Dörries, bauforumstahl e.V., Ausgezeichneter Stahlbau 20162016

Page 1

Ausgezeichneter Stahlbau 2016


Inhalt

START Editorial

6

Wettbewerbe

8

PREIS DES DEUTSCHEN STAHLBAUES 2016 UND SONDERPREIS DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR UMWELT, BAU UND REAKTORSICHERHEIT (BMUB) GEWINNER

VERKEHRSBAUTEN

INDUSTRIEBAU

Zentraler Omnibusbahnhof Pforzheim

Serviceteilecenter Rational AG, Landsberg

13

SONDERPREIS DES BMUB

Revitalisierung Gerling-Hochhaus, Köln

19

Wellnessbad Aquamotion, Courchevel (F)

90

BAUEN IM BESTAND 92

BRÜCKEN

Umbau Hauptbahnhof Chemnitz

94

Fraunhofer-Institut IBMT, Sulzbach

96

Victoriahaus, Berlin

98

BÜROGEBÄUDE

Brücken im Phoenix-Park Dortmund

64

66

INDUSTRIEBAUTEN

BAUEN IM BESTAND

Welt-Gewerbehof, Hamburg

68

Europäische Zentralbank, Frankfurt

Kraftwerk Freiham, München

70

Kraftwerk Lausward, Düsseldorf

72

Tannenturm Wörth

100

Gemeindehaus Wallonerkirche, Magdeburg

102

VERKEHRSBAUTEN

29

Sanierung Mathematisches Institut KIT Karlsruhe

33

Werkgebäude Hettich Frankenberg 74

A 400 M-Wasch- und Wartungshalle, Wunstorf

104

Erweiterung Mensa Universität Kassel

37

Firmenzentrale Kärcher, Winnenden

76

Satellitenterminal Flughafen München

106

Aula Otto-FriedrichsUniversität Bamberg

41

Sludge Treatment Facilities, Hongkong (HK)

78

Parkhaus Petersweg, Regensburg

108

ÖFFENTLICHE GEBÄUDE

BRÜCKEN Schlautbogenbrücke, Münster Isarsteg Nord, Freising

BVB-Fanwelt, Dortmund

Neue Sportanlage des Faustballvereins Bozen (I)

WOHNBAUTEN 80

45 49

SPORTSTÄTTEN

4

88

Dreischeibenhaus, Düsseldorf

Stadtgrabenbrücke, Moers

25

61

Strandbad Twistesee, Bad Arolsen

AUSGEWÄHLTE PROJEKTE

AUSZEICHNUNGEN

Merck Modulares Innovationszentrum, Darmstadt

57

WOHNBAUTEN Fellows Pavilion American Academy Berlin

BAUEN IM BESTAND

SPORTSTÄTTEN

53

Deutscher Pavillon, Expo 2015 Mailand (I)

82

Russischer Pavillon, Expo 2015 Mailand (I)

84

Mitarbeiterrestaurant adidas, Herzogenaurach

86

Privatbibliothek, Hamburg

110


Gewinner Stahlbaupreis 2016: Serviceteilecenter Rational AG, S. 13

Gewinner Ingenieurpreis Hochbau 2015: Überdachung KundenCenter Wolfsburg, S. 115

Gewinner Ingenieurpreis Brückenbau 2015: Sundsvall-Brücke (S), S. 132

INGENIEURPREIS DES DEUTSCHEN STAHLBAUES 2015

FÖRDERPREIS DES DEUTSCHEN STAHLBAUES 2016

ANHANG

GEWINNER HOCHBAU

1. PREIS

Mitgliederverzeichnis

198

Abbildungsnachweis

215

Impressum

216

Überdachung Ausfahrt KundenCenter Wolfsburg

115

AUSZEICHNUNGEN

Krummer Steg, Teltow und Zehlendorf

2. PREIS

King-Fahad-Nationalbibliothek, Riad (SA)

121

Fußballarena Maracanã, Rio de Janeiro (BR)

125

Turmbauwerk Landesarchiv NRW, Duisburg

128

Innovative Betondübel

130

Luftschiff-Hangar, Honolulu (US) 159

3. PREIS Hausbrauerei Karlsruhe

GEWINNER BRÜCKENBAU 132

AUSZEICHNUNGEN Waschmühltalbrücke, Kaiserslautern

163

DASt-FORSCHUNGSPREIS Reaktive Brandschutzsysteme

Sundsvall-Brücke (S)

