Ralf Ferdinand Broekman, Hrsg.
Vorwort Foreword Ralf Ferdinand Broekman
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Geleitwort Preface Kristin Feireiss
164 174 182
Next NeuHouse Enckestraße, Berlin Alter Schlachthof, Berlin Central Tower, Berlin Kaufhaus am Neumarkt, Osnabrück R-Werk, Regensburg Fraunhofer-Institut, Stuttgart Bürokomplex, Osnabrück Wohnensemble, Düsseldorf Sport- und Gesundheitshotel, Schierke, Harz Wohnen am Ludwig Hoffmann Quartier, Berlin Im Wirtschaftswunder, Berlin STREAM, Berlin
190 192 194 196 198 200 202 204 206 208 210 212
Ausgewählte Projekte Selected Projects
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Inspirations
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Denken in Bildern Thinking in Images Ralf Ferdinand Broekman und Olaf Winkler im Gespräch mit Georg Gewers und Henry Pudewill Ralf Ferdinand Broekman and Olaf Winkler in conversation with Georg Gewers and Henry Pudewill
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Impressum Imprint
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Mehrdimensionales Entwerfen Multidimensional Design Ralf Ferdinand Broekman und Olaf Winkler im Gespräch mit Georg Gewers und Henry Pudewill Ralf Ferdinand Broekman and Olaf Winkler in conversation with Georg Gewers and Henry Pudewill
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Projekte Projects Work Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (BER), Schönefeld Konzernzentrale, HafenCity Hamburg Mercedes-Benz Vertrieb Deutschland, Berlin Markenhochhaus der Volkswagen AG, Wolfsburg Porsche Kundenzentrum, Leipzig UP!, Berlin Eight Floors, Berlin
24 36 46 56 64 70 76
Living Stadthaus Linienstraße, Berlin Stadtvilla Treskowallee, Berlin Villa am See, Potsdam Gartenhaus Andreasstraße, Berlin Wohn- und Bürogebäude Columbiadamm, Berlin Seniorenzentrum „Regine Hildebrandt“, Bernau
86 94 100 106 112 120
Research BSH Technologiezentrum, Berlin Bürogebäude Carl Zeiss Meditec, Berlin Fraunhofer-Institut, Hermsdorf CentoNew, Rostock
126 134 140 150
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Urban Stadterweiterung, Mekka Wohnpark Köpenick, Berlin Cedar Hills, Beirut
INHALT
CONTENT
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Vorwort Foreword Ralf Ferdinand Broekman
Das Schaffen von Architektur setzt Beobachtung und Reflexion voraus. Gemeint ist damit nicht nur die möglichst weitgehende Durchdringung der Bedingungen, die dem Arbeiten innerhalb der Disziplin immanent sind. Gemeint ist insbesondere auch eine generelle Offenheit gegenüber historischen, aktuellen und denkbaren künftigen gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen außerhalb der eigenen Disziplin. In der zunehmenden Komplexität dieser Entwicklungen liegt ein besonderer Charakterzug unserer Zeit, in der sich innerhalb eines konkreten urbanen Raums zunehmend unterschiedliche kulturelle und gesellschaftliche Strömungen, Haltungen und Einflüsse überlagern, während zugleich die Bedingungen unterschiedlichster Orte durch die wachsende reale und mediale Mobilität parallel wirksam werden. Für den Architekten sind diese Gleichzeitigkeiten nicht nur eine Herausforderung, sondern immer auch potenzielle Inspiration. Beides bedeutet möglichen „Reichtum“ innerhalb der eigenen Entwürfe – kulturell, technologisch oder auch im Sinne von Bildern – ebenso wie die Notwendigkeit, Ordnungen zu definieren und diese für alle Nutzer mit ihren wiederum unterschiedlichen Erwartungen und Erfahrungen positiv zugänglich zu machen. Das nach zehn Jahren gemeinsamen Arbeitens bereits umfangreiche Werk von Georg Gewers und Henry Pudewill offenbart die besondere Sicherheit und Leidenschaft, mit der die beiden Partner diese Herausforderungen in ihren Entwürfen produktiv annehmen. Offenheit bedeutet hier nirgends Willkür, sondern immer wieder aufs Neue die Bereitschaft zur präzisen Übertragung der spezifischen Bedingungen einer planerischen Fragestellung. Dies gilt für die unterschiedlichsten Aufgabengebiete des Büros; unter ihnen nehmen insbesondere der urban verstandene Wohnungsbau, die Planung von Verwaltungsbauten – häufig für renommierte Nutzer – sowie Laborbauten für anspruchsvolle Institutionen eine vorrangige Rolle ein. Und es gilt ebenso für das Arbeiten im „eigenen“ kulturellen Kontext – soweit sich dieser an seinen Grenzen heute noch klar definieren lässt – wie international und kulturübergreifend. Bemerkenswert ist, dass es Georg Gewers und Henry Pudewill gelingt, die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Bauherren und Nutzer auf geradezu selbstverständliche Weise mit den heutigen technologischen