Häuser des Jahres 2017

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Pe t e r Cac h ol a Sc h m a l

Kat ha r i na M at zi g

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Häuser des Jahres




Inhalt

6 Vorwort Katharina Matzig 8 Einleitung Peter Cachola Schmal 12 Die Jury

1. Preis 16 Einfamilienhochhaus Holzer Kobler Architekturen GmbH

Ausgewählte Projekte 90 Kunst im Bau fabi architekten

96 Resonanzkörper studioRAUCH

Auszeichnungen 24 Fenster zum See

100 Lebenswerk

Fabian Evers Architektur und Wezel Architektur

studioRAUCH

32 Zwei, drei, eins

Architekt Pavol Mikolajcak

40 Haus, Halle und Hof Architektur & Baumanagement/ Baumeister DI Jürgen Haller

104 Die Kunst der Fuge Merle Stankowski Atelier, Bürogemeinschaft Mentrup Steffen Albertoni

108 In zweiter Reihe Büro 4, Wagner + Partner

114 Betonfindling

Steimle Architekten BDA

Anerkennungen 48 Bücherstadel

LP architektur ZT GmbH

56 Gartenhaus

bfs d flachsbarth schultz

64 Archetypus

architekt bernardo bader zt gmbh

72 Längsgestreift

EBERLE ARCHITEKTEN BDA

80 Gebauter Dualismus Reuter Raeber Architekten

118 Schwarzbau

architekt bernardo bader zt gmbh

124 Schmucker Stahl

Jacob&Spreng Architekten GmbH

128 Generationenwohnen Architektur Kessler GmbH & Co. KG

132 Reduce, reuse, recycle madritsch * pfurtscheller

138 Wohnen, wo andere Urlaub machen bergmeisterwolf architekten

142 Aus der Reihe Format Architektur

146 Mit Ecken und Kanten Georg Döring Architekten BDA


150 Regional, rural, phänomenal

Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT GmbH

156 Moderne mit Knick Schnieper Architekten

160 Erste Sahne

Geitner Architekten GmbH

164 Wohnen, würzig-süß DIIIP Architektur

168 Ein Haus fürs Bad

Corneille Uedingslohmann Architekten

172 Haus mit Hof denzer & poensgen

216 Sechs mal acht macht groß

TOCHTERMANN WÜNDRICH Architekten

220 Nestbau in der Gartenstadt

Schneider & Schneider Architekten ETH BSA SIA AG

224 Ornament und Konstruktion

AFF architekten und stephan hahn architekt & zimmerer

230 In guter Nachbarschaft Axel Steudel Architekt

234 Herbergshaus

Architekten Mahlknecht Comploi: Igor Comploi, Thomas Mahlknecht

238 Betongold

meier architekten

180 Die Dahme im Blick

ambrus+co architektur.design gmbh

184 Expressiv aus Tradition coido architects (Cordsen Ipach + Döll GmbH)

242 Spektakulär unspektakulär Landau + Kindelbacher Architekten Innenarchitekten GmbH

246 Das Haus als Therapie Steimle Architekten BDA

188 Waidmanns Heilung ramona buxbaum architekten

192 Architecture matters

252 Living in a box

Berschneider + Berschneider Architekten BDA + Innenarchitekten

Titus Bernhard Architekten BDA SAIV

256 Länge läuft 196 Zusammengewachsen Kraus Schönberg Architekten

200 Einfach schön

LP architektur ZT GmbH

206 Traditionell zeitgemäß su und z Architekten

210 Dialog im Dorf atelier-f ag

276 Bauen und Gestalten mit Beton

InformationsZentrum Beton GmbH

278 Mehr Licht für mehr Wohlbefinden Solarlux GmbH

280 Der textile Hartboden der nächsten Generation Object Carpet GmbH

176 Collagiertes Kontinuum koeberl doeringer architekten

Produktinformationen

Architektur & Baumanagement/ Baumeister DI Jürgen Haller

260 Architekturbekenntnis SoHo Architekten

264 Bergsplitter

bergmeisterwolf architekten/a saggio

268 Es kommt drauf an, was man draus macht Albertin Partner Architekten

282 Die Vielfalt des Besonderen Hofquartier

284 Architekten und Fotografen 288 Impressum


Vorwort

von Katharina Matzig

Kaum acht Jahrzehnte nachdem Adolf Loos behauptete, man komme der Architektur nicht aus, ist sie in aller Munde und tagtäglich in der Zeitung zu finden. Das ist Ihnen noch gar nicht aufgefallen? Vermutlich lesen Sie das Feuilleton. Über Gentrifizierung, Mietpreisbremse oder Flüchtlingsunterkünfte werden Sie dort tatsächlich wenig finden. Es ist nicht die Baukultur, die die Menschheit medial gerade beschäftigt, sondern das Thema Wohnen. Und damit die ureigenste Aufgabe der „architectura“: der Schutz von Leib und Leben sowie von Hab und Gut. Glaubt man einer Studie des McKinsey Global Instituts, dann werden sich 2025 1,6 Milliarden Menschen mit den Kosten für akzeptablen Wohnraum, für den in der Regel ein Budget von 30 Prozent des Einkommens zur Verfügung steht, finanziell übernehmen oder inakzeptable Wohnverhältnisse hinnehmen müssen. Ist es da nicht unangemessen, wenn nicht gar zynisch, 50 Häuser aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Südtirol als Häuser des Jahres 2017 zu küren? Sie alle haben nichts mit Wohnungssuche, -not und -mangel zu tun. Sie sind kein Beitrag zur Lösung der globalen Wohnkrise. Das kann das Einfamilienhaus a priori nicht sein. Ja, 6