153

167

LOBE Mountain Bridge, Stubachtal

171

Neues Fußballstadion Würzburger Kickers

175

Markthalle Bremer Platz, Münster

179

Aufstockung Dombibliothek Kurienhaus Köln

183

eMobility-Salon, Stuttgart

187

139

Fuß- und Radwegbrücke, Stuttgart-Vaihingen

142

Innkanalbrücke, Töging

146

Osthafenbrücke, Frankfurt

148

AUSGEWÄHLTE PROJEKTE Dauerlaube

190

Bionic Structures Highrise Hybrid

192

Liggende Spar, Aachen

194

Markthalle Mangeria, Düsseldorf 196

5


Editorial Mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert begann der Sie­ges­zug des Stahls. Sowohl der Maschinenbau wie der Eisenbahn und Autobau, aber auch der moderne Schiffsbau ist ohne Stahl nicht denkbar und natürlich auch im Hoch- und Ingenieurbau entstanden mit diesem neuen Baustoff grandiose neuartige Bauwerke. Gebäude mit weit gespannten Tragwerken oder auch moderne Hochhäuser sind ohne Profilstahl undenkbar. So entstanden wunderbare Projekt, wie z.B. die Olympiastadien in München oder Peking, Hochhäuser, wie z.B. 30 St Mary Axe oder The Shard in London. Die uns liebgewonnenen Autos mit ihren windschnittigen Formen, oder auch schöne elegante Schiffe wie die Queen Mary 2 wären ohne große Stahlbleche nicht baubar. Mit dem Stahlbaupreis wird nun schon seit Jahrzehnten der Bedeutung des Baustoffs Stahl Aus- und Nachdruck verliehen und das Bewusstsein für nachhaltige Gestaltqualität gefördert. Auch in diesem Jahr hat die Einreichung von X Projekten mit hoher Architekturqualität gezeigt, dass Stahl im Bauen unverzichtbar und Voraussetzung für hervorragende architektonische Qualität ist. Das mit dem Deutschen Stahlbaupreis 2016 ausgezeichnete Serviceteilcenter Rational AG in Landsberg am Lech ist ein solches hervorragendes Beispiel. Es beeindruckt durch seine einfache und klare Architektursprache, die konsequent aus den betriebsfunktionalen Abläufen entwickelt und zu einem spannungsvollen, ästhe­ tischen Ganzen gefügt ist. Das mit dem Sonderpreis für nachhaltiges Bauen des Bundesministeriums für Umwelt, Bauen und Reaktorsicherheit ausgezeichnete Gerling-Hochhaus in Köln zeigt die Verwendung von Stahl im Hochhausbau sowie die Reaktivierung eines denkmalgeschützten Gebäudes und ist damit ein Beispiel für positive Nachhaltigkeit im Bauen. Nicht nur Projekte der Architektur, sondern auch des Ingenieurbaus hat die Jury ausgezeichnet und zwar auch, um damit an Beispielen deutlich zu machen, dass die Verwendung von Blechen zu eleganten innovativen Konstruktionen anregen kann. Dies finden wir in sehr spielerischer, lockerer und ideenreicher skulpturaler Weise im Isarsteig Nord, der Fuß- und Radwegbrücke in Freising, wie auch bei der elegant gerundeten Schlautbogenbrücke in Münster. Mit diesen herausragenden Beispielen kann der Deutsche Stahlbau mit seinem Stahlbaupreis 2016 wieder hervorragende Projekte auszeichnen und damit der Öffentlichkeit zum einen die Bedeutung von Architektur in unserer Gesellschaft deutlich machen und zum anderen zeigen, dass der Baustoff Stahl immer wieder Ideengeber ist für innovative, intelligente und zudem schön gestaltete Bauwerke.