Mitteln und Anforderungen zu einer Architektur zusammenzuführen, die im Ergebnis zuallererst das Zusammenagieren in den Mittelpunkt stellt. Die entstehenden Räume, wichtiger noch: Raumzusammenhänge, eröffnen Möglichkeiten des Austauschs der Nutzer, des Zusammenlebens und -arbeitens, die ausgehend von der geforderten Funktion eben über diese hinausgehen. So wird ein sozialer Raum definiert, der den Menschen mit ihren Wünschen und Bedürfnissen offensteht, anstatt Letztere vorzugeben oder gar zu begrenzen. Im Bürobau beispielsweise schließt das die Berücksichtigung heutiger geänderter Arbeitsund Kommunikationsweisen ein, die den Aspekt des Informellen längst als wichtiges Element in den Arbeitsalltag integriert haben. Ebendies jedoch hat zugleich Auswirkungen auf unser Verständnis von Wohnen und Freizeit: Traditionelle Trennungen zwischen Lebensbereichen lösen sich auf. Das strahlt in alle Bauaufgaben aus und verlangt von heutigen Gebäuden neben klaren Setzungen zugleich jene Flexibilität, die die Entwürfe von Gewers Pudewill existenziell miteinschließen. Aus dieser offenen, zugleich ordnenden Kraft entstehen außergewöhnliche Bauten, die darüber hinaus immer Bildkraft besitzen, ohne in eine spekulative Ikonografie abzugleiten: Die Gebäude stehen für sich, schließen in ihrer Individualität an den Kontext an und bieten ihrerseits Anschlussmöglichkeiten für künftige Entwicklungen im Umraum. In der üblichen Architektensprache ließe sich das am ehesten mit „städtebaulichem Denken“ bezeichnen. Dieses Denken begründet, VORWORT
Creating architecture takes observation and reflection. Not only does this mean the most far-reaching grasp possible of the conditions that are immanent in any work in the profession. In particular, it also means a general openness to historical, current, and conceivable future social and cultural developments outside of it. The growing complexity of these developments is a defining trait of our time, with increasingly diverse cultural and social trends, attitudes, and influences overlapping one another within a given urban space while, simultaneously, conditions of widely different places come into parallel effect through growing real-life and media-based mobility. For an architect, such simultaneities are not only a challenge but also a potential source of inspiration. Both may entail a “richness” of one’s own designs— cultural, technological, or also in terms of imagery—as well as the necessity of defining systems of order and making them positively accessible to all users with their respective different expectations and experiences. The work of Georg Gewers and Henry Pudewill, large already after ten years of collaboration, shows that special sureness and passion with which they take on such challenges in their designs. Openness never means arbitrariness here but an ever-new readiness to come up with a precise translation of the specific conditions of a planning task. This is true of the most widely different areas that the office is active in; a major part among them is played by housing, particularly in urban settings, administration buildings—often for high-profile users—and laboratory buildings for cutting-edge institutions. And it also holds true for work done in one’s “own” cultural context—as far as it still can be defined in terms of national borders today—as well as an international and cross-cultural one. It is remarkable how Georg Gewers and Henry Pudewill are able, almost as a matter of course, to combine the individual wants and needs of clients and users with the technological means and requirements of today into an architecture, the results of which are focused, first and foremost, on human interaction. The resultant spaces or, more importantly, spatial contexts, open up opportunities of interchange for users, of living and working together, which by serving a required function extend beyond it. In this way, a social space is defined that is open to humans with their wishes and needs, instead of predefining, or even limiting, them. In office construction, for example, this involves considering today’s changed ways of working and communicating, which have long made the aspect of informality an important element of everyday working life. This in turn affects our very understanding of living and free time: traditional boundaries between spheres of life are dissolving, which is making itself felt in all building tasks—requiring buildings today, aside from making a clear mark, to have the kind of flexibility that is organically included in the designs of Gewers Pudewill. This force, open