Garten + Landschaft 02/2017

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PARTIZIPATION

FEBR UAR 2017

MAGAZIN FÜR LANDSCHAFT SARCHITEKTU R

GARTEN +

LANDSCHAFT

GARTEN + LANDSCHAFT

F E B R U A R 2 017

NEXT LEVEL PARTIZIPATION WIE PLAN UND TEILHABE ZUSAMMENFINDEN

plus

Neue Ideen für Stuttgarts Rosenstein Zebralog im Portrait Wie geht es den Stadtbäumen?


12

22

Partizipation im

In Stuttgart wird eine

postfaktischen Zeitalter? Klaus Selle berichtet

85 Hektar große Fläche

über aktuelle

frei. Die Firma Mediator leitet das informelle

Herausforderungen.

Beteiligungsverfahren. Ein Interview.

20 Partizipation immer und überall? Wenn da nicht der Gesetzgeber wäre! Jurist Marc Zeccola erläutert die Grenzen der Partizipation im Rechtswesen.

36 Im Reallabor 131 entstehen neue Synergien zwischen Lehrenden, Studierenden, Bürgern, Verwaltung und Fachplanung zum Zweck einer nachhaltigen Stadtplanung.

40 Das Büro Zebralog nutzt

zwischen Fachplanung und Bürgerschaft anzustoßen.

Foto: xxxxx

außergewöhnliche Methoden, um den Dialog


INHALT

AR EN A 06 11

SNAPSHOTS MOMENTAUFNAHME Mit der Landschaft verschmolzen

T ITEL Next Level Partizipation: Wie Plan und Teilhabe zusammenfinden 12

WAS BETEILIGEN BEDEUTET Klaus Selle über die Herausforderungen der Partizipation im postfaktischen Zeitalter

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DER PLANER ALS AKTIVIST? Ein Zwischenruf von Agnes Förster, Studio I Stadt I Region, München

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WILLE OHNE WEG? Grenzen der Partizipation im deutschen Rechtswesen

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OP AM OFFENEN HERZEN Wie Stuttgarts Rosenstein die Bürger der Stadt wieder an einen Tisch bringt

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SPIELEND BETEILIGEND Jugendliche entwickeln eine ehemalige Zeche zur Parcoursanlage weiter

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RAUM AUS DEM REAGENZGLAS Studenten und Lehrende generieren partizipativ neues Wissen über und für die Karlsruher Oststadt

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DIE UNZÄHMBAREN Experten für crossmediale Partizipation: Zebralog im Portrait

STUDIO 46

FRAGE Was passiert mit unseren Ideen?

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PRAXIS „Menschen müssen sehen: Dort steht ein Lebewesen“

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LÖSUNGEN Spielgeräte und Sportanlagen

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REFERENZ Amerika macht Schule

RUBRIKEN 60

Stellenmarkt

62

Lieferquellen

63

Impressum

64

DGGL

66

Sichtachse

66

Vorschau

Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL) Wartburgstraße 42 10823 Berlin www.dggl.org

5 GARTEN+ L ANDSCHAFT


„Der Fortschritt folgt einem kurvenreichen Pfad – manchmal vorwärts, manchmal zurück.“ So lautet einer der Sätze, mit denen der ehemalige amerikanische Präsident Barack Obama seine Amtszeit zusammenfasst. Einsichten dieser Art lassen sich in vielen Bereichen gewinnen – auch in Sachen Bürgerbeteiligung. Die hat in Deutschland tatsächlich eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Mal stand sie ganz oben auf der Agenda, dann wurde sie zum alten Hut erklärt, mal befeuerte sie die Verfahrenskreativität der Planungsfachleute, mal schien sie im „Dienst nach Vorschrift“ zu verdorren. Nach Stuttgart, nach den Konflikten um das dortige Bahnprojekt scheint sie nun wieder ganz oben auf der Agenda zu stehen: Öffentlichkeitsbeteiligung, wie sie in Anpassung an den europäischen Sprachgebrauch heißt, ist nicht nur in Programmen und Gesetzen allgegenwärtig, sie scheint auch in der Praxis mittlerweile selbstverständlich. Viele sind sogar der Meinung, es gehe überhaupt nicht mehr ohne. Es gibt aber, auch das ist unübersehbar, immer noch Probleme, die altbekannt und trotzdem ungelöst sind. Neue Herausforderungen kommen hinzu, die die öffentliche Erörterung strit-

tiger Themen nicht eben erleichtern. Insgesamt ergibt sich ein ambivalentes Bild – und doch liegen die Folgerungen für die, die als Fachleute in solchen Prozessen mitwirken, auf der Hand. FORTSCHRITTE

Es gibt viele sehr gute Beispiele für gelungene Bürgerbeteiligung: Das reicht von spektakulären Erfolgen bei Konflikten, die seit Jahren festgefahren waren und nun durch eine kluge Moderation unter konstruktiver Mitwirkung aller Beteiligten aufgelöst werden konnten, über Pläne und Projekte, die angereichert wurden mit Kenntnissen und Ideen aller, die daran mitwirkten, bis hin zu einer Alltagspraxis, in der man mal hitzig, mal unaufgeregt – aber eben doch: selbstverständlich und ernsthaft – miteinander über ein Vorhaben diskutiert. Wer immer mit offenen Augen und Ohren an solchen Prozessen mitgewirkt hat, wird den Wert des Wissens vieler, wird die Perspektivenvielfalt und den Nutzen sachlicher Auseinandersetzung zu schätzen wissen. Aber es sind nicht nur solche einzelnen Fälle, die es zu nennen gilt. In den vergangenen vier, fünf Jahren begannen sich auch die Standards partizipativer Politik insgesamt zu verändern: Schon über 50 Gemeinden in Deutschland

Räumlich arbeiten – für Planer eine Alltagsaufgabe. Haben Bürger das Lesen von Plänen erstmal verstanden, eröffnen sie ganz neue Perspektiven.

