Baumeister B10 / 2017

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BAU ME ISTER

11 4 . J A H R G A N G

Oktober

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Das ArchitekturMagazin

O so retro INNENWELTEN UND DIE SEHNSUCHT NACH

D 16 € A,L 18 € I 19,90 € C H 2 4 S F R

DER VERGANGENHE IT

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Köpfe

Ideen

Während Bau­ ten aus den 1950ern und 1960ern allzu oft abgerissen werden, gel­ ten Interieurs und Design aus dieser Zeit als cool.

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Hat gut lachen: Preisträgerin Barbara Holzer

Mexikanische Beton-Architektur vom Feinsten

10 Studiomama

22 Hotel am Comer See

Nina Tolstrup findet eigene Wege beim Entwerfen und bei der Vermarktung.

Die Vergangenheit stand Pate bei Patricia Urquiolas Architektur und Interieurs.

14 Fala Atelier

34 Kulturpalast Dresden

Oft kopiert: Ahmed Belkhodja, Filipe Magalhães und Ana Luisa Soares collagieren und bauen vorbildlich.

Wiederbelebung mit neuen Nutzungen ganz im Sinne seiner Entstehungszeit

18 Holzer Kobler Stolze Preisträger: Die beiden Schweizer haben sich beim Architekturwettbewerb „Häuser des Jahres“ durchgesetzt.

BAU MEISTER. DE

46 Galerie in Mexiko Ein verstecktes Kleinod des Brutalismus kommt wieder zu Ehren.

58 Musik-Gehäuse Schwitters‘ Merzbau als Inspiration für den französischen Kunstbiennale-Pavillon

64 Münchner Gasthaus Zwischen damals und heute: der Donisl

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76 Athener Kultur Ein neues Zentrum repariert eine Küstenpartie am Stadtrand.

FOTOS V.L .N.R .: ATE LIE R BRUNCKY; RORY GARDINE R; IR A M A Z ZONI; NE MO S.R .L .

Die unterstri­ chenen Bei­ träge rechts befassen sich mit dem Titelthema.


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Fragen

Lösungen

Gast-Arbeiter

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Experimenteller Bühnenaufbau in Hellerau

Fortlaufende Lichtlinie: die Leuchte „Linescapes“

88 Welches Licht schuf Utopia ?

96 Licht

92 Wie gestaltet man fahrradfreundliche Architektur ?

Keramikfassade von Casalgrande Padana für ein Pariser Wohnquartier

Mario Ballesteros hat viele Rollen: Er ist unter anderem Kurator, Herausgeber, Archi­ tekturkritiker und leitet derzeit auch das „Archivo Diseño y Arquitectura“, der einzige Raum in Mexiko, der sich der Sammlung, Ausstellung und Debatte von Architektur in all seinen Aspekten widmet.

104 Referenz 106 Möbel

RUBRIKEN 6 EIN BILD 44 SONDERFÜHRUNG 62 KLEINE WERKE 74 UNTERWEGS 92 ARCHITE K TUR + M ANAGE ME NT 104 REFERENZ 11 3 IMPRE SSUM + VORSCHAU 11 4 KOLUMNE

Sie hat Architektur in Thessalien und Landschaftsarchitektur in Kopenhagen studiert. So be­ schäftigt sich Natalia Pantelidou sowohl mit der gebauten Um­ welt als auch mit dem Kontext samt Auswirkungen auf den Alltag der Nutzer und das Klima. Für uns hat sie das neue Kultur­ zentrum in Athen erklommen.


14 Kritik: Leonardo Lella

Architekten: Ahmed Belkhodja, Filipe Magalhães, Ana Luisa Soares

Fotos: Fernando Guerra

Europäische Manieristen

TITELTHEMA O SO RETRO

Mit 25 gründeten zwei Portugiesen und ein Schweizer auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise ein Architekturbüro in Porto. Die kühne Entscheidung war letztendlich gar nicht so naiv: Mit seinen einzigartigen Entwurfsdarstel­ lungen und atmosphärisch gestalteten Räumen setzte sich „Fala Atelier“ bald als erfolgreichstes junges Büro des Landes durch.


Kรถpfe

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35 Architekten: von Gerkan, Marg und Partner

Kritik: Bernhard Schulz

Fotos: Christian Gahl/ gmp Architekten

FOTO RECHTS: SLUB DRE SDE N/DE UTSCHE FOTOTHE K, WALTR AUD R ABICH, 1973

Zurück zur Moderne

Kein sozialistischer Neoklassizismus, sondern „klassische“ Spätmoderne von 1967

Die Seele ehemaliger DDR-­Bürger wurde gestreichelt, als der renovierte Dresdner Kulturpalast von seiner Einrüstung befreit wurde und schließlich Ende April seine Pforten öff­nete. Er ist nach seinem Umbau eines der wenigen erhaltenen Bauwerke der DDR und damit mehr als Ostalgie: wieder oder immer noch ein vielseitiger Stadtbaustein.