and formative at once, produces exceptional buildings which always also have an iconic quality to them, though without ever lapsing into some speculative iconicity. The buildings stand for themselves, connecting in their individuality with their context while in turn offering possibilities to connect back with them for future developments in their surroundings. In the usual architectural lingo, this could be best described as “urban design thinking,” which is the reason why Gewers Pudewill may refer to urban planning as yet another focus of their work. But at least equally important is that apparently “singular” buildings designed by the office, which are not part of any larger urban area planning, are also informed by this type of thinking: they are not isolated entities but part of an existing and a future social space. So things come full circle: the social space thus described extends far beyond the architectural in any narrow sense of the word. 7
warum Gewers Pudewill gerade auch im Städtebau einen weiteren Schwerpunkt ihrer Arbeit vorweisen können. Mindestens so wichtig aber ist, dass auch vermeintlich „singuläre“ Bauten des Büros, bei denen es also nicht um die Planung größerer urbaner Areale geht, solchem Denken folgen. Sie sind nicht isolierte Entitäten, sondern Teile eines bestehenden und künftigen gesellschaftlichen Raums. Damit schließt sich der Kreis: Der so beschriebene gesellschaftliche Raum reicht weit über das im engeren Sinne Architektonische hinaus. Gerade das aber macht das Schaffen von Architektur, wie Gewers Pudewill sie verstehen, so spannend. Auch deshalb ergänzt das vorliegende Buch Georg Gewers’ und Henry Pudewills Projekte und Ausführungen um ein Kapitel, das sich ihren Inspirationen und Einflüssen widmet. Diese verbinden beides: Ikonografisches, das eine ganze Generation geprägt hat, und ganz individuell im Lebenslauf der beiden Partner als prägend Wahrgenommenes – Strömungen also, die unsere Gesellschaft generell bestimmt haben, ebenso wie dezidierte Entscheidungen und persönliche Faszination, die die konkrete Haltung von Georg Gewers und Henry Pudewill spiegeln. Dazu aber gehört in erster Linie ein kontextuelles Selbstverständnis: Architektur wird im besten Fall durch die Vielschichtigkeit unterschiedlichster kultureller und gesellschaftlicher Ebenen, Leistungen, Geschehen mitbestimmt und wirkt auf jene wieder ein. Sie leistet dies als unmittelbar Gebautes, als Transformation kultureller, politischer und technologischer Einflüsse, als Diskussionsbeitrag und, mehr als alles andere, als Raum und Rahmen für gesellschaftliches und individuelles Leben.
But this is precisely what makes the creation of architecture as understood by Gewers Pudewill so exciting. And this also is why, in this book, a chapter is added to Georg Gewers’s and Henry Pudewill’s projects and statements which is dedicated to their respective inspirations and formative influences. In them, two things combine; the iconographic that has imprinted itself on an entire generation, and things individually perceived as formative in either partner’s biography—currents, that is, that have generally informed our society, and conscious decisions and personal fascinations that reflect specific attitudes of Georg Gewers and Henry Pudewill. Above all, this involves a contextual self-understanding: architecture at its best is informed by the complex overlap of diverse cultural and social levels, activities, and events and in turn has an impact on them. It does so as a manifest structure, as a transformation of cultural, political, and technological influences, as a contribution to a discussion.
Ralf Ferdinand Broekman Ralf Ferdinand Broekman, geboren 1968, arbeitet als Publizist und Berater an der Schnittstelle von Architektur, Design und Kunst. Er studierte Philosophie und Soziologie und ist außerordentliches Mitglied im Bund Deutscher Architekten BDA. Bis 2012 war er Geschäftsführer eines Architekturfachverlags sowie Herausgeber und Chefredakteur von „build. Das Architekten-Magazin“. Seit 2013 ist er Inhaber von Broekman+Partner in Düsseldorf.
Ralf Ferdinand Broekman Ralf Ferdinand Broekman, born 1968, works as a writer/publisher and consultant at the interface between architecture, design, and art. He studied philosophy and sociology and is an extraordinary member of the Association of German Architects BDA. Until 2012, he was managing director of an architecture publishing company as well as publisher and editor-in-chief of “build. Das Architekten-Magazin.” Since 2013, he has been the principal of Broekman+Partners, Düsseldorf.
