, would have preferred to furnish the place in a more modern way. Then everything would have been sharp-edged, grey and black. With architects everything is always black! But at least this way we have a few bright colours. For my part, I find it cosy. On the third floor of the building there is a communal area with a dining table, leather sofa, laundry and sauna. In winter we use the sauna very often. And at Christmas we always hold a little Christmas party there. Everyone brings a bottle of sparkling wine and something to nibble. It’s not wildly exciting but at least in this way we cultivate contact with our neighbours. We really enjoy living here. The quality of life is superb. But the façade took some getting used to. That’s not due so much to the green copper itself, but rather the sheer amount of it. If you use a material with such a strong character over an entire building, that makes it look quite massive. And then there’s the blue glass. I’m really not so sure. The building just looks like a big ocean liner.
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Die Terrasse im achten Stock ist das Reich der White-Terrier-Dame Alina. Doch gelegentlich, an den Samstagen in der warmen Jahreszeit, nutzen Gertrude und Franz Xaver Veit den Ort an der frischen Luft auch für Gartenfeste und Grillabende. Während die kleinwüchsigen Lebewesen mit dem Blick ins Grüne vorliebnehmen müssen, sehen die Zweibeiner hinaus auf die Stadt. Der Blick reicht bis zum Horizont.
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The terrace on the eighth floor is the actually domain of white terrier Alina. But occasionally, during the warmer period of the year, Gertrude and Franz Xaver Veit use this outdoor location on Saturdays for garden parties and grill evenings. While their smaller four-legged friend has to make do with a low-level view of the surrounding greenery, her biped owners can look across the city and enjoy a view extending to the far horizon.
Italienische Stilmöbel, eine helle Küche mit Oberlicht, fotografischer Rückblick in die Vergangenheit. Bei der Einrichtung im Wohnbereich hat sich die pensionierte Buchhalterin durchgesetzt: „Mein Mann hätte sich lieber etwas moderner eingerichtet. Bei dem wäre alles eckig, grau und schwarz. So wie bei allen Architekten.“ Italian period furniture, a bright, top-lit kitchen, photos that record memories of the past. The retired bookkeeper managed to have her way in decorating the living area. “My husband would have preferred a more modern style; if I had left it up to him everything would have been sharp-edged, grey and white, just like with all architects.”
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Das grüne Wohnhaus in der City X besteht aus drei übereinander gestapelten Zonen. In den letzten Stockwerken unterm Himmel wohnt es sich fast schon wie in einem Einfamilienhaus. Die Loggien in den unteren Geschoßen sind mit blauem Glas verkleidet, die Fassade darüber blitzt in grünem Kupferblech hervor.
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The green apartment building in the City X consists of three zones stacked one on top of the other. On the top storeys, directly below the sky, people live almost like in single family houses. The loggia parapets on the lower floors are clad with blue glass. Above them the façade is made of gleaming green copper sheeting.
Ein schweifender Blick aus dem Arbeitszimmer im Obergeschoß: „Die Wohnqualität ist super. Nur die Fassade war ziemlich gewöhnungsbedürftig.“ Im Untergeschoß befindet sich die Garderobe, oben entwickelt sich das ganze Wohnrepertoire. Looking from the study to the terrace. “The quality of life here is fantastic. It was just the façade that took some getting used to.” The cloakroom is on the lower floor, the entire repertoire of domestic facilities is upstairs.
CITY X
CITY X
Einst befanden sich hier die Schmidtstahlwerke. Die alten Produk- This site was once occupied by the Schmidt Steelworks. The old tionshallen sind längst Geschichte. An ihrer Stelle befindet sich die production buildings have long since disappeared. Today their so genannte City X, ein Siedlungsgebiet, an dem viele Architekten place has been taken by City X, a residential district in which many und Bauträger beteiligt waren. Nur das grüne Kupfer an der Fas- different architects and developers were involved. Only the green sade des Bauteils von Albert Wimmer erinnert noch an die metalli- copper façades of the building by Albert Wimmer recalls the site’s sche Vergangenheit des Areals. metallic past. Das Wohnhaus ist 135 Meter lang. Der großstädtische MaßThe apartment building is 135 metres long. An urban scale was stab ist bewusst gewählt. Während die unteren Stockwerke eine deliberately chosen. While the lower floors have a certain severgewisse Strenge besitzen, wird das Gebäude in den oberen ity, on the upper levels the building is broken up somewhat. The Geschoßen etwas aufgelockert. Die Wohnungen greifen wie bei apartments interlock like in a game of Tetris to produce different einem Tetris-Spiel ineinander und bilden auf diese Weise viele floor plan typologies. Between the roof boxes intimate outdoor verschiedene Grundrisstypologien. Zwischen den Dachboxen spaces are created in the form of gardens and terraces. The promentstehen intime Freiräume in Form von Gärten und Terrassen. enade deck at third floor level has a laundry, sauna and generously Auf dem Promenadendeck im dritten Stock befinden sich Wasch- dimensioned communal areas. küche, Sauna und großzügige Gemeinschaftsflächen.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiter
132 Wohnungen Jänner 2001 August 2002 4.720 m² 10.700 m² Gesiba / GSG AST-Holzmann Dieter Malits
Scope of project Start of construction Completion Site area Usable floor area Developer Building contractor Project manager
132 apartments January 2001 August 2002 4,720 m² 10,700 m² Gesiba / GSG AST-Holzmann Dieter Malits
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Familie Kučer CORTE VERDE 122 m²
HEUTE SO UND MORGEN GANZ ANDERS
SETTING UP NEW TERRITORIES FOR THE KIDS
Ich sag’s gleich: Ich wohne nicht nur in dieser Wohnung, sondern arbeite auch im Atelier von Albert Wimmer und war eine der beiden Projektleiterinnen für dieses Projekt. Also erzähle ich Ihnen jetzt ganz objektiv: Nichts zu bekritteln, alles perfekt hier! Spaß beiseite: Dass wir uns für die Wohnung entschieden haben, hat sich erst im Laufe der Planung ergeben. Wie bei jedem anderen Projekt auch haben wir uns bemüht, das Beste herauszuholen, den Wünschen des Bauherrn nachzukommen und einen möglichst hohen Wohnkomfort für die zukünftigen Bewohner zu erzielen. Natürlich mussten wir dabei die Kostenlimits und die behördlichen Auflagen berücksichtigen. Diese Gratwanderung ist nicht immer leicht. Das Besondere an diesem Haus ist, dass es hier ein soziales Zentrum und eine Wohngruppe für behinderte Menschen gibt. Integration ist ein wichtiges Thema, und auch die Kombination aus Arbeiten und Wohnen, aus Single-Haushalten und Mehrgenerationenwohnungen war uns sehr wichtig. Das war eine der Grundideen bei diesem Entwurf. Heute leben hier Menschen aus unterschiedlichen Generationen und aus verschiedenen Kulturkreisen. Wir haben bewusst darauf geachtet, dass auch innerhalb der Wohnungen eine gewisse Durchmischung möglich ist. Wir wohnen in einer Maisonette-Wohnung mit zwei getrennten Eingängen: einer unten, einer oben. Zurzeit nutzen wir das Erdgeschoß als Büro und das Obergeschoß als Wohnung. Und wenn Gäste zu Besuch sind, dann wird das Büro kurzerhand zur Gästewohnung umfunktioniert. Doch ich fürchte, die Tage des ruhigen und schalldichten Arbeitens im Erdgeschoß sind bereits gezählt. Unsere beiden Kinder, Marin und Fabia, die beide mitten in der Pubertät sind, träumen schon davon, im Erdgeschoß ihr eigenes kleines Revier mit separatem Eingang einzurichten. Wie man unschwer sieht: Die Möbel stammen alle aus einem schwedischen Einrichtungshaus. Wir wollten keine Schrankverbauten haben, sondern haben uns ganz bewusst für flexible und leicht veränderbare Möbel entschieden. Für so eine Wohnung ist das genau das Richtige. Mein Lieblingsmöbel ist übrigens die Liege auf der Terrasse. Nach der Arbeit Musik hören, Gedanken fliegen lassen und entspannen.
I should say straight away: I don’t just live in this apartment I also work in Albert Wimmer’s office and I was one of the two project managers for this project. Therefore I’ll tell you completely objectively: there’s not a single thing to criticise here, everything is absolutely perfect! Joking aside: we only decided to take this apartment when the design work was already underway. Like in every project we endeavoured to get the very best out of it, to meet the client’s wishes and to achieve a maximum level of domestic comfort for the future residents. Naturally, at the same time we had to take cost limits and the building regulations into account. That is a kind of tightrope walk, and it’s not always easy. The special thing about this building is that there is a social centre and a residential group for handicapped people here. Integration is an important theme and we also regarded the combination of working and living, of apartments for singles and for several generations, as highly important. This was one of the basic ideas behind the design. Today people from different generations and cultures live here. We wanted to allow a certain mix of functions within the apartments. We live in a maisonette with two separate entrances, one below, the other above. At present we use the ground floor as an office and we live on the upper level. When we have guests the office can be quickly converted into a guest apartment. But I fear that our days of working on the ground floor in peace and quiet, screened from noise, are numbered. Our two children, Marin and Fabia, are now teenagers, and are already dreaming of setting up their own territory on the ground floor with a separate entrance. As you can see, all the furniture comes from a major Swedish furniture chain. We didn’t want to have built-in fittings and deliberately decided on flexible furniture that can be easily changed. The ideal solution for this kind of apartment. Incidentally, my favourite piece of furniture is the lounger on the terrace. There you can listen to music after work, allow your thoughts to roam, just relax.
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Die gebaute Stadt: Die Fassade des Corte Verde besteht unten aus Klinkerziegel und oben aus grauem Aluminium. Im Innenhof setzt sich die städtische Enge fort. In den Innenräumen dominiert schwedischer Einrichtungsstil. Die gesamte Küche ist flexibel und mobil. The built city. The façade of the Corte Verde consists of clinker bricks below with grey aluminium above. The tight urban situation is continued in the courtyard. Swedish furniture design dominates the interior. The entire kitchen is flexible and mobile.
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Sohn Marin (18), eben noch schwerelos von der Decke baumelnd, im nächsten Moment bereit zur Abreise in den Urlaub und schon draußen durch die Tür. „Mama, diese Notleitern im Hof sind schrecklich. Das hast du wirklich nicht gut geplant.“ Son Marin (18), here still hanging weightlessly from the ceiling, is a moment later ready to take off on holiday, almost out the door his parting comment is: “Mom, those escape ladders in the courtyard are terrible. Not one of your best designs.”
Ein bisschen Midtown von New York: Hoffassade mit charakteristischer Notleiter.
A hint of midtown New York: courtyard façade with the characteristic escape ladder.
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Komplementärfarben. Mutter Klaudia, Tochter Fabia, Freundin Desirée Usifo: „Auch wenn man es uns nicht ansieht, eine von uns beiden ist nicht die leibliche Tochter dieser Frau!“ Complementary colours. Mother Klaudia, daughter Fabia, and her friend Desirée Usifo: “It mightn’t be immediately obvious, but one of us is not this woman’s biological daughter!”
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Ein klares Bekenntnis zum Kochen. Die Wohnung liegt auf zwei Ebenen und eignet sich zum Patchworken. Bei Bedarf können daraus drei Kleinwohnungen entstehen. Kitchen starts here. The flat is on two levels and is highly suitable for patchworking. If necessary it can be divided up to create three small apartments.
CORTE VERDE
CORTE VERDE
Der strenge gründerzeitliche Bebauungsraster lässt in der Wohn- The strict 19th century grid of residential development in the district gegend Rudolfsheim-Fünfhaus wenig Spielraum. Mit einem of Rudolfsheim-Fünfhaus allows little room for design manoeuvre. ebenso strengen Konzept ist es gelungen, das Maximum an Licht By employing an equally stringent concept it was possible to und Luftigkeit herauszuholen. Corte Verde, der grüne Hof, ist eine achieve a maximum amount of light and airiness. Corte Verde, dreidimensionale Collage aus Single-Garçonnièren, Maisonette- the green courtyard, is a three-dimensional collage of apartments Wohnungen, Penthouses und Wohngemeinschaften für geistig und for singles, maisonettes, penthouses, and residential communities mehrfach körperlich behinderte Menschen. Zwischen den beiden for mentally handicapped persons and those with multiple physiLängsriegeln an der Straße öffnet sich ein Innenhof mit Spielplät- cal disabilities. Between the two long blocks on the street there zen, Mietergärten, uneinsehbaren Terrassen sowie Zugängen zu opens up an inner courtyard with play areas, tenants’ gardens, Waschküche und Sauna. Der urbane Charakter der Stadt spiegelt screened terraces, and the access to the laundry and sauna. The sich auch in den Materialien wider: Der Sockel des Wohnhauses urban character of the city is also reflected in the materials used. besteht aus einer massiven Klinkerziegelwand, die organisch ge- The plinth of the apartment building consists of a solid clinker brick formten Erker wurden mit Aluminiumblech verkleidet. An den übri- wall; the organically formed projecting elements are clad with sheet gen Fassaden ist das Haus limettengrün verputzt. aluminium. The rest of the façade is rendered in lime green.
Projektumfang
Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiterinnen
61 Wohnungen, Wohngemeinschaft für behinderte Menschen (Haus der Barmherzigkeit), Soziales Zentrum der MA 12 Dezember 2002 Jänner 2005 2.190 m² 6.000 m² Gesiba Universale Blanka Markov-Kowalski, Klaudia Kučer
Scope of the project 61 apartments, residential community for handicapped persons (Haus der Barmherzigkeit), social centre of the MA 12 Start of construction December 2002 Completion January 2005 Site area 2,190 m² Usable floor area 6,000 m² Developer Gesiba Building contractor Universale Project managers Blanka Markov-Kowalski, Klaudia Kučer
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Herbert Eisinger & Christiane Ruhnau WOHNTURM HÖCHSTÄDTPLATZ 59 m²
CALLAS, ORCHIDEEN UND STUNDENSCHLAG
LIVING WITH THE CHIMING OF THE CLOCKS
Ich war auf Jobsuche, habe mich hier im Haus als Facility-Manager beworben und habe die Stelle schließlich auch bekommen. Und dann habe ich mir gedacht: Wenn ich hier schon arbeite, dann wäre es doch praktisch, wenn ich hier auch wohnen könnte. So habe ich also diese Wohnung hier im 17. Stock gekriegt. Es gibt viel zu tun, denn in einem Hochhaus sind die Brandschutzbestimmungen sehr streng, und daher gibt es auf diesem Gebiet auch wesentlich mehr Kontrollgänge und Servicierungen als in anderen Gebäuden. Hinzu kommt, dass die Anlage ziemlich groß ist: Insgesamt gibt es mehr als 250 Wohnungen. Gut, dass man da mit dem Lift in die Arbeit fahren kann! Wer kann das schon? Am besten gefällt mir die Aussicht. Man fühlt sich wie in einem Hotel in Amerika. Mit dem einzigen Unterschied, dass ich eine riesengroße Loggia habe! Christiane, meine Lebensgefährtin, lebt in Deutschland, wir sehen uns nur unregelmäßig. Wenn sie da ist, dann sitzen wir am Abend dann immer mit einem Glaserl Wein auf der Loggia und schauen runter auf die Stadt. Aber auch die Sonnenaufgänge hinter dem Millennium Tower sind toll. Manchmal steht Christiane schon um 5 Uhr in der Früh auf und startet den Tag draußen an der frischen Luft. Ihre Entscheidung! Ich entscheide mich meistens fürs Weiterschlafen. Die treibende Kraft in der Wohnungsgestaltung ist meine Lebensgefährtin. Von ihr stammt zum Beispiel die Idee mit den Blumentattoos an der Wand. Im Wohnzimmer gibt’s Callas, im Schlafzimmer gibt’s Orchideen. Was sonst! Ich finde das sehr schön. Mein Lieblingsmöbel ist übrigens diese Radiokredenz aus den Siebzigern. Die habe ich einem Freund abgekauft. Und das Radio funktioniert immer noch gut! Die Lautsprecherqualität ist 1A. Außerdem bin ich ein Freund des Rustikalen. Nur bei meinem Uhrentick gehen Christiane und ich nicht wirklich d’accord. Ich liebe Uhren. An den Wänden hängt ein gutes Dutzend. Früher waren es noch mehr, aber in einer Beziehung muss man eben auch in der Lage sein, Kompromisse einzugehen. Ich weiß eigentlich gar nicht, woher dieses Faible kommt, aber Ziffernblätter und sich bewegende Zeiger haben mir immer schon gefallen. Ich finde das beruhigend. Ich könnte stundenlang hinschauen.
I was looking for job so I applied for the position of facility manager in this building and ended up getting the post. And then I thought to myself: if I work here then it would be really convenient if I could live here, too. And so I got this apartment on the 17th floor. There is a lot to do here, as the fire safety regulations in a high-rise building like this are very stringent and therefore far more servicing and inspection rounds are necessary than in other buildings. And there’s also the fact that the complex is quite large: more than 250 apartments. It’s a good thing that I can travel to work by lift! Who else can do that? What I like best is the view. You feel like you are in a hotel in America. The only difference is that here I have a huge loggia! My partner Christiane lives in Germany and we only see each other at irregular intervals. When she is here then we always sit on the loggia in the evening with a glass of wine and look at the city below. But sunrise behind the Millennium Tower is also fantastic. Sometimes Christiane gets up at five in the morning and starts the day outside in the fresh air. That’s her decision! I generally opt to sleep a little longer. As regards the decoration of the apartment Christiane is the driving force. She came up with the idea of flower tattoos on the walls. In the living room there are calla lilies and in the bedroom orchids – what else! I find it very beautiful. By the way, my favourite piece of furniture is this radiogram from the 70s. I bought it from a friend. And the radio still works properly. The loudspeaker quality is just perfect. And I like the rustic look. My obsession with clocks is the only area where we don’t quite see eye-to-eye. I love clocks. There are over a dozen hanging on the walls. There used to be even more, but in a relationship you’ve got to be able to make compromises. I don’t really know where this weakness comes from, but I’ve always liked the faces and the way the hands move. I find it calming. I could gaze at them for hours.
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Ein neues Wahrzeichen für die Brigittenau. Wo einst riesige Gleisanlagen und alte Fabrikbauten waren, ragt nun der 86 Meter hohe Wohnturm am Höchstädtplatz in den Himmel. Insgesamt gibt es 256 Wohnungen auf 25 Etagen. „Am besten gefällt mir die Aussicht“, sagt Herbert Eisinger. „Man fühlt sich wie in einem Hotel in Amerika.“ Einziger Unterschied: Jede Wohnung hat eine eigene Loggia vor dem Wohnzimmer, und unten am Platz lauert bereits die Einladung ins dichte, städtische Grün. A new symbol for Brigittenau. Today a 65-metre tall residential tower block rises up in an area once covered by a mesh of railway tracks and old factories. It contains a total of 256 apartments on 25 floors. “What I like best is the view”, says Herbert Eisinger. “You feel like you are in a hotel in America.” The only difference: every apartment has a loggia in front of the living room, and the square below invites you to enter the dense urban greenery.
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Altes im neuen Rahmen: „Die Küche habe ich einem Mieter im Haus abgekauft. Das ist mein Reich!“ Und Herr Eisinger ist nicht nur ein Freund des Kochens, sondern auch der Zeit. An den Wänden hängt ein Dutzend Uhren. Auf der Loggia wird frühmorgens Stadt geschaut.
Old in a new frame: “I bought the kitchen from a tenant in the building. It is my realm!” And Mr Eisinger is not only fond of cooking, but also of time. A dozen clocks hang on the walls. From their loggia the couple gaze at the city in the early morning.
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Vintage-Möbel und Blumendekor der Gegenwart. Die voll funktionstüchtige Radiokredenz aus den Siebzigern zählt zu den Lieblingsmöbeln im Haus. Eisinger: „Meine Lebensgefährtin ist zuständig für die Blumentattoos an der Wand, ich bin der Herr für das Rustikale.“
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Vintage furniture and modern floral ornament. The fully functional radiogram from the Seventies is one of their favourite pieces of furniture: “My partner is responsible for the flower tattoos on the wall, and I’m the man for the rustic elements.”
Ein Turm in der Stadt. Im Gegensatz zu früher ist der Höchstädtplatz heute perfekt an das Wiener Radwegnetz angebunden. Auf dem Drahtesel ist man in wenigen Minuten an der Donau oder am Donaukanal. A tower in the city. In contrast to earlier times, today Höchstädtplatz is excellently connected to Vienna’s network of bicycle paths. On your bike you can reach the Danube or the Danube Canal in just a few minutes.
