STEIN
S 04 | 2018
ZEITSCHRIFT FÜR NATURSTEIN
ÖSTERREICH
SPEZIAL
DOM-RÖMER-PROJEKT
STUFENWEISE WIEDERAUFBAUEN STEIN
HOLZ
WASSER
Adneter Korallenkalk ist als regionaler Stein aus Österreich besonders geschätzt
In Düsseldorf veredelt die Kombination aus Teakholz und Dietfurter Kalkstein eine Kanzlei
Bei der Anschaffung einer Wasserstrahl-Anlage sollte einiges beachtet werden
INHALT
06
28
14
Moderne Elemente Leuchtender Luxus! könnenBadezimmer alte Friedhöfe Dieses auflockern, wenn sie prunkt in einem Schloss hier Altdorf insich, der wie Nähe voninWien. bei Nürnberg, zurückWände, Böden und nehmen nicht sogar eineund Sitzbank in den sind ausVordergrund dem seltenen drängen. White Iceberg gefertigt.
Die „Goldene Waage“ ist eines der 15 rekonstruierten Häuser auf dem Dom-Römer-Areal in der Frankfurter Altstadt. Das Fachwerkhaus steht auf einem Sockel aus Sandstein.
Ein unter DenkmalAuszeichnung für die schutz stehender gekonnte WiederherBunker in stellung derMünchen Großen wurde renoKas kadebehutsam von Schloss viertDas undausführende innen mit Hof. dem Naturstein „Fade Unternehmen erhielt to Grey“ ausgelegt. den österreichischen Natursteinpreis 2018.
SCHÖNE WELT DER STEINE
STEIN ONLINE STEIN – auf Facebook Wissenswertes rund um das Thema Naturstein gibt es auf facebook.com/stein.magazin STEIN – die Webseite Fachliches, Interessantes, aber auch Skurriles finden Sie auf unserer Homepage stein-magazin.de STEIN – der Newsletter Regelmäßig Neues aus der Stein-Welt, zu abonnieren auf stein-magazin.de
ZUM SAMMELN
06
ÖSTERREICH SPEZIAL: Luxus, der leuchtet Wie das Badezimmer in einem Schloss mit edlem brasilianischen Quarzkristall ausgestattet wurde.
10
ÖSTERREICH SPEZIAL: Geologisches Kleinod Wir begeben uns auf eine Reise ins Salzburger Land auf die Spuren des Adneter Marmor.
STEINE BEARBEITEN 14
ÖSTERREICH SPEZIAL: Große Kaskade kehrt zurück Wie die Rekonstruktion des Wasserspiels von Schloss Hof an alte Zeiten anknüpft.
18
ÖSTERREICH SPEZIAL: Über Putzmatze bei einer Wiener Melange Ein Gespräch über einen ungewöhnlichen Preis, die Digitalisierung und das Gewerk in Österreich.
19
ÖSTERREICH SPEZIAL: Wachauer Marmor Smaragd Die Steinkunde stellt einen exklusiven Naturstein aus Niederösterreich vor.
21
ÖSTERREICH SPEZIAL: Es bleibt spannend Wie in Österreich die Haftung für Natursteinhändler bei Folgeschäden aussieht.
22
Großzügig gestalten Welche Rolle große Natursteinplatten in der Innenarchitektur spielen und wie sie verlegt werden.
Die neue STEINKUNDE In dieser Ausgabe: Wachauer Marmor KUNDE
Handelsname:
WACHAUER MARMOR SMARAGD
● Petrografische Familie:
Marmor (gemäß EN 12440 Anhang A) ● Typische Farbe:
Wechselhaftes Dekor zwischen weißen und dunkelgrauen bis schwarzen Gesteinspartien (keine Angaben in EN 12440 Anhang A) ● Herkunftsort:
Eis-Kottes/ Niederösterreich, Austria (gemäß EN 12440 Anhang A) ● Liefernachweis:
Wachauer Marmor GmbH/Kottes/Österreich
● GEOLOGIE/PETROGRAFIE Marmor ist für den Endverbraucher immer noch der Inbegriff für Wertigkeit und Exklusivität. Wer über Marmor spricht, der denkt sofort an Italien. Dabei hat unser Nachbarland Österreich einiges an interessanten Marmorsorten zu bieten, die in den Sortimenten der deutschen Anbieter leider oftmals nicht ausreichend vertreten sind. Zu diesen exklusiven Natursteinen zählt sicherlich auch der Wachauer Marmor in der Varietät Smaragd. Dieser Teilbereich des Kottes Bruchs wurde erst im Jahr 2000 erschlossen. Im Gegensatz zu den ansonsten meist unifarbenen oder, je nach Anschnitt des Rohblocks, leicht gewolkten oder gebänderten Sortierungen, zeigt diese Varietät ein sehr lebhaftes Dekor. Weltweit gibt es kaum vergleichbare Handelssorten. Die dunklen bis schwarzen Gesteinspartien sind auf unterschiedliche Gehalte an Grafit zurückzuführen.