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VORWORT
FOREWORD
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Geleitwort Preface Kristin Feireiss
Sie sitzen mir im Café gegenüber, Georg Gewers und Henry Pudewill, und so unterschiedlich wie in seiner äußeren Erscheinung ist das renommierte, vielfach ausgezeichnete Berliner Duo auch in seinem Wesen: Georg Gewers ist der Emotionale, Spontane, Kreative und Henry Pudewill der Analytische, Trockene, Überlegte. Aber beide zusammen sind sie ein unschlagbares Team, was ihre Projekte der letzten Jahre anschaulich belegen. 2008 haben Gewers und Pudewill ihr gemeinsames Büro gegründet und fünf Jahre später haben wir mit ihnen bereits die erste Ausstellung im Aedes Architekturforum gemacht, „Structure and Experiment“. Der Schlusssatz meines Geleitworts im Katalog1 zu dieser Ausstellung, in dem ich dem jungen Büro eine steile Karriere voraussagte, belegt nicht meine hellseherischen Fähigkeiten, sondern vielmehr die schon damals erkennbare große konzeptionelle und gestalterische Kraft: Die Handschrift von Körperhaftigkeit und Strukturalität gibt trotz unterschiedlicher Aufgabenstellungen immer die richtige Antwort auf den jeweiligen Ort. Wenn die Architekten mit einem Hauch von Ironie sagen: „Bei uns werden die Gebäude immer besser als die Renderings“, dann haben sie recht. Das mag auch an ihrer fast symbiotischen Zusammenarbeit mit dem Bauherrn liegen. Henry Pudewill meint dazu: „Wir machen eine Art Röntgenbild vom Bauherrn, um ganz genau zu verstehen, was er im Gebäude und mit dem Gebäude will, und es ist uns immer gelungen, eine gemeinsame Antwort zu finden, die unsere Architektursprache wiedergibt.“ Und mit verhaltenem Stolz fügt er hinzu: „Bauherren gehen mit uns eine Wette auf die Zukunft ein. Wir haben noch nie einen Bauherrn verloren.“ Georg Gewers ergänzt in der ihm eigenen Zurückhaltung: „Menschen denken in Bildern, und die müssen wir erkennen, um gemeinsam zur besten Lösung zu kommen für den Bauherrn, für die Menschen, die in diesen Gebäuden leben und arbeiten, und für den Ort.“ Als eindrucksvollen Beleg dafür will ich auf zwei aktuelle Gebäude eingehen, die allein schon unter den Aspekten Lage, Nutzung, Dimension und Erscheinungsbild unterschiedlicher nicht sein könnten. Beides sind herausragende Beispiele für das baukünstlerische Können und die hohe Qualität der Architekturen von Gewers Pudewill. Da ist das „CentoNew“ in Rostock, der Neubau eines genetischen Diagnostikzentrums auf der Silohalbinsel am Ludewigbecken, ein über fünf Stockwerke gestapelter, durch Brücken und Übergänge miteinander verbundener Baukörper. Bereits von außen erkennt man die Vielschichtigkeit in Schnitt und Grundriss. Wie selbstverständlich hat das Gebäude hanseatische Elemente in sein Erscheinungsbild aufgenommen, wie etwa einen Klinkersockel zur Hafenkante hin, die die Architekten mit Sitztreppen versehen haben; auch die Metallfassade erinnert an alte Hafenarchitekturen. Dieses komplexe Gebäude, bei dem es keine erste und zweite Reihe gibt, lässt in seinem Inneren eine eigene Welt entstehen, mit Zwischenräumen, begrünten Lichthöfen, Durchblicken und einem Workout-Raum im obersten Stock mit Blick über die Weite des Flusses. Der Bezug zum Wasser wird für alle Mitarbeiter sichtbar, wenn sie zum Beispiel in der Cafeteria an dem fünfzehn Meter langen Tisch aus alten Dalben – Holzpfählen, die früher Schiffen zum Andocken dienten – zusammensitzen. Ganz anders, aber ebenfalls bis ins Detail durchdacht ist das gerade in der Planung befindliche Hochhaus „STREAM Berlin“ zwischen Postbahnhof und Warschauer Brücke, in Nähe des Alex,
They are sitting across the table from me in the café, Georg Gewers and Henry Pudewill, and as different as they are in outward look, so they are in character: of this highly renowned, much-accoladed Berlin-based duo of architects, Georg Gewers is the emotional, spontaneous, creative part, and Henry Pudewill the analytical, sober, and deliberate one. Together, though, they are an unbeatable team, as their projects of recent years clearly show. In 2008, Gewers and Pudewill set up office together, and five years later we already had the first exhibition with them at the Aedes Architecture Forum, “Structure and Experiment.” The concluding sentence of my preface to the exhibition catalogue , in which I predicted a great career for the young office, was not so much evidence of my powers as a clairvoyant but rather of their great conceptual and design power, which was recognisable even back then: despite the different design tasks they take on, their signature style of corporeality and structurality always has the right response to any given site. And if the architects say about