ZEITSCHRIFT FÜR KONSERVIERUNG UND RESTAURIERUNG
NO 8 Motoren und Maschinen Warum Technisches Kulturgut Restauratoren heute fordert
Ausgezeichnet Die Gewinner des Denkmalschutzpreises 2016
Wiederentdeckt Der Filmloop des FluxusKünstlers Dick Higgins
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Beleuchtet Wann Licht der Kunst schadet
INHALT
TITELTHEMA: TECHNISCHES KULTURGUT Kommentar von Kornelius Götz Viel erreicht – noch viel zu tun
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Ulrich Stahn Wie Hamburg wieder eine Straßenbahn bekam Museale Restaurierung für einen privaten Auftraggeber
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Philip Mandrys Kulturgut Automobil Bewahrung als gesellschaftliche Herausforderung
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Friederike Voigt Interview zur neuen Kraftmaschinenausstellung im Deutschen Museum: „Mit einer Enter-Taste lässt sich nichts restaurieren“
Die restaurierte Hamburger Straßenbahn
ERHALT VON MEDIENKUNST
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Kristof Efferenn und Arnaud Obermann Fluxus-Werk wiederendeckt Über die Konservierung des Filmloops „For the Dead“ von Dick Higgins
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Dorcas Müller Über die Kunst, überholte Technik wieder einzuholen Videorestaurierung am Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe
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Carolin Werthmann Interview über die Herausforderungen im Umgang mit Performances und computer-based-art: Die Kunst der richtigen Technik
Endlosloop in Form eines Möbiusbands
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Alexandra Nyseth inter media art institute: Zwischenbilanz eines Pilotprojekts
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Beleuchtung in der Gemäldegalerie Dresden
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Sabine Bendfeldt, Thomas Prestel, Heiko Werdin Dunkle Aussichten für die Kunst Kein Licht ist auch keine Lösung: Die Auswirkungen der momentanen Beleuchtungssituation in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden Marcus Herdin Kunst(licht)beleuchtung Überlegungen zum Strahlungsschutz, Stand 2016 Stefan Röhrs Microfading-Workshop: Der Beleuchtung auf der Spur
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Fotos (v. o. n. u.): TriKonBerlin, Staatsgalerie Stuttgart, SKD Klut/Estel
LICHT
RUBRIKEN 6
KUNSTSTÜCK
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BLICKPUNKT Erstmaliges Urteil wegen Kulturerbezerstörung Das Erdbeben in Italien und seine Folgen Wenn Art-Handling zur Ausstellung wird Deutscher Preis für Denkmalschutz Vorbereitungen für das Bauhaus-Museum Rückblick auf die denkmal 2016 Kommentar: Pellerhaus in Nürnberg
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GEFÖRDERT VON
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BERUF
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FIRMEN & PRODUKTE
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TERMINE Ausstellung Veranstaltungen Impressum Vorschau
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TECHNISCHES KULTURGUT
Ulrich Stahn
Wie Hamburg wieder eine Straßenbahn bekam Museale Restaurierung für einen privaten Auftraggeber
Die alte Hamburger Straßenbahn nach der Restaurierung
Seit Sommer 2016 steht ein historischer Triebwagen vom Typ V6E 3642 mitten in einer neuen Baumarktfiliale am Nedderfeld in Hamburg-Lokstedt, die auf dem Gelände des alten Straßenbahndepots gebaut wurde. Den Wagen stellte die Hamburger Hochbahn dem Baumarkt als Dauerleihgabe zur Verfügung. Zuvor arbeiteten die Brandenburger Technik-Restauratoren der Firma TriKonBerlin daran, das Modell wieder vorzeigbar zu machen.
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ABSTRACT Restoration of a Hamburg tram Since the summer of 2016, there is a historical motor coach right in the middle of the new Hamburg-Lokstedt branch of the hardware store chain Bauhaus which was built on the area of the old tram depot. The coach was provided permanently on loan to the hardware store giant by the Hamburger Hochbahn AG. Previously, the Brandenburg-based restoration network TriKonBerlin had made the coach presentable.