Prof. Eckhard Gerber Juryvorsitzender, Dortmund

6


Ausgezeichneter Stahlbau – das ist der Stahlbaupreis, der BMUB-Sonderpreis, der Ingenieurpreis Hochbau und Brückenbau, das ist der Ideenreichtum des Förderpreises und des DAStForschungspreises – zusammengetragen in diesem Buch. Der traditionsreiche Preis des Deutschen Stahlbaues geht 2016 an Ackermann Architekten für das Rational Serviceteilecenter in Landsberg. Die auf das Wesentliche reduzierte Stahlkonstruk­ tion läutet eine Renaissance der klassisch-modernen Industrie­ architektur ein. Stahl ist typisch für Industriebauten - sind doch gerade für die Wirtschaft Flexibilität und Anpassung ein Erfolgsgarant. Der Sonderpreis des Bundesbauministeriums geht erneut an kister scheithauer gross architekten für die Wiederbelebung des Gerling-Hochauses in Köln. Der wunderbar umnutzbare Entwurf der Nachkriegsmoderne ist Ausgangspunkt für eine sensible technisch-gestalterische Erneuerung, die Wohnraum schafft. Dass ausgezeichneter Stahlbau neben guter Architektur auch genialer Ingenieure bedarf, ist selbstredend der Ingenieurpreis feiert ebendiese. In der Kategorie Hochbau ging dieser 2015 an Mike Schlaich für die Überdachung vor dem KundenCenter der Autostadt in Wolfsburg einem minimalistischen Ingenieur­ bauwerk, bei dem sich Membran und Seile mit dem Stahlbau ideal ergänzen. In der Kategorie Brückenbau ging der Ingenieurpreis an Max Bögl Stahlbau für die automatisierte Fertigung und die spektakuläre Baulogistik der Sundsvall-Brücke in Schweden. Die Stars von morgen sucht der Förderpreis. In der 22. Auflage ging dieser an ein gemischtes Studierenden-Team von UdK und TU Berlin: Architekten und Ingenieure bauen zusammen Brücken. Der erstmals vergebene DASt-Forschungspreis bringt die Innovationskraft der Stahlbaubranche ins Rampenlicht. Den Auftakt macht eine Arbeit zum Brandschutz von Zuggliedern an der Universität Hannover. Herzlichen Dank an alle Beteiligten.

Dr. Bernhard Hauke Geschäftsführer bauforumstahl, Düsseldorf

7


Wettbewerbe Seit 1972 lobt bauforumstahl alle zwei Jahre den Preis des Deutschen Stahlbaues aus. Bei ihm stehen die Stahlarchitektur und der Architekt im Fokus. Er ist einer der ältesten und angesehensten Architekturwettbewerbe und setzt Zeichen für die aktuellen Bauaufgaben sowie für die Baukultur in Deutschland. Seit 2010 gibt es zum Stahlbaupreis den Sonderpreis des Bundes­m inisteriums für Umwelt, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) für nachhaltige Stahlarchitektur.

Der Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaues würdigt die Leistungen der Ingenieure beim Erstellen von Bauwerken. Er wird in den Kategorien Hoch- und Brückenbau verliehen. bauforumstahl lobt ihn seit 2012 im zweijährigen Rhyth­ mus aus.

Auch die Förderung des studentischen Nachwuchses liegt bauforumstahl am Herzen. Bereits seit 1974 wird der Förderpreis des Deutschen Stahlbaues alle zwei Jahre ausgelobt. Hier können Studierende der Architektur und des Bauingenieur­wesens ihre Studienarbeiten einreichen. Seit 2016 gibt es die neue Kategorie DASt-Forschungspreis.

Detaillierte Informationen zu den Wettbewerben befinden sich unter http://www. bauforumstahl.de/ preise-undwettbewerbe.

Gewinner: Der Preis des Deutschen Stahlbaues 2016 geht an das Serviceteilecenter der Rational AG

8


Jury Preis des Deutschen Stahlbaues

Jurysitzungen Die Jurys bewerten Leistungen im Hoch- und Brückenbau, einschließlich aller Formen des Bauens im Bestand, bei denen der Einsatz von Stahl zur klaren Verbindung von Architektur und Konstruktion führt. Sie beurteilen die gestalterischen Qualitäten, die städtebauliche Einbindung, die konstruktive Raffinesse, die Langlebigkeit und die ressourcenschonende Planung und Ausführung der Gebäude. Die Jurysitzungen erfolgen nicht öffentlich, die Entscheidungen sind endgültig, der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Die Jury tagte 2016 an der Technischen Hochschule Köln

9



Preis des Deutschen Stahlbaues 2016


GEWINNER

12


PREIS DES DEUTSCHEN STAHLBAUES

INDUSTRIEBAUTEN

Serviceteilecenter Rational AG, Landsberg Mit dem Erfolg wächst in jedem Unternehmen naturgemäß der Platzbedarf. So ging es auch der bayerischen Rational AG. Der weltweit führende Hersteller von Gastronomie- und Küchentechnik aus dem bayerischen Landsberg musste in den vergangenen Jahren seine Fertigungsbereiche ständig erweitern und seine Werke um Räume für Service-, Logistikund Kundendienstleistungen ergänzen. Mit der Fertigstellung des Serviceteilecenters fand die räumliche Entwicklung des Firmenstandorts im Landsberger Gewerbegebiet Frauenwald ihren Abschluss. Das neue, 2014 errichtete Gebäude stellt nicht nur eine wirtschaftlich notwendige Ergänzung dar, sondern hat in seiner gelungenen Verbindung von Ingenieurskunst und gestalterischer Qualität das Zeug zur archi­tek­ tonischen Visitenkarte des Unternehmens. Zusammen mit den zwei miteinander ver­k nüpf­­­ten Bestandsgebäuden – einer Fer­t igungs­­­­halle sowie einem Trainingscenter für die Firmen­ kunden – bildet das Service­teile­center einen Werkscampus und ist über einen Glasgang mit dem 2012 errich­teten Trainingscenter verbunden.