themselves, with a tinge of irony, that “with us, the buildings always turn out better than the renderings,” they simply are right. This may also have something to do with their almost symbiotic collaboration with clients. Henry Pudewill says about this that “We make a kind of x-ray of the client to be able to precisely understand what he wants in, and with, the building, and we have always succeeded in finding a joint answer that speaks our architectural language.” To which he adds, with silent pride, “Clients make a bet on the future with us. And we have never lost a client.” Georg Gewers explains with his typical unassumingness, “People think in images, and those we must be able to identify in order to arrive together at the best possible solution for the client, for the people who live and work in these buildings, and for the site itself.” As impressive evidence of this, I would like to briefly discuss two recent buildings that could not be more different from the aspects of location, use, dimension, and appearance. And yet, both are outstanding examples of the architectural capability and high-quality architecture designs of Gewers Pudewill. There is, for one thing, the “CentoNew” in Rostock, the new building of a genetic diagnostic centre on the Silo Peninsula in the city harbour, a volume stacked up over five storeys, linked by footbridges and passageways. Even from the outside, one can get an idea of the complex diversity of shapes, sections, and floor plans. With natural ease, the building incorporates Hanseatic elements in its outward appearance, like a clinker plinth facing the waterfront that was equipped with seating steps by the architects; also, the metal façade is reminiscent of traditional port architectures. This complex building, which has no front and back row, comprises a world of its own on the inside, with interstitial spaces, green light wells, through-views and a top-floor gym with a panoramic view of the river. The relationship with the water becomes visible for all employees when, for example, sitting together in the cafeteria at the fifteen-metre long table made from disused dolphins, thick wooden piles formerly used to moor vessels. Entirely different, but no less thought-through to the last detail is the “STREAM Berlin” high-rise currently in planning between the former postal railway station and Warschauer Brücke, close to Alexanderplatz, next to the Mercedes-Benz Arena on the one side and UNStudio’s East Side Mall on the other. The building plot, a rectangle
Ralf Ferdinand Broekman, Olaf Winkler (Hrsg.): Structure + Experiment. Gewers Pudewill, Berlin/Düsseldorf 2013.
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GELEITWORT
Ralf Ferdinand Broekman, Olaf Winkler (eds.): Structure + Experiment. Gewers Pudewill, Berlin/Düsseldorf 2013. 11
neben der Mercedes-Benz Arena auf der einen und der East Side Mall von UNStudio auf der anderen Seite. Das Baugrundstück, ein an einer Seite abgeschnittenes Rechteck, war eine große Herausforderung für die Architekten, auf die sie mit einer „Rundumstruktur“ von hoher ästhetischer Qualität geantwortet haben. Nach einem Sockelgeschoss von zwanzig Metern Höhe windet sich die Gebäudemasse weitere siebzig Meter fast leicht und spielerisch in alle Richtungen nach oben. Eine Vorder- oder Rückseite gibt es nicht. Wenn man den Lageplan des Grundstücks in seiner Umgebung betrachtet, so wird klar: Dieses Hochhaus aus Sichtbeton und Glas, mit seinem Spiel von Unregelmäßigkeiten und Sichtbeziehungen, von auskragenden Balkonen, Terrassen und den Catwalks, die zwei Ebenen über große Lufträume miteinander verbinden, wurde aus dem Ort und seiner besonderen Lage heraus entwickelt. Es könnte an keiner anderen Stelle der Stadt seine dynamische Wirkung so entfalten wie genau da. „STREAM Berlin“ öffnet in seiner äußeren Gestalt einen Blick in die Zukunft unserer Städte. Auch im Inneren begegnen wir der Zukunft, diesmal in der Gestaltung neuer Arbeitswelten. Gemeinsam mit dem Generalmieter Zalando wurden Räume konzipiert, die den sich kontinuierlich verändernden Arbeitsprozess zeitgemäß abbilden: Green Zones zum Entspannen und für ungestörte Gespräche, breite Sitztreppen für spontane Begegnungen und bei gutem Wetter die Nutzung der Terrassen für Konferenzen und Gesprächsrunden. Auch die Cafés und Restaurants im Sockelgeschoss sollen zu einer guten, entspannten Atmosphäre beitragen, in der sich die Menschen, die hier arbeiten, wohlfühlen, Besucher gerne kommen und sich alle mit dem Unternehmen identifizieren können. Mein im Katalog von 2013 geschriebener Schlusssatz: „Wir können in den kommenden Jahren mit weiteren herausragenden Architekturen von Gewers Pudewill rechnen“, gilt auch 2018.