das ist es. Und nein, das ist es nicht. Denn es darf, da bin ich sicher, beim Bauen nicht nur um Quantität gehen, sondern es muss auch Qualität verhandelt werden. Und dafür sind die Häuser des Jahres nun einmal die besten Beispiele! „Gelungene Architektur“, hat David Chipperfield vor einiger Zeit dem SZ-Magazin in einem Interview verraten, „bringt das Beste in uns zum Vorschein: Offenheit, Großzügigkeit, Sanftmut, Ruhe, Harmonie, Freundlichkeit. Umgekehrt kann ein Raum einen Kriechstrom aus Einsamkeit und Sinnlosigkeit in uns erzeugen.“ Er meinte zudem: „Nicht schlechter Geschmack ruiniert die Welt, sondern Architekten, die vergessen haben, dass sie als Berufsanfänger die Welt zu einem besseren Ort machen wollten. Ein Gebäude zu entwerfen ist kinderleicht und kostet nicht viel Zeit, eigentlich kann das jeder. Die Herausforderung beginnt, wenn Sie an die Menschen denken, die in diesem Gebäude leben sollen.“ Ob ausschließlich Offenheit, Sanftmut und Harmonie in den Häusern herrschen, die wir Ihnen auf den folgenden Seiten – dieses Jahr grafisch erstmals vom Büro Rose Pistola aus München aufbereitet – vorstellen, wissen wir allerdings nicht. Doch was man den ausgewählten Wohnbauten ansieht und


was wir von den Architekten bei Gesprächen und in Mails erfahren haben, ist dies: Stets waren die Bauherren, die Nutzer der großen wie kleinen Häuser, der Villen ebenso wie der Low-Budget-Bauten, der Behausungen in der Stadt und auf dem Land, der zahlreichen Neubauten ebenso wie der Umbauten, die meisten für das stete, einige aber auch für das Ferienwohnen errichtet, der Maßstab der Planung. Die 50 Häuser werden präsentiert anhand professioneller Innenund Außenraumfotos. Einheitlich dargestellte Lagepläne im Maßstab 1:2000 machen die städtebauliche Einbindung der Gebäude vergleichbar. Grundrisse und Schnitte, in der Regel im Maßstab 1:400, wurden von den Architekturbüros zur Verfügung gestellt ebenso wie Angaben über Grundstücksgröße, Wohnflächen, Bauweise, Energiestandard, Baujahr und bisweilen auch die Baukosten. Von den Architekten stammen zudem die Entwurfserläuterungen, die zu den von mir verfassten Baubeschreibungen führten. Keines der Gebäude wäre in diesem Buch, wenn sich Bauherren und Architekten nicht mehr verstehen würden, die Zustimmung der Nutzer ist selbstverständliche Bedingung für die Teilnahme am Wettbewerb. Gerhard Landau aus dem Büro Landau +

Kindelbacher aus München erzählt stolz, dass er bislang noch nie einen Prozess gegen einen seiner Bauherren führen musste, für den Besitzer des Hauses am See hat er inzwischen mehrfach geplant. Während Alexander Nägele von SoHo gemeinsam mit seinem Bauherrn vor Gericht zog und um die Fassade eines Hauses in Memmingen kämpfte, mit der heute beide, Architekt und Bauherr, zufrieden sind. Womit wir wieder bei der Qualität sind. Und ein letztes Mal bei David Chipperfield: „Ein Gebäude ist zynisch, wenn der Architekt seinen ästhetischen Ehrgeiz und die Liebe zu seinem Beruf aufgegeben hat und nur noch an die Profitmaximierung seines Auftraggebers denkt.“ Mit der Planung eines Einfamilienhauses wird ein Architekt nicht reich, zu viel Arbeit steckt in der Maßanfertigung. Auch darum macht es uns immer wieder große Freude, Jahr für Jahr herausragende Architektenleistungen vorzustellen: als Kompliment an die Kollegen und Kolleginnen und als Anregung für alle, die der Architektur nicht auskommen wollen. Vor allem aber auch als Erinnerung daran, dass Qualität zählt.

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Einleitung

von Peter Cachola Schmal

Was sagen uns die Häuser des Jahres? Herr, laß dir gefallen Dieses kleine Haus, Größre kann man bauen, Mehr kommt nicht heraus. Johann Wolfgang von Goethe, West-östlicher Divan, 1819

