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Vorwort

Für uns Pflanzenverrückte sind Gärten ja ein wichtiger Teil unseres Lebens – und dabei spielt die Größe, wie so oft, nicht die Hauptrolle. Spätestens seit der Corona-Pandemie wissen wir unsere eigene Scholle noch mehr zu schätzen.* Konnten wir doch in Zeiten des Lockdowns ab März 2020 mit seinen beschränkten Aufenthalts- und Bewegungsmöglichkeiten die wohltuende „Normalität“ des Gartens genießen, den Einzug des Frühlings im Garten beobachten, der zuverlässig kam und sich dabei von nichts und niemandem aufhalten ließ. Das tat so gut! In diesen verrückten Zeiten hatten Gartenbauer und Gartenplaner besonders viel zu tun. Wer konnte, wollte es sich im eigenen Grün so schön wie möglich machen. Viele ließen sich einen Pool oder Schwimmteich in den Garten bauen – statt Ferien auf Mallorca oder den Malediven dann eben Schwimmen daheim in Mannheim oder München. Um den Garten zum Lieblingsort zu machen, benötigt man mitnichten einen Pool, man muss auch nicht über einen Villengarten oder eine kleine Parkanlage verfügen. Das ginge an der Realität vorbei. Ein Großteil der bundesdeutschen Gärten ist kleiner als 500 m².** Natürlich gibt es dabei große regionale Unterschiede. In den Metropolen wie Hamburg, Stuttgart oder München mit exorbitant hohen Bodenpreisen ist Freiraum ein knappes Gut, sprich besonders wertvoll. Die grünen Parzellen sind demnach meist deutlich kleiner als auf dem Land weitab der Ballungszentren. Innerhalb typischer Wohnblockbebauung in den Großstädten sind die Gärten oftmals kaum größer als eine bundesdeutsche Durchschnittswohnung von 92 m².*** Umso mehr lohnt es sich, aus diesem wertvollen Stückchen Grün etwas zu machen. Am liebsten einen Garten, der einer blühenden Insel voller Leben gleicht, der einen radikalen Gegenentwurf zur Ödnis und Einfallslosigkeit steriler Rasenflächen mit dem unvermeidlichen Schild „Betreten verboten“ bietet. Wer kennt solche Flächen nicht noch aus der Kindheit? Traurig, dass es sie immer noch gibt! Das ist weder gut fürs Stadtklima, noch für die Menschen dort. Das kann doch nicht die Zukunft sein, wenn sich selbst auf dem kleinsten Fleckchen Erde ökologische Vielfalt und Nutzungsmöglichkeiten zusammenbringen lassen – vorausgesetzt man hat eine gute Gestaltungsidee und das nötige Fachwissen. Kleine Räume brauchen Struktur, eine durchdachte Raumaufteilung – soviel steht fest. Dann lässt sich Tiefe und Spannung erzeugen und die wertvolle Fläche optimal nutzen. Gerade bei kleinen Gartengrößen lohnt es sich deshalb, besonders gründlich zu planen. Man muss sich beschränken und gezielt auswählen, damit genug Platz für die drei wesentlichen Gestaltungselemente Wasser, Stein und Pflanze bleibt. Versteht sich von selbst, dass die Pflanzen dabei immer die Hauptrolle übernehmen. In diesem Buch finden Sie zahlreiche Gestaltungsbeispiele namhafter Gartenplaner und -planerinnen, die kleine Gärten zu unverwechselbaren, sehr persönlichen Wohlfühlorten machen. Sie sind der Buchreihe „Gärten des Jahres“ entnommen, einer Dokumentation zum gleichnamigen Wettbewerb, dessen renommierte Jury jedes Jahr die 50 besten Gärten im deutschsprachigen Raum prämiert. Bei den Planern und Planerinnen, den Gartenbesitzern und -besitzerinnen möchte ich mich herzlich für den Einblick in ihre Arbeit bzw. in ihre privaten Gärten bedanken. Mein Dank gilt ebenso den Gartenfotografen und -fotografinnen, welche die Atmosphäre dieser Orte so meisterhaft in ihren Bildern eingefangen und festgehalten haben.

Viel Spaß beim Entdecken all dieser kreativen Gestaltungsideen für kleine Gärten wünscht Ihnen

Konstanze Neubauer Marienstein, den 1. Oktober. 2022

*Gärten in Zeiten des Corona-Lockdowns – Wiederholungsstudie, Studienergebnisse 2021 Hochschule Geisenheim University

**Statista (2019): Umfrage unter Gartenbesitzer zur Größe ihres Gartens in Deutschland 2017. statista.de ***• Statistisches Bundesamt (2019): Pressemitteilung Nr. 285 vom 29. Juli 2019.