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Die Hamburger Straßenbahn verfügte über eines der ältesten und größten deutschen Straßenbahnnetze. Bereits 1894 wurde die erste elektrisch betriebene Linie eröffnet. 1958 beschloss der Senat der Hansestadt die Stilllegung des gesamten Netzes, 1978 wurde die letzte Linie auf Busbetrieb umgestellt. Mehrere Betriebshöfe baute man zu Bau- und Lebensmittelmärkten um. Ein durch die Bauhaus AG genutztes Depot lag in der Alten Kollaustraße in Lokstedt. Als 2013 eine bauliche Erweiterung anstand, wurde der Abriss durch das zuständige Denkmalamt zwar verhindert, einer vollständigen Überbauung des entkernten Be-
stands aber stattgegeben. Die ursprüngliche Nutzung des nach dem Umbau noch erhaltenen Stahlskeletts war nicht mehr festzustellen. Daher schlug das Berliner Architekturbüro Fabrik No. 40 vor, eine Straßenbahn in der ehemaligen Betriebshalle – die im Sommer 2016 neu eröffnete Baumarktfiliale – aufzustellen (Abb. 1). Die Hamburger Hochbahn stellte diese der Bauhaus AG als Dauerleihgabe für 30 Jahre zur Verfügung. Im Gegenzug verpflichtete sich die Baumarktkette, den historischen Triebwagen vom Typ V6E 3642 in einen ansehnlichen Zustand zu versetzen. Die angefragten Firmen empfahlen durchweg eine Rosskur. Der 8/2016
Wagen sollte in einer Lkw-Waschstraße gereinigt, gestrahlt und anschließend in historischer Farbgebung neu lackiert werden. Da eine repräsentative Ausstellung gefordert war, schien die Lösung gefunden worden zu sein. Der zuständige Architekt, welcher der Erhaltung der Substanz Priorität zumaß, verlangte wenigstens einen Alternativvorschlag. Auf Anfrage legten die Brandenburger Technikrestauratoren TriKonBerlin ein Angebot vor, das eine Konservierung und Restaurierung des gesamten Wagons im musealen Sinne enthielt. In einem Gespräch zwischen Architekten und Restauratoren konnte die Umsetzbarkeit des Konzepts überzeugend belegt werden. Wie in der Restaurierung üblich hat auch beim technischen Kulturgut der umfangreiche Erhalt der bestehenden Substanz oberste Priorität. Technische Objekte sind meist Gegenstände des Alltags. Sie werden von Menschen genutzt und bedient. Dabei bleiben Spuren zurück, die sich einerseits aus der normalen Abnutzung ergeben. Andererseits ist bewusste Modifizierung von Bedeutung. Teile des Gegenstands werden verändert, um sie an die Bedürfnisse des Benutzers anzupassen. Reparaturen wurden nicht fachgerecht ausgeführt, weil keine Ersatzteile verfügbar waren oder das Know-how fehlte. Dadurch entsteht auf der ursprünglichen Oberfläche des Objekts eine weitere sehr sensible Schicht, die interpretiert, belegt und ggf. auch erhalten werden muss. Wurde das Objekt zwischen der Außerbetriebsetzung und der Musealisierung eingelagert oder sich selbst überlassen, wird die Suche nach dem erhaltenswerten Zustand schwierig.
Der Zustand bei der Übernahme Zum Zeitpunkt der ersten Besichtigung stand der Wagen überdacht auf dem Gelände einer Speditionsfirma. Dort erfolgte die erste Vorreinigung durch TrikonBerlin. Die Technikrestauratoren entfernten größere Mengen Laub, Moos und Humus vor Beginn der Feinarbeiten von der Oberfläche.