Warum bleibt das Thema freistehende Einfamilienhäuser relevant? Haben wir es nicht schon ewig verteufelt und forderten wir nicht – zu Recht – immer wieder mehr Verdichtung, hin zu Mehrfamilienhäusern, Siedlungen und heute zu Baugruppen und Baugenossenschaften, um den Landschaftsverbrauch, die Zersiedlung und die Versiegelung zu reduzieren und um schlussendlich die als überlebensnotwendig deklarierten Klimaziele zu erreichen? Müsste man Einfamilienhäuser grundsätzlich nicht verbieten? Schon. Und gleichzeitig bleibt das freistehende Haus, die Urhütte, der Traum aller Hausbesitzer, wenn er auch heute in bestimmten beliebten Regionen immer wieder durch eine Doppelhaushälfte oder eben eine Etagenwohnung ersetzt werden muss. Sei’s drum, die Realität sieht so aus: nur 12 % aller neu gebauten Wohnhäuser sind Mehrfamilienhäuser, nur 9 % Zweifamilienhäuser und stolze 85 % Einfamilienhäuser ! Wie viele von ihnen sind allerdings Fertighäuser, also Typenentwürfe? Und wie viele stammen von Generalunternehmern – um die es hier nicht geht? Wie viele sind dann noch jene Unikate, von freien Architekten entworfen, die wir näher betrachten wollen? In Bayern liegt der Anteil der Fertighäuser 2016 bei 20 %, in Hessen bei 27 %. Die Tendenz ist überall stetig steigend, also muss die Mehrheit von Architekten geplant worden sein, entgegen der gängigen Meinung. Akzeptiert man also diesen kollektiven Traum und widmet sich der geradezu archaischen Typologie des freistehenden Wohnhauses, entdeckt man interessante Tendenzen: Entwicklungen im Materiellen wie im Formalen, die viel über den Umgang mit dem Grundstück, mit der Natur, mit dem lokalen Kontext, mit den Bauvorschriften und mit der Gattung an sich aussagen. Seit 2011 tun wir dies regelmäßig im Rahmen dieses Preises. 8

Begonnen haben den Preis der damalige Chefredakteur des Baumeisters, Wolfgang Bachmann, und der dahinterstehende Callwey Verlag mit seiner Verlegerin Marcella Prior-Callwey und das DAM, in Person des Autors, flankiert vom damaligen Betonmarketing Süd, Thomas Kaczmarek, und publizistisch unterstützt von der Welt am Sonntag als Medienpartner. Inzwischen kam Focus hinzu. Jedes Jahr im Oktober auf der Frankfurter Buchmesse berichtet mir die Verlegerin seither aufs Neue, dass das meistverkaufte Architekturbuch Deutschlands weiterhin eben 'Häuser des Jahres' mit seinen 50 ausgewählten Beispielen für gelungene Wohnhäuser ist. Architekten, deren Bau in einem der Bücher veröffentlicht wurde, versichern mir auf den jedes Jahr im September im DAM stattfindenden und sehr fröhlichen Preisverleihungen immer wieder, dass sich tatsächlich potenzielle Bauherrn nach Lektüre des Buchs bei ihnen gemeldet hätten, manche sogar aus Übersee. Print wirkt also! Das Buchprojekt erfüllt absolut seinen Zweck. Auch die zweimonatigen Ausstellungen des Gewinnerprojekts und der engeren Wahl im DAM kommen bei unserem Publikum sehr gut an. Das ist doch schon eine ganze Menge. Nur selten können wir so direkt die Wirksamkeit unserer Projekte beobachten. Auf der einen Seite ist die Bauaufgabe des freistehenden Wohnhauses erzkonservativ und im besten Sinne konventionell, denn die Dinge wiederholen sich, und Trends sind eher langfristig als kurzfristig zu erkennen. Das Wohnhaus wird nicht jedes Jahr neu erfunden. Die Bedürfnisse und Träume der Bewohner bleiben im Großen und Ganzen ja stets die gleichen: eine eigene Heimat zu schaffen, eine überschaubare Welt mit Garten, Küche und Wohnen auf der einen Seite oder auf einer Etage, Schlafen und Bäder auf der anderen – Halböffentlichkeit versus das private Glück, Ausblick und Kontakt versus Innenwelt, die größte und damit auch die wichtigste Investition im gesamten Leben in die Zukunft und als Lebensumwelt für die eigene Familie. Auf der anderen Seite versuchten wir als Fachleute, mit unseren Entscheidungen das eine oder andere Statement zu setzen und dem Thema jeweils ein neues Narrativ zu verpassen und aus den uns vorliegenden Bewerbungen einige Projekte zu identifizieren, die dies ermöglichen. Dieses Jahr zum Beispiel illustriert der Gewinner, das Einfamilienwohnhochhäuslein „Atelier Elli“ von Holzer Kobler in der Züricher Elisabethenstraße die These, dass ein Einfamilienhaus auch auf kleinen Restgrundstücken in der Großstadt gestapelt werden kann. 2016 war es das spottbillige, aber trotzdem anständige Einfamilienhaus „Kleine Welle“ von Guntram Jankowski/werk


A in Olching, in S-Bahn-Entfernung zu München, das ein typisches Problem der Erreichbarkeit bei niedrigeren Kosten löste. Mal war es die wunderbare lebendige Tradition der industriell-handwerklichen Holzbau-Qualität im Vorarlberg am Beispiel eines Hauses von Bernardo Bader. Mal ist es die Umwandlung von aufgegebenen Scheunen in verlassenen Dörfern in Berliner Reichweite in der Uckermark zu traumhaften Häusern von Thomas Kröger. Ein anderes Mal zeigte Daniele Marquez im schweizerischen Luzern, wie sich der gleiche Typus von Bungalow übereinander zu einem Terrassenhaus staffeln lässt und wie sich trotz des großzügigen Raumeindrucks eine