WOHNTURM HÖCHSTÄDTPLATZ
HÖCHSTÄDTPLATZ RESIDENTIAL TOWER
Einst befanden sich in Wien-Brigittenau große Gleisanlagen und The district of Vienna-Brigittenau used to have large railway yards Fabrikgebäude. Vor allem die Gegend rund um den Höchstädtplatz and factory buildings. The area around Höchstadtplatz, in particuwar geprägt von aufgelassenen Backsteinbauten der vorletzten lar, was characterised by abandoned brick buildings from the turn Jahrhundertwende. Im Zuge eines inneren Stadtverdichtungspro- of the previous century. In the course of a project to increase the jekts wurden diese alten Strukturen abgetragen und machten Platz density of the inner city these old buildings were demolished to für neuen Wohnraum. make room for new housing. Das Hochhaus am Höchstädtplatz ist ein punktueller, weitThe free-standing high-rise building on Höchstädtplatz is a symhin sichtbarer Akzent dieser Entwicklungen. Der 83 Meter hohe bol of this development that is clearly visible from a distance. The Turm verfügt über 256 Wohnungen auf insgesamt 25 Etagen. 83-metre high tower has a total of 25 floors. The elliptical form was Die bewusst gewählte elliptische Form soll die Schlankheit des deliberately chosen to emphasise the slenderness of the building, Bauwerks unterstreichen, die geometrischen Irritationen in den on the other hand the geometrically staggered vertical strips of vertikalen Fenster- und Loggienstreifen wiederum brechen die windows and loggias reduce the optical size to a somewhat smaller optische Größe auf einen etwas kleineren Maßstab herab. Die scale. The façade, which was developed on the basis of a module, modular entwickelte Fassade besteht aus Metallkassetten und consists of metal and screen-printed glass elements. siebbedruckten Glaselementen. Scope of project
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Architektur Projektleiter
211 Mietwohnungen, 45 Eigentumswohnungen, 1 Hausbüro September 2004 Juli 2006 4.350 m² 22.400 m² Wohnbau / Wiener Heim ARGE Höchstädtplatz Hochhaus (Wibeba Strabag Mischek) ARGE Architekten Raith Gallister Wimmer Gerald Wieser
211 rented apartments, 45 owner-occupied apartments, 1 facility management office Start of construction September 2004 Completion July 2006 Site area 4,350 m² Usable floor area 22,400 m² Developer Wohnbau / Wiener Heim Building contractor ARGE Höchstädtplatz Hochhaus (Wibeba Strabag Mischek) Architecture ARGE Architekten Raith Gallister Wimmer Project manager Gerald Wieser
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH …
Thomas Kleewein WOHNHAUSANLAGE ZIP 75 m²
EIN WOHNZIMMER OHNE WÄNDE
365 DAYS ON VACATION
Die Donau war eigentlich der Grund dafür, dass wir uns für die- Actually the Danube was the real reason we chose this district. I’m sen Bezirk entschieden haben. Ich selbst bin ein leidenschaftlicher a very keen jogger and I often go running along the Danube. I also Jogger und gehe oft an der Donau laufen. Ansonsten gehe ich mit like to go swimming and cycling with my partner. It’s not far, in just meinem Lebensgefährten oft schwimmen und Rad fahren. Es ist a few minutes you are directly at the water’s edge. nicht weit. In ein paar Minuten ist man direkt am Wasser. And when we have only a little time then we go up to the roof. Und wenn wir mal wenig Zeit haben, dann gehen wir zwischen- There’s a swimming pool up there with a view of Vienna that exdurch hinauf aufs Dach. Da gibt es einen Swimmingpool mit Blick tends as far as Kahlenberg and Leopoldsberg. In the evening after auf Wien bis hin zum Kahlenberg und Leopoldsberg. Manchmal work I sometimes swim a few lengths. A nice way to finish your schwimme ich am Abend nach der Arbeit noch ein paar Längen. day. Also – and this is something I find really sensational – there is Ein schöner Tagesabschluss. Außerdem – und das finde ich ja a running track 130 metres long with a soft jogging surface. wiederum sensationell – gibt es eine 130 Meter lange Laufbahn The roof is used intensively. It’s like a small village in the city. mit weichem Jogging-Belag. People come here, bring a book with them, sit in the sun or organDas Dach wird intensiv genutzt. Das ist wie ein kleines Dorf ize a yoga session in the evening or a grill party. When we moved in der Stadt. Die Leute kommen her, schnappen sich ein Buch, in here there was a housewarming party. Everybody contributed legen sich in die Sonne oder veranstalten am Abend eine Yoga- something or other to eat and drink. It was a nice opportunity to Session oder ein Grillfest. Als wir hier eingezogen sind, gab es ein meet the others. That kind of thing isn’t often found. Here everyEinweihungsfest. Jeder hat eine Kleinigkeit zum Essen und Trinken one knows everyone else. And we are a real multi-cultural mixture. mitgebracht. Das war eine schöne Möglichkeit, sich kennenzu- In this apartment building there are people from all continents and lernen. Das gibt’s nicht oft. Hier kennt wirklich jeder jeden. Und au- a total of 20 different countries. There’s a wide range of languages ßerdem sind wir eine ziemlich multikulturelle Mischung. In diesem spoken here – an ideal chance to brush up your vocabulary for Wohnhaus leben Leute von allen Kontinenten und aus insgesamt your next holiday. 20 Ländern. Die Sprachvielfalt ist groß. Eine ideale Voraussetzung, As for our apartment: it’s on two levels and very well laid-out. um das Urlaubsvokabular aufzufrischen. But the living room is tiny. However, we have a large roofed terUnd was unsere Wohnung betrifft: Sie liegt auf zwei Ebenen race and in summer we spend practically all the time in the fresh und ist schön geschnitten. Nur das Wohnzimmer ist leider winzig air. That is the absolute highlight. It’s like a living room without klein. Doch dafür haben wir eine große überdachte Terrasse. Im walls. Sommer leben wir praktisch die ganze Zeit an der frischen Luft. Our jobs mean that we both travel abroad a lot. When we have Das ist das absolute Highlight. Es ist wie ein Wohnzimmer ohne a few quiet evenings for ourselves we like to invite people to dinner. Wände. Cooking together and then dining with the mosquitoes – what Beruflich sind wir beide viel im Ausland unterwegs. Wenn wir ein could be better! I believe that this building represents an ideal paar ruhige Abende für uns haben, dann laden wir gerne auch ein- symbiosis of functional design and a certain enjoyment of living mal Leute zum Essen ein. Gemeinsam kochen und dann dinieren and leisure. To be perfectly honest: when you are living here, you mit den Moskitos – was gibt es Schöneres! Ich glaube, dass die- feel like you are on holiday. ses Wohnobjekt wirklich die optimale Symbiose zwischen zweckorientiertem Wohnen und lebenswertem Freizeitgefühl ist. Ganz ehrlich: Wenn man hier zu Hause ist, dann ist man auf Urlaub.
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Thomas Kleewein in sportlicher Montur: Meistens verschlägt es den leidenschaftlichen Jogger und seinen Lebensgefährten an die Donau. An stressigen Abenden tun es auch ein paar Längen im Swimmingpool auf dem Dach oder ein paar Runden auf der 130 Meter langen Laufbahn um das Dachgeschoß. Der weiche Bodenbelag ist der Nutzung angepasst. Im Hintergrund ragt bereits der Wohnturm am Höchstädtplatz in den Himmel. Thomas Kleewein in his running gear. Generally this passionate jogger and his partner go jogging along the Danube. After a particularly stressful day a few lengths in the roof-top swimming pool or a couple of laps of the 130-metre-long running track around the top storey will also suffice. The soft surface is ideal for this function. The residential tower on Höchstädtplatz soars in the background.
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Ein Blick ins winzig kleine Wohnzimmer, wie Herr Kleewein sagt: „Beruflich sind wir beide viel im Ausland unterwegs. Wenn wir ein paar ruhige Abende für uns haben, dann laden wir gerne auch einmal Leute zum Essen ein. Gemeinsam kochen und dann dinieren mit den Moskitos – was gibt es Schöneres!“ A view of the tiny living room, as Thomas Kleewein puts it. “Our jobs involve a lot of foreign travel. When we have a few quiet evenings for ourselves, we like to invite people over for dinner. Cooking together and then dining with the mosquitoes – what could be finer?”
Fragmente einer sommerlichen Hitze. „Die Donau war eigentlich der Grund dafür, dass wir uns für diesen Bezirk entschieden haben.“ Fragments of hot summer days. “In fact the Danube was the reason we chose this district.”
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Wasser, Wiesenglück, Dramatik. Bei der Schlüsselübergabe im Oktober 2007 veranstaltete der Bauträger ein Barbecue-Fest am Dach. Bewohnerinnen und Bewohner aus 20 Ländern haben sich an diesem Tag kennengelernt. So einfach kann’s gehen. Und auf einer der überdachten Terrassen der 18 Erker macht Herr Kleewein gerade Urlaub. Water, a lawn, a sense of drama. At the handover of the keys in October 2007 the developer organised a barbecue party on the roof. Residents from 20 different countries got to know each other during this evening. An example of how easily this can be done. And on one of the roofed terraces of the 18 projecting elements, Mr Kleewein is enjoying a brief holiday.
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Erinnerung an alte Backstein-Tage: Wo einst Fabrikbauten waren, befindet sich heute das Wohnhaus ZIP. Die roten Keramikplatten sind eine letzte gedankliche Reminiszenz.
WOHNHAUSANLAGE ZIP
Memories of the old brickwork days: the ZIP apartment building stands in an area once dominated by factories. The red ceramic tiles evoke this past.
ZIP APARTMENT BUILDING
Die Gegend um die Dresdner Straße erlebt eine urbane Renais- The area around Dresdner Strasse is undergoing something of an sance. Innerhalb weniger Jahre entstand hier ein neues Stadtvier- urban renaissance. Within the space of just a few years an entire tel mit Wohnungen, Bürobauten und Fachhochschule. Eines dieser new urban district has been created here with apartments, office Gebäude ist das langgestreckte Wohnhaus ZIP. Die rote Farbe der buildings and a university of applied sciences. One of these buildKeramikplatten erinnert an die alten Fabriken aus Backstein, die ings is the long ZIP apartment block. The red of the ceramic tiles einst diese Gegend prägten. recalls the old brick factories that once defined the character of Der Name ist kein Zufall: Wie bei einem Reißverschluss grei- this area. fen die Nutzungen ineinander und schaffen auf diese Weise einen The name is not arbitrary. The functions interlock like the parts of heterogenen Lebensraum mit verschiedenen Wohntypen, einem a zip and in this way create a heterogeneous habitat with different sozialen Zentrum sowie einem Dachgarten mitsamt Schwimmbad, housing types, a social centre as well as a roof garden with swimLaufbahn und Spielplatz. In der Mittelzone des Gebäudes ragen ming pool, running track and a playground. In the centre zone of wie die Metallzähne eines Zipps 18 expressive Erker aus der Bau- the building 18 bays project expressively from the building line like fluchtlinie. Sie sind einerseits umbaute Logen mit Blick in die Ferne, the metal teeth of a zip. On the one hand they are walled “boxes” andererseits Unterbau und zugleich Überdachung für großzügige, offering views of the distance, while on the other they form the base private Freiräume. and also the shelter for generous private outdoor spaces.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiterin Freiraumgestaltung
127 Wohnungen, soziales Zentrum, Arztpraxis, Magistratsabteilung Juni 2006 Oktober 2007 2.300 m² 8.800 m² Gesiba Bauunternehmung Rudolf Gerstl Erika Petrić Anna Detzlhofer
Scope of project
127 apartments, social centre, doctor’s surgery, local authority department Start of construction June 2006 Completion October 2007 Site area 2,300 m² Usable floor area 8,800 m² Gesiba Developer Building contractor Bauunternehmung Rudolf Gerstl Project manager Erika Petrić Landscape design Anna Detzlhofer
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH THE …
Familie Hütterer THERMENSIEDLUNG OBERLAA GRUNDÄCKER-AREAL 105 m²
BIS ZUR KÜCHE UND DANN LINKS
WALK PAST THE BED TILL YOU REACH
Das ist unsere erste gemeinsame Wohnung. Wir waren damals, im THE KITCHEN! Herbst 1996, gerade mit dem Rad unterwegs und sind zufällig auf This is our first flat together. Back in autumn 1996 we were cycling diese Baustelle gestoßen. Wir sind immer wieder hergekommen, around this area when we came across this building site by um den Baufortschritt zu beobachten und zu sehen, welche der chance. We started coming here regularly to follow the progress of vielen Wohnungen für uns die interessanteste wäre. Als der Roh- the building and to see which of the many flats would be the most bau fertig war, hat sich im letzten Stock diese Maisonette-Woh- interesting for us. When the shell of the building was completed nung mit Terrasse offenbart. Damit war die Entscheidung gefällt. this top floor maisonette with terrace was a revelation. In a sense Der Rest bestand aus Anmeldung, Ansuchen und Bürokratie. the decision was made for us, all we needed to do was register, Die Vorteile des Stadtrands nutzen wir nach wie vor. Wir fahren submit an application and deal with the bureaucracy. viel Rad, joggen und gehen spazieren. Und manchmal verschlägt We use the advantages of the urban periphery the same way es uns auch in die Therme Wien. Aber was auffällig ist: Favoriten as we did before. We cycle a lot, jog and go for walks. And somehat innerhalb Wiens keinen besonders guten Ruf. Das ist schade, times we visit the spa Therme Wien. But we have noticed that denn die Lage bietet wirklich viele Vorteile. In einigen Jahren wird in Vienna Favoriten doesn’t have a particularly good reputation. die U1 in den Süden verlängert, dann kommen wir schneller in That’s a real pity, as the location has a lot of advantages. In a few die Stadt. years the U1 Metro line will be extended southwards making the Was das Zusammenleben innerhalb der Wohnhausanlage be- connection to the city much speedier. trifft, so müssen wir sagen, dass wir die meisten sozialen KonAs far as community life in the housing complex is concerned takte zu den Nachbarn unserer Tochter Anna-Sophie verdanken. we have to say that we owe most of the social contacts with Durch den Kindergarten und die Schule haben sich einige schöne our neighbours to our daughter Anna-Sophie. We have made a Bekanntschaften ergeben. Nur leider gibt es innerhalb der Wohn- number of friends through the kindergarten and school. Unfortuhausanlage zu wenig Treffpunkte, zu wenig Sitzmöglichkeiten, zu nately in the complex itself there are too few meeting places, too wenig Spielplätze. few places to sit down and not enough playgrounds. Doch dafür gibt es ein paar witzige Kunstwerke von Manfred But on the other hand there are a few amusing art works by Erjautz, wie etwa die freistehende Küchenzeile, die Fernsehgruppe Manfred Erjautz, such as the freestanding row of kitchen units, mit dem Bärenfell, den Esstisch und das Doppelbett. Und die sind the furniture grouped around the TV and the bear skin, the dining sehr praktisch. Wenn Gäste zu Besuch kommen, dann sagen wir table, and the double bed. And they are also very useful. When we immer: „Am Bett vorbei, bis zur Küche, und dann links. Bitte nicht are expecting visitors I always tell them “walk past the bed, conwundern, Ihr werdet schon sehen, was wir meinen!“ Auch in der tinue till you reach the kitchen and then turn left. Don’t be puzzled, Wohnung umgeben wir uns gern mit Kunstwerken. Wir haben Ar- you’ll see what we mean!” We also like to surround ourselves with beiten von Kiki Kogelnik, Paul Flora und Gunter Damisch. art works in our apartment. We have pieces by Kiki Kogelnik, Paul Ein großer Kritikpunkt ist die technische Verarbeitung des Flora and Gunter Damisch. Gebäudes. Der Beton platzt ab, der Putz ist von Algen befallen, One major focus of criticism is the technical detailing of the die Bodenbeläge und Materialien im öffentlichen Bereich wirken building. The concrete is crumbling, the render has been attacked ziemlich billig. Andererseits darf man nicht vergessen, dass die by algae, and the floor coverings and materials in the public areas gemeinnützigen Bauträger durch das Einsparen von Budget in make a rather cheap impression. On the other hand one shouldn’t der Lage sind, für eine große Zahl von Menschen leistbaren Wohn- forget that by making savings in the budget the developers are raum zu schaffen. Und dafür sind wir letztendlich auch dankbar. able to create affordable living space for a large number of people. Man muss die Aspekte immer gesamtheitlich betrachten und ge- And ultimately we are grateful for this. You have to take an overall geneinander abwägen. Der soziale, geförderte Wohnbau in Wien view and to balance one thing against the other. Subsidized social ist ein sehr faires Angebot. housing in Vienna is a very fair system.
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Der Weg ist ein mögliches Ziel. Die meisten Wohnungen werden über offene Laubengänge erschlossen. In der warmen Jahreszeit entstehen dadurch Treffpunkte in der freien Natur. The journey is the social reward. Most of the apartments are reached from open access decks. During the warmer period of the year these provide outdoor meeting places.
Bunt. Ganz gleich, ob im Zimmer von AnnaSophie oder im Mietergarten ums Eck: Farbe ist ein willkommenes Gestaltungsmittel für Kind und Hund. Colourful. Whether in Anna-Sophie’s room or in the tenant’s garden around the corner: a dash of colour is a welcome design element for both kids and dogs.
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In der ganzen Wohnung liegt Parkettboden. „Wir haben gerne helle Hölzer, wir haben eine Vorliebe für Erle, Birne und Buche.“ The floors throughout the apartment are parquet. “We like light coloured woods, and are particularly fond of alder, pear and beech.”
„Zu unserer Nachbarin vis-à-vis haben wir einen guten Kontakt“, sagt Ursula Hütterer. „Ansonsten ist die Wohnhausanlage für das regelmäßige Ausborgen von Milch und Eiern wahrscheinlich zu groß.“ “We get on well with our neighbour opposite”, says Ursula Hütterer. “But otherwise the complex is probably too large to allow you to regularly borrow milk or eggs from your neighbours.”
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Kunst im öffentlichen Raum. Die Bärentatzen im Steinboden sind ein Kunstwerk von Ingeborg Strobl. Und Manfred Erjautz verwandelte den Innenhof kurzerhand in ein überdimensionales Wohnzimmer und schuf dafür prototypische Möbel wie etwa Küchenzeile, Couch und TV. Die witzigen Installationen dienen nicht zuletzt Gästen als Orientierungshilfe.
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Art in public space. The bear tracks in the stone paving are an art work by Ingeborg Strobl. And Manfred Erjautz transformed the courtyard into an oversized living room for which he created prototypical furniture such as a row of kitchen units, a couch and a TV. The witty installation also helps visitors to find their way around.
Stiegenhaus und Häuschen. Dank Mietergärten im Erdgeschoß bekommt sozialer Wohnbau eine individuelle Handschrift. Der Wunsch nach Einfamilienhausglück ist bisweilen sehr groß. Big house, little house. The tenants’ gardens at ground floor level give social housing an individual signature. The longing for happiness as symbolised by the single-family house can sometimes be very strong.
THERMENSIEDLUNG OBERLAA, GRUNDÄCKER-AREAL 1994 gewann der Wiener Architekt Gert Mayr-Keber das städtebauliche Gutachterverfahren für das 25 Hektar große Areal der Thermensiedlung Oberlaa. Im Anschluss daran wurde der allererste Bauträgerwettbewerb Wiens ausgeschrieben. Zum Zug kamen unterschiedliche gemeinnützige Bauträger mit den Architekten Gert Mayr-Keber, Otto Häuselmayer, Helmut Richter, Delugan-Meissl und Albert Wimmer. Die beiden schlichten, weiß verputzten Bauteile auf dem Grundäcker-Areal führen einen Dialog mit der Natur. Es gibt verglaste Stiegenhäuser, Freitreppen an der frischen Luft und offene Laubengänge, die schließlich zu den großteils zweigeschoßigen Wohnungen führen. Alle Wohneinheiten verfügen über einen Freiraum in Form von Balkonen, Loggien und Terrassen. In der Anlage gibt es einen Teich mit Schilf und Weiden sowie Kunstarbeiten von Ingeborg Strobl und Manfred Erjautz.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiter
114 Wohnungen Oktober 1996 Oktober 1997 7.680 m² 8.960 m² Gewog Mischek Bau AG Hubert Egger
THERMENSIEDLUNG OBERLAA, GRUNDÄCKER In 1994 Viennese architect Gert Mayr-Keber won an urban planning competition for the 25-hectare site of the Thermensiedlung Oberlaa. Subsequently the first building developers’ competition in Vienna was organised. Various non-profit developers were chosen with the architects Gert Mayr-Keber, Otto Häuselmayer, Helmut Richter, Delugan-Meissl and Albert Wimmer. The two unfussy, white rendered buildings on the Grundäcker site engage in a dialogue with nature. They have glazed staircases, outdoor stairs and open access decks leading to the apartments, most of which are two-storey. All the dwelling units have an outdoor space in the form of a balcony, loggia or terrace. The complex includes a pond fringed by reeds and willows, as well as art works by Ingeborg Strobl and Manfred Erjautz.
