Garten + Landschaft 04/2018

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APR IL 2018

M AG AZIN F ÜR L AN D S CH AF TS ARCH ITEKTU R

GARTEN +

STÄDTE FÜR MORGEN

LANDSCHAFT WIE GEHT GROSSWERDEN? STÄDTE IM WACHSTUM

plus

Grau als neues Grün: Alain Thierstein im Gespräch Work-Life-Blending im Check Sichtachse: Neue Regierungslandschaften


32

18

Stadt wirkt auf Land: Die

Ist der Bosco Verticale das

Versorgungseinrichtungen in

Non-Plus-Ultra? Über

ländlichen und peripheren

alternatives Grün in der

urbanen Räumen können

Stadt.

häufig nicht mit der Wachstumsgeschwindigkeit Schritt halten.

26 Managen ihr Zusammenleben: Geflüchtete und Studenten wohnen im Amsterdamer Startblok Riekerhaven gemeinsam in alten Schiffscontainern.

36 Blick in die Hauptstadt: Berliner Baugruppen auf der Suche nach bezahlbarem, qualitätvollen Wohnraum.

42 Kämpfen an der Seite der Mieter gegen die Preisexplosion auf dem Wohnungsmarkt: das Bündnis Bezahlbares Wohnen e.V.


INHALT

AREN A 06 11

SNAPSHOTS MOMENTAUFNAHME Pommes statt Kaviar

T I T EL Wie geht Großwerden? Städte im Wachstum 12

„MANCHMAL IST GRAU DAS NEUE GRÜN“ Alain Thierstein über die Zukunftsaussichten für wachsende Städte

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IST URBANES GRÜN DER NEUE LUXUS? Die Stadt wächst und ihr Freiraum muss weichen – oder nicht?

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UM DIE ECKE GEDACHT Die Stadt Hanau testet in einem Pilotprojekt ein kommunales Immobilienportal für Potenzialflächen

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TEAM DIVERSITY Das Projekt Startblok Riekerhaven in Amsterdam zeigt, wie Studenten und Geflüchtete selbstorganisiert und preiswert zusammenleben können

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„OHNE GESUNDES LAND, KEINE VIBRIERENDEN STÄDTE” Mark Michaeli spricht im Interview über die Auswirkungen des Städtewachstums auf den ländlichen Raum

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WACHSTUM NACH INNEN Sind Baugruppen-Projekte die Antwort auf die Frage, wie bezahlbarer Wohnraum entsteht?

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ZÄHNE ZEIGEN Das Bündnis Bezahlbares Wohnen e.V. im Porträt

STUDIO 46

FRAGE Wie funktioniert Work-Life-Blending?

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PRAXIS Pflanzen gegen Starkregen

52

REFERENZ Frisch verlegt

54

LÖSUNGEN Neue Lösungen und Systeme

RUBRIKEN 60

Stellenmarkt

62

Lieferquellen

63

Impressum

64

DGGL

66

Sichtachse

66

Vorschau

Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL) Wartburgstraße 42 10823 Berlin www.dggl.org

5 GARTEN+ L ANDSCHAFT


SN A PS H O T S

TA N J A G A L L E N M Ü L L E R ÜBER DIE ...

AUTORIN Tanja Gallenmüller studierte Landschaftsplanung an der TU Berlin und arbeitet seit 2004 als Redakteurin und Projektmanagerin für Garten + Landschaft und Topos.

Eine Idee des Klimopass Forschungsprojekts: die Verwandlung des Parkhauses Züblin in ein grünes Parkhaus für Fußgänger mit stadtklimatischer Kühlwirkung.