Dieses Jahr illustriert der Gewinner, das Einfamilienwohnhochhäuslein „Atelier Elli“ von Holzer Kobler in der Züricher Elisabethenstraße die These, dass ein Einfamilienhaus auch auf kleinen Restgrundstücken in der Großstadt gestapelt werden kann.

spürbare Verdichtung erzielen lässt. Zurückhaltung wird auch gerne belohnt, wie das harmlos wirkende Häuschen mit Satteldach und nicht einsehbarem Pool in der Umgebung von Basel in Nuglar von HHF Architekten, das es gehörig in sich hat. Wir loben immer wieder gerne die halb-urbanen Versionen, wie das verschachtelte Viererhaus in der urbanen Villa in Lausanne von 2b Architectes oder die geschickte Einfügung eines vierstöckigen Hauses in den historischen Kontext der Altstadt von Konstanz von bächlemeid architekten. Die anfangs in unglaublichen Mengen eingereichten weißen Kisten

im sogenannten 'Bauhaus-Stil' wurden auf diese Weise und dank unserer deutlichen Zurückhaltung merklich verringert. In all den Jahren fiel mir einiges auf, was sich verallgemeinern ließe, trotz aller Gefahren: Schweizer Bauherren wertschätzen handwerkliche Präzision und Qualität, erkennen diese auch, fordern sie ein und sind sogar bereit, dafür einen angemessenen Preis zu bezahlen. Im Gegenzug zu den meisten deutschen Bauherren. Leider, wie uns einige Architekten glaubhaft versichern. Die Schweizer Bauherren scheinen auch die Vorliebe ihrer Architekten für scharfkantigen Sichtbeton im Innenraum zu teilen. In diesem Jahr zum Beispiel beim Erstlingswerk von Reuter Raeber Architekten in Riehen zu sehen. Wo selbst die Badewanne betoniert wurde – wenn das nicht Überzeugung ist! In Österreich wird gerne der Holzelementbau optimiert und das nicht nur in Vorarlberg. Auch in Süddeutschland und in Italiens Südtirol ist er auf dem Vormarsch. Schöne Beispiele von Bernardo Bader zeigen dies immer wieder, dieses Jahr gleich zweimal, in Lochau und in Laterns. Besonders das letzte Beispiel erinnert in seiner geschlossenen Form an die Urtypologie des ländlichen Bauens, die Scheunen. Scheunen sind derzeit en vogue in der architektonischen Gestaltung und das nicht nur auf dem Land, wie wir in Berlin eines Tages bei der Kunstscheune von Herzog de Meuron sehen werden. Das Spektrum reicht von revitalisierten Scheunen und Ställen wie dem translozierten Stadel im österreichischen Neustift im Stubaital von Madritsch + Pfurtscheller bis zu scheunenartigen großen Dächern, zum Beispiel in Corten-Stahl von fabi architekten im niederbayerischen Blaibach. Überhaupt feiert das geneigte Dach eine fröhliche Wiederauferstehung, denn alle seine Facetten und Grundregeln werden derzeit wieder hervorgekramt und erprobt, sogar das Pultdach taucht vereinzelt wieder auf. Das Flachdach scheint bei den Architekten seinen jahrzehntelangen Herrschaftsanspruch tatsächlich zu verlieren. Knapp über die Hälfte aller Häuser in diesem Jahrgang weisen ein geneigtes Dach auf, das wäre vor einer Generation noch undenkbar gewesen! Lamellen in Holz als gliederndes oder filterndes Fassadenelement sind seit mindestens zwanzig Jahren beliebt, in diesem Jahr u. a. deutlich vertreten durch bfd flachsbarth schulz bei ihrer Kiste in Berlin-Zehlendorf oder in der alpenländischen Holzvilla in Rottach-Egern von su und z, bei der Lamellen als Schieberollläden dienen. Ein anderer Trend im Geschosswohnungsbau, Balkone nicht mehr als auskragende oder vorgestellte und somit formal eher unbefriedigende Addition zu behandeln, sondern 9


stattdessen im Umkehrschluss als Loggia aus dem Baukörper herauszuschneiden, findet sich auch in den Entwürfen für freistehende Häuser, so bei Cukrowicz Nachbaur im Vorarlberger Bezau. Überhaupt fällt auf, dass Lochfenster zunehmend ihre Autonomie verlieren und man Fassaden lieber ohne eine ordentliche Anordnung von übereinanderstehenden Fenstern gestaltet. Stattdessen werden einzelne größere Glasflächen gegen geschlossene Flächen gesetzt, wie bei Jürgen Haller in

Es fällt auf: Heute muss alles bündig, flächig und fugenlos sein, wenn es nur mühelos aussieht. Im Innenausbau kann diese Perfektion bis zum Wahnsinn getrieben werden.

