N OVE MB E R 2018
MAGAZ I N F Ü R L ANDSC HAF T SARC HI TEK TUR
GARTEN +
LANDSCHAFT AUF IDENTITÄT BAUEN: WIE AUS INDUSTRIE BAUKULTUR WIRD
plus
Tilman Latz im Interview Tipps zur Moderation von Bürgerbeteiligung
20 Das De Ceuvel-Areal im Amsterdamer Stadtteil Buiksloterham: Auf einem ehemaligen verseuchten Werftgelände ist eine ökologische und sozial
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nachhaltige Zwischennutzung entstanden.
Nicht nur ein beliebter Hotspot für Foto-Sessions: Der Seonyudo Park in Südkorea gilt als postindustrielles Pionierobjekt.
28 Die Transformation der ehemaligen Brauerei
Identitätsstiftende
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historische Spuren sucht
Transformation von Grau zu
man vergebens.
Grün: Wann fällt der Startschuss
Carlsberg in Kopenhagen musste Kritik einstecken.
für den Stadtgarten auf dem Hamburger Flakbunker "Feldstraße"?
50 Der Alleskönner: Der König-Leopold-IIIPlatz im belgischen Blankenberge ist entspannter Aufenthaltsort, gemeinschaftlicher Treffpunkt und Event-Hotspot zugleich.
INHALT
AREN A 06 11
SNAPSHOTS MOMENTAUFNAHME Fünfzehn Steine
T I T EL Auf Identität Bauen: Wie aus Industrie Baukultur wird 12
„RADIKALITÄT ENTSTEHT DARAUS, DASS MAN SICH RADIKAL EINEM ORT WIDMET.“ Tilman Latz über das Suchen und Finden der Identität postindustrieller Landschaften
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WELLEN SCHLAGEN Vom verseuchten Werftgelände zum nachhaltigen Standort für Wohnen und Arbeiten: Das De Ceuvel-Areal in Amsterdam
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„HISTORIE IST ALS RESSOURCE ZU VERSTEHEN“ Ein Gespräch mit der Kunsthistorikerin Svava Riesto über vertane Chancen in Transformationsprozessen
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VISION STADTGARTEN Ein Zeichen für nachhaltige Stadtentwicklung: Wie das Dach des ehemaligen Flakbunkers in Hamburg zum Garten werden soll
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AUFGEDECKTE GESCHICHTE Südkoreas postindustrielles Pionierprojekt: Seonyudo Park in Seoul
STUDIO 46
FRAGE Wie moderiert man Bürgerbeteiligung?
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PRAXIS Die Pause genießen
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REFERENZ 76 mal Liebe
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LÖSUNGEN Stadtmobiliar
RUBRIKEN 60
Stellenmarkt
62
Impressum
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Lieferquellen
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DGGL
66
Sichtachse
66
Vorschau
Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL) Wartburgstraße 42 10823 Berlin www.dggl.org
5 GARTEN+ L ANDSCHAFT
SN A PS H O T S
VA N E S S A K A N Z Ü B E R ...
Der Gartendesigner Piet Oudolf gestaltete in diesem Jahr Bergamos Piazza Vecchia temporär zum „Green Square“ um.