6 GARTEN+ L ANDSCHAFT

Visionen, Mut und Leidenschaft. Fasst man die Diskussion zur Zukunft unserer Städte am 22. Februar im Rahmen der Messe Grünbau in Berlin zusammen, so sind das drei wesentliche Werkzeuge, mit denen sich Städte für die anstehenden Herausforderungen rüsten sollten: Klimawandel, Globalisierung, zunehmende Urbanisierung, Verknappung der natürlichen Ressourcen und Digitalisierung. Eine gewisse Bereitschaft zum Risiko nach dem Prinzip des „Trial and Error“ zählt für Antje Backhaus, Partnerin im Berliner Landschaftsarchitekturbüro gruppe F, zu den notwendigen Voraussetzungen, die Auftraggeber und Planer, insbesondere im Umgang mit zunehmenden Starkregenereignissen infolge des Klimawandels, künftig mitbringen müssen. Das Planen von Rückhalt, Verdunstung und Versicke-

rung ist nicht gleichermaßen vorhersehbar wie die Ableitung von Oberflächenwasser in die Kanalisation: „Mit Wasser zu arbeiten ist ein sehr dynamischer Prozess, der angepasst werden muss, wenn etwas nicht gleich klappt.“ Backhaus weiß, wovon sie spricht: Mit ihrem Büro hat sie bereits zahlreiche RegenwassermanagementKonzepte erarbeitet und teils auch realisiert, insbesondere in Dänemark. Die Vorreiterrolle der Dänen kommt nicht von ungefähr: Sintflutartiger Regen versetzte die Stadt Kopenhagen im Juli 2011 in einen Ausnahmezustand und zwang zum Handeln. Im Vergleich zu Deutschland, so Backhaus, findet ein viel offenerer gesellschaftlicher Dialog statt, die Zusammenarbeit zwischen Planern und Behörde ist durch permanente Abstimmung viel intensiver, und sie setzen Entscheidungen

Visualisierung: Ludwig/Schönle/Belles/LUBW

ZUKUNFT UNSERER STÄDTE


Visualisierungen: gruppe F Landschaftsarchitekten

ARENA SNAPSHOTS

schneller um. Dass Stadtverwaltungen bei Projekten mitarbeiten und nicht nur Aufträge vergeben, sieht auch Ina Homeier als wichtigen Aspekt, um das erforderliche Know-how zu erarbeiten. Mit viel Leidenschaft und Herzblut für ihre Heimatstadt hat die Architektin die Smart-City-Wien-Rahmenstrategie (siehe auch G+L 01/2018) erfolgreich mit auf den Weg gebracht. Wesentliches Ziel: die Zusammenarbeit aller an der Stadtentwicklung beteiligten Geschäftsbereiche zu fördern. Die Strategie gibt dabei keine konkreten Maßnahmen vor, sondern definiert Ziele und Visionen bis zum Jahr 2050, die von den untergeordneten Fachabteilungen eigeninitiativ umgesetzt werden müssen. Während „smart“ außerhalb Europas primär auf technologischen Fortschritt setzt, geht Wien das Thema ganzheitlicher an, „denn smart ist nur etwas, das sich gedanklich nicht in einem Silo bewegt, alles muss Hand in Hand gehen“, so Homeier. Neben der Digitalisierung spielen daher die Ressourcenschonung sowie soziale und freiraumplanerische Aspekte eine wichtige Rolle. Die Vision von der zwar dichten, aber dennoch grünen Stadt treibt Ferdinand Ludwig an, Architekt und Professor für Green Technologies an der TU München (siehe auch G+L 07/2017). Den Verlust an Grünflächen durch die Nachverdichtung der Städte will er durch grünes Bauen kompensieren. Um nicht warten zu müssen, bis ein Baum groß genug ist, um seine Wirkung als Feinstaubfilter, Sauerstoffproduzent und Hitzeregulator voll entfalten zu können, setzt er dafür auf das Prinzip der Baubotanik. Durch eine spezielle Art des Propfens entstehen in relativ kurzer Zeit konstruktive Bauwerke aus Bäumen, die eine positive Wirkung auf das Stadtklima haben. Im Rahmen des Forschungsprojekts Klimopass untersucht er aktuell, wie der baubotanische Ansatz dazu beitragen kann, die Stadt Stuttgart fit für den Klimawandel zu machen. Mein Fazit: Gelingt es den Städten künftig, mit mehr Mut, wie Antje Backhaus ihn fordert, und mit großer Leidenschaft, wie sie Ina Homeier für Wien einbringt, zugleich Visionen zu entwickeln wie Ferdinand Ludwig und diese zu realisieren, ist ein wesentlicher Schritt getan auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Stadt.