4
Es handelt sich gemäß EN 12670 um einen calcitischen Marmor mit einem Kalkspatanteil von circa 93 Prozent. Die kristalline Struktur des Steins ist mit bloßem Auge gut erkennbar.
● ARCHITEKTUR In EN 12440 ist dieser Marmor im Anhang A der Norm lediglich unter der Bezeichnung Wachau aufgeführt. Vom Bruchbetreiber werden jedoch verschiedene Sortierungen angeboten. Diese sind zwar in Bezug auf ihre technischen Werte nahezu gleich, unterscheiden sich jedoch sehr stark im Dekor und auch im Preis. Da Positionsbeschreibungen in Ausschreibungen möglichst eindeutig und umfassend angelegt sein sollten, ist es notwendig, in Leistungsverzeichnissen auch die entsprechende Varietät anzugeben, um eine Vergleichbarkeit der Angebote zu erreichen. Die Varietät Smaragd ist die dekorreichste Varietät und hat
dementsprechend auch den höchsten Preis. Eine Bemusterung sollte möglichst an Rohtafeln oder in Kombination mit entsprechendem Bildmaterial erfolgen. Handmuster können nur einen unzureichenden Eindruck von der Vielfalt dieses Steins vermitteln. Auch die, in EN 12057 und EN 12058 geforderte Art der Bemusterung, führt zu einem unzureichenden Ergebnis. Der Stein ist zur Ausführung von spiegelbildlichen Verlegungen bestens geeignet. Das Dekor des Steins und seine Farbtiefe kommen am besten bei polierten Oberflächen zum Ausdruck. Hier ist es bereits bei der Bestellung erforderlich, die beabsichtigte Art der Verlegung anzugeben. Die Unmaßtafeln müssen dann aus dem gleichen Rohblock stammen und jeweils paarweise im Wechsel von der Vorder- und der Rückseite poliert werden. Dipl.-Ing. (FH) Detlev Hill www.steinkultur.eu
S04 | 2018
48
2EIS8VO% R T E IL
PR ÜBER GEGEN EF T H L E Z IN E
Kunst aus dem 3-DDrucker. Ein Steinmetz aus Crailsheim entwirft attraktive Kunstobjekte, wie diese Bank aus Beton. Nebenbei führt er ein florierendes Grabmalunternehmen.
28
Sein oder Nichtsein? Die Handwerkskunst hinter dem umstrittenen Dom-Römer-Projekt in Frankfurts Altstadt.
32
Systemperfektion nach Maß Worauf Sie vor der Anschaffung einer neuen Wasserstrahlanlage unbedingt achten sollten.
KUNDEN GEWINNEN 40
Das neue Marketing Wie die Digitalisierung die Kundenansprache verändert und wie das Handwerk damit umgehen kann.
CHANCEN NUTZEN 48
Neue Wege wagen Drei Steinmetze zeigen, wie sie sich mit neuen Ideen zusätzliche Standbeine aufbauen.