6 GARTEN+ L ANDSCHAFT
Die Piazza Vecchia in der norditalienischen Stadt Bergamo ist ein Modell historisch gewachsener, urbaner Baukultur. Ihre grüne Metamorphose war Kern und omnipräsentes Bindeglied der diesjährigen Veranstaltung „I Maestri del Paesaggio“ mit dem Thema „Plant Landscape“. Da liegt es nahe, dass der Niederländer Piet Oudolf für die temporäre Intervention angefragt wurde. Bei seiner Idee geht es um die Atmosphäre; darum, was man sieht und dabei fühlt. Vor der Gestaltung des „Green Square“ hatte Oudolf allerdings Bedenken: „Normalerweise entfaltet sich ein Garten erst über eine gewisse Zeit hinweg. Dieses Mal musste alles pünktlich zum Event funktionieren.“ Trotz guter Planung gehört laut Oudolf auch viel Improvisation dazu. Das ist die große Kunst des Gartendesigners, der zur New-Perennial-Bewegung gehört: Er plant, überlegt vorab, welche Pflanzen sich eignen, an welcher Stelle er welche Sorte pflanzt, er skizziert, konzipiert – und am Ende wirkt es umso naturalistischer, impulsiver, lebendiger. Für sein Pflanzendesign sind die Farben zwar wichtig, aber fast nebensächlich im Vergleich zur Struktur. Von oben ähnelt der
Platz einem Mosaik; Gänge führen vom Brunnen durch die aufgestellten Pflanzkästen: Linie, Kontur und Unkontrolliertheit wechseln sich ab. Diese Spontaneität und Wildheit bringt Oudolf durch Gräser auf den Platz; durch ihre unterschiedliche Höhe heben und senken sie sich nach ihrem Willen. Zwischen den Stauden und Gräsern, die farblich im braunen und grünen Farbspektrum liegen, setzt Oudolf leuchtende Akzente: So wechseln sich das Orange der weidenblättrigen Sonnenblume, das Purpur der Waldrebe, das Anthrazit des Mexikanischen Salbeis und weitere Farbtupfer ab. Der Gang über den Green Square ist sinnesanregend, die Gerüche von Lavendel und Salbei vermischen sich, die Gräser berühren Fingerspitzen und Handflächen, und deren leises Rauschen bildet die Geräuschkulisse. Piet Oudolf ist es geglückt, die Atmosphäre einer wilden Landschaft einzufangen und in den urbanen Raum Bergamos zu übertragen.
+
Mehr zum Event I Maestri del Paesaggio auf garten-landschaft.de/Bergamo-2018
Foto: Leonardo Tagliabue
WILDE LANDSCHAFT IN BERGAMO
ARENA SNAPSHOTS
A N J A KO L L E R : F Ü NF FRAGEN AN DEN GEWINN ER DES ...
ROSA-BARBA-PREISES 2018 INTERVIEWPARTNER Thrainn Hauksson, 1957 in Island geboren, studierte Landschaftsarchitektur in Kopenhagen und leitet seit 2007 das Landschaftsarchitekturbüro Landslag in Reykjavík.
Herr Hauksson, Ihr Büro Landslag EHF hat mit der Saxhóll Crater Stairway den Rosa-Barba-Preis 2018 gewonnen. Was ist das Besondere an diesem Projekt? Es ist eine einfache Treppe, die sich ihren Weg zu einem 40 Meter hohen, ovalförmigen Krater hinauf bahnt. Sie schafft eine Art von unendlichem Weg, da es hinter jeder Kurve etwas Neues zu sehen gibt. Die 1,5 Meter breite Treppe besteht aus je drei Meter langen Einheiten, die wie eine Kette am Hang liegen. Ich denke, unser Projekt ist besonders in seiner Schlichtheit und – wenn ich das so sagen darf – in seiner Schönheit.
Wie kommt man mit der rauen isländischen Landschaft zurecht? Die meisten unserer Arbeiten befinden sich im städtischen Umfeld. Wenn wir in der Landschaft arbeiten, müssen wir die starken Kräfte der Natur und nicht zuletzt das Wetter berücksichtigen. Das erfordert robuste und dauerhafte Lösungen. Wir gehen unsere Arbeit mit großem Respekt vor der Landschaft an: Da vermischen sich Aufregung, Freude und Angst. Wofür steht Ihr Büro Landslag EHF? Landslag steht für den Respekt vor der natürlichen und kulturellen Umwelt und für Kreativität für die Stadtbewohner.
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Ein minimalistischer Eingriff in die raue isländische Landschaft überzeugte die Jury des Rosa-Barba-Preises
Mehr zur Biennale in Barcelona unter
2018: die Saxhóll Crater
garten-landschaft.de/biennale-barcelona-2018
Stairway von Landslag.