Ein Konzept der gruppe F: Multikodierung grüner Mittelstreifen zur Retention von Extremniederschlägen.

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STÄDTE IM WACHSTUM

„MANCHMAL IST GRAU DAS NEUE GRÜN” In politischer und ökonomischer Hinsicht nehmen es Metropolen heute leicht mit einer Vielzahl von Staaten auf. Die Bedeutung der Städte als gestaltungs- und wirkungsmächtige Akteure steigt dramatisch – und auch ihre Attraktivität als Lebensraum, denn hier erhofft sich die Mehrheit der Weltbevölkerung eine prosperierende Zukunft und Antworten auf Fragen wie Lebens- und Wohnqualität, Umweltschutz, Infrastruktur und Migration. Wir sprachen mit Alain Thierstein von der TU München, Institut für Raumentwicklung, über die Metropolregion München und wie Städte sich für das große Wachstum wappnen können. ANJA KOLLER

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STADTWACHSTUM INTERVIEW MIT ALAIN THIERSTEIN

Herr Prof. Thierstein, München wächst. Man vermutet, dass 2030 sogar 1,8 Millionen Menschen hier leben werden. Warum sind Städte nach wie vor so attraktiv, wenn sie doch immer enger werden?

Die Menschen zieht es in die Städte, weil sie hier Chancen sehen, einen Job zu bekommen, einen Ausbildungs- oder Studienplatz. In Städten findet die Zukunft statt. Das gilt auch für München. Nicht nur die Stadt selbst, sondern die gesamte Metropolregion ist durch Zuzug geprägt. Die Konzentration an Unternehmen und damit an Arbeitsplätzen ist sehr hoch. Das macht München und das Umland sehr attraktiv. Auch für Migranten, die schon immer prosperierende Städte angesteuert haben, weil sie hier Perspektiven finden. Zuzug verändert die Stadt – wo müssen Kommunen ansetzen, wenn sie diesen Wandel aktiv mitgestalten wollen?

Die Dynamik der Veränderung von Raum kann man nur nachvollziehen, wenn man die Verbindung zwischen Wohnen, Arbeiten und Mobilität versteht. Dieses Verständnis aufzubringen, ist essenziell für Kommunen. In einer Studie, die wir an der TU München durchgeführt haben, war genau das der Fokus. Wir haben die Veränderungsdynamik und die Entwicklungsoptionen für die Metropolregion untersucht und sind auf unterschiedliche Raumnutzungsmuster von privaten Haushalten gestoßen.

INTERVIEWPARTNER Alain Thierstein, promovierter Ökonom, ist Professor für Raumentwicklung an der Fakultät für Architektur der Technischen Universität München (TUM). Er forscht auf dem Gebiet des Standortwahlverhaltens wissensintensiver Unternehmen sowie der Stadt- und Metropolenentwicklung.

Was lässt sich denn aus diesen Nutzungsmustern schließen?

Wir verstehen dadurch, wie die Münchner und die Bewohner der Metropolregion den Stadtraum und die Region nutzen, was ihnen wichtig ist, wie mobil sie sind. Wir haben Personengruppen identifiziert, die lange Arbeitswege mit dem eigenen Auto wegen des prekären Wohnungsmarktes in Kauf nehmen und eher ländlich wohnen. Oder eine Gruppe, die zentrumsnah wohnt, sich mit einer kleinen Wohnung in der Innenstadt zufrieden gibt und auf umweltfreundliche Mobilität mit dem ÖPNV Wert legt. Aber es gibt auch Leute, die aktiv von der Stadt ins Umland wandern ... 13 GARTEN+ L ANDSCHAFT


STADTWACHSTUM INTERVIEW MIT MARK MICHAELI

Kartierung potenzieller Unterversorgung mit täglich nachgefragten Infrastrukturen in Bayern. Je intensiver die Färbung, desto höher ist die Zahl der Bewohner ohne Zugang zu naher Lebensmittelversorgung (weniger als drei Kilometer).