PANORAMA 56
Nachbericht Fair Stone in Berlin
59
Neues aus der Rechtsabteilung
60
Termine, Produkte und mehr
RUBRIKEN 63 64 74
S04| 2018
Vorschau Impressum Seitenblicke Von Säuen und Dörfern
Testen Sie jetzt! 3 AUSGABEN STEIN FÜR NUR
€ 30,–
+ EIN GESCHENK IHRER WAHL
MEHR INFOS UND BESTELLUNGEN UNTER: WWW.STEIN-MAGAZIN.DE/SHOP
SCHÖNE WELT DER STEINE
ÖSTERREICH SPEZIAL
LUXUS, DER LEUCHTET
Aus den Vollen geschöpft: Der hinterleuchtete Waschtisch aus Quarzkristall begeisterte einen Kunden so sehr, dass er das gesamte Badezimmer in seinem Schloss mit dem eindrucksvollen, kostbaren Naturstein gestalten ließ
6
S04 | 2018
Bad aus White Iceberg Es gibt viele hochpreisige und eindrucksvolle Natursteine. Aber der seltene brasilianische Quarzkristall gehört zweifellos zur Spitzenklasse. Schon bei Tag ist der exklusive Naturstein ein absoluter Blickfang. Doch abends, bei Hintergrundbeleuchtung, entfaltet sich sein einzigartiges Farben- und Strukturspiel. Von Tanja Slasten
E
in österreichisches Schloss in Wien hat in seiner über 320 Jahre dauernden Geschichte mehrere Besitzer und unterschiedliche Nutzungen durchlebt. Seit einigen Jahren befindet sich das Schloss wieder in privater Hand. Der neue Besitzer hat die herrschaftlichen Räumlichkeiten des barocken Bauwerks aufwendig saniert. Ein besonderes Schmuckstück ist eines der Bäder, das scheinbar wie aus einem steinernen Guss gefertigt ist. Das verwendete Material ist der exklusive White Iceberg, ein seltener Quarzkristall aus Brasilien. Den Auftrag, das luxuriöse Badezimmer zu gestalten, erhielt die Firma Breitwieser GmbH aus Tulln, unweit von Wien. Über die Kosten wird diskret geschwiegen. Gemeinsam mit dem Schlossherrn hat die österreichische Firma das außergewöhnliche Projekt geplant und umgesetzt. „Wir haben unserem Kunden einen hinterleuchteten Waschtisch gezeigt, und er war sofort davon begeistert“, erzählt Matthias Hagl, Verkaufsleiter bei Breitwieser und zuständig für die Planung des Projekts. „Außerdem war es der Wunsch des Kunden, kein zweites Material im Bad zu verwenden. So wurde entschieden, dass man mit dem gewählten Naturstein großzügig umgeht.“
Fotos: Breitwieser GmbH
ROBUST UND EXKLUSIV
S04 | 2018
Der Quarzkristall ist ein sehr robuster Naturstein, den man weder imprägnieren noch besonders pflegen muss. Doch trotz seiner guten Eigenschaften bauen Fachplaner diesen sehr harten Stein, aufgrund seines hohen Preises und seiner Rarität, seltener in ihre Entwürfe ein. Meistens möchte der Bauherr mit dem luxuriösen Material einen einzelnen besonderen Akzent setzen wie zum Beispiel mit
7
STEINE BEARBEITEN
ÖSTERREICH SPEZIAL
Blick von oben auf die teils bereits rekonstruierte Parkanlage mit Schloss Hof vor Wiederherstellung der Großen Kaskade (Bildmitte)
14
S04| 2018
GROSSE KASKADE KEHRT ZURÜCK Rekonstruktion Bonjour, Grandeur! Ein historisch wertvolles Rekonstruktionsprojekt soll die französische Landschaftsgestaltung rund um die ehemalige Sommerresidenz der Habsburger Kaiserfamilie zurückbringen. Die Wiederauferstehung von Prinz Eugens Großer Kaskade vor Schloss Hof ist ein bedeutender Schritt dahin. Fast die Hälfte der Reliefs sind erhalten, die Lücken wurde mit hellem Kalkstein ergänzt. Der ausführende Betrieb erhielt dafür den österreichischen Natursteinpreis 2018 in der Kategorie Denkmalpflege. Von Boris Frohberg
Foto: Stefanie Grüssl/BHÖ; mit Dank an die BMI-Flugeinsatzstelle Wien
Ö
stlich von Wien, nahe der slowakischen Grenze, thront Schloss Hof auf einer Anhöhe. Von der barocken Gartenanlage kann der Blick über die Vororte Bratislavas schweifen. Hier im niederösterreichischen Marchfeld investierte Prinz Eugen von Savoyen ein Vermögen in sein „Tusculum rurale“, seine Residenz auf dem Lande. 1725 kaufte er das Renaissancekastell und ließ es von dem Architekten Johann Lucas von Hildebrandt um zwei Gebäudeflügel erweitern, die einen Ehrenhof umgeben. Ein Umbau zum repräsentativen, großzügigen Jagdschloss. Auf dem 50-Hektar-Areal schuf der Garteningenieur Anton Zinner zudem einen barocken Garten nach französischem Vorbild mit sieben Terrassen, zahlreichen Treppen, Skulpturen, Brunnengrotte und Kaskadenanlage. Innerhalb weniger Jahre entstand einer der bedeutendsten Gärten des deutschsprachigen Raums, das persönliche Versailles von Prinz Eugen. Dreißig Jahre später erwarb Maria The-