Dellmensingen. Oder es werden unterschiedlich große, quadratische Fenster verwendet, gerne auch versetzt – nach der, seit Jahren weltweit zitierten „Zollverein-Methode“ –, diesmal angewandt von Bernardo Bader in Lochau. Im Außenbereich fällt auf, dass der Übergang vom Inneren zu der umgebenden Natur stark vermittelt wird. Das Artifizielle der Behausung wird oft verstärkt. Terrassen sind heute eher definierte Plattformen, die formal oft zum Sockel des Hauses gehören und mindestens eine Stufe über Terrain liegen. Manchmal wird sogar die Tradition des Vierkanthofs wiederbelebt, obwohl seine Daseinsberechtigung heute nicht mehr gegeben ist, wie bei Denzer & Poensgens Haus in dem Eifeldorf Marmagen, das von der Straße aus hermetisch abgeschlossen wirkt. Garagen werden ungern als eigenständige Körper gebaut, sondern oft kaschiert mit fast unsichtbaren Tapetentüren, obwohl sie natürlich in ihrer Ausdehnung beträchtlich gewachsen sind, manchmal auch mehr als zwei oder drei Autos fassen. Mülltonnen oder ihre Aufbewahrungskästen sind visuell kom10

plett verschwunden, wahrscheinlich stehen sie in den großen Garagen? Gartenhäuschen gibt es auch keine mehr. Es herrscht eine große gestalterische Reduktion, die – wie man weiß – eher mehr als weniger kostet, weil weniger Details zu sehen sind. Es fällt auf: Heute muss alles bündig, flächig und fugenlos sein, wenn es nur mühelos aussieht. Im Innenausbau kann diese Perfektion bis zum Wahnsinn getrieben werden. In die Wand integrierte Kamine werden mit steigenden Preisen eine Selbstverständlichkeit. Küchen sind visuell auch immer reduzierter, manchmal scheint die Kochfunktion kaum noch möglich, selbst die Dunstabzugshauben sind verschwunden – wahrscheinlich irgendwo fugenlos kaschiert, in der Decke oder eingelassen neben der Herdoberfläche? Der massive, glatte weiße oder schwarze Küchenblock hat gewonnen. Wände werden wegen der symbolischen Wohnlichkeit dagegen gerne in Holz gehalten. Farbe ist selten geworden, fast nicht mehr vorhanden, meist überwiegt die Farbe „natur“. Wie in Naturholz, Naturbeton, Naturstein, Naturstahl. Bäder sind großzügig dimensioniert, Toiletten werden getrennt und sind daher nicht auf Fotos zu finden – obwohl Architekten gerade in den WC-Anlagen ihre Meisterschaft auszudrücken pflegten, besonders in Restaurants. Möbel sind eher Mid-Century als zeitgenössisch, der beliebteste Stuhl im Buch ist mit Abstand der neue DSW (Dining Height Side Chair Wooden Base) von Vitra (380 €) nach dem legendären Kunststoffklassiker von Charles Eames von 1950. Wir sollten Vitra als Sponsor gewinnen, ihnen müssten die Augen beim Blättern dieses Buches übergehen. Lampen sind ja neben Stühlen das andere große Feld der Innenarchitektur! Aber was ist geschehen? Sie hängen einzeln oder gereiht, am liebsten sichtbar an ihrem Kabel oder in klaren Zylindern oder Kugeln. Augenzwinkernd kritisch gefragt: Sind die Interior-Aufnahmen allesamt nur gefakt? Früher mussten die Fotografien, die die Architekten beauftragten, immer menschenleer bleiben, wegen der vorgeblichen Zeitlosigkeit des Entwurfs, wobei dies schon immer eine Lüge war. Dann kam Iwan Baan und machte Fotos von belebter, benutzter und in Kontext gesetzter Architektur salonfähig. Doch was kann der Architektur-Fotograf tun, wenn heute die vorsichtigen Eltern der Publikation von Bildern ihrer Kleinen nicht zustimmen möchten? Er muss die Bilder symbolisch aufladen, in den letzten Jahren gerne mit Geweihen, Hunden oder dynamisch sich bewegenden Sportwagen. Diesmal finden sich Bilder mit Retro-Kinderautos (welche ansonsten leere Holzzimmer definieren) oder öfters die Espressomaschine mit zwei Tassen auf dem Tisch, die auf die Funktion der Küche


oder des Esszimmers hinweist. Auch ein edler Weimaraner posiert auf einer Terrasse (bei der über-reduzierten weißen Villa von Steimle Architekten am Hang über Tübingen). Man fragt sich: Stammen die Bilder aus der Lebenswirklichkeit der Bewohner? Das darf bezweifelt werden, in den meisten Fällen ist etwas „Staging“ im Spiel, wie der Interior Designer sagen würde, also leere Räume mit wenigen symbolischen Möbeln zu bestücken. Sehr selten werden Bilder von ganz normal im täglichen Gebrauch befindlichen Häusern eingereicht – ein einziges echtes unaufgeräumtes Kinderzimmer ist im Buch zu sehen, beim Sechseck-Haus in Wangen im Allgäu von Fabian Evers und Christoph Wezel. Es herrscht abgesicherter Minimalismus und Geschmack, man vermisst ein bisschen Ikea. Und es gibt zu wenige Antiquitäten. Auch sie sieht man nur einmal, bei Corneille Uedingslohmann in ihrer Villa für ein Schwimmbad in Köln-Hahnwald. Was ja nicht real sein kann, beim oft reifen Alter der Bauherren. Dafür tauchen gerne Buddha-Statuen auf – im Gegensatz zu Kreuzen. Ist die gehobene Mittelklasse etwa zum Buddhismus konvertiert? Was uns präsentiert wird, kann einfach nicht die Wirklichkeit sein – aber es sieht so einfach besser aus. Das wissen wir. So wollen wir es nicht nur als auftraggebender Architekt, sondern auch als Leser. Ironisch überzieht nur der Provokateur Peter Haimerl aus München, der seine extremistischen Sichtbetonergänzungen gerne mit Pferden und traditionell gekleideten Landfrauen in Szene setzt. Und auf die Weise auf die Marketingfunktion der Inszenierung aller Fotoshootings hinweist. Leider ist er dieses Jahr nicht dabei. Das Einfamilienhaus gilt städtebaulich zwar als obsolet, lebt aber und entwickelt sich fröhlich weiter. Mit etwas Verzögerung bildet es alle Diskussionen rund um das Bauen und alle formalen Entwicklungen in der Architektur ab. Nur die sich deutlich abzeichnende Verteuerung des Baugrunds und der Mangel an Bauland nicht nur in den Ballungsräumen, sondern auch weit darüber hinaus könnte seine weitere Verbreitung politisch bremsen.

