Baumeister 10/2016

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B10

BAU ME ISTER

11 3 . J A H R G A N G

Oktober

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Das ArchitekturMagazin

Irritationen Christ & Gantenbein erweitern zwei Museen

+ WETTBEWERB „HÄUSER DES JAHRES“ + TRE PPE NINSTALL ATION

D A,L I CH

15 € 17 € 19,50 € 23 SFR

MVRDV


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B10 Wie sinnvoll sind Museumserweiterungen? Wir schauen uns die Anbauten für das Kunstmuseum in Basel und das Schweizer Landesmuseum in Zürich an.

Köpfe

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Daan Roosegaarde ist Künstler und Designer.

Zwei Museumserweiterungen in Basel und Zürich

10 Daan Roosegaarde

24 Streng versus spielerisch

Auf dem Weg zu einer neuen Renaissance: Der Niederländer sucht nach neuen Verbindungen und schafft Verknüpfungen.

14 Michael Beutler Der junge Künstler aus Berlin baut Räume mit Maschinen.

18 Raphael Zuber Gegen den Mainstream: Der Schweizer Architekt folgt seiner eigenen architektonischen Agenda.

BAU MEISTER. DE

Ideen

Zwei Museumserweiterungen von Christ & Gantenbein im Vergleich

48 Ein Bühnenbild für Botta Die Erweiterung des SFMOMA von Snøhetta in San Francisco erhitzt die Gemüter.

60 Stairway to Rotterdam Eine Treppeninstallation von MVRDV schafft eine zweite städtische Ebene.

70 Die perfekte Welle Der erste Preis des Wettbewerbs „Häuser des Jahres“ im Porträt

Aus dem gedruckten Baumeister kennen Sie unser Advertorial „Portfolio“ bereits. Jetzt finden Sie die Vorstellung neuer Produkte auch auf unserer Website.


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Fragen

Lösungen

Gast-Arbeiter

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Eine frühe Form der digitalen Stadt von Fritz Haller

Büromöbel für die kreative Pause

60 Wie polemisch muss Architekturkritik sein?

90 Büromöbel

80 Fritz Haller – Vordenker der Smart City? 86 Kann man Sicherheit entwerfen?

Möbel für ein ergonomisches Arbeiten

96 Qualitätsschmiede

Hubertus Adam studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Archäologie an der Universität Heidelberg. Seit 1992 ist er freiberuflicher Kunst- und Architekturhistoriker sowie Architekturkritiker. Von 2010 bis 2012 war er Künstlerischer Leiter des S AM Schweizerisches Architekturmuseum in Basel, und von 2013 bis 2015 der gesamtverantwortliche Direktor. Für uns porträtierte er den jungen Architekten Raphael Zuber.

Zu Besuch bei Zumtobel

98 News Aktuelle Produktlösungen RUBRIKEN 06 EIN BILD 46 SONDERFÜHRUNG 58 KLEINE WERKE 68 UNTERWEGS 86 ARCHITE K TUR + M ANAGE ME NT 96 QUALITÄTSSCHMIE DE 104 PORTFOLIO: INTELLIGENTE GEBÄUDETECHNIK 11 3 IMPRE SSUM + VORSCHAU 11 4 KOLUMNE

Oliver G. Hamm studierte Architektur an der FH Darmstadt und war unter anderem Chefredakteur beim „Deutschen Architektenblatt“ und „greenbuilding“. Seit 2007 arbeitet er als freier Autor, Herausgeber, Redakteur und Kurator in Berlin. Für uns hat er das SFMOMA von Snøhetta in San Francisco besucht.


Die Verbindung zwischen den Dingen

Interview: Alexander Russ Designer: Daan Roosegaarde

Cullacius min non rem fugia veliquis unt facerita vernatis voluptat quas quatque

Der Niederländer Daan Roosegaarde ist ein echter Renaissancemensch. Er beschäftigt sich mit Landschaftsarchitektur, grüner Technologie, Lichtdesign und Kunst. Mit seinen spektakulären Projekten will er neue Verknüpfungen zwischen bereits bestehenden Dingen herstellen, um dadurch ein Bewusstsein für die Schönheit unserer Welt zu schaffen.

ALLE FOTOS: STUDIO ROOSEGA ARDE

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Köpfe

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B A U M E I S T E R : Wie würden Sie sich selbst bezeichnen? Sind Sie Künstler oder Designer? D A A N R O O S E G A A R D E : Ich würde mich als Daan Roosegaarde bezeichnen! Ich halte nichts von Etiketten und Zuschreibungen. Meiner Ansicht nach geht es in Zukunft vor allem darum, hybride Daseinsformen zu entwickeln und Verbindungen zwischen bereits bestehenden Dingen herzustellen. Ich verspüre keinerlei Bedürfnis, mir ein Label zuzulegen.