cut off on one side, posed a great challenge to the architects, to which they responded with an “all-around structure” of high aesthetic quality. Above a plinth storey of twenty metres in height, the mass of the building keeps winding upward, lightly and almost playfully, in every direction for another seventy metres. There is no front or back side. Considering the layout of the site in its surrounding area, it becomes clear that this high-rise building of exposed concrete and glass with its play of irregularities and visual relationships, projecting balconies, terraces, and catwalks that connect two levels across large air spaces was developed out of its location and specific situation. There is no other place in the city where it could unfold its dynamic effect the way it does here. The exterior shape of “STREAM Berlin” gives an outlook into the future of our cities. On the inside, we also meet the future, this time in the design of new working worlds. Together with the general leaseholder, Zalando, spaces were conceived as contemporary facilities that cater to working processes in continual change, with green zones to relax and for undisturbed conversations, wide seating steps for spontaneous meetings, and terraces usable in fine weather for conferences and rounds of talks. The cafés and restaurant on the plinth storey also are meant to contribute to a good and relaxed atmosphere to make the people working feel at home, to make visitors like to come here, and to make it easy for everyone to identify with the company. The concluding sentence I wrote in the 2013 catalogue, “We may expect more outstanding architectures from Gewers Pudewill in the years to come,” also holds true in 2018. I’m looking forward to it. Kristin Feireiss
Ich freue mich darauf. Kristin Feireiss
Kristin Feireiss Kristin Feireiss, geboren 1942, ist Architekturkuratorin, Autorin und Herausgeberin. Sie studierte Geschichte und Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. 1980 gründete sie (gemeinsam mit Helga Retzer) das Aedes Architekturforum in Berlin als erste private Architekturgalerie Europas. Seit 1994 leitet sie diese kulturelle Plattform mit ihrem Partner Hans-Jürgen Commerell, mit dem sie auch 2009 den Aedes Network Campus Berlin (ANCB) The Aedes Metropolitan Laboratory gründete, welcher 2010 den Deutschen Innovationspreis erhielt. 12
Kristin Feireiss Kristin Feireiss, born 1942, is an architectural curator, writer, and editor. She studied history and philosophy at the Johann Wolfgang Goethe University, Frankfurt. In 1980, she co-founded (together with Helga Retzer) the Aedes Architecture Forum in Berlin, the first private-run architecture gallery in Europe. Since 1994, she has been operating this cultural platform together with her partner Hans Jürgen Commerell, with whom, in 2009, she also established the Aedes Network Campus Berlin (ANCB) The Aedes Metropolitan Laboratory, which received the 2010 German Innovation Prize. GELEITWORT
PREFACE
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WORK LIVING RESEARCH URBAN NEX T
Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (BER), Schönefeld Neubau von vier Gebäuden der Service Area South, 2012 Die vier Bauten am neuen Hauptstadtflughafen BER ergänzen die sogenannte Service Area um eine selbstbewusste architektonische Geste. Ihre Reihung folgt einem übergeordneten städtebaulichen Raster, in das sich Neu- und Bestandsbauten harmonisch einfügen. Gleich einem „Fels in der Brandung“ vermittelt die einheitliche und klare Gestaltung der Neubauten eine ruhige Solidität. Farben und Materialien wurden auf das Gesamtensemble abgestimmt, während sich die dynamische Fassadengestaltung bewusst vom Terminal abhebt. Um auch kommenden Trends der Luftfahrtbranche gerecht werden zu können, sind die neuen Gebäude besonders anpassungsfähig konzipiert. Berlin Brandenburg Airport „Willy Brandt“ (BER), Schönefeld Four new buildings in Service Area South, 2012 The four new buildings on the premises of the new BER airport of the German capital city expand the so-called Service Area with a selfconfident architectural gesture. Their line-up is informed by the urban planning grid for the area, with new and existing buildings fitting in harmoniously. Steady as a rock, the uniform and clear design of the new buildings conveys a sense of calm solidity. The colours and materials used are tuned to the overall ensemble while the façade design sets a deliberate contrast to the air terminal. To be able to meet new trends in aviation, the buildings were conceived for special adaptability.