TriKon Berlin TriKonBerlin ist ein Team von erfahrenen Diplomrestauratoren, das speziell für die Erhaltung von technischem Kulturgut und modernen Materialien ausgebildet ist. Neben einer fundierten und praxisnahen akademischen Ausbildung erlernten die beiden Restauratoren ein Handwerk im Bereich Holz und Metall. Ziel von TriKonBerlin ist es, die Objekte lebendig und glaubwürdig für den Betrachter zu konservieren. Dabei ist der Erhalt des Objekts als vielseitiger Informationsträger vorrangig. www.trikonberlin.de
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ENTAR K O M M us Götz Korne
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Fachplaner für Restaurierung und mehrere Jahre tätig als Restaurator (M. A.) für Technisches Kulturgut
Viel erreicht – noch viel zu tun Wie alles anfing mit der ernsthaften Restaurierung von technischem Kulturgut, damals in den 1980er-Jahren? Es war das Unbehagen über das Neumachen, wenn es eigentlich um die Erhaltung ging. Und schon die Namensfindung war schwierig: Wie sollte das neue Fachgebiet eigentlich heißen? Industrielles Erbe, Technikobjekte oder Flohmarktkrempel: Auch aus dieser Quelle wurde der Sammlungserwerb geschöpft. Um das Neumachen zu überwinden, musste ein theoretisches Fundament her. Meilensteine dazu waren zwei Veröffentlichungen: Herman Kühn (der Kühn!) mit seinen „Gedanken zur Restaurierung von historischen Gegenständen der Technik- und Naturwissenschaften“ und „Industrielles Kulturgut im Museum. Fragen zur Restaurierung“ (Hsg. Landesmuseum für Technik und Arbeit, Mannheim). Das war 1989, und beide kamen unabhängig voneinander zum gleichen Ergebnis: Diese Objekte sind dreidimensionale historische Quellen und müssen deshalb mit der gleichen Sorgfalt konserviert werden, die auch die anderen Objekte erfahren! Alle Spuren zur Herstellung, zum Gebrauch und zur Überlieferung sind potenziell gleich bedeutsam. Die rasch folgende Etablierung als akademisches Fach war da nur folgerichtig. Deutlich erinnere ich noch das Wehklagen mancher Museumsdirektoren: „Wer macht dann die Arbeit, wenn alle studieren?“ Inzwischen sind gut 25 Jahre ins Land gegangen. Zeit für eine Bilanz: Das Fach ist fest etabliert in und außerhalb akademischer Zirkel. Das belegt unter anderem die Charta von Turin für die Bewahrung historischer Fahrzeuge (2012), die nicht nur zufällig im Titel die Nähe zur berühmten Charta von Venedig sucht. Was bleibt zu tun? Die Klammer zwischen Ausbildung und Berufspraxis muss enger werden: Noch immer verschwinden viel zu viele Absolventen im außerfachlichen Nirvana, obwohl sie dringend gebraucht werden. Jenseits der etablierten Museen lockt der unendliche Rost der Industriedenkmale! 15
ERHALT VON MEDIENKUNST
Kristof Efferenn und Arnaud Obermann
Fluxus-Werk wiederentdeckt Über die Konservierung des Filmloops „For the Dead“ von Dick Higgins
Im Sammlungsbestand der Staatsgalerie Stuttgart schlummerten einige bislang kaum beachtete Schätze des US-amerikanischen Fluxus-Künstlers Dick Higgins. Sein 16-mm-Filmloop „For the Dead“ wurde nun rekonstruiert. Der Beitrag erläutert die durchgeführten Erhaltungsmaßnahmen, die Erkenntnisse aus der Archiv- und Quellenrecherche, vor allem zum Begriff „Möbiusband“ und gibt Empfehlungen zur authentischen Aufführung des Werks.
Foto: Staatsgalerie Stuttgart
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ERHALT VON MEDIENKUNST
Zu Beginn des Jahres 2013 begann im Zuge eines durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg geförderten Projekts die konservatorische Aufarbeitung des audiovisuellen Sammlungsbestands der Staatsgalerie Stuttgart. Hierbei weckten zwei Filmdosen das besondere Interesse der Autoren und der Kuratorin für Gegenwartskunst Alice Koegel. Zwei Spulen mit drei 16-mm-Filmen des Fluxus-Künstlers Dick Higgins (1938–1998) wurden mit Übernahme des Archivs Sohm durch die Staatsgalerie Stuttgart im Jahr 1981 Teil der Sammlung (Abb. 1). Hanns Sohm, Zahnarzt und leidenschaftlicher Sammler intermediärer Kunst der 1960er- und 1970er-Jahre, hatte diese Filme bei einem New York-Besuch im Dezember 1969 von Higgins geschenkt bekommen. Das filmische