GRUNDRISS

Hausgarten; Neu-Ulm,

Bayern

GRÖSSE DES GARTENS 70 m 2

PLANUNGSBÜRO

Claudia Zink

Büro für Freiraumund Gartenplanung

LAGE DES GARTENS Hausgarten; Neu-Ulm, Bayern

GRÖSSE DES GARTENS 70 m 2

PLANUNGSBÜRO

Claudia Hetzel-Zink

Büro für Freiraum- und Gartenplanung

PLAN

PLAN

1 Hauseingang

1 Hauseingang

2 Glasvordach auf Sichtbetonwänden

2 Glasvordach auf Sichtbetonwänden

3 Bodenplatten

3 Bodenplatten

4 Bambus-Hain

4 Bambus-Hain

5 Zierahorn

5 Zierahorn

6 Schwebendes Podest, Gitterrost

6 Schwebendes Podest, Gitterrost links oben: Edles Material: der FächerAhorn als „Türwächter“ und das puristisch gestaltete Türschild ergänzen sich perfekt. rechts:

1 Edles Material: der Fächer-Ahorn als „Türwächter“ und das puristisch gestaltete Türschild ergänzen sich perfekt.

Schlichte Großformat-Platten aus Beton führen in gerader Linie zum Haus, begleitet von einer Reihe aus Bambus (Fargesia murielae ‘Simba‘) –im Zentrum: der rotlaubige mehrstämmige Fächer-Ahorn (Acer palmatum ‘Fireglow‘).

2 S chlichte Großformat-Platten aus Beton führen in gerader Linie zum Haus, begleitet von einer Reihe aus Bambus (Fargesia murielae ‘Simba‘) –im Zentrum: der rotlaubige mehrstämmige Fächer-Ahorn (Acer palmatum ‘Fireglow‘).

In diesem Fall war der Eingangsbereich von der Straße her nach hinten versetzt und so versteckt, dass man kaum wahrnahm, dass es hier zum Haus ging. Doch eine Verlegung des Eingangs kam für die Familie nicht in- frage. Schließlich war die Stadtvilla aus den 50er-Jahren das Elternhaus, das so belassen werden sollte. Es ging also bei der Umgestaltung auch darum, mit der Bausubstanz sensibel umzugehen.

In enger Zusammenarbeit mit der Innenarchitektin arbeitete Claudia Hetzel-Zink ein Konzept aus, das den Hauseingang stärker betonen sollte. Hier kam für sie nur eine schlichte gerade Linienführung infrage. Sie wählte großformatige Betonplatten, die zum Haus führen, um den schmalen, langen Eingang optisch großzügig zu gestalten. Die Oberfläche der Betonplatten ist sandgestrahlt und harmoniert glänzend mit dem Kies (Rheinriesel) zwischen den Platten und Pflanzflächen. Ein Gitterrost schwebt über der bepflanzten Kiesfläche, der mit Barfußgitter belegt ist.

Zentrum des Eingangs bildet ein rotlaubiger, mehrstämmiger Ahorn (Acer palmatum ‘Fireglow’), der den gesamten Eingangsbereich überspannt und das Auge ganz automatisch auf den Eingang lenkt. Hier musste Claudia Hetzel-Zink erst Überzeugungsarbeit leisten, denn einen Baum vor der Haustür konnte sich die Familie zuerst gar nicht vorstellen. Doch mittlerweile sind sie glücklich über ihren „japanischen Türhüter“, der im Wandel der Jahreszeiten den Eingangsbereich mit stimmungsvollen Bildern schmückt: er bezaubert mit seinem Schattenwurf, wenn Mittags die Sonne in den Eingangsbereich scheint. Er malt herrliche Herbstbilder auf Kies, Betonplatten und Gitter, wenn seine goldgelben oder roten gezackten Blätter fallen.

Seitlich entlang der Garagenwand führt eine Reihe Bambus wie ein „grüner Trichter“ elegant zur Haustüre und deckt gleichzeitig die Garagenwand ab. Einzelne Buchsbäume und Funkien bieten zurückhaltendes, aber unterstützendes Grün. Hier finden auch Geräusche statt, wenn der Wind durch die Bambushalme streicht. So bleibt es lebendig, trotz klarer Formensprache.

Zwei versetzt angeordnete Sichtbetonmauern tragen zum einen das Glasvordach und bilden zum anderen einen Gartenzugang, der zwischen den Mauerscheiben unsichtbar wird und nicht vom Blick auf die Haustür ablenkt. Der Plattenbelag führt in schmaler Variante in den hinteren Gartenteil. Die Bepflanzung mit einer Bambushecke läuft ebenfalls in den Gartenbereich weiter. Ein kleines Gitterpodest mit Stufen erlaubt den seitlichen Zugang zum Garten.

Der Eingang ist die Visitenkarte des Hauses – hier wird man empfangen, hier bekommt man den ersten Eindruck vom Haus und seinen Bewohnern. Doch wie sollte ein Hauseingang gestaltet sein? In jedem Fall einladend, denn durch diese Türe geht man meist mehrmals am Tag.

Jetzt wirkt der Hauseingang mit seiner puristisch eleganten Gestaltung einladend. „Die Proportionen sind gelungen – das war gar nicht so einfach, hier die richtigen Größen zu wählen“, zieht Claudia Hetzel-Zink Bilanz. Und die Familie? Sie freut sich jeden Tag, wenn sie nach Hause kommt und von dem Eingangsbereich empfangen wird.

Einladend: Der Eingang wurde durch die Bepflanzung, den verzinkten Gitterrost und die gerade Linienführung des Weges stärker betont und wirkt nun für sich.

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