WORK
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Vertikal gefaltete Glasdoppelfassade Vertically folded double-glazed façade Treppenhaus Stairwell Fassadenausschnitt Büroriegel Office block façade detail
Projektdaten Bauherr: CA Immo Deutschland GmbH Ort: Berlin BGF: 33.200 m² Fertigstellung: 2013 WB/Auszeichnungen: Special Mention German Design Award (2016), Winner Iconic Awards (2014) Projektteam: Thomas Birk, Elisa Gersdorf, Georg Gewers, Jan Hörning, Antje Kalus, Frank Menzel, Jan Parth, Henry Pudewill, Tilman Richter von Senfft Fotograf: HG Esch
Haupteingang Main entrance 54
WORK
Project data Client: CA Immo Deutschland GmbH Location: Berlin GFA: 33.200 m² Completion: 2013 Competition/Awards: Special Mention German Design Award (2016), Winner Iconic Awards (2014) Project team: Thomas Birk, Elisa Gersdorf, Georg Gewers, Jan Hörning, Antje Kalus, Frank Menzel, Jan Parth, Henry Pudewill, Tilman Richter von Senfft Photographer: HG Esch Mercedes-Benz Vertrieb Deutschland, Berlin
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Stadthaus Linienstraße, Berlin Neubau eines Wohnhauses mit Eigentumswohnungen, 2011 Mit Wohnungen in verschiedenen Größen und Typologien knüpft das Gebäude in der Linienstraße an die Tradition des Berliner Stadthauses an. Auf einem Eckgrundstück in der Spandauer Vorstadt belebt der Wohnbau mit seiner strahlend weißen Marmorfassade und teils gerundeten, eleganten Glasflächen den Straßenraum. Während vortretende Fensterelemente der einen Seite eine räumliche Wirkung verleihen, sorgen auf der anderen Seite gelochte Fassadenschwerter für ein lebendiges Schattenspiel. Auch die großformatigen, geschossweise versetzten Fenster schaffen ein abwechslungsreiches Erscheinungsbild. Der allgemein zugängliche Innenhof bietet Spielmöglichkeiten für die jüngeren und Treffpunkte für die übrigen Bewohner. Townhouse Linienstrasse, Berlin New residential building with private apartments, 2011 Accommodating apartments of different sizes and typologies, the building on Linienstrasse takes up the tradition of the Berlin townhouse. Situated on a corner lot in the Spandauer Vorstadt district, the residential building with its brilliant white marble façade and partly rounded, elegant glass surfaces livens up the street space. While projecting window elements produce a spatial effect on the one side, perforated façade panels make for a lively play of light and shadow on the other. The large-sized windows, staggered on each floor, also contribute to creating a varied appearance. A community courtyard provides a playground for the younger residents as well as a meeting place for all others.
LIVING
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Offen gestaltete Wohnungen Open-plan apartments
Balkone zum Innenhof Courtyard-facing balconies Anbindung an Bestandsgebäude Connection to existing building Ansicht Linienstraße/Rückerstraße mit zwei verschiedenen Fassadentypen Corner view Linienstrasse/Rückerstrasse with two different types of façade 88
LIVING
Stadthaus Linienstraße, Berlin
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Bürogebäude Carl Zeiss Meditec, Berlin Umnutzung eines Gebäudes mit baulichen Ergänzungen, 2011 Der berlinbiotechpark im Stadtteil Charlottenburg wurde auf der Grundlage eines Masterplans von Gewers Pudewill stufenweise umstrukturiert, saniert und teilweise neu errichtet. Für die Carl Zeiss Meditec AG konnte ein Produktions- und Lagergebäude aus den 1960er-Jahren zu einem zeitgemäßen Bürogebäude mit Schulungsräumen, Administrations- und Aufenthaltsbereichen umgebaut werden. Grundlage hierfür war die Erneuerung der gesamten Gebäudehülle nach energetischen und gestalterischen Aspekten. Mit ihrer Klarheit, Dynamik und Präzision verweist die neue Fassade auf die Forschungs- und Entwicklungstätigkeit des Unternehmens. Office building Carl Zeiss Meditec, Berlin Repurposing and conversion of existing building, 2011 The berlinbiotechpark, a high-tech and life-sciences industry quarter in Berlin’s Charlottenburg district, was successively restructured, refurbished, and in part rebuilt on the basis of a master plan by Gewers Pudewill. A 1960s production and warehouse building was converted into a state-of-the-art office building with personnel training, administration, and lounge areas for Carl Zeiss Meditec AG. A basic necessity for the project was the renewal of the entire building skin paying close attention to both energy and design aspects. With its clarity, dynamic, and precision, the new façade heralds the company’s research and development activities.