Scope of project Start of construction Completion Area of site Usable floor area Developer Building contractor Project manager
114 apartments October 1996 October 1997 7,680 m² 8,960 m² Gewog Mischek Bau AG Hubert Egger
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH THE …
Familie Sylkaj CASA CASCADA 84 m²
ZU HAUSE AUF PAUSE
HOME LIFE BETWEEN SHIFTS
Früher haben wir im elften Bezirk gelebt. Ins Stadtzentrum war es sehr weit. Und eigentlich hat mir die alte Wohnung nie gefallen. Mitten im Wohnzimmer gab es einen Kamin. Die Säule war immer im Weg. Seit 2006 wohnen wir jetzt hier im zehnten Bezirk. Es ist näher in die Stadt. Nachdem ich Busfahrer bin und meist auf Strecken in Favoriten und Liesing fahre, habe ich es nun auch nicht mehr weit in die Arbeit. Außerdem ist die jetzige Wohnung viel größer. Wir können uns endlich ausbreiten. Das ist eine Mietwohnung mit Kaufoption nach zehn Jahren. Wie es scheint, werden wir die Wohnung in ein paar Jahren kaufen. Erstens haben wir uns ganz gut eingelebt, zweitens haben wir auch schon ein paar Investitionen getätigt. Nur ein Beispiel: Unser Sohn Florian hat eine Hausstaubmilben-Allergie, und so mussten wir den gesamten Teppich rausreißen. Stattdessen haben wir in allen Zimmern einen hellen Laminatboden verlegt. Wir haben alles selber gemacht. Das war viel Arbeit. Der Großteil der Möbel ist neu. Wenn man schon umzieht, dann am besten gleich richtig. Die meisten Sachen sind, ganz unaufregend, aus dem Möbelhaus. Nur der Esstisch und die Eckbank sind ein Geschenk. Mein Onkel im Kosovo ist Tischler. Er hat das alles selbst gebaut. Das ist jetzt fünf Jahre her. Und obwohl wir den Tisch jeden Tag benützen, sieht er immer noch aus wie neu. Echtes Vollholz. Wirklich sehr robust. Kein Vergleich zu den Möbeln, die man sonst kriegt. Die Lage der Wohnung ist sehr gut. Wir wohnen zwar im zweiten Stock, aber der Innenhof ist sehr groß, daher haben wir den ganzen Tag Licht. Auf der Gemeinschaftsterrasse im ersten Stock ist ein kleiner Spielplatz mit einer Sandkiste. Es ist schon verblüffend: Die meisten Kontakte, die wir zu den Nachbarn im Haus haben, sind Florian zu verdanken. Noch vor ein paar Jahren hat er den Spielplatz regelmäßig genutzt. So sind wir mit einigen anderen Eltern in Kontakt gekommen. Wohnen ist etwas sehr Wichtiges für mich. Ich bin den ganzen Tag auf Achse. Und meist sogar zu sehr unregelmäßigen Tageszeiten. Wenn ich nach Hause komme, bin ich froh, mich auf die Couch zu setzen und ein bisschen Zeit mit meiner Familie zu verbringen.
We used to live in the eleventh district. It was a long way from the city centre. And actually I never really liked the old apartment. A chimney flue ran through the middle of the living room. The pier was always in the way. We have lived here in the tenth district since 2006. As I am a bus driver and generally drive on routes in Favoriten and Liesing, now I don’t have to travel far to work. And this apartment is much larger; finally we can spread ourselves out. This is a rental apartment with an option to buy after ten years. It now looks as though we will buy the flat in a few years. First of all we have really settled down well here and secondly we have also made a few investments. Just one example, our son Florian has a house dust mite allergy, and so we had to get rid of all the fitted carpeting. We replaced it with a light coloured laminate floor in all the rooms. We did all this ourselves – it was a lot of work. Most of the furniture is new. When you move home then it’s best to do it properly. We bought most of the pieces in a furniture store. But the dining table and the corner bench seat are a present. My uncle in Kosovo is a carpenter; he made all that himself. That was five years ago and although we use the table every day it still looks like new. Solid wood. Really very robust. No comparison to the usual kind of furniture you buy. The location of this apartment is very good. We only live on the second floor but the courtyard is very large and therefore our apartment is bright the whole day. On the communal terrace at first floor level there is a small play area with a sandbox. It’s amazing. Most of the contacts we have made to neighbours in the building are thanks to Florian. Until a few years ago he used the playground regularly. And so we got to know some of the other parents. I believe that your home is very important. I am on the go the entire day and I often work irregular hours. When I come home I am happy to be able to sit down on the couch and spend a little time with my family.
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Sportliche Familie. Sohn Florian (7) im Kampf gegen einen Punching-Ball im Wohnzimmer. Sein Vater Sefer Sylkaj war bis vor Kurzem Fußballspieler in der Landesliga. Ein Foto auf der Eckbank soll daran erinnern. A sporty family. Son Florian (7) fighting a punching ball in the living room. Until a short time ago his father Sefer Sylkaj was a league soccer player. A photo on the corner seat records that era.
„Es ist schon verblüffend: Die meisten Kontakte, die wir zu den Nachbarn im Haus haben, sind unserem Sohn zu verdanken. Durch ihn sind wir mit einigen anderen Eltern in Kontakt gekommen.“
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“It’s amazing: most of the contacts that we have in this building are thanks to Florian. Through him we have met a number of other parents.”
Hauben am Dach. Die Maisonette-Wohnungen im Dachgeschoß befinden sich in kantigen, expressiv geformten Muscheln aus Stahlbeton. Die offene Stiegenskulptur im Innenhof verleiht der Casa Cascada ihren unverwechselbaren Namen.
A rooftop made of hoods. The maisonettes at roof level are housed in sharpedged, expressively shaped shells made of reinforced concrete. The Casa Cascada derives its distinctive name from the sculptural open staircase in the courtyard.
Frischluft für vier Räder. Die Garage im Erdgeschoß ist komplett offen. Das spart einerseits eine teure Lüftungsanlage, ermöglicht andererseits Durchblicke zwischen Innenhof und Straße. Fresh air for four wheels. The garage at ground level is completely open. This saves the expense of a ventilation plant, while also providing visual connections between the courtyard and the street.
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Und noch einmal Florian. Von seiner anfänglichen Kamerascheu ist nichts mehr zu merken. Früher lag in der ganzen Wohnung ein Teppichboden. Familie Sylkaj hat ihn eigenhändig gegen Laminat ausgetauscht. Florian once again. His initial shyness in front of the camera seems to have vanished. The entire apartment used to be carpeted. The Sylkaj family replaced it themselves with laminate flooring.
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Am Rande der Gründer zeit. Die Casa Cascada liegt an den Ausläufern des Wohnviertels. Gegenüber beginnt bereits ein Gewerbegebiet. Die Wohnung ist in zwei Himmelsrichtungen orientiert. At the edge of the 19th century. The Casa Cascada stands on the fringe of the old residential area. Opposite a commercial district begins. The apartment faces in two directions.
CASA CASCADA
CASA CASCADA
Der Süden Wiens wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut. In recent years a lot of development has been carried out in the Nicht immer geht das städtische Wachstum reibungslos über die south of Vienna. This urban growth has not always been without Bühne. Manchmal prallen Stadtteile mit unterschiedlichsten Funk- problems. Sometimes districts with very different functions clash tionen aufeinander. Die 2007 errichtete Casa Cascada ist daher with each other. Therefore Casa Cascada, which was erected ein Adapter zwischen charmantem Gründerzeitviertel und weniger in 2007, functions as a kind of adaptor between a charming late charmantem Gewerbegebiet. 19th century district and a rather less charming commercial area. Das Erdgeschoß ist komplett offen und beherbergt eine GaThe ground floor is completely open and contains an outdoor rage im Freien. Zwischen innen und außen ist mal die Stadt, mal garage. Located between inside and outside, at some places you der ruhige Innenhof spürbar. Darüber erstreckt sich ein sechs- can feel the presence of the city, at others the quiet of the inner geschoßiger Baukörper mit 40 Wohnungen und einem kleinen courtyard. Above it rises a six-storey building with 40 apartments Spielplatz im ersten Stock. Die offenen Laubengänge werden and a small playground on the first floor. A cascading staircase über eine kaskadenartige Freitreppe miteinander verbunden. Den links the open access decks. At roof top level nine sharp-edged Abschluss auf dem Dach bilden neun kantige Muscheln aus Stahl- reinforced concrete shells terminate the building. They house maibeton. Ihr Inhalt: Maisonette-Wohnungen mit schrägen Wänden sonettes with inclined walls and large terraces. und großer Terrasse.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiterin
40 Wohnungen September 2005 Februar 2007 940 m² 2.900 m² SEG Stadterneuerungs- und Eigentumswohnungsgesellschaft m.b.H. Strabag Sandra Wurzinger
Scope of project Start of construction Completion Area of site Usable floor area Developer Building contractror Project manager
40 apartments September 2005 February 2007 940 m² 2,900 m² SEG Stadterneuerungs- und Eigentumswohnungsgesellschaft m.b.H. Strabag Sandra Wurzinger
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH …
Arezou Fakher PASSIVWOHNHAUS EUROGATE 85 m²
EIN STÜCKCHEN PERSIEN IM STIEGENHAUS
GETTING USED TO GREEN
Ich wohne derzeit in einer kleinen Wohnung in Simmering. Die Wohnung ist zwar sehr schön, aber ich fühle mich nicht besonders wohl darin. Ich habe null Kontakt zu meinen Nachbarn, und die einzige Begegnung entsteht, wenn meine Eltern aus dem Iran zu Besuch sind und sie sich etwas zu laut miteinander unterhalten. Dann klopfen die Nachbarn gleich an der Tür. Durch den Umzug nach Eurogate erwarte ich mir mehr Kontakt mit den Menschen im Haus. Das Gebäude scheint so konzipiert zu sein, dass es das Miteinander fördert. Überall gibt es Balkone, Gemeinschaftsterrassen am Dach und ein durchgehendes Erdgeschoß mit verglasten Fahrradabstellräumen und Begegnungsflächen. Ich kann mir vorstellen, dass hier viele junge Leute und Jungfamilien einziehen werden, die in einer ähnlichen Situation sind wie ich und die von ihren Nachbarn mehr wissen wollen als nur Türnummer und Familiennamen. Vielleicht entsteht hier ja ein kleines Stück Italien, Spanien oder Persien im Garten und im Stiegenhaus. Außerdem freue ich mich darauf, mich endlich ausbreiten zu können: 85 Quadratmeter für mich und meine Bücher! Endlich kann ich mir den Traum von einem eigenen Lesezimmer erfüllen. Bisher musste ich all meine Bücher in Kartons im Keller verstauen, weil ich nicht genügend Platz hatte. Manche Bücher sind überhaupt noch in meinem Elternhaus in Teheran. Die Wohnung hat Passivhaus-Standard. Statt Heizkörper gibt es eine kontrollierte Belüftung. Für die wenigen ganz kalten Tage im Jahr gibt es Konvektionsplatten, die wie ein weißes abstraktes Bild an der Wand hängen. Eigentlich ist das ganz hübsch. Ich finde das Angebot des energiesparenden Wohnens sehr wichtig. Einerseits ist es eine finanzielle Entlastung für die Bewohner, andererseits ist es ein längst überfälliger Dienst an der Umwelt. Das Thema Energie wird in Zukunft noch viel wichtiger werden. Die grüne Metallfassade ist eine mutige Entscheidung. Ich bin zwar froh, in so ein fröhliches und auffälliges Haus einzuziehen – und nicht in einen dieser beigen und grauen Wohnblöcke. Doch am Vormittag, wenn die Sonne auf die gegenüberliegende Fassade scheint, wird mein Wohnzimmer durch die Reflexion in farbiges Licht getaucht. Grüne Wände und Perserteppiche – an diese Kombination werde ich mich erst gewöhnen müssen.
At the moment I’m living in a small flat in Simmering. Although the apartment is lovely I don’t feel particularly well there. I have absolutely no contact with my neighbours; in fact the only encounter is when my parents are visiting from Iran and sometimes talk rather too loud. Then the neighbours immediately ring at my door. By moving to Eurogate I hope to have more contact with the other people living in the building. It seems to be designed to encourage a sense of community. There are balconies throughout, communal terraces on the roof and a continuous ground floor zone with glazed bike stores and meeting areas. I can imagine that many young people and young families will move in who are in a similar situation to me and want to know more about their neighbours than just the door number and surname. Perhaps a small piece of Italy, Spain or Persia can develop here in the garden and on the staircase. And I also look forward to finally being able to spread myself out. 85 square metres for me and my books! At long last I can fulfil my dream of having my own reading room. Up to this I have had to store all my books in boxes in the basement, as I never had enough space. Some of my books are still in my parents’ house in Teheran. The flat achieves passive house standard. Instead of radiators there is a controlled ventilation system. For the few really cold days in the year there are convection panels that hang on the wall like white abstract pictures. I find them very pretty. I believe that it is most important to provide energy-saving housing. On the one hand it helps reduce the financial burden on residents; on the other it is a long overdue service for our environment. I’m sure the theme of energy will become even more important in the future. The green metal façade is a daring decision. I am happy to live in such a striking, cheerful building – rather than in one of those beige and grey housing blocks. But in the morning, when the sun shines on the façade opposite, the reflections bathe my living room in a coloured light. Green walls and Persian carpets – a combination that will take some getting used to!
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„Am Vormittag, wenn die Sonne auf die gegenüberliegende Fassade scheint, wird mein Wohnzimmer durch die Reflexion in farbiges Licht getaucht“, sagt die Architektin Arezou Fakher. Mit dem Seidenteppich aus Persien, der bisher im Schrank verstaut war, verträgt sich das nur schwer. Trotzdem: Jetzt soll das geschmeidige Einzelstück ausgerollt werden. “In the morning, when the sun shines on the façade opposite, the reflection bathes my living room in coloured light”, says architect Arezou Fakher. That does not harmonise particularly well with the silk carpet from Persia formerly kept in a closet. Nevertheless: now it’s time to spread this unique piece in her living space.
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Alles Baustelle. Alles abstrakte Kunst? Das weiße Tableau an der Wand ist ein elegant getarnter Heizkörper, mit dem man im Winter die kältesten Tage überstehen kann. Das ist erst der Anfang ökologischen Bauens.
Abstract art at the construction site: the white panel on the wall is an elegantly disguised radiator that guarantees comfort on even the coldest winter days.
„Man lernt in Österreich, dass man Stille und Ruhe genießen kann. Aber auch das Miteinander ist etwas sehr Wichtiges im Leben. Das vermisse ich in Österreich ein bisschen. Ich hoffe, dass ich hier wieder mehr Kontakt zu den Nachbarn haben werde.“ “In Austria you learn that it is possible to enjoy quiet and stillness. But the communal aspect of life is also very important. I miss that somewhat in Austria. I hope that here I will have more contact with my neighbours.”
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Noch steht die Wohnung leer. Doch der Möbelwagen kommt bald. „Ich hoffe, dass ich mir zwei Wünsche erfüllen kann. Erstens ein neues Lesezimmer, und zweitens eine Küche, in der ich meine Lieblingsrezepte ausprobieren kann.“
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The apartment is still empty. But the furniture delivery van will arrive soon. “I hope to be able to fulfil two wishes: first of all a new reading room and secondly a kitchen where I can try out my favourite recipes.”
Letzte Handgriffe. Die Metallfassade schimmert in sechs unterschiedlichen Grüntönen: von Blassgrün über Gelb- und Grasgrün bis Dunkel-, Waldund Smaragdgrün. Linke Seite: Von den Loggien in den Obergeschoßen sieht man bis nach St. Marx. The final touches. The metal façade shimmers in six different shades of green – from pale green to emerald green. Left page: From the loggias on the upper floors you can see as far as St. Marx.
PASSIVWOHNHAUS EUROGATE
EUROGATE PASSIVE HOUSE
Einst fuhren vom Aspanger Bahnhof Züge nach Baden. Doch Trains used to run from Aspang Railway Station to Baden. But diese Zeiten sind längst vorbei. An seiner Stelle entsteht derzeit those times are long past. Today Europe’s largest passive housing Europas größte Wohnhausanlage in Passivbauweise. Ausgehend complex is being erected in its place. Based on a master plan by von einem Masterplan des Londoner Architekten Norman Foster London architect Norman Foster, in 2004 an urban planning interwurde 2004 ein städtebaulicher Innenwettbewerb für den nörd- nal competition was set up for the northern part of the site. Several lichen Teil des Areals ausgeschrieben. Mehrere Architekten und different architects and developers are involved in the project. In Bauträger sind am Bau beteiligt. Insgesamt wurden in den letzten total around 740 subsidised passive energy apartments have been Jahren rund 740 geförderte Passiv-Wohnungen errichtet. erected in the last few years. Albert Wimmers ökologisches Wohnhaus ist durch und durch Albert Wimmer’s ecological apartment building is green through grün. Innen gibt es Erdwärmenutzung, Wärmerückgewinnung and through. Internally use is made of geothermal energy, and the und kontrollierte Wohnraumbelüftung, außen ist das Haus mit living spaces have a controlled ventilation system, externally the Wellblechpaneelen in sechs unterschiedlichen Grüntönen ver- building is clad in corrugated metal panels in six different shades kleidet. Die vorgehängte Fassade ist nicht nur widerstandsfähig of green. The curtain wall façade is not only durable and resistant und belastbar, sondern auch ein kräftiger Farbtupfer im gesamten to weathering, but also provides a striking splash of colour in the Wohngebiet. residential district as a whole.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiterin
150 Wohnungen Mai 2010 Februar 2012 5.540 m² 12.830 m² Arwag ARGE Porr / Universale Sandra Wurzinger
Scope of project Start of construction Completion Area of site Usable floor area Building developer Building contractor Project manager
150 apartments May 2010 February 2012 5,540 m² 12,830 m² Arwag ARGE Porr / Universale Sandra Wurzinger
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH THE …
Familie Scheuchel KAI 302 130 m²
WIR SIND ZAUNGÄSTE IM 9. STOCK
SOMETIMES YOU CAN EVEN HEAR
Diese Wohnung zu bekommen war ein Riesenglück. Wir wohnen THE MEXICAN WAVE im neunten Stock und haben Fenster in alle vier Himmelsrich- Getting this apartment was an enormous stroke of luck. We live tungen. Rundherum gibt es eine umlaufende, 150 Quadratmeter on the ninth floor and we have windows facing in all four directions. große Terrasse, die den Vorteil hat, dass wir je nach Jahreszeit mit A terrace measuring 150 square metres runs right around the flat der Sonne oder mit dem Schatten mitwandern können. Im Süden which has the advantage that, depending on the time of year, we liegt uns der Grüne Prater zu Füßen, nordseitig sehen wir die can follow the sun or the shade. In the south the green space of Donau mit ihren vorbeifahrenden Schiffen und die Donaumarina, the Prater lies at our feet, to the north we see the boats travelling wo viele private Boote vor Anker liegen. past on the Danube and the Donaumarina, where a lot of private Die Gegend hat viele Vorteile. Mit dem Rad ist man in 30 Se- boats are anchored. kunden im Grünen, und seit der Verlängerung der U2 sind wird This district has lots of advantages. On your bike you can reach in ein paar Minuten im Stadtzentrum. Aber auch die Infrastruktur green space in 30 seconds and since the U2 Metro line was exhat sich seit dem U-Bahn-Bau deutlich verbessert. Das Stadion- tended we can get to the city centre in a few minutes. The inCenter bietet gute Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf. frastructure has also greatly improved since the building of the Doch das Beste ist die Nähe zum Ernst-Happel-Stadion. Wenn bei Metro. The Stadion Center offers good shopping facilities for daily Fußballspielen ein Tor fällt oder eine Welle durchs Publikum geht, needs. But the best thing is the proximity to the Ernst Happel dann hören wir das bis hierher. Und bei Popkonzerten sind wir Stadium. When a goal is scored during the matches, or when the akustische Zaungäste mit Gratisticket. Einziger Nachteil: Die Ver- crowd performs the “Mexican Wave” we can hear it here. And we kehrsbelastung ist bei manchen Veranstaltungen sehr groß, und are audio “onlookers” at pop concerts, with free tickets. The only wer keinen Garagenplatz besitzt, hat an diesen Tagen Pech. disadvantage is the amount of traffic generated by some events, Der Handelskai ist zwar laut, aber durch die gläserne Lärm- on those days anyone who doesn’t have a garage parking space schutzwand dringt fast kein Verkehrslärm in den Innenhof. Einmal is out of luck. im Jahr gibt es bei uns ein Hoffest mit Band und Barbecue. Aber Handelskai is loud but thanks to the glass protection wall hardly auch sonst wird der Innenhof rege genutzt. Die Leute sitzen unten, any noise reaches the internal courtyard. Once a year we have plaudern, stricken, trinken Tee oder passen auf ihre Kinder auf. a courtyard party with a band and barbecue. And in general the Interessant ist auch, dass die Tiefgarage oft als Kommunikations- courtyard is used a lot. People sit down there, chat, knit, drink tea zone dient. Es gibt ein bisschen Tageslicht, von Angstraumgefühl or look after their children. It’s also interesting that the underground keine Spur, und so kommt man mit den Nachbarn ins Gespräch. garage functions as a kind of communication zone. There is some Unsere Wohnküche hat einen kreisförmigen Grundriss. Was daylight there, it’s not a space that arouses any sense of fear and die Möbel betrifft, mussten wir also vieles vom Tischler anfertigen so it’s easy to strike up conversation with your neighbours there. lassen. Wir haben auch bewusst darauf geachtet, dass sich durch Our living room has a kind of circular layout. This meant a lot of die ganze Wohnung eine einheitliche Holzmaserung zieht. Alles the furniture had to be made to measure by a carpenter. We enist aus Buche. Natürlich sind die Möbel mittlerweile in die Jahre sured that a uniform light-coloured wood grain was used throughgekommen, aber sie gefallen uns immer noch gut. out the apartment. Everything is of beech. Naturally the furniture is Und die vielen Bilder an der Wand stammen größtenteils von now showing signs of age but we are still very happy with it. den Philippinen. Das sind traditionelle Malereien auf Samt. DaMost of the many pictures on the walls are from the Philippines. durch kommen die Farben so gut zur Geltung. So sind wir stets Those are traditional paintings on velvet. That’s what makes the an zwei Orten daheim. colours so vivid. The pictures mean we are always at home in two places.