mit der profilitverglasten Laterne über den öst­ lichen Hallenteil erstrecken. Ein schmaler Beton­­riegel, der wie ein Relais zwischen An­ liefer­­halle und Lager geschaltet ist, nimmt die Büro-, Sozial- und Besprechungsräume auf und bildet zugleich den Brandabschnitt zwischen Lager und Anlieferbereich. Ein dort platzierter lichter Innenhof sorgt für Tageslicht in den Ar­beitsräumen und dient den Mitarbeitern als Aufenthalts- und Pausenraum. Die neue, eingeschossige Hallenkonstruktion wurde mit Ausnahme des brandschutztechnisch erforderlichen Betonriegels als reine Stahl­Skelett­­konstruktion mit Stützen und Trägern aus offenen, teilweise verstärkten Stahl­walz­ pro­fi len geplant. Dafür fanden pulver­be­schich­ tete Walzprofile aus der HEB- und IPE-Reihe und aussteifende Rundstäbe Verwendung. Fach­ werkträger, deren Höhe auch das markante Sheddach prägt, gewährleisten einen weitge­ hend stützenfreien Lagerbereich. Die interne Zweiteilung der Halle ergibt sich aus der funktionalen Kopplung eines Paletten­ lagers mit Flachdach einerseits und einer Shed­ dach-Halle andererseits.

Der Hallenneubau beherbergt neben dem Ersatz­ teillager und einer Kundendienstwerkstatt auch Sozial-, Verwaltungs- und Besprechungsräume. Über eine klare Funktionszuweisung ist das Ge­bäude in folgende Bereiche gegliedert: die Anlieferhalle mit Andockstation ist im Westen angeordnet, während sich die Sheddachhalle mit dem Ersatzteillager und das Hochregal­l ager

Der Tragkonstruktion liegt ein Raster von 18,75 mal 7,50 Meter zugrunde. Die Dreifeld­t rä­ ger der Shedkonstruktion über­span­­nen jeweils 18,75 Meter weite Felder; die Durch­l aufträger sind als 2,70 Meter hohe Fach­werk­t räger aus­ geführt, die von Pendel­s tüt­zen ge­t ra­gen werden. Zugbeanspruchte Dach- und Wand­­ver­bände stei­ fen das Gebäude aus.

Links: Blick in den Innenhof der Hallenanlage

Unten: Anlieferung Standort Gewerbegebiet Frauenwald, Landsberg Fertigstellung 2014 Architektur Ackermann Architekten BDA, Dipl.-Ing. Peter Ackermann, München Tragwerk Prof. Dipl.-Ing. Christoph Ackermann, München Bauherr Rational AG, Landsberg

13


GEWINNER

Seitenansicht mit Sheddach und Laterne

Die Halle mit dem Palettenlager befindet sich Das Palettenlager nimmt den gesamten nördlichen Bereich der Ach­ zwischen den Achsen vier bis sieben und ist 56,8 sen ein. Dieser Teil wird jedoch nicht von einer Shed­kon­s truktion Meter breit und 83,5 Meter lang. Ihr südlicher überdacht, sondern von einem Flachdach auf der Höhe der Shedfirste. Bereich zwischen den Achsen von E – L wurde als Shedhalle mit einer Gesamthöhe von 6,80 Metern in der Kehle und 9,0 Metern am First konzipiert. In diesem Bereich befinden sich neben dem zweigeschossigen Kleinteilelager auch ebenerdige Lagerflächen.