Foto: Landslag EHF/Thrainn Hauksson
Wie haben Sie sich der Kraterlandschaft genähert? Wir haben die Topografie des Kraters sehr genau untersucht und den bereits existierenden Weg verfolgt. Wir wollten die Auswirkungen auf die Landschaft so gering wie möglich halten, aber dennoch einen sicheren und soliden Weg hinauf ermöglichen. Die Treppe sollte sich außerdem farblich an die Lavasteine anpassen und in die alpine Vegetation einfügen.
Was war die größte Herausforderung? Die Berechnungen für die Neigung und Krümmungen des Weges richtig durchzuführen und die richtige Anzahl von Einheiten zu ermitteln. Zum ersten Mal haben wir eine Drohne genutzt, um den Krater zu vermessen. Wir waren uns nicht sicher, wie exakt das am Ende sein würde. Aber es hat alles geklappt.
7 GARTEN+ L ANDSCHAFT
„RADIKALI ENTSTEHT DARAUS, D MAN SICH RADIKAL EI ORT WIDM 12 GARTEN+ L ANDSCHAFT
TRANSFORMATION INTERVIEW MIT TILMAN LATZ
ITÄT
DASS
INEM MET.“
Die Transformation post-industrieller Landschaften bedeutet vor allem eine kulturelle Inwertsetzung und ist damit eine Investition in die Zukunft urbaner Räume. Welcher Ästhetik man folgt, wie man sich einem Ort, der Vergangenes in sich trägt, nähert, wie man lernt, ihn zu verstehen, darüber sprachen wir mit Tilman Latz. ANJA KOLLER
13 GARTEN+ L ANDSCHAFT
Das De Ceuvel-Areal im Norden von Amsterdam ist f체r einen Zeitraum von zehn Jahren zu einem Vorzeigeprojekt f체r die Umwandlung eines einst verseuchten Werftgel채ndes geworden. Die Transformation gentrifizierte allerdings auch die Umgebung. Wenn die Stadt das Gel채nde in wenigen Jahren verkauft, scheint vor allem sie davon zu profitieren. CHARLIE CLEMOES
20 GARTEN+ L ANDSCHAFT
Foto: Niko Coutignu
WELLEN SCHLAGEN
TRANSFORMATION DE CEUVEL, AMSTERDAM
Die Sanierung von Altlasten gehört nicht zu den Themen, mit denen sich leicht Schlagzeilen machen lassen. Die schmutzigen und meist mühsamen Arbeiten, die die Reinigung von verseuchten Schwerindustrieflächen erfordert, bieten eher selten Gelegenheiten für eine erbauliche fotographische Dokumentation. Auch die kurzen Aufmerksamkeitsspannen heutiger Leser machen es nicht leichter, dieses Thema zu vermitteln. Diesem Trend widerspricht das De CeuvelAreal in Buiksloterham, einem Stadtteil im Norden von Amsterdam: Es zieht seit einigen Jahren jede Menge Aufmerksamkeit auf sich. Auf einem ehemaligen Werftgelände ist hier ein temporärer, ökologisch und sozial nachhaltiger Standort für soziale Einrichtungen und kreative Unternehmen entstanden. Seit 2012 transformiert sich De Ceuvel von einem verseuchten Industrieareal zu einem Ort für nachhaltiges Wohnen und Arbeiten. Das Projekt charakterisiert sich selbst als „städtisches Spielfeld für innovative und kreative Experimente“, dessen Ziel darin besteht, „Nachhaltigkeit konkret erlebbar und der Allgemeinheit zugänglich zu machen und Freude daran zu vermitteln“. Diesen Vorstellungen entsprechend dominiert in De Ceuvel eine Gebäudeästhetik, wie sie in aller Welt für improvisierte und provisorische Nutzungen alternativer und unabhängiger Initiativen typisch ist. Neben einem beliebten Café und Restaurant gibt es verschiedene Ateliers, die in umfunktionierten Hausbooten untergebracht sind. Ein Holzsteg windet sich durch das Gelände und verbindet sie miteinander.