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Peter und Florencia und ihr Sohn Roy sind strenggläubig. In den Zimmern gibt es kleine Gebetsaltäre. Im Bücherregal geht es etwas profaner zu. Der Familienvater ist fasziniert von Technik und sammelt kleine und große Modellflugzeuge. Auf der antiken Couch hingegen nehmen meist nur antike Gäste Platz. Peter, Florencia and their son Roy have a deep religious faith. There are small altars in a number of the rooms. The bookshelves have a more profane air. The father of the family is fascinated by technology and collects model airplanes, both large and small. Generally only antique guests sit on the antique couch.
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Die 150 Quadratmeter große Terrasse bietet genug Platz für Feierlichkeiten aller Art. Im Sommer dient sie der Familie Scheuchel als verlängertes Wohnzimmer mit Blick in die Bäume. Auf dem Foltergerät rechts im Bild kann Sohn Roy, bekennender Bruce-Lee-Fan, die Sünden der Nachmittagsjause wieder abbüßen. Unten: Das erfolgreiche Resultat eines talentierten grünen Daumens.
The terrace measuring 150 square metres offers enough room for celebrations of all kinds. In summer the Scheuchel family use it as an extension to the living room with a view of the tree-tops. Roy, a self-confessed Bruce Lee fan, uses what looks like a torture rack in the right of the picture to work off the effects of the afternoon snacks. Below: the successful results of a gifted green thumb.
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Wohnzimmer. Aufgrund der gewölbten Wände musste ein Großteil der Einrichtung eigens angefertigt werden. Das Bild über der Kredenz – eine traditionelle Malerei auf Samt – stammt von den Philippinen. Die rote Metallfassade ist ein Eyecatcher an der Einfahrt zu Wien. Dank der gläsernen Schutzwand dringt fast kein Verkehrslärm in den Innenhof. Living room: the curved walls meant that much of the furniture had to be specially made. The picture above the sideboard – a traditional painting on velvet – comes from the Philippines. The red metal façade is an eye-catcher on the road leading into Vienna. Thanks to the glazed noise protection wall the sound of the traffic hardly penetrates the courtyard at all.
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Mitbringsel von diversen Reisen und Souvenirs von Hochzeiten. Das Schenken ist ein philippinischer Brauch. Florencia Scheuchel: „Wir können nichts dagegen tun. Das Zeug vermehrt sich ganz von selbst.“ Things brought back from various trips and wedding souvenirs. Giving gifts is customary in the Philippines. Florencia Scheuchel: “There’s nothing we can do to stop it. The stuff seems to multiply of its own accord.”
KAI 302
KAI 302
Bäume, Eisenbahngleise und Donaustrom: Der Handelskai ist über Trees, railway tracks and the Danube. Along a length of many viele Kilometer unbebaut. Das Haus Kai 302 ist das erste große Ge- kilometres Handelskai is undeveloped. Kai 302 is the first large bäude am Rande des Praters, hier beginnt die Stadt. Der rote keil- building at the edge of the Prater, this is where the city begins. förmige Trakt, der entfernt an einen Schiffsbug erinnert, ist jedoch However the wedge-shaped part, vaguely reminiscent of the prow nicht nur Signal, sondern auch sinnvolle Maßnahme gegen Fein- of a ship, is not just a signal but also an effective measure against staub und Verkehrslärm. Die angrenzende gläserne Lärmschutz- particulate matter and traffic noise. The adjoining glazed noise wand schirmt den Innenhof vom viel befahrenen Handelskai ab. protection wall screens the courtyard from the traffic on the busy Die restlichen Fassaden sind unauffällig weiß verputzt. Diese Handelskai. Zurückhaltung sorgt für einen akustisch und optisch ruhigen InThe remaining façades are rendered in plain white. This restraint nenhof, der als Treffpunkt für Kinder und Erwachsene dient. An creates a visually and acoustic calm courtyard that serves as a der Wehlistraße, die an dieser Stelle Fußgängerzone ist, verfügen meeting place for children and adults. On Wehlistraße, which at this die Wohnungen über einen Vorgarten und können zum Teil direkt point is a pedestrian zone, the apartments have front gardens and vom Fußweg erschlossen werden. Die urlaubsmäßige Stimmung some can be accessed directly from the footpath. The holiday-like zeugt davon: Der Grüne Prater ist nicht weit. atmosphere indicates that the green Prater is not far away
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiter
132 Wohnungen, 1 Geschäft Juli 1992 September 1994 3.600 m² 9.800 m² Sozialbau ARGE Mischek-Brandstätter Robert Dax
Scope of project Start of construction Completion Area of site Usable floor area Developer Building contractor Project manager
132 apartments, 1 shop July 1992 September 1994 3,600 m² 9,800 m² Sozialbau ARGE Mischek-Brandstätter Robert Dax
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH …
Valeria Dorofeeva HELLER-FABRIK 102 m²
IM LAND DER TÄTOWIERTEN WÄNDE
WITH TATTOOS ON THE WALL LIFE IS
Ich bin in Usbekistan geboren und habe bis vor ein paar Mona- MUCH MORE BEAUTIFUL ten in Moskau gelebt. Meine Mutter und mein Bruder sind schon I was born in Uzbekistan and I lived in Moscow until a few months vor einem halben Jahr zu meinem Stiefvater nach Wien gezogen, ago. My mother and my brother moved to Vienna to join my stepich bin in der Zwischenzeit noch in Russland geblieben, um die father half-a-year ago, I stayed in Russia to complete my secondSchule und Matura fertig zu machen. Jetzt werde ich anfangen ary schooling. Now I am going to study here. Naturally in my heart zu studieren. Natürlich fühle ich mich im Herzen noch als Russin, of hearts I still feel I’m a Russian but in Vienna you are welcomed aber in Wien wird man gleich mit offenen Armen empfangen. Die with open arms. The city is very charming. Stadt ist sehr charmant. The location here on the ground of the old Heller factory is exDie Lage hier auf dem Areal der ehemaligen Heller-Fabrik ist cellent. There are several different public transport connections. sehr gut. Es gibt mehrere öffentliche Verkehrsmittel. Die Infrastruk- The infrastructure leaves little to be desired and directly opposite tur lässt auch nichts zu wünschen übrig. Alle Geschäfte, die man there is a lovely, newly built old persons home and nursing home. für den täglichen Bedarf benötigt, sind da. Und genau vis-à-vis My parents are already joking that when they move in there some befindet sich ein schönes, neu errichtetes Alten- und Pflegewohn- time in the future they won’t have very far to go! heim. Meine Eltern machen schon Witze, weil sie meinen, dass sie As I’ve only been in Vienna for a short time I don’t know how es dann eines Tages nicht weit haben werden, wenn sie umziehen the Heller factory used to look, but the way in which the old brick müssen. building has been combined with the new architecture seems to Nachdem ich erst seit Kurzem in Wien bin, weiß ich natürlich me very successful. It is a wild mix but they go together really well. nicht, wie die Heller-Fabrik früher ausgesehen hat. Aber die Art From our neighbours, whom we chat to regularly, I have heard und Weise, wie der alte Backsteinbau mit der neuen Architektur that this housing complex is, on the whole, very popular with the kombiniert wurde, scheint mir ziemlich gelungen. Es ist ein wilder residents. Mix, aber es passt toll zusammen. Soviel ich von unseren NachAs you can see it’s not just the building that is very colourful, barn weiß, mit denen wir immer wieder ins Gespräch kommen, but also our apartment. The entire family was responsible for the dürfte die Wohnhausanlage bei den Bewohnern in Summe ziem- creative part. In each of the four rooms there is a different style lich beliebt sein. and a different colour scheme. And we have wall tattoos all of Wie man sieht, ist nicht nur das Haus sehr bunt, sondern auch which we did ourselves. Everyone did his or her part. My stepunsere Wohnung. Für den kreativen Part war die ganze Familie father also took care of the technical details. zuständig. In jedem der vier Zimmer gibt es einen eigenen Stil My motto is: never be conservative! With lots of colour life is und eine eigene Farbgestaltung, die sich durchzieht. Außerdem much more beautiful: that’s why the living room is red and the haben wir Wall-Tattoos an der Wand. Alle selbst gemacht. Jeder furniture rather modern, my parents’ bedroom is green and has hat seinen Teil beigetragen. Mein Stiefvater hat sich zusätzlich um an Asian touch, the bedroom of my brother, David, is yellow and die technische Umsetzung gekümmert. green, a bit like a small world of racing cars and football, and my Mein Motto ist: Niemals konservativ sein! Bunt ist das Leben own room is purple and gold and has a Turkish-Arabic touch. I viel schöner! Das Wohnzimmer ist daher rot und ziemlich modern think that I am a rather dreamy person – these are exactly the right eingerichtet, das Schlafzimmer meiner Eltern ist grün und hat ei- colours for me. nen asiatischen Touch, das Zimmer meines Bruders David ist gelb und grün und wirkt wie ein kleines Autorenn- und Fußball-Reich, und mein eigenes Zimmer ist violett und gold und hat einen etwas türkisch-arabischen Touch. Ich glaube, ich bin ein ziemlich verträumter Mensch. Die Farben sind genau das Richtige für mich.
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Wandschmuck. Jedes Zimmer hat nicht nur eine eigene Farbe, sondern auch seine eigenen Wall-Tattoos. Das asiatisch angehauchte Schlafzimmer der Eltern ist schnörkellos und schlicht. Wall decoration. Every room not only has its own colour but also its own wall tattoos. The parents’ bedroom has an Asian touch and is unfussy and simple.
Kaum waren die Schuhe abgestreift, gab’s den Espresso beim Fototermin auch ohne Mitgliedschaft. Valeria Dorofeeva, die erst vor wenigen Wochen aus Moskau nach Wien gezogen ist, in ihrer offenen Wohnküche. We had hardly taken off our shoes before – although not members – we were offered an espresso. Valeria Dorofeeva, who only moved to Vienna from Moscow a few weeks ago, in her open living and kitchen area.
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Die Raumteiler aus Kordeln ziehen sich durch die gesamte Wohnung. Das Wohnzimmer ist weiß und rot, das Zimmer des achtjährigen Bruders David ist dem Fußballspiel gewidmet, und Valerias eigenes Zimmer hat, wie sie sagt, einen türkisch-arabischen Touch. „Ich glaube, ich bin ein ziemlich verträumter Mensch. Violett und Gold sind genau das Richtige für mich.“ Room dividers made of cords are found throughout the entire apartment. The living room is white and red, the room of Valeria’s eight-year-old brother David is devoted to football, and her own room has, she says, a Turkish-Arabic touch. “I think I’m probably a rather dreamy person. Purple and gold are just the right colours for me.”
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Früher wurden in der Fabrik noch Bonbons hergestellt. Das ist längst Geschichte. Doch die alte Ziegelfassade des Fabrikgebäudes war Grundlage für das Farbkonzept der Neubauten. Sie sind mit verschiedenfarbigen Faserzementplatten verkleidet. Über und in den Passagen gibt es eine Lichtinstallation von Friedrich Biedermann. Sweets were once made in the factory. That is history. But the old brick façade of the factory provided the basis for the colour concept for the new buildings. They are clad with fibre cement panels in different colours. There is a light installation by Friedrich Biedermann above and in the passageways.
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Ein Grund zu lächeln: Das Badezimmer in Valeria Dorofeevas Wohnung hat direktes Tageslicht. “There’s a smile in the mirror only when you smile into it.” And it comes even more naturally when you have such a big window in your bathroom.
HELLER-FABRIK
HELLER FACTORY
Der süße Duft des Karamells liegt noch in der Luft. Da, wo früher The sweet smell of caramel still lingers in the air. Where sweets Tag und Nacht Bonbons hergestellt wurden, befindet sich nun used to be manufactured by day and night there is now a new ein neues Wohnviertel mit einer Gesamtfläche von rund 44.000 housing development with a total floor area of around 44,000 Quadratmetern. Die alten charakteristischen Backsteinbauten der square metres. The old characteristic brick buildings of the Heller Heller-Fabrik wurden behutsam saniert und sind nun ein integraler factory were carefully renovated and now form an integral part of Bestandteil des neuen Ensembles, das aus mehreren Bauteilen a new ensemble consisting of several different buildings, including besteht, unter anderem auch aus einem Seniorenzentrum. an old person’s centre. Die alten Ziegel dienten als Inspiration für die FassadengestalThe old brickwork provided the inspiration for the design of the tung. Die erdigen Farben finden sich in den Faserzement-Platten façades. Its earthy colours are repeated in the fibre cement panels. wieder. Im Erdgeschoß gibt es einen Wellness-Bereich, diverse At ground floor level there is a wellness area, several playgrounds Spielräume sowie Kinderwagen- und Fahrradabstellräume mit Ta- as well as baby buggy and bike stores that are naturally lit. On the geslicht. In den oberen Etagen befinden sich Maisonette-Wohnun- upper floors there are maisonettes with their own roof terraces. gen mit eigener Dachterrasse. Ergänzt wird die Anlage von einer The complex boasts a light installation by Viennese artist Friedrich Lichtinstallation des Wiener Künstlers Friedrich Biedermann. Biedermann.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiterin
61 Wohnungen Oktober 2009 Oktober 2011 9.150 m² 5.800 m² Buwog Universale Karin Dörich
Scope of project Start of construction Completion Area of site Usable floor area Developer Building contractor Project manager
61 apartments October 2009 October 2011 9,150 m² 5,800 m² Buwog Universale Karin Dörich
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH THE …
Familie Kormout WOHNHAUSANLAGE BRÜNNER STRASSE 104 m²
CHILLEN MIT KLAVIERBEGLEITUNG
A NEW LIFE THANKS TO LITTLE MARCEL
Marcel war ausschlaggebend dafür, dass wir eine größere Woh- The imminent arrival of Marcel made it clear to us that we needed nung gebraucht haben. Der Knirps war schon unterwegs, da ha- a larger apartment. I was already pregnant when we started lookben wir uns noch während der Schwangerschaft auf Wohnungs- ing for a flat. We found out about these maisonettes through an suche begeben. Über eine Anzeige im „Bazar“ sind wir dann auf advertisement in “Bazar”. An apartment on two levels was not diese Maisonette-Wohnung gestoßen. Eine Wohnung auf zwei exactly what we had been thinking about. But we must admit we Ebenen, das war nicht gerade das, was wir uns vorgestellt ha- liked it immediately upon seeing it. ben. Aber wir müssen zugeben: Sie hat uns auf Anhieb richtig Of course, there were a few changes we had to make: the living gut gefallen. room walls were painted in a shade of pink that was reminiscent Ein paar Änderungen mussten wir natürlich vornehmen: Die of the colour of a pig – not exactly our taste. The floors were not Wände im Wohnzimmer waren schweinchenrosa gestrichen, das very nice, the carpet was worn and we had to fit a guard to the war nicht gerade unser Geschmack, die Böden waren auch nicht staircase for Marcel. But it won’t be always there. besonders schön, der Teppich war abgenutzt, und bei den StieWe particularly like the upper floor, as there are two very large gen mussten wir eine Absturzsicherung für Marcel bauen. Aber bedrooms each measuring 20 square metres. In social housing die ist ja nicht für immer. this is rather unusual. In the original plans there was one large and Das obere Geschoß gefällt uns besonders gut, weil es zwei one small room upstairs – along with an open gallery. The tenant riesengroße Schlafzimmer mit jeweils 20 Quadratmetern gibt. Das before us had this floor remodelled. To put it succintly you could ist im sozialen Wohnbau eher unüblich. Laut Plan waren oben ein say: the original design was more aesthetic, but the way it is now großes und ein kleines Zimmer vorgesehen. Doch dafür hätte es is more practical. – wie ursprünglich geplant – eine offene Galerie gegeben. Unsere Most of the furniture is new. We chose the couch, the sideVormieterin hat das umgebaut. Einfach ausgedrückt kann man boards and the stand for the various media appliances so that the sagen: Davor war es schöner – jetzt ist es praktischer. colours go well together and you scarcely notice that the individual Die meisten Möbel sind neu. Wir haben die Couch, die Kom- pieces actually come from different furniture stores. As you can moden und das Medienpult so miteinander kombiniert, dass es probably imagine our favourite piece of furniture is the hanging farblich gut zusammenpasst. Man merkt kaum, dass die Einrich- basket seat. We can really chill out there. tung aus unterschiedlichen Möbelhäusern stammt. Unser liebstes We have close contact to some of our neighbours, others we Möbel ist, wie man sich unschwer vorstellen kann, der Hängekorb. just greet when we meet them on the stairs. That is probably the Da chillen wir dann so richtig ab. way things are in such large housing complexes. But on the other Zu einigen Nachbarn haben wir intensiven Kontakt, zu anderen hand the infrastructure is very good. There is a local shopping sagen wir nur Hallo, wenn wir sie im Stiegenhaus treffen. Das centre around the corner, within walking distance there is a police ist wahrscheinlich das Schicksal von so großen Wohnhausanla- station, a kindergarten, a primary school and even a music school. gen. Aber dafür ist die Infrastruktur sehr gut. Ums Eck gibt es ein In summer when the windows are open we sometimes hear the Nahversorgungszentrum, in Gehdistanz gibt es eine Polizeiwache, children playing the piano. A nice kind of background noise. One einen Kindergarten, eine Volksschule und sogar eine Musikschule. could even become a little envious. Im Sommer, wenn die Fenster offen stehen, hören wir die Kinder The location is also very good. Just a short walk and you are manchmal Klavier spielen. Eine schöne Geräuschkulisse. Da wird surrounded by meadows, woods and water – on the other hand man immer ganz neidisch. the tram stop is almost directly in front of the door. You can reach Die Lage ist auch sehr gut. Wir gehen nur wenige Schritte und the Metro station in a quarter of an hour. What more could you stehen sofort inmitten von Wiese, Wald und Wasser. Andererseits ask for? ist die Straßenbahn-Haltestelle quasi vor der Haustür. In einer Viertelstunde sind wir bei der U-Bahn. Was will man mehr!