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Die Jury

1 Ulrich Nolting InformationsZentrum Beton 2 Katharina Matzig Architekturjournalistin 3 Peter Cachola Schmal Direktor des Deutschen Architekturmuseums 4 Guntram Jankowski Architekt, Gewinner „Häuser des Jahres“ 2016 5 Lydia Haack Architektin und Stadtplanerin, Landesvorsitzende BDA Bayern 6 Reimund Stewen Vorstandsmitglied Verband Privater Bauherren e.V. 12



1. P

R

E

A U S Z E N U N G A N

N E R U N G


I

S

I C H E N K E E N

N


Einfamilienhochhaus VON

1. Preis

Holzer Kobler Architekturen GmbH

16

IN ZĂźrich (CH)



18

1. Preis


Hoch und schmal schmiegt sich das neue Einfamilienhaus an den Altbau und macht vor, wie attraktiv eine Nachverdichtung sein kann: Für die Bewohner und für die Stadt.

Ein Parkplatz, ein Warenumschlagplatz: Nein, attraktiv war der Blick in den Hinterhof nicht, den das Büro Holzer Kobler Architekten aus seinen Büroräumen hatte. Doch Architekten sind Visionäre und Gestalter. Und so sorgte die Aussicht nicht für Unmut, sondern wurde zur Inspiration: Eine geschickte Nachverdichtung könnte hier zusätzliches Wohnen und kreatives Arbeiten ermöglichen! Die bestehende Mischnutzung aus Gewerbe, Büro, privatem, genossenschaftlichem und sozialem Wohnen könnte weiterbestehen, kostengünstig – schließlich liegt der Hof in Zürichs ehemaligem Arbeiterquartier. So entstand in engem Austausch mit dem Eigentümer das Wohn-

und Atelierhaus ELLI an der Elisabethenstraße in Zürich. Und trotz der Einzelanfertigungen, die der Größe, oder besser gesagt, der Kleinheit des Hauses geschuldet sind, entspricht die Miete für das Wohnhaus und für die Atelierräume heute dem ortsüblichen Niveau. Fünf Geschosse hoch schmiegt sich der schlanke Neubau an das angrenzende Wohnhaus. Bis auf den Eingang bleibt seine Längswand komplett geschlossen, raumhoch und -breit öffnen sich die Stirnseiten. Vorgefertigte Betonelemente bilden die Hülle des Einfamilienhauses. Innen wie außen zeigt es sich daher als echter Rohbau, geprägt vom Fugenbild der industriell gefertigten Elemente, im Inneren akzentuiert von unterschiedlichen Rottönen, die knallige Kontraste zum Sichtbeton bilden. Als Boden passt Zementestrich, schwarzer Stahl umwandet die Betontreppen. Der Hof wurde unterhöhlt. Im ersten Untergeschoss liegt ein großzügiges, stützenfreies Atelier, das mit den bestehenden Büroräumlichkeiten verbunden ist und von den Architekten als Bibliothek, Besprechungsraum und Werkstatt genutzt wird. Markante Oberlichter sorgen hier für Licht und Atmosphäre. Die vormals oberirdischen Parkplätze wurden ins zweite Untergeschoss verlegt, sie werden über die Tiefgarage des Nachbargrund-

stücks erschlossen. Der Wohnturm lehnt direkt an der Brandwand. Die dem Baugesetz geschuldete räumliche Beschränkung lösten die Architekten sportlich: Auf einen Aufzug wurde verzichtet, die Flächen sind zu wertvoll. Der Weg über die Treppe wird stattdessen zum Erlebnis: Gewinkelt führt sie aus dem Eingangsgeschoss, das auch als Einliegerwohnung genutzt werden kann, in den ersten Stock mit Kinderzimmer und Bad. Dort wird sie von einer einläufigen Treppe abgelöst, die als Himmelsleiter von der Schlafetage im dritten Geschoss in den Wohnraum führt. Über zwei gegenläufige Treppen werden der Essbereich und die eingerückte Küche im fünften Obergeschoss erschlossen. Eine Dachterrasse ersetzt den Garten und gestattet einen weiten Blick über die Stadt.

Links Der Raum mit einer Grundfläche von etwa fünf mal zehn Metern ist kompakt. Eng wirkt er nicht, nicht einmal im Treppenhaus. Rechts Theater: Die roten Vorhänge vor den bodentiefen Fenstern schützen und inszenieren den Alltag.

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1. Preis


Urteil der Jury

von Lydia Haack

Links Wohnhaus, Atelier und die bestehenden Büroräumlichkeiten im Nachbarhaus können auf sich ändernde Arbeits- und Lebensumstände reagieren. Sie ergänzen sich, lassen sich aber auch unabhängig vonei­ nander nutzen.