Isometrie der Stahlkonstruktion

14


PREIS DES DEUTSCHEN STAHLBAUES

INDUSTRIEBAUTEN

LAUDATIO Das Serviceteilecenter der Rational AG beeindruckt durch seine einfache und klare Architektursprache, die konsequent aus den betriebsfunktionalen Abläufen entwickelt und zu einem schönen, spannungsvollen und ästhetischen Ganzen gefügt ist. Mit dem umlaufenden Fensterband im Erdgeschoss erscheint das Gebäude schwebend leicht und lebt mit seiner beispielhaften Ostfassade aus dem Spannungsfeld der Volumina von Shed- und Laternendach. So konsequent und selbstverständlich wie sein äußeres Erscheinungsbild ist auch sein inneres, das in der Einfachheit der sichtbaren Stahlkonstruktion sowie mit gekonnter Lichtführung und Sichtbezügen eine hohe Aufenthaltsqualität schafft. Konsequent wurde die Sheddachkonstruktion mit weit gespannten Dreifeldträgern aus einfachen, offenen Walzprofilen konzipiert und in bestem handwerklichem Sinne verarbeitet. Mit diesem Projekt wird ein Gebäude ausgezeichnet, das beispielhaft den Einsatz von Stahl mit hoher Flexibilität, Nachhaltigkeit, Funktionalität und Architekturqualität überzeugend darstellt.

Links: Sheddachhalle Unten: Flachdachkonstruktion Palettenlager

15


GEWINNER

AuĂ&#x;enansicht der neuen Halle mit Laterne

Schnitte

16


PREIS DES DEUTSCHEN STAHLBAUES

In der Hal le erfolgt der Raumab­ schluss im unteren Bereich umlau­ fend über Glasflächen, oberhalb davon in Form von Blechkassetten. Verglast sind auch die Sheds sowie die Seiten des höher gelegenen Flachdach­e s im Bereich des Palettenlagers. Doch dank der Nord-Ausrichtung der Sheds droht im Sommer keine Aufhei­zung im Inneren. In Achse D wird die Hallen­kon­s truk­ tion zur Aufnahme von Tem­p era­tur­ deh­nungen über eine Dilatationsfuge in Nord-Süd-Richtung in zwei Dehn­ fugen­abschnitte unterteilt.

INDUSTRIEBAUTEN

Ein umlaufendes Fensterband aus vor­g e­f er­ tigten Fassadenelemen­ten mit Drei­fach Iso­l ier­ verglasung er­mög­­licht den Mitarbeitern einen Aus­blick auf die umgebende Natur und ver­­­sorgt das weitläufige In­nere mit Ta­ges­l icht. Die ge­ schlos­se­nen Be­rei­c he be­s te­hen aus Metall-Langfeldkassetten und sind mit me­t al­ lisch gleißenden Alucobond Fassaden­e lemen­ ten verkleidet. Dank des hohen Vor­fer­t i­gungs­ grades konnte das Gebäude in kurzer Zeit er­r ichtet werden; außerdem lassen sich die ver­­wendeten Bauteile demontieren und einer Wieder­verwertung zuführen. Darüber hinaus wird die Halle na­tür­­­lich belüftet, so dass auch für die Raum­konditionierung weniger Ener­gie nö­t ig ist.

Grundriss Hallenneubau

17


SONDERPREIS DES BMUB


PREIS DES DEUTSCHEN STAHLBAUES

BAUEN IM BESTAND

Revitalisierung Gerling-Hochhaus, Köln

Für die Sanierung und Umnutzung zu Wohn­ zwecken wurde das ehemalige Bürohaus bis auf

sein Stahlskelett komplett entkernt. Bauhisto­ risch stellt das Hochhaus mit seinen besonders schlan­­ken Außenwandstützen und den leich­t en Außen­w andriegeln eine beachtliche Weiter­ent­w icklung im deutschen Stahlbau dar. Diese Stock­werks­rah­menkonstruktion mit einem verhältnismäßig engmaschigen Raster von 1,8 Metern Stützenabstand und einer seinerzeit neuen Form der Knotenausbildung ermöglichte es, der Fassade ein äußerst filigranes Erscheinungsbild zu geben. Durch das Schweißen der Rahmenknoten entfielen die formal oftmals sehr störenden großen Rahmenecken. Die Geschossdecken bestehen aus Stahlträgern mit dazwischen betonierten, etwa 10 Zentimeter dicken Stahlbetonplatten. Die Träger wurden streng im Achsraster von 1,80 Metern senkrecht zur Fassade angeordnet. Sie lagern im Innern auf Unterzügen, die in Verbindung mit den sechs Mittelstützen das innere Tragskelett bilden. Diese sechs Innenstützen haben jeweils einen Doppel-T-Querschnitt und wurden in den unteren Geschossen durch symmetrisch beigestellte U-Profile verstärkt. Horizontale Verbände im 3., 6., 9. und 12. Geschoss unterstützen zusammen mit den acht über die gesamte Gebäudehöhe in Stahlbeton ausgeführten Eckfeldern die Aussteifung der Konstruktion.