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Balance aus Spiel und Ruhe. Tamara und Herbert Kormout mit ihrem Sohn Marcel, der eigentlich noch ein Baby ist, aber jetzt schon ein eigenes Autokennzeichen hat. Die Schlafzimmer im Obergeschoß sind für sozialen Wohnbau ungewöhnlich groß. Balance of calm and playfulness. Tamara and Herbert Kormout with their son Marcel, who, although still a baby, already has his own licence plate. The bedrooms on the upper floor are unusually large for social housing.
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Die Wohnung der Familie Kormout wird über einen verglasten Laubengang erschlossen. Die halböffentliche Fläche eignet sich auch zum Abstellen von Fahrrädern und Kinderwagen.
The Kormout family’s apartment is reached from a glazed access deck. This semi-public area can also be used to store bicycles and baby buggies.
Inszenierte Privatheit. Auf dem Gang steht ein echter Gummibaum mit unechten Kanarienvögeln. Sie zwitschern virtuelle Lieder von Griechenland und großer Welt. Some privacy: a real rubber tree with artificial canaries stands in the corridor. They twitter virtual songs from Greece and the rest of the world.
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Ein Wohnhaus namens Schiff. Die Aufbauten im Dachbereich erinnern an eine schwimmende Stadt. Hinter einem der groĂ&#x;en quadratischen, zweigeschoĂ&#x;igen Loggienfenster lebt der kleine Marcel mit Mama und Papa. Apartment building or ocean liner? The rooftop elements recall a floating city. Little Marcel lives with his mom and dad behind one of the large, square, two-storey loggia windows.
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Der Mann mit dem gelben Wagerl bringt allen was. Ein Briefträger auf seiner Route durch die vielen Gänge und Höfe des Wohnhauses Brünner Straße. The man with the yellow trolley brings something for everyone. A postman making his rounds through the many corridors and courtyards in the Brünner Straße apartment building.
WOHNHAUSANLAGE BRÜNNER STRASSE
BRÜNNER STRASSE HOUSING COMPLEX
Wien, Anfang der 1990er Jahre. Die Nachfrage ist größer als das Vienna in the early 1990s: the demand is greater than the supply. Angebot. Es herrscht Mangel an Tausenden Wohnungen. Die There is a need for thousands of apartments. The City of Vienna Stadt Wien beschließt daraufhin eine riesige Wohnbauoffensive. decides to undertake a huge housing offensive. One of the largest Eines der größten Stadterweiterungsgebiete befindet sich im Nor- urban expansion areas is in the north of Vienna, in Floridsdorf den Wiens, in Floridsdorf entlang der Brünner Straße. Ein Dutzend along Brünner Straße. A dozen architects’ offices and more than Architekturbüros und mehr als 20 Bauträger sind mit der Bebau- 20 building developers are involved in the development of this ung dieses Areals befasst. Innerhalb weniger Jahre werden hier site. Within the space of a few years around 3,500 apartments rund 3.500 Wohnungen errichtet. are erected here. Der Bauteil von Albert Wimmer besteht aus einem L-förmigen The section by Albert Wimmer consists of an L-shaped and a Gebäude und einem Würfelhaus. Ein Teil der Wohnungen ist zwei- cube-like building. Some of the apartments are two-storey, the geschoßig ausgeführt, wobei die Loggien und Lufträume die bei- loggias and voids connect the two levels visually and acoustically. den Ebenen optisch und akustisch miteinander verbinden. Über Large window openings make the game with the floor levels legible große Fensteröffnungen ist das Geschoßspiel an der Fassade ab- in the façade. It almost seems as if inspiration had been derived lesbar. Fast scheint es, als hätte man sich an den Wohnkonzepten from the housing concepts of classic modernism. der Moderne orientiert.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiter
186 Wohnungen Dezember 1993 November 1995 10.840 m² 13.900 m² GSG Bauunternehmung Rudolf Gerstl Josef Demuth
Scope of project Start of construction Completion Site area Usable floor area Developer Building contractor Project manager
186 apartments December 1993 November 1995 10,840 m² 13,900 m² GSG Bauunternehmung Rudolf Gerstl Josef Demuth
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH THE …
Familie Mottl VILLE VERDI 127 m²
JÄGERWÜRFEL, DER ERSTE VON LINKS
WHO SAYS CUBES HAVE TO BE
Wir haben davor in der Praterstraße gewohnt, also mitten in der RECTANGULAR ANYWAY? Stadt, doch irgendwann war uns die Wohnung zu klein. Nach We used to live on Praterstraße, right in the city, but eventually Simmering rauszuziehen war eine ziemliche Umstellung. Die Woh- we found the apartment too small. Moving out to Simmering was nung ist großartig, sie hat zwei Geschoße, einen Balkon und eine quite an adjustment. The apartment is great, it has two levels, a Terrasse, die Aussicht auf die Gasometer ist ziemlich dramatisch, balcony and a terrace, the view of the gasometers is dramatic and und mit der U3 sind wir schnell am Stephansplatz. Einen Nachteil with the U3 Metro line we can reach Stephansplatz very quickly. gibt es allerdings: Die Umgebung hat wenig Lebensqualität. Von There is a disadvantage, however. So far there’s little evidence of den Versprechungen der Stadt Wien, dass die Gegend rund um the promises made by the City of Vienna that the area around the die Gasometer innerhalb von zehn Jahren zu einem hochwertigen gasometers would develop into a high-quality residential district Wohnquartier ausgebaut wird, ist nicht viel zu sehen. Es gibt nur within the space of ten years. There is just a shopping centre with ein Shoppingcenter mit Kino, Gewerbegebiete und Brachflächen a cinema, businesses and an immense number of disused sites. ohne Ende. Von öffentlichem Leben keine Spur. Immerhin ist die No sign of public life whatsoever. But at least one’s daily needs tägliche Nahversorgung ganz gut abgedeckt. are well catered for. Was uns auffällt: Es gibt einen guten sozialen Mix in diesen fünf What we have noticed is that there is a good social mix in these Würfeln. Hier leben Leute aus allen Altersgruppen und Einkom- five cubes. As far as one can ascertain people from all age and mensschichten, sofern man das überhaupt beurteilen kann. Im income groups live here, and on the ground floor there is a resiErdgeschoß gibt es eine Wohngemeinschaft für geistig behinderte dential community for mentally handicapped people. It is a very Menschen. Es ist sehr gut, dass der soziale Wohnbau in Öster- good thing that social housing in Austria allows this kind of mix. In reich so eine gute Durchmischung ermöglicht. Das ist in anderen other countries this could not be taken for granted. Ländern keine Selbstverständlichkeit. As regards the building: this is wonderful architecture! The inNun zum Haus. Eine schöne Architektur! Die gekippten Würfel clined cubes in front of the old brick cylinders look just terrific. vor diesen alten Backstein-Zylindern – das kommt wirklich gut. The green colour is bit strong. It goes well with the brickwork of Das Grün ist ein bisschen heftig. Mit der Ziegelfarbe der Gasome- the gasometers, but clashes somewhat with the green of the surter verträgt es sich sehr gut, doch mit dem Grün der umgebenden rounding nature. Sometimes we have the feeling that we are living Natur zwickt es sich ein bisschen. Manchmal kommt es uns vor, in a kind of sharp-edged hunting lodge, as they are traditionally als würden wir in einem eckigen Jägerhut wohnen. Aber immerhin green. But one can’t deny that the architecture is original. And it’s ist die Architektur originell. Außerdem kann man Besuchern leicht also easy to tell people where you live: the first tilted cube on the erklären, wo man wohnt: Grüner, schiefer Würfel, der erste von left! That’s very practical. links! Das ist praktisch. It is nice that the inclined south façade and the sloping roof also Es ist schön, dass sich die schräge Südfassade und das make an impact inside the apartment. That creates a very special schräge Dach auch in der Wohnung niederschlagen. Das ist ein spatial impression. It’s something different. Fortunately, this apganz eigener Raumeindruck, mal was anderes. Doch zum Glück plies to just one wall, otherwise we would have had problems furbetrifft das nur eine Wand, sonst hätten wir Probleme mit der Ein- nishing the place. The best thing about the apartment is the light. richtung. Das beste an der Wohnung ist das Licht. Sie ist sehr It is very bright and we have windows facing in three directions. hell, wir haben Fenster in drei Himmelsrichtungen. Und was die As far as furniture is concerned: it is unspectacular, the important Möbel betrifft: Die sind eigentlich ganz unaufregend. Hauptsache thing was that the pieces should be light, flexible and easy to swap luftig, leicht, flexibel und jederzeit austauschbar. So können wir at any time. So we can change things every few years without havalle paar Jahre Veränderungen vornehmen, ohne dass das gleich ing to spend too much. ins Geld geht.
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Ensemble aus Jung und Alt: Die fünf gekippten Würfel sind eine geometrische und farbliche Ergänzung zu den vier Gasometern aus dem Jahr 1896. „Unsere Möbel sind eigentlich ganz unaufregend“, sagen Manfred und Claudia. „Hauptsache luftig und leicht.“
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Ensemble of young and old: in terms of their geometry and colour the five tilted cubes complement the four gasometers from 1896. “In fact our furniture is unspectacular”, say Manfred and Claudia. “The important thing is that it is airy and light.”
„Das beste an der Wohnung ist das Licht. Sie ist sehr hell, wir haben Fenster in drei Himmelsrichtungen.“ Zwei davon sind allein schon aus Helenas jungem Corner-Office zu sehen. “The best thing about this apartment is the light. It is very bright. We have windows facing in three different directions.” Two of them are visible from Helena’s young corner office.
Himmelsschaukel mit Treppenwitz. Die hölzerne Konstruktion zum Überwinden der Stockwerke eignete sich die 7-jährige Helena auf ihre Weise an. Im orangefarbenen Sitzsack unter ihr hat es sich ihr 3-jähriger Bruder Emil bequem gemacht.
Swinging from the stairs. 7-year-old Helena has found her own use for the timber structure that communicates between the different floor levels. Her brother Emil has made himself comfortable in the orange beanbag below her.
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„Es ist schön, dass sich die schräge Südfassade und das schräge Dach auch in der Wohnung niederschlagen“, sagen die vier Mottls. „Das ist ein ganz eigener Raumeindruck, mal was anderes. Doch zum Glück betrifft das nur eine Wand, sonst hätten wir Probleme mit der Einrichtung.“ So gesehen sind die Ville Verdi ein schöner Kompromiss zwischen innovativer Architektur und alltäglicher Billy-RegalTauglichkeit.
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“It’s nice that the inclined south façade and the sloping roof also have an impact inside the apartment”, the Mottl family says. “This is a very special kind of spatial experience, something really different. But fortunately it affects only one wall; otherwise we would have had real problems with the furniture.” From this viewpoint the Ville Verdi achieve a good compromise between innovative architecture and achieving mundane suitability for Billy shelving.
Blick zwischen die Epochen. „Mit der Ziegelfarbe der Gasometer verträgt sich das Grün sehr gut, doch mit dem Grün der umgebenden Natur zwickt es sich ein bisschen. Manchmal kommt es uns vor, als würden wir in einem eckigen Jägerhut wohnen.“
View between the epochs. While the green goes very well with the colour of the bricks in the gasometers, it clashes somewhat with the surrounding natural greenery. “At times we feel as if we are living in a kind of traditional green hunting lodge.”
VILLE VERDI
VILLE VERDI
Im Jahr 2001 ging die Revitalisierung der vier Gasometer zu Ende. The revitalisation of the four gasometers was completed in 2001. Der Umbau des Industriedenkmals, das lange Zeit brachlag, war The conversion of these industrial landmark buildings, which had Auftakt für eine neue Stadtentwicklungsoffensive in Simmering. been left empty for many years, signalised the start of a new urban Nach einem Shoppingcenter mit Kino, einigen Bürogebäuden und development offensive in Simmering. Following a shopping centre einem Kindergarten folgte 2009 das Wohnprojekt Ville Verdi. Die with cinema, a number of office buildings and a kindergarten the fünf gekippten Würfel sind eine kontrastreiche, dramatische Ergän- housing project Ville Verdi was completed 2009. The five tilted zung zum historischen Ensemble. cubes both complement and contrast dramatically with the hisDie Fassade besteht aus grün bedrucktem Stahlwellblech. toric ensemble. Aus der Nähe erkennt man unregelmäßige Farbstrukturen, die The façades are made of green printed corrugated steel sheetentfernt an Efeu erinnern und auf diese Weise die Oberfläche be- ing. Close up you can see the irregular colour structures, vaguely leben. Die Unregelmäßigkeit wiederholt sich im großen Maßstab in reminiscent of ivy, that give life to the surface. This irregular quality den schwarz eingerahmten Fenstern und unterschiedlich langen is repeated at a larger scale in the black-framed windows and the Balkonstegen, die aus dem Haus ragen. Als eine der ersten Wie- balconies projecting at different lengths out of the building. Ville ner Wohnanlagen verfügt die Ville Verdi über ein eigenes Internet- Verdi is one of the first Viennese housing developments to have Forum. its own internet forum.
Projektumfang
Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiterin
165 Wohnungen, Wohngruppe für behinderte Menschen (Haus der Barmherzigkeit) Juli 2007 März 2009 13.490 m² 14.200 m² Gesiba / GSG Porr Erika Petrić
Scope of project
165 apartments, residential group for handicapped persons (Haus der Barmherzigkeit) Start of construction July 2007 Completion March 2009 Area of site 13,490 m² Usable floor area 14,200 m² Developer Gesiba / GSG Building contractor Porr Project manager Erika Petrić
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH …
Barbara Langer & Tamara Brinnich ELF ZWEI MONTE LAA 78 m²
KRATZBÄUME, KOMISCHE FARBEN UND ANDERE KOMPROMISSE
AT FIRST IT LOOKED LIKE A TYPICAL ARCHITECT’S APARTMENT
Wir sind eine klassische Zweier-WG: Zwei Frauen, beide Singles, und niemand wollte alleine wohnen. Also haben wir beschlossen zusammenzuziehen. Der finanzielle Aspekt ist natürlich auch nicht von der Hand zu weisen. In einem Zweier-Haushalt ist das Leben viel billiger. Die meisten Wohngemeinschaften werden gegründet, wenn man ganz jung ist, meist mit 20 oder 25 Jahren. Wir sind jetzt 30. Das ist vielleicht unüblich, aber trotzdem haben wir’s fein miteinander. Eigentlich hätte das Haus blau sein sollen. Auf der Homepage des Bauträgers hat das fantastisch ausgehen. Als wir dann auf die Baustelle gekommen sind und gesehen haben, dass die Fassade in diesem eigenartigen Vanille-Senfgelb gestrichen und geziegelt ist, waren wir etwas enttäuscht. Was die Farbe betrifft, gibt’s echt schönere Häuser in Monte Laa. Doch dafür wohnen wir gerne hier. Im Erdgeschoß unterm Haus fahren immer die Skater hin und her, ansonsten gibt es hier viel Grünraum, ein paar Spielplätze und genug Möglichkeiten, sich irgendwo hinzusetzen oder hinzulegen. Nachdem wir leider keinen Balkon haben, sind wir im Sommer oft im Freien. Und zum Laaer Berg und in den Böhmischen Prater ist es auch nicht weit. Wir wollten uns bewusst modern einrichten. Doch als die Möbel dann in die Wohnung geliefert wurden, war die Atmosphäre plötzlich kalt und kahl. Alles nur Glas, Leder und dunkles Holz. Ganz ehrlich? Es hat ausgeschaut wie in so einer typischen, ungemütlichen Architektenwohnung. Mit dem Teppich und den Farbstreifen an der Wand ist’s viel besser. Ein großes Thema waren von Anfang an die beiden Katzen. Das war ein Kompromiss. Die eine wollte sie, die andere nicht. Die dreifärbige Glückskatze heißt „Souverän“, die einfärbige „Graue Schneeflocke“. Und der Kratzbaum ist, na ja, im Augenblick das dominierende Möbel im Wohnzimmer. Was soll’s. Die beiden haben eine Freude damit. Das ist das Wichtigste. Das Lustige in diesem Haus ist, dass die Wohnungen total verschachtelt und ineinander verschränkt sind. So wie auch bei uns: Das Wohnzimmer im Untergeschoß ist nach Westen ausgerichtet, die Schlafzimmer oben gehen nach Osten. Man weiß nie, wer neben, unter oder über einem wohnt. Das ist manchmal ein bisschen irritierend.
We are a classic two-person flat share: two women, both singles, neither wanted to live alone. Therefore we decided to share a place. Naturally, the financial aspect also plays a role. Life in a two person household is a lot cheaper. Most flat shares are set up when people are young, generally around 20 or 25 years old. We are now 30. This may be unusual, but we get on very well with each other. In fact the building was supposed to be blue. On the homepage of the developer it looked fantastic. When we went to the building site and saw that the façade was painted in this strange vanillamustard yellow colour, we were somewhat disappointed. As far as the colour is concerned there are nicer buildings in Monte Laa. But we enjoy living here. At ground floor level the skaters travel back and forth beneath the building, there is a lot of green space here, a few playgrounds and enough places where you can sit or lie down for a while. As unfortunately we don’t have a balcony we spend a lot of time outdoors in summer. And it is not far to Laaer Berg and the Böhmischer Prater. We wanted to furnish the flat in a modern way. But when all the furniture had been delivered the atmosphere was suddenly cold and bare. Everything was just glass, leather and dark wood. Can we be entirely honest? Well, it looked like a typical architect’s apartment, nothing cosy about it. With the carpet and stripes of colour on the wall it’s far better. From the very start the two cats were a major theme. That was a compromise. One of us wanted them, the other didn’t. The three-coloured lucky cat is called “Sovereign” and the solid coloured one is “Grey Snowflake”. As for the scratching post, well at the moment it’s the dominant piece of furniture in the living room. No matter. The two cats are delighted with it and that’s the most important thing. The funniest thing in this building is that the apartments are intertwined, totally interlocked with each other. That’s the case with our flat, too. The living room on the lower level faces west, the bedroom above is east-facing. You never know who lives beside, above or below you. Sometimes that’s a little irritating.
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Wohnzimmer, gestreift. Die Farbgestaltung an den Wänden wurde auf die Einrichtung abgestimmt. Die kleine Minibar neben der Couch erweist ihre Dienste auf so manch gemeinsamer Wohnungsparty. Bei Bedarf wird auch die Karaoke-Maschine vom Regal genommen und in Betrieb gesetzt. Da muss man sich schon warm anziehen. Living room in stripes. The colours of the walls harmonise with the furniture. The mini-bar beside the couch comes into its own at parties. And sometimes the karaoke player is taken down from the shelf and put into use.
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Unterhaltung für Menschen und Tiere. Der Baum gehört den beiden Katzen „Souverän“ und „Graue Schneeflocke“. Vor Kurzem waren Barbara und Tamara im Toys’R’us, um Geschenke für die Familie zu kaufen. Eine Barbie-Puppe, lautet die Erkenntnis dieses Einkaufssamstags, ist nicht nur was für kleine Mädchen. Auch für große. Entertainment for humans and for pets. The tree belongs to the two cats “Sovereign” and “Grey Snowflake”. A short while ago Barbara und Tamara went to Toys’R’us to buy presents for the family. The result of this shopping expedition, a Barbie doll, is not just for little girls, but also for big ones.
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Hinter der Lärmschutzwand sieht man, was dabei herauskommt, wenn Architekten im städtischen Maßstab Tetris spielen. Das gesamte Gebäude schwebt auf Stützen. Im Erdgeschoß ergibt sich dadurch eine gedeckte Freifläche mit spielerischen Durchblicken. Behind the noise protection wall you see what happens when architects play Tetris at an urban scale. The entire building hovers on piers. At ground floor level this produces a covered outdoor area for adults and kids.
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Tageslicht im Stiegenhaus. An den Wänden entlang der Lufträume schuf die Künstlerin Vanja Vujicic verschiedenfarbige Flieseninstallationen.
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Daylight in the staircase hall. On the walls lining the void the artist Vanja Vujicic created a tiled installation in different colours.