S04 | 2018
resia von Österreich den Landsitz als Sommerresidenz für die kaiserliche Familie. 1773–1775 wurde das Gebäude um ein Stockwerk erhöht, und die Räume der ersten Etage wurden neu gestaltet. Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts wurde die Gartenanlage wegen wechselnder Nutzungen größtenteils vernachlässigt. Mitte des 19. Jahrhunderts brach man die um 1730 errichtete Große Kaskade ab, da sie mittlerweile weder funktionstüchtig noch dicht und insgesamt zunehmend verfallen war. Ein großer Teil des Steinmaterials wurde direkt vor Ort zur Errichtung einer Stützmauer benutzt, die mehr als 150 Jahre bestehen bleiben sollte.
CANALETTO STAND PATE Ab 1991 fanden erste archäologische Grabungen statt, von Beginn an mit dem Ziel, die gesamte barocke Gartenanlage von Schloss Hof wiederherzustellen. Bei der Planung hielt man sich vor allem an
drei um 1760 entstandene Gemälde des berühmten venezianischen Malers Bernardo Bellotto, genannt Canaletto. Seine Werke dienten auch schon bei der Rekonstruktion der Warschauer Altstadt und des Neumarkts in Dresden als Vorlage. Außerdem fand man bei Recherchen Originalpläne von 1765, von welchen einer die gesamte Anlage mit allen sieben Terrassen abbildet. 2003 begannen die ersten Arbeiten zur Rekonstruktion der barocken Wasserspiele. Die Große Kaskade stellte aufgrund ihrer immensen Ausmaße und der zentralen Bedeutung für Schloss Hof ein eigenes Großprojekt für sich dar. Der Wiederaufbau dieser nicht nur in Österreich einzigartigen Brunnenanlage wurde in sehr enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt durchgeführt. Das gemeinsame Ziel beschreibt der niederösterreichische Abteilungsleiter des Bundesdenkmalamts, Hermann Fuchsberger: „Besonders wichtig aus Sicht des Denkmalschutzes ist die möglichst originalge-
15
STEINE BEARBEITEN
Die „Goldene Waage“ ist eines von 15 rekonstruierten Häusern auf dem Dom-Römer-Areal. Der Sockel des Renaissancefachwerkhauses besteht aus Sandstein
28
S04| 2018
STEINE BEARBEITEN
SEIN ODER NICHTSEIN? Dom-Römer in Frankfurt Eine Frage, die derzeit vor allem in den Architekturkritiken um das Dom-Römer-Projekt in Frankfurt am Main gestellt wird. Das Areal ist Frankfurts neue Altstadt und eine der umstrittensten Rekonstruktionen der vergangenen Jahre. 35 neue Häuser entstanden dort –15 davon sind nach historischen Quellen wieder erbaut worden. In den Arbeiten steckt viel Handwerkskönnen – ein Fakt, der in den Diskussionen viel zu kurz kommt. Von Friederike Voigt
Foto: DomRömer GmbH
N
och vor Kurzem hätten sich viele Frankfurter Bürger ihre Innenstadt am liebsten weggewünscht. Schuld daran war vor allem das Technische Rathaus als brutalistischer Großbau aus den 1970er-Jahren. Ein Abriss wurde gefordert und umgesetzt. Heute steht auf der ehemaligen Tiefgarage des Rathauses die neue Altstadt – die alte fiel dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer. 35 neue Häuser entstanden, 15 davon sind Rekonstruktionen nach historischem Vorbild. Das neue Viertel trägt den Namen „DomRömer-Quartier“, das sich zwischen Dom und dem Frankfurter Rathaus „Römer“ erstreckt. Im September wird es eröffnet, und es scheiden sich daran bereits die Geister. Kritiker nennen es „Frankfurts Disneyland“, Befürworter „das neue Herzstück Frankfurts“. Dabei geht es in dieser Architekturdiskussion fast ausschließlich um die Frage „Sein oder Nichtsein“. Die Handwerkskunst der Steinmetzen und die konservierenden Maßnahmen der Steinrestauratoren, die in jenem Projekt stecken, sind kaum Thema. Mehrere konservierte Spolien aus Naturstein wurden in das Areal integriert, in dem Elemente aus der Gotik, der Renais-
S04 | 2018
sance sowie des Rokokos aufeinanderstoßen. Verschiedene Gesteine kamen sowohl an Fassaden zum Einsatz als auch innerhalb der Häuser: vor allem roter Main-Sandstein, Basalt und Granit, aber auch Fränkischer Muschelkalk oder Carraramarmor.