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Der (Doppel-)Donut-Effekt im ländlichen Raum: Trotz Ortskernrevitalisierung sind viele Mitten von spärlich bewohnten Zonen umgeben (blau). Der Leerstand beeinträchtigt die Attraktivität, bietet gleichzeitig aber

der unterschiedlichen Problemlagen und Professionalisierungsgrade der Planungsverwaltung ein tiefes Misstrauen zwischen den Kernstädten und den umgebenden kleinteiliger strukturierten Gemeinden entsteht. Das muss überwunden werden. Schaffen die Kommunen es aber, sich durch offenen Ideenaustausch ein Gesprächsklima „auf Augenhöhe“ zu erarbeiten, kann die Abstimmung gelingen. Werfen wir nochmal einen Blick in die Städte. Welche Folgen hat die Verstädterung innerhalb der Stadtgrenzen?

wie auch sozial problematisch ist. Das heißt, wir müssen uns gerade auch bei dem Zuzug ins Umland ganz genau überlegen, wie und wo dieser passiert. Und dafür braucht es eine regionale Koordination. Das heißt, das Umland wuchert derzeit ungeahnt vor sich hin?

Nein, aber es existiert eine Ordnung, die im Umfeld der großen Städte nicht mehr zu den neu auftretenden Problemen passt. Es bedarf einer stärkeren Zusammenarbeit, wir müssen regionale Konzepte und Regelungen entwickeln. Die Frage der Infrastruktur beispielsweise kann gar nicht auf kommunaler Ebene gelöst werden. Es gibt zwar Planungsregionen, aber es könnte meiner Meinung nach klarere Vereinbarungen für Übergeordnetes geben. 34 GARTEN+ L ANDSCHAFT

Wie könnten solche Regelungen aussehen?

Denken lässt sich da vieles: von relativ losen Vereinbarungen bis hin zu stark eingreifenden formalisierten Instrumenten. Beide Extreme haben jedoch bislang nicht funktioniert. Dazwischen sind andere Formen denkbar, wie eine gemeinsame informelle Zielerklärung und räumliche Strukturplanung, die dann durch geeignete Förderprogramme für die Kommunen flankiert wird. Wir kennen so etwas aus den Agglomerationsprogrammen in der Schweiz und Österreich, oder von wenigen Integrierten Ländlichen Entwicklungen – ILE – in Süddeutschland. Und das funktioniert dann so einfach?

Nein, die größte Herausforderung bei den freiwilligen Projekten ist es, dass aufgrund

Die Städte haben ein ganz eigenes Problem mit ihren inneren Peripherien und Randbereichen. Jeder Bürger hatte hier einst sein Haus und seinen Garten. Damit war seinerzeit die Freiraum- und Grünraumversorgung gesichert. Wenn jetzt allerdings auf diesen Grundstücken nachverdichtet und aus einem Einfamilienhaus ein Mehrfamilienhaus wird, dann entfällt auch die entsprechende Freiraumversorgung. So haben viele dieser städtisch geprägten suburbanen Gebiete eine überraschend miserable Grünflächendichte für die Öffentlichkeit. Es gibt in diesen Gebieten kaum funktionierende Plätze und Durchwegungen. In München oder Hamburg sehen wir das ja schon. Hier wird auf ehemaligen Einfamilienhausgrundstücken viel dichter nachgebaut, die dadurch benötigten Freiräume lassen sich aber kaum erweitern. Viele Städte weiten sich in die Fläche aus und wachsen mit ihrem Umland zusammen. Ist das eine Chance oder ein Risiko?

Beides, denke ich. Man kann die Zusammenführung schlecht koordinieren oder zufällig geschehen lassen und dadurch kommunale Talente, Kulturen und Identitäten verlieren. Es gibt aber auch viele positive Beispiele. Hier wurde meist frühzeitig mit der Konzeption und Planung einer regionalen, häufig polyzentrisch organisierten Stadtregion begonnen. Statt Verwaltungsreformen durchzusetzen, hat man zusammengearbeitet, gemeinsam Ziele definiert und auf individuelle

Visualisierung: Lehrstuhl sustainable urbanism – Technische Universität München, Datenbasis: Zensus 2011: Statistisches Bundesamt, Luftbild: Bayerische Vermessungsverwaltung 2017

auch Potenziale.