Als Mission für kostengünstiges Bauen und gleichzeitig als Konzept für innerstädtische Nachverdichtung – das Wohnund Atelierhaus von Holzer Kobler gibt eine überzeugende Antwort auf die heute drängendsten Fragen. Sowohl der einraumbreite Wohnbau wie auch das Atelier, das doppelgeschossig organisiert unter dem Hinterhof untergebracht wurde, sind jeweils für sich gesehen gelungene Maßnahmen zur innerstädtischen Nachverdichtung. Besonders geschickt aber ist deren Zusammenschaltbarkeit, die sogar den angrenzenden Altbau mit einbezieht, in dem sich die kleinen Räume des Wohnhauses mit den großzügigen, stützenfreien des Ateliers kombinieren lassen. So ergibt sich eine hohe Nutzungsflexibilität. Vorgefertigte Betonelemente bilden die Hülle des Gebäudes und prägen dessen architektonischen Ausdruck, der aus dem Anspruch der Kostenreduzierung entwickelt wurde. Das Bild vom ‚Wohnen im Rohbau’ wird mit wohldurchdachten Details ergänzt, die mit einer kraftvollen Palette an Farbtönen zusammen Akzente im Inneren setzen. Dies führt zu einer klaren Aussage, die das Rohe, Provisorische und scheinbar Unbelassene in ein wohnliches, von zeitloser Eleganz geprägtes Gebäude verwandelt. 21


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1. Preis


Querschnitt

„Das Atelierhaus ELLI zeigt: Weniger ist mehr. Nicht nur in puncto Lebensqualität, sondern auch hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit.“

Längsschnitt

Holzer Kobler Architekturen GmbH Grundriss Dachgeschoss

Grundriss 4. Obergeschoss

10

Anzahl der Bewohner:

3

11 SCHNITT A 1:400

SCHNITT B 1:400 9

Wohnfläche (m2):

224

Grundstücksgröße (m2):

Grundriss 3. Obergeschoss

8

410

Grundriss 2. Obergeschoss

6 2

Standort: Zürich (CH) Zusätzliche Nutzfläche (m2): 20

7

Bauweise: massiv

5

Baukosten: 767.000 Euro Fertigstellung: 2016

Grundriss 1. Obergeschoss

4

Grundriss Erdgeschoss

3 2 1

Lageplan

Maßstab M 1:400 Links Die Dachterrasse ersetzt den Garten. Ziel war nicht die Umnutzung des Hofs, sondern die Schaffung zusätzlicher Flächen.

1 2 3 4 5 6

Eingang Bad Gast Kind Ankleide Schlafen

7 8 9 10 11

Wohnen Lounge Essen Küche Terrasse

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Auszeichnung


Fenster zum See VON

studioRAUCH

IN Seefeld


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Auszeichnung


See und Berge bestimmen Form und Nutzung.

Links Gekocht und gegessen wird unter dem Dach mit Blick über den Pilsensee. Rechts Während des Studiums arbeitete der Architekt als Journalist. Das Interesse an der Verständlichkeit von Architektur hat er nicht verloren: Seine Häuser sind begreif- und lesbar.

Er bekam einen Preis beim BDA-Wettbewerb. „max 40 – Junge Architekten 2016“, stand auf der sogenannten „Shortlist 2017“ der Baunetzwoche und ist nun mit zwei Projekten beim Wettbewerb „Häuser des Jahres 2017“ erfolgreich: Stephan Rauch mit seinem studioRAUCH aus München. Der Architekt kennt sich aus mit Traumhäusern: Um sein Architekturstudium zu finanzieren, arbeitete Stephan Rauch als Journalist beim Bayerischen Fernsehen, unter anderem in der Redaktion der Serie „Traumhäuser“, in der seit über zehn Jahren erfolgreich architektonische Qualität an das breite Fernsehpublikum vermittelt wird. Das hier vorgestellte Traumhaus in Hechendorf besetzt bereits ein traumhaftes Grundstück. Das Hanggrundstück im Fünfseenland in der Gemeinde Seefeld im Landkreis Starnberg hat Blick auf den Pilsensee ebenso wie ins Wettersteingebirge. Je nach Wetterlage sieht man die Bergbahn der Zugspitze. Daher konzentriert sich das kompakte Volumen in elegantem, unaufdringlichem Grau mit seinem zweifach geneigten, metallgedeckten

Satteldach ganz auf die Aussicht und ordnet die Nutzung der Räume den Ausblicken unter. Gekocht und gegessen wird mit Berg- und Seeblick im Dachgeschoss, das sich zum Teil als Terrasse öffnet. Im Mittelgeschoss fokussiert das offene, durch eine Stufe abgegrenzte Wohnen die Aussicht auf das Wasser. Ein Bad, ein Arbeitsbereich sowie der Medienraum finden hier zusätzlich Platz. Die Schlafräume für zwei Kinder und die Eltern, ein weiteres Bad und ein Fitnessraum im untersten Geschoss verschwinden im Hang. Auch die Garage ist in den Hang integriert, ihr Dach erweitert den Garten als Terrasse. Die Geometrie ergibt sich aus dem Platzbedürfnis und dem maximalen Ertrag der Photovoltaik-Anlage. Die Grundrisse entwickeln sich polygonal in Form einer verzogenen Raute, eine kleine Drehung des Gebäudes nutzt eine Schneise in den Bäumen für die Sicht auf den See. Die Kompaktheit und die Holzbauweise mit Massivholzwänden und hinterlüfteter Fassade aus lasierten Fichtenholzbrettern entsprechen dem Wunsch nach Nachhaltigkeit. Die statischen Möglichkeiten einer Massivholzbauweise ermöglichten zudem die offenen Räume: Die Brüstung der Dach­terrasse funktioniert auch als Sturz des großen Panoramafensters im Erdgeschoss. 27