RESEARCH
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Kaufhaus am Neumarkt, Osnabrück Neubau eines Kaufhauses mit zusätzlicher Hotelnutzung, 2021 1. Preis eingeladener Wettbewerb, 2015 Der Neubau hat eine städtebauliche Schlüsselfunktion als zentrales Element des wiederhergestellten „Stadtplatzes“. Innerhalb der vorgegebenen Straßenlinien gliedert der Baukörper das Umfeld neu und schafft eine attraktive Platzkante. Mit einer Verkleidung aus hellem Backstein bezieht sich die klare und ruhige Architektur auf historische Nachbargebäude. Department store on Neumarkt, Osnabrück Construction of a department store plus hotel, 2021 1st prize, invited design competition, 2015 The new building has a key urban design function in that it is the central element of the newly restored “town square”. Within the given street grid, the body of the building restructures the environment and also defines an attractive edge of the square. With its light brickwork cladding, the clear and quiet architecture relates to the historical neighbouring buildings.
Projektdaten Project data Bauherr | Client: T.E.B. Siebte Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG BGF | GFA: ca. 6.500 m² Fertigstellung | Completion: 2021 Projektteam | Project team: Nikos Athanasiadis, Jascha Fink, Georg Gewers, Matthias Goetze, Alexander Mendelsohn, Henry Pudewill Visualisierung | Visualisation: Gewers Pudewill 196
NEXT
R-Werk, Regensburg Neubau einer Unternehmenszentrale, 2020 1. Preis beschränkter Wettbewerb, 2016 Die neue Hauptverwaltung für die REWAG und die Regensburger Stadtwerke fügt sich sensibel in die Umgebung ein. Der Neubau für 460 Mitarbeiter reagiert mit seinen drei unterschiedlich hohen und gestaffelten Längsseiten auf das bauliche Umfeld. Die leicht geschwungene Grundform des Baukörpers in Verbindung mit der hellen Natursteinfassade, deren Oberfläche durch verschiedene Bearbeitungsformen unterschiedlich reflektiert, führt zu einer spielerischen Leichtigkeit in der Wahrnehmung. R-Werk, Regensburg Construction of new corporate head office, 2020 1st prize, restricted competition, 2016 The new main administration office of the Regensburg Energy and Water Corporation (REWAG) and the Regensburg Municipal Utilities is carefully fitted into its surroundings. With its three longitudinal façades, which are staggered in height, the new building for 460 employees relates to its built environment. Together with the light natural stone façade with a surface that reflects differently due to varied finishes, the slightly curved shape of the building leads to an outward perception of playful lightness.
Projektdaten Project data Bauherr | Client: REWAG Regensburger Energie- und Wasserversorgung AG & Co. KG, SWR Stadtwerke Regensburg GmbH BGF | GFA: ca. 10.000 m² Fertigstellung | Completion: 2020 Wettbewerb | Competition: Nikos Athanasiadis, Artur Kupriichuk, Philipp Winter Projektteam | Project team: Thomas Birk, Janina Cornelius, André Flaskamp, Elisa Gersdorf, Georg Gewers, Henry Pudewill Visualisierung | Visualisation: bloomimages NEXT
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WORK LIVING INSPIRATIONS RESEARCH URBAN NEX T
Computerdetail Kieselalgen Computer-enhanced diatoms
INSPIRATIONS
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Uhrwerk Clockwork
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Biosphère Montreal, Expo 67, Richard Buckminster Fuller
INSPIRATIONS
Denken in Bildern
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Aston Martin DBS, 1969
NASA Mondlandung, 1969 NASA Moon landing, 1969
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INSPIRATIONS
Denken in Bildern
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Concorde
Lloyd’s Building, London, Richard Rogers
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INSPIRATIONS
Denken in Bildern
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