WENDELTREPPE AUS DIETENHANER MAINSANDSTEIN Vorzeigeobjekt des Dom-Römer-Areals ist die sogenannte „Goldene Waage“ – ein rekonstruiertes Renaissancefachwerkhaus mit Sandsteinsockel. „Die Goldene Waage ist eines der kompliziertesten Gebäude“, findet Dieter Braun, Geschäftsführer der Firma Franz Zeller aus Umpfenbach nahe Miltenberg. Sein Unternehmen fertigte die massive Innenwendeltreppe aus Dietenhaner Mainsandstein an. 70 Treppenstufen zählt sie – wegen der unterschiedlich großen Podeste an den Abzweigungen ins Gebäude ist jedes Teil ein handwerkliches Einzelstück. Von der Treppe haben die Steinmetze eine CAD-Zeichnung angefertigt. Daraus entstanden dann Werklisten für die Fertigung und Planzeichnungen auf Normalpapier, die sie dann auf wasserfeste Schablonen über-
tragen haben. „Die Schwierigkeit bei der Herstellung der Wendeltreppe lag darin, dass sich um einen gedachten Mittelpunkt im Treppenauge in einem Abstand von 22 Zentimetern über alle 70 Stufen eine reichhaltige Profilierung windet. Hierbei lasten sich die einzelnen Stufen über einen Schubfalz und einer Einbindung von acht Zentimetern im äußeren Mauerwerk ab“, erklärt Braun. Für die Firma Franz Zeller setzte das Unternehmen Bamberger Natursteinwerk Hermann Graser die Fassade und Zierteile der „Goldenen Waage“ um. Schmucksteine, Figuren, Brunnen und Säulen gestaltete das Bamberger Natursteinwerk außerdem für die Häuser „Goldenes Lämmchen“, „Klein Nürnberg“, „Alter Esslinger“, „Zu den Drei Römern“ sowie für den „Stolzen Brunnen“ oder die „Pergola zum Schirnplateau“. Bei den Bildhauerstücken fertigten die Steinmetze ein originalgetreues Modell aus Gips, was als Vorbild für das Natursteinobjekt diente und mit dem Auftraggeber abgestimmt wurde. Die Computerdaten wurden dann mittels eines 3-D-Scans gewonnen. „Mit der Maschine haben wir am Naturstein schließlich vorgefräst, die Oberflächen wurden steinmetzmäßig von
29
STEINE BEARBEITEN
Wasserstrahl-Anlagen Die Anschaffung eines Wasser-AbrasivstrahlHochdrucksystems stellt für Unternehmen eine immense Investition dar. Daher gilt es, vor der finalen Kaufentscheidung einiges an Aufwand in den Vergleich der infrage kommenden Systeme zu stecken. Dabei liegt die Betonung auf „Systeme“, denn jeder einzelnen der Komponenten – die später im Betrieb miteinander harmonisieren müssen – sollte die erforderliche Aufmerksamkeit zuteilwerden. Von Michael Spohr 32
Foto: Omag Spa, Zanica (BG)/Italien
SYSTEMPERFEKTION NACH MASS
S04 | 2018
STEINE BEARBEITEN
Mit Wasserniveau-Regulierung zum Unterwasserschneiden: Bei König erhältliche 5-Achs-Wasserstrahl-Schneidanlage des italienischen Maschinenbau-Unternehmens Omag
W
er die Anschaffung einer Wasserstrahl-Anlage in Erwägung zieht, sollte sich im Vorfeld genau überlegen, was für ihn ausschlaggebend ist: besonders präzise Schnitte mit exakten Schnittkanten, gerade Schnitte oder komplexe Formen, hohe Schneidgeschwindigkeiten zur Produktivitätssteigerung oder das Schneiden unterschiedlicher Werkstoffe. Nicht unwesentlich sind zudem die sichere Finanzierung sowie der erforderliche Aufstellplatz, die nötigen Anschlüsse in ausreichender Dimensionierung und mögliche Ergänzungsanschaffungen, beispielsweise für eine Wasseraufbereitungsanlage. Da das mit weitem Abstand größte Einsatzgebiet für Wasserstrahl-Anlagen das Schneiden von Metallen ist, sind die Maschinenkonzepte grundsätzlich eher darauf