Links: Blick auf das Gerling-Hochaus aus dem ehemaligen Büro von Robert Gerling

Unten: Stahlskelett während der Sanierung

Das unter Denkmalschutz stehende 15-stöckige ehemalige Bürohochhaus ist Teil des 4,6 Hektar großen Gerling-Quartiers in der Kölner Innenstadt. Das in der Nachkriegszeit entstandene städtebauliche Ensemble diente bis 2009 als repräsentative Adresse der Ver­ sicherungsgruppe Gerling. Nach Auflösung des Unternehmens wird das baulich und strukturell nahezu unveränderte Areal zum innerstädtischen Wohn- und Geschäftsquartier umgewandelt und nachverdichtet. Sein markantes Herzstück ist zweifellos das Hochhaus. Der 15-geschossige, sich nach oben verjüngende Turmbau in Stahlbetonskelettbauweise steht auf einen rechteckigen Grundriss und wird von seitlich anschließenden zwei- bzw. dreigeschossigen Annexbauten flankiert. Das hohe Gebäude mit seiner gleichmäßig gerasterten Fassade aus hellem Muschelkalk gehört seit jeher zu den Landmarken der Kölner Innenstadt und wurde nun behutsam saniert und zu einem Wohnhaus umgebaut.

Standort Köln Fertigstellung 2015 Architektur Helmut Hentrich, Hans Heuser, Düsseldorf 1953 Sanierung kister scheithauer gross architekten und stadtplaner, Köln 2013–2015 Tragwerk HIG Hempel Ingenieure, Köln Bauherr IMMOFINANZ AG, Wien

19


SONDERPREIS DES BMUB

Gerling-Hochhaus im Zentrum des Quartiers

Für die realitätsnahe Abbildung der HochhausTragstruktur wurde der gesamte Bestand räumlich erfasst. So konnte jeder Stab und jedes Tragelement mit den jeweils spezifischen Eigenschaften und Eigenarten in das statische System eingefügt werden. Punktuelle Tragfähigkeitsüberschreitungen ließen sich damit zielgerichtet und mit minimalem Aufwand beheben. Beispielhaft seien hier die beiden zweigeschossigen Stützen im Luftraum der Galerie im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss (Achse 7) genannt. Die zusammengesetzten Bestandsstützen wurden durch zwei zusätzliche 20 Millimeter starke Stegbleche verstärkt, ohne dass dafür die Stützenflächen vergrößert werden mussten. Tragwerksrelevante Entwurfsanpassungen wurden im Hinblick auf ihre verschiedenen Auswirkungen sehr schnell bewertet und optimiert. Exemplarisch steht dafür der Gebäudekern, der aus bauordnungsrechtlichen Gründen formal und geometrisch modifiziert werden musste. Dafür war es in diesem Bereich erforderlich, einige angrenzende Deckenfelder auszubauen. Die neuen

Strukturen wurden in Stahlbeton ergänzt und dabei so ausgelegt, dass sie auch die Erschütterungen von Erdbeben und großen Windlasten sicher abtragen können und somit die vorhandene Stahlkon­ struktion entlasten. Der aussteifende Betonkern bot außerdem mehr Gestaltungsfreiheit bei der Planung der Grundrisse.

Deckenverlegeplan (Bestand)

Ansicht Stahlskelett (Bestand)

20


PREIS DES DEUTSCHEN STAHLBAUES

BAUEN IM BESTAND

LAUDATIO Der vollständige Umbau des Gerling-Hochhauses in Köln ist die gelungene Transformation eines Bürogebäudes der Nachkriegsmoderne in ein Wohnhaus der Gegenwart. Das in Stahlrahmenbauweise errichtete Haus wurde mit großer Sorgfalt funktional und technisch erneuert und statisch ertüchtigt. Trotz nutzungsbedingter Anpassung gelingt es, den architektonischen Ausdruck des Bauwerks zu bewahren. Nachhaltigkeit wird damit unter Beweis gestellt und insbesondere die Beständigkeit einer überlegten Stahlbauweise. Im Spannungsfeld des sinnvollen Erhaltens und notwendigen Erneuerns erfolgt ein verant­ wortungsvoller Umgang mit einer Architektur als räumliche und konstruktive Ressource. Die gestalterische Qualität eines Bauwerks und sein damit untrennbar zusammenhängendes schlüssiges Tragwerk sind grundlegend für Kontinuität und Wandel einer Architektur. Die Sanierung und Umnutzung des Gerling-Hochhauses steht exemplarisch für die Beständigkeit stadträumlich, gestalterisch und konstruktiv guter Architektur und ist wegweisend für die sorgfältige und hochwertige Erneuerung eines Bauwerks aus den fünfziger Jahren.