Könnten Sie uns ein bisschen was über sich erzählen? D R : Ich habe Kunst studiert und am BerlageInstitut in Rotterdam einen Abschluss in Architektur gemacht. Vor acht Jahren gründete ich mein eigenes Büro – aus einem Bedürfnis, den öffentlichem Raum erfahrbar zu machen, einem Interesse für neue Technologie und aus der etwas naiven Vorstellung heraus, die Realität verbessern zu können. B:

Was sind Ihre Einflüsse? Mich hat seit jeher die Architektur von Arata Isozaki und die des japanischen Metabolismus fasziniert. Die Idee, Visionen für eine neue Zukunft zu entwickeln, die eine Grundlage dieser Projekte war, hatte etwas sehr Inspirierendes für mich. Gleichzeitig ging es bei diesen Projekten primär um die Architektur und weniger um den Mensch. Deshalb geht es bei mir um öffentliche Räume wie Plätze oder Infrastrukturen wie etwa Fußgängerunter füh rungen. Zu der Zeit, als ich anfing, tauchte der Begriff „social design“ auf und damit verbunden die Idee, Technik für neue Formen der Interaktion zu nutzen. Dann wurde die Technik erschwinglich, und Mikrochips waren plötzlich sehr leicht verfügbar. Das war so circa im Jahr 2007. Damals gründete ich Studio Roosegaarde. B:

DR:

Sie bezeichnen Studio Roosegaarde als „Social Design Lab“ – was bedeutet das? D R : Es bedeutet, dass das Leben nicht statisch ist – dass wir in einer Welt leben, die für Neues aufgeschlossen ist und die am Input eines jeden Einzelnen interessiert ist. Dass man ein kollektives Erleben schaffen kann und die Menschen dadurch das Verlangen haben, mit der Welt um sich herum verbunden zu sein. Marshall McLuhan hat mal gesagt: „Im Raumschiff Erde gibt es keine Passagiere. Wir gehören alle zur Mannschaft.“ Die Frage, die ich mir stelle, ist: Wie können wir eine Umgebung schaffen, die es den Menschen ermöglicht, daran mitzuwirken? Der Horror der ganzen Terroranschläge der letzten Zeit zeigt doch, was passier t, wenn Menschen den Kontak t zur Welt verlieren. Abgeschnitten zu sein erzeugt Reibung, also benutze ich die Technik dazu, soziale Interaktionen zu fördern – was meiner Meinung nach ein zentrales Thema im Europa dieser Tage ist. B:

WEITER

Oben: Die Installation

Mitte: Der „Van Gogh

Unten: Die Installation

„Windlicht“ themati-

Path“ zur Feier des

„Rainbow Station“

siert die potenzielle

internationalen Van-

am Amsterdamer

Schönheit von Wind-

Gogh-Jahrs dient als

Hauptbahnhof feiert

parks.

Radweg.

den Moment.


Ideen

FOTO: JON MCNEAL

48 3


49 Eine Wolke zwischen den Häuserblocks von San Francisco: der Anbau an das SFMOMA von Snøhetta.

Ein Bühnenbild für Botta Architekten: Snøhetta

Kritik: Oliver G. Hamm

Das SFMOMA von Mario Botta wurde von Snøhetta um einen Erweiterungsbau ergänzt. Damit ist es das größte Museum der USA. Der Neubau musste bei seiner Eröffnung im Mai 2016 ähnlich vernichtende Kritiken einstecken wie seinerzeit das Bestandsgebäude. Zu Unrecht, findet unser Autor.


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Ideen

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Die temporäre Treppeninstallation wurde im Rahmen des Festivals „Rotterdam Celebrates the City“ errichtet.


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Stairway to Rotterdam Rotterdam wird umgebaut. Gerade hatten wir die Markthalle von MVRDV und das Timmerhuis von OMA im Baumeister. Jetzt hat MVRDV mit einer spektakulären Treppeninstallation nachgelegt. Sie ist der visionäre Auftakt zur Erschließung einer zweiten städtischen Ebene: für ein neues Rotterdam

Architekten: MVRDV

Kritik: Klaus Englert

Fotos: Ossip van Duivenbode


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Oben: Versteckte Oase über den Dächern Barcelonas – ein Pool, eine Bar und ein herrlicher Blick Rechts: Der Architekt des Umbaus, Rafael Moneo, wusste mit dem alten Gemäuer umzugehen. Die Geschichte bleibt ablesbar. Unten: Auch in den Zimmern finden sich historische Spuren, die bis in die römische Zeit zurückreichen. Trotzdem

FOTOS: KL AUS E NGLE RT

fehlt es nicht an allem erdenklichen Komfort.