ausgelegt. Bei der Lieferantenauswahl sollten Sie daher unbedingt auch darauf achten, dass Ihr Anbieter über ausreichend Erfahrung (und Referenzen) mit den besonderen Anforderungen Stein verarbeitender Betriebe verfügt. Und schließlich ist ein schneller Service ein Entscheidungsfaktor mit besonderer Bedeutung. Daher sollten Servicemitarbeiter 24 Stunden an sieben Tagen die Woche und an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung stehen. Denn der ungeplante Ausfall der Anlage kommt vielleicht nie, aber wenn, dann stets im ungünstigsten Moment. Dichtungen, Hochdruck-Rückschlagventile oder Schneiddüsen werden im Betrieb stark beansprucht, sodass ohnehin je nach Arbeitsweise ein planmäßiger Anlagencheck etwa alle 3.000 bis 6.000 Betriebsstunden notwendig wird, der bereits beim Maschinenkauf mit einem Wartungsvertrag abgesichert werden kann.
S04 | 2018
Interessenten sollten auf eine modulare Anlagenarchitektur mit einer Vielzahl an Konfigurationsmöglichkeiten achten, um ihre Wasserstrahl-Anlage individuell an die eigenen Betriebsanforderungen anpassen zu können. Wenn möglich, lohnt sich der Besuch eines Betriebs mit einschlägigen Erfahrungen. Hilfreich können hier auch die STEIN-Beiträge der letzten Jahre – mit zahlreichen vorgestellten Betrieben und Systemen – in der Print- ebenso wie in der Onlineausgabe sein. Und auch von den infrage kommenden Anbietern geschnittene Vergleichsmuster können die Investitionsentscheidung erleichtern.
MASCHINE AUF MASS Grundsätzlich sind für den Steinmetz die höchsten technisch erreichbaren Pumpendrücke nicht erforderlich; ein DauerArbeitsdruck von 3.800 bis 4.150 bar – je nach Anbieter – reicht aus. Auch die bei der Mikro-Wasserstrahltechnik erzielbaren Genauigkeiten braucht nicht, wer in erster Linie Steinplatten schneiden will. Die Anlage sollte allerdings über eine Einstellmöglichkeit unterschiedlicher Schnittqualitäten verfügen. Und ein funktionierendes Winkelfehler-Kompensationssystem ist heute Stand der Technik; es erweist sich insbesondere bei Gehrungsschnitten als höchst sinnvoll. Gleiches gilt für die Möglichkeit des Unterwasserschneidens, was neben der Lärmminderung noch den Vorteil bietet, Materialien wie etwa Keramik besonders spannungsarm schneiden zu können. Was den Schneidetisch mit Wasserbecken anbelangt, so hat sich bei Stein verarbeitenden Betrieben eine Größe
von zwei mal vier Metern als Idealmaß erwiesen – insbesondere wegen des verkleinerten Arbeitsfelds bei Schrägschnitten, die einen gewissen Abstand zum Beckenrand erfordern. Und schließlich gilt es, die neue Maschine perfekt in die Prozesssteuerung des eigenen Unternehmens zu integrieren. Hier helfen die neuesten Maschinenergänzungselemente wie ein doppeltes Auffangbecken oder alternativ ein vollautomatischer Arbeitstischwechsel wie beispielsweise bei Burkhardt-Löffler erhältlich. Kipptisch-Vorrichtungen sind ebenfalls bereits im Angebot einiger Hersteller. Für viele der unter chronischer Platznot leidenden Steinmetz-Unternehmen sind hingegen eher Kombimaschinen interessant, die eine Säge mit einer Wasserstrahl-Anlage zu einer platzsparenden Einheit verschmolzen haben. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es mit der „Hydro FinishTechnik“ möglich ist, die Oberfläche steinartiger Materialien ab einer Stärke von zehn Millimetern allein mit der Hochdruck-Wasserstrahl-Schneidetechnik zu strukturieren.