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Auszeichnung


Urteil der Jury

von Reimund Stewen

Links Die klassischen Parameter des Entwerfens stehen im Vordergrund: Ort und Bauherrenwunsch. Der kompakte Baukörper gibt einem kom­ plexen Inneren Raum.

Die Poesie des Ortes – zelebriert in einer Skulptur mit Wohnnutzung – durch entwurfsstrategische Drehung zur Einbindung eines Bergblicks (Himmel) und eines See­ panoramas (Erde). Dieses Haus feiert seine Lage und transformiert das organische Wachstum eines Baums in den gewählten polygonalen Grundriss. In der Konsequenz dieser Analogie ist das Gebäude als komplette Holzkonstruktion für Decke, Wand und Dach konzipiert. Der nachwachsende Baustoff Holz ist mit seiner unschlagbaren Primärenergie­ bilanz der Favorit im Bereich des nachhaltigen Bauens. Die sich daraus ergebende positive Ökobilanz versöhnt mit der geringen Grundstücksausnutzung. In der Verwendung dieser Holzwerkstoffe liegen auch die Möglichkeiten des stofflichen und energetischen Recylings – quasi als Beitrag zum Thema „Bauen im Kreislauf“. Die hochleistungsfähigen Massivholzwände machen die hier geplanten, komplexen Grundrisse erst möglich und schaffen mit den raffinierten Details eine konstruktive Ehrlichkeit. Die reduziert wirkenden Innenräume bilden einen neutralen Hintergrund für die Landschaftsausblicke, die durch überdimensional große Fensterformate in das Gebäude integriert werden. In allen Phasen des Bauprozesses ist hier eine gestalterische und ökologische Stringenz erzielt worden, die das nachhaltige Bauen der Zukunft erfüllen muss. Oder: Dieses Beispiel ist der Beweis, dass ein nachhaltiges Gebäude auch schön sein kann. 29


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Auszeichnung


HAUS MIT AUSSICHT: GRUNDRISSE :400 1 Querschnitt

Längsschnitt

HAUS MIT AUSSICHT: GRUNDRISSE :400 1

„Die übliche Einteilung des Einfamilienhauses wird zugunsten der schönsten Ausblicke auf den Kopf gestellt: oben Kochen und Essen, unten Schlafen, dazwischen Wohnen.“

Grundriss Dachgeschoss Dachgeschoss

Querschnitt

Längsschnitt 9

10 8

Dachgeschoss studioRAUCH, Stephan Rauch

Dachgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

2

4

Wohnfläche (m2):

1

HT

Anzahl der Bewohner:

4 3Erdgeschoss

200

Grundstücksgröße (m2):

1.026

Erdgeschoss Grundriss Untergeschoss

Querschnitt 7 2

5

Erdgeschoss 6

Standort: Seefeld Zusätzliche Nutzfläche (m2): 6 Bauweise: UG: Betonbauweise ab EG: Massivholzbauweise Fertigstellung: 2016

7

Untergeschoss

Lageplan

STUDIO RAUCH STUDIO Oben RAUCH

| HAUS MIT AUSSICHT

Das hinterlüftete Metall­ dach wurde mit Rauten gedeckt. Farblich entspricht es der Fassade. Unten

STUDIO RAUCH

Untergeschoss

| HAUS MIT AUSSICHT

| HAUS MIT AUSSICHT

Das mittlere Geschoss wird zum Wohnen genutzt.

Maßstab M 1:200 1 2 3 4 5

Eingang 6 Fitness Untergeschoss Bad 7 Kind Medien 8 Kochen/Essen Wohnen 9 Technik Schlafen 10 Dachterrasse

31


Das Deutsche Architekturmuseum und der Callwey Verlag lobten im Jahr 2017 bereits zum 7. Mal den Wettbewerb „Häuser des Jahres“ aus. Eine Fachjury wählte für diese­Publikation die 50 besten von Architektenhand geplanten Einfamilienhäuser im deutschsprachigen Raum aus. Alle sorgfältig und professionell vorgestellten Projekte überzeugen durch ihre gestalterische Qualität, Energieeffizienz, Komfort und vor allem Persönlichkeit. Dabei zeigt die Vielfalt der Standorte, der Budgets, der Gebäudeformen sowie der Materialität, dass jeder der Bauherren seine ganz eigene Vorstellung vom Wohnen hat; und dass Architekten aus Wünschen und Möglichkeiten ganz individuelle und inspirierende Traumhäuser realisieren können.

Die Dokumentation der 50 besten Projekte aus dem Wettbewerb „Häuser des Jahres“ 2017 Hochwertige Architekturfotografie, Erläuterungstexte und Zeichnungen zu jedem Projekt Wertvolle Inspirationsquelle für jeden, der ein Einfamilienhaus planen und realisieren möchte

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