AUTOR Charlie Clemoes ist Autor, Redakteur und macht Podcasts für Failed Architecture. Ursprünglich aus Südwest-England lebt er nun in Amsterdam.
Auf den Dächern der ehemaligen Hausboote befinden sich über 150 Photovoltaikanlagen, die genügend Energie produzieren, um die Büros zu heizen.
21 GARTEN+ L ANDSCHAFT
„HISTORIE IST ALS RESSOURCE ZU VERSTEHEN“ Vor knapp zehn Jahren schloss die Brauerei Carlsberg ihr Stammgelände in Kopenhagen. Die anschließende Transformation des 30 Hektar großen, innerstädtischen Industrieareals zum dichten, vitalen Stadtteil geriet jedoch zunehmend in Kritik. Die Kunsthistorikerin Svava Riesto publizierte hierzu das Buch „Biography of an Industrial Landscape – Carlsberg’s Urban Spaces Retold“. Mit ihr sprachen wir über das Projekt und darüber, warum Planer stärker mit Denkmalpflegern zusammenarbeiten müssen.
INTERVIEWPARTNERIN Svava Riesto ist außerordentliche Professorin an der Universität Kopenhagen. Die Kunsthistorikerin mit Schwerpunkt auf Stadt- und Architekturgeschichte sowie -theorie beschäftigt sich seit mehr als zehn Jahren mit Landschaftsarchitektur und Stadtplanung. Sie forscht, wie urbane Landschaften sich verändern, entwickelt, erhalten und wiederverwertet werden können.
28 GARTEN+ L ANDSCHAFT
Frau Riesto, ihr Forschungsfokus liegt auf den Themen Konservierung, Transformation, Sanierung. Sie konzentrieren sich dabei aber nicht allein auf den gebauten Raum, sondern auch auf seinen Habitus. Wie können wir uns das vorstellen?
Prinzipiell beschäftige ich mich mit der Frage, wie wir bei Transformationsprozessen mit urbanen, industriellen Landschaften umgehen. Dabei interessiert mich auch, welche Werteauffassungen sich innerhalb derer aktivieren. Ich möchte herausfinden, was mit unserer Landschaft passiert, wenn wir eingreifen und welche Ideen von Geschichte, von Werten und welche Zukunftsperspektiven der Veränderung zugrunde liegen. Urban Redevelopment ist stets eine Verhandlung zwischen dem, was da
ist – seien es physische Spuren, Praktiken, menschliche Aktivitäten, Erinnerungen – und dem, was war und noch kommen soll. Wenn wir bewusst mit diesem Wissen umgehen, entstehen neue Perspektiven, weitere ästhetische Möglichkeiten und Verwunderungsmomente. Wir recyceln Gebäude und können aus ehemaligen Industriegebieten neue städtische und urbane Räume entwickeln; und gleichzeitig Antworten auf die Frage finden, was eine gute Stadt ist. Und diese Antworten finden wir nicht, wenn wir einfach komplett neu bauen?
Dann schaffen wir eventuell guten, aber tendenziell charakterlosen, generischen Städtebau, der allein den Bedürfnissen des
Foto: Entasis Architects/Carlsberg Ltd Properties
VANESSA KANZ
TRANSFORMATION INTERVIEW MIT SVAVA RIESTO
Schwimmspaß im industriellen Erbe – unter anderem mit ihren Bildmontagen überzeugte das Kopenhagener Büro Entasis die Jury. Sie gewannen den Ideenwettbewerb um die Zukunft des Carlsberg-Areals.