ZÄHNE ZEIGEN Die Münchner Mieten sind zu hoch – das ist der allgemeine Tenor. Die meisten nehmen das kommentarlos hin. Nicht so das Bündnis Bezahlbares Wohnen: Es vermittelt zwischen Mieter und Vermieter und diskutiert mit Politikern. Aber gibt es auch Erfolge? VANESSA KANZ

AUTORIN Vanessa Kanz studierte Kulturwissenschaften, Germanistik und Europäische Geschichte. Seit Januar 2018 ist sie Volontärin in den Redaktionen Garten + Landschaft und Topos.

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„Wir befinden uns an dem Ort, an dem alles begann“, sagt Hartmuth Siebert und blickt aus dem Fenster des Café Westend. Hier in der Ganghoferstraße, im Münchner Stadtteil Schwanthalerhöhe, kündigte ein Vermieter vor gut einem Jahrzehnt für seine Wohnungen eine Mieterhöhung um zwanzig Prozent an. Siebert lebte in einer dieser Wohnungen. Die geplante Mietsteigerung war ein Schock – trotzdem war ihm schnell klar: Hinnehmen ist keine Option. Aus der Mietergemeinschaft in der Ganghoferstraße organisierte sich eine erste Initiative für bezahlbares Wohnen, mit Siebert als Gründungsmitglied. „Alle reden über die hohen Mieten, doch es passiert zu wenig“, sagt er. Das wollten sie ändern. Mit diesem Bestreben waren der heute 55-jährige und seine Initiative nicht allein. Es stellte sich

heraus: Es gab weitere Gruppen, die sich für bezahlbaren Wohnraum in München stark machten. Auf Veranstaltungen und Gesprächsrunden trafen sie aufeinander. Stück für Stück vernetzte sich das Bündnis und am Schluss kam die Vereinsgründung. Das war vor knapp sechs Jahren. Das heutige Bündnis Bezahlbares Wohnen ist ein Zusammenschluss von über 32 Mietergemeinschaften und Stadtteilvereinen sowie weiterer Einzelpersonen. Gemeinsam wollen sie den bezahlbaren Wohnraum erhalten – oder ihn zurückholen. „In München gibt es mittlerweile kaum noch Stadtteile, in denen man günstig wohnen kann. Selbst in den nicht so beliebten Bezirken ist es schwer geworden“, sagt Hartmuth Siebert. Die Vereinsarbeit gliedert sich in zwei Bereiche: Das Bündnis leistet Hilfe bei der


STADTWACHSTUM BÜNDNIS BEZAHLBARES WOHNEN

Lächeln die Probleme

Foto: Erich Staudacher

nicht nur weg: von links

Gründung neuer Mieterverbände und unterstützt bei Problemen mit dem Vermieter. Zudem agiert es als öffentlicher Fehlermelder. Heißt konkret: Das Bündnis steigt in Diskussionen, Gesetzgebungen und Ankündigungen ein, die zu Lasten der Mieter ausfallen können. Es sucht das Gespräch mit Politikern und Vermietern und prangert einseitige, mieterunfreundliche Aspekte an. Ein Beispiel ist die energetische Gebäudesanierung. Die Politik beschloss, dass Immobilieneigentümer ihre Fassaden dämmen müssen, um den CO2-Verbrauch zu reduzieren. Im Jahr 2013 änderte die Regierung den entsprechenden Paragraphen 559 zum Nachteil der Mieter. „Das Gesetz macht es dem Vermieter leicht, die Kosten in Form von Mieterhöhungen umzulegen“, so Siebert. Das bedeute in vielen Fällen eine Verdoppelung der Mietpreise. Das Bündnis