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Zur Gebäuderückseite entsteht ein kleiner Hinterhof. Die tiefrot lackierten Rahmen der neuen Glasfassade erinnern an die frühe mexikanische Moderne.


Ideen

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Nicht nur Architekten haben ihre Freude an feinen Geländerdetails und Fensterprofilen wie diesen.

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Ideen

TITELTHEMA O SO RETRO

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59 Künstler: Xavier Veilhan

Kritik: Sabine Schneider

Im Bauch des Instruments

Der französische Pavillon in den Giardini Venedigs. Der Künstler Xavier Veilhan verwandelt

FOTOS: X AVIE R VE ILHAN, STUDIO VE NE ZIA

den Neoklassizismus von 1912 im Inneren in einen Sperrholzverschlag.

Der französische Pavillon wartet auf der diesjährigen Kunstbiennale in Venedig ausnahmsweise mit einer architektonischen Darbietung auf. Der Pariser Künstler Xavier Veilhan hat dort ein Aufnahmestudio der beson­ deren Art eingerichtet, „Studio Venezia“, in dem die Musiker spontan die Wände zum Wackeln bringen.


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Fragen

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Welches Licht schuf Utopia ?

Das europäische Zentrum der Künste Dresden rekonstruiert in Heinrich Tessenows Festspiel­ haus Hellerau den berühmten Bühnenraum von Adolphe Appia und Alexander von Salzmann. Im Oktober beginnt die Spielsaison mit einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm.


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FOTO: FONDS E MILE JAQUE S-DALCROZE, BIBLIOTHÈQUE DE GE NÈVE

Text: Ira Mazzoni

Es ist ein Experiment. So wie es vor gut 100 Jahren ein Experiment war. Damals revolutionierten Künstler das (Musik)-Theater. Machten Schluss mit der erhöhten Guckkastenbühne, mit bunt bemalten Kulissen, die Natur oder Geschichte vorgaukel­ ten, und einem Licht, das sich frontal auf die kostümier­ ten Akteure richtete. Das Theater wurde Werkstatt: Bühne wie Tribüne setzten sich aus schlichten Baukas­

tenelementen zusammen. Gemeinsam schufen die Künstler einen Raum, der nichts weiter war als eine atmosphärische Hülle, eine hinterleuchtete Membran, die Schauspieler, Tänzer und Publikum gleichermaßen umgab. Einen Raum, der so neutral und variabel war, dass er keinen Ort bezeich­ nete, sondern im eigentlichen Sinne des Wortes Utopisches. Heute ist die Utopie von 1912/1913 vielbeschworene Geschichte. Aber wie war das eigentlich? Damals, als der Komponist und Musikpäda­ goge Émile Jaques-Dalcroze und die bildenden Künstler Adolphe Appia und Alexan­ der von Salzmann im großen Saal der von Heinrich Tes­ senow wunschgemäß erbau­ ten Bildungsanstalt für Rhyth­ mische Gymnastik zum Abschluss des ersten Schul­ jahres den zweiten Akt von Christoph Willibald Glucks Reform-Oper „Orpheus und Eurydike“ vor internationa­

lem Publikum aufführten? Zugleich stellt sich die Frage: Taugt das einflussreiche Ex­ periment der Vergangenheit für heute? Gar für morgen? Was können Regisseure, Musiker, Tänzer, Künstler, Architekten dieser Spielstätte abgewinnen, die Akteure und Zuschauer in einem gemeinsamen Lichtraum zusammenführte, der von der Musik moduliert wurde? Ein Raum, der eine totale, abstrakte künstlerische Anderswelt körperlich sinn­ lich erlebbar macht? Spurensuche Im letzten Jahr seiner Inten­ danz im Festspielhaus Heller­ au wagt Dieter Jaenicke die „Rekonstruktion der Zukunft“: keine sentimentale Beschwö­ rung verlorener Zeiten, son­ dern eine produktive Annä­ herung, einen vielstimmigen künstlerischen Dialog, der auch die bewusste Dekonstruktion mit einschließen

kann. Jaenicke hat den in Dresden lebenden Video­ künstler Hector Solari mit dem Projekt beauftragt, der in Hellerau schon einige Videotanz-Projekte realisiert hat. Anfangs dachte Solari daran, das Theaterereignis von 1912/13 digital mit den Mitteln der Videokunst zu simulieren. Aber das funktio­ niert nicht, weil es für die Akteure keine Orientierung im Raum gibt. Also begab sich Solari, unterstützt durch die Autorinnen Claire Kusch­ nig und Gabriele Gorgas, auf Spurensuche: sichtete historische Fotos, las Theater­ kritiken, fahndete nach Kons­ truktionsplänen und Aufbau­ skizzen (die es nicht gibt). Allein die Patentschrift von Salzmann für das Beleuch­ tungssystem hat sich erhalten. So ist Tessenows großer Saal mit seiner von Außengiebel zu Außengiebel messenden Länge von 49 Metern, seiner Breite von 16 Metern und sei­ ner Traufhöhe von 12 Metern,


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