Werk des Künstlers blieb bisher zum größten Teil verborgen, ganz im Gegensatz zu seiner verlegerischen Tätigkeit als Gründer der „Something Else Press“ (gegründet 1963). In seinem Verlag publizierte Higgins hauptsächlich unkonventionelle Künstlerbücher seiner Weggefährten aus der Fluxus-Bewegung, unter anderem von Daniel Spoerri, Claes Oldenburg, Dieter Roth und seinem einstigen Mentor an der New School for Social Research John Cage. Einzig eine 20-sekündige Version seines Films „Invocation of Canyons and Boulders (for Stan Brakhage)“ aus dem Jahr 1962 verdankt ihre weite Verbreitung der von George Macunias (Mitbegründer der Fluxus-Bewegung) zusammengestellten „Fluxfilm Anthology“, zu der auch Filme von Yoko Ono, Wolf Vostell und Nam June Paik zählen. Eine der vorgefundenen Filmspulen enthält „For the Dead“ (1965), die andere die Filme „The Bronze-Headed Seer“ (1961) und „The Flight of the Florence Bird“ (1960) mit der Darstellerin Florence Tarlow. Der letztgenannte Film wird in einem Essay von Higgins über sein filmisches Werk (Higgins 1995, S. 2) als verschollen bezeichnet. „The Bronze-Headed Seer“, eine Collagestudie, bleibt selbst in Higgins' Aufzeichnungen unerwähnt, findet jedoch die Beachtung von Hans Scheugl und Ernst Schmidt jr. (Scheugl/Schmidt 1974, S. 363). „For the Dead“ ist als Hommage an Higgins' Vater, einen begeisterten
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Intermedia Dick Higgins veröffentlichte 1966 einen wegweisenden Essay mit dem Titel „Intermedia“, der darauf abzielte, die Ästhetik experimenteller Kunst der 1960er-Jahre zu definieren (Higgins 1966). Mit dem Begriff „Intermedialität“ lässt sich die Verschmelzung unterschiedlicher Strömungen etablierter Künste mit aktuellen Entwicklungen beschreiben – und damit eine künstlerische Praxis, die konzeptionell sprichwörtlich „zwischen den Stühlen“ bereits bestehender Medien sitzt.
Pilzsammler, zu verstehen. Die Rezipienten erleben einen Zusammenschnitt von unterschiedlichsten Aufnahmen. Ursprünglich von Higgins als „A Red Film for the Dead“ betitelt, zeigt der Film Einstellungen einer Herbstszenerie, einer rastenden Pilzsammlergruppe – unter anderen sind hier John Cage und Higgins' Ehefrau und FluxusKünstlerin Alison Knowles zu erkennen –, sowie von leuchtend roten Pilzen (Abb. 2), den Sanddünen von Provincetown, Massachusetts, einer nistenden Möwe im Sand (Abb. 3) und abschließend von roten Stockrosen (Abb. 4). Eingeleitet durch ein Aufblenden, endet „For the Dead“ mit einer Abblende ins Schwarze (fade out). Das Möbiusband Ausgehend von einem vorliegenden, chronologisch verlaufenden 16-mm-Film mit Anfang und Ende, waren die Autoren über Higgins' Anmerkungen zu „For the Dead“ zugleich erstaunt und fasziniert: Er bezeichnet den Film als „Mobius strip loop film“, also als filmische Endlosschleife im Sinne eines Möbiusbands (Higgins 1995, S. 2, Abb. 5). In Schriftstücken und Korrespondenzen verwendet Higgins immer wieder dieses theoretische Konstrukt, um die Vorführweise seines Films zu präzisieren, die nur durch die doppelseitige Perforation des Duplikatfilms möglich ist. Auch Valdis Abolins (Mitbegründer des „Festival der Neuen Kunst“) schreibt er am 21. August 1967 bezüglich einer anstehenden Vorführung in Aachen: „Take the film strip, splice it end to end with a twist (not as it is now cut) so that it forms a moebius strip“ (Abb. 6).1 Somit ent-
„Nimm den Filmstreifen und klebe die Enden aneinander, allerdings mit einer Drehung, damit ein Möbiusband entsteht.“
Die originale Filmdose zu Dick Higgins' 16-mm-Film „For the Dead”, Ansicht von oben
ABSTRACT Preservation of the film loop „For the Dead" by Dick Higgins Based on a chronological 16 mm film, this article describes the work of the authors concerning the creations of American Fluxus artist Dick Higgins from the 1960s. „For the Dead" and to other films by the artist have been in the collection of the Staatsgalerie Stuttgart since 1981. The article describes restoration measures and findings from studying sources and archive material, and finally gives advice on how to present „For the Dead" in an authentic way.