ELF ZWEI
Im Zuge der Autobahnüberbauung in Wien-Favoriten entstand ein In the course of building over the motorway in Vienna-Favoriten neuer Stadtteil mit rund 760 Wohnungen, Büroflächen, Infrastruk- a new urban district was created with around 760 apartments, tur und einem Bildungscampus mit Kindergarten, Volksschule und offices spaces, infrastructure and an education campus consistHauptschule. Insgesamt ist das neue Viertel Monta Laa für 2.500 ing of a kindergarten, primary school and secondary school. This Menschen und 4.000 Arbeitsplätze ausgelegt. Die Freiraumge- new district, Monte Laa, is planned for a total of 2,500 people and staltung, die die Parzellen der unterschiedlichen Architekten und 4,000 workplaces. British-American landscape architect Martha Bauträger optisch und funktional zusammenfasst, stammt von der Schwartz was responsible for the design of the open space which britisch-amerikanischen Landschaftsarchitektin Martha Schwartz. in visual and functional terms ties together the plots that were deDer Bauteil elf zwei wurde bewusst um ein Geschoß angeho- veloped by different developers with different architects. ben. Durch den Verzicht auf erdgeschoßige Wohnungen entstand The section elf zwei was deliberately raised by one storey. By ein überdachter Freiraum zum Skaten und Versteckspielen. Die dispensing with ground floor apartments a roofed outdoor space meisten Wohnungen sind ineinander verschachtelte Maisonetten was created for skaters and games of hide-and-seek. Most of mit ostseitigen Schlafzimmern und westseitigen Wohnräumen. Auf the apartments are interlocking maisonettes with east-facing bedden Gangflächen gibt es Kunstinstallationen von Vanja Vujicic. rooms and west-facing living rooms. In the corridors there is an art installation by Vanja Vujicic. Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiterin Freiraumgestaltung
78 Wohnungen Juni 2005 Jänner 2007 2.500 m² 6.470 m² Gesiba / GSG Porr Erika Petrić Martha Schwartz, 3:0 Landschaftsarchitektur
Scope of the project Start of construction Completion Area of site Usable floor area Developer Building contractor Project manager Landscape design
78 apartments June 2005 January 2007 2,500 m² 6,470 m² Gesiba / GSG Porr Erika Petrić Martha Schwartz, 3:0 Landschaftsarchitektur
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH …
Werner Ploner WOHNHAUS RUDOLF-WAISENHORN-GASSE 72 m²
EIN ANTIQUARIUM AUS ALLER WELT
THINGS FROM HERE AND THERE
Ich war früher viel auf Reisen. Ich habe die Sendung „Welten- AND EVERYWHERE bummler“ moderiert und habe jahrelang die meiste Zeit des Jah- I used to travel a great deal. I presented the TV programme res im Ausland verbracht, in Ländern wie etwa Sri Lanka, Malaysia, “Weltenbummler” and so for years I spent the major part of my time Indonesien, Nepal oder Burma. Aus dieser Zeit stammen viele abroad, in countries like Sri Lanka, Malaysia, Indonesia, Nepal Mitbringsel, Souvenirs und diverse Kleinigkeiten, die heute an der or Burma. Many of the souvenirs and small bits and pieces from Wand hängen. Der Großteil liegt in irgendwelchen Kartons und ist that period of my life now hang on my walls, but most of them are in Schubladen verstaut, sonst würde die Wohnung überquellen. stored in cardboard boxes or in drawers, otherwise the flat would Meine Lieblingssammlung – das sind die Schlüsselkarten aus di- burst apart at the seams. What’s my favourite collection? Probversen Hotels weltweit. Ich habe hunderte davon! Vor einiger Zeit ably the key cards from various hotels all around the globe. I have habe ich begonnen, sie auf die Holzlatten in meinem Garten zu hundreds of them! Some time ago I started to attach them to the befestigen. Eine schöne Melange. wooden fence in my garden. A nice mix. Auch bei meiner Einrichtung im Wohnzimmer und im SchlafzimThe way I’ve decorated my living room and bedroom indicates mer sieht man, dass ich mich gerne mit Dingen aus alten Zeiten that I like to surround myself with things from times gone by. My umgebe. Meine Schwester hatte früher ein Antiquitätengeschäft, sister used to have an antique shop and that’s where I got a lot dort habe ich einen Großteil meiner Möbel her. Ich habe einen of my furniture. I have an old rustic wardrobe, a wooden trunk, alten Bauernschrank, eine Holztruhe, ein Wandregal und diverse shelves and various old beakers, tankards, casserole dishes and alte Becher, Krüge, Reindln und Pendeluhren. Das viele Holz und pendulum clocks. Lots of wood and the soul of the old objects die Seele der alten Gegenstände schaffen eine gemütliche At- create a cosy atmosphere. I feel extremely well here. I believe I’m mosphäre. Ich fühle mich hier pudelwohl. Ich glaube, ich bin der the happiest tenant in the entire building. And everyone who visits glücklichste Mieter im ganzen Haus. Und wer auch immer zu Be- me here immediately feels at home. such ist, fühlt sich hier sofort daheim. But of course not everything is old. I have a number of pieces Aber natürlich ist nicht alles alt. Ich habe auch etliche Möbel from Ikea. A little bit of Sweden goes with everything. As regards vom Ikea. Ein bisschen Schweden passt zu allem dazu. Bei der the colour of the walls I took my inspiration from Mexico; in houses Wandfarbe wiederum habe ich mich von Mexiko inspirieren lassen. there you often find this painting technique in which very bright, In den mexikanischen Häusern findet man oft diese Maltechnik, bei strong colours are layered. I did it all myself. There’s one disadvander meist sehr grelle und kräftige Farben übereinandergeschichtet tage, though. These colours combined with the lush vegetation in werden. Alles selbstgemacht! Einen Nachteil hat das Ganze: In my garden mean that it’s sometime quite dark in the apartment. Kombination mit dem üppig wuchernden Garten, den ich habe, ist I’ve noticed that this is a very quiet area. And this building is es in der Wohnung manchmal ganz schön dunkel. quiet, too. The playground outside isn’t used very much. And the Was mir auffällt: Das ist eine sehr ruhige Gegend. Und auch courtyard is generally empty – which is a pity, actually. I don’t das Haus ist sehr ruhig. Der Spielplatz draußen wird nicht oft be- know why this is. Perhaps it’s because the Vienna Woods are nützt. Der Innenhof ist meist leer. Schade eigentlich. Ich weiß gar so near. It doesn’t upset me. At the weekends I’m usually in the nicht, woran das liegt. Vielleicht hat das damit zu tun, dass der garden, where it’s as quiet as on Bali or in a village in the South Wienerwald quasi vor der Tür liegt. Mich stört’s jedenfalls nicht. American jungle. Am Wochenende bin ich im Garten. Dort ist es so ruhig wie auf Bali oder in einem Dschungeldorf in Südamerika.
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Werner Ploner, ehemaliger Koch und Schauspieler, in seinem Wohnzimmer, das er zugleich als Büro nutzt. Die Einrichtung ist ein Sammelsurium aus diversen Jahrhunderten. Die Schlüsselkarten am Lattenzaun sind eine Erinnerung an die unzähligen Hotels, in denen er als „Weltenbummler“ genächtigt hat. Werner Ploner, former cook and actor, in his living room that he also uses as an office. His furniture is a collection of bits and pieces from different centuries. The key-cards on the picket fence recall the innumerable hotels he stayed in as a globetrotter.
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Schnappschüsse in Schwarz-Weiß. Von diversen Spielfilmen und Theaterstücken, in denen Ploner mitwirkte, hängen ein paar fotografische Erinnerungsstücke an der Wand.
Black-and-white snapshots. A few photos hanging on the wall recall various feature films and plays that Ploner appeared in.
Im Garten werden Obst und Gemüse angebaut, Tomaten, Zucchini, Melanzani, aber auch Wein und Blumen. Im Vorzimmer hängt eine Parade von Kopfbedeckungen. „Ach, das sind nur ein paar. Der Großteil ist in der Schublade verstaut.“ In his garden he grows fruit and vegetables: tomatoes, zucchinis and aubergines as well as wine and flowers. In the hall there is a collection of various head coverings. “Ah, those are just a few. Most of them are kept in the drawer.”
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Die Zeit ist stehen geblieben. Nur in welcher Epoche? So unterschiedlich wie die Wandgestaltung im Innenraum ist auch die Gestaltung der Fassaden. Mit jedem architektonischen Baustein ändern sich Farbe und Material. Time stands still. But in which epoch? The design of the façades is as different as the design of the walls in the interior. The colours and materials used differ in each building block.
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Werner Ploner: „Das viele Holz und die Seele der alten Gegenstände schaffen eine gemütliche Atmosphäre. Ich fühle mich hier pudelwohl. Und wer auch immer zu Besuch ist, fühlt sich hier sofort daheim.“ Werner Ploner: “The large amount of wood and the soul of the old objects create a cosy atmosphere. I feel extremely well here. And everyone who visits me immediately feels at home.”
WOHNBAU RUDOLF-WAISENHORN-GASSE
RUDOLF-WAISENHORN-GASSE
Im Süden Wiens sind noch alte, traditionelle Platzformationen RESIDENTIAL BUILDING und Bebauungsformen zu finden. Der Liesinger Platz ist ein lan- Old traditional forms of settlement and public spaces can still be ger, schmaler Anger, wie er im östlichen Mitteleuropa noch sehr found in the south of Vienna. Liesinger Platz is an elongated, narrow häufig anzutreffen ist. Das Wohnhaus in der Rudolf-Waisenhorn- “village green”, of a kind still frequently encountered in eastern CenGasse, das nur einen Steinwurf entfernt liegt, nimmt diese typi- tral Europe. The residential building on Rudolf-Waisenhorn-Gasse, sche Formensprache auf und übersetzt sie in eine dreidimensio- which is only a stone’s throw away, takes up this typical formal idiom nale Wohnskulptur. and translates it into a three-dimensional residential sculpture. Zwischen Einfamilienhäusern und Bahnstrecke entstand so ein Located between single-family houses and the railway line, Wohnhaus aus mehreren unterschiedlichen Scheiben, die wie ver- this apartment building consists of a number of different slabs rückte Bausteine hintereinander geschichtet sind: mal aus Holz, that are staggered and layered like some kind of crazy building mal aus Glas, mal aus Putz und mal aus Metall. Mit dem Material blocks. Some are of wood, others of glass, some are rendered, ändert sich auch die Farbe. Im Kern der Anlage verbirgt sich ein and others are of metal. Where the material changes, so does the zweigeschoßiger Innenhof, der den Geländesprung zwischen den colour. At its core this complex conceals a two-storey courtyard umliegenden Straßen aufnimmt. Herzstück dieses Hofs ist ein ei- that handles the change in level between the surrounding streets. genes, kleines Kinderspielhaus. A small children’s playhouse forms the heart of this courtyard.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiter Freiraumgestaltung
52 Wohnungen April 2001 Dezember 2002 2.310 m² 3.640 m² Sozialbau Bauunternehmung Rudolf Gerstl Blanka Markov-Kowalski, Josef Demuth Auböck & Kárász
Scope of project Start of construction Completion Area of site Usable floor area Developer Building contractor Project manager Landscape design
52 apartments April 2001 December 2002 2,310 m² 3,640 m² Sozialbau Bauunternehmung Rudolf Gerstl Blanka Markov-Kowalski, Josef Demuth Auböck & Kárász
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH THE …
Familie Lehr CUBINO MONTE LAA 85 m²
ZWISCHEN SONNENAUFGANG UND INDIEN
WHEN GANESHA COMES TO MONTE LAA
Man kommt rein, und alles ist hell. Das war auch der Grund, warum You walk in here and everything is bright. And that was why we wir uns für diese Wohnung entschieden haben. Wir sind damals decided on this apartment. Back then we tramped all around the auf der Baustelle hin- und hermarschiert und haben abgewogen, building site and deliberated about where we liked best. But when wo es uns am besten gefällt. Als wir dann hier hereingekommen we came in here – the apartment was still just a shell – we knew sind, die Wohnung war noch im Rohbau, da war uns sofort klar: immediately: this is it! Das ist sie! The most beautiful aspect is the sunrise. In the early morning Der Sonnenaufgang ist das Schönste. In der Früh wird der the living room is bathed in this warm, golden light. And on fine Wohnraum von diesem warmen, goldenen Licht durchflutet. An days from March onwards and sometimes even as late as October schönen Tagen kann man schon ab März und manchmal sogar you can sit in the loggia and enjoy the sun. Of course, in summer noch bis Oktober auf der Loggia liegen und sich sonnen las- it’s very hot. In the middle of summer we close the blinds, and sen. Aber natürlich ist es im Sommer sehr heiß. Im Hochsommer to cope with the few days in the year when it is excessively hot schließen wir die Jalousien. Für die paar Tage im Jahr, an denen in the flat we had an air conditioning unit installed. But we rarely die Hitze in der Wohnung zu groß wird, haben wir im Nachhinein switch it on. eine Klimaanlage einbauen lassen. Aber die ist selten in Betrieb. As far as the furnishing are concerned you can see pretty Was die Einrichtung betrifft, erkennt man leicht, dass wir ein quickly that we have a weakness for India. When he was only Faible für Indien haben. Mein Mann hat schon mit 15 Jahren 15 my husband read Siddhartha by Hermann Hesse, he was enSiddhartha von Hermann Hesse gelesen, seitdem hat ihn die thralled and this fascination has never left him. And at some stage Faszination nie wieder losgelassen. Irgendwann ist der Funke or other he passed it on to me. Beside the entrance to the flat dann auch auf mich übergesprungen. Neben dem Wohnungs- there is even a massage room fitted out in the Indian manner. eingang gibt es sogar einen eigenen, indisch eingerichteten The colours of the walls and the furniture also indicate our afMassageraum. finity to Asia. We find strong colours important as they radiate Auch bei den Farben an den Wänden und in der Einrichtung joie-de-vivre and cheerfulness. We like yellow, orange and red erkennt man unsere Affinität zu Asien. Kräftige Farben sind uns best. Yes, even the blinds are colourful. Most of the pictures on wichtig, denn sie strahlen Lebensfreude und Fröhlichkeit aus. Am the wall and the statues that you see in the living room and bedliebsten haben wir Gelb, Orange und Rot. Ja, sogar die Jalousien room we acquired during trips we made together. The Ganesha, sind bunt. Die Bilder an der Wand und die Statuen, die im Wohn- an Indian elephant god, is from Delhi, the wooden mask is from zimmer und Schlafzimmer zu sehen sind, stammen größtenteils Bali and the drum beside the TV my husband made himself in von unseren gemeinsamen Reisen. Der Ganesha, ein indischer Canada. Elefantengott, ist aus Delhi, die Holzmaske ist aus Bali, die Trommel Directly above our flat there is a communal terrace. On fine eveneben dem Fernseher hat mein Mann selbst in Kanada gebaut. nings we put together a picnic basket and go up there to enjoy the Direkt über unserer Wohnung befindet sich eine Gemeinschafts- sunset. Every year in May there is a neighbourhood party attended terrasse. An schönen Abenden schnappen wir uns einen Picknick- by people from the whole of Monte Laa. We generally live rather korb, setzen uns nach oben und genießen den Sonnenuntergang. quietly, but once in the year it is very nice to have an opportunity Jedes Jahr im Mai gibt es ein Nachbarschaftsfest, wo die Leute to meet all your neighbours together. aus ganz Monte Laa zusammenkommen. Wir leben zwar eher zurückgezogen, aber einmal im Jahr ist es schon fein, alle Nachbarn gleichzeitig zu sehen.
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Können sich ändern, wie sie wollen: Familie Barbapapa, Keramikschuhwerk und Holzstatue aus Afrika. Die Kunstwerke stammen größtenteils von gemeinsamen Reisen. Das bunte Leben auf den Loggien zeichnet sich auch an der Fassade ab. The Barbapapa family, ceramic shoes and a wooden statue from Africa. The artworks come from trips made together. The colourful life led on the loggias is revealed on the façade, too.
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„Kräftige Farben sind uns wichtig, denn sie strahlen Lebensfreude und Fröhlichkeit aus. Am liebsten haben wir Gelb, Orange und Rot.“ Und außerdem: Buddhistische Kontemplation und Technik sind bei Weitem kein Widerspruch. “We find strong colours important; they radiate joie-de-vivre and cheerfulness. We like yellow, orange and red best.” And incidentally: there is no contradiction between Buddhist contemplation and technology.
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Tibetische Gebetsfahnen im Wind. Brigitte und Erich Lehr auf der Gemeinschaftsterrasse am Dach: „An schönen Abenden schnappen wir uns einen Picknickkorb, setzen uns nach oben und genießen den Sonnenuntergang.“ Tibetan prayer flags in the wind. Brigitte and Erich Lehr on the rooftop communal terrace. “On fine evenings we grab a picnic box, go upstairs and enjoy the sunset.”
Das Wohnhaus Cubino zählt zu den niedrigeren und kompakteren Häusern in Monte Laa. Die Loggien können mit Glasschiebetüren geschlossen werden und sind auf diese Weise nicht nur im Sommer, sondern auch in der Übergangszeit nutzbar. The Cubino building is among the lower and more compact apartment buildings in Monte Laa. The loggias can be closed by sliding glass doors, allowing them to be used not only in summer but also during the transitional periods of the year.
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Mit der Leidenschaft für Asien entwickelte sich auch eine Affinität zur Massage. Im Hintergrund wacht eine indische Tänzerin, ein Mitbringsel aus Delhi, über die Hand am Körper. A growing passion for Asia was accompanied by an increasing interest in massage. In the background an Indian temple dancer, brought back from Delhi, keeps an eye on things.
CUBINO
CUBINO
Das weiße Wohnhaus Cubino bildet den östlichen Abschluss der The white apartment building Cubino forms the eastern edge of Stadtviertels Monte Laa. Es ist ein stiller und zurückhaltender Ad- the district Monte Laa. It is a quiet and restrained adaptor between apter zwischen städtischer Bebauung auf der einen Seite und ei- urban development on one side and a small-structured allotment ner kleinteiligen Schrebergarten-Siedlung auf der anderen Seite. garden estate on the other. A noise protection wall at the edge of Eine Lärmschutzwand am Rande des Grundstücks schottet den the site screens the noise of the traffic on the nearby south-east Verkehrslärm der nahe gelegenen Südosttangente ab. tangential motorway. Die Fassadengestaltung nimmt Anleihen an der Moderne. Es The design of the façade borrows from classic modernism. gibt Fensterbänder und weit aufgerissene Löcher, hinter denen sich There are horizontal windows and wide openings with outdoor Freiräume in Form von Loggien und Terrassen verbergen. Einige spaces in the form of loggias and terraces behind them. Some davon lassen sich mittels gläserner Schiebeelemente schließen can be closed by using sliding glass elements, allowing them to und können somit auch noch in kühleren Monaten genutzt werden. be used during the colder winter months. In front of the tenants’ Vor den Mietergärten im Erdgeschoß gibt es kleine Betonhäuschen, gardens on the ground floor there are small concrete structures in die als Unterschlupf für Gartengeräte dienen. In den Milchglas- which garden equipment can be stored. Through the frosted glass scheiben erkennt man Rasenmäher, Holzkohlegrill & Co. panels you can make out lawnmowers and charcoal grills.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiter
53 Wohnungen Juli 2006 Oktober 2007 3.490 m² 4.580 m² Buwog Porr Hubert Egger
Scope of project Start of construction Completion Site area Usable floor area Developer Building contractor Project manager
53 apartments July 2006 October 2007 3,490 m² 4,580 m² Buwog Porr Hubert Egger
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ZU HAUSE BEI … AT HOME WITH THE …
Familie Kunčic-Lippe QUARTIER HELGOLAND 89 m²
AM LIEBSTEN SPIELEN WIR ROCHADE
COMINGS AND GOINGS
Wir sind eine Patchwork-Familie mit sechs Kindern und wechseln uns eigentlich mit der Nutzung dieser Wohnung ständig ab. Es ist ein Kommen und Gehen. Im Moment leben wir hier zu viert, also mein Mann und ich sowie unsere Kinder Cosimo und Camilla. Eine Zeit lang hat auch meine Nichte hier gewohnt. Ach ja, und als wir hier vor 13 Jahren eingezogen sind, da war auch noch ein Kindermädchen mit an Bord. Irgendwie ist sich immer alles gut ausgegangen. Als wir eingezogen sind, bestand die Wohnung nur aus Türen. Wir haben ein paar davon ausgehängt und sie im Keller zwischengelagert. Unser Schlafzimmer ist durch eine Schiebetür vom Wohnzimmer getrennt, ist untertags also eigentlich Teil des Wohnbereichs, und die Zimmer unserer Kinder sind so eingerichtet, dass es möglich ist, alle Monate Rochade zu spielen und alles auf den Kopf zu stellen. Wir haben kein Sofa, wir sind keine Couch-Potatoes, und wir haben auch keinen Fernseher. Das wäre bei uns auch völlig sinnlos, denn bei so vielen Leuten in der Wohnung ist es sowieso unmöglich, sich auf ein einziges TV-Programm zu einigen. Stattdessen gibt es in unserer Wohnküche einen riesigen Esstisch, wo die Familie zusammenkommt und wo wir den jeweiligen Status quo unseres Patchwork-Daseins mit abendlichen Essensgelagen zelebrieren. Wir haben nur einen einzigen Fauteuil im Wohnzimmer. Das ist der Rest einer Sitzgarnitur. Die anderen Fragmente sind quer über Wien verteilt. Wie es scheint, wird unser Mobiliar vom gleichen Schicksal ereilt wie wir alle. Alles rotiert, ist mal da und mal dort. Einzige Spielregel: Sobald ein Möbelstück dazukommt, muss ein anderes weg. Ansonsten würde die Wohnung überquellen. Im Augenblick haben wir den Zustand „Bauernbank mit Bogenlampe“. Das muss uns mal jemand nachmachen! Die gesamte Wohnhausanlage ist ziemlich belebt, vor allem bei jungen Leuten, was daran liegt, dass es hier ein großes Studentenheim gibt. Außerdem gibt es ein paar Beisln und Feinkostläden. Und was den Ausblick betrifft, sind wir ziemlich privilegiert. Vor uns liegt eine kleine Schrebergarten-Siedlung, die Aussicht ins Grüne ist ungetrübt. Ich arbeite nicht weit weg von hier. Manchmal komme ich in der Mittagspause nach Hause, koche mir eine Kleinigkeit und setze mich mit dem Teller auf die Loggia.