Foto: Wxxxxxxxlz

KLAUS SELLE


Fotos: STUDIO | STADT | REGION, Jens Schnabel; Klaus Selle

PARTIZIPATION WAS BETEILIGEN BEDEUTET

haben Leitlinien zur Bürgerbeteiligung beschlossen und bekunden damit: Wir wollen uns auch außerhalb von gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren um eine transparente Politik bemühen und uns an gemeinsam definierte Standards binden. Man weiß noch nicht viel über die Wirkung solcher Grundsätze und Leitlinien. Es ist aber zu hoffen, dass sie zu einer nachhaltigen positiven Veränderung der lokalen Politik- und Planungskultur beitragen. Information und

PARTIZIPATION IN „POSTFAKTISCHEN“ ZEITEN

Beteiligung: Bei einem öffentlichen Dialog in München, FürstenriedWest bietet das Büro STUDIO | STADT | REGION mit Bürgerworkshop und integrierter Ausstellung beides in einem.

Es gibt allerdings auch eine neue Herausforderung. „Postfaktisch“ ist das von der Gesellschaft für deutsche Sprache ausgerufene „Wort des Jahres 2016“. Es weist darauf hin, dass es in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung immer seltener um Fakten oder gar die Wahrheit geht, sondern immer öfter allein um die

50 GEMEINDEN in Deutschland haben schon Leitlinien zur Bürgerbeteiligung beschlossen.

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Stuttgart 21 machte jahrelang Negativ-Schlagzeilen. Nun entsteht durch das Projekt etwas Einzigartiges: eine freie Fläche von 210 FuĂ&#x;ballfeldern mitten in der Stadt.

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PARTIZIPATION VERFAHREN ROSENSTEIN

OP AM OFFENEN HERZEN

Fotos: DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH / Arnim Kilgus

Mit dem Bau von Stuttgart 21 wird mitten im Herzen der Stadt eine Fläche von 85 Hektar frei. Was geschieht damit? Die Firma Mediator leitet das informelle Bürgerbeteiligungsprojekt Rosenstein und zeigt, wie es gelingen kann, stadtweit angelegte Beteiligungsprozesse konstruktiv und kooperativ zu gestalten. Wir haben uns mit den Moderatoren über das Verfahren und seine Herausforderungen unterhalten.

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DIE UNZÄHMBAREN Zebralog – das Büro mit Sitz in Berlin und Bonn bezieht sich mit seinem Namen auf ein Tier mit besonderen Eigenschaften: wild, eigensinnig und dennoch Herdentier. Und so arbeitet das Team auch: Im Bereich der crossmedialen Partizipation nutzt es die Reichweite und Niedrigschwelligkeit des Internets, um den Dialog zwischen Fachplanung und Bürgerschaft mittels außergewöhnlicher Methoden anzustoßen. Parallel wahrt es stets die gleichberechtigte Meinung einer pluralen Gesellschaft. 40 GARTEN+ L ANDSCHAFT


PARTIZIPATION ZEBRALOG

VERA HERTLEIN-RIEDER

Zebralog steht für Methoden der besonderen Art: 2015 regte das Büro mit partizipativem Theater an, über die künftige Nutzung des Areals zwischen Fernsehturm und

Foto: Andreas Kermann

Spree in Berlin nachzudenken.

Kleinkünstler gehören rund um den Berliner Fernsehturm zum Alltag. Dass diese aber die Passanten fragen, was ihnen an diesem Ort gefällt und was nicht, das ist ungewöhnlich. Im Sommer 2015 geschah genau das. Das sogenannte partizipative Theater war eines von vielen innovativen Formaten, mit denen die Beteiligungsexperten vom Büro Zebralog zwischen April und November 2015 eine offene Stadtdebatte über die Zukunft der Berliner Mitte anstießen. Zentrales Tool war eine „Transparenzplattform“ im Internet. Hier gab es Hintergrundinformationen, die Vor-Ort-Veranstaltungen wurden dort angekündigt und mit Online-Dialogen vorbereitet. Alles wurde dokumentiert. Nach jahrelangen und unfruchtbaren Fachdebatten mündete der Weg des offenen und transparenten Bürgerdialogs in zehn Bürgerleitlinien. Sie sind inzwischen vom Berliner Landesparlament als verbindliche Grundlage für die Entwicklung des Areals zwischen Fernsehturm und Spree verabschiedet. Es war das bisher prominenteste, größte, aber auch schwierigste Projekt von Zebralog. „Aus Liebe zur Demokratie“ arbeitet die „Agentur für crossmediale Bürgerbeteiligung“ mit viel Engagement, so verkündet es Zebralog auf seiner Website. „Alle Mitarbeiter sind Experten und Idealisten“, sagt Daniela Riedel, eine der drei Geschäftsführer. Es gehe ihnen um Demokratie, offene Gesellschaft, um Transparenz in gesellschaftlichen und politischen Kommunikationsprozessen. Dafür entwickelt Zebralog eine Kombination aus Online- und Vor-Ort-Formaten, um öffentliche Beteiligung für möglichst viele zu ermöglichen. Gegenstand sind Bürgerhaushalte, Lärmaktionsplanungen, Fragen der Stadt- und Freiraumgestaltung 41 GARTEN+ L ANDSCHAFT


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