Fassadenschnitte und Detailansicht

21


SONDERPREIS DES BMUB

22


PREIS DES DEUTSCHEN STAHLBAUES

BAUEN IM BESTAND

Das neue Nutzungskonzept sieht auf allen Etagen Wohnungen vor, die im Durchschnitt 80 bis 100 Quadratmeter groß sind. Dennoch bleiben die repräsentativen Vorzüge des Gebäudes auch für die neuen Nutzer erhalten. So wird die zweigeschossige Eingangshalle zu einem großzügigen Empfangsbereich mit angeschlossener Wohnnutzung umgestaltet. Um die Wohnungen mit größtmöglichem Komfort auszustatten, wurden Loggien integriert. Die alten Holzfenster wurden zwar durch moderne, leichte Aluminiumfenster ersetzt, doch die ursprüngliche Farbigkeit bleibt erhalten. Die abgesenkten Fensterbrüstungen sind mit einer absturzsicheren Glasbrüstung versehen. Freigelegtes Stahlskelett während der Sanierung

Links: Die zweigeschossige Eingangshalle wird originalgetreu nachgebildet

Unten: Grundriss Regelgeschoss

Detail Verkleidung Außenwandstütze (Bestand)

Knotenpunkt (Bestand)

23


AUSZEICHNUNG

24


PREIS DES DEUTSCHEN STAHLBAUES

BÜROGEBÄUDE

Merck Modulares Innova­ tionszentrum, Darmstadt Die Firma Merck ist ein führendes Unternehmen für Hightech-Produkte in den Bereichen Healthcare, Life Science und Performance Materials. Sie befindet sich in einem Strategie- und Kulturwandel, der den Menschen und die Forschung stärker in den Fokus rücken soll. Die Unternehmenskultur wandelt sich hin zu mehr Innovation, Internationalisierung und Agilität.

Bei einer Gesamthöhe von zirka 9,50 Me­tern misst es 60 mal 42 Meter Fläche. Ein schmaler, zu­­rück­­springender Sockel hebt das Gefüge förm­l ich vom Boden ab. Das Fassadenraster betont die Fu­gen und lässt erkennen, dass der Bau aus vor­ge­fertigten Stahlelementen besteht. Raum­hohe Fenster geben den Blick auf den Platz und Innen­hof frei. Das Innovationszentrum gliedert sich in zwei Bau­kör­p er im Erdgeschoss sowie einen Bau­kör­ per im Obergeschoss, die jeweils zwei Projekt­ gruppen zur interdisziplinären Zusammen­ ar­b eit dienen. In den Projekträumen sind of­fene Arbeitsplätze zur Gruppenarbeit, frei­ ste­hende Besprechungstische, Räume zur in­ di­v iduellen kontemplativen Nutzung sowie Be­ sprechungsräume und Lounges angesiedelt. Der Casino-Bereich umfasst Restaurant, Küchen mit Sozialräumen sowie Tagungsräume. Das Res­t au­rant mit etwa 100 Sitzplätzen im Erdgeschoss orientiert sich zum Forum hin und wird über den Innenhof und das Foyer im Norden erschlossen. Bei gutem Wetter kann auch der Innenhof für den Restaurantbetrieb genutzt werden. Im Ober­ge­schoss liegen zusammenschaltbare Be­s prech­ungsräume. Die Tagungsräume verfügen über einen Zugang zur Dachterrasse.

Der Masterplan verfolgt das Ziel, die Funktionen auf dem Werksgelände in Darmstadt neu zu ord­ nen, um die Außenwirkung des Werks im Sinne des intendierten Kulturwandels zu gestal­ten. Dazu soll die über mehr als 100 Jahre ge­ wachsene, kleinteilige Struktur des Firmen­ geländes in separate Bereiche für Forschung und Entwicklung, Produktion, Support und Öffent­ lich­keit differenziert werden. Um auch wäh­r end der umfassenden Baumaßnahmen einen rei­ bungs­losen Arbeitsablauf zu sichern, ent­s tand östlich der Frankfurter Straße das Modu­l are In­no­vationszentrum mit einer vorgesehenen Nut­zung­­sdauer von mindestens fünf Jahren. Die Bauweise lässt eine Wieder­verwendung der Module an einem anderen Standort zu. Auf­ grund der begrenzten Nutzungsdauer be­s tand die Auflage, das Bauvorhaben zugleich kosten­ Die Fassade differenziert sich in drei Typen­­bewusst und nachhaltig zu konzipieren. ­k a­tegorien: neben den Pfosten-Riegel­-Kon­s truk­­Das Gebäude besteht aus 75 gegeneinander ver­ tionen mit feststehenden und zu öffnen­den schobenen und teilweise aufeinander ge­s ta­p el­­ Isolierverglasungen gibt es Fassaden mit ge­ ten Raummodulen von jeweils 4 Metern Höhe. schlos­senen Blechelementen sowie transparen­­­ Links: Das Modulare Innovationszentrum ist ein lichtes Gefüge