We are a patchwork family with six children, and the number of people living in this apartment changes all the time. There is a constant coming and going. At the moment four of us are living here, my husband and I and our children Cosimo and Camilla. For a while my niece also lived here. And when we moved in 13 years ago we also had a children’s nurse on board. Somehow or other it always seemed to work out. When we first moved in the flat appeared to consist just of doors. We took down a number of them and we’ve stored them in the basement for the time being. Our bedroom is separated from the living room by a sliding door, so that during the day it forms part of the living area, and our children’s rooms are set up so that things can be changed around easily every couple of months. We don’t have a sofa – we’re not couch potatoes – nor a TV. It wouldn’t make any sense to have one as, with so many people in the flat, it would be impossible to agree on which programme we should watch. Instead in our kitchen and living area we have a huge dining table where the family gathers in the evening and where we celebrate the current status quo of our patchwork existence with feasts in the evening. We have just a single armchair in the living room. It is all that is left of a suite of furniture. The other pieces are scattered around Vienna. It seems that our furniture experiences much the same fate as we ourselves. Everything is moved around, is sometimes here and sometimes there. The only rule is: whenever an additional piece of furniture arrives, an existing piece has to go. Otherwise the flat would burst at the seams. At the moment we have a rustic bench combined with a 1960s curved floor lamp. I dare anyone to imitate this! This entire complex is quite lively, above all due to the number of young people – there is a large student residence here. And there are a few restaurants and delicatessens. As regards the view we are privileged. There is a small allotment garden estate in front of our building which means we have an unobstructed view of greenery. My workplace isn’t far from here. Sometimes I come home at lunchtime, cook something simple and sit down with my plate in the loggia.
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Bunte Überraschungen. „Eines Tages habe ich mir einen Wallpaper-Reiseführer über Neapel gekauft, und der hatte genau dieses Pink. Was für eine schöne Farbe. Ich war völlig hin und weg!“ Kurze Zeit später war das Wohnzimmer nicht wiederzuerkennen. Colourful surprises. “One day I bought a Wallpaper travel guide to Naples, and it was exactly this shade of pink. What a beautiful colour. I was totally taken with it!” A short time later the living room was unrecognisable.
Cosimo ist heute 20 Jahre alt und Student. Vor langer Zeit kritzelte er dieses winkende Männchen an die Wand. Nach zwölf Jahren ist das Kunstwerk am Balkon noch immer zu sehen.
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Cosimo, now 20 years old, is a student. A long time ago he drew this little man waving on the wall. Twelve years later the art work is still visible on the balcony.
Das Quartier Helgoland besteht aus fast 500 Wohnungen, einem Kindergarten, diversen Geschäften und einem Studentenwohnheim. Der Hans-Stroh-Turm ist das Herz der Anlage und schon von Weitem sichtbar. Nur die wenigsten angehenden Akademiker haben während ihres Studiums Zeit, sich um Blumen zu kümmern.
The Helgoland district consists of almost 500 apartments, a kindergarten, various shops and a student residence. The Hans Stroh Tower forms the heart of the complex and is visible from afar. During their studies only very few of the future graduates have time to care for flowers.
Mutter Susannah in ihrem Schlafzimmer, das früher eigentlich Küche war. „Die Wohnküche war damals zwar wunderschön, aber wir waren und sind eine große Familie und brauchten Platz zum Schlafen.“ Ein kleiner Umbau hat das Problem gelöst. Von dieser Flexibilität im Wohnbau werden auch spätere Generationen noch profitieren. Susannah, the mother, in her bedroom which actually used to be the kitchen. “The combined kitchen-living room was really lovely but we were and still are a large family and we needed more bedroom space.” A minor redesign solved the problem. The flexibility will also benefit later generations.
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Als Konsequenz dieser Umbaumaßnahmen ist das Wohnzimmer jetzt viel kleiner. Neben einem großen Esstisch – die Sitzbank im Hintergrund wurde vom Urgroßvater eigenhändig getischlert – gibt es daher nur Platz für einen einzigen Fauteuil. „Das ist der Rest einer Sitzgarnitur. Die anderen Fragmente sind quer über Wien verteilt.“ Links: Spielplatz mit begrünter Pergola.
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As a result of this remodelling the living area is now considerably smaller. As well as a large dining table – the bench seat behind it was made by the great-grandfather himself – there is room for only one armchair. “It is all that remains of a suite. The other pieces are scattered across Vienna.” Left: play area and pergola with planting.
Vielen Dank für die Blumen. Eine Fototapete hinter dem Betthaupt, und schon schrumpft sich Alice in das Wunderland der Träume.
QUARTIER HELGOLAND
Say it with flowers. The giant tulips in the photo wallpaper behind the bed-head create the setting for a wonderland of dreams.
QUARTIER HELGOLAND
Der Bezirk Brigittenau wirkt an dieser Stelle disparat und aus- This part of the district of Brigittenau makes a rather disparate and einandergerissen. Auf der einen Seite gibt es Autohäuser und fragmented impression. On one side there are car sales showGewerbebetriebe, auf der anderen schlummert eine Schreber- rooms and businesses, on the other an estate of allotment gargarten-Siedlung im Grünen. Und daneben fährt in regelmäßigen dens slumbers in its green setting. Commuter trains travel past Abständen die Schnellbahn vorbei. Dank dem dicht bebauten at regular intervals. The densely developed Helgoland district is Quartier Helgoland soll wieder ein Stück städtischen Lebens in intended to reintroduce an element of urban life into this area. das Viertel gebracht werden. The housing complex consists of various buildings that were Die Wohnhausanlage besteht aus verschiedenen Bauteilen, die erected within the space of five years and that differ in terms of innerhalb von fünf Jahren errichtet wurden und die sich in Hand- size and signature. But the ensemble makes a coherent impresschrift und Größe voneinander unterscheiden. Zusammengehalten sion thanks to the overall concept for outdoor spaces with tenants’ wird das Ensemble von einem durchgehenden Freiraumkonzept gardens, pathways and play areas. Helgoland is visible from a mit Mietergärten, Gehwegen und Spielplätzen. Helgoland ist von distance: the silvery, shimmering Hans Stroh Tower soars towards Weitem sichtbar: Inmitten der Häuser ragt der silbrig schimmernde the heavens from amidst the buildings. This 18-storey student Hans-Stroh-Turm in die Höhe. Das 18-stöckige Studentenheim residence contains single and shared apartments for roughly one umfasst Einzel- und Doppelzimmer für rund hundert Studierende. hundred students.
Projektumfang
Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiter
488 Wohnungen, Studentenwohnheim Hans Stroh mit 74 Wohneinheiten, Kindergarten, diverse Nahversorgungsgeschäfte, Büro, Zahnartspraxis und Gastronomiebetriebe Juni 1994 März 1999 17.500 m² 44.800 m² Buwog Kallinger Josef Demuth, Erika Petrić, Zlatan Tešić
Scope of project
488 apartments, Hans Stroh students’ residence with 74 dwelling units, kindergarten, various local shops, offices, dentist and restaurants Start of construction June 1994 Completion March 1999 Site area 17,500 m² Usable floor area 44,800 m² Developer Buwog Building contractor Kallinger Project managers Josef Demuth, Erika Petrić, Zlatan Tešić
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Familie Angermann WOHNHAUS COLERUSGASSE 99 m²
SCHÖN WAR’S, DOCH ES WIRD ZEIT FÜR EINEN TAPETENWECHSEL Wie man unschwer sieht, befinden wir uns gerade mitten im Umzug. Es schaut entsetzlich aus. Normalerweise sind wir nicht so messy! Wir haben jetzt 15 Jahre hier gelebt. Mit der Zeit haben wir festgestellt, dass uns die Wohnung einfach zu groß geworden ist. Ich wohne hier mit meiner 16-jährigen Tochter Melanie, und nachdem ich selbst beruflich bedingt viel im Außendienst tätig bin, hält sich meine eigene Präsenz in der Wohnung eher in Grenzen. Es wird Zeit für einen Tapetenwechsel. Aber ich muss gestehen: Der Abschied fällt uns nicht leicht. Die Gegend ist sehr angenehm, und mit einigen Nachbarn sind in all den Jahren schöne Bekanntschaften entstanden. Das ist sogar so weit gegangen, dass ich kaum noch unseren Garten genutzt habe. Echt lustig! Kaum habe ich mich im Hochsommer mit einem Buch und einem Kaffee vors Wohnzimmer gelegt, kamen schon der Reihe nach Herr X und Frau Y vorbei und haben im ViertelstundenRhythmus gegrüßt und gefragt: „Hallo Brigitte! Wie geht’s?“ Man hat kaum noch seine Ruhe gehabt. Von Bücherlesen gar nicht erst zu sprechen! Na ja, und so ist der schöne Garten mittlerweile zu einem Open-Air-Abstellraum verkommen. Eigentlich schade. Ein wichtiges Element für mich ist Farbe. Jedes einzelne Zimmer in dieser Wohnung ist in einem eigenen Farbton gestrichen. Das Wohnzimmer ist dunkelrot, mein Schlafzimmer ist blau, Melanies Zimmer ist grün. Ich finde, dass man mit Farbe sehr viel gestalten kann. Nur jetzt haben wir den Salat, weil ich zusammen mit meiner Tochter alle Wände wieder ausmalen muss. Uns tun die Arme schon weh. Es spielen sich Dramen ab. Ich freue mich aufs Übersiedeln, auch wenn dieser Moment eine Mischung aus Sentimentalität und Vorfreude auf einen Neubeginn ist. Wir ziehen von einer 100-Quadratmeter-Wohnung in eine 65-Quadratmeter-Wohnung in Deutsch-Wagram. Und daher sind wir gezwungen, unser Leben und unser Hab und Gut ein bisschen zu redimensionieren. Das ist wie eine Katharsis, wie eine kleine seelische Reinigung. Am meisten freue mich aber darauf, dass wir vom Erdgeschoß ins Dachgeschoß ziehen. Statt einem Garten haben wir dann eine Dachterrasse ganz für uns allein. Und die werden wir ganz sicher nicht als Abstellraum nutzen!
FAREWELL PARTY AFTER 15 YEARS As you can plainly see we are in the middle of moving. The place looks terrible, we are normally not this messy. We’ve lived here for 15 years. Gradually we came to realise that the flat is too large for us. I live here with my 16-year-old daughter Melanie and as my job involves a lot of field service work, the amount of time I spend in the apartment is limited. It was time for a change of scenery. But I have to admit that leaving here is not easy. The area is very pleasant and we have become good friends with some of the neighbours over the years. This even went so far that I hardly used our garden. It’s quite amusing, really. In summer whenever I sat down with a book and a cup of coffee outside the living room, somebody or other came by every fifteen minutes or so and said: “Hallo Brigitte, how are things?” One had hardly a moment to oneself – and reading a book was out of the question! And so our lovely garden degenerated into a kind of outdoor storage space, which is a real pity. For me colour is an important element. Every room in this apartment is painted in a different shade. The living room is dark red, my bedroom is blue and Melanie’s room is green. I find that you can do a lot with colour. But now the problem is that my daughter and I have to repaint all the walls. Our arms are beginning to hurt. There have been a number of dramas. Actually I’m looking forward to the move, even though at the moment I feel a mix of sentimentality and anticipation of a new beginning. We are moving from a 100-square-metre apartment to a flat in Deutsch-Wagram that measures 65 square metres. And therefore we are forced to downsize our life and to reduce our goods and chattels somewhat. It’s like a catharsis, a kind of spiritual cleansing. What I’m most looking forward to is the change from living at ground floor level to a roof top apartment. Instead of a garden we’ll have a roof terrace just for ourselves. And we certainly won’t use it as storage space!
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Wohnhaus von der Stange? Die Wohnungen sind individuell gestaltet, haben einen eigenen Mietergarten, verfügen über Loggien und Terrassen oder sind – wie im Falle des Dachgeschoßes – zweigeschoßig ausgeführt. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Nationalpark Donau-Auen. The apartments are individually designed, have their own tenant’s garden, a loggia or terrace or – as in the case of the rooftop level – consist of two storeys. The Donau-Auen National Park is nearby.
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Himmelbett und Aufbruch in neue Gefilde. Das Fernweh der Familie Angermann wird demnächst mit einem Umzug in eine neue Wohnung gestillt. „Wir wohnen gerne hier, die Wohnung ist sehr angenehm“, sagt Brigitte Angermann. „Aber nach 15 Jahren ist es Zeit für einen Neubeginn.“ Departure for a new realm. The Angermanns have itchy feet and will soon move to a new apartment. “We like living here and the apartment is very pleasant”, says Brigitte Angermann. “But after 15 years here it’s time for a change.”
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Der Weg zur Kaution. Wenn die Ausmalaktion zu Ende ist, wird der Gummibaum in Melanies Zimmer noch besser zur Geltung kommen. Schon bald wird der Raum leer sein.
Everything turns white again. When the painting job is finished the rubber plant in Melanie’s room will make a better impression. The room will soon be empty.
19 Tiere. Die Küche verrät, dass hier schon lange gewohnt und gelebt wurde. Angermann: „Wohnen ist für mich Wohlfühlen und Entspannung. Am Ende eines Arbeitstages komme ich immer wieder gerne nach Hause.“ 19 animals. The kitchen shows that someone has lived here for a long time. Angermann: “For me where I live has to do with feeling well, and with relaxation. At the end of a working day I always enjoy coming home.”
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Oft sind Stiegenhäuser dunkel und wenig einladend. Bei dieser Bautypologie war es möglich, die Treppen an die Fassade zu rücken und das Nachhausekommen entsprechend aufzuhellen. Eine Besonderheit: Die Wohnung der Familie Angermann hat gleich zwei kleine Gärten. Staircases can often be dark and uninviting. With this building typology it was possible to move the staircases to the façade and to thus brighten up coming home. A special feature: the Angermann family’s apartment has two small gardens.
WOHNHAUS COLERUSGASSE
COLERUSGASSE APARTMENT BUILDING
Zwischen Donaustadt und Groß-Enzersdorf wurden in den 90er Jahren etliche neue Wohnsiedlungen errichtet. Im Norden des Nationalparks Donau-Auen, nur eine Viertelstunde Fußmarsch von der unberührten Natur entfernt, wirkte Albert Wimmer an der Errichtung der Wohnsiedlung Colerusgasse mit. Zwei Bauteile mit insgesamt 52 Wohnungen – darunter auch viele Garten- und Dachgeschoß-Maisonetten – sind auf diese Weise entstanden. Der größere Bauteil umfasst 44 Wohnungen. Die Stiegenhäuser sind nordseitig verglast und führen zu Wohnungen, die in Form von Mietergärten, Loggien oder Dachterrassen alle über einen eigenen Freiraum verfügen. Durch das zurückgestufte Dachgeschoß und die verglasten Erker an den beiden Enden des Hauses erinnert der lang gezogene Bauteil an ein weißes Kreuzfahrtschiff. Ergänzt wird die Anlage von einem kleineren Gebäude mit acht Wohneinheiten.
In the 1990s several new housing developments were erected between Donaustadt and Groß-Enzersdorf. To the north of the Donau-Auen National Park, only a quarter of an hour by foot from undisturbed nature, Albert Wimmer participated in building Colerusgasse housing development. He erected two buildings with a total of 52 apartments – including many garden and roof top maisonettes. The larger of the two contains 44 apartments. The north front of the staircases is glazed. They lead to apartments all of which have their own outdoor space in the form of a tenant’s garden, a loggia or a roof terrace. The set-back roof level and the glazed bay windows at either end of the elongated building make it resemble a white cruise ship. The complex is rounded off by a smaller building containing eight dwelling units.