(dt. Übersetzung)
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LICHT
Sabine Bendfeldt, Thomas Prestel, Heiko Werdin
Dunkle Aussichten für die Kunst Kein Licht ist auch keine Lösung: Die Auswirkungen der momentanen Beleuchtungssituation in der Gemäldegalerie Alte Meister Dresden
Lichtschädigungen einzelner Farbbereiche an Gemälden werden vielfach konstatiert. Diese vermeintlich abgeschlossenen Prozesse setzen sich allerdings fort und sind in den Zeitdimensionen einer Generation nicht ohne technische Instrumente feststellbar. Farbe verschwindet allmählich unbemerkt vor den Augen des Betrachters. Folglich ist der heutige Umgang mit Licht im Museumsbereich mit Verantwortung verbunden.
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Angewandte Methoden Für die Farbmessungen fand das Spektralphotometer CM2600-d (KonicaMinolta) mit einer 3-mm-Blende und Glanzeinschluss Verwendung. Als CIELab Parameter wurden Normlichtart D65 sowie der 2° Normalbeobachter festgesetzt. Alle Farbabstände wurden nach der CIEDE2000 Formel (DIN EN ISO 11664) berechnet. Die Annahme war, dass eine Farbveränderung als signifikant gilt, wenn gegenüber dem unbelichteten Anfangszustand eine Farbdifferenz von dE00 ≥ 0.5 gemessen wurde. Als zusätzliche Voraussetzung wird gefordert, dass ein signifikanter Farbabstand doppelt so groß ist wie die gemittelte Standardabweichung der Einzelfarbabstände (Berns 2000). Die Microfading-Tests wurden mit einem Gerät nach dem Whitmore-Design (Whitmore 1999) durchgeführt. Die Beleuchtungsstärke auf dem 0.2 mm großen Messpunkt lag bei ca. 10 Mlux (CIELab-Parameter wie bei den Farbmessungen).
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Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden arbeiten seit 2009 im Rahmen des Bellotto-Projekts an der Restaurierung und maltechnischen Erforschung der Dresdner Vedutenserie von Bernardo Bellotto, genannt Canaletto. Bellotto malte 1747–1753 die sächsische Residenzstadt in 14 großformatigen Ansichten (Abb. 2). Sein bevorzugtes Pigment für die Himmelsfarbigkeit war das damals junge und wenig lichtstabile synthetische Pigment Preußisch Blau. Heute weisen die Gemälde von Bellotto eine hohe Lichtschädigung auf. Die Ausbleichung der Farbe besonders im Bereich der Himmelsflächen ist seit Längerem bekannt und konnte im Verlauf der jüngsten Restaurierung in seiner eigentlichen Intensität deutlich belegt werden. Daran anknüpfend wurde mithilfe des MFT (Micro-Fading-Tester) der Nachweis über das Fortschreiten dieses irreversiblen Vorgangs geführt. Das bedeutet, dass die Ausbleichung auch im bereits stark vorgeschädigten Zustand immer weiter zunehmen wird. Die Veränderungen sind messbar, aufgrund ihres langsamen Voranschreitens jedoch kaum sichtbar. Demzufolge bleibt für jede nachfolgende Generation immer weniger Farbe erhalten. In Kooperation mit der Hochschule für Bildende Künste Dresden, Lehrgebiet Archäometrie und naturwissenschaftliche Forschung, wurde eine konservierungswissenschaftliche Begleituntersuchung zur aktuellen Beleuchtungssituation und zum Lichtschutz in der Gemäldegalerie Alte Meister gestartet. Diese befindet sich seit 2013 in einer 8/2016
1 Ausstellungsraum in der Gemäldegalerie Alte Meister: Der sogenannte Bellottogang komplett verschattet in der aktuellen Beleuchtungssituation, Probetafeln sind an zwei Gemälderahmen montiert
ABSTRACT Conservation scientific research of the lighting situation at the Gemäldegalerie Alte Meister Dresden Fading and loss of colour is often found on paintings, in the Old Masters Picture Gallery in Dresden especially on the paintings of Bernardo Bellotto. A combined strategy of microfading and colour monitoring will help to investigate the influence of light on the paintings and to prevent them from further damage.
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