Unterwegs im

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Hotel Mercer Barcelona

Versteckt im Barrio Gotico liegt ein alter Palast, den kein Geringerer als der Grande der spanischen Architektur, Rafael Moneo, in ein kleines, feines Hotel umgebaut hat. Nicht nur aus bauhistorischer Sicht ist es einen Besuch wert.

ADRESSE Mercer Hoteles Barcelona Calle dels Lledó, 7 08002 Barcelona info@ mercerbarcelona.com www. mercerbarcelona .com

Als Rafael Moneo in Barcelonas gotischem Viertel einen Palast aus dem 17. Jahrhundert zu sanieren begann, machte man eine erstaunliche Entdeckung: Man stieß auf römische Festungsanlagen. Denn der Palast wurde zwischen zwei Wehrtürmen errichtet, die zur römischen Stadtmauer gehörten. So kam Moneos Restaurierung einer Tiefenbohrung gleich, durch die mehrere geschichtliche Sedimente freigelegt wurden – bis hin zu den steinernen Spuren des antiken Barcino, der römischen Stadtgründung Colonia Iulia Augusta Faventia Paterna Barcina, die auf die Regierungszeit von Kaiser Augustus zurückgeht. Der Madrider Architekt ließ zahlreiche Fresken, Wandmalereien, Kassettendecken und künstlerisch bearbeitete Steine freilegen, desgleichen gotische Fenster und einen mittelalterlichen Patio, der von Rundbögen und Balkonen umgeben ist. Um die kleine Carrer dels Lledó und das Hotel Mercer im Barrio Gótico zu finden, ist allerdings ein wenig Glück nötig. Das Altstadtgewirr führt allzu leicht in die Irre, und das Hotel selbst gibt keinerlei Orientierung durch großformatige Leuchtreklamen oder Hinweisschilder. Zum Glück. Wenn das Suchen dann doch ein Ende hat, steht man vor dem massiven Rundbogen eines Eingangstors. Unmittelbar dahinter machen mittelalterliche Wandmalereien an der Rezeption neugierig: Das neue Hotel ist tatsächlich ein kleines Museum. Es fällt auch gleich der mittelalterliche Patio mit Säulen aus dem 17. Jahrhundert auf – er bildet die markante Mitte des Baudenkmals. Rafael Moneo hat in der Vergangenheit vielfach bewiesen, dass er sich Baudenkmälern mit außerordentlicher Sensibilität widmet. Seine Erfahrung hat er in die Restaurierung des Palacio einfließen lassen. Er verwandelte ihn mit seinen sichtbar gebliebenen historischen Überresten in ein Luxushotel, in dem jedes der 28 Zimmer etwas von der reichhaltigen Baugeschichte des Gebäudes erzählt. Es gibt sogar Zimmer mit Überbleibseln der Wehrtürme. Besonders im Erdgeschoss sind die freigelegten Spuren gut erkennbar: beispielsweise in den Wanddekorationen der kleinen, öffentlichen Bibliothek oder dem römische Mauerwerk, das zur besonderen Atmosphäre des Restaurants beiträgt. Am Rande des Hotels wurden – wie vielerorts in Barcino – archäologische Ausgrabungsarbeiten begonnen, deren Funde zu einem späteren Zeitpunkt öffentlich gemacht werden sollen. Selbstverständlich hat Moneo nicht nur die jahrhundertealten Spuren freigelegt, vielmehr verwendete er moderne Baumaterialien, um an einigen Stellen die notwendige Transparenz herzustellen. So umgab er den Patio mit einer Glaswand, der die Präsenz des Innenhofs stärkt. Auch die Dachterrasse mit Bar und Swimmingpool ist nicht allein Tribut an merkantile Gepflogenheiten eines modernen Hotelbetriebs. Denn auf dem Dach gestaltete Moneo einen öffentlichen Raum, der außergewöhnliche Blickbezüge übers Barrio Gótico herstellt: zur gotischen Kuppel von Santa María del Mar, zur Basilika von Sants Just i Pastor und zur Kathedrale von Barcelona. Deswegen ist das Hotel Mercer nicht nur eine weitere Touristenofferte in der hotelgesättigten Altstadt, es befreit auch aus der erdrückenden Enge des Viertels.

Text

Klaus Englert

PREISE

28 Zimmer + Suiten ab 318 Euro


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