Projektumfang Baubeginn Fertigstellung Grundstücksfläche Nutzfläche Bauträger Baufirma Projektleiterin
52 Wohnungen Juli 1994 August 1996 4.470 m² 3.870 m² Gesiba Hugo Durst KG Serika Petrić
Scope of project Start of construction Completion Area of site Usable floor area Developer Building contractor Project manager
52 apartments July 1994 August 1996 4,470 m² 3,870 m² Gesiba Hugo Durst KG Serika Petrić
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Backstage Haus E, Einfamilienhaus, Rust, 1980–1984, realisiert Haus K, Einfamilienhaus, Mödling, 1983–1988, realisiert Draschegründe Block 7, Wohnbau, Wettbewerb, 1. Preis, Wien, 1984–1988, realisiert Haus G, Einfamilienhaus, Mauerbach, 1985–1988, realisiert Herzgründe Neilreichgasse / Herzgasse, Wohnhausanlage, Expertenverfahren, 1. Preis, Wien, 1988–1993, realisiert Haus H, Einfamilienhaus, Wien, 1988–1990, realisiert Haus S, Einfamilienhaus, Wien, 1989–1990, realisiert Handelskai 302–304, Wohnbau, Wien, 1989–1994, realisiert Speisinger Straße 44–48, Wohnbau, Gutachterverfahren, Wien, 1990–1991, nicht realisiert Triester Straße 40 / Kundrathstraße, Wohnbau, Expertenverfahren, 1. Preis, Wien, 1991–1992, nicht realisiert Forsthausgasse 16a–20, Wohnhausanlage, Expertenverfahren, 1. Preis, Wien, 1992–1999, realisiert Ziegelofengasse / Mittersteig, Wohnbau, Wien, 1991–1998, realisiert Brigittenauer Lände 168, Wohnhausanlage, Expertenverfahren, Wien, 1991, nicht realisiert Siemensstraße, Wohnhausanlage, Expertenverfahren, Wien, 1991, nicht realisiert Süßenbrunner Straße, Wohnhausanlage, Expertenverfahren, Wien, 1992, nicht realisiert Brünner Straße, Wohnhausanlage, Wien, 1992–1995, realisiert Perfektastraße 15–25, Wohnhausanlage, Expertenverfahren, 1. Preis, Wien, 1993–2000, realisiert Kreuzgasse, Wohnhausanlage, Wettbewerb, Wien, 1993, nicht realisiert Haus H, Einfamilienhaus, Wien, 1993–1996, realisiert Colerusgasse 1 und 2, Wohnbau, Wien, 1993–1996, realisiert Haus K, Einfamilienhaus, Wien, 1994, realisiert Gartenstadt Laaerberg, Masterplan, Expertenverfahren, 1. Preis, Wien, 1995, realisiert Monte Laa / Carré Vert, Emil-Fucik-Gasse 3, Wohnbau, Wien, 2002–2005, realisiert Areal der Grundäcker / Thermensiedlung Oberlaa, Wohnhausanlage, 1. Bauträgerwettbewerb der Stadt Wien, 1. Preis, Wien, 1995–1998, realisiert Wiener Neustadt, Wohnhausanlage, Wettbewerb, 1995, nicht realisiert In der Wiesen / Nord, Wohnhausanlage, Bauträgerwettbewerb, Wien, 1996–1997, nicht realisiert Autofreie Mustersiedlung Floridsdorf, Wohnhausanlage, Wettbewerb, Wien, 1996, nicht realisiert Wohnen in Harbach, Wohnsiedlung, Expertenverfahren, 1. Preis, Linz, 1996–2000, realisiert Höchstädtplatz, Wohnhochhaus, Wien, 1997–2006, realisiert Haus M, Einfamilienhaus, Wien, 1998–2000, realisiert Wiedner Hauptstraße 133, Wohn-, Büro- und Geschäftshaus, Wien, 1998, nicht realisiert City X, Kerschbaumgasse 1, Wohnhausanlage, Bauträgerwettbewerb, 1. Preis, Wien, 1998–2002, realisiert Rudolf-Waisenhorn-Gasse 22–24, Wohnhausanlage, Wien, 1998–2002, realisiert Corte Verde, Schanzstraße 18–22, Wohnhausanlage, Wien, 1999–2005, realisiert Wienerberg-City / Monte Verde, Carl-Appel-Straße 5, Wohnhochhaus, Bauträgerwettbewerb, 1. Preis, Wien, 2000–2004, realisiert
Odeongasse 2a und 3, Wohnhausanlage, Wien, 2000–2004, realisiert Haus S/V, Doppelwohnhaus, Wien, 2000–2001, nicht realisiert Frachtenbahnhof Innsbruck, Masterplan, Wettbewerb, Innsbruck, 2000, nicht realisiert Wohnen am Kremserberg, Masterplan, St. Pölten, 2001, realisiert ZIP, Winarskystraße / Hellwagstraße, Wohnbau, Wien, 2001–2007, realisiert Haus D, Einfamilienhaus, Klosterneuburg, 2001, nicht realisiert Monte Laa / Elf Zwei, Wohnbau, Bauträgerwettbewerb, 1. Preis, Wien, 2002–2006, realisiert Monte Laa / Cubino, Moselgasse 4, Wohnbau, Wien, 2002–2007, realisiert Am Goldberg, Masterplan, Expertenverfahren, Wettbewerb, 1. Preis, 2002, nicht realisiert Haus P, Einfamilienhaus, Strobl, 2003–2004, realisiert Scheimpfluggasse 3, Wohnbau, Wien, 2003–2005, realisiert Heller-Fabrik, Wohnsiedlung, Wien, 2003–2011, realisiert Ville Verdi, Wohnsiedlung, Wien, 2003–2009, realisiert Haus G, Einfamilienhaus, Ramsau, 2003–2005, realisiert Vorgartenstraße Nord, Alte Busgarage, Masterplan, Wettbewerb, Wien, 2003, nicht realisiert Thürnlhof-West, Wohnbau, Bauträgerwettbewerb, Wien, 2004, nicht realisiert Stadtteil Südbahnhof, Masterplan, Wettbewerb, 1. Preis, Wien, 2004, in Realisierung SP 4, Aufstockung und Umbau, Wien, 2004, in Realisierung Eurogate / Aspanggründe, Masterplan, Wettbewerb, 1. Preis, Wien, 2004, in Realisierung Casa Cascada, Schleiergasse 7–9, Wohnbau, Wien, 2004–2007, realisiert Sofiensäle, Wohnhausanlage, Wien, 2004, nicht realisiert Sofiensäle, Blattgasse / Kegelgasse, Wohnbau, 2005, in Realisierung Home & Office, Hofbauergasse 6, Wohnbau, Wien, 2005–2008, realisiert Karree St. Marx, Bauträgerwettbewerb, Wien, 2006, nicht realisiert Lange Gasse, Dachbodenausbau, Wien, 2006–2011, realisiert Haus W, Einfamilienhaus, Wien, 2007–2011, realisiert Eurogate / Wohnpark Lissagasse, Wohnbau, Bauträgerwettbewerb, 1. Preis, Wien, 2007–2012, realisiert Nordbahnhof / Vorgartenstraße, Coolhof, Wohnbau, Bauträgerwettbewerb, Wien, 2007, nicht realisiert Wohnen am Rudolf-Bednar-Park, Wohnhausanlage, Gutachterverfahren, Wien, 2008, nicht realisiert Pernerstorfergasse 83, Wohnbau, Bauträgerwettbewerb, 1. Preis, Wien, 2008–2011, realisiert Sonnwendviertel „6 plus 1“, Wohnhausanlage, Bauträgerwettbewerb, 1. Preis, Wien, 2009, in Realisierung Haus T, Einfamilienhaus, Wien, 2009, in Realisierung Seestadt Aspern, Wohnbauinitiative Bauplatz D4, Wien, 2011, in Planung
Alle kursiv angeführten Projekte werden in diesem Buch vorgestellt.
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WERKVERZEICHNIS WOHNBAU LIST OF RESIDENTIAL AND SOCIAL HOUSING WORKS
E House, single-family house, Rust, 1980–1984, completed K House, single-family house, Mödling, 1983–1988, completed Draschegründe Block 7, housing, competition, 1st prize, Vienna, 1984–1988, completed G House, single-family house, Mauerbach, 1985–1988, completed Herzgründe Neilreichgasse / Herzgasse, housing complex, competition, 1st prize, Vienna, 1988–1993, completed H House, single-family house, Vienna, 1988–1990, completed S House, single-family house, Vienna, 1989–1990, completed Handelskai 302–304, housing complex, Vienna, 1989–1994, completed Speisinger Straße 44–48, housing, competition, Vienna, 1990–1991, not carried out Triester Straße 40 / Kundrathstraße, housing, competition, 1st prize, Vienna, 1991–1992, not carried out Forsthausgasse 16a–20, housing complex, competition, 1st prize, Vienna, 1992–1999, completed Ziegelofengasse / Mittersteig, housing, Vienna, 1991–1998, completed Brigittenauer Lände 168, housing complex, competition, Vienna, 1991, not carried out Siemensstraße, housing complex, competition, Vienna, 1991, not carried out Süßenbrunner Straße, housing complex, competition, Vienna, 1992, not carried out Brünner Straße, housing complex, Vienna, 1992–1995, completed Perfektastraße 15–25, housing complex, competition, 1st prize, Vienna, 1993–2000, completed Kreuzgasse, housing complex, competition, Vienna, 1993, not carried out H House, single-family house, Vienna, 1993–1996, completed Colerusgasse 1 and 2, housing, Vienna, 1993–1996, completed K House, single-family house, Vienna, 1994, completed Gartenstadt Laaerberg, master plan, competition, 1st prize, Vienna, 1995, completed Monte Laa / Carré Vert, Emil-Fucik-Gasse 3, housing, Vienna, 2002–2005, completed Areal der Grundäcker / Thermensiedlung Oberlaa, housing complex, 1st housing developer competition of the City of Vienna, 1st prize, Vienna, 1995–1998, completed Wiener Neustadt, housing complex, competition, 1995, not carried out In der Wiesen / North, housing complex, building developer competition, Vienna, 1996–1997, not carried out Car-free model housing complex Floridsdorf, competition, Vienna, 1996, not carried out Wohnen in Harbach, housing complex, competition, 1st prize, Linz, 1996–2000, completed Höchstädtplatz, residential tower, Vienna, 1997–2006, completed M House, single-family house, Vienna, 1998–2000, completed Wiedner Hauptstraße 133, residential, office and commercial building, Vienna, 1998, not carried out City X, Kerschbaumgasse 1, housing complex, housing developer competition, 1st prize, Vienna, 1998–2002, completed Rudolf-Waisenhorn-Gasse 22–24, housing complex, Vienna, 1998–2002, completed Corte Verde, Schanzstraße 18–22, housing complex, Vienna, 1999–2005, completed Wienerberg-City / Monte Verde, Carl-Appel-Straße 5, residential tower, housing developer competition, 1st prize, Vienna, 2000–2004, completed
Odeongasse 2a and 3, housing complex, Vienna, 2000–2004, completed S/V House for two families, Vienna, 2000–2001, not carried out Innsbruck Freight railway station, master plan, competition, Innsbruck, 2000, not carried out Wohnen am Kremserberg, master plan, St. Pölten, 2001, completed ZIP, Winarskystraße / Hellwagstraße, Wohnbau, Vienna, 2001–2007, completed D House, single-family house, Klosterneuburg, 2001, not carried out Monte Laa / Elf Zwei, housing, housing developer competition, 1st prize, Vienna, 2002–2006, completed Monte Laa / Cubino, Moselgasse 4, housing, Vienna, 2002–2007, completed Am Goldberg, master plan, competition, 1st prize, 2002, not carried out P House, single-family house, Strobl, 2003–2004, completed Scheimpfluggasse 3, housing, Vienna, 2003–2005, completed Heller-Fabrik, housing complex, Vienna, 2003–2011, completed Ville Verdi, housing complex, Vienna, 2003–2009, completed G House, single-family house, Ramsau, 2003–2005, completed Vorgartenstraße North, former bus garage, master plan, competition, Vienna, 2003, not carried out Thürnlhof-West, housing complex, housing developer competition, Vienna, 2004, not carried out Südbahnhof urban district, master plan, competition, 1st prize, Vienna, 2004, under construction SP 4, conversion and addition of floor level, Vienna, 2004, under construction Eurogate / Aspanggründe, master plan, competition, 1st prize, Vienna, 2004, under construction Casa Cascada, Schleiergasse 7–9, housing, Vienna, 2004–2007, completed Sofiensäle, housing complex, Vienna, 2004, not carried out Sofiensäle, Blattgasse / Kegelgasse, housing, Vienna, 2005, under construction Home & Office, Hofbauergasse 6, housing, Vienna, 2005–2008, completed Karree St. Marx, housing developer competition, Vienna, 2006, not carried out Lange Gasse, loft conversion, Vienna, 2006–2011, completed W House, single-family house, Vienna, 2007–2011, completed Eurogate / Wohnpark Lissagasse, housing complex, housing developer competition, 1st prize, Vienna, 2007–2012, completed Nordbahnhof / Vorgartenstraße, Coolhof, housing, housing developer competition, Vienna, 2007, not carried out Wohnen am Rudolf-Bednar-Park, housing complex, competition, Vienna, 2008, not carried out Pernerstorfergasse 83, housing, housing developer competition, 1st prize, Vienna, 2008–2011, completed Sonnwendviertel “6 plus 1”, housing complex, housing developer competition, 1st prize, Vienna, 2009, under construction T House, single-family house, Vienna, 2009, under construction Seestadt Aspern, housing development building site D4, Vienna, 2011, at the design stage
All the projects printed in italics are featured in this book.
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Who is who?
ATELIER ALBERT WIMMER
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Seit seiner Gründung im Jahr 1977 beschäftigt sich das Atelier Albert Wimmer mit sozialen und innovativen Strategien für die Gestaltung unseres Lebensraumes. Nachhaltigkeit ist die oberste Prämisse. Das rund 70 Mitarbeiter umfassende Büro verfügt über langjährige Erfahrung in der interdisziplinären Zusammenarbeit bei der Planung und Umsetzung von Bauvorhaben. Darüber hinaus entstanden infolge von Wettbewerbserfolgen in den letzten Jahren viele urbane Großprojekte, darunter etwa das Kraftwerk Freudenau, die Euro-Stadien in Innsbruck, Salzburg, Klagenfurt und Lemberg (Ukraine), der Bahnhof Wien Prater stern sowie die Masterpläne für Monte Laa, Eurogate und den neuen Hauptbahnhof Wien. Zu den aktuellen Projekten zählen die neue Verkehrsstation Hauptbahnhof Wien sowie das Krankenhaus Wien Nord.
Since first established in 1977 Albert Wimmer’s studio has focussed on social and innovative strategies for the design of the spaces we live in. Sustainability is given top priority. The office, which has a staff of around 70, can draw on many years of experience of interdisciplinary collaboration in the design and implementation of building projects. Additionally, as the result of competitions won in recent years, the office has carried out a number of large urban projects, among them Freudenau hydroelectric power station, the Euro stadiums in Innsbruck, Salzburg, Klagenfurt and Lviv (Ukraine), the railway station Wien Praterstern and the master plans for Monte Laa, Eurogate, and the area around the new Vienna Main Station. Projects currently being worked on include Vienna Main Station and the Wien-Nord Hospital.
TEAM WOHNBAU HOUSING TEAM IN ALBERT WIMMER’S STUDIO
ALLE FOTOGRAFINNEN CONTRIBUTING PHOTOGRAPHERS
Paola Benavente Josef Demuth Jasenka Dizdarević Karin Dörrich Hubert Egger Herbert Ernst Margherita Fanin Brigitta Gregori Robert Gruber Ulrike Hahn Peter Hasler Marc Jenk Hans Kastenhuber Romana Köchelhuber Tibor Kotay Klaudia Kuč er Tilo Kuppel Christopher Lottersberger Dieter Malits Blanka Markov-Kowalski
Atelier Albert Wimmer 96 below, 128 right above, 143, 146 right below, 182 left above beyer.co.at 36 Anna Blau 97 left below Roman Bönsch 108 left below Roman Bönsch / Mihai Mitrea 164 right below David Boureau 29 Jimmy Cohrssen 22 Ashley Cooper © Corbis 27 below Franz Ebner 10/11, 168 left below, 171 Rüdiger Ettl 8/9, 18/19, 102 below, 104 left above, 105, 137, 139 left above, 141, 176 left below Christian Fischer 55 right above Johan Fowelin 28 right Whitney French, Courtesy of the National Trust for Historic Preservation 58, 61 above Guillame Grasset 30 left Rob’t Hard 24, 25 all, 34 left, 35 all Pez Hejduk 113, 114 left above, 114 left below
Xaver Marschalek Wilhelm Neusser Erika Petrić Aleksandra Potkonjak Monika Purschke Manuela Resch Matthias Schmid Haris Spahić Klara Tapolczai Stanislaus Terlikiewicz Zlatan Tešić Ana Vlahović Gerald Wieser Albert Wimmer Sandra Wurzinger John Ziedonis Semir Zubč ević
Heinz Höfinger 149, 152 below Jannes Linders 34 right Jon Miller © Hedrich Blessing 60, 61 below, 62 left, 63 left Michael Nagl 146 above Michele Nastasi 31 Matevž Paternoster 28 left Jean-Baptiste Pellerin 30 right Provast 37 all Paul Raftery 27 left above, 27 right above Philippe Ruault 42 all, 43 all, 44 all Ty Stange 26 all Larry Williams 32, 38, 39, 40, 45, 47, 64, 66, 69 all, 70, 71, 73, 74, 77 all, 79 all Gerald Zugmann 14/15 All other photographs by Lisi Specht / www.lisi.at Floor plans © Atelier Albert Wimmer Pictograms © Boutique Brutal
BIOGRAFIEN CURRICULA VITAE
ALBERT WIMMER Geboren 1947 in Wien. Er studierte Architektur an der TU Wien und Urban Design an der Architectural Association (AA) in London. 1977 gründete er das Atelier Albert Wimmer in Wien. Er war in zahlreichen Beiräten und Kuratorien tätig und war Initiator von Sommerakademien und Architekturseminaren sowie Vorsitzender der Architekten im Wiener Künstlerhaus. Er hält Vorträge im In- und Ausland und befasst sich mit Jurytätigkeiten und Buchpublikationen. Er ist verheiratet mit Beate Wimmer-Puchinger und Vater von zwei Töchtern.
Born in 1947 in Vienna. He studied architecture at Vienna University of Technology and urban design at the Architectural Association (AA) in London. In 1977 he set up the design studio Albert Wimmer in Vienna. He has been actively involved in numerous advisory boards and committees, initiated a number of summer academies and architecture seminars and was chairperson of the architects in the Künstlerhaus Vienna. He gives lectures, serves on competition juries and produces books. He is married to Beate Wimmer-Puchinger with whom he has two daughters.
SEMIR ZUBČEVIĆ Geboren 1962 in Sarajevo. Er studierte Architektur an der Universität Sarajevo sowie an der Università di Venezia. Seit 1991 ist er im Atelier Albert Wimmer tätig, seit 2005 ist er Partner in der Albert Wimmer ZT GmbH. Seine beruflichen Schwerpunkte sind Städtebau sowie Wohnen und Gesundheit. Seit 2011 ist er Vorstand in der von ihm mitbegründeten Stiftung Studium, die Studierende an der Universität von Sarajevo mit diversen Stipendien fördert (www.fondacija-studium.org). Er ist verheiratet mit Dalila Zubčević und Vater von zwei Söhnen.
Born 1962 in Sarajevo. He studied architecture at Sarajevo University and at the Università di Venezia. He worked in the studio of Albert Wimmer from 1991 onwards, since 2005 he has been a partner in Albert Wimmer ZT GmbH. His professional focus is on urban planning as well as housing and health. Since 2011 he has been chairperson of Studium, a foundation which he helped to set up and which provides support for students at Sarajevo University (www.fondacija-studium.org). He is married to Dalila Zubčević with whom he has two sons.
WOJCIECH CZAJA Geboren 1978 in Ruda Śląska, Polen. Er studierte Architektur an der TU Wien und arbeitet heute als freischaffender Architekturjournalist für Tagespresse und Fachmagazine. Seit 2005 ist er tätig für die österreichische Tageszeitung Der Standard. Seit 2011 ist er Gastprofessor an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Zu seinen letzten Publikationen zählen periscope architecture. gerner°gerner plus (2007), 91° More than Architecture (2008) sowie Light/Night. The Nouvel Tower in Vienna (2010).
Born in 1978 in Ruda Śląska, Poland. He studied architecture at Vienna University of Technology and now works as a free-lance architecture journalist for daily newspapers and specialist journals. He has worked for the Austrian daily newspaper Der Standard since 2005. He has held a visiting professorship at the Vienna University of Applied Arts since 2011. Among his publications are periscope architecture. gerner°gerner plus (2007), 91° More than Architecture (2008) as well as Light/Night. The Nouvel Tower in Vienna (2010).
SABINE POLLAK Geboren 1960 in Graz. Sie studierte Architektur an der TU Wien, Graz und Innsbruck. Sie unterrichtete als Professorin unter anderem an der TU Wien, am Politecnico di Milano sowie an der University of Michigan, USA. Seit 2008 leitet sie die Abteilung Architektur und Urbanistik an der Kunstuniversität Linz. Ein großer Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Genderforschung. Dazu zählen das Frauenwohnhaus ro*sa in Wien-Donaustadt (2008, Köb & Pollak Architektur) sowie ihr Buch Leere Räume. Wohnen und Weiblichkeit in der Moderne (2004).
Born in 1960 in Graz. She studied architecture at the University of Technology in Vienna, Graz and Innsbruck. She has taught as a professor at the TU Vienna, at the Politecnico di Milano as well as at the University of Michigan, USA. Since 2008 she has been head of the department of architecture and urbanism at the Linz University of Arts. Gender research is a major focus of her work which includes the women’s housing development ro*sa in Vienna-Donaustadt (2008, Köb & Pollak Architektur) as well as the book Leere Räume. Wohnen und Weiblichkeit in der Moderne (2004).
LISI SPECHT Geboren 1969 in Paternion, Kärnten. Sie studierte Wirtschaftswissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz und lebte einige Zeit in Hamburg und New York, wo sie unter anderem in der Werbebranche tätig war. Heute lebt sie in Wien und arbeitet als freie Fotografin für Werbekampagnen, Kulturinstitutionen, Tageszeitungen und Magazine. Zuletzt waren ihre Arbeiten in Ausstellungen in Wien und Los Angeles zu sehen, darunter Pet Xing (2008), Friends (2007) und 7 ways to kill a football (2006).
Born 1969 in Paternion, Carinthia. She studied economics at the Karl Franzens University Graz and lived for some time in Hamburg and New York where she worked in advertising. Today she lives in Vienna where she works as a free-lance photographer for advertising campaigns, cultural institutions, daily newspapers and magazines. Her work was to be seen in exhibitions in Vienna and Los Angeles, including Pet Xing (2008), Friends (2007) and 7 ways to kill a football (2006).
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Herausgeber
Editor
Albert Wimmer ZT GmbH, Wien www.awimmer.at
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