STEIN stellt folgende Firmen vor: 1. Hecker Natursteine, Pickließem www.hecker-natursteine.de 2. Miku Natursteine, Schwäbisch Hall www.miku-natursteine.de 3. D. Lechner GmbH, Rothenburg odT www.mylechner.de 4. Burkhardt-Löffler GmbH, Bayreuth und Langenaltheim www.burkhardt-loeffler.com 5. Flow Europe GmbH, Weiterstadt www.flowwaterjet.de
33
KUNDEN GEWINNEN
Digitales Marketing: Die Kunden, die bei Huber die Rohplatten der „Antolini Stone Gallery“ bestaunen, kommen zu einem Großteil übers Internet. Mehr zum Best-Case digitales Naturstein-Marketing ab Seite 44
DAS NEUE MARKETING Per Internet Kunden gewinnen Digitalisierung und Internet krempeln die Kundenansprache völlig um. Noch stimmen im Gewerk aufgrund der guten Konjunktur die Umsätze. Doch wer jetzt nichts tut, ist für Kunden bald nicht mehr relevant. Von Annette Mühlberger
D
ie Spielregeln haben sich verändert. Kunden kaufen und informieren sich heute definitiv anders als noch vor wenigen Jahren. Viele Branchen hat die Digitalisierung schon umgekrempelt. Mittlerweile kaufen über zwei Drittel der Kunden mehr oder weniger regelmäßig im Netz, während der Anteil der Onlineverweigerer weiter abnimmt. Auch für das Handwerk ist das Internet mittlerweile der entscheidende, oft der einzige Informationskanal, bevor Kunden mit einem Anbieter in Kontakt treten. Für die Entscheidung am allerwichtigsten ist die Onlinebewertung (66,4 Prozent orientieren sich daran), gefolgt von der Firmenhomepage (57,9 Prozent der Kunden besuchen laut GfK/Grewen Medien die Webseite des Anbieters). „Kunden erkundigen sich vor ihrer Entscheidung nach dem Qualitäts- und Serviceversprechen des Anbieters und las-
40
sen sich diese Angaben zusätzlich durch die Meinung bestehender Kunden bestätigen“, erklärt Patrick Hünemohr, Geschäftsführer von Greven Medien. „Kleine und mittelständische Unternehmen sollten auf das veränderte Konsumverhalten mit einer Lokalmarketingstrategie reagieren und auf Maßnahmen wie eine strukturierte Firmenhomepage verzahnt mit aktivem Empfehlungsmarketing setzen.“
SPIELEN SIE WEITERHIN EINE ROLLE? Zwar ersetzt die Digitalisierung nicht den persönlichen Kontakt – auch das ist ein Ergebnis dieser und weiterer Studien. Im Gegenteil: Kunden sehnen sich auch nach realen Erlebnissen. Aber das Virtuelle wird zur Voraussetzung dafür, dass der persönliche Kontakt überhaupt erst
zustande kommt. Das heißt: Wer nicht über Bewertungsportale, lokale Suchtreffer, soziale Medien und eine gut gerankte, emotional ansprechende Firmenwebseite zu finden ist, ist raus aus dem Kreis relevanter Anbieter. Und wer drinbleiben will, muss einiges dafür tun und seine Marketingstrategie umstellen.
IST IHRE WEBSITE FÜR AMEISEN? Haben Sie auch noch eine Webseite für Ameisen? Das wissen Sie nicht? Dann öffnen Sie Ihre Homepage einfach mal auf dem Smartphone. Wenn Sie trotz Lesebrille nichts erkennen, ist Ihre Seite – wie so viele Steinmetzseiten – noch nicht für den mobilen Einsatz vorgesehen. 77 Prozent aller Webseitenaufrufe erfolgen heute jedoch über Smartphones. Das heißt, Kunden, die das Internet am Laptop durchforsten, gibt es kaum mehr.