Immobilienmarktes entspricht. Die Konsequenz: Die Stadtquartiere unterscheiden sich kaum noch, sie erzählen keine Geschichte mehr, sind austauschbar. Aus sozialer Perspektive unterstützt der Erhalt des Bestands außerdem häufig gleichbleibende Mieten sowie alternative Angebote wie günstige Kinos und kulturelle Aktivitäten. Und vergessen wir nicht das ökologische Argument: Die Bauindustrie verbraucht viele Ressourcen, massenweise Material. Da ist es wahnsinnig, dass wir in Europa noch so viele Gebäude abreißen, um neue aufzustellen. Sie haben ein Buch zum RedevelopmentProzess des Kopenhagener Carlsberg Brauereigeländes geschrieben. Hat man hier Städtebau mit Charakter geschaffen?
Im Fall Carlsberg hat die Planungsgruppe sehr früh und sehr genau festgelegt, wie das 30-Hektar-Areal bebaut werden soll. Ein internationaler Architekturwettbewerb mit mehr als 200 Vorschlägen brachte durchaus interessante Ideen für das Gelände hervor – unter anderem beeinflusst von Jan Gehl und seiner Idee einer lebendigen Stadt –, aber die Entscheidungen fielen verfrüht und am Ende blieb kein Spielraum für Veränderungen. Der Plan implizierte, das Gelände mit vielen neuen Gebäuden zu bestücken, Dichte zu schaffen und das zu erhalten, was nach traditionellen Kriterien Denkmalwert hat. Dabei wurden allerdings nur jene Gebäude bedacht, die am ältesten sind. Eine markante, hundertjährige 29 GARTEN+ L ANDSCHAFT
Fünf weitere Stockwerke sowie eine Naturlandschaft auf dem Dach des Flakbunkers IV auf St. Pauli: Das ist das Ziel einer Anwohnergruppe, die sich Hilldegarden nennt.
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TRANSFORMATION HOCHBUNKER STADTGARTEN, HAMBURG
VISION STADTGARTEN Mit Clubs wie Uebel & Gefährlich oder Terrace Hill sowie Werbe- und Promotionsagenturen ist der ehemalige Hamburger Flakbunker „Feldstraße“ alles in einem: Kriegsmahnmal, Ort der Kreativität und Veranstaltungslocation. Seit 2014 engagiert sich außerdem Hilldegarden, eine Gruppe von Anwohnern, für einen Stadtgarten auf dem Dach der Schutzanlage. Denn der Hochbunker soll künftig auch für nachhaltige Stadtentwicklung stehen.
Foto: Planungsbüro Bunker
SOPHIE CHARLOTTE HOFFMANN
Hamburg ist Bunker-Hochburg: In keiner anderen deutschen Stadt wurden während des Zweiten Weltkriegs so viele militärische Schutzräume errichtet wie in der Hansestadt. Es waren gegen Kriegsende 1 051 Anlagen – darunter Hoch-, Röhren-, Rundbunker und Luftschutztürme. Grund hierfür war das 1940 erlassene „Führer-Sofortprogramm“ der Nationalsozialisten, das die Planung und den Bau von Luftschutzbunkern im Deutschen Reich vorsah. Der wohl bekannteste Bunker in Hamburg steht auf dem Heiligengeistfeld in St. Pauli. Der ehemalige Flakturm, ein in Betonbauweise mit Stahlarmierungen errichteter Luftabwehr- und Luftschutzbau, ist 75 mal 75 Meter breit und kaum zu übersehen. Mit seinen 40 Metern Höhe ist der Bunker ein prägnanter Teil des
AUTORIN Sophie Charlotte Hoffmann studierte Architektur in Leipzig und Neapel. Im Anschluss absolvierte sie ein Volontariat im Callwey Verlag. Heute macht sie ihren Master an der Akademie in München, arbeitet für Staab Architekten und schreibt währenddessen weiterhin für die Magazine Baumeister und G + L.
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FR AGE
Wenn Bürger sich bei der Umgestaltung des öffentlichen Raumes übergangen fühlen, fällt die Akzeptanz für die geplanten Maßnahmen oftmals gering aus. Bürgerbeteiligungsverfahren können das verhindern – bedürfen aber selber guter Organisation. Wie der Publikumsdialog am besten gelingt, erklären uns zwei erfahrene Moderatoren. DÉSIRÉE BALTHASAR
46 GARTEN+ L ANDSCHAFT
Grafik: Created by Freepik
WIE MODERIERT MAN BÜRGERBETEILIGUNG?