sieht sowohl Investoren und Vermieter als auch die Politiker als Mitschuldige an der derzeitigen Lage. Trotzdem lautet seine Devise: Kommunikation ist besser als Konfrontation. Es will bewirken, dass Vermieter den sozialen Aspekt berücksichtigen, denn „ein Haus, in dem Menschen leben, ist kein reines Renditeobjekt“, sagt Siebert. Dabei ist das Bündnis nicht gegen alle Investoren, Vermieter oder Eigentümer von Immobilien. Im Gegenteil: Es gebe auch verantwortungsvolle Vermieter, die es zu unterstützen gelte. Und auch eine generelle Politiker-Schelte führe zu nichts, meint Siebert. Trotzdem: „Nur die Politik hat die Möglichkeit, die Handlungsrahmen so zu setzen, dass es für alle am Ende fair ausgeht.“ Deshalb sprechen die Bündnismitglieder mit allen Politikern – und bleiben dabei selbst parteipolitisch unabhängig. Das Bündnis will

nach rechts Hartmuth Siebert (2. Vorsitzender), Michelle Klein (Kassenwart), Melanie Priewasser (stellv. Schriftführerin) und Maximilian Heisler (1. Vorsitzender).

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RENDEZVOUS IM GARTEN Gartennetz Deutschland in der DGGL startet deutschfranzösisches Projekt zur Gartenkultur: Vom 1. bis 3. Juni findet das erste Gartenrendezvous in deutschen Parks und Gärten statt.

BEATE REUBER UND JENS SPANJER

Im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahres 2018 findet am ersten Juniwochenende als Auftakt einer deutsch-französischen Kooperation zur Gartenkultur die Aktion „Rendezvous im Garten – Tage der Parks und Gärten“ statt. Gärten und Parks sind seit jeher Bindeglieder zwischen unterschiedlichen Kulturen und Nationen. Sie erfreuen sich weltweit größter Beliebtheit, und die Gestaltung eines Gartens vermittelt nicht nur das Bedürfnis nach Schönheit, sondern ist gleichzeitig ein Ausdruck geistiger Freiheit. Gärten und Parks sind Idealräume der Menschen und über alle Kulturgrenzen hinweg Orte der Harmonie, der Zuflucht, der Ruhe und des Nachdenkens. Hierbei ist es unerheblich, ob sie groß oder klein, historisch oder zeitgenössisch sind oder ob sie sich im städtischen oder im ländlichen Raum befinden. Wesentlich sind jedoch ihre Instandhaltung und Authentizität, das Außergewöhnliche, das Traditionelle und der Bekanntheitsgrad einer Parkanlage. Die DGGL verfolgt das Ziel, mit dem Gartennetz Deutschland Garteninitiativen bundesweit zusammenzuführen und die Akzeptanz für Gartenkultur und Gartenkunst innerhalb Deutschlands und auch über die Landesgrenzen hinaus auszuweiten und zu fördern. Das 2007 gegründete Gartennetz Deutschland war bis 2017 als eigenständiger Verein mit rund 20 Garteninitiativen bundesweit aktiv und hat unter anderem den britischen Green Flag Award als Auszeichnung für hohe Qualitätsstandards von Gartenanlagen in Deutschland etabliert. Um Synergien zu anderen Bereichen der Gartenkultur besser nutzen zu können, wird das Gartennetz seit 2017 unter dem DGGL-Dach weiterentwickelt. Eine vielversprechende Idee, die mit dem „Rendezvous im Garten“ ein erstes Projekt vorzuweisen hat. 64 GARTEN+ L ANDSCHAFT

Ausgehend von der seit 2008 bestehenden bundesweiten Aktion „Lust am Garten – Tag der Parks und Gärten“ wird daraus nun ein international vernetztes Format. Das bisherige Aktionswochenende wurde mit dem Ziel entwickelt, Jung und Alt sowie Anwohner und Touristen für historische und zeitgenössische Gartenkunst zu begeistern, sich für die Pflege und den Erhalt von Parks und Gärten zu engagieren und „Lust am Garten“ zu wecken. Das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz (DNK), die Kulturabteilung der französischen Botschaft und das Gartennetz Deutschland in der DGGL haben gemeinsam die Idee entwickelt, den deutschen Tag der Parks und Gärten mit dem französischen „Rendez-vous aux Jardins“ zu verknüpfen. In Frankreich wird „Rendez-vous aux Jardins“ vom französischen Kulturministerium seit 2003 erfolgreich als großes Kooperationsprojekt gemeinsam mit Betreibern und Eigentümern von Parks und Gärten, regionalen Garteninitiativen, touristischen Organisationen und Institutionen der Gartendenkmalpflege durchgeführt. Mehr als 3 000 teilnehmende Parks und Gärten machen Frankreich an diesem Wochenende zur Grande Nation der Gartenkultur. TAGE DER PARKS UND GÄRTEN