S04 | 2018
KUNDEN GEWINNEN
Smartphone und Tablet sind die Regel. Genauso wie das Surfen nebenher – neben TV, parallel zur Musik, in Bus und Bahn, im Wartezimmer … Das weiß auch Google und rankt Seiten, die nicht für den mobilen Einsatz optimiert sind, konsequent nach unten.
nicht alle Webseiten kommunizieren - ist für Google ebenfalls ein Rankingfaktor. Auch immer mehr Browser weisen Seiten, die nicht über HTTPS erreichbar sind, als unsicher ab. Wer seine Seite längere Zeit also weder technisch noch inhaltlich aktualisiert, muss damit rechnen, kaum mehr gefunden zu werden.
VIELE FAKTOREN SIND WICHTIG
Foto: Huber Naturstein/Illustration: i-stock
WICHTIGE AUFKLÄRUNGSARBEIT Heute bestimmt nicht mehr der Anbieter, wie kommuniziert wird, sondern der Kunde – und als dessen „verlängerter“ Arm sehen sich Suchmaschinenanbieter wie Google. Seiten, die Kunden nicht mögen, mag in der Regel auch die Suchmaschine nicht. Viele Smartphones können zum Beispiel Flash-Animationen nicht öffnen. Ergo stürzen auch Webseiten mit Flash im Suchmaschinen-Ranking in die Tiefen des Internets. Das sichere Protokoll HTTPS – auf dessen Basis längst
S04 | 2018
„Die gute Konjunktur überdeckt viele strukturelle Probleme“, beobachtet Ulrich Lippe, Betriebsberater der Handwerkskammer Düsseldorf. In Sachen Marketing muss er bei den Inhabern viel Aufklärungsarbeit leisten. „Häufig haben die Betriebe andere Erklärungsmuster, wenn die Akquise nicht läuft, sie keinen externen Nachfolger oder keine Fachkräfte finden, weil auch diese sich heute natürlich am Onlineauftritt eines Be-
triebs orientieren“, weiß er aus Erfahrung. Die Fantasie, die Kundenvermittlung im Handwerk neu zu definieren, ist da. So hat Google in den USA kürzlich einen Dienst gestartet, der Kunden direkt einen passenden Handwerker empfiehlt. Wer einen Steinmetz sucht, der startet seine Suche vielleicht auch in Deutschland bald mit einem „OK Google, such mir einen Steinmetz“, worauf der Sprachassistent gleich die Bedarfsanalyse übernimmt, in dem er zurückfragt: „Wofür brauchst du ihn, was soll gemacht werden?“ Sogar die eigentliche Kontaktanbahnung übernimmt die Suchmaschine auf Wunsch. Das heißt, die Kunden sehen die Trefferliste gar nicht mehr, sondern werden direkt mit dem Handwerker verbunden, der – nach Ansicht von Google – das geschilderte Problem am besten löst. Wohl dem, dessen Content, Key-Words und Technik so algorithmusfreundlich wie möglich sind.
41
CHANCEN NUTZEN
Echte Hingucker: Die Kunstwerke aus Beton sind „coole“ Objekte, die „nicht jeder hat“, so der Anspruch von Steinmetz Tobias Messerschmidt, der die Formen entworfen hat
48
S04 | 2018
CHANCEN NUTZEN
NEUE WEGE WAGEN!
Fotos: Messerschmidt
Innovative Produkte entwickeln Die Digitalisierung hält auch im Handwerk Einzug. Gleichzeitig verändert sich die Grabmalkultur unaufhörlich. Steinmetze, die langfristig überleben wollen, müssen Neues wagen. STEIN stellt drei Betriebe vor, die sich zusätzliche Standbeine aufgebaut und neue Produkte entwickelt haben: Tobias Messerschmidt mit seinen großen Design-Objekten für den 3-D-Druck, Juan Sindel Nitsch, der Systeme zur Befestigung und zum Austausch von Fassadenplatten entwickelt hat und Alexander Hanel mit seinem Fashionlabel für Grabsteine – „Rokstyle“. Von Martina Noltemeier
S04 | 2018
49