STUDIO FRAGE
Bürgerbeteiligungsverfahren haben derzeit starke Konjunktur. Bei der Umsetzung reicht das Spektrum von der einfachen Infoveranstaltung bis zum regen Austausch mit den Nutzergruppen. Formelle und informelle Bürgerbeteiligungsverfahren zählen bereits zur Routine vieler Kommunen und Städte. An manchen Orten nimmt die öffentliche Hand ihre Bürgerinnen und Bürger sehr ernst – beispielsweise in Heidelberg. Laut dem dort geltenden Leitfaden zur Bürgerbeteiligung kann jede und jeder die „Bürgerbeteiligung an einem von der Stadt geplanten Projekt formlos anregen, auch wenn dieses Projekt noch nicht auf der Vorhabenliste steht“. Wo Bürgerbeteiligung stattfindet, braucht es Menschen, die diese moderieren. Moderatoren kümmern sich darum, dass Informationen verständlich vermittelt werden, sie leiten Interessierte durch Veranstaltungen, Workshops, Foren oder Arbeitsgruppen, sie sorgen dafür, dass alle Fragen gestellt, alle Planungen erklärt und die Ergebnisse nachvollziehbar sind. Dieser Aufgaben hat sich Mone Böcker angenommen. Die studierte Volkswirtin ist Gesellschafterin des Hamburger Projektbüros Tollerort, das sich auf die Entwicklung und Moderation von Bürgerbeteiligungsprozessen spezialisiert hat. „Eine gute Vorbereitung ist die Grundlage für gute Ergebnisse“, sagt Böcker. „Jede Bürgerbeteiligung ist anders, daher ist es wichtig, die jeweilige Ausgangssituation kennenzulernen.“ Die Moderatoren müssen jedoch nicht nur vorbereiten, sondern auch abgeschlossene
Projekte nachbereiten. Ehrlich darüber zu reflektieren, was gut gelungen ist und was nicht, kann dabei helfen, für künftige Moderationsjobs dazuzulernen. Bei Auftaktgesprächen klärt Böcker, welche Gestaltungsspielräume die Menschen haben, die zu den Bürgerbeteiligungen kommen. Budget und Zeitplanung beeinflussen die Gestaltung des Verfahrensprozesses maßgeblich. Zeit ist in den Veranstaltungen auch ein kritischer Punkt: „Sie sollte nicht zu knapp bemessen sein, um sich selbst nicht in Bedrängnis zu bringen“, erzählt Böcker. Die Moderatorin plant ihre Zeitstruktur präzise und gleichzeitig flexibel genug, um bei Störungen spontan zu reagieren. „Im Vorfeld durchdenke ich auch abwegige Fragen. Doch jede noch so gute Vorbereitung schützt einen nicht vor Überraschungen – glücklicherweise auch positiven!“ Böcker balanciert während ihrer Moderationen zwischen Empathie – was passiert hier gerade? – und Projektauftrag – wie bekomme ich die gewünschten Ergebnisse? „Ich übernehme die Verantwortung für den Prozess. Der Auftraggeber entscheidet über die Gestaltungsspielräume. Die Teilnehmer entscheiden, ob und wie weit sie sich einbringen.“ Es benötigt Souveränität und Durchsetzungskraft, um derart komplexe Prozesse aktiv zu lenken. Böcker erzählt von einer Veranstaltung, bei der es eine Gruppe von Projektgegnern mit Trillerpfeifen unmöglich machte, die Ergebnisse zu präsentieren. Um die Besucher zu schützen, brach sie die Veranstaltung ab. Dem Publikum
AUTORIN Désirée Balthasar arbeitet als freiberufliche Wirtschaftsjournalistin in Hamburg. Sie studierte Literatur- und Sprachwissenschaft sowie Entwicklungspolitik in Konstanz und London.
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