In Deutschland findet die länderübergreifende Aktion erstmalig als „Rendezvous im Garten – Tage der Parks und Gärten!“ am ersten Juniwochende vom 1. bis 3. Juni 2018 statt. Die DGGL als Träger des Gartennetzes Deutschland hatte für die Durchführung der Aktion im Rahmen des Europäischen Kulturerbejahr 2018 einen Förderantrag beim Bund gestellt. Partner des nun von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien geförderten Projekts sind das

französische Kulturministerium, das Deutsche Nationalkomitee für Denkmalschutz, die Französische Botschaft Berlin, das Institut Français Deutschland, die Region Hannover, die Firma BESCO Berliner Steincontor und das Europäische Gartennetzwerk EGHN. Das französische Kulturministerium und das Gartennetz Deutschland in der DGGL streben für das Projekt eine dauerhafte Kooperation an. Parallel dazu plant das Institut Français Deutschland, zu einer interdisziplinären und länderübergreifenden Zusammenarbeit zum Thema Gärten aufzurufen. Mit dem "Rendezvous im Garten" möchte das Gartennetz eine breite Zielgruppe für Parks und Gärten als kulturellem Erbe begeistern. Die teilnehmenden Gärten sind dabei frei in der Wahl ihrer Angebote an diesem Wochenende. Programme mit Bezug zum Europäischen Kulturerbe sind wünschenswert, aber


"Von Rosenlust bis

Foto: Kulturstiftung Sachsen-Anhalt

Schneckenfrust" ist der

nicht Pflicht. Ansonsten sind kostenlose Führungen, Sonderführungen und Veranstaltungen wie Konzerte, Parkfeste, Lesungen, Theater, Kleinkunst, Performances, Ausstellungen, Filme, Installationen, Gartenmärkte und Kulinarisches möglich. Mit dabei sind natürlich auch Formate, die schon geplant oder etabliert sind. Auch sind außerordentliche Öffnungszeiten privater Gärten und Parks willkommen. Alle Gärten, die über ihre regionalen Netzwerke oder Initiativen dem Gartennetz Deutschland in der DGGL angeschlossen sind, können an der Veranstaltung teilnehmen. Die einheitliche Bewerbung der Aktion „Rendezvous im Garten“ kann dabei von allen Gärten und Parks, die einer Mitgliedsinitiative im Gartennetz Deutschland in der DGGL angeschlossen

sind, kostenfrei genutzt werden. Die Betreiber und Besitzer von Gärten erhalten ein Kontingent an kostenlosen Flyern und Plakaten, und die DGGL begleitet die Aktion aktiv durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Weitere Informationen sind auf der im Aufbau befindlichen Internetseite www.rendez-vousim-garten.org zu finden. Anmeldungen zum Rendezvous von Garteninitiativen, Parks und Gärten werden über info@DGGL.org entgegengenommen. Vielleicht spornen die Möglichkeiten des "Rendezvous im Garten" weitere Garteninitiativen an, Mitglied im Gartennetz Deutschland in der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur (DGGL) e.V. zu werden.

Titel einer unterhaltsamen Führung durch die Gärten des Klosters Michaelstein am 03.06.2018.

Diese Rubrik unterliegt presserechtlich und inhaltlich der Verantwortung der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur: DGGL-Bundesgeschäftsstelle, Wartburgstraße 42, 10823 Berlin, Telefon 0 30/78 71 36 13, info@dggl.org

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