Unten: Das Modulgebäude von außen

Standort Darmstadt Fertigstellung 2015 Architektur HENN, München Bauherr Merck KGaA, Darmstadt

25


AUSZEICHNUNG

Grundriss Obergeschoss

te Fassaden mit vorgehängter Loch­blech­­fassade. In einigen Bereichen wurden semi­­transpa­r en­ te Solarzellen und eine Smart-Win­dow-Son­­nen­ schutzverglasung installiert. Zu­dem verfügen alle Sichtverglasungen ohne vor­ge­­hängte Loch­­­­blech­f assade über einen außenliegenden Son­­nen­­schutz. Innen wurde ein textiler Blend­ schutz an­ge­bracht.

des Mo­dulbaus: Um die obere Etage förm­l ich schwe­­ben zu lassen, springt der Sockel weit zurück. Die Auskragung von 3 Metern Länge im Obergeschoss ist für einen Modulbau un­ge­wöhn­l ich groß. Auch die schiere Dimension der Module mit einer lichten Höhe von zirka 4 Metern – größere Elemente dürfen auf den Straßen Deutschlands nicht transportiert wer­den – setzt das Innovationszentrum Merck von anderen Modularchitekturen ab.

Wenn das Innovationszentrum fertiggestellt sein wird und die Besonders die Bauform erwies sich als He­raus­ Projektteams dort ihre neuen Arbeitsplätze beziehen, wird der for­derung an die Stahl­rahmen­kon­s truk­t ion Modulbau zum Besucherzentrum umgebaut.

26


PREIS DES DEUTSCHEN STAHLBAUES

BÜROGEBÄUDE

Die Gebäudeteile bilden einen kleinen Innenhof

Montage der vorgefertigten Module

LAUDATIO Das Innovationszentrum ist erster Baustein eines von Henn Architekten erstellten Masterplans der Firma Merck in Darmstadt. Ausgelegt für eine Nutzungsdauer von zunächst fünf Jahren ist das Gebäude sinnfällig in modularer Bauweise errichtet. Diese wird zum prägnanten raumbildenden und gestalterischen Prinzip des Bauwerks: Die als Stahlrahmenkonstruktion präfabrizierten und vor Ort montierten Elemente sind um einen Hof gruppiert, gegeneinander verschoben und mit Versätzen gestapelt, sodass großzügige Dachterrassen und einladende Zugängen zum Innenhof entstehen. Der zurückversetzte Sockel und das Fugendetail der Fassaden unterstreichen subtil die Bauweise und den temporären Charakter des Hauses. Die technischen Anlagen des Gebäudes sind gestaltprägend auf dem Dach angeordnet, jedoch auf den Fotos erstaunlicherweise nicht zu sehen.

Schnitt

Das Merck Innovationszentrum demonstriert die architektonischen Möglichkeiten des modularen Bauens in Stahl auf lesbare Weise.

27


Gewinner Stahlbaupreis 2016: Serviceteilecenter Rational AG, Landsberg

Gewinner Ingenieurpreis Hochbau 2015: Überdachung VW-KundenCenter Wolfsburg

Gewinner Ingenieurpreis Brückenbau 2015: Sundsvall-Brücke (S)

Richtungsweisende Stahlbauprojekte · Preis des Deutschen Stahlbaues 2016 · Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaues 2015 · Förderpreis des Deutschen Stahlbaues 2016 Dreifach hochkarätig: Die besten Beiträge aus den Stahlbau-Wettbewerben des bauforumstahl e. V. werden in die­­sem Band gesammelt dokumentiert. Ob Brücken, Industriehallen, Sport- und Bildungsstätten oder Wohnbauten – das Hightech-Material Stahl eignet sich hervorragend für ästhetisch und technisch anspruchsvollste Bauaufgaben. Die ausgewählten Projekte werden nachvollziehbar und umfassend präsentiert durch herausragende Architektur­ fotografie, professionelle Pläne und erläuternde Texte.

ISBN 978-3-7667-2235-5


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.